28.03.2024

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07.12.13 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-13 vom 07. Dezember 2013

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

es gibt Briefe, die erzählen in wenigen Zeilen mehr von tragischen Schicksalen als mancher umfangreiche Roman und wirken damit umso eindringlicher. So erging es mir, als ich das Schreiben von Herrn Heinz Link aus Wittenförden las, das zuerst wie ein handgeschriebener Steckbrief wirkt, denn über dem Text steht groß das Wort „Gesucht“. Die folgenden Zeilen will ich wortgetreu wiedergeben, dann werden vor allem unsere Landsleute meine Betroffenheit verstehen. Heinz Link schreibt:

„Hiermit möchte ich es noch einmal versuchen, unsere Schwester zu finden. Es geht um Erika Link, geboren im August 1944 in Moithienen, Kreis Ortelsburg. Von mir Heinz Link: Ich bin der Bruder, geboren am 15. März 1932, ich lebe in Wittenförden bei Schwerin, wir sind noch vier Geschwister, ich bin der Älteste. Im Januar 1945 waren wir auf der Flucht, Ende Januar wurde unsere liebe Mutter Johanna Linck in Bischofstein von den Russen ermordet. Unser Vater war zu der Zeit in Dänemark bei der Wehrmacht. Wir waren in der Nähe von Bischofstein in einem Dorf, den Ortsnamen habe ich vergessen. Es war eine schwere Zeit und wir konnten unsere kleine Schwester nicht versorgen. Sie wurde von einer fremden Frau mitgenommen, sie selbst hatte keine Kinder, den Namen und die Anschrift hatten wir nicht.“

Es folgt noch ein Satz, mit dem ich nicht ganz klar komme – Herr Link meint wohl, dass seine Schwester nun einen anderen Name tragen würde – und er beschließt seinen kurzen Suchwunsch mit den Worten „Aber vielleicht haben wir ja Glück.“

Also ich glaube: Das Wort „Glück“ ist zu kurz gegriffen. Wo und wie sollte man suchen? Es müsste schon ein Wunder geschehen, wenn sich Spuren zu der Frau finden, die als Erika Link geboren wurde und dann im Nirgendwo verschwand. Sie muss, wenn sie Krieg und Vertreibung überlebt hat, heute 69 Jahre alt sein. Aber schon da gibt es jede Menge Fragezeichen: Ist die Frau, die Erika mitgenommen hat, überhaupt aus dem Inferno, das sich im Februar 1945 bei Bischofstein abspielte, lebend herausgekommen? Wer jene Fluchttage in dem von der Russenwalze überrollten Ostpreußen miterlebt hat, weiß, wie schwer es war, Kinder im Säug­lingsalter ohne Muttermilch durchzubringen. Ist es der Frau überhaupt gelungen, sich und das Kind zu retten, oder blieben sie nach dem Russendurchbruch zurück? Wo fanden sie eine Bleibe, wer nahm sie auf, wie verlief ihr weiteres Leben? Es ist fast unmöglich, auch nur den geringsten Ansatz zu finden, wenn man nicht weiß, ob Erika, wenn sie überlebte, jemals von ihrer Herkunft und ihrer leiblichen Familie erfahren hat, ja, ob überhaupt nach dieser gesucht wurde? Die wenigen Möglichkeiten, durch die sich Hinweise ergeben könnten, dürften von Landsleuten kommen, die sich im Februar 1945 in der Gegend von Bischofstein, Landkreis Rößel aufgehalten haben und die Frau kannten, die sich des mutterlosen Kindes annahm. Die besten Informationen könnten Angehörige oder enge Bekannte der Frau geben, denn sie war ja mit Sicherheit nicht allein. Entweder stammte sie aus dem Ort bei Bischofstein oder sie war gemeinsam mit Schicksalsgefährten auf der Flucht. Sicher hätte in den ersten Nachkriegsjahren die Suche mehr Aussicht auf Erfolg gehabt und sie wurde wohl auch gestartet, denn Heinz Link schreibt ja, dass er es „noch mal“ versuchen würde, aber da hat auch der Eiserne Vorhang eine Rolle gespielt. Bleibt also nur die Hoffnung auf ein Wunder! (Heinz Link, Rabenhorn Straße 7 in 19073 Wittenförden, Telefon 0385/6630217.)

