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14.12.13 / Trumpf im Ärmel / Altenburg ist Hochburg des Skat-Spiels. Seit 200 Jahren wird dort gereizt, bis der Skat-Richter kommt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-13 vom 14. Dezember 2013

Trumpf im Ärmel
Altenburg ist Hochburg des Skat-Spiels. Seit 200 Jahren wird dort gereizt, bis der Skat-Richter kommt

Wo heute gepokert wird, wurde früher Skat „gekloppt“. Vor allem in der Nachkriegszeit erlebte das Kartenspiel seine Blüte. Mit Skat haben sich Millionen Deutsche daheim, in verrauchten Kneipen oder in der Mittagspause ihre Zeit vertrieben haben. In Altenburg wird Skat ewig modern bleiben. Denn dort wurde es erfunden.

Die ostthüringische Kleinstadt Altenburg scheint von den Kirchturmspitzen bis zum Bürgersteig auf Skat eingestellt zu sein. Spielkartensymbole auf den Gehwegen zeigen an, dass man sich auf dem Skatpfad befindet. Und das weithin sichtbare Wahrzeichen Altenburgs heißt „Rote Spitzen“. Damit sind allerdings nicht Herz- und Karo-Bube gemeint, sondern zwei Türme aus rotem Backstein, die weitaus älter als das vor 200 Jahren erfundene Skatspiel sind. Diese Doppelturmanlage ist der stolze Rest eines Klosters, das Kaiser Friedrich I. Barbarossa stiftete. Bei der Weihe der Klosterkirche anno 1172 war er anwesend. Eindrucksvolle Baudenkmäler aus rund 1000 Jahren prägen das Erscheinungsbild der ehemaligen Residenzstadt der Fürsten aus dem Hause Wettin.

Weltberühmt aber ist Altenburg als Wiege des Skatspiels. Dessen 200 Jahre zurückliegende Ersterwähnung findet sich in einer Spielkladde des Hans Carl Leopold von der Gabelentz. In dieses Büchlein hat der damalige Regierungsrat und spätere Kanzler von Sachsen-Gotha-Altenburg in den Jahren 1798 bis 1829 seine Gewinne und Verluste beim Kartenspiel notiert. Gerd Matthes berichtet: „Am 4. September 1813 taucht in der Liste zum ersten Mal ein Spiel namens ,Scat‘ auf.“

Der gebürtige Altenburger Matthes ist Spielkartensammler, Skathistoriker und Produktmanager der den deutschen Markt beherrschenden örtlichen Spielkartenfabrik. Ende der 1980er Jahre entdeckte er im Familienarchiv derer von der Gabelentz die Spielkladde. Er vermutet, dass das Skatspiel „in der Gabelentzschen Gesellschaft wohl nicht erfunden, jedoch in seiner frühen Entwick­lung bedeutend beeinflusst wurde“. Zu den Mitspielern des Regierungsrats ge­hörten der Hofgerichtsadvokat Friedrich Ferdinand Hempel und der Verleger Friedrich Arnold Brockhaus.

Dabei war Skat keine Neuerfindung, sondern ein Mix anderer Spiele. Vom Solo-Spiel wurde das Blatt mit 32 Karten übernommen. Vom L’hombre stammt das Reizen. Schafkopf lieferte den Wert der vier Wenzel, auch Unter oder Buben genannt. Vom Tarock kommt das Weglegen zweier Karten, auf Italienisch „scartare“, woraus „Skat“ entstand.

Skat gilt als Intelligenzspiel, dessen Könner neben dem Kartenglück auf strategisches Denken, Kopfrechnen und Erinnerungsvermögen setzen. Nach Schätzung des in Altenburg ansässigen Deutschen Skatverbandes spielen in Deutschland rund 19 Millionen Männer und etwa eine Millionen Frauen mehr oder weniger regelmäßig Skat. Doch gilt das Reizen, Drücken und Stechen bei der Mehrheit der Jugendlichen als „uncool“. So beurteilt das jedenfalls Jan Ehlers, für das Marketing zuständiger Vizepräsident des Deutschen Skatverbandes. Schatzmeister Hans-Jürgen Homilius ergänzt: „Es gibt Nachwuchsprobleme, und die Älteren machen die Mücke.“ Derzeit hat der Skatverband rund 26000 Mitglieder. Vor 14 Jahren waren in ihm noch über 37000 Männer und Frauen organisiert.

Doch noch ist das Skatspiel eine quicklebendige Tradition. In Altenburg gehört sie zum Stadtbild, wie man entlang des „Skatpfades“ erleben kann. Startpunkt ist der Roßplan-Platz. Im Hotel am Roßplan tagt das Internationale Skatgericht, dem pro Jahr rund 400 Streitfälle vorgelegt werden. Im Hotelrestaurant werden Thüringer Spezialitäten wie der Schmöllner Mutzbraten serviert. An den gehört Senf. Geliefert wird er vom in der Altstadt gelegenen „Weltmeister-Senfladen“. Er hat 300 Sorten Mostrich aus eigener Produktion im Angebot, darunter den mittelscharfen „Skatsenf“. Im Laden kann man sich eine Thüringer Bratwurst kaufen und etliche Senfkompositionen durchprobieren, etwa den süß-scharfen „Barbarossa-Senf“ oder den würzig mittelscharfen „Ostpreußen-Senf“. Vom Senfladen ist es nicht weit bis zum Hauptmarkt mit seinem prachtvollen Renaissance-Rathaus.

Am Hauptmarkt hat der „Skatpfad“ gleich mehrere Stationen: den Sitz des Deutschen Skatverbandes, das als „wahrscheinliche Wiege des Skatspiels“ bezeichnete Stadtpalais des Herrn von der Gabelentz und die Touristen-Information, die zugleich der Spielkartenladen mit Deutschlands umfangreichstem Sortiment an neuen und antiquarischen Kartenblättern ist.

Die Hauptattraktion aber erwartet den Skatpilger auf Altenburgs ältestem Marktplatz, dem „Brühl“. Dort steht das weltweit einzige Denkmal, das einem Kartenspiel geweiht ist: der Skatbrunnen. Auf ihm raufen vier bronzene Wenzel. Zwei Schweineköpfe aus Bronze speien Wasser, das magische Kräfte entfalten soll. Die Skatspieler taufen damit ihre Karten und sagen den Spruch: „Saukopf spucke auf mein Blatt, dass ich Glück im Skatspiel hab.“ Anschließend gilt es, einen Taufschnaps der Marke „Altenburger Brunnenwasser“ zu kippen. Die Brunnenfiguren wurden 1903 von dem Münchener Kunstprofessor Ernst Pfeifer entworfen. Beraten ließ er sich von einer Altenburger Künstlergröße: dem „Pix“ genannten Bildhauer und Maler Otto Pech.

Berühmt ist „Pix“ als Schöpfer der „Skatheimat“. Dieser Raum ist die Keimzelle des vor genau 90 Jahren eröffneten, ältesten Spielkartenmuseums der Welt. Die Wände der Skatheimat sind mit einer Landschaft bemalt, in der sich Spielkartenfiguren der Liebe und der Jagd hingeben. Vom Himmel hängen die deutschen Kartenfarben Herz und Schelle, Eichel und Grün herab. Darüber hinaus ist Otto Pech Erfinder eines berühmt-berüchtigten Kartenspiels: Es heißt „Schwarzer Peter“. Veit-Mario Thiede


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