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09.11.13 / Weitere Attacken gegen Obamacare / Republikaner torpedieren Krankenversicherung auf bürokratischem und juristischem Weg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-13 vom 09. November 2013

Weitere Attacken gegen Obamacare
Republikaner torpedieren Krankenversicherung auf bürokratischem und juristischem Weg

Im September am „Labor Day“, dem US-amerikanischen Tag der Arbeit, streikten im ganzen Land die Restaurant-Angestellten für eine Erhöhung ihrer Mindestlöhne. Mit Plakaten wie „Wir sind mehr wert. Wir fordern 15 Dollar!“ marschierten sie, wie bei US-Streiks üblich, im Kreis vor den Niederlassungen der großen Fast-Food-Ketten wie McDonalds, Wendy’s oder Carl’s Jr. 7,25 US Dollar ist der offizielle Mindestlohn in den Staaten. Um dessen Anhebung gab es in letzter Zeit heftige Debatten. Wirtschaftsexperten meinen, der Mindestlohn sei zu niedrig angesetzt, um etwas zu bewirken, Restauranbesitzer hingegen finden ihn aufgrund des anhaltenden Gästemangels infolge der Wirtschaftskrise jetzt schon zu hoch. Trotzdem hat US-Präsident Barack Obama ein Gesetz angekündigt, nachdem das Minimum, das Menschen für ihre Arbeit gezahlt werden muss, künftig zehn Dollar betragen soll. Kaliforniens Gouverneur Jerry Brown hat eine Erhöhung auf zehn Dollar bis 2016 bereits im September für seinen Bundesstaat durchgesetzt, denn jeder Staat hat das Recht, den Mindestlohn höher festzulegen.

Am meisten betroffen von den geringen Zahlungen sind in den USA die Landarbeiter und die Angestellten der Restaurant-, besonders der Fast-Food-Branche. „McDonald’s ist ein Neun-Milliarden-Dollar-Unternehmen. Die können sich doch wohl leisten, uns, den Ärmsten der Armen, 15 Dollar pro Stunde zu zahlen“, meinte Dwight Murray, der in Indianapolis sein Plakat schwenkte. Fran Quig-ley, klinischer Professor der Universität Indiana und Unterstützer des Streiks, ergänzte: „Der Steuerzahler trägt die Last, da diese Menschen auf Lebensmittel- und Kranken-Beihilfe sowie andere soziale Leistungen angewiesen sind.“ Wendy’s-Mitarbeiterin Rachel Wilde blieb aus Angst vor Entlassung bei diesem Streik zu Hause: „Aber ich protestiere dagegen, dass die Restaurants für viele Arbeiter neben den geringsten Löhnen auch keine Krankenversicherung zahlen.“

Damit hat sie einen weiteren wichtigen Aspekt angesprochen, denn genau diesen Missstand soll das neue Krankenversicherungsgesetz Obamacare nun ändern. Ab nächstem Jahr sind alle Unternehmen und Betriebe mit über 50 Werktätigen gezwungen, ihre Angestellten zu versichern. Auch der Versicherte muss bis zu 9,5 Prozent seines Gehalts einzahlen. Menschen mit geringem Einkommen können einen Zuschuss von der Regierung beantragen. Wer die Pflichtversicherung ablehnt, muss eine Strafe von 95 Dollar im ersten Jahr zahlen, im zweiten 325 Dollar oder zwei Prozent seines Einkommens, was aus Expertensicht viele junge Leute bevorzugen werden. Zugleich versuchen mittelgroße Firmen ganz gezielt, die Zahl ihrer Vollzeitmitarbeiter unter 50 zu halten und mit Aushilfskräften zu arbeiten, was sie von einer Versicherungspflicht befreien würde.

So machbar und für die US-Bürger erstrebenswert die Verbesserungen durch die Pflichtversicherung auch klingen mag und was für die Deutschen seit Bismarck selbstverständlich ist: Ein so gewaltiges Projekt in einem so großen Land wie den USA durchzusetzen, ist leichter angeordnet als umgesetzt. So brach beispielsweise vor Kurzem die Internetseite der US-Regierung, auf der sich die Bürger informieren und ihre Versicherung wählen können, wegen des Massenandrangs zusammen.

Doch schlimmer als dieses technische Versagen ist der allerneueste Versuch der Republikaner, Obamacare zu verhindern. Was ihnen trotz der Stilllegung der US-Verwaltung Anfang Oktober nicht glückte, soll nun auf anderem Wege erzwungen werden. Laut dem neuen Gesetz erhalten Millionen Bürger mit niedrigem oder keinem Einkommen, für die Obamacare in erster Linie gedacht war, einen Zuschuss für ihre Prämie. Dafür müssen sie ihre Versicherung über eine Vermittlungsstelle ihres Bundesstaates abschließen. Doch nun haben sich 36 Staaten, vor allem im Süden, dagegen entschieden, diese Vermittlungsstellen einzurichten. Für diesen befürchteten Fall gestattet das Gesetz der Regierung in Washington, die Versicherung der Bürger in diesen Staaten zu übernehmen, jedoch aufgrund einer Gesetzeslücke nicht die Gewährung der Zuschüsse. 25 der 50 US-Staaten haben sich zwar bereit erklärt, Washington auch die Beihilfe zu gestatten, aber 25 lehnen ab. In vier Klagen, geleitet von dem konservativen Anwalt Michael Carvin, einem der heftigsten Gegner von Obamacare, soll das Einspringen der Regierung als ungesetzlich erklärt werden. Wäre dies der Fall, dann wären die Armen in etwa der Hälfte des Landes weiterhin nicht versichert. Werden diese Klagen angenommen, könnten sie Obamas wichtigstes soziale Projekt endlos verzögern oder doch noch zu Fall bringen. Liselotte Millauer


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