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02.11.13 / Amazons Gier / Online-Buchhändler könnte von EU und USA profitieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-13 vom 02. November 2013

Amazons Gier
Online-Buchhändler könnte von Freihandelszone von EU und USA profitieren

Der Internetriese Amazon breitet sich auf dem Buchmarkt unaufhaltsam aus und bringt mit Dumpingpreisen und -löhnen Buchhändler und Verleger gegen sich auf. Sollte durch das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU auch noch die Buchpreisbindung kippen, ist Amazon am Ziel aller Träume.

Als im Frühjahr dieses Jahres eine ARD-Reportage schlechte Arbeitsbedingungen, niedrige Löhne und einen zwielichtigen Sicherheitsdienst in einem Amazon-Versandlager aufdeckte, war die Empörung groß. Über soziale Netzwerke wie Facebook riefen Konsumenten zum Boykott gegen den Online-Händler auf. Für den US-Konzern war es kaum mehr als ein Nadelstich. Die Aufregung hat sich längst wieder gelegt. Mittlerweile dürften die Geschäfte wieder so gut laufen wie im Vorjahr, als allein der deutsche Amazon-Shop 6,5 Milliarden Dollar einbrachte und damit seinen Umsatz gegenüber 2011 um 21 Prozent steigerte. Eine ähnliche Steigerung wird trotz des Boykottaufrufs auch in diesem Jahr zu erwarten sein.

Amazon ist auf dem besten Weg den historisch gewachsenen Buchmarkt zu dominieren wie es in den USA schon der Fall ist. Dort sind bereits große Buchhandelsketten ins Trudeln geraten. Der größte Konzern, Barnes & Noble, schreibt tiefrote Zahlen und die zweitgrößte Kette, Borders Group, ging schon 2011 insolvent.

Um sich in Europa eine ähnliche Monopolstellung aufzubauen, ist Amazon jedes Mittel recht. Das fängt damit an, dass die europäische Firmenzentrale ihren Sitz in der Steueroase Luxemburg hat, wo man dank legaler Tricks beim Buchverkauf an Privatpersonen nur drei Prozent Umsatzsteuer abführen muss. Das verschafft dem Unternehmen von vornherein einen wirtschaftlichen Vorteil ge­genüber hiesigen Buchhändlern, für die pro Buch der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent gilt. Wenigstens beim Verkauf der E-Books hat die Verlags- und Buchhändlerlobby bei der EU-Kommission einen Erfolg verbuchen können: Hier gilt auch für Amazon ab 2015 der Mehrwertsteuersatz jenes Landes, in dem der Artikel verkauft wird. Da E-Books von der EU nicht als Kulturgüter, sondern als Software verstanden werden, gilt für sie der normale Steuersatz, in Deutschland also 19 Prozent.

Wenigstens in Sachen E-Book hofft der Buchhandel auf Chancengleichheit. Dem neuen Medium hat man es zu verdanken, dass die Umsätze nicht so katastrophal wegbrachen, wie es sonst beim reinen Buchverkauf der Fall gewesen wäre. Da seit zwei Jahren die Umsätze sinken, hofft die Branche auf das E-Book wie auf einen Erlöser. Zwar liegt der Anteil der elektronischen Bücher am Gesamtumsatz bislang erst bei zwei bis drei Prozent, doch ein Blick in die USA, wo der Anteil bei über 20 Prozent liegt, lässt zukünftige Riesengewinne erwarten.

Doch auch hier hat Amazon die Nase vor. Sein E-Reader Kindle ist bereits Marktführer, und wer ein E-Book auf diesem Reader lesen will, muss es zwangsläufig bei Amazon bestellen, da E-Books anderer Anbieter auf dem Kindle nicht zu lesen sind.

Da bei E-Books keine Preisbindung gilt, hatte Amazon vor Kurzem eine Preisattacke vorgenommen und mit 20 Titeln für je zwei Euro geworben. Ähnliche Rabattoffensiven versucht das Unternehmen stets aufs Neue auch bei preisgebundenen Buchtiteln. Jetzt will Frankreich mit einer „Lex Amazon“ ein Gesetz rückgängig machen, wonach es Versandhändlern seit 1981 erlaubt war, Preisnachlässe von fünf Prozent oder kostenlosen Versand anzubieten.

Amazon verkraftet solche Rück­schläge leicht. Mit dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA hofft man auf den totalen Triumph: das Ende der Buchpreisbindung. Was für europäischen Buchhändler und Verleger eine Schutzfunktion ist, bedeutet für Amazon ein Handelshemmnis. Frankreich fordert, dass der Bereich Kultur und Medien bei den Freihandels-Verhandlungen ausgeklammert wird. Die Bundesregierung hat das bislang nicht unterstützt. Harald Tews


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