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07.09.13 / Ihr letzter Rektor / Lothar Kreuz führte die Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-13 vom 07. September 2013

Ihr letzter Rektor
Lothar Kreuz führte die Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin

Von 1942 bis zum Ende von Zweitem Weltkrieg und NS-Herrschaft war der Orthopäde Lothar Kreuz der letzte Rektor der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität. Zwar wurde nach dem Zusammenbruch der Lehrbetrieb unter sowjetischer Herrschaft wieder aufgenommen, aber die Sowjetische Militäradministration selbst legte großen Wert darauf, dass es sich bei der von ihr befohlenen „Neueröffnung“ nicht um eine Wiedereröffnung handelte. Folgerichtig wurde denn auch statt von der Friedrich-Wilhelms- von der Berliner Universität beziehungsweise der Universität Berlin gesprochen, bis die Hochschule im DDR-Gründungsjahr ihren heutigen Namen Humboldt-Universität zu Berlin erhielt.

Ausgerechnet nach Humboldt war auch das Gymnasium benannt, auf dem der am 9. September 1888 in Berlin geborene Pennäler Lothar Kreuz Abitur machte. Es folgte ein Medizinstudium in Berlin und Halle. 1913 legte er das medizinische Staatsexamen ab. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges meldete er sich freiwillig zu den Fahnen und wurde in seinem frisch erlernten Beruf als Truppenarzt im Felde eingesetzt. In dieser Aufgabe bewährte er sich. Er bekam das Eiserne Kreuz erster Klasse und im nächsten Weltkrieg war er bereits medizinischer und orthopädischer Berater des Oberkommandos der Wehrmacht, in der er es schließlich bis zum Generalarzt der Reserve brachte.

In der zivilen Weimarer Republik absolvierte er jedoch nach Ausbildung und Kriegsdienst erst einmal eine Fachausbildung an der orthopädischen Abteilung der Charité bei Hermann Gocht. 1921 promovierte er, 1926 habilitierte er sich mit einer Arbeit zum Thema Klumpfuß. Vier Jahre später erfolgte die Ernennung zum außerordentlichen Professor und Direktor der orthopädischen Abteilung des Stadtkrankenhauses Berlin. Ein Lehrauftrag führte ihn 1935 an die Albertina in Königsberg, wo er auch die Leitung des Hindenburghauses, eines Krüppelheimes, wie man damals sagte, übernahm.

1937 schließlich konnte Kreuz als ordentlicher Professor für Orthopädie an der Charité die Nachfolge seines akademischen Lehrers Gocht antreten, der krankheitsbedingt alle seine Ämter hatte zur Verfügung stellen müssen. 1939 wurde er dann Dekan der medizinischen Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität, bevor er 1942 schließlich deren Rektor wurde – neben dem Vorsitz in der Deutschen Orthopädischen Gesellschaft 1944/45 sicherlich ein Höhepunkt in der Karriere des Forschers und Lehrers Lothar Kreuz.

Doch es gab auch noch einen Kreuz außerhalb der Forschung und Lehre. Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten war er noch im selben Jahr erst in die NSDAP und dann auch in die SS eingetreten, wo er es bis 1943 bis zum Standartenführer brachte.

Kreuz wurde denn auch nach dem Krieg von der US-amerikanischen Besatzungsmacht inhaftiert und in einem Internierungslager gefangen gehalten. Drei Jahre später wurde er jedoch nach einem Entnazifizierungsverfahren in Stuttgart als „Entlasteter“ eingestuft und konnte noch im selben Jahr, wenn auch nur als Oberarzt, in der Chirurgie des Universitätsklinikums Tübingen seinen Beruf wieder aufnehmen. 1949 wurde er Honorarprofessor und 1952 schließlich Direktor der orthopädischen Klinik und Ordinarius für Orthopädie an der Universität Tübingen. 1964 wurde er emeritiert. Und am 24. Januar 1969 starb Lothar Kreuz in Stuttgart. M.R.


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