28.03.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Folge 16/14 vom 19.04.2014

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

Außer Kontrolle
EU forciert illegale Einwanderung von Afrikanern – Probleme werden ignoriert

In den ersten Monaten des Jahres sind trotz Winterstürmen bereits tausende Afrikaner über das Mittelmeer nach Europa gezogen. In den nächsten Monaten wird ein regelrechter Ansturm erwartet.

Das Problem der massenhaften illegalen Einreise übers Mittelmeer in die EU gerät außer Kontrolle. Hatten im ersten Vierteljahr 2013 noch rund 1000 Menschen Italien per Boot aus Richtung Afrika erreicht, waren es in den ersten drei Monaten dieses Jahres schon 18000, so das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen.

Und die ganz große Welle steht erst noch bevor, denn nun langsam bessert sich die Wetterlage im Mittelmeer, das zur Winterzeit ein gefährliches Gewässer sein kann. Bis zu 600000 Menschen warten laut italienischer Schätzung allein in Libyen auf eine Gelegenheit zur Überfahrt. Professionelle Schlepperbanden machen das Geschäft ihres Lebens.

Seit im Oktober vor Lampedusa 387 Menschen ertranken, ist der Grenzschutz dazu übergegangen, den Afrikanern bei der Landung zu helfen, statt illegale Grenzübertritte zu verhindern und die Menschen zurückzubringen. Fest steht jedoch: Je mehr ankommen, desto mehr Freunde und Verwandte daheim in Afrika werden ermutigt, ihnen zu folgen.

Jetzt erschallt in der EU erwartungsgemäß der Ruf nach „mehr Solidarität“, und er richtet sich, ebenso wenig überraschend, vor allem an Deutschland. Sowohl der EU-Spitzenkandidat der Sozialdemokraten, der Deutsche Martin Schulz, als auch sein von der Union unterstützter luxemburgischer Gegenkandidat Jean-Claude Juncker fordern von den Deutschen, mehr Afrikaner aufzunehmen, um Italien zu entlasten.

Eine merkwürdige, fast schon dreiste Forderung: 2013 nahm Italien 27000 Asylbewerber auf, Deutschland hingegen 127000, fast das Fünffache also – bei kaum größerer Einwohnerzahl und Fläche. Immer mehr Kommunen brechen unter den Kosten der illegalen Einreisewelle zusammen und rufen beim Bund um Hilfe.

Nebenbei erfahren die Deutschen, dass die EU den Visumzwang für Moldau zum 28. April aufgehoben hat. Dies, obwohl die Polizei des Treibens insbesondere osteuropäischer Einbrecherbanden schon jetzt kaum noch Herr wird.

Im Falle der Welle aus Afrika reagiert die Politik hilflos. Der Vorschlag von AfD-Chef Bernd Lucke, die Afrikaner in ein sicheres afrikanisches Land zu verbringen, verhallt ungehört. Beim Problem der importierten Kriminalität verschlimmert die Politik die Lage sogar noch, wie das Beispiel Moldau zeigt. Schulz, Juncker und Co. sorgen sich offenbar nur darum, dass EU- oder Euro-kritische, vermeintlich „populistische“ Parteien rechts der Mitte bei den EU-Wahlen am 25. Mai Zulauf erhalten könnten angesichts der Ereignisse. Wohin aber sollen sich die Menschen in Deutschland und Europa wenden, wenn sie wütend mit ansehen müssen, wie ihre etablierten Politiker vor derart bedrohlichen Entwicklungen die Augen verschließen? Hans Heckel


Ukraine vor einem Bürgerkrieg?
Lage im Ostteil des Landes spitzt sich zu – Referendum scheint unausweichlich

Während Washington und Moskau sich gegenseitig die Schuld an der Ukraine-Krise zuweisen, kommt das Land nicht zur Ruhe. Nachdem pro-russische Kräfte Regierungsgebäude der Stadt Donezk im Osten der Ukraine besetzt gehalten, Tausende in Charkow, Lugansk und anderen Orten gegen die Kiewer „Banditen und Faschisten“ demonstriert hatten, kam es wieder zu Blutvergießen, als Vermummte Verwaltungsgebäude in Slawjank stürmten.

Präsident Alexander Turtschinow stellte den Besetzern zunächst ein Ultimatum und kündigte die gewaltsame Auflösung der Besetzung an, später zog er in Betracht, doch ein Referendum zur Staatsform der Ukraine durchzuführen. Dies zeigt, wie überfordert die derzeitige Regierung mit der Situation ist. Agiert sie nicht, wird die Ukraine zerfallen. Schickt sie Antiterror-Einheiten, droht ein blutiger Bürgerkrieg. Davor warnt vor allem Russlands Außenminister Sergej Lawrow.

Im Westen wird Moskau gern als einziger Aggressor dargestellt. Es mehren sich jedoch die Anzeichen, dass beide Seiten, sowohl die USA als auch Russland, in der Ukraine ordentlich gezündelt haben, und nun vor den Folgen ihres imperialen Gerangels zurückschrecken. Laut „Spiegel“ hat das Magazin „Monitor“ neue Videos von Augenzeugen veröffentlicht, welche die bereits zuvor geäußerte Vermutung belegen, dass während den Majdan-Demonstrationen außer den von Janukowtisch angeheuerten Berkut-Einheiten noch andere auf Zivilisten geschossen haben, und zwar vom Dach eines Hotelgebäudes aus, das sich zu dieser Zeit fest in der Hand der Opposition befand. Zwar wurde die Berkut-Spezialeinheit inzwischen aufgelöst und zwölf ihrer Mitglieder wurden wegen Massenmord angeklagt, dennoch stehen sich jetzt im Osten der Ukraine wieder Uniformierte und Bewaffnete gegenüber. Ob eine friedliche Lösung noch möglich ist, ist angesichts der verhärteten Positionen wenig wahrscheinlich.

Wenn es darauf ankommt, wird die Ukraine auf sich selbst gestellt sein, da die Weltmächte die Folgen ihres Handelns nicht bedacht haben, es aber weder im Interesse der USA noch Russlands liegen dürfte, einen heißen Krieg wegen der Ukraine zu riskieren. Das skrupellose Gezerre an der Ukraine wird eher zu ihrem Zerfall führen. Analog zu Bosnien könnte es bald zwei ukrainische Föderationen geben, eine unter westlichem Einfluss stehende und eine östliche, die sich Russland verpflichtet fühlt.

Manuela Rosenthal-Kappi


Unbestimmte Tat
Kinderpornografiegesetz umstritten

Der Gesetzentwurf gegen Kinderpornografie von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) enthält einen Passus, nach dem künftig mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden soll, wer „unbefugt ein bloßstellendes“ Foto macht und dieses weiterverbreitet. Juristen kritisieren, dass der Begriff „bloßstellend“ viel zu unbestimmt sei, wodurch erhebliche Rechtsunsicherheit geschaffen werde. Zudem gehe der Straftatbestand zu weit. So könnte beispielsweise bereits ein Jugendlicher belangt werden, der mit dem Smartphone einen alkoholisierten Freund fotografiert und das Bild auf dem Schulhof herumzeigt.

Medienvertreter sehen in der Strafbestimmung eine Gefahr für die Pressefreiheit. So könnte unter Berufung auf den unbefugten und angeblich bloßstellenden Charakter einer Aufnahme versucht werden, eine unliebsame Berichterstattung zu verhindern. Die „taz“ illustriert das an einem schönen Beispiel: „Ist ein Foto ‚unbefugt‘ und damit strafbar, wenn es Wolfgang Schäuble beim Sudoku-Spiel im Bundestag zeigt – während zugleich über riskante Hilfen für Griechenland debattiert wird?“ J.H.


Jan Heitmann:
Politikende

Der Begriff „Politik“ bezeichnet laut Duden die Lehre von der Staatsführung, meint aber auch allgemein „zielgerichtetes Verhalten“. Eine Vorgabe, welchem vorrangigen Ziel das Verhalten unserer Politiker zu dienen hat, enthält Artikel 56 in Verbindung mit Artikel 64 des Grundgesetzes: Den Nutzen des deutschen Volkes zu mehren und Schaden von ihm abzuwenden. Damit ist vorgegeben, wie die Bundesregierung eigentlich auf die massenhafte illegale Einreise aus Afrika reagieren müsste. Sie müsste auf Recht und Gesetz pochen und die Aufnahme illegal Einreisender ablehnen. Damit müsste sie sich gegenüber der EU durchsetzen. Alles andere wäre zum Schaden des deutschen Volkes.

Dass Menschen dorthin streben, wo sie ohne ein angemessenes eigenes Zutun ein besseres Leben als bisher führen können, ist legitim. Es ist aber nicht auch legal, wenn sie damit vorsätzlich gegen die Gesetze der Zielländer verstoßen. Sie im Mittelmeer ihrem Schicksal zu überlassen, wäre dennoch inhuman und in der europäischen Wertegemeinschaft indiskutabel. Sehr wohl diskutiert werden müsste hingegen, wie die Geretteten und Gestrandeten dorthin zurückgebracht werden, wo sie hergekommen sind. Stattdessen werden sie geduldet, was weitere Afrikaner ermuntert, ihnen zu folgen.

Die deutsche und die europäische Politik klagen einerseits über die Einwanderungsströme, trauen sich andererseits aber nicht, etwas dagegen zu unternehmen. So versuchen sie sich an der Quadratur des Kreises, was mit zielgerichtetem Verhalten nichts zu tun hat. Die Politik hat aufgehört, in der Zuwanderungsfrage überhaupt Politik zu machen.


S. 2 Aktuell

Selbstmord immer unwahrscheinlicher
Kann ein Toter Feuer legen? NSU-Ausschuss in Thüringen hat noch viele offene Fragen

Die bisher verbreitete offizielle Darstellung vom Selbstmord der beiden NSU-Mitglieder Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos wackelt. Bei der Obduktion sind weder in der Lunge von Böhnhardt noch in jener von Mundlos Rußpartikel gefunden worden, so die Vorsitzende des Thüringer NSU-Ausschusses, Dorothea Marx (SPD).

Marx stützt sich dabei auf den Sektionsbericht der Gerichtsmedizin in Jena, in den der Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss nach über zweijährigen Bemühungen vor Kurzem endlich Einsicht nehmen konnte. Der Befund ist extrem brisant. Infrage gestellt ist damit die gesamte bisherige Darstellung der Ermittlungsbehörden zum Tod der beiden NSU-Mitglieder, deren Leichen am 4. November 2011 in einem brennenden Wohnmobil in Eisenach entdeckt worden waren. „Damit ist es sehr zweifelhaft, dass Mundlos erst das Wohnmobil angezündet hat und sich dann erschossen hat“, so die Ausschussvorsitzende Marx gegenüber der Zeitung „In Südthüringen“. Tatsächlich legt das Fehlen von Rußpartikeln nahe, dass die beiden NSU-Mitglieder schon tot waren, als im Wohnmobil Feuer gelegt wurde und dass an dem Geschehen eine dritte Person beteiligt war. Von Anwohnern liegen ohnehin Zeugenaussagen vor, dass eine Person das brennende Wohnmobil verlassen haben soll. Selbst die Thüringer Polizei hatte am 4. November 2011 nach einer weiteren flüchtigen Person gefahndet.

Aber auch ohne den Befund der Jenaer Gerichtsmedizin steckt die bisherige Darstellung der Vorgänge voller Widersprüche. Bis hin zu einer Handgranate soll das Campingmobil von Böhnhardt und Mundlos geradezu mit Waffen vollgestopft gewesen sein. Von einer Polizeistreife entdeckt, sollen die beiden allerdings keinen Ausweg gesehen haben und Selbstmord begangen haben. Diese Kurzschlusshandlung passt weder zu dem Vorgehen bei diversen Banküberfällen in fast 13 Jahren in der Illegalität noch zu den zehn Morden, die dem NSU zugeschrieben werden, insbesondere nicht zu dem kaltblütigen Heilbronner Polizistenmord.

Unklar ist bisher auch, warum sich Böhnhardt und Mundlos an jenem 4. November überhaupt noch so lange in Eisenach-Stregda aufgehalten haben sollen. „Die hörten den Polizeifunk ab, die Ringfahndung war aufgehoben. Die hätten doch locker wegfahren können – es sei denn, sie waren schon tot“, so Ausschusschefin Marx. Der CDU-Obmann Jörg Kellner machte auf einen weiteren merkwürdigen Punkt aufmerksam. In dem lediglich angemieteten Wohnmobil hätten sich erstaunlich viele Beweismittel befunden. Bereits vor längerer Zeit hat der Thüringer Linkspolitiker Bodo Ramelow in einem Radio-Interview auf die seltsamen Umstände zu Beginn der Ermittlungen hingewiesen: „Es gibt die von mir immer wieder wiederholte Information, dass, unmittelbar nachdem die beiden tot in ihrem Camper lagen, der Bundesnachrichtendienst und der militärische Abschirmdienst hier in Thüringen in Erscheinung getreten sind. Die Polizisten erinnern sich, als sie die Ermittlungsarbeiten gemacht haben, dass, so die Information eines Polizisten, die Geheimste aller Geheimen sich gegenseitig auf den Füßen herum gelatscht sind.“

Zu einem zusätzlichen Problem werden könnte das Bekanntwerden des Jenaer Sektionsberichts noch für BKA-Präsident Jörg Ziercke. Dieser hatte im November 2011 behauptet, in der Lunge von Mundlos seien Rußpartikel gefunden worden. Geht es nach dem Willen von Grünen und Linkspartei, dann wird der SPD-Mann

Ziercke sich ohnehin auf eine Befragung im Rahmen eines Bundestagsuntersuchungsausschusses einrichten müssen. Aus Sicht der beiden Oppositionsparteien sind auch nach vier Befragungen

Zierckes im Innenausschuss des Bundestages zur Edathy-Affäre mehrere Punkte ungeklärt geblieben. Belegen lässt sich schon jetzt, dass das Bundeskriminalamt im Fall des ehemaligen SPD-Innenpolitikers Sebastian Edathy zumindest nachlässig ermittelt hat. So ist inzwischen bekannt, dass zwei Staatsschutz-Beamte des BKA im Dezember 2012 anscheinend ohne erkennbaren Grund darauf verzichtet haben, Hinweisen auf Kinderpornografie nachzugehen, die im Zusammenhang mit Edathy in den eigenen Akten vorhanden waren. Unklar ist ebenso, warum im Januar 2012 im BKA die Durchsicht einer kanadischen Liste mit Käufern von Kinder-Nacktfotos abgebrochen wurde, nachdem auf dieser der Name eines BKA-Mitarbeiters gefunden worden war.

