24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
02.11.13 / Am BER wird weiter getrickst / Nordpier: Mehdorn führt Öffentlichkeit hinters Licht – Will Wowereit Fehler vertuschen?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-13 vom 02. November 2013

Am BER wird weiter getrickst
Nordpier: Mehdorn führt Öffentlichkeit hinters Licht – Will Wowereit Fehler vertuschen?

Während Hartmut Mehdorn zum Herbst eigentlich ein Gesamtkonzept zur Fertigstellung des Berliner Großflughafens vorlegen sollte, kommen vom BER nur kabarettreife Personalentscheidungen: Der Flughafenexperte Horst Amann wurde kaltgestellt, dafür drängt es ausgerechnet Klaus Wowereit nun wieder, die Oberaufsicht über Deutschlands „peinlichste Baustelle“ zu bekommen.

Erfolg auf ganzer Linie – so kann man zumindest aus Sicht von Hartmut Mehdorn die jüngste Entwicklung rund um den Pannenflughafen BER bezeichnen. Gewonnen hat Berlins Flughafenchef zum einen den Machtkampf mit dem Dauerrivalen Horst Amann. Der bisherige BER-Technikchef wechselt an die Spitze der flughafeneigenen Energie und Wasser GmbH. Was scheinbar nur eine Versetzung ist, kommt einer regelrechten Degradierung gleich: Mit Dienstantritt zum 1. November ist der Flughafenexperte zunächst einmal Chef einer Firma ohne Personal. Der wahrscheinliche Hauptgrund für diese Lösung: mit der firmeninternen Umsetzung braucht an Amann keine millionenschwere Abfindung gezahlt zu werden, die ihm bei einer kompletten Vertrags­auflösung zustünde.

Während die Absetzung Amanns bereits lange absehbar war, ist eine kurzfristig angesagte Sensation zunächst ausgeblieben: Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) will allen Ernstes zurück an die Spitze des BER-Aufsichtsrats. Erst im Januar war er von diesem Posten abgelöst worden – nachdem der vierte Eröffnungstermin geplatzt war. Nachdem inzwischen auch Matthias Platzeck beim BER das Handtuch geworfen hat, scheint sich Wowereit auf der Dauerbaustelle wieder für unabkömmlich zu halten. Nach heftiger Kritik an seinen Comeback-Planungen hat er nun zunächst darauf verzichtet, sich formal als Vorsitzender bestätigen zu lassen.

Wowereits Drängen, auch wieder ganz regulär an der Spitze zu stehen, hat inzwischen breiten Spott auf sich gezogen, wurde gar als Größenwahn interpretiert. Plausibel ist allerdings auch eine andere Sichtweise: Wowereits Rückkehr ist aus Sicht der BER-Verantwortlichen die beste Garantie dafür, dass die Politik des Tricksens und Vertuschens beim Skandalprojekt weitergehen kann.

Wie weit sich die Öffentlichkeit nach wie vor täuschen lässt, wird an Mehdorns Projekt eines „kleinen Probebetriebs“ deutlich: Um die Abläufe am Flughafen zu testen, sollen vom Nordpier zunächst einmal nur zehn Flüge pro Tag abgefertigt werden, so Mehdorn. Wegen der enormen Kosten und notwendiger Umbauten am spartanisch ausgestatteten Nordpier haben sich die Medien ausführlich an dem Vorhaben abgearbeitet. Tatsächlich spricht einiges dafür, dass es Mehdorn mit seinem kostspieligen „kleinen Probebetrieb“ in Wahrheit um einen klammheimlichen Ausbau des Nordpiers geht.

Die Aufrüstung der Nebenanlage für „Testzwecke“ ist die ideale Staffage um zu verbergen, dass das Hauptgebäude des Flughafens falsch konzipiert wurde, vor allem zu wenig Abfertigungsschalter hat. Wowereits Erfahrungen könnten durchaus gefragt sein, wenn es gilt, derart grobe Planungsfehler unter der Decke zu halten. Etwa, wenn bei einer weiteren Kostenexplosion die Frage aufkommt, ob es nicht sinnvoller wäre, den BER-Bau einzustellen, oder die steuergeldverschlingende Dauerbaustelle lieber durch einen privaten Investor zu Ende bauen zu lassen.

Solche Forderungen könnten schneller auf der Tagesordnung stehen, als es sich viele Berliner und Brandenburger derzeit vorstellen können. Nach Angaben des Staatssekretärs Rainer Bretschneider, der anstelle des ehemaligen Brandenburger Ministerpräsidenten Platzeck neu in den Aufsichtsrat eingezogen ist, könnten die Kosten beim BER auf rund fünf Milliarden Euro steigen. Zur Erinnerung: 2004 war die Rede von 1,9 Milliarden Euro Baukosten. Mit den fünf Milliarden, die nun in Sichtweite sind, dürfte das Ende der Fahnenstange allerdings noch nicht einmal erreicht sein: Flughafenchef Mehdorn hat inzwischen einräumen müssen, dass jeder Monat, den sich die BER-Eröffnung weiter verzögert, 35 Millionen Euro zusätzlich kostet.

Die ausufernden Kosten waren auf der jüngsten Aufsichtsratssitzung der Flughafengesellschaft allerdings anscheinend ebenso wenig ein Thema, wie das, was Mehdorn eigentlich bis Herbst 2013 liefern sollte: ein Gesamtkonzept zur Eröffnung, samt Zeitplan und Eröffnungstermin. Nach dem, was sich bisher abzeichnet, scheint eine Eröffnung frühestens im Herbst 2015 möglich zu sein – wahrscheinlicher ist allerdings sogar ein Termin erst im Frühjahr 2016. Egal, welche Jahreszahl am Ende Realität wird, mit der jahrelangen Verspätung drängt sich eine Frage auf, die in der öffentlichen Dis­kussion um den Pannenflughafen erstaunlicherweise kaum eine Rolle spielt: Welche Bauruine wollten Politiker – allen voran Berlins „Regierender“ Klaus Wowereit – da im Mai 2012 eigentlich feierlich eröffnen?

Fast vergessen auch ein anderes absurdes Detail: Wenige Wochen vor der verschobenen Eröffnung gab es beim Berliner Senat tatsächlich ernsthafte Überlegungen, einen Antrag zu stellen, um die sogenannte Betriebspflicht für den Flughafen Tegel vorzeitig aufheben zu lassen. Wäre der übereifrige Vorschlag Realität geworden, würde Berlin vermutlich heute ohne eigenen Verkehrsflughafen dastehen. Der Großflughafen BER auf Jahre noch Baustelle – Tempelhof bereits vor Jahren dicht gemacht und als Krönung Tegel auf eigenen Antrag geschlossen. Die Wiedererlangung der Betriebserlaubnis für Tegel hätte ein komplett neues, langwieriges Genehmigungsverfahren nötig gemacht. Norman Hanert


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren