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19.10.13 / Einigung auf Ostpreußens Abtrennung / Auf der Moskauer Außenministerkonferenz akzeptierten die Angloamerikaner Moskaus Forderung nach der deutschen Exklave

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-13 vom 19. Oktober 2013

Einigung auf Ostpreußens Abtrennung
Auf der Moskauer Außenministerkonferenz akzeptierten die Angloamerikaner Moskaus Forderung nach der deutschen Exklave

Im Oktober 1943 trafen die Außenminister der USA, Großbritanniens und der Sowjetunion in Moskau zusammen, um über das spätere Vorgehen nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands zu beraten. In diesem Zusammenhang kam es auch zu ersten inoffiziellen Absprachen bezüglich territorialer Regelungen. So stimmten London und Wa­shington der Moskauer Forderung nach einer Abtrennung Ostpreußens im Grundsatz zu. Ebenso wurden Probleme der weiteren Kriegführung besprochen, wobei zahlreiche Differenzen zwischen den Westmächten und der Sowjetunion zutage traten.

Nachdem es den Alliierten um die Jahreswende 1942/43 gelungen war, die strategische Initiative zu erlangen, begann die Zeit der Nachkriegsplanungen. Diese galten besonders in den Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich als dringlich, da zu befürchten stand, dass die zunehmend in Fahrt kommende Militärmaschinerie der UdSSR in weiten Teilen Europas für vollendete Tatsachen sorgen würde – zumal die bereits bekannt gewordenen Ansprüche Moskaus ja auch alles andere als bescheiden daherkamen. So hatte Josef Stalin dem britischen Außenminister Anthony Eden bereits im Dezember 1941 eröffnet, er wolle die 1939 annektierten Ostgebiete Polens behalten und Warschau dafür mit Ostpreußen abfinden.

Ein reichliches Jahr später, im März 1943, einigten sich die Briten und US-Amerikaner dann intern darauf, diese Forderung im Grundsatz zu akzeptieren, weil Osteuropa ja ohnehin unter sowjetischen Einfluss geraten würde. Allerdings hielten sich Washington und London in der Ostpreußenfrage weiterhin nach außen bedeckt, da die polnische Exilregierung in England den Plänen des Kreml extrem ablehnend gegenüberstand.

Konkretere Vereinbarungen sollten dann Mitte Juli auf einer ersten gemeinsamen Konferenz der „Großen Drei“ Stalin, Winston Churchill und Franklin D. Roosevelt in Alaska oder Sibirien getroffen werden. Doch dieses Treffen kam nicht zustande, weil der sowjetische Diktator durch die Verschiebung der westalliierten Landung in Frankreich ins Jahr 1944 hinein aufs Äußerste erbost war. Andererseits wollte Stalin das Tischtuch zwischen Mos­kau und den Westmächten aber auch nicht völlig zerschneiden. Deshalb erklärte er sich schließlich am 24. August 1943 mit einer vorbereitenden Konferenz der Außenminister der drei Mächte in Moskau einverstanden.

Und so trafen dann Wjatscheslaw Molotow, Anthony Eden und Cordell Hull vom 18. bis zum 30. Ok­to­ber 1943 in der sowjetischen Hauptstadt zusammen und diskutierten dort über die Behandlung Deutschlands nach der bedingungslosen Kapitulation, die seit der Casablanca-Konferenz vom Beginn des Jahres als die einzig akzeptable Option zur Beendigung des Krieges galt. Dabei traten teilweise recht unterschiedliche Standpunkte zutage: Hull schlug im Sinne Roosevelts und des US-Militärs die totale Zerstückelung Deutschlands vor, was Edens uneingeschränkte Zustimmung fand. Zugleich legte der Chef des State Department jedoch auch ein eigenes Memorandum vor, in dem er einen politisch dezentralisierten, föderalistischen deutschen Nachkriegsstaat favorisierte. Molotow wiederum bezeichnete die erste Variante als „Minimallösung“, wich aber ansonsten keinen Millimeter von Stalins territorialen Forderungen von 1941 ab und setzte sich damit am Ende auch durch, denn die abschließende diesbezügliche Einigung sah vor, dass Deutschland sämtliche seit 1939 angegliederte oder annektierte Gebiete wieder abgeben müsse – und ebenso auch Ostpreußen abgetrennt werden solle.

