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28.09.13 / Eine runde Angelegenheit / Schrecken der Völkerschlacht zum 200. Jahrestag im Leipziger Panometer nachgestellt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-13 vom 28. September 2013

Eine runde Angelegenheit
Schrecken der Völkerschlacht zum 200. Jahrestag im Leipziger Panometer nachgestellt

Der irische Maler Robert Barker präsentierte 1787 in Edinburgh ein rundes Riesenaquarell und prägte später den Begriff „Panorama“ dafür. Gemalte Spektakel mit Stadtansichten und Schlachtgetümmel zogen die Besucher an. Der Höhepunkt dieser Unterhaltungskunst lag kurz vor ihrem Niedergang durch das Kino. Aus dieser Zeit haben sich einige Werke erhalten. So das Bourbaki-Panorama in Luzern, das die französische Ost-Armee des General Bourbaki beim Eintritt in die Schweiz zeigt, oder das Innsbrucker Riesenrundgemälde über den Tiroler Volksaufstand.

Seit 1992 gibt es eine internationale Organisation, die sich mit dem Phänomen der Panoramabilder befasst. 2008 fand deren internationaler Kongress in Dresden und Leipzig statt. Denn dort befindet sich das weltgrößte Panorama. Der augenscheinliche Anlass dafür liegt in den Relikten der Industrialisierung. Der persisch-stämmige Architekt Yadegar Asisi modifizierte die Wortschöpfung „Panorama“ zu „Panometer“. Damit ist der geniale Einfall bezeichnet, Hochbehälter zur Einhausung zu nutzen, die bis in die 70er Jahre noch der Speicherung von Stadtgas dienten. Innerhalb des Gasometers befand sich eine je nach Bedarf teleskopartig ausfahrbare Behälterglocke, die in ein Wasserbassin eingetaucht war. Da die Bauwerke aufgrund ihrer Ausmaße einen erheblichen Einfluss auf die Umgebung ausübten, wurde ihnen eine sorgfältig gestaltete Blendfassade verpasst.

In Sachsen wird die metaphysische Architektur dieser Giganten seit zehn Jahren wieder befüllt mit Visionen, die den Betrachter zeitlich und räumlich entrücken. In Leipzig waren nacheinander das konstantinische Rom, der höchste Berg der Welt und der Amazonas-Regenwald zu erleben. Im Vorfeld des großen Jahrestags von Leipzig können nun die Geschehnisse des 19. Oktobers 1813 erblickt werden. Am Abend jenes Tages schrieb der Zeitzeuge Friedrich Rochlitz in sein Tagebuch: „Diese Stunden – o diese Stunden, lohnend für tausend Drangsale, beschreibe, wer es kann! Wo soll ich anfangen auch nur mit dem was ich selbst gesehen, selbst erfahren; wo enden?“

Entsprechend ist der Titel des neuen Bildes „Leipzig 1813 – In den Wirren der Völkerschlacht“. Die Straßen Leipzigs sind verstopft mit zerschlissenen Bagagewagen und Pferden. Zwischen umgestürzten Gefährten liegen Verwundete. Die farbigen Uniformen sind staubbedeckt und rußgeschwärzt, die Fassaden der stolzen Bürgerhäuser der Messestadt von Einschüssen übersät. Ein Dachstuhl wurde von einer Kanonenkugel aufgerissen. Lichtbildkunst und Panoramamalerei werden im Panometer versöhnt. Mit Requisiten und Tieren wurden zahlreiche Tableaux vivants gestellt, fotografiert und später dann in die Kulissen eingearbeitet. Der Betrachter teilt den Blick des Zivilisten, der zum Zeugen und Opfer der Weltgeschichte wird. Seine Perspektive geht vom beschädigten Turm der Nikolaikirche auf die von der Schlacht heimgesuchte Innenstadt.

Kämpfe zwischen französischen und deutschen Truppen wurden in Leipzig schon einmal mit einem Panorama der Schlacht von Gravelotte von 1870 gezeigt. Dessen Rundbau stand am Leipziger Roßplatz und wurde 1943 von Bomben zerstört. Diese und andere Informationen zeigt eine Be­gleitausstellung im Ring zwischen Außenmauer und Schauwand des Panometers. Da wird Leipzig als Verlags- und Messestadt vorgestellt, die sich von jener Schlacht noch erholen konnte, dessen große Bedeutung dann aber im Zweiten Weltkrieg doch noch verlustig ging. Sebastian Hennig


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