Auch wenn CDU und SPD die Geschehnisse im Bundeskriminalamt für aufgeklärt halten und der Opposition mit ihren Fragen an Ziercke inzwischen eine „Profilneurose“ vorwerfen, der Beschluss, den SPD-Mann an der Spitze des BKA abzulösen, könnte hinter den Kulissen längst gefallen sein. Wie die „Frankfurter Rundschau“ spekuliert, könnte hinter dem etwas rätselhaften Entschluss des CDU-Politikers Clemens Binningers, den Vorsitz des NSA-Untersuchungsausschusses hinzuwerfen, den Hintergrund haben, dass Binninger Ziercke an der Spitze des Bundeskriminalamtes ablösen soll.

Norman Hanert


Auf der Suche nach Partnern
Fraktionsbildung nach EU-Wahl nicht nur für AfD kompliziert

Zwischen dem 22. Mai und dem 25. Mai finden die Wahlen zum EU-Parlament statt. Der „Alternative für Deutschland“ (AfD) wird ein Stimmenanteil zwischen fünf und sieben Prozent vorhergesagt. Nun findet in der Partei die Debatte um die Frage statt, welcher Fraktion im EU-Parlament die AfD angehören soll. Neben der Europäischen Volkspartei (EVP), den Sozialdemokraten/Sozialisten (S&D), Grünen (G/EFA), Linkssozialisten/Postkommunisten (GUE/NGL) und Liberalen (ALDE) gibt es zur Zeit eine Konservative (ECR) und eine Euro-kritische Fraktion (EFD) sowie 31 fraktionslose Abgeordnete im EU-Parlament. Diese freien Abgeordneten haben weniger Rechte und müssen auf Gelder verzichten, die nur Fraktionen zustehen.

Für die kommende Legislaturperiode wurde die Fraktionsbildung nun zusätzlich erschwert. Nun sind 25 (bisher 20) Abgeordnete aus sieben (bisher sechs) Ländern notwendig, um sich zu einer Fraktion zusammenzuschließen. Sowohl die Konservative (ECR) und Euro-kritische Fraktion (EFD) werden es schwer haben, diese Kriterien zu erfüllen. Zwar verfügt die ECR bisher über ausreichend Abgeordnete aus einer hinreichenden Anzahl von Mitgliedsstaaten, aber nach der Wahl dürfte die Zahl der Abgeordneten von 56 auf 40 aus nur noch sechs Ländern zusammenschmelzen. Mit der wichtigsten britischen Regierungspartei, den Torys, in einer gemeinsamen Fraktion zu sitzen, wäre für AfD-Chef Bernd Lucke ein erheblicher Zuwachs an politischer Bedeutung. Lucke würde sich dann aber mit den deutschfeindlichen polnischen Nationalisten in einer Fraktion wiederfinden. Die polnische PIS dürfte nach den Umfragen mit mehr Abgeordneten als die britischen Konservativen in das EU-Parlament einziehen und den Fraktionschef stellen. Da Premier David Cameron auf europäischer Ebene auf die Unterstützung der deutschen Kanzlerin Angela Merkel angewiesen ist, wird in seiner Partei vor der Tory-AfD-Allianz gewarnt.

Camerons politischer Gegner Nigel Farage von der größten britischen Oppositionspartei Ukip wirbt heftig um die Gunst der AfD und die deutsche Presse verdächtigt Lucke deswegen der „Rechtslastigkeit“. Farages Fraktion EFD hat weit schlimmere Existenzsorgen als die ECR. Sofern die EFD keine neuen Fraktionsmitglieder findet, steht sie vor der Auflösung. Von den 30 in den Umfragen prognostizierten Abgeordneten haben sich bereits die Slowaken und Italiener zur neu geplanten Fraktion der bislang Fraktionslosen um Geert Wilders und Marine Le Pen abgesetzt. Farage bleiben nur 25 Abgeordnete aus fünf Ländern. Selbst der erstrebte Beitritt der AfD dorthin würde nicht helfen, das Kriterium der sieben Länder zu erfüllen.

Weiteren Zuwachs könnte die neue Fraktion um Le Pen aus den Überresten der in Auflösung befindlichen EFD-Fraktion erhalten. Auch Farage selbst könnte sich nach einer Schamfrist dieser Fraktion anschließen. Insgesamt dürften die Euro-kritischen Parteien von bislang 100 auf bis zu 150 oder 160 Abgeordnete im insgesamt 751 Sitze umfassenden EU-Parlament ansteigen. Das wäre mehr als die Liberalen, Grünen oder Postkommunisten jeweils zusammenbrächten. Hans Lody


Polen in Panik
Militärs warnen vor Angriff Russlands

Seit 15 Jahren ist Polen in der Nato, seit zehn Jahren in der EU, aber seine Angst vor Russland ist so groß wie 1939 beim Molotow-Ribbentrop-Pakt. „Wir dürfen Russland nicht mehr als Partner ansehen“, sagt Marcin Zaborowski, Direktor des Polnischen Instituts für Außenpolitik, „das ist eine für Polen gefährliche Illusion, denn unsere Landesgrenzen sind höchst bedroht durch Moskaus aggressive Politik.“

Das sahen die höchsten Offiziere Polens ähnlich, als sie kürzlich im Beisein von Präsident Bronislaw Komorowski und Premier Donald Tusk eine pessimistische Lagebeurteilung erstellten. Russland, sagt Romuald Szeremetiew, einst Vizeverteidigungsminister, plane seit 2009 einen Krieg zur Wiederherstellung des alten Sowjetimperiums, wozu die Ukraine nur den Anfang bilde. Russland habe 800000 Soldaten, Polen nur 90000. Würde es von Königsberg, Weißrussland und der Ukraine von russischen Truppen angegriffen, müsste es sich hilflos ergeben. Hilfe träfe aus Europa frühstens in drei Wochen ein, aus den USA in drei Monaten. Zudem plane Moskau noch konventionelle Kriege, halte aber laut eigener Militärdoktrin den Gebrauch von Kernwaffen für sein Recht.

Russland sei für einen „dritten Weltkrieg“ ökonomisch zu kraftlos, merkte hingegen Grzegorz Kostrzewa-Zorbas an, der 1992 die Verhandlungen um den Abzug der Sowjetarmee führte. So betrage der Anteil Russlands am weltweiten Bruttoinlandsprodukt nur 2,5 Prozent. Präsident Komorowski verlangt zur eigenen Sicherheit jedoch eine Anhebung des polnischen Wehretats. Die Generalität will die Reserve von einigen Hundertausend auf zwei Millionen Mann ausweiten, die Kriegsmarine soll neue Fregatten und Zerstörer erhalten, mit denen sie über die Ostsee hinauskomme. An Land sind bessere Luftschutzmaßnahmen geplant sowie eine verbesserte Raketenabwehr und Artillerie. Insgesamt ist ein militärisches Modernisierungsprogramm vorgesehen, für das bis 2022 rund 33 Milliarden Euro benötigt werden. W.O.


MELDUNGEN

Südeuropäern zu viel versprochen

Dortmund – Unter dem Motto „The Job of My Life“ hat Deutschland Südeuropäer eingeladen, hier beruflich ihr Glück zu versuchen. Hierzu versprach die Bundesregierung über das Programm MobiPro-EU finanzielle Unterstützung bei Sprachkursen. Doch nun muss die verantwortliche Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) mitteilen, dass die Nachfrage nach staatlicher Förderung das Angebot übersteigt und der finanzielle Rahmen für dieses Jahr ausgeschöpft sei. Dabei wurde das Budget erst vor wenigen Wochen von 33 Millionen auf 48 Millionen Euro aufgestockt, doch selbst wenn die restlichen Gelder fließen, könnten damit nur 500 der vorliegenden 2300 Antragssteller einen positiven Bescheid bekommen, obwohl Kanzlerin Merkel einen solchen allen Interessierten zugesagt hatte. Bel

 

Ohne Funk über Deutschland

Berlin – Die Deutsche Flugsicherung und die Luftwaffe haben einen Bericht der indischen Zeitung „Indian Express“ bestätigt, wonach eine Boeing 777 der Fluggesellschaft „Jet Airways“ bereits am 13. März rund 20 Minuten lang ohne Funkkontakt deutsches Hoheitsgebiet überflogen hat. Die Maschine war in London-Heathrow mit dem Ziel Bombay gestartet. Im nationalen sowie im Nato-Luftlagezentrum wurde entschieden, nicht die deutsche Alarmrotte aufsteigen zu lassen, da die Maschine nicht von ihrer Flugroute abwich und nach dem Flugplan bald in den polnischen Luftraum überwechseln sollte. Auch die alarmierten polnischen Abfangjäger blieben am Boden, nachdem sich die Maschine bei der Flugsicherung gemeldet hatte. Der Vorfall wirft ein Schlaglicht auf die Pläne der Bundesregierung, die Verfassung zu ändern, um den Abschuss von Flugzeugen zu erleichtern, die für Terroristen als Anschlagswaffe eingesetzt werden. J.H.


S. 3 Preussen/Berlin

Die doppelte Erpressung
Oranienplatz: Afrikaner ziehen ab, doch nun droht dem Rechtsstaat ernsthafter Schaden

Das Lager illegal eingereister Afrikaner am Berliner Oranienplatz ist weitgehend verschwunden. Was sich die Politik als Erfolg anrechnet, könnte ein folgenschweres Signal an Nachahmer aus aller Welt senden.

Das von illegal eingereisten Afrikanern und ihren linken „Unterstützern“ errichtete Lager auf dem Berliner Oranienplatz besteht (vorerst) nicht mehr. Die Bewohner räumten es selbst. Die Polizei musste zwar auf Ausschreitungen linker Gruppen reagieren, aber kaum auf Widerstand aus dem Lager der Zuwanderer. Nur rund 20 Personen wollen weiter auf dem Platz wohnen, drei übernachteten in Bäumen, andere auf Bänken in der Nähe.

Etwa der Afrikaner sind im Laufe des 8. April in festen Unterkünften untergebracht worden. „Das sind dreimal so viele Flüchtlinge, als Frau Kolat mir ursprünglich angekündigt hat“, sagte Sozialsenator Mario Czaja (CDU). Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) hatte ihn demnach um Unterkünfte für 50 Personen gebeten.

Dass „Frau Kolat den Überblick verloren hat“, so Czaja, sei nur ein Indiz dafür, dass die als Kolats Erfolg gefeierte Lagerräumung nur ein Zwischenspiel, ein politisches Rück­zugsgefecht sei, in dem der Senat mehr aufgegeben als gewonnen hat. Die Zusage einer umfassenden Einzelfallprüfung der gestellten Asylanträge greift in das dafür geschaffene rechtsstaatliche Verfahren ein, wenn sie nicht nur vage Formulierung bleiben soll. Dass Letzteres nach Wochen der Aufmerksamkeit kaum geschieht, dafür werden nicht zuletzt die „Unterstützer“ des Lagers sorgen, um die Asylbewerber auf diese Weise weiter für den Kampf gegen das geltende Rechtssystem zu instrumentalisieren.

Der von der Bundespolitik einst ausgehandelte Asylkompromiss ist somit keiner mehr. Denn das Signal vom Oranienplatz lockt als Leuchtfeuer weitere Zuwanderer, getreu dem Motto: Biwakieren erzwingt Bleiberecht, egal was die deutschen Gesetze sagen. Gegen diese Tendenz hilft auch eine vor Wochen angelegte Liste mit 467 Namen wenig, mit der die Politik sicherstellen will, dass das jetzige Angebot nur den ursprünglichen Platzbesetzern gilt.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ist dennoch zufrieden. Ein Konsens sei erreicht, „der für die betroffenen Menschen die Perspektive eines fairen Verfahrens beinhaltet“. Dass es für viele Besetzer ein solches Verfahren längst gab und dieses teils mit einer Ablehnung ausging, verstärkt den erpresserischen Zug der jetzigen Lösung: 200 der Lagerbewohner kamen von der Insel Lampedusa und haben italienische Papiere, das ergab eben diese Liste. Somit ist Italien nach EU-Recht zuständig für ihr Aufnahmebegehren.

Andere erhielten eine Ablehnung ihres Asylbegehrens in Deutschland, nach Einzelfallprüfung. Der Senat sagt auch ihnen umfassende Beratung und „Prüfung“ zu, obwohl das korrekte Verfahren längst abgeschlossen ist. So garantieren Politiker Hilfe bei der Unterwanderung von ihnen selbst geschaffener Gesetze – vertrauensbildend kann das kaum bewirken. Zudem bleibt unersichtlich, warum Kolat ihren Verhandlungserfolg gerade jetzt und angeblich ohne weitere Zusagen einfuhr. Mitte März erfolgte laut der Senatorin bereits der Durchbruch: Kolat und die Besetzer einigten sich auf eine friedliche Räumung. Eine von der CDU erwägte Räumung durch die Polizei war bis jetzt angesichts der Stimmungslage in Berlins SPD im gemeinsamen Senat kaum durchsetzbar.

