19.04.2024

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04.01.14 / Vom König der Stotterer zur Integrationsfigur

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-14 vom 04. Januar 2014

Vom König der Stotterer zur Integrationsfigur

George VI. war nicht nur ein König, sondern auch ein Redner wider Willen. Weil er stark stotterte, hatte er panische Angst vor öffentlichen Auftritten. Obwohl er ursprünglich nicht der Thronfolger war, musste er dennoch schon in jungen Jahren repräsentative Aufgaben übernehmen. Nach seiner ersten größeren Rede, die in einem Desaster endete, wandte er sich 1925 wegen der professionellen Behandlung seiner Sprachstörung an den Sprachtherapeuten Lionel Logue. Diesem gelang es durch regelmäßige Sprech- und Entspannungsübungen, die Sprachfähigkeit des Prinzen langsam zu verbessern.

Im Dezember 1936 musste George überraschend die Nachfolge seines Bruders Edward antreten. Nach dessen skandalumwittertem Thronverzicht und in von außenpolitischen Krisen geprägten Zeiten sehnten sich die Briten nach einer wortgewandten Integrationsfigur, die ihnen ihre Sorgen nimmt, ihnen Zuversicht vermittelt und ihre Moral stärkt. Das waren Erwartungen, die der stotternde, schüchterne und etwas unbeholfene Monarch nicht erfüllen konnte. So bat er wieder Logue um Hilfe. Mit der Zeit wurden seine Reden flüssiger und sein Ansehen im Volk wuchs stetig. Georges in dieser Hinsicht schwerste und zugleich politisch bedeutendste Prüfung war seine Kriegsrede am 3. September 1939. Auch bei deren Einübung stand ihm Logue zur Seite. In einer Radioansprache musste der König den Untertanen in seinem weltumspannenden Reich erklären, warum es in den Krieg eintreten müsse. Diese Prüfung hat George bestanden, denn sein Volk folgte ihm auf diesem schweren Weg.

Die Geschichte vom stotternden Prinzen, der sich zum hochgeachteten Monarchen entwickelte, wurde 2010 unter dem Titel „The King’s Speech“ verfilmt. J.H.

 

Zeitzeugen

Lionel Logue – Der 1880 geborene Australier war Sprachtherapeut, Mentor und später enger Freund von König George VI. Ohne seine therapeutische Kunst hätte der Monarch in Zeiten, in denen die Gegner der Monarchie immer mehr Zuspruch erhielten, niemals seine große Popularität erlangt. Logue gilt daher als „der Mann, der die britische Monarchie rettete“.

Edward VIII. – Die Liebe zu einer nicht standesgemäßen Amerikanerin kostete ihn 1936 nach nur zehnmonatiger Regentschaft den britischen Thron. Edward galt als ausgesprochen deutschfreundlich und unterhielt selbst während des Krieges Kontakte nach Deutschland. Ob es unter seiner Regentschaft nicht zu einem Kriegseintritt Großbritanniens gekommen wäre, bleibt Spekulation, ist aber wahrscheinlich.

Winston Churchill – Nie war das Verhältnis zwischen dem Monarchen und seinem Premierminister enger als zu Zeiten von George VI. und Winston Churchill. Beide trafen sich wöchentlich abseits der Regierungsgeschäfte zu einem privaten Essen. Churchill hatte großes Verständnis für die Abneigung des Königs gegen öffentliche Auftritte, war er in seiner Jugend doch selbst Stotterer gewesen. Durch Selbstdisziplin und Sprachtraining überwand er diesen Makel. Als Kriegspremier beherrschte er die Kunst, die Moral des Volkes durch mitreißende Reden zu heben.

Harold Vale Rhodes – Der 1887 geborene Regierungsbeamte schrieb und übersetzte Bücher über Politik und Versicherungswesen und entwarf prägnante Reden für den König. Nach Kriegsausbruch wirkte er maßgeblich am Aufbau des Informationsministeriums mit und wurde später Unterstaatssekretär im Ministerium für Nationale Versicherung. Er starb 1970. Sein Nachlass wurde erst jetzt gesichtet.

Gerd Schultze-Rhonhof – In seinem Buch „Der Krieg, der viele Väter hatte“ geht der pensionierte General und Träger des Ostpreußischen Kulturpreises davon aus, dass Hitler bis in den Herbst 1939 keinen Krieg wollte. Nach seiner Einschätzung trägt Polen durch die Ablehnung der deutschen Verhandlungsangebote eine Mitschuld am Kriegsausbruch, ebenso wie die anderen späteren Kriegsgegner, da sie Polen zum Krieg getrieben hätten.


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