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02.11.13 / Auf Schnäppchenjagd / Wie Hobby-Antiquare im Internet die Buchpreise verderben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-13 vom 02. November 2013

Auf Schnäppchenjagd
Wie Hobby-Antiquare im Internet die Buchpreise verderben

Der Amazon-Kunde konnte es kaum fassen: Eine noch eingeschweißte, verlagsfrische Dünndruck-Ausgabe von „Don Quijote“ aus dem Winkler Verlag für 25 statt 52,90 Euro. Ist jetzt die Preisbindung aufgehoben oder etwas anderes faul an dem Schnäppchen? Nein, das Buch wurde auf der Amazon-Plattform Marketplace angeboten, wo private, aber auch professionelle Händler gebrauchte Bücher anbieten. Auf diesem virtuellen Flohmarkt kann jeder registrierte Nutzer alte Bücher noch zu Geld machen, die sonst reif für das Altpapier sind. Tatsächlich bieten viele auch Literatur an, die als Geburtstags- oder Werbegeschenk im Regal gelandet, aber nie gelesen worden sind. Mittlerweile dürften es Zehntausende Hobby-Händler sein, die auf diese Weise Antiquariaten und Buchhandlungen zusätzlichen Konkurrenzdruck bieten, indem sie zum Teil noch ungeöffnete Bücher als Gebrauchtware zu einem Schnäppchenpreis ins Netz stellen.

Außer den Buchhändlern, die auf ihrer preisgebundenen Ware sitzen bleiben, haben alle etwas davon: Der Käufer freut sich über ein Schnäppchen, der Verkäufer über einen kleinen Gewinn, den er allerdings versteuern muss, und erst recht Amazon. Der Marketplace-Anbieter verdient dank üppiger Gebühren für jedes verkaufte Buch kräftig mit. So erhält der Verkäufer des „Don Quijote“-Buchs am Ende eine Gutschrift von 21,39 Euro überwiesen, von der dann auch noch die Versandkosten beglichen werden müssen.

Viel wichtiger für Amazon ist, dass über diesen Gebrauchtmarkt das europäische Erbe der Buchkultur zusätzlich ausgehöhlt wird. Die Amazon-Strategie ist klar: absolute Marktmacht anstreben, Buchpreisbindung aufheben und Preise selbst bestimmen. Und die Flohmarkt-Politik ist ein Mittel dazu, dieses Ziel anzustreben. So bietet Amazon auf der Marketplace-Plattform besonders professionellen Händlern Privilegien, die über kostenpflichte Monatspauschalen von den Verkaufsgebühren je Buch befreit werden. Dank gutgeschriebenen hohen Portogebühren machen sie selbst dann einen Gewinn, wenn sie Bücher für nur einen Cent ins Netz stellen. Wer für diesen Preis ein neuwertiges Buch erwerben kann, das nicht als Remittende abgestempelt ist, und dieses dann sogar mittels Lieferkooperationen mit Amazon-Versandlagern schon am Tag nach der Bestellung geliefert bekommt, wird sich den Weg in die Buchhandlung sparen.

Damit diese „Power“-Anbieter ihre Ware im Internet nirgends günstiger als bei Amazon anbieten, müssen sie sich einer Paritätsklausel unterwerfen. Weder bei Ebay noch bei anderen Internet-Verkaufsplattformen wie hood.de oder booklooker.de darf es billiger verkauft werden. Derzeit prüft das Bundeskartellamt, ob die Klausel gegen die Wettbewerbsfreiheit verstößt. Ehemals konkurrierende Onlinemarktplätze für Bücher wie AbeBooks oder das Zentrale Verzeichnis Antiquarischer Bücher (ZVAB) hat Amazon bereits als Tochterunternehmen einverleibt. Die Auswahl für Bücherfreunde wird kleiner. Tws


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