Friedlich blieb die Lösung trotzdem nicht: Am Tag der Räumung musste die Polizei linke Aktivisten daran hindern, den Abriss der letzten Hütten und das Aufstellen eines Bauzaunes um den Platz zu behindern. Es kam sogar zu offenen Rangeleien zwischen abzugswilligen Afrikanern und „Unterstützern“, die sie am Abzug hindern wollten. Am Abend des 8. April versammelten sich rund 1000 linke Aktivisten. Sie liefen durch die Straßen rund um das Kottbusser Tor, den Weg zum Oranienplatz versperrte ihnen die Polizei. Die Stimmung beschrieben Beobachter als aggressiv. Nach dem Protestzug zerstörten mutmaßlich Linksextreme vor Ort Fensterscheiben eines neuen Wohnhauses, eines Einrichtungsgeschäfts, einer Sparkasse und der SPD-Zentrale. In allen Fällen ermittelt der Staatsschutz.

Kolat erntete ungeachtet der Probleme die Anerkennung Wowereits für diese „Integrationsarbeit“, den „riesigen Verhandlungserfolg“. Die Politik der ausgestreckten Hand habe gewirkt, lobte sich Kolat selbst, und: „Der autonomen Szene ist ein Spielzeug weggenommen worden.“ Somit gibt es offiziell nur Gewinner. Auch die linksgerichtete Stadtbezirksregierung, verantwortlich für das Entstehen des Lagers, reklamiert den Erfolg für sich. Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) wies erneut den Vorwurf zurück, der Bezirk habe Fehler gemacht.

Und Kolat, der nach SPD-internen Wahlmanipulationsvorwürfen gegen ihr Umfeld das Wasser bis zum Hals stand? Sie gilt nun als unverzichtbar. Ein Parteischiedsgericht stellte erst vor Tagen fest, dass bei ihrer Wahl zur SPD-Kreisvorsitzenden in Tempelhof-Schöneberg Ende Februar tatsächlich „nachgeholfen“ wurde. Demnach stimmen zumindest einige der Vorwürfe von Genossen gegen Kolats Umfeld. Unter anderem wurde einem Vertrauten Kolats zur Last gelegt, mindestens drei junge Türken bei der Wahl beeinflusst zu haben. Zudem wurde aus ihrem Umfeld die Frau eines möglichen Gegenkandidatin bedroht, und Kolat-Anhänger aus anderen Bezirken meldeten sich kurzfristig zwecks Wahlteilnahme um. Sverre Gutschmidt


Das Possenspiel von Sanssouci
Theo Maass

Die Potsdamer wurden dieser Tage Zeugen einer bizarren Debatte um angeblich rassistische Namen von Skulpturen im Park Sanssouci. Der Grünen-Stadtverordnete Andreas Menzel phantasierte: Das Mohrenrondell im Park Sanssouci sei „kolonial-rassistisch geprägt“ und daher nicht nur für Opfer der Sklaverei „diskriminierend“, sondern „auch für heute in Deutschland lebende schwarze Menschen“.

Menzel sieht sich auf der Erfolgsstraße. Süßigkeit aus Eiweißschaum würde ja nun auch nicht mehr Negerkuss, sondern Schokokuss genannt. Bei Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) blitzte er jedoch ab mit seinem Ritt gegen die Park-Figuren. Menzels Anliegen sei „vollkommen irrelevant“. Auch die Schlösserverwaltung zeigte dem Grünen die kalte Schulter. Stiftungssprecher Frank Kallensee verwies auf Heinrich Heines Gedicht „Mohrenkönig“ (1844) und Shakespeares „Othello, der Mohr von Venedig“ (1604). Eine Umfrage der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ förderte zutage, dass 90 Prozent der Potsdamer nichts von Menzels Vorhaben halten.

Der Eiferer aber bohrte dermaßen verbissen weiter, bis er sogar aus der Grünen-Fraktion hinausflog. Menzels Versuch, mit einer eigenen Bürgerliste bei den bevorstehenden Kommunalwahlen am 25. Mai erneut ins Stadtparlament inzuziehen, scheiterte schon im Vorwege an mangelnder Bereitschaft der Potsdamer, ihm ausreichende Unterstützungs­unterschriften zu geben. Unter Seines­gleichen findet der Figurenstürmer mehr Unterstützung.

Iman Attia von der Berliner Alice-Salomon-Hochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik assistiert Menzel mit der Aussage, der Begriff Mohr „verhöhnt“ die Ausbeutungs-, Diskriminierungs- und Verfolgungserfahrungen von Menschen. Eine „Antidiskriminierungsberatung Brandenburg“ hat sich ebenfalls zu Wort gemeldet. Vereinssprecherin Katja Schlegel mahnt: „Man muss sich bewusst mit der Ausbeutungsgeschichte Brandenburg- Preußens auseinandersetzen.“

Bürgermeister Jakobs verwies Menzel an den Ortsvorsteher des westlichen Potsdamer Stadtteils Golm und riet ihm: „Warum fragen sie nicht mal Herrn Mohr, wie er es findet, dass er so heißt?“ Ulf Mohr heißt genannter Kommunal­politiker, von dem nicht bekannt ist, dass er sich oder andere wegen seines Namens je „diskriminiert“ wähnte. Wie auch immer: Andreas Menzel wird in der kommenden Legislaturperiode die Potsdamer nicht als Stadt­verordneter nerven.


BER: Griff nach Förderbank
Neues Milliardenloch soll in Schattenhaushalt verschwinden

Nachdem die von Berlin, Brandenburg und dem Bund bisher bewilligten 4,3 Milliarden Euro für die Großbaustelle BER aufgebraucht sind, ist der Ruf nach dem nächsten staatlichen Rettungspaket da. Der Chef der Berliner Flughäfen, Hartmut Mehdorn, verlangt weitere 1,1 Milliarden, um den Hauptstadtflughafen fertigstellen zu können. Diese Zahl habe Mehdorn in einem Gespräch mit Berichterstattern des Haushaltsausschusses im Bundestag genannt, so das „Handelsblatt“.

Nickt der Aufsichtsrat den neuerlichen Milliarden-Zuschuss ab, erreicht die Gesamtprognose der Kosten 5,4 Milliarden Euro. Angesichts dieser unerfreulichen Aussichten wird in Berlin nun darüber nachgedacht, die landeseigene Investitionsbank Berlin (IBB) zur weiteren Finanzierung des Skandal-Flughafens einzuspannen, so ein Bericht des Berliner „Tagesspiegels“.

Dagegen regt sich Widerstand: Der Grünen-Finanzexperte Jochen Esser bezeichnet den Plan als „unsäglich“. Mit dem Griff auf die Förderbank würde bewusst ein Schattenhaushalt aufgemacht, der im regulären Etat keine Spuren hinterlasse.

Doch nicht nur verschwänden die hässlichen roten Zahlen aus dem Budget. Werden die Kredite bei der IBB per Landesbürgschaft abgesichert, kann sich Wowereit sogar die Zustimmung des Parlaments sparen. Zudem würden die zur IBB verschobenen BER-Schulden nicht von der vereinbarten Schuldenbremse erfasst.

Vor diesem Hintergrund dürfte einigen Berliner Politikern der vor Kurzem erfolgte fristlose Rauswurf des bisherigen IBB-Chefs Ulrich Kissing durch Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) recht gelegen kommen. Kissing gilt als pragmatisch und erfolgreich, aber auch als korrekt, und somit als mögliches Hindernis bei derartig bizarrer Finanz-Akrobatik.

Als Anlass für Kissings Rauswurf nahm Yzer, weil er versucht hat, eine offene Rechtsfrage zu klären, die er noch von seinem Vorgänger übernommen hatte. Es ging allein um die Frage, ob für Kissing Rentenbeiträge für strittige neun Monate zu zahlen gewesen wären. Die Wirtschaftssenatorin, gewissermaßen die Oberaufseherin der IBB, wollte darin eine „schwerwiegende Pflichtverletzung“ sehen, weil sie nicht informiert worden sei, und feuerte Kissing fristlos. Bis ein Nachfolger gefunden ist, will Yzer eine Interimsgeschäftsführung bei der IBB installieren. Norman Hanert


Peinliche Affäre
Potsdam: Markov im Schatten des Vorgängers

Die Affäre um Brandenburgs Ex-Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) wird auch für Nachfolger Helmuth Markov (Linke) zunehmend zum Problem. Schöneburg musste wegen Einflussnahme und Begünstigung zugunsten zweier Ex-Mandanten und Sexualverbrecher abtreten. Markov sieht sich nun dem Vorwurf ausgesetzt, dass er dem Rechtsausschuss des Landtags wesentliche Informationen vorenthalten hat, obwohl er spätestens seit Februar umfassend von seinem Haus über die Affäre informiert gewesen sein muss, wie aus Unterlagen seines Ministeriums hervorgeht.

So hat Markov mehrfach seinen Staatssekretär Ronald Pienkny gegen den Vorwurf verteidigt, er habe dem Ausschuss nach Schöneburgs Rücktritt nicht die volle Wahrheit gesagt. Tatsächlich widerspricht die Stellungnahme einer Fachabteilung des Justizministeriums Markovs Darstellung. Verschwiegen hatte Pienkny etwa, dass bei einer Durchsuchung der Hafträume beider Täter „mit Verteidigerpost gekennzeichnete Umschläge mit Fotos von jungen Frauen und Mädchen, teils bekleidet, teils nackt aufgefunden“ wurden, so ein Vermerk des Justizministeriums.

Vor dem Hintergrund des Strafregisters der beiden Ex-Mandanten Schöneburgs ein brisanter Fund: Die beiden Verurteilten hatte 1999 eine 13-Jährige entführt und vergewaltigt. Verschwiegen hatte der Staatssekretär vor dem Ausschuss ebenso, dass die beiden Sexualtäter Mitgefangene bedroht hatten. Schöneburg hatte die Verlegung eines der Täter zum Schutz anderer, von diesem bedrohter Insassen als „unverhältnismäßig“ gestoppt. N.H.


Schwäbischer Mäzen

Eine längst verloren geglaubte Glocke des größtenteils kriegszerstörten Glockenspiels der Potsdamer Garnisonkirche ist wieder aufgetaucht. Nach den Luftangriffen 1945 von zwei Brüdern geborgen galt sie bislang als verschollen. Nun soll die unversehrte Glocke am 8. Mai in feierlichem Rahmen an Manfred Stolpe (SPD), einem Kuratoriumsmitglied der Garnisonkirchen-Stiftung, übergeben werden. Bei der von der Würth-Gruppe organisieren Veranstaltung wird SPD-Chef Sigmar Gabriel in seiner Eigenschaft als Wirtschaftsminister eine Rede halten. Wie von Martin Vogel, dem theologischer Vorstand der Garnisonkirchenstiftung, zu hören ist, hat das schwäbische Familienunternehmen Würth Gefallen an dem Potsdamer Projekt gefunden. Zwar sei bisher keine Großspende vereinbart, so Vogel, doch das Unternehmen wolle am 8. Mai einen so genannten „Multiplikatoren-Abend“ veranstalten, um andere Spender anzulocken. N.H.


S. 4 Hintergrund

Etwas ist faul
Der vor 450 Jahren geborene Shakespeare ist politisch so aktuell wie nie zuvor

Zu Shakespeares Lebzeiten stand das elisabethanische England vor einer Zeitenwende. In seinen Dramen beschrieb der Dichter eine Stimmung, die in vielen Bereichen unserer heutigen Zeit entspricht.

Bei einer Veranstaltung des British Council Anfang des Jahres in Berlin, wo über die Aktualität Shakespeares diskutiert wurde, überraschte der englische Autor Tom McCarthy mit der Aussage, dass man „Hamlet“ lesen sollte, um die NSA-Affäre und den Fall Snowden verstehen zu können. So abwegig ist das nicht, denn in dem Stück geht es um Überwachung, Kontrolle und Spionage.

In „Hamlet“ bespitzelt jeder jeden. Der misstrauische Dänen-König Claudius will wissen, wie sein Stiefsohn Hamlet auf den Mord an seinem Vater reagiert. Er setzt das Agenten-Duo Rosencrantz und Guildenstern als inoffizielle Mitarbeiter auf Hamlet an. Und der Claudius-Spion Polonius belauscht heimlich ein Gespräch Hamlets mit seiner Mutter. Hamlet ersticht ihn, als er ihn hinter einem Wandteppich bemerkt.

Etwas war nicht nur faul im Staate Dänemark, etwas ist heute faul in vielen Überwachungsstaaten. Die paranoiden USA sind trotz geografisch geschützter Lage ähnlich um ihre innere Sicherheit besorgt wie die isolierte Inselnation England vor rund 500 Jahren. Mit dem Angriff der spanischen Armada erlebte das Königreich 1588 seinen „11. September“. Anders als beim Terrorangriff von New York gab es damals ein Happy End: Die Spanier wurden vernichtend geschlagen. Doch das Trauma eines katholischen Terrors, jetzt von innen, blieb in den Köpfen bestehen.

England hatte sich gerade von Rom abgewandt und bekämpfte die Feinde der Reformation mit allen Mitteln. Die protestantische Königin Elisabeth ließ ihre katholische Thronrivalin Maria Stuart hinrichten. Auf Elisabeth selbst gab es viele Attentatsversuche, die dank eines Stasi-mäßigen Spitzelsystems des britischen Geheimdienst-Gründers Francis Walsingham allesamt vereitelt werden konnten.

Das Mittelalter hinter sich, die Neuzeit vor sich, war sich der Renaissance-Mensch unsicher, was die Zukunft bringen würde. Die Erfindung des Buchdrucks veränderte vor allem die Kommunikationsformen. Bekamen die Menschen zuvor das Wort Gottes nur indirekt über Kirchenleute vermittelt, konnten sie jetzt selbst aus der Bibel direkte Informationen beziehen. Autoritäten wurden infrage gestellt, das bis dahin bewährte Feudalsystem geriet aus den Fugen.

Und heute? Stehen wir nicht vor einer ähnlichen Zeitenwende? Durch das Internet kommt man noch unmittelbarer an Information als noch vor wenigen Jahren. Dank Informationsaustauschs via Twitter, Facebook oder Blogs geraten mediale Autoritäten wie Buchautoren, Zeitungen oder Fernsehen ins Hintertreffen, die uns bislang die Welt erklärt haben. Das kapitalistische System, an dem die USA so krampfhaft festhalten, gerät durch virtuelle Bündnisse von Christenfeinden oder Demokratiegegnern im weltweiten Netz in Gefahr. Kein Wunder, dass Washington durch die Informationssucht seiner Spionagedienste sich dieser über das Internet formierenden Armada, die jetzt unter islamistischer Flagge angreift, wappnen will.

