24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
23.11.13 / Islamisierung schreitet voran / Erdogan hofft, mit dem Koran Mehrheit der Türken hinter sich zu einen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-13 vom 23. November 2013

Islamisierung schreitet voran
Erdogan hofft, mit dem Koran Mehrheit der Türken hinter sich zu einen

Fast 70 Jahre nach Gründung der modernen Türkei im Jahr 1924 wirft der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan Stück für Stück das Erbe des Staatsgründers Kemal Atatürk über Bord. Vor allem in den letzten Wochen hat die Islamisierung der Türkei weg von Atatürks Ideal der Trennung von Staat und Religion nochmals Fahrt aufgenommen. Inzwischen wurde das Kopftuchverbot im Staatsdienst aufgehoben. Allerdings nicht nur das allein. Drei weibliche Abgeordnete der AKP sind mittlerweile mit Kopftuch im türkischen Parlament erschienen. Ein Schritt mit starker Symbolkraft: Noch Ende der 1990er Jahre war eine islamistische Abgeordnete nach einem Versuch, mit Kopftuch ins türkische Parlament zu gelangen, sogar ausgebürgert worden.

Das nächste Projekt Erdogans bei seiner Islamisierungspolitik ist bereits klar zu erkennen. In die Schulen und Universitäten sollen stärker islamische Moralvorstellungen Einzug halten. „Wer weiß, was dort alles vor sich geht“, so Erdogan unlängst mit Blick auf das Zusammenleben von Studenten in Wohnheimen und Wohngemeinschaften. Um zu verhindern, dass unverheiratete junge Frauen und Männer unter einem Dach zusammenleben, droht Erdogan sogar damit, private Wohnungen kontrollieren lassen.

Die säkulare Oppositionspartei CHP fürchtet inzwischen, dass Erdogans Gepolter nur der Auftakt für ein größeres Vorhaben ist: die Wiedereinführung der Geschlechtertrennung an türkischen Schulen und Universitäten. Ein Gymnasium in Isparta im Westen der Türkei hat bereits für Jungen und Mädchen getrennte Zeiten in der Schulkantine eingeführt. Dass Erdogan jetzt noch mehr als sonst mit provozierenden Aussagen für Schlagzeilen sorgt und seine Islamisierungsversuche verstärkt, hat gute Gründe. Erdogan fürchtet seit den Protesten um den Istanbuler Gezi-Park um seine Macht. Der forcierte Islamisierungskurs ist der Versuch, die Mehrheit der Türken hinter sich sammeln. Mit dieser Taktik mobilisiert er aber auch Gegenkräfte. Vor allem im ländlichen Raum mag die Islamisierung zwar eine Trumpfkarte sein, laizistisch orientierte Bevölkerungsteile wie das Militär oder Intellektuelle in den Großstädten sehen im Kopftuchgebot oder Alkoholverbot aber immer stärker einen Angriff auf ihre Freiheit.

Gespalten ist inzwischen auch die Regierungspartei AKP, in der ein Machtkampf zwischen konservativen Kräften um Erdogan und seinen eher westlich orientierten Gegnern tobt. Aktuell sorgt vor allem ein Streit zwischen Erdogan und seinem Stellvertreter als Premier, Bülent Arinç, für Schlagzeilen. Arinç, der auch Regierungssprecher ist, hatte versucht, Erdogans Äußerung über Studentenwohnungen und das unerwünschte Zusammenleben von Frauen und Männern als Falschmeldungen der Medien darzustellen. Statt diesen Entlastungsversuch Arinç zu honorieren, führte Erdogan seinen Vize in der Öffentlichkeit regelrecht vor. Erdogan bekräftigte, dass er von den Medien korrekt wiedegegeben worden sei. Arinç hatte schon mehrfach versucht, verbale Ausrutscher Erdogans wieder glattzubügeln und anschließend dafür Undank geerntet. Sollte er nach der neuerlichen Demütigung zurücktreten, dann wäre das mit Blick auf das Wahljahr 2014 ein großer Image-Schaden für Erdogan und die AKP, denn Arinç wird dem Netzwerk des einflussreichen Predigers Fethullah Gülen zugerechnet. N.H.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren