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30.11.13 / Absolut zeitgeistkonform / Marietta Slomka enttäuscht mit biederen Politik-Erklärungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-13 vom 30. November 2013

Absolut zeitgeistkonform
Marietta Slomka enttäuscht mit biederen Politik-Erklärungen

Oft ist es eine Freude, der „heute journal“-Moderatorin Marietta Slomka zuzusehen. Zwar ist die 1969 geborene Tochter eines Ostpreußen nicht unbedingt eine Sympathieträgerin, doch ihre bissigen Fragen an Interview-Partner und ironischen Kommentare sind erfrischend. Entsprechend groß sind die Erwartungen an ihr Buch „Kanzler, Krise, Kapital. Wie Politik funktioniert“. Bei dem Titel und aufgrund der Berufserfahrungen der Journalistin erwartet man einen Blick hinter die Kulissen des Berliner Politikbetriebes. Doch schon nach der Lektüre der ersten Seiten des Buches ist die Enttäuschung riesig, denn man stellt fest, dass man ein politisches Begriffslexikon in den Händen hält. Slomka erklärt den Unterschied zwischen Marktwirtschaft und Sozialismus, Bundesrat und Bundestag, was ein Bundespräsident macht und was NGOs sind. Dabei geht die Autorin äußerst konventionell vor, Slomka versteckt sich fast völlig hinter den Begriffserklärungen. Nur selten reichert sie die Beschreibungen mit Beispielen aus der Praxis an.

Erst nach über 300 Seiten bezieht die studierte Volkswirtschaftlerin Stellung: „Es ist im Übrigen keineswegs so, als sei jeder, der den Euro in Frage stellt, auch gegen Europa. Viele Euro-Gegner argumentieren genau umgekehrt: Sie befürchten, dass die gemeinsame Währung der EU schadet.“ Offenbar ist das für Slomka schon eine mutige Feststellung, denn weiter wagt sie sich nicht vor. Damit offenbart Slomka, dass sie Teil des politischen Establishments ist und/oder um ihre Karriere fürchtet. Zwar betont sie, dass viele der von den Euro-Kritikern bereits vor der Einführung der Gemeinschaftswährung geäußerten Befürchtungen eingetroffen seien, doch trotzdem solle man sich davor hüten, eine Änderung im Euro-System vorzunehmen.

Slomka, die zu Beginn ihrer Karriere Parlamentskorrespondentin für das ZDF in Brüssel war, gesteht, dass sie am Anfang dieser Tätigkeit schwer ernüchtert gewesen sei, da sie „nur Bahnhof“ verstanden habe. Die vielen Fachbegriffe und Abkürzungen hätten ihr das Gefühl gegeben, in „einem Geheimclub gelandet zu sein“. Und so sei die EU zwar eine großartige Idee, an der es sich festzuhalten lohne, doch sie habe ein gewaltiges Transparenz- und ein Demokratie-Defizit. Und deshalb könne sie verstehen, dass viele auf den unüberschaubaren Koloss EU mit „Misstrauen und kalter Entfremdung“ reagierten. „Wenn Politik nicht mehr vermittelbar ist, wenn der einzelne Wähler den Eindruck hat, nicht mal ein Sandkorn im Getriebe zu sein, dann geht das auf Dauer nicht gut.“ Zudem wagt Slomka sich so weit vor, sich gegen die Bildung der Vereinigten Staaten von Europa auszusprechen. Allerdings: Nur für den jetzigen Zeitpunkt, in 100 Jahren hingegen sehe die Welt schon wieder anders aus, relativiert sie sich selber.

Bei ihren Erklärungen zur Weltpolitik hingegen bietet Slomka fast nur zeitgeistkonforme Standard-Informationen. Natürlich sei Afrika zuallererst wegen der Folgen der Kolonialzeit unterentwickelt – und nicht weil dort seit Jahrzehnten Despoten und Diktaturen ihre eigenen Leute ausbeuten und betrügen. Immerhin erwähnt sie, dass vor allem jene Länder besonders rückständig seien, die über besonders viele Bodenschätze verfügten. Und auch hinsichtlich der Unterstützung der Kämpfer gegen den syrischen Herrscher Baschar al-Assad äußert die Autorin Zweifel. Ganz nebenbei donnert Slomka aber dann in einem Nebensatz die These herraus, dass „wir zwei Weltkriege angezettelt haben“. Slomka ist dringendst das Buch „Die Schlafwandler“ des australisch-britischen Historikers Christopher Clark zu empfehlen. Der Rest von „Kanzler, Krise, Kapital. Wie Politik funktioniert“ ist nicht weiter erwähnenswert.

Rebecca Bellano

Marietta Slomka: „Kanzler, Krise, Kapital. Wie Politik funktioniert“, C. Bertelsmann, München 2013, gebunden, 540 Seiten, 19,99 Euro


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