Diese unsicheren Zeiten stehen schon bei Shakespeare geschrieben. Das Schwanken eines auf der Schwelle zwischen Handeln und Abwarten stehenden modernen Menschen zeichnet den Melancholiker Hamlet aus, der sich weder für die Liebe zu Ophelia noch zum Rachemord an seinem Vatersmörder entscheiden kann.

Dazu muss man wissen, dass Hamlet ein nahezu getreues Abbild des Nachfolgers von Königin Elisabeth ist. Der protestantische König Jakob I. war der Sohn von Maria Stuart und ihres Mannes Lord Darnley, der später umgebracht wurde. Den Mord gab der Earl von Bothwell unter möglicher Mitwisserschaft von Maria Stuart in Auftrag. Die schottische Königin heiratete später den Mörder ihres Mannes – und fertig ist die Handlung von „Hamlet“ und damit ein Drama, das subversiv religiöse Konflikte widerspiegelt, die nun wieder in der Gegenwart am Gären sind. Harald Tews


Das Phantom des Theaters
Wer war Shakespeare? Urheberschafts-Gerüchte flauen nicht ab

Als das viktorianische England sich anschickte, seinen Nationaldichter wie­derzu­entdecken, überraschte die Autorin Delia Bacon 1857 die Welt mit der Behauptung, Shakespeare sei gar nicht der Autor der weltbekannten Dramen. Auf 680 Seiten versuchte sie zu beweisen, dass sich ihr Namensvetter, der elisabethanische Universalgelehrte Francis Bacon, hinter der Maske verberge. Weil er an einer Verschwörung gegen Königin Elisabeth verwickelt gewesen sei, habe er als Dramatiker anonym bleiben müssen.

Diese These setzte eine ganze Reihe von Verschwörungstheoretikern in Bewegung, die im Laufe der Zeit immer neue Namen in Umlauf setzten. Christopher Marlowe etwa, ein Dramenautor und Spitzel, der 1593 in einem Wirtshaus erdolcht wurde. Die Verfechter der Marlowe-These stellten die abenteuerliche Behauptung auf, Marlowes Tod sei in Wirklichkeit vorgetäuscht gewesen. Weil er ein homosexuelles Verhältnis mit dem Geheimdienstchef Walsingham gehabt haben soll, sei er heimlich nach Frankreich geschickt worden, wo er unter falschem Namen die Stücke geschrieben habe. Spekuliert wurde auch, dass sich eine Frau hinter dem Pseudonym Shakespeares verberge, selbst Königin Elisabeth wurde dabei ins Spiel gebracht.

Am Hartnäckigsten hält sich die 1920 vom Londoner Schulmeister J. Thomas Looney aufgestellte These, Edward de Vere, der 17. Graf von Oxford, sei der wahre Autor. Nur ein gebildeter Adeliger hätte solch ein polyhistorisches Wissen aufbieten können, mit dem die Dramen angefüllt sind. Pech nur, dass de

Vere 1604 starb. Wer schrieb dann die späten Shakespeare-Dramen? Doch egal: Im versnobten England traute man dem Sohn des Handschuhmachers John Shakespeare aus der mittelenglischen Provinz nicht zu, dass er der geniale Dramen-Schöpfer gewesen sein soll.

Dass sich solche Mythen um Shakespeare ranken, liegt auch daran, dass er nach der Heirat mit der acht Jahre älteren Anne Hathaway und der Geburt dreier Kinder für sieben Jahre aus dem Blickfeld gerät. Diese „lost years“ – die „verlorenen Jahre“ – nährten viele Spekulationen. Heute nimmt man an, dass er als Hauslehrer einer Familie in Lancashire tätig war. Da es sich um Katholiken handelte, machte er sich vorsichtshalber unter dem Namen Shakeshafte unsichtbar. 1592 lässt das Phantom die Maske fallen und macht in London als Theaterautor von sich reden. Dass weder handschriftliche Originale noch zu Lebzeiten angefertigte Porträts von ihm existieren, mag auch daran liegen, dass 1613 bei einer Aufführung von „Heinrich VIII.“ eine defekte Theaterkanone Shakespeares Globe-Theater in Brand setzte und alles ein Raub der Flammen wurde.

Wäre ein de Vere der Autor gewesen, hätten sich sicher Handschriften als Beweis seiner Autorenschaft in seinem Schloss finden lassen. Aber hätte ein Adeliger fern der Theaterpraxis überhaupt solch bühnenwirksamen Dramen schreiben können? Nur ein Schauspieler, wie Shakespeare es war und für den das Theater der Mittelpunkt des Lebens war, konnte solche Sätze schreiben wie in der Komödie „Wie es euch gefällt“: „Die ganze Welt ist ein Theater.“ H. Tews


Nach Gott schuf »Wilhelm« am meisten

Der Dichter Ferdinand Freilig­rath prägte 1844 die Formel „Deutschland ist Hamlet“. Es war weniger eine Schmeichelei als ein Tadel über die zögerliche Haltung des Bürgertums bei der Machtfrage. Doch der Ausspruch zeigte, wie sehr sich die Deutschen Shakespeare angeeignet hatten. Er war fast ein deutscher Autor, nachdem er in England in Vergessenheit zu geraten drohte. Nach seinem Tod wurden seine Stücke auf Londoner Bühnen kaum noch gespielt.

Es waren englische Wanderschaupieler, die seine Dramen zum Teil als Marionettentheater in deutschen Landen präsentierten. Der Aufklärer Christoph Martin Wieland war als Kind so davon begeistert, dass er später für die erste Prosaübertragung der Dramen sorgte. Damit trat er eine Lawine der Shakespeare-Begeisterung in Deutschland los.

Für Goethes alter ego Wilhelm Meister war Shakespeare in den „Lehrjahren“ die Initialzündung für die Theaterleidenschaft des Helden. Überhaupt ließ sich Goethe viel von Shakespeares Dramen inspirieren. Sein Werther war eine Neuauflage des lebensüberdrüssigen Hamlet, Ophelia tritt als Gretchen im „Faust“ auf, und ohne die Hexen aus „Macbeth“ hätte es vielleicht nie die Walpurgisnacht auf dem Blocksberg im „Faust“ gegeben.

Mit der Schlegel-Tieckschen Übersetzung der Werke Shakespeares wurde der „Schwan von Avon“ endgültig in Deutschland eingebürgert. Im Wilhelminismus wurde aus William natürlich Wilhelm Shakespeare. Seit dem 19. Jahrhundert ist er der meistgespielte Autor auf deutschen Bühnen. Nach dem Umweg über Deutschland kehrte Shakespeare allmählich wieder in seine Heimat zurück, so dass der Ire James Joyce im Roman „Ulysses“ zu Recht sagen konnte, „nach Gott hat Shake­speare am meisten geschaffen“. tws


Zeitzeugen

William Shakespeare – Er bleibt als Person rätselhaft, da nur wenige Quellen über ihn Auskunft geben. Schon sein Geburtsdatum ist unbekannt. Sicher ist, dass er am 26. April 1564 in Stratford-upon- Avon als Sohn eines zu Wohlstand gekommenen Ratsherrn getauft wurde. Der Einfachheit halber wird als Geburtstag der 23. April vermutet, da er am selben Tag im Jahr 1616 gestorben ist. Die nach seinem Tod angefertigte Grabbüste (Foto), die einen aufgedunsenen Dichter zeigt, dürfte das einzige authentische Bildnis von ihm sein. Seiner Frau Anne Hathaway vermachte er laut Testament als Erbteil sein „zweitbestes Bett“.

Königin Elisabeth I. – Die sich zum Protestantismus bekennende Königin musste während ihrer Regentschaft von 1558 bis 1603 mehrere katholische Attentate überstehen, zumal der Papst ihr den Thronanspruch als illegitime Tochter Heinrichs VIII. und der später hingerichteten Anne Boleyn absprach. Spaniens katholischer König Philipp II. plante 1588 eine Invasion Englands. Der Sieg über die Armada gilt als größter Erfolg der unverheirateten „Virgin-Queen“ (jungfräuliche Königin). Unter ihrer Herrschaft stieg England zur Seemacht auf und erlebte eine Blütezeit des Theaters und der Literatur.

Francis Bacon – Der Schöpfer der Utopie „Nova Atlantis“ gilt als Wegbereiter des Empirismus. Die namensgleiche US-Lehrerin Delia Bacon stellte im 19. Jahrhundert die These auf, Francis Bacon (1561–1626), der Seefahrer Sir Walter Raleigh und der Dichter Edmund Spenser verbärgen sich hinter „Shakespeare“. Die Bacon-These der später geistig umnachteten Autorin wird noch heute von der Francis-Bacon-Gesellschaft vertreten. Würde das stimmen, hätte der produktive Bacon Tag und Nacht arbeiten müssen, um auch noch Dramen abfassen zu können.

Christopher Marlowe – Der Dramatiker solch bekannter Stücke wie „Der Jude von Malta“ oder „Die tragische Historie vom Doktor Faustus“ war einer der schillerndsten Gestalten des elisabethanischen Theaters. Er war Geheimdienstagent und wurde 1593 von dem Spitzel Ingram Frizer in einem Wirtshaus ermordet. Mar­lowe war da erst 29 Jahre alt. Trotz des frühen Todes galt er lange als heißer Kandidat in der Shake­speare-Urheberschaftsdebatte.


S. 5 Deutschland

»Für ein demokratischeres Europa«
Ex-BDI-Präsident steigt aus tiefster Überzeugung bei der EU-Wahl für die AfD in den Ring

Treffen die Wahlprognosen für die EU-Wahl ein, wird Hans-Olaf Henkel im Mai von den Deutschen ins EU-Parlament gewählt. Dies wäre bereits seine vierte Karriere. Was ihn hierzu bewegt, erläutert er im Interview mit der PAZ. Die Fragen stellte Rebecca Bellano.

PAZ: Auch wenn Ihre Kandidatur viele Ihrer Anhänger erfreut, so drängt sich doch die Frage auf, warum Sie sich mit 74 Jahren noch die Arbeit als EU-Parlamentarier aufhalsen wollen. Wieso wollen Sie Ihr Leben als Privatier aufgeben und was sagt Ihre Frau dazu, dass es Sie nach Brüssel beziehungsweise Straßburg zieht?

Hans-Olaf Henkel: Ich bin daran gewöhnt. Als ich mit 54 Jahren bei der IBM aufhörte, begann ich eine neue Karriere. Als Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) kämpfte ich ehrenamtlich an vorderster Front, um Öffentlichkeit, Politik und Wirtschaft zu den nötigen Reformen zu drängen. Sechs Jahre später, ich konnte satzungsmäßig nicht wieder kandidieren, nahm ich die Herausforderung an, Präsident der Leibniz-Gemeinschaft zu werden. Plötzlich war ich verantwortlich für 86 Forschungsinstitute in allen Bereichen der Wissenschaft, auch das war ehrenamtlich und auch das war neu für mich. Parallel dazu nahm ich eine ehrenamtliche Honorarprofessur an der Universität Mannheim an. Wieder etwas Neues, wieder sehr interessant für mich. Ich begann Bücher zu schreiben, um meine Erfahrungen und Vorschläge für ein attraktiveres Deutschland unter die Leute zu bringen. Als im Mai 2010 Frau Merkel auf französischen Druck hin den Euro ruinierte, fing ich noch einmal von vorn an. Ich kämpfte gegen diese unheilvolle Politik, wie man sieht, bisher ohne Erfolg. Der Eintritt in die Politik ist der Beginn meiner vierten Karriere. In Deutschland ist der Kampf gegen den Einheitseuro mit einem Tabu belegt, im Europäischen Parlament wird das anders sein, da gibt es nach dem 25. Mai viele Mitstreiter. Meine Frau ist Universitätsprofessorin und arbeitet selbst 18 Stunden am Tag, sie findet es gut, dass ich mich weiterhin beschäftige. Die Chinesen sagen zu Recht: „Ein Leben ohne Arbeit ist nur ein halbes Leben.“ Ich möchte ganz leben.

PAZ: Wie reagierte Ihr Umfeld darauf, dass Sie für die AfD in den Ring steigen?

Henkel: Ganz unterschiedlich! Die einen sagen, dass ich lieber Segeln gehen sollte, die anderen finden es gut. Die Mehrheit meiner Freunde, meiner Bekannten und Verwandten unterstützt es. Die meisten meiner Ex-Kollegen auch, aber meist nur „unter vier Augen“.

PAZ: Wie erlebten Sie die bisherigen AfD-Veranstaltungen und die Reaktionen der Presse darauf?

Henkel: Teilweise niederschmetternd. Die Partei war anfangs eine Professorenpartei“, dann eine „Ein-Themen-Partei“. Die Altparteien sahen recht schnell, dass sie den Argumenten von Professor Lucke und den Mitgründern nichts entgegensetzen konnten. Folglich erklärten sie die AfD schnell zu einer rechtspopulistischen Gruppierung. Das griff die Presse sofort auf. Das hatte wiederum zur Folge, dass einige rechtspopulistische Elemente meinten, sie hätten in der AfD ihre Partei gefunden sind und ihr auch beigetreten. Dadurch fühlte sich die Presse dann in ihrem Urteil bestätigt. Personen, von denen wir davon ausgehen mussten, dass sie sich nicht auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen, mussten dann wieder entfernt werden. Das gab Ärger, über den die Presse dann auch wieder genussvoll berichtete. Es ist teilweise frustrierend, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, aber wir werden es spätestens am Wahlabend der EU-Wahl geschafft haben. Dann wird auch dem letzten Übelmeinenden klar werden, dass es sich bei der AfD um eine, wenn auch noch kleine, Volkspartei handelt.

