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30.11.13 / Siebenbürgen als erster Versuch / Bevor es den Deutschen Orden nach Preußen verschlug, hatte er versucht, sich im Burzenland anzusiedeln

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-13 vom 30. November 2013

Siebenbürgen als erster Versuch
Bevor es den Deutschen Orden nach Preußen verschlug, hatte er versucht, sich im Burzenland anzusiedeln

Bevor der Deutsche Orden seinen Territorialstaat in Preußen errichtete, war er für knapp 14 Jahre, im Zeitraum von 1211 bis 1225, auf Veranlassung des ungarischen Königs Andreas II. im südöstlichen Siebenbürgen ansässig. Hier baute der Orden fünf bis sechs Burgen, leitete die Ansiedlung von Deutschen und führte erfolgreich den Abwehrkampf gegen das aggressive Steppenvolk der Kumanen. Doch erzürnte der Orden angeblich den ungarischen König mit seinen Versuchen, das Burzenland zu einem eigenständigen Ordensterritorium auszubauen, und musste sich deshalb aus Siebenbürgen wieder zurückziehen. Nunmehr ließ der Orden, durch Erfahrung klug geworden, sich unter Hochmeister Hermann von Salza erst einmal die künftig zu erobernden und zu christianisierenden, heidnischen Gebiete rechtlich verbindlich verbriefen, bevor er in Preußen einen neuen, letztlich erfolgsgekrönten Ansiedelungsversuch startete. Insofern bezeichnete man später die burzenländische Episode als „Generalprobe“ für Preußen.

Im vorliegenden Sammelband „Generalprobe Burzenland. Neue Forschungen zur Geschichte des Deutschen Ordens in Siebenbürgen und im Banat“ werden aus Anlass des 800. Jubiläums des Auftretens der Ordensritter im Burzenland neue wissenschaftliche Erkenntnisse geboten. Einleitend wird die Ansiedelung der Ordensritter in Siebenbürgen zeitgeschichtlich in den christlichen Abwehrkampf gegen die von Osten her anstürmenden muslimischen Völkerschaften sowie die damals noch viel gefährlicheren heidnischen Reitervölker (Kumanen, später die Mongolen) aus der Steppe eingeordnet. Auf der Basis siedlungsgeografischer und archäologischer Forschungen im Burzenland erhält man trotz der sehr mageren schriftlichen Quellenlage ein schlüssiges Bild vom Ablauf der Ansiedlungs- und Burgbauprozesse der deutschen („sächsischen“) Siedler und der Ordensritter. Es wird überzeugend nachgewiesen, dass Kronstadt [Brasov] keine Ordensgründung sein kann. Anhand archäologischer Grabungen an den spärlichen Bauüberresten aus der Ordenszeit – namhaftester und ansehnlichster Überrest ist die dortige „Marienburg“ – erkennt man, dass die Ordensritter damals noch zu keinem ausgeprägten eigenen Baustil fanden und die Masse ihrer „Burgen“ wohl nur Erd-Holzkonstruktionen darstellte. Archäologische Funde, die Bezug zu den Ordensrittern aufweisen, gibt es nicht, außer einigen Ritterschwertern. Doch hofft man wohl immer noch, endlich einige der Münzen aus den siebenbürgischen Prägungen des Ordens zu finden, welche seinerzeit den ungarischen König so sehr empörten, aber noch nie durch Einzelstücke nachgewiesen werden konnten.

Eine 200 Jahre spätere Reminis-zenz an den einstigen Heidenkampf in Siebenbürgen waren Versuche, den Deutschen Orden nach seiner Niederlage bei Tannenberg 1410 ins sogenannte „Banat von Severin“ umzupflanzen. Hier am Unterlauf der Donau sollte der noch immer als sehr kampfkräftig geltende Orden eine neue militärische Herausforderung, diesmal gegen die siegreich den Balkan erobernden Osmanen, erhalten. Auch dieser Einsatz von kleinen Teilen des Deutschen Ordens auf dem Territorium des heutigen Rumäniens blieb nur eine kurze Episode. Anders als Deutschland blieb dagegen das Andenken an den Deutschen Orden in Siebenbürgen unter den dortigen Bewohnern immer wach und dies in positiver Hinsicht. Verkörperte doch die kurze Ordenszeit in der Vorstellung der Siebenbürger Sachsen den Beginn der Ansiedelung ihrer eigenen Vorfahren im Land, selbst wenn diese Vorstellungen heute etwas korrigiert werden müssen, denn es gab schon deutsche Ansiedelungen vor dem Orden.

Fast zwei Drittel der Beiträge im vorliegenden Sammelband stammen von rumänischen Historikern und Archäologen, die sehr engagiert und auf hohem wissenschaftlichen Niveau die Geschichte des Deutschen Ordens auf dem Territorium ihres Heimatstaates beschreiben. Konrad Gündisch, dem leitenden wissenschaftlichen Direktor am Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa (Oldenburg), ist für die Herausgabe dieses gehaltvollen Werkes zu danken.

Jürgen W. Schmidt

Konrad Gündisch (Hrsg.): „Generalprobe Burzenland. Neue Forschungen zur Geschichte des Deutschen Ordens in Siebenbürgen und im Banat“, Böhlau, Köln 2013, geb., 278 Seiten, 32,90 Euro


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