25.04.2024

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14.12.13 / Mit Preußischen Tugenden zum Erfolg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-13 vom 14. Dezember 2013

Gastkommentar
Mit Preußischen Tugenden zum Erfolg
von Norbert Breuer

Was eigentlich ist Erfolg, was Karriere? Ein Spötter meinte: „Erfolg ist, wenn man täglich zehn Stunden hart arbeitet, dafür befördert wird – um sodann zwölf Stunden arbeiten zu dürfen. Mit dem höheren Gehalt kann man sich allerdings etliche schöne Dinge leisten – um damit Zeitgenossen zu imponieren, die man nicht leiden kann.“ Als internationaler Managementberater sieht man tagtäglich Bewerbungen gestandener Männer und Frauen, die augenfällig – sei es aus Unlust oder Unvermögen – ihr Manko dartun, sich in angemessener Weise zu präsentieren. So als verbürge allein ihr Aufgalopp schon den Sieg. Dem ist mitnichten so. Die Lektüre ist vielmehr von Duktus, Orthografie und Zeichensetzung her oft niederschmetternd.

Unsere höheren Schulen haben die Kenntnis der deutschen Rechtschreibung seit den 80er Jahren in einer Art und Weise vernachlässigt, die den ins Leben entlassenen Schülern nicht selten den Erfolg verbaut. Sie sind bemitleidenswerte Opfer einer gleichmacherischen, verbissen messlattensenkenden Bildungspolitik, die just im Oktober in den ebenso aufschreckenden wie beschämenden Ergebnissen der OECD-Bildungsstudie ihren verdienten Niederschlag fand. Chefs legen nämlich gemeinhin weit mehr Wert darauf, wie sich jemand schriftlich zu artikulieren vermag, als manch ein nonchalanter Kandidat vermeinen mag. Und: Orthografische Fehler vermitteln zuweilen eben ein Bild, das die Kompetenz der Person – oft ganz zu Unrecht – entwertet, ja sie gar zum Gespött macht. Loriots Nudel an der Unterlippe lässt grüßen.

Schnoddrige Redeweise ist ein zusätzliches Grundübel. Niemand benötigt hierzulande Ausdrücke wie „chillen“ nach dem „workshop“ – „sich gemütlich entspannen nach dem Arbeitsgespräch“ klingt ebenso gut. Das, was modern klingen soll, wirkt eher peinlich. Und wer kein gutes Deutsch beherrscht, kann oft auch kein Englisch. Die Parfümeriekette „Douglas“ war da mit ihrem Slogan „Come in and find out“ zu optimistisch – sie erlebte Schiffbruch, weil die Passanten meinten, sich in ein Labyrinth begeben zu müssen. Die jungen Leute von heute, aufgewachsen mit einer ungepflegten, ja verhunzten Sprache, pflegen dementsprechend keinen gewandten Briefstil mehr. Knappste „Telegrafensätze“, möglichst üppig mit Smileys versehen, sollten auch heute keine Korrespondenz verunzieren. Der wohlwollende Ton macht die Musik. Die Form aber auch, sogar bei E-Mails.

Auch wenn die linksgrünen Oberbevormunder platzen mögen: Im heutigen Leben haben sogenannte Preußische Tugenden so manchem zu einer steilen Karriere verholfen. Nicht, dass es ohne Begabung und Talent ginge, keinesfalls, doch wenn zwei darüber verfügen, wird der „Preuße“ gegenüber dem „Neuzeitlichen“ seinen Weg merklich erfolgreicher machen. Was waren und sind nun diese Preußischen Tugenden? Es gibt nirgends einen verbürgten Katalog dafür. Doch einige davon sind allenthalben bekannt, und eine jede hat ihren tiefen Sinn, von der Disziplin bis zur Redlichkeit, vom Fleiß bis zur Zielstrebigkeit. Eine Vielzahl davon gehörte gewiss in den Kanon betriebswirtschaftlicher Vorlesungen, wo man sie zumeist vergeblich suchen wird. Gut rechnen zu können, am besten zum eigenen Vorteil, genügt kaum, um im Leben geachtet über die Runden zu kommen.