PAZ: Will man den Umfragen glauben, stehen Ihre Chancen, ins EU-Parlament gewählt zu werden, gut. Welche Veränderungen wollen Sie über die EU erreichen?

Henkel: Wir werden Verbündete suchen und uns für ein schlankeres und gleichzeitig demokratischeres Europa einsetzen. Ich selbst werde mich bemühen, in den Menschenrechtsausschuss zu kommen, denn mit den Professoren Lucke und Starbatty haben wir schon jetzt mehr Wirtschaftskompetenz im Team als alle deutschen Altparteien zusammen.

PAZ: Und die EU selbst bedarf laut AfD zahlreicher Reformen. Welche sind Ihnen besonders wichtig?

Henkel: Die Rückverlagerung aller Kompetenzen, die in den Ländern und Kommunen besser aufgehoben sind als in Brüssel. Nach unserer Überzeugung sollte man den Brüsseler Wasserkopf von rund 50000 überversorgten und privilegierten Bürokraten innerhalb von sieben Jahren um 50 Prozent abbauen. Und wir werden uns für eine Abkehr vom Einheitseuro einsetzen.

PAZ: Trotz eines vermutlichen Erfolges bei der EU-Wahl ist eine passende Fraktion nicht erkennbar. Wie gedenken Sie, mit den wenigen AfD-Abgeordneten im EU-Parlament gehört zu werden?

Henkel: Warten Sie mal ab! Alle Umfragen zeigen, dass zum Beispiel die Anzahl Euro-kritischer Abgeordneter im neuen Europaparlament dramatisch steigen wird. Potenzielle Mitstreiter gibt es nicht nur in den Eurozonenländern. Sie gibt es auch in den neuen EU-Staaten, die den Euro heute noch nicht haben. Von diesen will nur noch die rumänische Bevölkerung heute den Euro.


Normalfall Doppelpass
Große Koalition weicht Staatsangehörigkeitsrecht weiter auf

Der Gesetzentwurf zur doppelten Staatsbürgerschaft der Großen Koalition steht. Doppelte Staatsbürgerschaft wird demnach künftig möglich, wenn die Betroffenen bei Vollendung des 21. Lebensjahres acht Jahre in Deutschland gelebt oder sechs Jahre eine Schule besucht haben. Ein anderer Weg zum Doppelpass führt über einen in Deutschland erworbenen Schulabschluss oder eine hier abgeschlossene Berufsausbildung. Von der Regelung profitieren vor allem Türkischstämmige.

Die Koalition begründet dies mit einer angeblich notwendigen Reform der Optionspflicht. Die Vorsitzenden der Migrationskommissionen der katholischen und evangelischen Kirche, Bischof Norbert Trelle und Kirchenpräsident Volker Jung, kritisieren, es seien zwar „wichtige Erleichterungen“ geplant, doch werde die Optionspflicht nicht völlig abgeschafft. Sich für eine Staatsbürgerschaft entscheiden zu müssen, stelle rechtliche Gleichheit und gesellschaftliche Teilhabe infrage, so beide.

Im Jahr 2000 führte die rot-grüne Bundesregierung die Möglichkeit der Wahl für in Deutschland geborene Jugendliche ein, deren beide Eltern nicht die deutsche Staatsangehörigkeit haben und nicht EU-Ausländer sind. Sie haben sich bis zum 23. Lebensjahr zu äußern, ansonsten erlischt der deutsche Pass. In den meisten europäischen Ländern, so in der Schweiz, ist die doppelte Staatsbürgerschaft hingegen allgemein zulässig. Dazu will sich die Große Koalition nicht entschließen.

In Frankreich sind die Regelungen trotz genereller Erlaubnis des Doppelpasses nicht einfacher: Dort geborene Kinder ausländischer Eltern erhalten die französische Staatsangehörigkeit mit der Volljährigkeit, wenn sie zum Zeitpunkt der Volljährigkeit ihren Wohnsitz in Frankreich haben und seit dem Alter von elf Jahren mindestens fünf Jahre ihren ständigen Wohnsitz hier hatten. Allerdings können von ausländischen Eltern geborene Jugendliche dort die französische Staatsangehörigkeit auch ablehnen, wenn sie eine andere vorweisen können, und dabei gilt auch eine Art Option: Das Gesetz räumt einen Zeitraum von sechs Monaten vor und zwölf Monaten nach der Volljährigkeit ein. In den Niederlanden gibt es neben der automatischen Einbürgerung und Staatsangehörigkeit seit 2006 auch ein Optionsverfahren für ehemalige Staatsbürger sowie minderjährige Kinder ausländischer Eltern, sofern ein Niederländer die Vaterschaft anerkannt hat. Andererseits besitzen aus der Verbindung einer Niederländerin mit einem Ausländer vor 1985 Geborene nicht automatisch die niederländische Staatsangehörigkeit. In Polen können Doppelpassinhaber sich nicht mal auf einen, mal den anderen Pass berufen, weil das Gesetz nur den polnischen und alle daraus entstehenden Pflichten anerkennt.

Optionsmodelle betreffen europaweit meist wenige. 2013 standen in Deutschland 3400 Menschen vor der Wahl zwischen beiden Pässen, nur 176 verloren aufgrund der Optionsregel die deutsche Staatsangehörigkeit, so Zahlen des Bundesinnenministeriums. Interessanterweise geht die Türkei trotz ihrer Forderungen an Deutschland selbst restriktiver vor. Deutsche, die mit Türken verheiratet sind und deren Kinder so türkische Staatsbürger sind, müssen die türkische Staatsbürgerschaft erst beantragen, selbst wenn sie viele Jahre in der Türkei leben. Kein Rechtsweg, sondern ein Erlass entscheidet dann. SV


Versuch, Vorsorge zu betreiben
Gesundheitsminister will bei Pflegeversicherung Reserven schaffen

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) ist kein Sympathieträger. Auch sucht er nicht wie andere seiner Ministerkollegen ständig die Öffentlichkeit. Daher ist in der Vielzahl der täglichen Meldungen untergegangen, dass der ehemalige CDU-Generalsekretär die Pflegeversicherung für die Herausforderungen einer alternden Gesellschaft fit zu machen versucht. Dies ist insoweit bemerkenswert, weil sein Parteikollege Wolfgang Schäuble gleichzeitig für die Finanzierung der Wünsche der Großen Koalition die Reserven der Sozialversicherungen plündert. Da Gröhe die von ihm geplante Vorsorge nicht als zukünftiges Opfer von Parteiwünschen sehen will, versucht er bereits heute, diesem einen Riegel vorzuschieben. Ob ihm dies gelingt, ist noch ungewiss, denn der von ihm vorgestellte Gesetzentwurf soll Ende Mai dem Kabinett zum Beschluss vorgelegt werden. Bis dahin kann noch viel geändert werden.

Doch was hat Gröhe eigentlich vor? Ab dem 1. Januar 2015 soll der Beitrag zur Pflegeversicherung um 0,3 Prozent erhöht werden. Zwei Drittel des zusätzlichen Geldes sollen die derzeitigen Leistungen aus der Versicherung verbessern. Ein Inflationsausgleich soll dafür sorgen, dass die jetzigen Regelsätze angepasst werden. So erhält beispielsweise ein Heimbewohner in Pflegestufe I ab 2015 ganze 1064 statt 1023 Euro im Monat. Auch sollen Leistungen für altersgerechte Umbaumaßnahmen oder für Demenzkranke angehoben werden. Zudem soll die Zahl der Betreuungskräfte im Pflegebereich aufgestockt werden, so dass künftig auf eine Betreuungskraft offiziell nur noch 20 statt wie bisher 24 Heimbewohner kommen.

Das letzte Drittel der Beitragserhöhung will Gröhe hingegen zurücklegen. Es soll erst dann angetastet werden, wenn die Vertreter der geburtenstarken Jahrgänge, die in den 1960er geboren wurden, in die Pflegebedürftigkeit kommen. Damit dann der Beitragssatz für die Pflegeversicherung aufgrund der steigenden Zahl der Pflegebedürftigen nicht explodiert, sollen die bis dann angesparten Milliarden langsam aufgebraucht werden.

Damit der als „Sondervermögen“ deklarierte Vorsorgefonds, der von der Bundesbank verwaltet werden soll und in den dann pro Jahr etwa 1,2 Milliarden Euro fließen sollen, nicht kurzfristigen Interessen künftiger Bundesregierungen geopfert wird, sieht Gröhe Regeln für die Verwendung der Gelder vor. So darf das Geld vor 2035 nicht angetastet werden. Wird es ab dann verwendet, dann nur, um eine Beitragserhöhung zu verhindern und dann nicht mehr als den 20. Teil des Sondervermögens, so dass dieses auf jeden Fall bis 2055 existiert. Für diese Zeit wird erwartet, dass sich die demografische Lage in Deutschland entspannt, da dann ein Großteil der geburtenstarken Jahrgänge verstorben sein dürften.

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn, lobt Gröhes Vorschlag als „ein neues Kapitel des Generationsvertrages“. Nun darf man gespannt sein, ob seine Partei ihn das auch schreiben lässt. Bel


MELDUNGEN

Über 30000 Nachzüge

Berlin – Im letzen Jahr sind 32777 Visa zum Ehegattennachzug vergeben worden. Damit hat sich die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um 2,92 Prozent erhöht. Diese Zahlen gingen aus einer Anfrage der Partei „Die Linke“ an den Bundestag hervor. Mit 5360 Personen kamen die meisten aus der Türkei, doch im Vergleich zum Vorjahr waren es 329 weniger. Mit jeweils über 2000 Nachzügen folgen Partner aus Indien, der Russischen Föderation und dem Kosovo. Voraussetzung für den Nachzug ist das Bestehen eines Sprachtests. 2013 bestanden diesen 67 Prozent der 39215 Teilnehmer. Allerdings können auch Partner, die den Sprachtest nicht bestehen, nachziehen, wenn beispielsweise das Paar gemeinsame Kinder besitzt oder dem Partner Gefahr an seinem Aufenthaltsort droht. L.S.

 

CDU will Richter zügeln

Berlin – In der CDU wächst der Unmut über vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gefällte Urteile. Auf Einladung von Innenminister Thomas de Maizière traf man sich zum Gespräch. Anlass war der Unmut in der Union über die von Karlsruhe gekippte Dreiprozenthürde bei der EU-Wahl. Zudem gab es bereits zuvor andere Urteile, die der Politik nicht gefielen. Überlegt wird innerhalb der CDU, die Amtszeit der Richter, die aus Gründen der Unabhängigkeit zwölf Jahre beträgt, zu verkürzen. Bisher werden die Verfassungsrichter mit Zweidrittelmehrheit vom Bundestags-Wahlausschuss und vom Bundesrat gewählt, doch selbst der Umstand, dass ehemalige Minister nach Karlsruhe berufen wurden, sicherte nicht deren Loyalität gegenüber der Politik. Justizminister Heiko Maas (SPD) lehnt jedoch jegliche Änderungen am jetzigen System ab. Bel


S. 6 Ausland

Mehr Einfluss, weniger Gesinnung
Österreich: FPÖ trennt sich von Partei-Urgestein Andreas Mölzer – Seine Provokationen gingen vielen zu weit

Beobachter des politischen Geschehens in Österreich haben in diesen Tagen eine Art Déjà-vu-Erlebnis. So, wie Andreas Mölzer einst Jörg Haider aus der FPÖ gedrängt hat, ergeht es nun ihm.

In der vergangenen Wochen beriet die Freiheitliche Partei Österreich (FPÖ) über das Schicksal des EU-Abgeordneten Andreas Mölzer. Der 61-Jährige ist ein Urgestein des Dritten Lagers, der traditionell deutschnationalen und nationalliberalen Wählerschaft. Ein intelligenter Zeitgenosse, ein glänzender Redner, aber auch ein unkontrollierbarer Provokateur. Der Aufstieg Jörg Haiders an die Spitze der FPÖ wäre ohne die Hilfe des Kärntner Publizisten nicht möglich gewesen. Und auch das Ende der FPÖ-Karriere Haiders leitete Mölzer ein. 2004 mobilisierte das Dritte Lager bei der EU-Wahl mit einer Vorzugsstimmenkampagne so stark für Mölzer, dass dieser das einzige FPÖ-Mandat ergatterte. Der von Haider auserkorene, dem liberalen Parteiflügel zugehörige Hans Kronberger ging leer aus. Für den damaligen Kärntner Landeshauptmann, der 2008 ums Leben kam, war der Bogen damit überspannt. Mit seiner Spitzenmannschaft spaltete sich Haider von der FPÖ ab, rief das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) ins Leben und schaffte kurz vor seinem Tod ein beachtliches Konzept. Die FPÖ, die er aus dem Fünf-Prozent-Ghetto bis in die Bundesregierung geführt hatte, ließ er in einem desolaten Zustand zurück.

In dieser Situation übernahmen die Altvorderen des Dritten Lagers die Partei, sprich langjährige Funktionäre, die meist aus dem Dunstkreis studentischer Verbindungen stammten. Sie erkorenen den jungen Wiener Landespolitiker Heinz-Christian Strache zum neuen Parteichef. Dem gelernten Zahntechniker haftete zwar der Makel an, kein Akademiker zu sein, aber immerhin war er als Mitglied einer Schülerverbindung ideologisch auf Kurs.

Doch im Jahr 2014 befindet sich die FPÖ nun in einer Phase, die sie schon unter Haider erlebte. Der anfangs belächelte Strache hat sich zu einem eloquenten Oppositionsführer gemausert und hat bewiesen, dass er auf Bundesebene Ergebnisse im „Haider-Bereich“ erzielen kann.

Doch vielen in der Alpenrepublik ist die Partei immer noch suspekt, der große Einfluss von Burschenschaftern wird kritisiert, zudem hat der ein oder andere Funktionär in der Vergangenheit verbal über das Ziel hinausgeschossen. Zuletzt eben jener Andreas Mölzer, der bis Mitte der vergangenen Woche offizieller Spitzenkandidat der FPÖ zur EU-Wahl im Mai war. Der 61-Jährige hatte den Bogen sprichwörtlich überspannt, die EU mit dem Dritten Reich verglichen sowie von einem „Negerkonglomerat“ gesprochen. Und in der Wochenzeitung „Zur Zeit“, die von ihm herausgegeben wird, war vom „pechrabenschwarzen“ Fußballer David Alaba die Rede gewesen.

