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14.12.13 / Kaum Haftung bei Detonation / Bund und Länder zahlen nur selten für Schäden durch Weltkriegsbomben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-13 vom 14. Dezember 2013

Kaum Haftung bei Detonation
Bund und Länder zahlen nur selten für Schäden durch Weltkriegsbomben

Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kommt es in dem unweit von Berlin gelegenen Oranienburg fast im Monatsrhythmus noch immer zum Auffinden von alliierten Fliegerbomben. Für die Eigentümer der betroffenen Grundstücke kann ein solcher Fund eine teure Konfrontation mit der Vergangenheit werden.

Aus der Bombenbergungsroutine ragte der Fund einer US-amerikanischen 500-Kilogramm-Bombe im November hervor. Da sich der Blindgänger nicht entschärfen ließ, entschloss sich der Kampfmittelräumdienst zur Sprengung. Die Wucht der Detonation im idyllischen Ortsteil Lehnitz zerstörte das kleine Wochenendhaus, das sich der Oranienburger Paul Dietrich über die letzen 20 Jahre für rund 40000 Euro ausgebaut hatte. „Bin nie in Urlaub gefahren, hab mein ganzes Erspartes reinge­steckt. Wärmedämmung, neue Schallschutzfenster“, so der verzweifelte Hausbesitzer gegenüber den „Potsdamer Neuesten Nachrichten“.

Zusammengebrochen ist für den 64-Jährigen allerdings nicht nur das zusammengesparte Haus, sondern wohl auch der Glaube an den Rechtsstaat in Deutschland. Während die Bundesrepublik Milliarden für Kriegsfolgelasten an andere Länder überwiesen hat, zeigt sich der Bund gegenüber den eigenen Bürgern zugeknöpft. Nach derzeit herrschender Gesetzeslage besteht für den geschädigten Oranienburger nämlich keinerlei Aussicht, Schadensersatz zu erhalten. Der Bund haftet nur für Schäden auf bundeseigenen Grundstücken oder solchen, die von alliierten Streitkräften genutzt wurden. Auch in den recht seltenen Fällen, bei denen es sich bei den aufgefundenen Blindgängern um „reichseigene Munition“ handelt, wird der Schaden gezahlt. In den weitaus häufigeren Fällen rücken die Kampfmittelbeseitiger allerdings an, um alliierte Fundmunition unschädlich zu machen. Diese fällt in den Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Bundesländer. Kommt es wie am 21. November in Oranienburg zu Schäden, ist die Aussicht auf Schadensersatz verschwindend gering. Gemäß den Regelungen zur Amtshaftung muss dem landeseigenen Kampfmittelbeseitigungsdienst oder anderen beteiligen Behörden fahrlässiges Handeln nachgewiesen werden.

Das Problem, dass Bürger auf Schäden durch Weltkriegsbomben sitzen bleiben, nimmt nicht etwa ab, es droht in den kommenden Jahren sogar zuzunehmen. Munitionsexperten gehen davon aus, dass es immer häufiger zu Sprengungen statt zu den herkömmlichen Entschärfungen kom­men wird. Der Zustand vieler Bomben gilt wegen der langen Zeit unter der Erde inzwischen immer öfter als sehr kritisch. Für Städte wie Oranienburg gehen die Kosten in die Millionen. Geschätzte 10000 Bomben wurden über die Stadt abgeworfen, die als wichtiger Rüstungsstandort galt. Eine überdurchschnittlich große Anzahl der Bomben – rund 4000 – war mit chemischen Langzeitzündern versehen, so ein Gutachten der Universität Cottbus. Für Oranienburgs Bürgermeister Hans-Joachim Laesicke (SPD) ist die Unterscheidung zwischen reichseigener und ausländischer Munition lebensfremd. „Deutsche Bomben sind in der Regel nicht auf deutsche Städte gefallen und dem, der auf einer Bombe sitzt, ist es doch egal, wo sie herkommt“, so Laesicke.

Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit sind die Länder Brandenburg und Niedersachsen damit gescheitert, den Bund bei der alliierten Weltkriegsmunition stärker in die Verantwortung zu ziehen. Zwar erhielt ein entsprechender Vorstoß beider Länder die Unterstützung im Bundesrat, im Bundestag wurde die Gesetzesinitiative aber einfach nicht behandelt und blieb bis zur Bundestagswahl liegen. Damit ist der Gesetzantrag zunächst einmal hinfällig und eine Lösung weiterhin nicht in Sicht, während das Problem „Weltkriegsmunition“ in den nächsten Jahren nicht nur für Oranienburg akut werden könnte. Norman Hanert


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