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21.09.13 / Ran an den Speck / Kinder lernen kochen und damit auch geregelte Mahlzeiten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-13 vom 21. September 2013

Ran an den Speck
Kinder lernen kochen und damit auch geregelte Mahlzeiten

Statt Essen zu kochen, sitzt die Ehefrau im Wohnzimmer. „Heute kocht Hannah“, antwortet die Gattin auf den fragenden Blick ihres heimkommenden Mannes. Sie erwarten gleich Gäste und seine Frau steht, als er von der Arbeit heimkehrt, nicht in der Küche, sondern sitzt entspannt lesend auf dem Sofa. Immer noch irritiert blickt er nun in die Küche und da steht seine 14-jährige Tochter hochkonzentriert umgeben von Crème fraîche, Süßkartoffeln, Mais und anderen Lebensmitteln, die er selbst nicht sofort erkennt, und schneidet, mixt und kocht.

Zwei Stunden später, nachdem die Gäste mehrfach das Essen gelobt haben, ist die Brust des Vaters stolzgeschwellt. Zwar hat sich seine Älteste von Anfang an fürs Kochen interessiert und wurde von ihrer Mutter auch gefördert, doch nie zuvor hat sie für Besucher gekocht.

Monique Rauchhaus, Leiterin des christlichen Kinder- und Jugendwerks „Die Arche“ in Berlin-Hellersdorf, hat täglich mit Kindern zu tun, die nicht wie Hannah einer Mittelschichtsfamilie entstammen. So konnte Hannah ihre Leidenschaft fürs Kochen nur entdecken, weil ihre Mutter dies täglich tut. Die Kinder, die die von Rauchhaus geleitete „Arche“-Niederlassung besuchen, wachsen jedoch in Familien auf, in denen man sich von Fertiggerichten oder Fast Food ernährt. Dies ist nicht nur tragisch, weil die Kinder die Tätigkeit des Kochens nicht erfahren, sondern vor allem, weil sie so nie lernen, sich gesund zu ernähren. Doch ungesunde Ernährung hat zur Folge, dass man anfälliger ist für chronische Krankheiten und vor allem für Fettleibigkeit mit all ihren Konsequenzen. „Arm stirbt früher“, lautet hier die traurige Schlussfolgerung, die das Robert-Koch-Institut erst vor Kurzem in einer Studie gezogen hat.

Theoretisch weiß zwar jeder, dass man sich gesund ernähren sollte, selbst die „Bild“ schreibt dies regelmäßig, trotzdem trifft Rauchhaus ständig auf Familien, bei denen dies nicht der Fall ist. Und so bietet „Die Arche“ neben Kochkursen für die Kleinen, in denen diese Fertigkeiten des Kochens, aber auch Lebensmittel kennenlernen, auch Kurse für die Eltern an. In Berlin-Hellersdorf leben vor allem viele alleinerziehende, oft jugendliche Mütter, die Töchter von alleinerziehenden Müttern sind und klassische Familienstrukturen nicht kennen. Sie wissen oft nicht, wie man aus einzelnen Lebensmitteln ein Gericht zubereiten kann. Ihnen fehlt neben der Zeit, vor allem die Fähigkeit, eine Mahlzeit im Voraus zu planen und entsprechend vorher einzukaufen. Bei Rauchhaus erhalten diese Frauen Hilfestellung, die diese viele dankbar annehmen.

Allerdings geht es beim Essen nicht nur um das Einnehmen einer Mahlzeit. Rauchhaus betont, man dürfe nicht vergessen, dass das Einnehmen einer Mahlzeit auch einen ganzheitlichen sozialen Aspekt habe. Denn es gehe auch darum, gemeinsam zusammenzusitzen und sich über den Tag auszutauschen. Kommunikation sei vielen Kindern jedoch im Zusammenhang mit dem Essen fremd.

So gäbe es in Familien in Berlin-Hellersdorf ganz häufig keinen Esstisch. Mahlzeiten würden am Couchtisch in ungesunder Körperhaltung vor dem Fernseher eingenommen. Häufig hätten die Kinder zudem keinen festen Platz und so würde jedes Essen mit Rangeleien um einen Sitzplatz einhergehen. In der „Arche“ würden die Kleinen lernen, zusammen und jeder an seinem angestammten Platz, zu Mittag zu essen. Auch würden die Erzieher die Kinder fragen, wie ihr Tag war und manche würden sich begierig auf die Möglichkeit stürzen, sich mitzuteilen.

„Gesunde Ernährung verändert das Verhalten“, so Rauchhaus, die immer wieder feststellt, dass Kinder, die regelmäßig in Ruhe und gesund essen, weniger zappelig und viel konzentrierter seien. Manchmal kann also schon ein Apfel ein kleines Wunder bewirken – man muss ihn nur gereicht bekommen. Rebecca Bellano


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