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28.09.13 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel / Der Retter / Warum Christian Lindner genau der Richtige ist, wie wir die AfD doch noch entlarven, und wie man uns diesmal beklauen will

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-13 vom 28. September 2013

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Der Retter / Warum Christian Lindner genau der Richtige ist, wie wir die AfD doch noch entlarven, und wie man uns diesmal beklauen will

Die Menschen sind schlecht. Kein Loch ist tief genug, als dass sich die Freidemokraten drin verstecken könnten vor der Häme, mit der sie von allen Seiten übergossen werden. Woher nur diese Missgunst? Die Liberalen haben in den vergangenen vier Jahren schließlich so gut wie alle ihre Positionen geräumt! Da gab es doch gar nichts mehr, wofür man sie hätte hassen können. Und trotzdem ...

Ach, was soll’s. Die rappeln sich schon wieder auf. Auf dem traurigen Marsch durch die außerparlamentarische Wüste hat sich den Freidemokraten bereits eine neue Lichtgestalt vorangestellt. Christian Lindner ist der neue Hoffnungsträger. Obwohl erst 34 Jahre alt, hat er schon reichlich politische Erfahrung. Wir alle kennen ihn als FDP-Generalsekretär, der er von 2009 bis Ende 2011 war.

Lindner hat sogar den Koalitionsvertrag zwischen Liberalen und Union mit ausgehandelt, der die Grundlage bilden sollte für die vier erfolgreichen Regierungsjahre, für welche die FDP nun angemessen vom Wähler entlohnt wurde.

Als Generalsekretär hat er den Mitgliederentscheid in der FDP gegen den Euro-Rettungsschirm dermaßen perfide zurechtgefingert, dass sein Scheitern sichergestellt war. Dafür ließ sich Lindner ein ganzes Bündel von Maßnahmen einfallen: Das Verfahren wurde derart kompliziert gestaltet, dass viele gar nicht durch­blickten; laut dem FDP-Finanzexperten Frank Schäffler hatten zudem viele Parteimitglieder gar keine Abstimmungsunterlagen bekommen, und die Beteiligungszahlen waren Schäffler zufolge nur dem Bundesvorstand bekannt.

Kurz und gut: Der Mitgliederentscheid war ein politisches Meisterstück, mit dem sich Lindner für höhere Weihen und Schweinereien qualifiziert hat. Wenn Politik ein schmutziges Geschäft ist, dann sind Leute wie er unverzichtbar.

Gleich nach dem Entscheid ist er dennoch zurückgetreten als Generalsekretär. Das allerdings nicht, weil ihm einige FDP-Lokalpolitiker „Manipulation“ der Abstimmung vorgehalten haben, sondern weil er Guido Westerwelle als Parteichef ablösen wollte. Das wurde dann nichts, weshalb Christian Lindner nach Nord­rhein-Westfalen zurückkehrte, um dort auf seine zweite Chance zu warten. Die ist nun da.

Berufspolitikern wird manchmal vorgehalten, dass sie außer Politik nichts können, keinen richtigen Beruf ausgeübt und daher keine Ahnung vom „richtigen Leben“ hätten. Deshalb schmeißen sie auch so sorglos mit Steuergeldern um sich, heißt es.

Das braucht sich der neue FDP-Hoffnungsträger nicht sagen zu lassen. Er war nämlich schon als Unternehmer in der freien Wirtschaft unterwegs und hatte dabei durchaus intimen Kontakt zu Steuergeldern. So gründete er im Mai 2000 mit zwei Freunden die Firma „Moomax GmbH“. Ziel war es, „Internet-Avatare“ herzstellen. Was das ist? Meine Omi hätte es „Tüdelkram“ genannt. Die las aber auch keine Science-Fiction-Romane. Dort hatte Lindner die Idee her, wie es in einem Porträt des Politikers im „Handelsblatt“ heißt. Tüdelkram also.

Mit einem saftigen Kredit der staatlichen KfW-Bankengruppe ging es schneidig an den Start, und danach ebenso rasant in die Tiefe. Im Oktober 2001 war „Moomax“ endgültig pleite. Und das KfW-Geld, immerhin öffentliches Eigentum? 1,4 Millionen Euro waren futsch.

Und Lindner? Der war schon im Mai 2001 mit seinen 21 Jahren als jüngster Abgeordneter in den NRW-Landtag eingezogen, wo er nach dem etwas holprigen Start als Jungunternehmer eine zweite Karriere als Berufspolitiker begann, die nun ihrem glanzvollen Zenit entgegenstrebt – als Retter seiner gestrauchelten Partei. Erst wenn man sich vor Augen führt, wen sich die Liberalen da zu ihrer Rettung herbeiflehen, ahnt man, wie tief die Partei gefallen ist.