Die Suche geht weiter, und sie wird sogar noch schwieriger, denn die dürftigen Angaben erwiesen sich zum Teil als fehlerhaft. Frau Rita Jadischke-Kremer aus Köln sucht Informationen über ein Mitglied der eigenen Familie. Es handelt sich um Pauline Jadischke, *1889 in Popowken/Neusobrost, Kirchspiel Assauen – so die übermittelten Angaben. Pauline verstarb 1951 als Witwe in Lin­gen/Ems und hinterließ eine Tochter, Erna Hörth geborene Jadischke, *1920 in Lienen, Kreis Tecklenburg. Das ist alles, was die Suchende über dieses Familienmitglied weiß. Deshalb ist sie an allen weitergehenden Informationen über den Lebenslauf von Pauline Jadischke interessiert, so an Angaben über den Geburtsort, über ihren Ehemann, über Ort und Datum der Eheschließung. Da wir alle Ortsangaben durch eigenes Nachfassen so gut wie möglich absichern, was bei den mehrmals umbenannten Orten manchmal sehr schwierig ist, mussten wir nun feststellen, dass ein Kirchdorf Assauen in Ostpreußen nicht aufzufinden war. Auch nicht in Westpreußen, wie ich zuerst vermutet hatte. Dafür entdeckten wir im Kreis Gerdauen ein Kirchdorf Assaunen und siehe da: Es fand sich auch ein Popowken, das 1938 in Neusobrosk umbenannt worden war. Nun können wir diese abgesicherten Angaben an unsere Ostpreußische Familie weitergeben, die der sehr interessierten Schreiberin, die sich über jede Nachricht freuen würde, mehr über den kleinen Ort aussagen. (Rita Jadischke-Kremer, Marienstraße 47 in 50825 Köln-Ehrenfeld.)

Da schließt sich der Suchwunsch von Herrn Heiko Sperling nahtlos an, denn er sucht ebenfalls Zeitzeugen, die seine Familiengeschichte transparenter machen könnten. Und auch in seinem Fall mussten zuerst einmal die angegebenen Ortsnamen richtiggestellt werden. Es geht um das im Kreis Angerburg gelegene Eszerischken, das 1938 in Schönfels umbenannt wurde. Herr Sperling schreibt: „Mein Vater Walter Sperling, *31. Mai 1922, hatte vier Geschwister: Magdalene, Anni, Rudi und Fritz. Meine Großmutter war eine geborene Urban. Kann mir jemand einen Kontakt zu noch lebenden Familienmitgliedern vermitteln oder mir etwas über diese und den Heimatort meiner Vorfahren berichten?“ Das dürfte schwer sein, denn der zum Kirchspiel Trempen gehörende Ort Schönfels hatte knapp 170 Einwohner, die meisten werden auf dem Gut tätig gewesen sein. Vermutlich zog die Familie Sperling um 1938 in das nahegelegene Abscherningken, das in jenem Jahr in Dachshausen umbenannt wurde, so dass man auch die ehemaligen Bewohner dieses Ortes in den möglichen Informantenkreis mit einbeziehen muss. Leider hat Herr Sperling trotz unserer Nachfragen keine nähere Anschrift angegeben, so dass wir nur seine E-Mail-Adresse angeben können: KOMTUREI59@gmx.de

Noch knapper sind die Angaben, die Diakonisse Anneliese Schulz aus Lemförde zu einer Suche nach einer Familie aus dem Heimatkreis ihrer Mutter macht. Dafür konnte sie uns die Kopie eines leider nicht zur Veröffentlichung geeigneten Fotos übermitteln, auf dem die gesuchte Familie Franz Löwske aus Pannwitz, Kreis Heiligenbeil abgebildet ist. Es zeigt ein junges Ehepaar mit einem etwa vierjährigen Jungen und einem sechs bis acht Monate alten Baby, das die Mutter auf dem Schoß hält. Weiter ist auf dem Foto eine ältere Dame zu sehen, die wahrscheinlich die Großmutter der Kinder ist. Franz Löwske war Melker, das Gut, auf dem er tätig war, lag östlich des Frischen Haffes und gehörte zur Gemeinde Grünwiese im Kirchspiel Bladiau. Da der Kreis der möglichen Informanten aus Pannwitz ja auf das Gut beschränkt und dadurch sehr klein ist, könnten vielleicht ehemalige Bewohner von Grünwiese oder Bladiau Auskunft über die Familie Löwske geben. Falls diese sich nicht selber meldet, was natürlich besonders die Mutter von Anneliese Schulz erfreuen würde. (Diakonisse Anneliese Schulz, Hauptstraße 167 in 49448 Lemförde, E-Mail: Sr.Anneliese@gmx.de)

