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28.09.13 / Eine betörende Schau des weißen Goldes / Berlin feiert 250 Jahre Königliche Porzellan-Manufaktur gleich mit drei Ausstellungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-13 vom 28. September 2013

Eine betörende Schau des weißen Goldes
Berlin feiert 250 Jahre Königliche Porzellan-Manufaktur gleich mit drei Ausstellungen

Friedrich der Große kaufte am 19. September 1763 für 225000 Reichstaler vom Berliner Kaufmann Johann Ernst Gotzkowski dessen damals schon über Preußen hinaus bekannte Porzellanmanufaktur. Diese firmiert seitdem als „Königliche Porzellan-Manufaktur“ (KPM). Ihr Signum ist das blaue Zepter. Auf den Tag genau 250 Jahre später eröffneten jetzt drei Berliner Kultureinrichtungen drei Ausstellungen, die mit unterschiedlicher Akzentsetzung an das „weiße Gold“ aus Berlin erinnern. Den Besucher erwartet eine Augenweide, wie sie selbst in der verwöhnten Berliner Museumslandschaft nicht alltäglich ist.

KPM gehört neben der etwas älteren Meißner Manufaktur, neben Nymphenburg und Sevres zu den traditionsreichen Porzellan-Manufakturen in Europa. Wie die sächsischen so benutzten auch die preußischen Herrscher ihre Manufaktur zur Fertigung von Repräsentationsstücken und von edlen, heute unschätzbar wertvollen Servicen, Vasen und Geschirren. Viele große Künstler wie Johann Gottfried Schadow, Karl Friedrich Schinkel oder später Adolph Menzel haben mit Entwürfen und Dekor-Vorschlägen zum Ruhm der KPM beigetragen.

Die zeitlich umfassendste Ausstellung mit etwa 300 Stücken wird in den großartig restaurierten Räumen der KPM selbst am Berliner Tiergarten gezeigt. Sie steht unter dem Motto „Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin 1763–2013. Porzellankunst aus privaten Sammlungen“ und zeigt sowohl Prunkstücke wie meterhohe Vasen aus Klassizismus und Belle Epoque als auch Porzellane zum alltäglichen Gebrauch – „funktionales Design“ nennt es die Ausstellung – aus jüngerer Zeit. Die hohen Vasen mit genauester Aufmalung von Berliner Stadtansichten und preußischen Landschaften dienten als Mittel der Diplomatie, waren also Geschenke an ausländische Herrscher oder zu Hochzeiten. Lag ein Schwerpunkt der Herstellung im 19. Jahrhundert auf der Blumenmalerei, so imponieren für die neuere Zeit figürliche Darstellungen. Viele Stücke kommen aus privaten Sammlungen und waren in dieser Vielfalt noch nie öffentlich zu sehen.

Die zweite Ausstellung im Schloss Charlottenburg unter dem Titel „KPM – Gestalten, Benutzen, Sammeln. 250 Jahre Porzellan aus der Königlichen Manufaktur in Berlin“ hat die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten arrangiert. Sie verwaltet das KPM-Archiv mit rund 46000 Beständen, und so ergibt sich die reizvolle Gelegenheit, eine bildliche Vorlage etwa von Antoine Watteau im 18. oder von Menzel im 19. Jahrhundert als Inspiration für eine spätere Aufmalung vergleichen zu können. Die etwas kleinere Schau besticht durch ganz außerordentlich gelungene Exponate. Höhepunkt ist ein umfangreiches Tafelservice, das im Jahr 1883 dem damaligen Kronprinzen Friedrich und seiner Gemahlin Victoria zu deren Silberhochzeit geschenkt worden war. Das Service mit einer Vielzahl von Tellern, Schüsseln, Terrinen und Blumenständern konnte erst in jüngster Zeit durch Zukäufe wieder komplettiert werden; jetzt ist es zu einer Festtafel angerichtet und lässt fürstliches Speisevergnügen erahnen.

Die dritte Ausstellung gleich gegenüber im Bröhan-Museum hat den Titel „Lust auf Dekor. KPM-Porzellane zwischen Jugendstil und Art Deco“ und mag wegen ihrer zeitlichen Begrenzung auf den Zeit­raum zwischen 1875 und 1925 für manche Besucher den größten ästhetischen Reiz haben. Geprägt wurde diese Epoche von Theo Schmuz-Baudiß (1859–1942), der von 1908 bis 1925 künstlerischer Direktor der KPM war. Er setzte rigoros auf neue Dekore und gewann zahlreiche Vertreter der neuen Kunstrichtung von Jugendstil und später Art Deco zur Mitarbeit. Höhepunkt ist hier neben dem berühmten „Ceres-Service“ von Schmuz-Baudiß ein aus 20 Figuren bestehender „Hochzeitszug“ von Adolf Amberg, der zur Hochzeit einer preußischen Prinzessin gedacht, dann aber wegen der „zu leicht und luftig“ gekleideten Mädchen vom Herrscherhaus abgelehnt worden war, weshalb ihn die KPM dann in Eigenregie fertigte. Er ist heute, so Bröhan-Chef Tobias Hoffmann, eine „Ikone der KPM“. Das faszinierend schöne Ensemble steht neben mehreren großen Vasen mit typischen Jugendstil-Landschaften, die in ihrer Perfektion den damals stilprägenden skandinavischen Herstellern in nichts nachstehen.

Zusammen ergeben diese drei Ausstellungen eine geradezu berückend schöne Schau des „weißen Goldes“ aus Berlin. Man möchte den Verantwortlichen zustimmen, die bei der Eröffnung davon sprachen, dass die KPM für Berlin ein ebenso bedeutender kultureller Faktor sei wie Museen, Musik und Theater. Umso nachhaltiger ist noch in Erinnerung die bedrohliche Entwicklung der bis vor wenige Jahre noch staatlichen Manufaktur. Für die Berliner Politik war die KPM ein Klotz am Bein. Der damalige Bürgermeister Eberhard Diepgen sprach stöhnend von „meinem vierten Opernhaus“. Durch politische und unternehmerische Fehlentscheidungen war die KPM tief in die roten Zahlen geraten; eine Insolvenz schien unausweichlich.

Es war dann der Berliner Privatbankier Jörg Woltmann, der im Jahre 2006 in einem Akt patriotischer Aufwallung das marode Unternehmen mit all seinen Schulden aufkaufte und es seitdem in eine bessere Zukunft zu führen versucht. Und das scheint zu glücken. Der Umsatz liegt derzeit bei rund elf Millionen Euro, der Betrieb am Bahnhof Tiergarten wurde restauriert und modernisiert, 170 Mitarbeiter werden beschäftigt, die viel Geld verschlingende Aus- und Weiterbildung kommt der KPM-Qualität zugute. „Wir sind nahe an den schwarzen Zahlen“, sagte Woltmann, in wenigen Jahren werde es soweit sein. Insbesondere hat er Hoffnung, KPM-Produkte mehr als bisher auch in Übersee, vor allem in China, bekannt zu machen. Vom Unternehmen will er trotz aller Schwierigkeiten nicht lassen: „Ich bin stolz, 250 Jahre Berliner Kultur zu verwalten. Ich gehe diesen Weg, und der ist richtig.“ Dirk Klose

Die Ausstellungen in der Manufaktur und im Schloss Charlottenburg sind bis zum 5. Januar 2014, die im Bröhan-Museum bis zum 26. Januar 2014 zu sehen.


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