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16.11.13 / Royales Boot im Exil / Das Schiff der Queen, die »Britannia«, geht in Rente – ausgerechnet bei den Schotten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-13 vom 16. November 2013

Royales Boot im Exil
Das Schiff der Queen, die »Britannia«, geht in Rente – ausgerechnet bei den Schotten

Als spannungsfrei lässt sich das Verhältnis zwischen Engländern und Schotten beim besten Willen nicht bezeichnen. Nur zähneknirschend nahmen es daher nationalstolze Engländer auf, dass ein ehemaliges Glanzstück des britischen Königshauses, die königliche Jacht „Britannia“, nach mehr als 40 ereignisreichen Dienstjahren nicht an der Themse festmachte, sondern im Hafen von Leith, einem Stadtteil von Edinburgh. Also ausgerechnet in Schottland.

Und da die Schotten den Ruf haben, geizig zu sein, aber auf keinen Fall bei einem Geschäft drauf zahlen zu wollen, so haben sie das royale Staatsstück zu einem rege besuchten Museum umgebaut, das gute Eintrittsgelder er­wirtschaftet. Dabei war die größte Herausforderung, die erwarteten Besucherströme zu lenken und auch noch Notausgänge zu schaffen, ohne den Originalzustand zu verändern. Denn die bestehenden Auf- und Niedergänge, wie man die Treppen an Bord nennt, waren dafür viel zu schmal.

Das Problem löst ein Turm mit einem Treppenhaus neben dem Schiff. Man muss also kurz von Bord gehen und ein Deck tiefer oder höher wieder durch eine Seitenpforte hereinkommen, um die Besichtigung fortzusetzen. Damit ist es möglich, alle Bereiche des 126 Meter langen Schiffes bequem zu erkunden, von der Kommandobrücke über die ehemaligen Wohn- und Gesellschaftsräume der Royals bin

hin zu den Mannschaftsunterkünften, in de­nen die 236 Mannschaftsmitglieder wohnten. Niemanden wird es verwundern, dass die Kö­nigin und ihr Prinzgemahl ge­trennte Schlafzimmer hatten. Immerhin gab es auf dem gesamten Schiff nur Einzelbetten. Das erste Doppelbett wurde erst eingebaut, als Prinz Charles und Prinzessin Diana dort 1981 ihre Flitterwochen verbrachten. Es war die von den internationalen Medien wohl am meisten beachtete Reise des Schiffes.

Aber in den Logbüchern finden sich auch ganz andere Fahrten. Insgesamt fuhr die „Britannia“ die Königin, weitere Mitglieder der königlichen Familie und verschiedene andere Würdenträger zu 696 Besuchen ins Ausland und zu 272 Visiten in britischen Häfen. Immer mit an Bord war ein Rolls Royce für Landausflüge.

Das Schiff war so konstruiert, dass es im Kriegsfall auch als schwimmendes Lazarett eingesetzt werden und sich die königliche Familie im Fall eines Atomkrieges an Bord flüchten konnte. Beide Ernstfälle traten aber glück­licherweise nie ein. Doch immerhin brachte die Yacht 1986 während des Bürgerkrieges im Jemen rund 1000 Flüchtlinge von Aden aus in Sicherheit.

Als letzte offizielle Mission der „Britannia“ holte sie Chris Patten, den letzten britischen Gouverneur der Kronkolonie Hongkong, 1997 nach deren Übergabe an die Volksrepublik Chi­na heim nach London. Mit an Bord war wiederum Prinz Charles.

Im Jahr 1997 nahmen die Konservativen unter John Major in ihr Wahlprogramm mit auf, das traditionsreiche Schiff solle durch einen Neubau ersetzt werden. Doch im Mai desselben Jahres siegte die Labourpartei und verkündete, die Jacht mit ihrem hohen Treibstoffverbrauch und den jährlichen Unterhaltungskosten von umgerechnet 30 Millionen Euro solle ersatzlos außer Dienst gestellt werden, es sei denn, die königliche Familie würde zumindest einen Teil der Kosten selbst übernehmen. Doch dazu war sie nicht bereit. Für Elisabeth II. war es dann doch ein schmerzlicher Abschied. Als sie am 11. Dezember 1997 ein letztes Mal von Bord ging, zerdrückte die nicht als besonders emotional geltende Königin öffentlich eine Träne.

Heute kann die Jacht als exklusiver Tagungs- und Veranstaltungsort gemietet werden. So feierte 2006 Hollywoodstar Ursula Andress an Bord den 70. Geburtstag. Die Schweizerin hatte 1962 in dem Film „James Bond jagt Dr. No“ weltweit mit einer Szene Aufsehen erregt, in der sie in einem weißen Bikini dem Meer entstieg und damit zum ersten „Bond-Girl“ wurde.

Besucher erleben nicht nur die Räume an Bord, die ihnen ein handyartiges Audiosystem erklärt, sondern in einem Dokumentationszentrum an Land im Ocean-Terminal-Einkaufszentrum von Edinburgh auch eine Ausstellung über die Geschichte und den Bau des Schiffes. Es entstand auf der Werft John Brown & Company in Clydebank unweit von Glasgow und ist insofern doch ein Stück Schottland. Eigel Wiese


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