In der Partei war Mölzer („Der einzige Vertreter des rechtsintellektuellen Lagers bin ich.“) zuletzt vielen auf die Nerven gegangen. Und auch innerhalb der EU-kritischen Rechtsparteien, die der Kärntner unbedingt vereinen wollte, war der Widerstand gegen ihn gewachsen. Selbst Marine Le Pen, die drauf und dran ist, ihren Front National in Frankreich salonfähig zu machen, soll bei Parteichef Strache gebeten haben, dieser möge ihren Straßburger Parlamentskollegen mäßigen.

Nun kündigte Mölzer nach einem Vieraugengespräch in der vergangenen Woche schließlich nicht nur seinen Verzicht auf eine neuerliche Kandidatur für das EU-Parlament an, sondern auch gleich seinen kompletten Rückzug aus der Politik. Strache sagte anschließend, die „Summe der Aussagen“ von Mölzer sei „nicht tragbar“ gewesen, „der Rückzug Andreas Mölzers war für die Partei ein wichtiger Schritt“. Neben dem ehemaligen Abgeordneten Werner Königshofer und dem früheren Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf hat Strache damit innerhalb kurzer Zeit bereits den dritten Wortführer des rechten Flügels kaltgestellt.

Kenner der österreichischen Szene sehen für die FPÖ keine großen Probleme durch die Affäre. Der Meinungsforscher Peter Hajek sagte den „Nachrichten“, Mölzers Rückzug könne sich „zwar demotivierend auf das nationale Lager auswirken“. Selbst in der FPÖ mache diese Wählergruppe aber „nicht mehr als zehn Prozent aus“. Ein Erfolg bei der EU-Wahl sei für Strache ohnehin nicht so wichtig. Viel interessanter sei das innenpolitische Zeichen.

Passend zu der Affäre hatte sich Strache in der vergangenen Woche eindeutig von „rassistischen, rechtsextremen und neonazistischen Tendenzen“ distanziert. „Für diese Positionen gibt es in der FPÖ keinen Platz.“ Einen Putsch des Dritten Lagers muss er dabei nicht fürchten. Denn selbst bei den vielen Aktivisten aus dem Burschenschafter-Milieu wächst die Lust auf die Macht. „Immer nur Opposition ist langweilig. Wir wollen gestalten und im Sinne Österreichs handeln“, sagte ein junger Wiener Funktionär dieser Zeitung. Mölzer sah dies stets anders. „Lieber ein paar Prozent weniger, dafür feste Gesinnung“, lautet sein Credo. Peter Entinger


Ratlos wegen Roma
Prag: Romani als Unterrichtssprache?

Ganze 18772 Menschen wollten bei der tschechischen Volkszählung 2011 Deutsche sein, nur 13772 Roma. Dass es in der Republik Tschechien nur wenige Deutsche gibt, trifft zu, Roma hingegen müsste es eigentlich mehr als 300000 geben. Beide Volksgruppen sind schicksalhaft verbunden, denn die Roma leben zumeist im Norden Böhmens (24 Prozent) und Mährens (20 Prozent), von wo nach 1945 Millionen Deutsche vertrieben wurden. So sagt es die tschechische Zigeunerforschung, die in ständigen Umfragen belegt, dass 67 bis 73 Prozent der Tschechen ein „negatives Verhältnis zu Roma“ haben, weswegen immer mehr Betroffene es vorziehen, „Cikáni“ statt „Romove“ zu sein, denn erstere sind „anständig“, letztere „nicht integrierbar“.

Derartige Stimmungslagen sind innenpolitisch gefährlich, außenpolitisch abträglich. Ein Wandel muss her, beginnend in Grundschulen, wo Roma-Kinder größere Teile des Lehrplans in ihrer Sprache Romani lernen sollen. So will es zumindest Anna Putnová, Abgeordnete der früheren Regierungspartei TOP09, die im Okto-ber 2013 abgewählt wurde. Da viele Zigeunerkinder nur unregelmäßig die Schule besuchen, die meisten keinen Abschluss machen, hofft die im Schulausschuss des tschechischen Parlament sitzende Putnová mit Romani als Unterrichssprache zu bewirken, dass die Kinder eine positivere Beziehung zur Schule aufbauen. In Nordmähren, wo viele Polen leben, würde an tschechischen Schulen auch in Polnisch gelehrt, warum also nicht in Romani in Roma-Gebieten?

Erstaunlicherweise sprechen sich gerade die Roma dagegen aus. Romani als Unterrichtssprache sei angesichts der vielen Dialekte nicht umsetzbar, würde auch Schulklassen noch stärker in Roma und Nicht-Roma spalten. Romaeltern drohen damit, ihre Kinder auf andere Schulen zu schicken, sollte es zu einem Unterricht in Romani kommen.

Putnovas Vorschlag ist „Unsinn“, meinen viele Roma. „Wenn schon Sprachunterricht, dann lieber Englisch oder Deutsch, womit bessere Jobs zu bekommen sind“, so Interessenvertreter. Gabriela Hrabanova, Roma-Beauftragte der Prager Regierung, plädiert für mehr „Roma-Assistenten“ an den Schulen, die Roma-Kinder besseres Tschechisch lehrten. W.O.


Für Obama wird es eng
Kongress-Wahlen in den USA: Republikaner starten finanziell gut gerüstet in den Wahlkampf

Die US-Amerikaner befinden sich schon wieder mitten in einem aufregenden Wahljahr. 33 Sitze im US-Senat müssen am 4. November neu besetzt werden, zudem alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus. Da die Demokraten 2010 die Mehrheit im Haus verloren haben und im Senat auch nur mit zehn Sitzen führen, läuft der Kampf um den Kongress schon auf vollen Touren.

Für Aufregung sorgte nun der Oberste US-Gerichtshof in Wa-shington mit seiner Entscheidung, die seit rund 40 Jahren bestehende Begrenzung von direkten Parteispenden durch individuelle Spender aufzuheben. Diese betrug bisher nicht mehr als 5200 US-Dollar für einen einzelnen Kongress-Kandidaten und 123200 US-Dollar insgesamt pro Wahljahr. Bereits 2010 war die Begrenzung für Unternehmen und Gewerkschaften aufgehoben worden, was unter anderem zur Sammlung von Spenden zur Bildung der sogenannten Political Action Committees (Pac) geführt hatte, in die Millionen an Wahlkampfhilfen fließen konnten. Einem Antrag des „Nationalen Komitees der Republikaner“ folgend setzte sich jetzt die Mehrheit der konservativen, zum Teil noch von Georg W. Bush eingesetzten Obersten Richter mit fünf gegen vier Stimmen durch und erklärte das Spendenlimit nun auch für private Geldgeber für verfassungswidrig.

Das ist im Hinblick auf die Präsidentschaftswahl 2016 von besonderer Bedeutung. Alle politischen Aktionen in diesem Jahr sind bereits Vorspiel für den dann ausbrechenden Kampf um das Weiße Haus. So wurde vor Kurzem ein Super-Pac für Hillary Clinton namens „Ready for Hillary“ gegründet, obwohl diese wie der bei den Republikanern als Spitzenkandidat gehandelte Jeb Bush ihren Willen zu kandidieren noch gar nicht kundgetan hat.

Die einflussreichsten Großspender für die Republikaner sind neben dem Milliardär Sheldon Adelson von der „Republican Jewish Coalition“ die Koch-Brüder. „Koch Industries“ ist der zweitgrößte im Privatbesitz befindliche Konzern in den Vereinigten Staaten, und auf der Forbes-Liste der reichsten Leute der Welt rangieren David und Charles Koch als Nummer sechs und sieben. In den letzten Jahren haben die Kochs mit zunehmender Aggressivität versucht, Einfluss auf die US-Politik zu nehmen. Zumeist eher im Verborgenen durch ein Netzwerk politischer Vereine, allen voran „American for Prosperity“ („Amerikaner für Wohlstand“). Sie gehörten zu den ersten massiven Unterstützern der Tea-Party-Bewegung, die sich mit den Koch-Millionen landesweit ausbreitete. Allein in diesem Jahr hat „Koch Industries“ bereits 2,4 Millionen US-Dollar an Kandidaten sowie ihre Kampagnen gegeben und „Americans for Prosperity“ über 30 Millionen. Dies ist ein Vielfaches von dem aller anderen politischen Gruppen inklusive der Pacs. Eine Übernahme von Senat und Repräsentantenhaus im November wäre der Traum für die „Grand Old Party“ (GOP), wie die Republikaner auch genannt werden, und eine vernichtende Niederlage für die Demokraten, an der GOP-Stars wie der Kongress-Abgeordnete Paul Ryan (Wisconsin) und Kentuckys Senator Rand Paul arbeiten.

Die Demokraten unter Führung des Senats-Sprechers Harry Reid starten jedoch zum Gegenangriff. Sie versuchen, die getarnten wie offenen Machenschaften der Koch-Brüder als „moderne Kochtopia“ zu entlarven, nach der die Republikaner „süchtig“ seien. „Sie wollen Amerika kaufen“, so Reid. Al Franken, Senator von Minnesota, erfand das Wort „Kochtopia“ als Inbegriff für ein „riesiges geheimes Netz von Interessengruppen, mit denen die Kochs dunkles Geld über Amerika verteilen“. Die Hiebe sitzen. Die Brüder beklagen sich über Rufmord.

Interessant ist, welche Rolle die Tea Party spielen wird, die in letzter Zeit eine Niederlage nach der anderen einstecken musste, oft sogar von Seiten der Republikaner. So scheiterte ihr Versuch, die von beiden Parteien beschlossene Erhöhung der Schuldengrenze zu blockieren. Ihr Kampf gegen die Gesundheitsreform Obamacare war auch wirkungslos. In der Folge sank die Zustimmung für die Tea Party und diverse Experten in Wa-shington sagen die Gruppierung bereits tot. Doch Floridas Senator Marco Rubio, dessen Wahlsieg 2010 zu einem Triumph der Tea Party wurde, erklärte: „Die Tea Party ist nach wie vor eine bedeutsame und vibrierende Bewegung. Aber sie beginnt schon, an ein Amerika nach Obama zu denken.“ Amy Kremer, Präsidentin der größten Unterorganisation „Tea Party Express“, betont, dass sie nicht mehr „wild protestierend durch die Straßen rennen“, sondern strategisch daran arbeiten, Kandidaten zur Wahl zu verhelfen. Doch sieht die Parteispitze der Republikaner in der radikalen Kompromisslosigkeit der Tea Party auch eine Gefahr, die sie einen Wahlsieg kosten könnte. Liselotte Millauer


MELDUNGEN

Libyen: Lage weiter instabil

Tripolis – Libyen steht nun erneut ohne Übergangspremier da. Da seine Familie am vergangenen Wochenende von Milizen bedroht worden war, trat Abdullah al-Thinni von seinem gerade erst erlangten Posten zurück. Nachdem sein Vorgänger vor wenigen Wochen durch ein Misstrauensvotum vom Parlament gestürzt worden war, sollte nun der Ex-Verteidigungsminister die im Sommer anstehende Parlamentswahl vorbereiten. Libyens Verfassungsgebende Versammlung musste erneut ihre erste Sitzung vertagen, da das Land ohne amtierenden Premier ist. Seit dem Sturz von Machthaber Muammar Gaddhafi ist die Lage in Libyen instabil. Bel

 

Ermittlungen gegen Gorbi

Moskau – Fünf Abgeordnete der Staatsduma haben nach Informationen der US-amerikanischen Tageszeitung „New York Times“ den russischen Generalstaatsanwalt aufgefordert, gegen den früheren sowjetischen Staatspräsidenten Michael Gorbatschow ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren zu eröffnen. Gegenstand des Verfahrens soll die Auflösung der Sowjetunion 1991 sein. Die Parlamentarier werfen Gorbatschow vor, damals kein Referendum darüber durchgeführt zu haben, bei dem sich ihrer Meinung nach eine deutliche Mehrheit für den Fortbestand der UdSSR ausgesprochen hätte. Ferner halten sie die von Gorbatschow betriebene Unabhängigkeit Estlands, Lettlands und Litauens für illegal. Der 83-jährige Gorbatschow wirft den damals einflussreichen Kreisen Russlands, Weißrusslands und der Ukraine vor, den Zerfall der Sowjetunion herbeigeführt zu haben. Er hat erklärt, mit dem Generalstaatsanwalt kooperieren zu wollen. J.H.


S. 7 Wirtschaft

Vom Markt abkoppeln
Paris scheut den internationalen Wettbewerb und die daraus resultierenden Härten – EU und EZB sollen helfen

Frankreich ist auf dem besten Wege, zum eigentlichen Epizentrum der Euro-Krise zu werden. Dessen ungeachtet plant man in Paris sogar, die Kontrolle über die Euro-Zone zu übernehmen.

Nur wenige Wochen nachdem die regierenden Sozialisten bei den Kommunalwahlen eine schwere Niederlage erlitten hatten, haben die Franzosen Präsident François Hollande die nächste kalte Dusche verpasst. Bei einer Umfrage des „Journal du dimanche“ erhielt Hollande nur noch 18 Prozent Zustimmung – ein historischer Minusrekord.

Inzwischen gilt der neu ernannte Regierungschef Manuel Valls als letzte Trumpfkarte Hollandes, um noch einen politischen Durchmarsch der Front National (FN) zu verhindern. Valls wird dem rechten Flügel der Parti socialiste zugerechnet. Im Jahr 2005 hatte er ganz offen für eine Ablehnung der EU-Verfassung getrommelt, obendrein gilt Valls als Euro-Skeptiker.

