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02.11.13 / Drei Schüsse, die die Welt erschütterten / Auch ein halbes Jahrhundert nach dem Attentat auf John F. Kennedy wuchern die Verschwörungstheorien

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-13 vom 02. November 2013

Drei Schüsse, die die Welt erschütterten
Auch ein halbes Jahrhundert nach dem Attentat auf John F. Kennedy wuchern die Verschwörungstheorien

Rechtzeitig zum 50. Jahrestag des Attentats auf John F. Kennedy wird in der lange Liste der Verschwörungstheorien eine nicht ganz neue Variante aufgefrischt. Nicht der mutmaßliche Attentäter Lee Harvey Oswalds habe am 22. November 1963 in Dallas den tödlichen Schuss auf den Präsidenten der Vereinigten Staaten abgefeuert, sondern ein verkaterter Leibwächter. Das will der pensionierte australische Kriminalbeamte Colin McLaren belegen können.

Kein Attentat des 20. Jahrhunderts wurde umfassender untersucht, und doch bleibt reichlich Raum für Spekulationen. John F. Kennedy war erst drei Jahre im Amt, als er erschossen wurde. Die Stimmung in Dallas galt als angespannt, als Kennedy die texanische Stadt im Wahlkampf besuchte, erstmals begleitet von seiner Frau Jacqueline Bouvier-Kennedy. Politische Gegner warfen dem Präsidenten vor, US-amerikanische Interessen den Sowjets zu opfern. Bereits wenige Tage zuvor hatte ein Autokorso durch Miami abgesagt werden müssen, weil ein Anschlag befürchtet wurde.

Kennedy war sich dieser Gefahr bewusst. Laut der Aussage eines seiner Assistenten sagte er: „Wenn jemand wirklich den Präsidenten der Vereinigten Staaten erschießen wollte, wäre das keine schwierige Arbeit: Man müsste nur eines Tages mit einem Gewehr mit Zielfernrohr auf ein hohes Gebäude hinauf, niemand könnte etwas gegen einen solchen Anschlag unternehmen.“

Genau das passierte in Dallas. In einem offenen Lincoln Continental X-100 fuhr der Präsident auf einer zuvor angekündigten Route durch die Innenstadt von Dallas. Mit im Wagen saßen seine Frau, der Gouverneur von Texas, John Connally, und dessen Frau Idanell sowie zwei Agenten des Secret Service. 350 Polizisten der Stadt Dallas wurden verstärkt von der Staatspolizei. Von politischer Anspannung war nichts zu spüren, die Menschen jubelten. Die Frau des Gouverneurs wandte sich Kennedy zu und bemerkte, man könne nicht sagen, dass Dallas den Präsidenten nicht liebe. „Nein“, antwortete Kennedy, „das kann man ganz sicher nicht sagen.“ Es waren seine letzten Worte.

Auf der Höhe des texanischen Schulbuchdepots fielen mehrere Schüsse. Der erste durchschlug Kennedys Hals, ein weiterer traf Gouverneur Connally. Kennedy blieb nach dem ersten Treffer aufrecht sitzen, da er wegen eines Rückenleidens ein Korsett trug. Ein weiterer Schuss traf ihn tödlich in den Kopf.

Als die Schüsse fielen, sahen etliche Menschen im fünften Stock des Schulbuchdepots einen Gewehrlauf. Die Polizei stürmte das Gebäude. Dort saß Lee Harvey Oswald in der Kantine vor einer Cola. Da er in dem Depot jobbte, wurde ihm erlaubt, das Gebäude zu verlassen. Er suchte seine Wohnung auf, verließ sie aber bald wieder. Auf der Straße sah ihn nach amtlicher Lesart der Polizist J. D. Tippit, der ihn ansprach, weil Oswald einer gerade durchgegebenen Personenbeschreibung entsprach. Mit vier Schüssen aus einem Revolver tötete Oswald den Mann. Er flüchtete in ein Kino, in dem ihn die Polizei festnahm – wegen des Mordes an Tippit, nicht wegen des Kennedy-Attentats.

Protokolle von der Vernehmung Oswalds gibt es nicht – sie wurden nicht angefertigt. Auf einem im fünften Stock des Schulbuchdepots gefundenen Gewehrs mit Zielfernrohr wurde ein Handabdruck Oswalds entdeckt. Die Spuren am Projektil, das den Gouverneur getroffen hatte, stimmten mit dem Lauf des Gewehres überein. Dennoch stritt Oswald ab, das Attentat auf John F. Kennedy verübt zu haben. Der bekennende Marxist, der als US-Bürger mehrere Jahre in der Sowjetunion gelebt hatte, empörte sich, er solle zum Sündenbock gemacht werden.

Oswald sollte in das Bezirksgefängnis von Dallas gebracht werden. Als am 24. November der Gefangenentransport – begleitet von Fernsehkameras – aus der Tiefgarage des Polizeihauptquartiers von Dallas starten sollte, tauchte zeitgleich der Nachtclubbesitzer Jack Ruby auf. Dem Mann wurden Verbindungen zur Mafia nachgesagt. Vor laufenden Kameras schoss Ruby auf Oswald. Dabei rief er: „Du hast meinen Präsidenten getötet, du Ratte!“ Oswald starb an dem Bauschuss.

