29.03.2024

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21.12.13 / Teures Berlin

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-13 vom 21. Dezember 2013

Teures Berlin
von Vera Lengsfeld

Berlin boomt, heißt es in den Wirtschaftsnachrichten der Hauptstadt. Eine Reihe von Unternehmensgründungen habe zu steigenden Steuereinahmen beigetragen. Der Schuldenberg wachse langsamer als befürchtet. Das ist die beste Nachricht am Jahresende. Kann man ihr glauben?

Berlin hat zu viele Baustellen, die um ein Vielfaches teurer werden als ursprünglich geplant. Vom zukünftigen Hauptstadtflughafen ist außer flapsigen Bemerkungen, wie die von Siemens-Chef Joe Kaeser, kaum noch etwas zu hören. Der hatte geäußert, „den (Flughafen) braucht eh keiner im Augenblick“. Flughafenchef Mehdorn, dessen großspurige Ankündigung, noch in diesem Jahr werde der Flugbetrieb teilweise aufgenommen, erwartungsgemäß nicht eingetroffen ist, keilte zurück: „Wie fänden Sie es, wenn ich mich über die Siemens-Performance bei der Lieferung der ICE-Züge öffentlich äußern würde?“ Die Berliner hätten lieber gewusst, in welchem Umfang Siemens Lieferschwierigkeiten beim BER hat.

Wie verzweifelt hier die Lage ist, wurde klar, als Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit wieder zum BER-Aufsichtsratschef gekürt wurde. Aus reiner Not. Es hatte sich kein anderer Kandidat gefunden.

Die Adventszeit erinnerte an eine andere Baustelle, die Staatsoper, die längst schon wieder spielbereit sein sollte. Einer der beliebtesten Weihnachtsmärkte Berlins konnte auch in diesem Jahr nicht an seinem angestammten Platz stattfinden, weil rings um Oper und Opernpalais die Baugruben gähnen. Wer trotzdem kommt, wird von freundlichen Helfern in neongelben Westen auf den Ausweichstandort aufmerksam gemacht. Zwar ist der Ersatzmarkt hinter der Baustelle nicht sehr nostalgisch, dafür hat man aber über den Schlamm Bodenplatten verlegt, damit die Füße der Besucher nicht darin stecken bleiben.

Wer dann vom Adventsvergnügen im Zentrum in Richtung Südosten nach Hause fährt, kommt am nächsten Milliardengrab vorbei. Es handelt sich um die teuerste Autobahn Deutschlands, die letzten etwa vier Kilometer des schon vor mehr als 100 Jahren geplanten Stadtrings, von Friedrichshain nach Treptow. Wegen des Widerstandes der Grünen gegen die Schließung des Stadtrings scheiterte einst Rot-Grün in Berlin.

Weil es längst nicht mehr üblich ist, Niederlagen zu akzeptieren und Mehrheitsentscheidungen zu respektieren, geht der Kampf der Autobahngegner weiter und treibt die Kosten in die Höhe. Inzwischen ist das Projekt doppelt so teuer und erreicht demnächst die Milliardengrenze. Für einen künstlichen See mitten im Tempelhofer Flugfeld scheint das Geld trotzdem noch zu reichen.

Oh, Berlin, du bist uns nicht nur lieb, sondern auch teuer.


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