Offiziell hieß es dazu allerdings in der Moskauer Deklaration vom 1. November 1943, die nach anfänglichem Widerstand des Kreml schließlich auch noch vom chinesischen Botschafter in der UdSSR unterschrieben wurde, die territoriale Behandlung des besiegten Deutschen Reiches sei noch zu klären und solle einer gemeinsam zu bildenden Europäischen Beratenden Kommission (EAC) mit Sitz in London obliegen, die dann tatsächlich schon am 15. Dezember 1943 ihre Arbeit aufnahm. Ansonsten verständigten sich die drei Außenminister auf folgende Eck­punk­te bei der Behandlung Nachkriegsdeutschlands: Besetzung durch alliierte Truppen und Übernahme der vorläufigen Regierungsgewalt mit nachfolgender Errichtung einer Demokratie, Entmilitarisierung und Liquidierung der Rüstungsindustrie, Auflösung der NSDAP und allgemeine „Entnazifizierung“, Aburteilung sämtlicher Kriegsverbrecher und Auferlegung umfassender Reparationen.

Nicht in der Abschlusserklärung erwähnt wurden hingegen die sonstigen Absprachen über die Fortführung des Krieges. So erklärten sich die Sowjets „im Prinzip“ damit einverstanden, dem Wunsch der US-amerikanischen Seite nach Landeplätzen auf sowjetischem Gebiet für Luftangriffe auf das Reich im „Pendelflugverfahren“ zuzustimmen. Molotow schlug zudem vor, die Türkei zum Kriegseintritt zu bewegen, um noch weitere Flugbasen zu gewinnen. Das jedoch lehnten Hull und Eden nach Rückfrage bei den Vereinigten Stabschefs der USA und Großbritanniens ab. Die Militärs sahen hier eher Risiken als Chancen und verwiesen im Übrigen auf die Möglichkeit, von Flugplätzen in Italien aus zu operieren.

Ebenso wollten Washington und London der Bitte Moskaus um Überlassung von Teilen der italienischen Kriegs- und Handelsflotte nicht entsprechen, denn es war vorgesehen, die Schiffe unter angloamerikanisches Kommando zu stellen und im Pazifikkrieg gegen Japan einzusetzen.

Weitere Divergenzen ergaben sich in der Frage des Umgangs mit den kleineren ost- und südost­eu­ro­päischen Staaten. Hier schmetterte Molotow den Vorschlag Edens ab, diese Staaten in Konföderationen zusammenzuschließen, denn die UdSSR verfolgte den Plan, in ihrem unmittelbaren europäischen Vorfeld eine Politik des Teilens und Herrschens zu betreiben. Das wiederum verärgerte die Briten, die auf dem Balkan und im östlichen Mittelmeer ehrgeizige eigene Ziele verfolgten, während Hull es für sehr viel wichtiger hielt, den Sowjets hier entgegenzukommen, um sie für eine weitere politische Zusammenarbeit über das Kriegsende hinaus zu gewinnen. Und tatsächlich gelang es ihm auch zu erreichen, dass Moskau die Erklärung über die Errichtung einer internationalen Friedensorganisation unterzeichnete, auf die sich US-Amerikaner und Briten im August 1943 in Quebec geeinigt hatten.

Alles in allem war die Moskauer Außenministerkonferenz also von einer deutlichen Appease­ment-Haltung der Westmächte gegenüber der UdSSR geprägt, wozu nicht zuletzt auch gehörte, den sowjetischen Forderungen nach der Abtrennung Ostpreußens zuzustimmen. Damit hatte Stalin dann später die Möglichkeit, beim ersten tatsächlichen Zusammentreffen der „Großen Drei“ in Teheran auch selbst Anspruch auf Teile Ostpreußens anzumelden. Wolfgang Kaufmann


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