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21.12.13 / Barocke Bücher-Perle / Die kunstbeflissenen Mönche von Stift Admont – Benediktiner sammeln in klösterlicher Pracht alte Bücher und neue Kunst

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-13 vom 21. Dezember 2013

Barocke Bücher-Perle
Die kunstbeflissenen Mönche von Stift Admont – Benediktiner sammeln in klösterlicher Pracht alte Bücher und neue Kunst

Der neue Papst Franziskus hat die Diskussion neu entfacht: Wohin steuert die katholische Kirche? Im österreichischen Admont hat man längst entschieden, sich mit den Anliegen der Menschen unserer Zeit aktiv auseinandersetzen, ohne dabei die Tradition zu vernachlässigen – und benutzt dazu das Mittel der Kunst.

Wenn es ein Kloster gibt, das sich nicht in das allgemeine Klischee fügt und sich dennoch strikt am traditionellen Leben nach dem Evangelium orientiert, ist es das Benediktinerstift Admont. Eingebettet in die wild­romantische Gebirgslandschaft des Nationalparks Gesäuse in der Steiermark ist es ein blühendes Universum, dessen umfangreiche Aktivitäten auf seelsorgerischem, wissenschaftlichem, pädagogischem, sozialem, kulturellem und wirtschaftlichem Gebiet auf einen Blick gar nicht zu erfassen sind. Weit über Österreichs Grenzen hinaus bekannt gemacht hat Admont aber vor allem eines: die intensive Beschäftigung mit Gegenwartskunst in den letzten 15 Jahren und deren ständig wachsende Sammlung.

Dabei besitzt der Ordenssitz einen 235 Jahre alten Schatz, der alleine bis zu 80000 Besucher jährlich anzieht. Denn Admont verfügt über die flächenmäßig größte Klosterbibliothek der Welt. Schon bald nach der Fertigstellung 1776 wurde sie daher als „achtes Weltwunder“ bezeichnet. Schöpfer dieses Prunksaals von 70 Metern Länge, 14 Metern Breite und 13 Metern Höhe war Josef Hueber, der sich keine Geringere als die kaiserliche Hofbibliothek in Wien zum Vorbild genommen hatte, deren Ausmaße er hier jedoch nicht erreichte. Auch in der Farbgebung unterscheiden sich die beiden. Dominieren in Wien Brauntöne, so erstrahlt Admont bereits im hellen Weiß des aufkommenden Rokoko.

Wie durch ein Wunder war das spätbarocke Gesamtkunstwerk bei dem großen Stiftsbrand von 1865 dem Raub der Flammen entgangen. Während die gesamte Klosteranlage nahezu vollständig in Schutt und Asche fiel, kam die Bibliothek relativ schadlos davon. Zwar waren auf die Gewölbe Teile des abgebrannten Dachstuhls gefallen, hatten Lösch- und Regenwasser die Bausubstanz und Malereien leiden lassen, doch blieben viele Schäden aufgrund der immer noch überwältigenden Pracht lange verborgen und wurden gerne übersehen.

Als auch der Zahn der Zeit zusehends an dem Saal und seinen Büchern genagt hatte, entschloss man sich 2004 jedoch, knapp 140 Jahre nach der Brandkatastrophe, zur Generalsanierung. Ein Sechs-Millionen-Euro-Projekt, das von der Europäischen Union, dem Bund und dem Land Steiermark großzügig gefördert wurde. Während der vierjährigen Arbeiten wurden nicht nur die Deckenfresken, Regale, Fenster, Goldfassungen, Metallgeländer, Skulpturen, Säulen und Steinfußböden saniert, auch der gesamte im Saal vorhandene Buchbestand von rund 70000 Bänden wurde untersucht und bei Bedarf restauriert. Etwa 5200 Bände konnten so vor dem Verfall gerettet werden.

Unter den insgesamt 200000 Bänden der Admonter Stiftsbibliothek, die sich auf mehrere Magazine verteilen, nehmen die rund 1400 Handschriften (Kodizes) und etwas mehr als 900 Inkunabeln und Frühdrucke (Drucke aus der Zeit bis 1520) eine herausragende Stellung ein. Schon 1380 nannte Admont über 800 Bücher sein Eigen. Mehr als selbst die päpstliche Bibliothek in Rom. Der älteste Band stammt aus dem 9. Jahrhundert.

