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02.11.13 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-13 vom 02. November 2013

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

da hatte er sich doch noch besonnen, der Oktober, und uns ein paar durchsonnte Herbsttage geschenkt. Aber nun ist der November da, der stille Monat, die Gräber werden zugedeckt, und in den Kirchen wird an die Verstorbenen erinnert, die irgendwo in fremder Erde liegen. Über viele Gotteshäuser haben wir in letzter Zeit berichten können, und es ist kein Wunder, dass erneut Fragen oder Hinweise gekommen sind, die sich mit kirchlichen Themen beschäftigen. Sie füllen unsere Familienseite und schließen auch unseren Sonderbeitrag ein, in dem wir von dem Projekt „Gnadenkirche Tidofeld“ berichten, das die Erinnerung an Flucht, Vertreibung und Neubeginn lebendig halten soll. Diese Information entnahmen wir einem Faltblatt, das Frau Ursula Karge aus Norden ihrem Schreiben beilegte, in dem sie über die von ihr gesammelten 600 Konfirmationsurkunden berichtet, von denen rund 70 aus Ostpreußen stammen! 80 hatte sie für eine Ausstellung in der Ludgeri-Kirche Norden ausgesucht, die so erfolgreich war, dass sie verlängert werden musste. Frau Karge hatte ein Gästebuch ausgelegt, in das sich Besucher eintragen konnten, was sie auch fleißig taten. Dabei wurde auch ein vermeintliches „Missgeschick“ geradegerückt. Das hatte Frau Karge in einer der frühen Urkunden – die älteste stammt aus dem Jahr 1830! – entdeckt. Auf der handgeschriebenen Urkunde gratuliert ein Pastor seiner Konfirmandin zum „Bundestag“ – anstatt zum „Bund des Tages“, wie Ursula Karge meinte. Im Gästebuch steht nun die Richtigstellung eines Frankfurter Pastors zu lesen, der erklärt, dass „Bundestag“ in früheren Zeiten die Bezeichnung für den Konfirmationstag gewesen sei. Eine stattliche Mappe mit Originalen soll zur endgültigen Aufbewahrung nach Ellingen gehen. Und nun hat sich auch das Luther-Haus in Eisenach gemeldet, das sich auch für eine Sammlung interessiert, weil das Archiv vergrößert werden soll. Dort war die Geschichte der Konfirmationsurkunden so gut wie unbekannt, umso größer ist jetzt das Interesse. Ursula Karge, die natürlich über diese nicht erwartete Ausweitung ihres Projektes erfreut ist, weist darauf hin, dass die Sammelaktion formell abgeschlossen ist. Falls aber noch weitere Konfirmationsurkunden auftauchen – was ja bei Nachlässen von Vertriebenen denkbar ist − können diese wie bisher an sie gesandt werden. (Ursula Karge, Hollweg 20 b in 26506 Norden, Telefon: 04931/3166.)

Ja, mit den Fehlinterpretationen ist das so eine Sache! Selbst wenn es um Engel geht, hat manchmal der Teufel seine Hand im Spiel – der Druckfehlerteufel nämlich, dem Herr Dr. Wolfgang Fiedler die Verantwortung für den Buchstabenschlenker zuschiebt, der in Folge 41 in seinem Beitrag über Taufengel aus dem altpreußischen Ortsnamen Bladiau ein „Baldrian“ machte. Damit geht Dr. Fiedler noch sehr schonend mit diesem Irrtum um, den ich leider erst bemerkte, als der Übertragungsfehler nicht mehr zu korrigieren war − da hätte ich Baldrian gebraucht! Auch unsere Leserin Ilse Thomann gab vorsichtig zu bedenken: „Mir ist kein Ort Baldrian mit einem Taufengel bekannt. Könnte es sein, dass es sich um das Kirchdorf Bladiau im Kreis Heiligenbeil handelt? Dort gab es einen sehr schönen Taufengel mit einer großen Muschelschale als Taufbecken“. Womit Frau Thomann – die bereits Dr. Fiedlers Schwägerin, Frau Becker-Carus, mit Taufengel-Fotos aus Kirchen des Kreises Heiligenbeil beglückte – durchaus Recht hat, denn auch Herr Dr. Fiedler erwähnt in seinem neuen Schreiben den Engel mit der Muschelschale: „Die evangelische Kirche von Bladiau im Kreis Heiligenbeil, heute russisches Gebiet, existiert nicht mehr. Ob der Taufengel noch bis zu ihrer Zerstörung dort vorhanden war, wann die letzte Taufe erfolgte oder ob er ausgelagert wurde und dann unterging, weiß ich nicht. Bemerkenswert sind die Angaben zur Kirchengeschichte. Der Schwebeengel mit der großen Muschelschale, dessen Alter bisher wiederholt „um 1700“ angegeben wird, dürfte in der Schnitzerwerkstatt der Familie Riga bereits 1696 entstanden sein“.

