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07.12.13 / Opas alternatives Leben / Ausstellung in Nürnberg über den »Aufbruch der Jugend«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-13 vom 07. Dezember 2013

Opas alternatives Leben
Ausstellung in Nürnberg über den »Aufbruch der Jugend«

Vor 100 Jahren fand auf dem Hohen Meißner bei Kassel das erste Fest der Freideutschen Jugend statt. Es gilt als bedeutendes Ereignis der deutschen Jugendbewegung und ist Anlass für eine Schau im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg. Rund 400 Kunstwerke, Gebrauchsobjekte vom Zehenkammerschuh bis zur (Zelt-)Kohte, Erin­nerungsgegenstände wie Fotoalben und Fahrtenbücher sowie Dokumente zeichnen den Weg der Jugendbewegung von ihren Anfängen um 1900 bis in die 1960er Jahre nach. Es war ein Weg zwischen Selbstbestimmung und Verführung. Die jungen Naturfreunde zogen 1914 als Freiwillige in den Ersten Weltkrieg und reihten sich mit ihren unzähligen Bünden nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 mehrheitlich bereitwillig in die Hitlerjugend ein.

Die erste Welle der Jugendbewegung bildeten „Wandervögel“: Jugendgruppen, die auf Wanderungen das Naturerlebnis und die Gemeinschaftserfahrung suchten. Das Singen hatte einen hohen Stellenwert. Zum Kultbuch der Jugendbewegung wurde Hans Breuers Volksliedersammlung „Der Zupfgeigenhansl“. Chorgesang, Ringelreigen und sportliche Wettkämpfe gehörten auch zum Programm des für den 11. und 12. Oktober 1913 anberaumten „Ersten Freideutschen Jugendtags“, wie ein Stummfilm zeigt. Der Festeinladung der Freideutschen Jugend, einem lockeren Bündnis von Wandervogelvereinen, Lebensreformern, Schüler- und Studentenverbindungen, folgten 2000 bis 3000 Teilnehmer beiderlei Geschlechts. Aus der Einladungsschrift geht hervor, dass das Fest Beitrag zu den im ganzen Kaiserreich begangenen Feierlichkeiten zum 100. Jubiläum der Völkerschlacht bei Leipzig war. Deren Hurra-Patriotismus verurteilte die Jugendbewegung und beteuerte zugleich: Die Jugend, „die im Notfall jederzeit bereit ist, für die Rechte ihres Volkes mit dem Leben einzutreten, möchte auch in Kampf und Frieden des Werktags ihr frisches reines Blut dem Vaterlande weihen“.

Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, meldeten sich zahlreiche Jugendbewegte freiwillig zu den Waffen. „Der Zupfgeigenhansl“ zog mit in den Krieg. Seine Aufschrift lautete: „Feldzugexemplar. Gestiftet vom Verleger und den Wandervögeln.“ Der Herausgeber Hans Breuer und zahlreiche andere Feld-Wandervögel fielen im Krieg. Das hatte in der Jugendbewegung eine ausgeprägte Erinnerungskultur zur Folge. Ein prominentes Beispiel dafür ist Burg Ludwigstein an der Werra östlich von Kassel, die 1920 von Mitgliedern der Jugendbewegung ausdrücklich als „Ehrenmal zum Gedächtnis der im Ersten Weltkrieg gefallenen Wandervögel“ erworben wurde. Das dortige Archiv der deutschen Jugendbewegung ist Hauptleihgeber der Nürnberger Ausstellung. Veit-Mario Thiede

Bis 19. Januar 2014 im Germanischen Nationalmuseum, Kartäu­sergasse 1, Nürnberg. Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr, Mittwoch bis 21 Uhr. In­ternet: www.gnm.de. Eintritt: 8 Euro. Der Katalog kostet im Museum 25 Euro, im Buchhandel 33 Euro.


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