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14.09.13 / Licht und Schatten / Interessanter Länderbericht zu Polen – Jugendarbeitslosigkeit bereitet Sorge

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-13 vom 14. September 2013

Licht und Schatten
Interessanter Länderbericht zu Polen – Jugendarbeitslosigkeit bereitet Sorge

Das Deutsche Polen-Institut in Darmstadt hat ein informatives und leserfreundliches Buch ediert, dessen Wert sich am besten eröffnet, wenn man die Lektüre ab Seite 99 startet, wo Iwona Kurz ans „sozialistische“ Polen in seiner ganzen Ärmlichkeit erinnert. Was für ein Kontrast zu neueren Erfolgsjahren wie 2007, als Polen die weltweite Finanzkrise als eines von wenigen Ländern fast unbeschadet überstand, oder 2012, als es zur Fußball-WM mit prachtvollen Straßen und Stadien aufwartete. „Polak potrafi“ (der Pole kann’s) sagen unsere Nachbarn.

Vor allem muss der Pole arbeiten, denn erst mehrere Einkommen erlauben ein ungefähres Auskommen. Seit 1989 gingen vier Millionen Arbeitsplätze verloren, 2003 lag die Arbeitslosenrate bei 20 Prozent, derzeit bei zehn mit regional unterschiedlicher Schwere: in Oppeln am niedrigsten, in Schlesien am zweithöchsten. Katastrophal hoch ist die Jugendarbeitslosigkeit, die mit 60 Prozent (Februar 2012) griechische Höhen erreicht. Eigentlich müsste Polens Jugend rebellieren, sagt der Historiker Adam Leszczynski, aber sie tut es nicht, da es keinen Zweck hätte in Polens fortbestehender „Kultur des Neides und des Misstrauens“, wobei „viel aufgestauter Hass und Misstrauen gerade junge Menschen bewegt“. Man ist für Demokratie, hat aber nur geringes Vertrauen zu deren Institutionen in Polen, wo die Wahlbeteiligung stets deutlich unter 50 Prozent liegt. Vor 30 Jahren gehörten zehn Millionen Polen zur oppositionellen „Solidarnosc“, heute spielen Gewerkschaften kaum noch eine Rolle, wie auch das Desinteresse an Politik wächst. Ein Mittelstand, der Steuern zahlt und mit Einkommen und Konsum die Wirtschaftsentwicklung vorantreibt, entsteht erst langsam. Das durchschnittliche Monatseinkommen beträgt umgerechnet 730 Euro. Die Polen werden weniger, der polnische „Drang nach Westen“ kam mit dem EU-Beitritt erneut auf Touren, wie 2,5 Millionen Polen in den anderen EU-Ländern zeigen.

„Geht es den Polen nun zu gut oder zu schlecht“, fragt die Sozialwissenschaftlerin Vera Trappmann und antwortet: weder noch! Polen steckt mitten in „aufholender Modernisierung“, die Polen sind arbeitsam und unternehmerisch, zudem optimistisch und selbstbewusst: Wer erfolgreich sein will, wird es auch sein. Dafür nimmt man manche Mühe in Kauf, wie einige witzige Feuilletons verdeutlichen, die das Buch abschließen. Wolf Oschlies

Deutsches Polen-Institut (Hrsg.): „Jahrbuch 2013 Arbeitswelt“, Harassowitz Verlag, Wiesbaden 2013, broschiert, 190 Seiten, 11,80 Euro


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