Lindner hat nicht bloß eine Firma mit in den Sand gesetzt, er hat auch schon Geschichte geschrieben: Mit dem Zurechtbiegen des FDP-Mitgliederentscheids zum „Rettungsschirm“ hat er den Startschuss für eine Entwick­lung abgefeuert, die mehr als ein Jahr später zur Gründung der Alternative für Deutschland führen sollte. Denn mit dem dreisten Schmierenstück hatte der FDP-Generalsekretär die letzten Hoffnungen in den Staub getreten, dass Euro-Kritiker bei den Liberalen jemals durchdringen könnten.

Sie mussten sich also eine eigene Heimat bauen. Und es wäre fast soweit gekommen, dass sie damit in den Bundestag eingezogen wären. Unfassbar, kaum einer ahnt, welche Laus uns da beinahe in den parlamentarischen Pelz gekrochen wäre! Der Journalist und Werbetexter Sascha Lobo schon. Den kennen Sie, das ist der rundliche Enddreißiger mit dem roten Irokesenschnitt, der öfter in Talkshows auftaucht, um wichtige Dinge zu sagen über ... hab’ ich vergessen. Lobo hat Schreckliches aufgedeckt, noch am Wahlabend: Im Netz, so klärte er das entsetzte Fernsehpublikum auf, kursiert ein Bild, das AfD-Chef Bernd Lucke zeigt, wie er seinen Anhängern mit der erhobenen rechten Hand zuwinkt. Außerdem erinnerte Lobo daran, dass Lucke gesagt habe, es gebe „Entartungen in der Demokratie“.

Ja und, fragen Sie? Dann haben Sie nicht mitbekommen, wie man heutzutage die wahre Gesinnung seiner Zeitgenossen entlarvt. Früher fragten wir einfach „Wie denken Sie hierüber?“ oder „Was sagen Sie dazu?“, und bald hatten wir eine Ahnung, wo der Mensch politisch steht.

Heute geht das anders: Man schleicht den Leuten hinterher, schreibt möglicherweise verdächtige Wörter auf, lichtet Handbewegungen ab oder spitzelt heraus, wer sich mit wem getroffen hat. Dann stellt man das alles in einen atemberaubenden Zusammenhang, fühlt sich an die NS-Zeit „erinnert“ und ist „tief besorgt“, wenn nicht gar „alarmiert“. Kurz und gut: Wenn der Lucke nun auch noch „Autobahn“ sagt, haben wir ihn überführt.

Schaden hat er ja auch genug angerichtet, selbst wenn seine AfD nicht ins Parlament kam. Seit Monaten musste alles Mögliche angehalten werden im Prozess der Euro-Staaten und -Bankenrettung. Die Verantwortlichen fürchteten, dass es bei den Deutschen zu Fehlentscheidungen an der Urne führen könnte, wenn man ihnen zu früh verrät, auf welche Weise sie als nächstes vom Euro profitieren sollen.

Bereits im Mai wollte die Europäische Zentralbank (EZB) einen „Stresstest“ bei 130 Großbanken einleiten. Das hat sie lieber auf einen anderen Monat verschoben. Man einigte sich auf den September.

Solche Tests gab es schon, die Ergebnisse waren aber ebenso ermutigend wie gezinkt. Nun soll es ehrlicher zugehen, was einen üblen Haken hat: Insider fürchten, dass derart Grausiges zum Vorschein kommt, dass etliche Banken gleich nach Bekanntwerden ihrer Testresultate aus den Latschen kippen.

Also hat Yves Mersch, luxemburgischer Vertreter im EZB-Direktorium, die Euro-Staaten (vor allem Deutschland) ultimativ aufgefordert, vor dem Test Not-Kredite bereitzustellen, um wankende Banken sofort mit Milliarden aus der Steuerkasse auffangen zu können. Er will einen Blankoscheck von uns.

Wie? Hatte man uns nicht versprochen, die Bundesregierung werde sicherstellen, dass das Geld der deutschen Sparer niemals verpfändet werde, um strauchelnde Banken in anderen Ländern zu retten? Sicher doch! Aber um uns als „Sparer“ geht es hierbei gar nicht. Man zieht uns in unserer Eigenschaft als Steuerzahler das Fell über die Ohren, nicht als Sparer, und das ist doch ganz etwas anderes.

Auf den Punkt gebracht: Während Herr Schäuble unsere linke Tasche mithilfe der „strengsten Stabilitätskriterien“ eisern bewacht, beklauen sie uns einfach aus der rechten Tasche. Ist ein alter Trick versierter Straßendiebe: Einer wiegt dich in Sicherheit, indem er deinen Freund spielt, damit sein Komplize dich ungestört ausnehmen kann. Es geht wieder voran in Europa.


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