Bereits aus ihrem Mutterkloster St. Peter in Salzburg hatten die Mönche erste Handschriften mitgebracht und Erzbischof Gebhard, der Admont 1074 gründete, schenkte ihnen weitere wertvolle Stücke. Dazu besaß Admont selbst eine Schreibstube von höchstem Rang und großer Produktivität, die auch an andere Klöster Texte aus auffallend vielen Wissensgebieten lieferte. Heute können jeweils ein Dutzend ausgewählter Kodizes und Inkunabeln unter bestimmten thematischen Ge­sichtspunkten in jährlich wechselnden Ausstellungen im Kloster-Museum bewundert werden.

Während die Klosterbibliothek seit Langem als Perle in die Kunstgeschichte eingegangen ist, be­schreitet Admont mit seinem Museum für Gegenwartskunst spektakuläres Neuland. Im Zuge der Planung des neuen Großmuseums von Stift Admont, das heute 3600 Quadratmeter Ausstellungs- und 7600 Quadratmeter Nutzfläche nach neuestem Standard umfasst, wurde 1997 eine folgenschwere Entscheidung ge­fällt: Die Kunst unserer Zeit in das Stift zu holen und sie mit den historischen Sammlungen des Klosters in Verbindung zu setzen.

Wie Pater Winfried erläutert, gehörten Stift Admont derzeit nicht nur 29 Mönche an, in den verschiedenen Stiftsbetrieben seien derzeit auch über 450 nicht-geistliche Personen als Angestellte beschäftigt, welche die wirtschaftliche Basis für alle Aktivitäten des Klosters legten. Es liege daher auf der Hand, sich mit den Anliegen und Werken der Menschen unserer Zeit auseinandersetzen – und auf diese Weise ihren Zugang zu finden.

Pater Winfried fährt fort: „Jeder Mensch, mit ganz wenigen Ausnahmen, fragt sich: Wo komme ich her, wo gehe ich hin, warum muss ich sterben, was passiert nachher? Das sind Grundfragen. Und nun frage ich als Katholik und als Mönch und Priester noch dazu: Habe ich in meinem Glauben Antworten darauf gefunden? Andere, die sehr engagiert in der Kunst sind, aber keinen Glaubenszugang haben, stellen sich diese Fragen ganz genauso. Und die finden dann zum Teil andere Antworten.“

Die Konfrontation der gleichen Fragen mit unterschiedlichen Antworten könne sehr spannend sein, fährt der Pater fort, „wir sehen das ganze kulturelle Engagement auch als eine Form der Verkündigung. Das heißt, wir wollen den Menschen einfach sagen, es gibt Fragen, die werden sich hier gestellt, weil wir ein Kloster haben. Es gibt hier nicht das Museum und – ach so – da ist ja auch noch ein Kloster. Sondern das Museum in dieser Form gibt es nur deswegen, weil es ein Kloster gibt“.

Die Weltoffenheit der Admonter Benediktiner, der rege Austausch zwischen ihnen, den Personen vor Ort und den Künstlern, ist wesentlicher Teil der Gegenwartskunst-Sammlung mit Werken von mehr als 100 meist österreichischen Künstlern der jüngeren und mittleren Generation. Die Sammlung ruht auf zwei Pfeilern: Ankäufen sowie Auftragskunst eines speziellen „Made for Admont“-Programms, zu dem Künstler kontinuierlich ins Stift eingeladen werden. Gerade deren Kunstwerke geben der Admonter Sammlung ihren unverwechselbaren Charakter. Überraschend, ja geradezu revolutionär erscheinen darunter die Foto-Serien, zu denen Admonter Mönche Modell standen. Oder hat man jemals Priester auf Kirchenbänken oder am Boden liegend, sogar mit einem prallen Apfel im geöffneten Mund posieren sehen? Hinter solchen Bildern stehen Künstler wie Rudi Molacek, Lois Renner, Erwin Wurm, Kai Kuss.

Dem Konzept des Kontrasts verpflichtet, hat nicht nur Ad­monts Kunsthistorisches, sondern auch sein Naturhistorisches Museum Platz unter dem Dach des 2003 eröffneten Großmuseums gefunden. Eine multimediale Präsentation zur Stifts-Geschichte, eine spezielle Kunst-Schiene für sehbehinderte und blinde Menschen, Sonderausstellungen und ein Jahresprogramm für jede Altersgruppe ergänzen das kulturelle Angebot. Ergänzt durch eigene Made-für-Admont-Produkte im Mu­seumsladen, Weine aus dem stiftseigenen Gut Dveri-Pax in Slowenien und ein Restaurant im Stiftskeller, ermöglicht das weite Spektrum der wirtschaftlichen Aktivitäten des Klosters im Hier und Jetzt mehr als Besitzstandswahrung, es schafft Spielraum für Visionen. Helga Schnehagen


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