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16.11.13 / Als die Kunst in Ostpreußen erblühte / Literaturwissenschaftler über den in Memel geborenen Barockdichter Simon Dach

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-13 vom 16. November 2013

Als die Kunst in Ostpreußen erblühte
Literaturwissenschaftler über den in Memel geborenen Barockdichter Simon Dach

Der Königsberger Simon Dach zählt zu den herausragenden ostpreußischen Autoren. Nicht nur sein „Ännchen von Tharau“ (ursprünglich Anke van Tharow) hat ihn im deutschen Sprachraum unsterblich gemacht; viele Gedichte und Lieder waren schon zu seiner Zeit weit verbreitet und beliebt; früh erhielt er den Ehrennamen „Preußischer Orpheus“.

Simon Dach wurde 1605 in Memel geboren und starb 1659 in Königsberg. Anlässlich seines 350. Todestages hatte ihm die Kulturstiftung der Vertriebenen ein Colloquium ausgerichtet, dessen Beiträge jetzt in Buchform vorliegen. In erster Linie sind Spezialisten des Fachs angesprochen, aber in der Fülle der Informationen und Textbeispiele richtet sich das Buch auch an einen größeren Leserkreis. Die Autoren, ein russischer Germanist und vier deutsche Wissenschaftler, zeichnen Dach als zentrale Figur der Königsberger Kultur im 17. Jahrhundert.

In der Tat stand die Stadt damals im Zenit; wegen ihrer Randlage blieb sie vom Dreißigjährigen Krieg verschont; Handel und Kultur erlebten eine Blütezeit. Dach rühmte ihr nach: „Die Jugend seh ich als ein Heer / getrieben durch der Zeit Beschwer / nach Königsberg in Preussen ziehen. / Indem das Deutschland untergeht / im Brand und seinem Blute steht, / wird Fried’ und Kunst in Preussen blühen.“

Dach hatte in Königsberg studiert, war dann Lehrer an der Domschule und 1639 Professor für Poesie an der Albertina geworden. Schon früh hatte er seine dichterische Ader entdeckt und für Freunde, Gönner und später auf den Herrscher Lob-, Preis-, Hochzeits- und Sterbelieder geschrieben.

Etwa 1500 Texte sind erhalten, meist in Deutsch, manche auch lateinisch und griechisch geschrieben. Es sind sogenannte Kasualgedichte, also zu jeweiligen Gelegenheiten geschriebene Verse, die wegen des einfühlsamen Tons, ihres vollendeten Sprachvermögens und ihrer tiefen Frömmigkeit über den konkreten Anlass hinaus Verbreitung fanden.

Die meisten Texte schrieb Dach als Mitglied der „Kürbishütte“. Das war ein Dichter- und Freundeskreis um den Kantor Heinrich Albert, dessen Häuschen am Dom eben von Kürbisranken bedeckt war. Hier wetteiferten die Freunde um dichterischen Lorbeer, was an die „Gruppe 47“ im 20. Jahrhundert erinnert (Günter Grass hat dem Kreis in der Erzählung „Das Treffen in Telgte“ ein Denkmal gesetzt). Dachs Verse waren auch rhythmisch so genau, dass viele vertont wurden. Wie oft in der Barockdichtung ging es auch hier um Leben und Tod, Hoffnung und Vergänglichkeit, Gott und Mensch, Liebe und Furcht.

Der letzte Beitrag im Buch handelt von der „Wallenrodtschen Bibliothek“. Er stammt von dem Osnabrücker Literaturwissenschaftler Klaus Garber. Das von ihm dort aufgebaute Kulturwissenschaftliche Institut der Neuzeit hat binnen Kurzem viel Anerkennung gefunden. Ein dort angesiedeltes Forschungsprojekt „fahndet“ seit Jahren nach Archivalien dieser hochberühmten Adels- und Familienbibliothek. Tatsächlich haben zahlreiche Bestände – mehr als zu hoffen gewagt – die zwei Weltkriege überstanden und lagern heute fast unversehrt in polnischen und russischen Bibliotheken (ein kleiner Teil auch in Berlin). Garber spricht von einer „zutiefst beglückenden Entdeckung“. Eine für beide Seiten gewinnbringende Zusammenarbeit hat dazu geführt, dass viele Bestände, inzwischen fotokopiert, Grundstock einer „virtuellem Wallenrodiana“ bilden.

Man wünscht diesem Buch trotz mancher etwas schwierigen Verästelung im germanistischen Gelände auch Leser über den Kreis der Wissenschaft hinaus, lernen sie doch einen begnadeten Autor kennen – auch einen selbstbewussten Autor, der von sich sagte: „Phöbus ist bei mir daheime, / diese Kunst der Deutschen Reime / lernet Preussen erst von mir. / Meine sind die ersten Seiten, / zwar man sang vor meinen Zeiten / aber ohn’ Geschick und Zier.“ Dirk Klose

Klaus Garber und Hans-Günther Parplies (Hrsg.): „Simon Dach im Kontext preußischer Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit. Literarische Landschaften“, Bd. 13, herausgegeben im Auftrag der Kulturstiftung der Vertriebenen von Frank-Lothar Kroll, Duncker & Humblot, Berlin 2013, 195 Seiten, 32,90 Euro


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