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14.09.13 / Pro Liberis Silesiae springt für Staat ein / Verein eröffnet deutsch-polnische Schule in Goslawitz – Zweite ihrer Art in der Woiwodschaft Oppeln

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-13 vom 14. September 2013

Pro Liberis Silesiae springt für Staat ein
Verein eröffnet deutsch-polnische Schule in Goslawitz – Zweite ihrer Art in der Woiwodschaft Oppeln

Der Verein „Pro Liberis Silesiae“ hat zu Beginn dieses Schuljahres in Goslawitz bei Guttentag die zweite zweisprachige Schule in der Woiwodschaft Oppeln eröffnet. Zuvor war das Schulgebäude mit Mitteln des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG), der Dachorganisation der deutschen Volksgruppe in der Republik Polen mit Sitz in Oppeln, renoviert worden. Was die einen als „großen Erfolg“ ansehen, ist für die anderen eine Schwalbe, von denen man hunderte benötige, damit die Deutschen in der Republik Polen einen Sommer erleben.

Bei „Pro Liberis Silesiae“ handeklt es sich um einen in Raschau [Raszowa] ansässigen Verein, der 2008 in Oppeln registriert wurde. Er vermittelt, unterstützt und fördert gesellschaftliche Initiativen zur Bereicherung des Bildungs- und Erziehungsangebots für Kinder und Jugendliche sowie des Kultur- und Bildungsangebots für Erwachsene in der Republik Polen. Seit 2009 führt „Pro Liberis Silesiae“ neben einem deutsch-polnischen Kindergarten eine bilinguale Schule in Raschau, Kreis Oppeln. Mit der in Goslawitz ist nun eine zweite hinzugekommen.

Bei deren Eröffnung widersprach die Vorsitzende des Vereins, Małgorzata Wysdak, der Behauptung der polnischen Regierung, es gebe kein Interesse an der Zweisprachigkeit: „Die Eltern haben sich selbst an uns gewandt, damit wir als Verein die Schule übernehmen.“ Kein Wunder, die andere Schule des Vereins erzielt beste Lernergebnisse und erfreut sich großer Beliebtheit, sowohl unter den Polen als auch unter den Deutschstämmigen.

Während der Landrat des Kreises Rosenberg bezüglich der Eröffnung der Schule in Goslawitz von einem „großen Erfolg“ spricht, richtet der VdG-Vorsitzende Bernard Gaida die Aufmerksamkeit darauf, dass ein Aufbau des Schulwesens für eine ganze Volksgruppe eine Aufgabe sei, die für die Gruppe selbst unmöglich zu realisieren sei. So musste alleine schon das Gebäude der Schule in Goslawitz, die seinerzeit wegen Mangels an Jugendlichen hatte geschlossen werden müssen und vier Jahre leer stand, grundlegend renoviert werden. „Die materielle Leistung, welche wir in diese Schule investieren mussten, zeigt die Größenordnung des Problems, welches ein fehlendes Schulwesen für die deutsche Minderheit in Polen ist. Wir brauchen sicherlich mehr zweisprachige Schulen, doch wir dürfen nicht vergessen, dass es nur eine weitere Etappe auf unserem Ziel zu einem Schulwesen in der Sprache der Minderheit ist“, sagt Bernard Gaida.

Schon über zwei Jahre ist es her, dass im Juni 2011 die Gemeinsame Erklärung des deutsch-polnischen Runden Tisches zu Fragen der Förderung der deutschen Volksgruppe in der Republik Polen und der Polen in der Bundesrepublik Deutschland unterschrieben wurde. Bei den Gesprächen, deren Ergebnis diese Erklärung war, haben sich die Politiker der deutschen und polnischen Regierung zusammen mit der Führung der deutschen Volksgruppe Gedanken gemacht, wie man denen unter die Arme greifen kann, die so oft als „Brückenbauer der deutsch-polnischen Verständigung“ bezeichnet werden. Ein ganz wichtiges Thema war dabei das Schulwesen für die deutsche Volksgruppe in der Republik Polen.

Ein Blick in die Geschichte der Deutschen in Polen reicht, um zu erahnen, warum gerade die Bildung so wichtig ist. Vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis zur „Wende“ herrschte in Oberschlesien ein vollkommenes Verbot des Unterrichtens der deutschen Sprache. Sogar wenn man Deutsch in der Familie sprach, drohten einem Unannehmlichkeiten am Arbeitsplatz oder in der Schule. Schließlich gab es laut der offiziellen Ideologie der regierenden kommunistischen Partei in der Volksrepublik so gut wie keine Deutschen. Heute weiß man, dass noch ungefähr 300000 bis 400000 Deutschstämmige östlich von Oder und Neiße leben. Angesichts der Rigorosität der von den polnischen Kommunisten durchgeführten sogenannten Entdeutschung darf man sich allerdings nicht wundern, dass viele Deutschstämmige ihre Bindung an die deutsche Sprache, die das wichtigste Merkmal der Identität ist, verloren haben.

Um diesem Problem die Stirn zu bieten, hat die Führung der deutschen Volksgruppe im Rahmen der Gespräche am Runden Tisch signalisiert, sie „strebt ein Netzwerk von Schulen für die deutsche Minderheit an“. Nicht ein paar, sondern hunderte sollen es sein, die den „Hunger“ nach der deutschen Sprache befriedigen sollen. Während die Anliegen, zu deren Umsetzung man sich bei den Gesprächen verpflichtet hat, für die Polen in Deutschland durch die deutsche Regierung schon weitgehend erfüllt wurden, können die Deutschen in Polen, die wiederum von der polnischen Regierung betreut werden, noch bei Weitem nicht zufrieden sein. Schon seit Monaten arbeitet man in Gesprächen beispielsweise an der Aktualisierung der vor Jahren durch die polnische Regierung konzipierten Bildungsstrategie der deutschen Volksgruppe, jedoch bislang ohne sichtlichen Erfolg. Das komplizierte polnische Bildungsrecht und die Unklarheit der Kompetenzen der polnischen Ministerien tragen dazu bei, dass die Deutschen in der Republik Polen immer noch einen Mangel an qualifizierten Lehrkräften, Lehrmaterialien und vor allem Akzeptanz des Deutschtums durch die Gesellschaft in der Republik Polen zu beklagen haben.

Zur Lösung des Problems der fehlenden Bildungseinrichtungen setzt die gegenwärtige junge Führung der deutschen Volksgruppe auf zweisprachige Verbandsschulen, die unabhängig von den staatlichen Kommunen verwaltet werden und neben einer guten Allgemeinbildung auch die identitätsstärkenden Aspekte der deutschen Kultur und Geschichte vermitteln. Eine zweite dieser Schwalben ist nun da. Die Frage ist, ob ihr weitere folgen. Lukasz Bily


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