Bei Erwähnung des Namen „Isaak Riga“ läuteten bei unserm Leser Knut Walter Perkuhn sofort die Alarmglocken: Er stammt nämlich aus dem Kirchspiel Stockheim im Kreis Bartenstein, zu dem die im Besitz der Familie Perkuhn befindlichen Güter Lisettenfeld und Meisterfelde gehörten. Die Stockheimer Kirche war Knut Walters erste Anlaufstelle in eine neue Lebensepoche – leider bekam die einen anderen Verlauf durch den Einmarsch der Roten Armee und der anschließenden Flucht. Herr Perkuhn stieß als unermüdlicher Familienforscher auf einen im Januar 1971 im Ostpreußenblatt erschienenen Beitrag „Das Kirchspiel Stockheim“ von Paul Monski, in dem es zu der bereits um 1400 erbauten Kirche heißt: „Der Altar stammte aus der Werkstatt des Isaak Riga, der von 1680 bis um 1700 eine große Anzahl Kirchen mit zeitgemäßen Altären und Kanzeln versah. Die Stockheimer Kanzel war um 1660 entstanden. Das schönste Stück war die Orgel, 1712−1714 von Johann Josua Moosengel in Königsberg erbaut. Für eine Dorfkirche war die Ausstattung reich und würdig zu nennen“. Von einem Taufengel ist in Stockheim allerdings nicht die Rede.

Dafür wird noch einmal auf den Taufengel in der Kirche von Sorquitten Bezug genommen − in einem Schreiben von Herrn Wolfgang Reith aus Neuss. Unser Leser freute sich über die Veröffentlichung in Folge 41, wunderte sich aber, dass der Schwebeengel mit der Taube nicht abgebildet war und übermittelt uns deshalb eine von ihm gemachte Aufnahme. Nun ist die Sorquitter Kirche so reich an sakralen Schätzen, dass wir mit dem Altarbild unseren Lesern einen umfassenderen Einblick bieten wollten, ein Bild des Taufengels sollte später folgen. Aber nun holen wir das schon heute nach und nehmen die Übersendung des schönen Engelfotos zum Anlass zur Veröffentlichung. Auch für eine andere Aufnahme aus der Sorquitter Kirche möchten wir uns bei Herrn Wolfgang Reith bedanken, die eine weitere Besonderheit zeigt: Die Himmelfahrt Christi! Sie wird in einer sehr eindrucksvollen Form dargestellt: Aus einer wolkenartigen Rosette in der Decke über dem Altar ragen die Füße des aufsteigenden Gottessohnes. Eine wohl einzigartige Darstellung, die alle Besucher beeindruckt, woher sie auch kommen mögen. Mich auch, als ich vor einigen Jahren in dieser wundervollen Kirche eine Stunde der Ruhe und Besinnung verbringen durfte.

