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16.11.13 / Verbraucherschutz à la Brüssel / EU ist Herkunftsnachweis bei Lebensmitteln offenbar unwichtig

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-13 vom 16. November 2013

Verbraucherschutz à la Brüssel
EU ist Herkunftsnachweis bei Lebensmitteln offenbar unwichtig

Ein Gutachten der EU-Kommission sagt drastisch steigende Fleischpreise voraus, sollten die Verbraucher künftig auf der Ware genau über die Herkunft des Fleischs informiert werden. Je nach Art der Kennzeichnung könnten die Produktionskosten um angeblich bis zu 50 Prozent steigen, heißt es im Entwurf eines Berichts der EU-Kommission an das EU-Parlament und den EU-Rat. Bis zu 90 Prozent der anfallenden Kosten könnten an die Verbraucher weitergegeben werden, so die eindringliche Warnung. Die Botschaft die Brüssel vermitteln will ist klar: Wenn die Verbraucher wirklich wissen wollen, woher das Fleisch an der Ladentheke stammt, dann wird das für sie richtig teuer.

Das vorgelegte Gutachten kann jedoch getrost als gezielte Abschreckung gewertet werden. Bereits seit 2005 gilt EU-weit der Grundsatz der sogenannten Chargenverfolgung. Jeder Betrieb in der Lieferkette muss belegen, woher er seine Waren bezogen hat. Diese Pflicht besteht sowohl für Lebensmittel als auch für Futtermittel in der Landwirtschaft. Die laut der EU-Kommission drohenden Nachweiskosten fallen also künftig nicht als Zusatzkosten an, sondern sind seit Jahren weitgehend längst Teil der Kalkulation der Unternehmen.

Interessant ist der Verschleierungsversuch aber nicht nur wegen dieser Dreistigkeit. Fast zeitgleich zur Veröffentlichung des Gutachtens laufen in Brüssel Bemühungen, die Herkunftsbezeichnung bei Industrieprodukten neu zu regeln. Ohne Rücksicht auf Kosten soll ein penibler Nachweis, wie viele zugelieferte Teile in einem Endprodukt jeweils aus dem Ausland stammen, geführt werden. Dies ist letztlich eine Attacke gegen „Made in Germany“, denn das Qualitätsmerkmal könnte so Seltenheitswert erlangen, schließlich arbeitet die deutsche Industrie viel mit ausländischen Zulieferern.

Der offenkundige Widerspruch – bei der Industrie penibler Herkunftsnachweis, bei Lebensmitteln Geheimniskrämerei – könnte ein erster Vorbote der geplanten transatlantischen Freihandelszone sein. Konkret könnten dann in der EU Agrarprodukte aus den USA vermarket werden, die bei klarer Kennzeichnung bei den hiesigen Verbraucher wenig Chancen hätten: von chlorbehandeltem Hähnchenfleisch über hormonbelastetem Rindfleisch bis hin zu genmodifiziertem Obst und Gemüse.

Was sich im Vorfeld des Freihandelsabkommens bei der EU-Kommission abspielt, macht eine Meldung der Nichtregierungsorganisation „Corporate Europe Observatory“ zu den Aktivitäten von Lobbyisten deutlich. Demnach sollen Beamte der EU-Kommission allein zwischen Januar 2012 und April 2013 insgesamt 130 Mal mit Interessenvertretern Gespräche zum Handelsabkommen mit den USA geführt haben. Mit von der Partie bei den Hinterzimmergesprächen in Brüssel waren viele bekannte Größen der US-Wirtschaft: von der Investmentbank Morgan Stanley über den Autobauer Ford bis zur American Chamber of Commerce. N.H.


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