Trotzdem ist fraglich, ob seine Berufung noch verhindern kann, dass der FN bei der EU-Wahl zur stärksten Partei Frankreichs wird. Valls Spielraum ist eng. Einiges spricht sogar dafür, dass seine Ernennung nur bemänteln soll, dass sich an der Politik von Präsident Hollande nichts Grundlegendes ändern wird. So steht ernsthaften Reformen der zunehmend ungeduldig werdende linke Flügel der Sozialisten entgegen. Valls war gerade einmal zwei Wochen im Amt, da gingen in Paris bereits zehntausende Linke gegen den Sparkurs des neuen Premiers auf die Straße.

Als eigentlicher Gewinner der Regierungsumbildung kann ohnehin der Parteilinke Arnaud Montebourg gelten. Bisher nur Minister für Reindustrialisierung wurde er zum Minister für Wirtschaft, Industrie und Informationstechnik befördert. Montebourgs Machtzuwachs deutet wahrscheinlich verlässlicher als das „bürgerliche“ Aushängeschild Manuel Valls an, was bei Frankreichs sozialistischem Präsidenten tatsächlich auf dem Programm steht. So ist mit Montebourg in Frankreich unversehens das Thema Unternehmensverstaatlichung wieder auf die Tagesordnung gerückt. Zusammen mit dem chinesischen Unternehmen Dongfeng will der französische Staat bei dem angeschlagenen Autobauer „PSA Peugeot Citroën“ das Ruder übernehmen. Die Teilverstaatlichung sei ein Akt industriellen Patriotismus, so Montebourg. Bereits seit Längerem trommelt der neue Wirtschaftsminister dafür, den Euro künstlich zu schwächen, in eine Weichwährung zu verwandeln. „Wir haben die Zone mit der größten wirtschaftlichen Depression der Welt und die am höchsten bewertete Währung. Diese Situation ist grotesk“, so Montebourg.

Derartige Forderungen könnten nach der EU-Wahl zügig Realität werden. Nicht nur in Rom und Madrid wird Paris schnell Verbündete für einen schwachen Euro und für eine weitere Entmachtung der Bundesbank finden. Ins Bild passt, dass man im Élysée-Palast anscheinend sogar plant, komplett die Kontrolle über das Euro-System an sich zu reißen. Nach den Vorstellungen der französischen Regierung soll es in Brüssel künftig ein Super-EU-Wirtschaftskommissariat mit weitreichenden Kompetenzen geben, geführt natürlich von einem Franzosen. Wie die deutsche „Wirtschaftswoche“ berichtet, will Paris dafür den jetzigen Finanzminister Pierre Moscovici ins Rennen schicken. Gelingt der Coup, dürfte zusammen mit der EU-Bankenunion, bei der sich immer stärker französische Vorstellung wie eine gemeinsame Einlagenhaftung durchsetzen, der Weg in eine Transfer- und Haftungsunion vorgezeichnet sein.

Noch eher droht jedoch die französische Forderung nach einem künstlich geschwächten Euro Realität zu werden. Sowohl Internationaler Währungsfonds (IWF) als auch EZB trommeln inzwischen ganz offen für ein Anwerfen der Druckerpresse. Bereits seit Monaten warnt etwa Frankreichs ehemalige Wirtschafts- und Finanzministerin und heutige IWF-Chefin Christine Lagarde vor einer drohenden Deflation, also einer abnehmenden Geldmenge und sinkenden Verbraucherpreisen. „Wenn die Inflation der Geist aus der Flasche ist, dann ist die Deflation das Ungeheuer, das entschieden bekämpft werden muss“, so Lagarde bereits im Januar.

Nachdem im März der Preisauftrieb in der Euro-Zone zur Freude der Verbraucher im Schnitt nur 0,5 Prozent betragen hatte, wurde von EZB-Chef Mario Draghi inzwischen das Stichwort von der drohenden Deflation aufgenommen. Die EZB prüfe, „auch mit unkonventionellen Maßnahmen“ der zu langen Phase der zu niedrigen Inflationsrate Herr zu werden, so Draghi. Bestätigt ist inzwischen, dass man bei der EZB darüber nachdenkt, monatlich Staatsanleihen im Volumen von 80 Milliarden Euro aufzukaufen. Pro Jahr wären dies rund eine Billion Euro.

Sollten solche Pläne tatsächlich Realität werden, dann droht die EZB nicht nur endgültig zum ungesetzlichen Staatsfinanzierer, sondern auch zur Bad Bank der Euro-Zone zu werden, deren Bilanz vollgestopft ist mit maroden Staats- und Unternehmensanleihen. Nutznießer wäre nicht nur der französische Staat, der seine Anleihen loswürde, sondern auch Frankreichs Bankensektor könnte angesammelten Finanzmüll weiterreichen. Folgt die EZB dem Vorbild der „geldpolitischen Lockerung“ der US-Zentralbank, dann können sich auch Spekulanten wie George Soros freuen. Wie die „Wirtschaftswoche“ berichtet, soll Soros massiv in südeuropäische Staatsschuldtitel investiert haben. Springt die EZB als williger Abnehmer für die billig zusammengekauften Krisen-Anleihen ein, winken riesige Gewinne.

Norman Hanert


Machthebel Gaspreis
EU soll ukrainische Schulden bei Energieriesen Gazprom zahlen

Ganz gleich, wie der Konflikt in der Ukraine ausgehen wird, eines ist sicher: Die EU wird sich an der Tilgung der ukrainischen Gasschulden beteiligen müssen. Das hat Wladimir Putin in einem Brief an einige Regierungschefs der EU-Länder angedeutet.

Zurzeit hat die Ukraine Gasrechnungen in Höhe von 2,2 Milliarden Dollar offen, aber Moskau rechnet bislang gewährte Rabatte zurück und kommt so auf einen Schuldenberg von über 16 Milliarden Dollar. Gazprom nutzt den Konflikt als Druckmittel, um von der EU die Genehmigung für den Bau der Pipeline South Stream (zur Umgehung der Ukraine) über EU-Territorium zu erhalten. Seit der Inbetriebnahme der Nord-

stream-Pipeline hat Russland bereits ein Drittel weniger Gas über die Ukraine geliefert. Dennoch bleibt sie ein wichtiges Transitland für Gasexporte in den Westen.

Die Ukraine hatte von Russland Gasrabatte aufgrund eines 1997 geschlossenen Stationierungsabkommens der Schwarzmeerflotte in Sewastopol erhalten, und zwar nicht vom halbstaatlichen Energieriesen Gazprom, sondern die russische Regierung war für die Rabatte eingetreten. Zuletzt hatte sie 2010 mit dem russlandfreundlichen Präsidenten Viktor Janukowitsch einen Nachlass in Höhe von 30 Prozent vereinbart, verbunden mit der Verlängerung des Schwarzmeerflottenvertrags. Nach dem Krim-Referendum sind diese Verträge aus Moskauer Sicht hinfällig geworden.

Die EU sucht nach einer Antwort an Moskau. EU-Energiekommissar Günther Oettinger forciert den umgekehrten Gasstrom (Revers) in den bestehenden Pipelines. Den Revers-Mechanismus hat erstmals Tschechien angewandt, um 2009 während des damaligen Gaskonflikts die plötzlich unterversorgte Slowakei zu beliefern. Im vergangenen Jahr hat erstmals der deutsche RWE-Konzern 2,13 Milliarden Kubikmeter in die Ukraine geliefert. Gas aus Ungarn könnte folgen. Der größte Teil sollte aus der Slowakei kommen, doch nun beruft das Land sich auf die mit Gazprom geschlossenen Verträge, die der Slowakei ebenfalls Rabatte zusichern.

Die wirtschaftlich am Boden liegende Ukraine hat alle Zahlungen an Russland ausgesetzt und fordert neue Preisverhandlungen. Die drastische Preiserhöhung auf 485 Dollar pro tausend Kubikmeter Gas (Deutschland zahlt 382 Dollar) weist Jazenjuk als inakzeptabel zurück.

Am Rande des G20-Treffens in Washington äußerte der russische Finanzminister Siluanow gegen-über Finanzminister Wolfgang Schäuble, Moskau wolle helfen, den Gasstreit beizulegen, wenn der Westen und die ukrainischen Behörden Moskau entgegenkämen. Zu den Voraussetzungen zählten neben der Durchführung einer Verfassungsreform, baldige Präsidentenwahlen und die Bildung einer neuen Regierung die Anerkennung des neuen Status der Krim sowie die Lösung des Konfliktes in der Ostukraine.

Zunächst wird der Internationale Währungsfonds (IWF) mit 18 Milliarden Dollar einspringen. Oettinger schränkte ein, die EU-Bürger würden nur für einen Teil der ukrainischen Gasschulden aufkommen. M. Rosenthal-Kappi


Deutschland verliert Stimme
Ab 2015 bei der EZB geltende Rotation entmachtet Berlin weiter

Mehr Einfluss für das Land, das bei der Europäischen Zentralbank (EZB) und den Euro-Rettungspaketen das größte Haftungsrisiko trägt, so lautete eine Forderung, die im Zuge der Euro-Krise immer wieder zu hören war. In der Realität droht nun aber das genaue Gegenteil einzutreten. Deutschlands Mitspracherecht bei der EZB wird in einigen Monaten sogar noch weiter beschnitten werden.

Wenn Litauen zum 1. Januar 2015 den Euro einführt, tritt eine Regelung in Kraft, die bereits 2004 unter dem damaligen EZB-Präsidenten Wim Duisenberg vereinbart wurde. Der Kern der Vereinbarung: Sobald der EZB-Rat mindestens 25 Mitglieder umfasst – 19 Vertreter nationaler Zentralbanken, den EZB-Präsidenten und fünf weitere ständige Mitglieder des EZB-Direktoriums – soll nach dem Rotationsprinzip jeweils eines der ständigen Mitglieder des EZB-Direktoriums sein Stimmrecht verlieren. Konkret wird damit der jeweilige Notenbank-Vertreter der fünf großen Euro-Länder Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Niederlande in jedem fünften Monat ohne Stimmrecht sein. Nachdem Estland 2011 und Lettland Anfang dieses Jahres den Euro eingeführt haben, wird mit Litauen die Euro-Zone Anfang des kommenden Jahres 19 Mitgliedsstaaten haben und damit die neue Stimmrechtsregelung in Kraft treten.

Wie die Entwicklung der letzten Jahre gezeigt hat, kann Deutschland bei der EZB schon bislang mühelos überstimmt werden. Mit der neuen Regelung dürfte die Marginalisierung des größten Haftungsträgers bei der EZB allerdings noch offensichtlicher werden.

Genauso trügerisch wie die Hoffnung auf eine Stimmverteilung bei der EZB, die sich nach dem jeweiligen Haftungsrisiko richtet, dürfte sich der Wunsch auf eine Demokratisierung der EU erweisen. Wenige Wochen vor den EU-Wahlen hat die Zeitschrift „EU-Observer“ auf eine verhängnisvolle Entwicklung aufmerksam gemacht, die unbemerkt von der Öffentlichkeit nun bereits mehrere Jahre anhält. Im Gesetzgebungsverfahren der EU hat die Bedeutung informeller Zusammenkünfte, sogenannter „Trilog“-Treffen, drastisch zugenommen. Ursprünglich nur dazu gedacht, Patt-Situationen zwischen EU-Rat und EU-Parlament aufzulösen, werden in dem Schattengremium immer öfter wichtige Entscheidungen getroffen.

Welch Karriere das ursprünglich als Vermittlungsausschuss geplante informelle Instrument hingelegt hat, machen Zahlen des „EU-Observer“ deutlich. In der Legislaturperiode des EU-Parlaments von 1999 bis 2004 wurden nur 89 von 403 beschlossenen Gesetzen bereits nach der ersten Lesung beschlossen. Mit anderen Worten: Im EU-Parlament kamen Gesetze im Normalfall erst nach mehrfacher Lesung und Debatte zustande. Inzwischen werden aber rund 80 Prozent der EU-Gesetze bereits in der ersten Lesung beschlossen. Der Hauptgrund liegt in der Zunahme der informellen „Trilog“-Treffen zwischen handverlesenen Vertretern der EU-Kommission, des EU-Rats sowie ausgewählten Spitzenparlamentariern. Vorbei an EU-Parlament und Öffentlichkeit werden so schon in der Frühphase der Gesetzgebung in Brüsseler Hinterzimmern die Weichen gestellt. N.H.


MELDUNGEN

EEG: Volle Kosten verschwiegen

Berlin – Laut „Spiegel“ verschweigen Bund und Länder die wahren Kosten der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. So wurden bisher nur die Kostensteigerungen in dieser Legislaturperiode ge-nannt. Das Wirtschaftsministerium geht aber davon aus, dass es ab 2017 zu einer drastischeren Erhöhung der EEG-Umlage kommen wird. Bel

 

Kurzsichtiger Gewinnrausch

New York – Obwohl die 100 größten börsennotierten US-Unternehmen 2013 traumhafte Gewinne einfuhren, die um 21,5 Prozent höher lagen als im Vorjahr, wie die in den letzten Wochen präsentierten Bilanzen zeigen, will bei Investoren keine Freude aufkommen. Der Vermögensverwalter Blackrock moniert, dass Investitionen in Menschen, Maschinen und Produkte zurückgestellt wurden. Einige Großkonzerne entließen sogar trotz guter Gewinne Mitarbeiter, die meisten stellten kaum neu ein. Für die US-Wirtschaft, die extrem abhängig vom Konsum der Bürger ist, ist dies mittelfristig bis langfristig ein schlechtes Zeichen. Bel

 

Irland setzt auf Steuerdumping

Dublin – Nachdem der Weatherford-Konzern seine erst im Jahr 2008 in Genf und Zug eingerichteten Standorte nach Irland verlegt, hofft die irische Agentur für Standortförderung (IDA) darauf, noch weitere Unternehmen abwerben zu können. Nach Angaben der irischen Agentur habe man Schweizer Unternehmen aus der Finanz- sowie der Pharma-, Chemie- und Nahrungsmittelbranche im Visier. Nach Angaben der Züricher „Handelszeitung“ betragen die irischen Unternehmenssteuersätze nur 12,5 Prozent, während in der Schweiz 21 Prozent fällig sind. N.H.