Greifen wir davon die „Ordnung“ heraus: Wer auf die hohe See hinausfahren will, der sollte zuvor sein Segelschiff klar zum Auslaufen machen, also: auf Vordermann bringen. Dann erst sollte der Kapitän mit klarem Kopf auf die Route gehen. Ein Manager, der sein Leben steuern möchte, braucht gleichermaßen klar Schiff. Ordnung auf dem Schreibtisch, im PC, im Aktenschrank, im Wagen und möglichst im trauten Heim desgleichen. Es ist ein altes Verhängnis für so manchen Manager, dass er den Vorgängen hinterherläuft, statt sie zu steuern. Durch Ordnung und glasklare Systematik lässt sich dem entgegenwirken. Ein Großteil schafft es nie.

Ethik und Maximen sind unverzichtbare Grundpfeiler für einen Menschen humaner Noblesse. Jenen Bankmanagern, die die Weltwirtschaft wie die „Andrea Doria“ manövrierten, würden sie nicht geschadet haben. Wer Erfolg haben, wer Karriere machen will, für den sind die Preußischen Tugenden Pflichtprogramm. Auch im Hier und Heute. Jörg Knoblauch, selbst Unternehmer, meint: „Chefs stellen Mitarbeiter wegen ihrer fachlichen Fähigkeiten ein und meist entlassen sie sie wegen ihrer charakterlichen Schwächen.“ Wie viele der wünschenswerten Tugenden Sie mit dem Gebaren unserer in- und ausländischen Politiker in Übereinstimmung bringen können, entscheiden Sie bitte selbst.

Natürlich, heutzutage bedarf es weiterer Qualitäten. Erfolgreichen Exportmanagern beispielshalber sind folgende Merkmale eigen: höhere Bildung, Anpassungsfähigkeit, Geschick, kulturelle Empathie und Aufgeschlossenheit, sehr gute Fremdsprachenkenntnisse. Blicken wir auf die Allgemeinbildung. Sie ist im Gegensatz zu früher „grottenschlecht“. Es wird nicht mehr gelesen. Und wenn, dann Massenware. Signifikant, dass bei den Bestsellern im Bereich Sachbuch Titel wie „Die Katze, die mein Leben veränderte“ und „Chantall, tu ma die Omma winken“ derzeit die Spitzenränge belegen. Denkwürdig der Auftritt des Berliner Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit, der in der Fernsehsendung nicht zu sagen wusste, von wann bis wann der Zweite Weltkrieg dauerte. Beim Benimm sieht es ebenfalls düster aus – wer hält einer Frau noch die Tür, gar den Wagenschlag auf? Altmodisch? Merke: Mit gutem Benehmen vergibt man sich nie etwas.

Mit Verlaub: Nicht ein Jeder und eine Jede mag struppige Bärte, rasierte Glatzen oder rosa Brillen mit verknorpeltem Schlips unter einem Lederwams à la „Old Firehand“. Seine Expeditionen in den konventionslosen Raum sollte man tunlichst in der Freizeit ausleben. Chefs achten sehr darauf, wen sie nach London, Tokio oder Rio senden. Jemand, der bereits von Aufzug und Gebaren her bedenklich vom Normalen abweicht, könnte dort die „Innung blamieren“. Gerade in fremden Ländern kann die Etikette über das Projektschicksal entscheiden.

Beziehungen zu nutzen ist gar nicht falsch, kein Charaktermangel, wenn man die Gelegenheit beim Schopfe greifen kann. Zumal: Einen Arbeitsplatz zu ergattern ist letztlich einfacher, als ihn zu behalten. Dazu nämlich muss man dann schon eigene Qualitäten aufweisen. Parteibücher indessen sind das Gegenteil eines solchen Nachweises. Denn die Partei ist ja ebenso schnell gewechselt wie das Mäntelchen; wir sehen schließlich immer wieder angewidert, wie viele tausend Parteimitglieder nach Wahlen erbärmlich hurtig das Parteibuch wechseln und ihren miserablen Charakterpudding dann woanders hochtrabend über Nichtparteibuchinhaber setzen. „Das Schönste, was man über einen Mann sagen könne, sei, dass er verlässlich ist“, hieß es früher. Und sollte Ihnen der Erfolg dann hold sein und Ihnen zur Beförderung wie immer nur Ihre ausländischen Geschäftspartner, nicht aber Ihre deutschen Kollegen gratulieren, dann genießen Sie Ihren Erfolg in aller Stille. Mitleid bekommt man eben geschenkt, Neid aber muss man sich hart verdienen.

 

Norbert J. Breuer arbeitet als selbstständiger internationaler Managementberater mit Schwerpunkt Deutschland/Frankreich. Daneben ist er als Seminar- und Hochschuldozent sowie als Fachbuchautor tätig. Außerdem schreibt er belletristisch.


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