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26.10.13 / Trab, Galopp und Gänsemarsch / Pferde mit Intelligenz gesucht und gefunden – Beim Trakehner Hengstmarkt in Neumünster traf Reitsport auf Kommerz und Show

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-13 vom 26. Oktober 2013

Trab, Galopp und Gänsemarsch
Pferde mit Intelligenz gesucht und gefunden – Beim Trakehner Hengstmarkt in Neumünster traf Reitsport auf Kommerz und Show

Der Star des Abends hieß „Dies­telzar“. Das Pferd, das vor einigen Jahren den Spitzenpreis von 600000 Euro erzielte, wurde zum Trakehner-Hengst des Jahres ge­kürt. Aber auch sonst fanden die Pferdefreunde die Trakehnershow in Neumünster spitze.

„Yes, yes, yes“, ertönte es aus einer hinteren Reihe in der Reitarena. Der Freudenschrei galt einem erfolgreichen Gebot für das Trakehnerfohlen „High Spirit“, das für 5500 Euro den Besitzer wechseln wird. Für Kari Montgomery hat sich die lange Anreise nach Neumünster jetzt schon bezahlt gemacht. Ganz aus Kanada ist die Pferdeliebhaberin angereist, um in den Holstenhallen ein Nachwuchspferd zu ersteigern.

Zu Hause in London/Ontario hat sie bereits eine stattliche Anzahl Trakehner stehen. Sie seien gute Turnierpferde und leicht zu reiten, sagt sie. „High Spirit“ wird noch bis zum Alter von drei Jahren in Deutschland bleiben, ehe das Jungtier die Reise nach Übersee antreten wird.

Auch sonst waren beim 51. Trakehner-Hengstmarkt viele Bieter auch aus dem Ausland vertreten. Mit 250000 Euro griff ein Holländer für den gekörten Siegerhengst „Kissinger“ am tiefsten in die Tasche. Alexandra Gräfin Dohna, aus deren Zucht der Hengst entsprang, strahlte sichtlich vor Freude, schnappte sich die Zügel, pfiff auf ihre 79 Jahre und ging munteren Schrittes mit „Kissinger“ auf die Ehrenrunde.

Der Durchschnittspreis von 67400 Euro für zehn gekörte und 8700 Euro für 20 nicht-gekörte Hengste, die zum Verkauf standen, stellte den Trakehner-Verband indes nicht voll zufrieden. Man hatte sich mehr erwartet. So kam es, dass diesmal auch bei der Stutenauktion viele nicht auf das Anfangsgebot von 10000 Euro einsprangen und die Pferde keine Käufer fanden.

Abgesehen vom schwächelnden Umsatz gab es in Neumünster wenig zu klagen. Die Freunde der ostpreußischen Pferdezucht wa­ren froh, sich wieder zu sehen, Erfahrungen auszutauschen und sich im Wettkampf zu messen. Tatsächlich fand im Rahmen des Hengstmarktes ein hochkarätiges Dressurchampionat statt. Von acht Startern wurde bei der Gala das Finale der zwei besten ausgetragen. Dabei trafen mit Dorothee Schneider und Helen Langehanenberg zwei Teamkolleginnen aufeinander, die letztes Jahr bei den Olympischen Spielen in London Mannschaftssilber in der Dressur gewannen. Bei der jetzigen Einzelkonkurrenz zeigten die beiden die hohe Schule der Reitkunst. Vom starken Trab ging es nahtlos in die Passage über, dann der Übergang in die Traversale mit anschließender Piaffe gefolgt vom Galoppwechsel und der kreisrunden Pirouette – Dressurfreunde schnalzten mit der Zunge. Am Ende hatte Langehanenberg mit ihrer Trakehnerstute Cote d’Azur knapp die Nase vorn.

Weiteres sportliches Kräftemessen war eher von heiterer Natur. Beim Stafetten-Springen traten Zweier-Teams ge­geneinander an, die beim Hürdenspringen gegen die Zeit – und gegen die Schwerkraft anreiten mussten. Unfreiwillige Ausstiege aus dem Sattel blieben bei der Übergabe der Reitgerte als Staffel-„Stab“ nicht aus.

Bei dem Kutschrennen mit Zwei- und einem Vierspänner wurde bei den rasanten Kurvenfahrten so viel Staub aufgewirbelt, dass die Gewinner am Ende gar nicht mehr auszumachen waren. Dass es viele Möglichkeiten der Unterhaltung gibt, die Mensch und Tier gleichermaßen Spaß bringen, zeigte eine „New Yorker“-Verbrecherjagd. Vor einer Kulisse mit Freiheitsstatue, einem Wolkenkratzer und gelben Papptaxis begaben sich elektrische Polizeireiter auf die Suche nach einem entflohenen Häftling. Actionkino ist nichts gegen diese rasante Reiterchoreografie. Stiller Kontrast dieser abwechslungsreichen Gala war der Auftritt von Tiertrainerin Anne Krüger, die eine von vier Hunden angetriebene Schar Gänse über einen Parcours laufen ließ. Während sie ihr Pferd und eine Elevin ihr Pony zirkusreife Akrobatiknummern vollführten, ließ „Schäferin“ Krüger ihre Kommandos nur über eine Hundepfeife ertönen.

Nicht allein deswegen stand die Trakehnershow ganz im Zeichen der Harmonie von Mensch und Tier. Wenn man bei den Tieren Takt und Schwung, Geschmeidigkeit des Ganges und Versammlung beim Trab erzielen möchte, braucht es viel Verständnis der Pferdeseele. Wolf Lahr, der Vorsitzende des Pferdezuchtverbandes Sachsen-Thüringen, lobte bei der Sprungkonkurrenz denn auch die Lernbereitschaft der Trakehner: „Es sind Pferde mit Intelligenz und Pferde mit Reflexen. Ostpreußen“ – und damit meinte Lahr die Trakehner – „Ostpreußen können nur mit Herz und Intelligenz springen.“

Dass sie auf internationalen Turnieren erfolgreich sind, zeigt die Auswahl der Vielseitigkeitspferde, die an dem Abend präsentiert wurde. Von den Top 20 in der Welt ist nahezu jedes dritte Pferd ein Trakehner. Kari Montgomery aus Kanada schätzt auch den Vielseitigkeitssport, will ihr neues Fohlen aber zu nichts zwingen: „Der junge Ostpreuße soll es später bei uns einfach nur gut haben.“ Harald Tews


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