Jack Ruby wurde ein halbes Jahr später zum Tode verurteilt, ohne dass seine Motive klar erkennbar geworden wären. Das Urteil wurde nicht vollstreckt, Ruby starb 1967 an einer Lungenembolie.

Der Tod John F. Kennedys erschütterte die Menschen nicht nur in den USA. 250 000 Berliner nahmen an einer Gedenkfeier vor dem Rathaus Schöneberg teil. Der am 29. Mai 1917 geborene John Fitzgerald „Jack“ Kennedy war nur drei Jahre lang Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, aber in diese kurze Zeit fielen Ereignisse, die bis heute die Welt bewegen: die heißeste Phase des Kalten Krieges mit dem Bau der Berliner Mauer und der Kuba-Krise, der Wettlauf um die Raumfahrt, die Anfänge des Vietnamkrieges, das Aufbegehren der afroamerikanischen Bürger.

Das Mitglied der Demokratischen Partei war der 35. Präsident der USA und der erste Katholik in diesem Amt. Als Kind einer vermögenden Familie – der Vater leitete ein Investment-Unternehmen – wuchs John F. Kennedy umgeben von Luxus auf. Es mangelte an nichts, außer an Gesundheit. Krankheiten begleiteten Kennedy sein Leben lang. Mehrfach musste er deshalb sein Studium der Volkswirtschaft und der Politikwissenschaft aufschieben. Das hielt ihn allerdings nicht davon ab, sich in den Jahren tüchtig auszutoben, in denen sein Vater Botschafter in London war. Er hatte den Ruf, ein Frauenheld zu sein. Sein gesteigerter Geschlechtstrieb wurde später auf seine medikamentösen Behandlung zurückgeführt.

Während des Krieges war Kennedy Kommandant des Schnellbootes PT-109. Das wurde in der Nähe der Salomonen am 2. August 1943 von einem japanischen Zerstörer gerammt und sank. Obwohl am ohnehin kranken Rücken zusätzlich verletzt, schwamm Kennedy mit einem verletzten Mann seiner Crew im Schlepp zu einer fünf Kilometer entfernten Insel. Von der wurden die Überlebenden gerettet. Die Insel erhielt später den Namen Kennedy-Island.

Nach den Vorstellungen des Vaters hätte eigentlich John F. Kennedys älterer Bruder Joseph politisch Karriere machen sollen. Doch der Bruder fiel 1944. Nun war John F. gefordert, das äußerst hochgesteckte Ziel des Vaters anzustreben, Präsident zu werden. Dabei konnte er auf die finanzielle Unterstützung des Vaters vertrauen. 1946 bewarb er sich erstmals erfolgreich um einen Sitz im Repräsentantenhaus. Drei Wahlperioden gehörte er dem Kongress an. Aber um Präsident zu werden, musste er in den Senat. Der Vater machte dafür mehrere Millionen Dollar locker. Das wurde mit einem äußerst knappen Sieg belohnt. 1952 war John F. Kennedy US-Senator für Massachusetts, er trat „den korrumpierendsten Job der Welt“ an, wie er wenig später feststellte. Damit war zwar eine große Hürde genommen, aber als Junggeselle hatte er keine Chance, in das höchste Amt zu gelangen. Er heiratete Jacqueline Bouvier.

Am 8. November 1960 war das große Ziel erreicht – John F. Kennedy setzte sich mit 43 Jahren als jüngster ins Amt gewählte Präsidentschaftskandidat knapp gegen Richard Nixon durch.

Die Amtszeit dauerte nur 1036 Tage. Sie endete mit den Schüssen von Dallas. Seitdem wabern Gerüchte und Mutmaßungen. Zwar geht der offizielle Untersuchungsbericht, der Warren-Report, von der alleinigen Täterschaft Lee Harvey Oswalds aus. Aber trotz einer Faktensammlung auf 888 Seiten nach zehn Monaten Untersuchung und der Befragung von 600 Zeugen vermochte der Warren-Report viele Menschen nicht zu überzeugen. Schon Jackie Kennedy wollte nicht glauben, dass nur ein „alberner, kleiner Kommunist“ ihren Mann ermordet habe.

Jetzt soll es noch nicht einmal für einen „albernen, kleinen Kommunisten“ reichen. Die für John F. Kennedy tödliche Kugel sei aus dem Gewehr eines Leibwächters gekommen, behauptet der Kriminalist Collin McLaren. Der Secret-Service-Mann George Hickey, der dem Begleitschutz des Präsidenten zugeteilt war, habe am Abend zuvor zu tief ins Glas geschaut und sei verkatert gewesen. Nach dem ersten Schuss Lee Harvey Oswalds habe er sein Gewehr in Anschlag gebracht. Als der Wagen nach jähem Stopp plötzlich wieder anfuhr, habe sich der Schuss gelöst, der Kennedy in den Kopf traf. Diese Version ist keineswegs neu, aber die ballistischen Erkenntnisse, mit denen sie nun belegt werden sollen, werden als vollkommen neu präsentiert. Angeblich sei der Tathergang auch schon lange bekannt, aber die Wahrheit aus Staatsräson unterdrückt worden. Hickey hat bestritten, einen Schuss abgegeben zu haben. Er kann nicht mehr gefragt werden, er starb vor zwei Jahren. Die Verschwörungstheorien aber leben fort. Klaus J. Groth


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