S. 8 Forum

Tasse mit Sprung
von Jan Heitmann

Aus der unter Bevölkerungsschwund und hoher Arbeitslosigkeit leidenden Ruhrgebietsstadt Herne gibt es selten Erheiterndes zu berichten. Nun hat eine auch hier ansässige Möbelhaus­kette mit dem Verkauf einer besonders hübschen Tasse für Furore gesorgt. Neben einer zarten Rose, Gedichtzeilen in filigraner Schreibschrift und lieblichem Ornamentschmuck ziert eine in blassem Druck gehaltene Briefmarke mit dem Konterfei Adolf Hitlers nebst Poststempel und Hakenkreuz das in 5000 Exemplaren georderte Porzellan. In China, wo die Tassen produziert wurden, scheint man entweder in Weltgeschichte nicht sehr bewandert zu sein oder tatsächlich zu glauben, den Deutschen mit diesem ungewöhnlichen Schaustück eine besondere Freude bereiten zu können. Bemerkenswert: Wochenlang ist das hierzulande nicht mehr zeitgemäße Dekorelement weder den Mitarbeitern noch den Kunden des Möbelhauses aufgefallen.

Was im SPD-geführten Herne dagegen sofort bemerkt wurde, ist die Tatsache, dass der Front National in Hernes nordfranzösischer Partnerstadt Hénin-Beau­mont bei den Kommunalwahlen die absolute Mehrheit erreichte. Die im ersten Eifer erhobene Forderung, die Partnerschaft sofort zu beenden, weist Bürgermeister Horst Schiereck zwar zurück, doch soll sich Ende des Monats der Herner Ältestenrat mit dem „Rechtsruck“ in Hénin-Beaumont beschäftigen. Es wird erwartet, dass er zumindest eine deutliche Reduzierung der offiziellen Kontakte vorschlagen wird.

Hénin-Beaumont liegt inmitten der Schlachtfelder des Ersten Weltkrieges, der nach allgemeiner Lesart durch übersteigerten Chauvinismus und Nationalismus entfacht wurde. Um zu verhindern, dass derartige Weltanschauungen je wieder die Völker entzweien, haben viele deutsche Kommunen in den vergangenen 65 Jahren Partnerschaften mit Orten in den ehemaligen Feindstaaten ins Leben gerufen. Auf ihrer Internetseite lobt sich die Stadt Herne dafür, im Jahre 1954 mit der Begründung der Städtepartnerschaft eine „Vorreiterrolle in der Versöhnung zwischen Deutschen und Franzosen“ gespielt zu haben. So weit, so gut. Wenn aber der Front National, dem gern eine chauvinistische und nationalistische Einstellung nachgesagt wird, so verwerflich und gefährlich ist, müssten die Herner die Bande zu den Menschen in ihrer Partnerstadt eigentlich gerade noch enger knüpfen, um schlimmen Entwicklungen entgegenzuwirken. Andernfalls müssen sie sich fragen lassen, was eine Partnerschaft mit ihnen überhaupt wert ist.

Ob sich Bürgermeister Schiereck bei all der Aufregung erst einmal einen ordentlichen Schluck Kaffee genehmigt hat, ist unbekannt. Hoffentlich war es nicht aus einer „Hitler-Tasse“. Übrigens, wer eine solche für 1,99 Euro erstanden hat, kann jetzt ein gutes Geschäft machen, denn die Möbelhauskette bietet jedem einen Warengutschein im Wert von 20 Euro an, der die Tasse zurückgibt, damit sie vernichtet werden kann. Und die Tassen, die überlebt haben, dürften demnächst im Internet für noch viel mehr Geld dankbare Käufer finden. Das Haus der Geschichte in Bonn hat sich bereits um ein Exemplar bemüht.


Die alten Gespenster
von Hans Heckel

Auf den ersten Blick einfach lächerlich: Ein Journalist hat die Firma Manufactum, einen Vertreiber von Gebrauchsgegenständen der höheren Preisklasse, öffentlich aufgefordert, sich von ihrem Gründer und ehemaligen Eigentümer Thomas Hoof zu di-stanzieren. Die gleiche Forderung erging an die Manufactum-Muttergesellschaft, den Versandhausriesen Otto.

Grund: Hoof, der Manufactum schon 2008 an Otto verkauft hatte, sei über seinen Verlag Manu-scriptum der Verleger von Akif Pirinçcis Buch „Deutschland von Sinnen“ (siehe PAZ 15/2014). Manufactum kam der Aufforderungen pflichtschuldigst nach, distanzierte sich tatsächlich öffentlich von einem Mann, der vor Jahren einmal Eigner des Unternehmens war und seit 2008 schon nichts mehr mit dem diesem zu tun hat, weil er heute ein missliebiges Buch verlegt.

Der Denunzianten-Eifer des Journalisten und die Beflissenheit von Manufactum sind bloß abstoßend. Alarmierend aber ist der Geist, besser: der finstere Ungeist, der aus diesem Vorgang spricht und der sich offenbar immer mehr in Deutschland (wieder) breitmacht. Es ist der Ungeist des totalitären Denkens.

Totalitäre Regime sind eine Steigerungsform der autoritären Systeme. Beiden gemein ist, dass sie keinen Widerspruch, keine offene Abweichung von der von ihnen befohlenen Linie zulassen wollen. In lediglich autoritären Staaten wie etwa Francos Spanien aber genügte es, sich aus der Politik herauszuhalten. Für einen freiheitlich Gesinnten allein schon eine Zumutung, aber wer sich daran hielt, konnte einigermaßen ungestört leben.

Totalitäre Systeme gehen sehr viel weiter, sie nötigen den Bürgern Zustimmung ab, drängen sie zum öffentlichen Bekenntnis zur offiziellen Linie der „Partei“ wie etwa in der DDR, wo Betriebsangehörige vor der laufenden Kamera ermüdende Lobeshymnen auf das SED-Regime abzusondern hatten.

Diesen Geist atmet die Aktion des Journalisten gegen Manufactum. Obwohl der Betrieb völlig unpolitisch ist, nötigte ihm der Journalist das Bekenntnis ab, auf der „richtigen“ Seite zu stehen. Vorwand: der längst ausgeschiedene Ex-Eigner.

Genau dies ist die Methode des Totalitarismus: Jeder soll jederzeit aus noch so nichtigem, noch so konstruiertem Anlass gezwungen werden können, sich öffentlich zur gewünschten Linie zu „bekennen“.

Es ist erschreckend, dass nach all den furchtbaren Erfahrungen des 20. Jahrhunderts der Ungeist, der aus solchen Übergriffen steigt, kaum erkannt und schon gar nicht angemessen bloßgestellt und angeprangert wird. Vielmehr scheint es, als werde hier eine Richtung vorgegeben, in die es fortan gehen soll. Alte Gespenster kehren zurück.


Gastkommentar
Die deutsche Sprache, das einende Band
von Hans-Jürgen Mahlitz

Die Deutschen – das Volk der Dichter und Denker. Goethe und Schiller, Kant und Hegel, Luther und Grimm, Humboldt und Einstein: große Deutsche, auf die wir zu Recht stolz sind. Sie haben in aller Welt Kunst, Philosophie, Religion und Wissenschaft maßgeblich geprägt.

Und sie alle verbindet eines: die gemeinsame Sprache. Über einen Zeitraum von 1200 (zwölfhundert, nicht nur zwölf!) Jahren war sie das stärkste Band der nationalen Identität. Deutscher war, wer Deutsch sprach.

Kein Geringerer als Karl der Große hatte den Begriff eingeführt. Dem Reichsgründer war es, wie Notker von St. Gallen in seinem 883 erschienenen Werk „Gesta Karoli Magni“ berichtet, wichtig, für die ostfränkischen Sprachen und Dialekte einen Sammelbegriff zu schaffen, die „teutisca lingua“. Dieses lateinische Wort verballhornt das altgermanische „thiodisk“, was „zum Volke gehörig“ bedeutet.

Damit war ein bedeutsamer Bedeutungswandel vorgezeichnet. Schon im um 1080 veröffentlichten Annolied ist „deutsch“ weit mehr als die Bezeichnung einer Sprache: „Diutschin sprechin diutschin ­liute in diutischemi lande“ (Deutsch sprechen deutsche Leute in Deutschland).

Karls Reich zerfiel nach seinem Tod. Der ostfränkische Teil mutierte zum Heiligen Römischen Reich, später mit dem Zusatz „Deutscher Nation“, jedoch ohne die Attribute eines Nationalstaates. Die Klammer, die den sich heranbildenden machtpolitischen Flickenteppich zusammenhielt, war die Sprache.

Dass sie nicht ungezügelt und unreglementiert zerfledderte, ist vor allem zwei Männern zu danken: Johannes Gutenberg und Martin Luther. Der eine erfand um 1450 die Kunst des Buchdrucks und brachte als erstes Werk die Bibel in lateinischer Sprache unters Volk. Das aber war mehrheitlich des Lateinischen nicht mächtig.

Luther zog die richtige Konsequenz und übersetzte die Bibel ins Deutsche. Damit verhalf er nicht nur der Reformation einer in 1500 Jahren erstarrten und zum Ablasshandel verkommenen Kirche zu einer breiten öffentlichen Basis, sondern legte zugleich den Grundstein einer einheitlichen deutschen Schriftsprache.

Zwei Leistungen, die einander bedingten: Hätte das Volk nicht eine in seiner Sprache gedruckte Bibel in die Hand bekommen, hätten machtbesessene und geldgierige Kirchenfürsten Luthers theologische Erneuerung wohl leicht unterdrücken können. Und kein anderer Text als die fachkundig übersetzte Bibel hätte dem gerade erfundenen Buchdruck eine so rasante Verbreitung sichern können. Die deutsche Lutherbibel war – jüngeren Lesern sei es ins Laptop geschrieben – der Einstieg ins Informationszeitalter.

Pro forma gab es die Deutsche Nation als Namensgeber eines vorgeblich Heiligen Römischen Reiches, das aber weder heilig noch römisch noch ein Reich war, bis 1806. Das wirklich existierende Deutschland bestand aus über 30 Königreichen, Fürstentümern, Stadtstaaten und ähnlichem, alle auf strikte Souveränität bedacht, mit eigener Währung und eigenen Streitkräften.

Aber auch mit einer gemeinsamen Sprache: Deutsch. Es war die Sprache eines Volkes ohne eigenen, einheitlichen Staat. Und es war, ganz aktuell an der Schwelle vom 18. zum 19. Jahrhundert, die Sprache Goethes, Schillers und Kants. Weimar und Königsberg waren geistige Zentren, mehr als Berlin oder Wien.

Besonders aufmerksam, wenn auch nicht ohne Hintergedanken, beobachtete dies die französische Schriftstellerin Anne Louise Germaine de Staël. In ihrem bekanntesten Werk („De l’Allemagne“) beschreibt sie die Deutschen als „dichtende und denkende Menschen“. Diese Formulierung finden wir drei Jahrzehnte zuvor bei dem Schriftsteller und Märchenerzähler Karl August Musäus; weltweit populär wird sie aber erst durch die Französin.

Madame de Staël führt den lobenswert feinsinnigen Umgang der Deutschen mit der eigenen Sprache auch auf die Nicht­staatlichkeit zurück: Die „ausgezeichneten Männer Deutschlands“ seien eben nicht in ein und derselben Stadt versammelt; es gebe viele kulturelle Zentren und sogar „eine unbegränzte Preßfreiheit“ – ein deutlicher Seitenhieb gegen den von Madame anfangs unterstützten, später bekämpften Napoleon.

Doch das Urteil der ebenso streitbaren wie anlehnungsbedürftigen Autorin ist nicht frei von Kritik: Die deutschen Schriftsteller „beschäftigen sich nur mit Theorien, mit Gelehrsamkeit, mit literarischen und philosophischen Untersuchungen, und davon war für die Mächtigen dieser Welt nichts zu fürchten“.

In der Tat schien die Sprache in deutschen Landen quasi die Rolle einer Art Ersatz-Politik anzunehmen – ein Sprachraum, umgeben von mehr oder weniger mächtigen Nationalstaaten.

So sah das auch der Schriftsteller, Journalist und Literaturkritiker Wolfgang Menzel: „Das sinnige deutsche Volk liebt es zu denken und zu dichten. Was wir auch in der einen Hand haben mögen, in der anderen haben wir gewiß immer ein Buch.“ Ähnlich spottete auch der ansonsten von Menzel heftig befehdete Goethe: „Denn was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen“ (Faust I). Ein Jahrhundert später machte Karl Kraus aus den Dichtern und Denkern ein „Volk von Richtern und Henkern“. Dann wurde im Zuge einer Umerziehungspolitik nach zwei verlorenen Kriegen Deutsch vollends verengt zur „Sprache der Täter“ oder gar „Sprache der Mörder“. Und heute mokieren sich deutsche Bildungspolitiker, leider nicht zu Unrecht, über „Dichter, Denker, Schulversager“.

Solch kritische Worte über die Deutschen und ihre Sprache sind schmerzlich und manchmal auch übertrieben. Aber sie beschreiben eine Entwicklung, mit deren heutigem, hoffentlich nur vorläufigen Schlusspunkt wir keineswegs zufrieden sein können.

Erinnern wir uns: Es war die Sprache, die dieses Volk zusammenhielt und zu beständigen staatlichen Formen finden ließ. Dass es im 19. Jahrhundert zur Reichsgründung und schließlich zur heutigen staatlichen Ordnung im deutschen Sprachraum kommen konnte, war zu großen Teilen das Verdienst des Schriftstellers Hoffmann von Fallersleben. Daher ist die dritte Strophe seines Deutschlandliedes zu Recht unsere Nationalhymne (die anderen Strophen sind übrigens keineswegs „verboten“, wie uns übereifrige linke Ideologen weismachen wollen).

Die deutsche Sprache hat unser Volk länger als ein Jahrtausend zusammengehalten. