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16.11.13 / EU-Integration gegen Zollunion / Ukraine schwankend: Janukowitsch pokert um die Gunst seiner möglichen Partner

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-13 vom 16. November 2013

EU-Integration gegen Zollunion
Ukraine schwankend: Janukowitsch pokert um die Gunst seiner möglichen Partner

Ob die Ukraine beim bevorstehenden EU-Gipfel zur östlichen Partnerschaft, der am 27./28. November im litauischen Wilna stattfinden wird, das Assoziierungsabkommen unterzeichnen wird, steht in den Sternen. Im Augenblick sieht es eher so aus, als spiele Viktor Janukowitsch auf Zeit, indem er um die Gunst seiner möglichen Partner EU oder Russland pokert.

In den vergangenen Wochen hat Janukowitsch sich erstaunlich oft zu geheim gehaltenen Gesprächen mit Putin getroffen: Am 25. Okto-ber traf er sich zu einem späten fünfstündigen Gespräch mit ihm in Minsk, zwei Tage später in Sotschi. Über die Inhalte bewahrten beide Präsidenten Stillschweigen, selbst die engsten Vertrauten Janukowitschs erfuhren nichts. Nach einem weiteren Treffen am 9. November ließ Janukowitsch hinterher verlauten, dass er mit Putin im Zusammenhang mit den Plänen der Ukraine zur EU-Integration gesprochen habe.

Der Ukraine geht es wirtschaftlich schlecht. Seit Oktober konnte sie ihre Rechnungen für Gaslieferungen aus Russland nicht mehr bezahlen, aber die Russen wollten keinen weiteren Aufschub gewähren. Nun hat die Ukraine am 8. November den Bezug von russischem Gas vollständig eingestellt und setzt auf Reimporte über die deutsche RWE und EU-Investitionen.

Die häufigen Treffen mit Putin geben Anlass zu Spekulationen: Vertreter der ukrainischen Opposition glauben, dass Janukowitsch die EU-Verhandlungen platzen lassen könnte, weil er in letzter Minute schwanke, ob es sich lohne, das Dokument angesichts der zahlreichen Verpflichtungen zu politischen und wirtschaftlichen Reformen zu unterschreiben. Wahrscheinlich würde viel davon abhängen, so vermutet der Leiter des Internationalen Instituts für Demokratie, Sergej Taran, ob die EU weiter die Freilassung von Ex-Premierministerin Julia Timoschenko zur Bedingung für eine Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mache. Zumindest haben dies Pat Cox und Alexander Kwasniewski im Auftrag der EU-Kommission bei einem Besuch in Kiew vergangene Woche noch einmal bekräftigt und der Ukraine ein Ultimatum gestellt.

Doch gegen die Freilassung Timoschenkos wehrt sich neben Janukowitsch auch seine Umgebung. Kritiker glauben, die Regierung verfolge deshalb eine Verzögerungstaktik, weil sie glaube, die EU werde, da die Ukraine alle anderen ihrer Bedingungen erfüllt habe, im Fall Timoschenko am Ende nachgeben, weil sie das Land als Absatzmarkt benötige.

Will Janukowitsch mit den häufigen Treffen mit Putin kurz vor dem Gipfel in Wilna der EU drohen? Äußerungen wie die eines Regierungsbeamten, der lapidar meinte, das Leben gehe auch weiter ohne Assoziierungsabkommen, lassen darauf schließen, dass parallel zur EU-Integration ein Beitritt der Ukraine zur russischen Zollunion zumindest in Betracht gezogen wird.

Dass Moskau Druck auf seine ehemaligen Bündnispartner Ukraine, Moldau und Georgien, die alle Richtung Westen streben, ausübt, war bereits Gegenstand der vorbereitenden EU-Treffen zur östlichen Partnerschaft. Eine Quelle aus Janukowitschs Partei der Regionen hat durchsickern lassen, dass es bei den Gesprächen mit Putin unter anderem um einen Kredit in Höhe von 15 Milliarden US-Dollar sowie russisches Gas zum Subventionspreis von 165 Dollar pro 1000 Kubikmeter, wie Weißrussland ihn erhält, als Gegenleistung für den Beitritt der Ukraine zur Zollunion ging. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat einen zugesagten Kredit in gleicher Höhe nur zu einem Fünftel ausgezahlt. Für ein neues Engagement stellt der IWF Bedingungen wie eine Verringerung des Haushaltsdefizits, höhere Gaspreise für die Bevölkerung und eine Abwertung der Währung.

Janukowitsch und seine Regierungselite wollen ihre Macht weder mit Putin noch mit der EU oder Timoschenko, die nach ihrer Freilassung bei der Präsidentenwahl im März 2015 antreten könnte, teilen. Wenn sie zwischen der „Europäischen“ und „Zoll“-Union schwanken, dient diese Strategie zuvorderst ihrem Machterhalt.

In der Ukraine hält sich das Gerücht, dass Julia Timoschenko in Wirklichkeit eine Kandidatin Moskaus sei. Da sie in den 90er Jahren im Gashandel mit Russland reich wurde, soll es bereits 2009 die Absprache zwischen ihr und Putin gegeben haben, dass der Kreml sie bei der Präsidentenwahl 2015 unterstützen werde. Ohne Entscheidung des Falls Timoschenko wird die EU das Assoziierungs-Abkommen mit der Ukraine aber nicht unterschreiben. Ob in Haft oder auf freiem Fuß: Timoschenko wird das Schicksal Janukowitschs mitbestimmen. M. Rosenthal-Kappi


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