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28.09.13 / Dem neuen Schienengleise ein Tafellied zum Preise / Bei der HUB-Einweihung wurde sogar der Domherr zum Dichter

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-13 vom 28. September 2013

Dem neuen Schienengleise ein Tafellied zum Preise
Bei der HUB-Einweihung wurde sogar der Domherr zum Dichter

Die Haffuferbahn ist das Lebenswerk eines Mannes, der trotz aller Widrigkeiten und Verzögerungen der Realisierung fest an sein Projekt glaubte und es auch nach der Inbetriebnahme durch schwierige Zeiten steuerte. Es war Ernst Hantel aus Frauenburg, der die seit 1802 im Familienbesitz befindlichen Kopernikus-Mühlenwerke betrieb, die nach einem Brand im Jahr 1872 als moderner Betrieb neu entstanden waren. Mit diesem Wiederaufbau waren zwingend bessere Verkehrswege erforderlich geworden. Pferdewagen und Frachtkähne reichten da in keiner Weise. Hinzu kam, dass die vielen Ziegeleien und landwirtschaftlichen Großbetriebe ihre Absatzwege beschleunigen mussten. Und, last not least: Das Deutsche Kaiserhaus kaufte um die Jahrhundertwende das Klostergut Cadinen hoch über dem Frischen Haff.“ So beginnt eine Chronik der Haffuferbahn, die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg von dem Ermländer Wolfgang Pohl zusammengestellt wurde, der sich damals schon um die Dokumentation ostpreußischer Geschichte bemühte und als Buchhändler und Jungverleger in Hamburg erste Broschüren über Braunsberg und Königsberg herausbrachte.

Es gab also genug handfeste Voraussetzungen, die Ende des 19. Jahrhunderts den Mühlenbesitzer Ernst Hantel zum Bau einer Bahnlinie antrieben, aber die Realisierung stieß auf große Schwierigkeiten. Vor allem in Frauenburg, wo die katholische Kirche alles Geschehen bestimmte. Das gesamte Domkapitel war strikt gegen den Plan, man sah die Beschaulichkeit dieses wunderschönen Fleckchens Erde am Ufer des Frischen Haffs gefährdet. Nur einer machte da nicht mit: der Domherr Julius-Cäsar Pohl, der einer Frauenburger Handwerkerfamilie entstammte und der die wirtschaftlichen Vorteile für die Region erkannte. Zwischen dem Domherrn und dem protestantischen Ernst Hantel entstand eine auf das Projekt ausgerichtete Freundschaft, die dazu führte, dass der Domherr Vorsitzender des Arbeitsausschusses zum Bau der HUB wurde, mit deren Bau im Jahre 1897 begonnen wurde. Als dann im September 1899 die 48 Kilometer lange Strecke zwischen Elbing und Braunsberg eingeweiht werden konnte, schrieb dazu der Domherr sogar die Hymne „Dem neuen Schienengleise ein Tafellied zum Preise“, in dem er aber auch auf die Schwierigkeiten hinwies, die bis zur Fertigstellung der Haffuferbahn zu überwinden waren. Die hat der Sohn des Gründers Ernst Hantel in einem Beitrag geschildert, der in einer frühen Ausgabe des Ostpreußenblattes erschien: „Mein Vater hat in jahrelangen Verhandlungen die Provinzen Ost- und Westpreußen, die Landkreise Elbing und Braunsberg, die Ostdeutsche Eisenbahngesellschaft und die Bahnbau-Firma Lenz unter einen Hut gebracht und gründete mit ihnen die ,Haffuferbahn-Aktien-Gesellschaft‘, deren Geschäftsführer er bis zu seinem Tode 1927 war.“ Sie wurde von der Ostdeutschen Eisenbahngesellschaft mit Sitz in Königsberg verwaltet, zu der auch die Samlandbahn und die Cranzer Eisenbahn gehörten. Letztere warb mit dem allen Königsbergern bekannten Motto: „Mit den Möwen an die See mit Samlandbahn und KCE“. Auch die Haffuferbahn hatte ihr Kürzel, HUB, aus dem der Volksmund die Bezeichnung „Hantel und Baum“ machte, denn Letzterer war der für den Bau verantwortliche Baumeister der Firma Lenz. Es gab auch noch eine andere Deutung, die ein Frauenburger entwickelt hatte: „Hat Unter-Bilanz“. Was leider auch stimmte, denn die HUB hat sich in der Tat anfangs nur unzulänglich rentiert. Manche Jahre konnte die Gesellschaft überhaupt keine Dividende ausschütten. Sie litt unter den zu hohen Aufwendungen für den Grunderwerb vor allem in Elbing, wo die Gesellschaft gezwungen wurde, die Flächen ganzer Grundstücke zu hohen Preisen zu kaufen, obgleich sie nur einen kleinen Teil davon benutzen konnte. Der schnelle Anschluss an die staatliche Ostbahn war aber für die Haffuferbahn lebenswichtig. Vor allem die Schichau-Werft, die damals 12000 Menschen Lohn und Brot gab, bekam durch 15 besondere Anschlussgleise ihre bisher fehlende Verbindung zur Ostbahn. So gesehen war – allen Spötteleien zum Trotz – die HUB auch keine Kleinbahn, denn sie besaß schon die Normalspur mit Überleitungen zur Deutschen Reichsbahn. Große Schwierigkeiten gab es auch anfänglich in Cadinen durch endlose Verhandlungen mit dem zuständigen Landrat, der die Benutzung dieser Haltestelle für den Personenverkehr hinauszögerte, von dem sich die Gesellschaft durch den erhofften Ausflüglerverkehr erhebliche Einnahmen versprochen hatte. Jahrelang durften die Züge der Haffuferbahn dort nicht halten, umgekehrt konnte der kaiserliche Hofzug die Schienen der HUB nicht benutzen. Aber dieses Kapitel der Geschichte der HUB hatte dann doch ein versöhnliches Ende: Das Kaiserpaar konnte mit dem Hofzug ohne umzusteigen von Berlin nach Cadinen gelangen, Kaiser Wilhelm II. schloss eine Freundschaft mit dem Ermländischen Bischof in Frauenburg – und der Landrat wurde geadelt! R.G.


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