Zuerst beginnt das Schreiben von Herrn Paul Wernitz aus Tschernitz wie ein Reisebericht über das nördliche Ostpreußen – und das ist er eigentlich auch, denn der nicht in unserer Heimat Geborene ist durch seine Fahrrad-Touren so mit dem Land vertraut geworden, dass er versteht, warum man dieses Land einfach lieben muss. Wie seine Frau, die in Insterburg geboren wurde und für die er die in dem Brief enthaltene Frage stellt. Diese bezieht sich auf Insterburg, das der fast 72-Jährige im vergan­genen Jahr leider ohne seine Frau besuchte. Paul Wernitz schreibt:

„Meine Frau, eine geborene Freyer, wohnte in der Immelmannstraße 21, heute wohl aus dem Russischen übersetzt ,Straße des Sieges‘. Ein Freund hatte Vorarbeit geleistet, damit ich das richtige Haus finden konnte. Die Bebauung schien an dieser Straße sehr lückenhaft zu sein, nach der Meinung meines Freundes ist aus der Nr. 21 eine 44 geworden. Leider existiert von dem Haus kein Foto mehr, und meine Frau war damals noch zu klein, um sich erinnern zu können. Einen ausführlichen Bericht über diese Reise verfasste ich für den ,Insterburger Brief‘, die Resonanz war erstaunlich. Eine über 90 Jahre alte Leserin, eine entfernte Verwandte meiner Frau, hatte bereits erfolgreich Ahnenforschung betrieben. So erfuhren wir, dass eine Familienseite von den Salzburger Glaubensflüchtlingen abstammt. Die Großeltern meiner Frau väterlicherseits wollten nicht flüchten, über ihr Schicksal ist nichts bekannt. Ein Ostpreuße, der heute in Hamburg lebt, glaubt zu wissen, dass die Großeltern auf einer Kolchose in einem Schweinestall leben mussten und verhungert sind. Nun hoffen wir, dass es PAZ-Leser gibt, die alte Fotos von der Immelmannstraße besitzen und uns Kopien schicken könnten.“

Neue Fotos mit Schnappschüssen aus dem heutigen Insterburg, das er aufgrund der vielen Mütter mit kleinen Kindern als „junge Stadt“ empfindet, fügte Herr Wernitz seinem Schreiben bei. Sie zeigen sichtbar Spuren der deutschen Vergangenheit wie der alte Mülleimer, den die Stadt Insterburg 1935 anfertigen ließ und der anscheinend noch heute im Gebrauch ist. Und an einer bröckelnden Hausmauer entdeckte er auf weißer Pappe den plakativ geschriebenen Satz „Preußen lebt für immer und ewig!“ Für die außergewöhnlichen Fotos und für die Hommage an Ostpreußen, die aus seinem Schreiben spürbar ist, sagen wir Herrn Wernitz unseren herzlichen Dank. (Paul Wernitz, Cottbusser Straße 2a in 03130 Tschernitz.)

Ein Angebot für unsere schlesischen Freunde: Herr Frank Schneidewind aus Olpe hat uns eine Wanderkarte überlassen, die nicht nur Naturfreunde, sondern vor allem die ehemaligen Bewohner des Glatzer Berglandes interessieren wird. Es handelt sich um eine Originalkarte, die von der Preußischen Landesaufnahme 1921 herausgegeben wurde, erschienen im Verlag des Reichsamts für Landesaufnahme Berlin NW, Kronprinzenufer 15–16. Die große Karte zeigt im Maßstab 1:100000 das Glatzer Bergland von Peilau bis Senftenberg, von Nachod bis Weißwasser, um nur einige Eckpunkte zu nennen. Interessant ist der Vermerk auf dem Deckblatt: Alleinige amtliche Vertriebsstelle für Ostpreußen, Buchhandlung Gräfe & Unzer, Königsberg i.Pr. Paradeplatz 6. Vielleicht ist die Wanderkarte ja dort erstanden worden. Wer Interesse hat: Bitte melden!

Und dann noch eine ganz spezielle Frage, die Frau Irene Schellstede stellt: „Ist jede wurzelechte ostpreußische Sauerkirsche eine Bierkirsche oder sind nur ganz bestimmte wurzelechte ostpreußische Sauerkirschen Bierkirschen? Bis jetzt ist es mir nicht gelungen, in der Obstliteratur oder Befragung einiger Ostpreußen herauszufinden, woran man eine Bierkirsche erkennt!“ Na, da wird unsere Familie schon auf den (Kirsch)-Kern der Sache kommen! (Irene Schellstede, Lindenallee 7 in 06449 Schackenthal.)

Eure Ruth Geede


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