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02.11.13 / Euro-Austritt als letzte Chance? / Frankreichs Wettbewerbsfähigkeit wird immer schlechter – Regierung kopiert Front National

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-13 vom 02. November 2013

Euro-Austritt als letzte Chance?
Frankreichs Wettbewerbsfähigkeit wird immer schlechter – Regierung kopiert Front National

Nach der deutschen Wiedervereinigung war Frankreichs damaliger Präsident François Mitterand die treibende Kraft zur europäischen Währungsunion. Wird François Hollande, Mitterands sozialistischer Nachfolger im Elysée-Palast, nun derjenige sein, der das Ende des Euro einläutet?

Es ist schon ein sehr besonderes Geburtstagsgeschenk, das Frankreichs Industrieminister Arnaud Montebourg dem Euro gemacht hat. Fast genau zum 20. Geburtstag des Maastricht-Vertrages, der am 1. November 1993 unterzeichnet worden war, fordert Montebourg an die Adresse der Europäischen Zentralbank (EZB), der Euro müsse „italienischer, dafür aber weniger deutsch“ werden. Dass derlei den meisten Medien in Deutschland kaum eine Meldung wert war, dürfte gute Gründe haben. Montebourgs Äußerung bringt so offen wie nur selten auf den Punkt, was von dem zu halten ist, was vor 20 Jahren in Maastricht unterschrieben wurde, vor allem aber den Deutschen versprochen worden war. Montebourgs dreiste Forderung, den Euro endgültig in eine neue Variante der schwindsüchtigen Lira zu verwandeln, ist in Wirklichkeit nichts anderes als eine politische Bankrotterklärung. Frankreichs Wirtschaft hat es unter den Bedingungen der Währungsunion nicht geschafft, so wettbewerbsfähig wie die deutsche Konkurrenz zu werden.

Im Nacken sitzen dem Industrieminister und seiner Parti Socialist allerdings nicht nur die desaströse Wirtschaftslage Frankreichs. Noch entscheidender dürfte sein, dass Präsident Hollande kaum noch Chancen hat, ein zweites Mal in den Elysée-Palast einzuziehen. Von der Schwäche der Sozialisten profitiert zudem nicht der übliche Konkurrent, die gaullistische UMP, sondern die Front National (FN). Die Partei von Marine Le Pen ist auf dem besten Weg, in Frankreich zur stärksten Partei zu werden.

Wie düster inzwischen die Aussichten für die Sozialisten sind, machen aktuelle Umfragewerte deutlich. Demnach halten 46 Prozent die FN-Chefin für den besten Herausforderer von Präsident Hollande. Weit abgeschlagen sind die Kandidaten der UMP. In den kommenden Kampf um die Macht gehen die Sozialisten freilich unter miserablen Bedingungen: Die linkspopulistische Wirtschaftspolitik Hollandes ist seit seiner Machtübernahme im Rekordtempo entzaubert worden, dazu laufen bisherige Wähler der Parti Socialist in Scharen zur FN über.

Einen Hinweis, wie die Sozialisten dem Abwärtsstrudel entkommen wollen, liefern die Vorgänge um die Abschiebung einer Roma-Familie in den Kosovo, die vom französischen Innenminister Manuel Valls durchgesetzt wurde. Während der Elysée-Palast angesichts von Protesten bereits in Panik verfallen war und die Abschiebung rückgängig machen wollte, blieb der Innenminister hart. „Die Roma-Familie habe in Frankreich nichts zu suchen, auch wenn protestierende Oberschüler das forderten“, so Valls. Die Haltung hat sich ausgezahlt: Laut einer Umfrage stimmen 65 Prozent der Franzosen der Abschiebung zu. Mit seiner Politik, die teilweise Eins-zu-Eins bei der FN abgeschaut sein könnte, wird Valls zunehmend zur treibenden Kraft im Kabinett Hollandes.

Verliert Hollandes übrige Ministerriege noch weiter an Zustimmung, ist durchaus denkbar, dass die Sozialisten noch eine weitere Anleihe bei der FN nehmen: Frankreichs Ausstieg aus dem Euro. Ein Szenario, für das inzwischen die Wortschöpfung „Frexit“ (French exit) steht. Was angesichts aktueller Forderungen nach einem „italienischen“ Euro derzeit noch weit hergeholt erscheint, frisst sich als Idee längst in den Kern der politischen Elite Frankreichs. Für erheblichen Wirbel sorgt derzeit etwa das Buch „Das Ende des europäischen Traumes“ von François Heisbourg. Der Grundgedanke des ehemals überzeugten Euro-Anhängers: Der Euro muss beendet werden, bevor das „Projekt EU“ Schaden nimmt. Heisbourg vergleicht den Euro mit nichts weniger als einem „Krebsgeschwür“, das entfernt werden muss, um die EU vor dem Untergang zu retten.

Dem Buch kommt Signalwirkung zu. Heisbourg ist kein politischer Außenseiter, sondern Teil des politischen Establishments in Paris. Der Professor war hochrangiger Mitarbeiter im Pariser Außenministerium und stand später an der Spitze der renommierten Denkfabrik „International Institute für Strategic Studies“ (IISS).

Dass inzwischen nicht nur bei der FN, sondern auch bei etablierten politischen Kräften über ein Verlassen der Währungsunion nachgedacht wird, macht nicht nur im Kampf um die politische Macht in Frankreich Sinn. Ersetzt man den Begriff vom „Projekt EU“ durch eine Konstante der französischen Außenpolitik, nämlich das „Droit de regard“ – das angemaßte Mitspracherecht in Bezug auf Deutschland – dann ist der Euro aus Pariser Sicht auch hier gescheitert. Von Mitterand war der Euro dazu geplant, die deutsche Wirtschaftskraft zu schwächen. Inzwischen ist aber unübersehbar, dass Frankreich selber in der von ihm gestellten Euro-Falle gefangen sitzt. Norman Hanert


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