Das sind einige Zuschriften aus unserem Leserkreis auf die in Folge 41 veröffentlichten Suchfragen nach Taufengeln in ostpreußischen Kirchen von Herrn Dr. Wolfgang Fiedler. Die ersten Anrufe erhielt er, bevor er die Veröffentlichung in der PAZ gelesen hatte. Darunter auch den von Herrn Frank Schneidewind, der ihm vor allem für die von Dr. Fiedler geplanten Forschungen im Kreis Mohrungen gute Hinweise geben konnte. So vermochte er ihm einige Namen von dort lebenden deutschen Personen nennen, die Wolfgang Fiedler bei seinem geplanten Besuch Zugang zu den noch verbliebenen Kirchen im Osteroder Raum verschaffen könnten. Herr Schneidewind kennt von früheren Besuchen einige Kirchen, die damals noch Relikte aus der Vorkriegszeit aufwiesen. Dazu gehören die evangelischen Gotteshäuser in Gilgenburg mit den imposanten Helden-Gedenktafeln, in Marienfelde, Leip und die ehemalige Gutskirche der Familie Höpfner in Geierswalde. Bleiben wir auf dem kirchlichen Sektor: Noch einmal ein Rückblick auf die schöne Patronatskirche von Coadjuthen und unseren Bericht über die Einweihung der Gedenktafeln. Hierzu hat sich Herr Pfarrer i. R. Klaus Plorin gemeldet, dessen Name unserer Leserschaft nicht unbekannt ist, denn wir haben seine Erinnerungen an die Nachkriegsjahre im zerstörten Königsberg in verschiedenen Folgen gebracht. Zwar haben sich ehemalige Schicksalsgefährten, die er auch mit Namen nennen konnte, bisher nicht gefunden, es kamen auch keine direkten Angaben zu den von ihm geschilderten Vorgängen in der Johanna Ambrosius Schule und in den Waisenhäusern, aber da hatten wir die Erwartungen von vorneherein nicht zu hoch geschraubt, da die Zahl der möglichen Zeugen ja gering ist und auch die lange Zeitspanne berücksichtigt werden muss. Aber seine Schilderungen erbrachten ein so eindrucksvolles Bild von der damaligen Lage der in Königsberg ver-bliebenen Kinder − auch wenn sie keine Waisen waren wie Klaus Plorin, denn er durfte ja mit seiner Mutter bis zur gemeinsamen Ausreise zusammen bleiben −, dass wir sie in voller Länge veröffentlichten. Diese Berichte sind besonders wichtig zur Information für unsere neuen und jüngeren Leserinnen und Leser, die an authentischen Aussagen von Zeitzeugen interessiert sind, die sie bisher selbst aus dem eigenen Familienkreis nicht erhalten konnten. Aber so ganz ohne Echo blieben seine in die Berichte eingefügten Suchwünsche auch nicht, wie er uns in seinem Dankesschreiben für die Veröffentlichungen auf unserer Familienseite mitteilt: „Immerhin haben Frau van der Loo und Frau Pfeiler-Iwohn mich angerufen, und wir konnten einige Informationen über unsere Königsberger Nachkriegsereignisse und Schicksale austauschen. Das hat unsere jeweiligen Erinnerungen teilweise ergänzt oder auch korrigiert und ist für mich deshalb schon sehr wertvoll gewesen“. Und dann kommt Pfarrer Plorin auf unseren in Folge 41 erschienenen Bericht über die Coadjuther Kirche zu sprechen: „Das Thema passt genau in die Zielsetzung der Rundbriefe unserer „Gemeinschaft evangelischer Ostpreußen e.V.“, deren Redakteur ich bin, über das evangelisch-kirchliches Leben in Ostpreußen damals und heute zu berichten“. Deshalb möchte Pfarrer Plorin diesen Bericht in die Weihnachtsausgabe der Rundbriefe übernehmen, worüber wir uns sehr freuen. Und auch darüber sind wir froh: Das „Evangelische Gesangbuch für Ost- und Westpreußen“, nach dessen Besitzerin Grete Szelies ich seit Jahren vergeblich gesucht hatte, kommt nun doch in die richtigen Hände. Wie in Folge 42 zu lesen, hatte sich aus Australien Herr Rüdiger Sakuth gemeldet, dessen Großonkel Eigentümer der „Christlichen Verlagsbuchhandlung“ in Szillen/Schillen war. So zeichnet Ludwig Sakuth für einen Teil des fast 900 Seiten zählenden Gesangbuches als Herausgeber und Verleger. Herr Rüdiger Sakuth teilte uns mit, dass seine in der Bundesrepublik lebende Cousine intensive Familienforschung betreibe und sich bei uns melden würde. Das hat Frau Anne-Marie Daniels aus Zernien inzwischen getan und da sie sich wie erwartet für das sehr gut erhaltene, kostbare gebundene Gesangbuch interessiert, bekommt sie es zugesandt. Damit ist die Geschichte aber noch nicht zu Ende sondern bekommt eine neue Version. Zwar geht es diesmal nicht um das Gesangbuch sondern um das Foto mit der Ansicht vom „Geschäftshaus Sakuth“ in Szillen, das uns Rüdiger Sakuth als Beweis für seine Angaben übermittelte. In dem stattlichen Gebäude hatten auch weitere Firmen ihren Sitz, so das Bekleidungs- und Wäschegeschäft Franz Roewer, das sich auf Betten spezialisiert hatte und sogar eine maschinelle Bettfedern-Reinigung mit elektrischem Antrieb anbot. Nun kam ein Anruf von unserm Leser Alfred Amandi, der noch einen Kleiderbügel mit der Aufschrift „Franz Roewer“ besitzt und diesen gerne den Nachkommen des damaligen Geschäftsinhabers überlassen möchte. (Anschrift: Döbbeckerstraße 20 in 30823 Garbsen Havelse, Telefon: 05137/70103.) Ich hoffe, dass auch hier eine Verbindung zustande kommt. So greift eben ein Rädchen in das andere, und dass dieses Räderwerk „Ostpreußische Familie“ auch am Laufen bleibt, dafür sorgen unsere Leserinnen und Leser mit ihren Fragen, Wünschen, Antworten, Berichten und Hinweisen.

Eure Ruth Geede


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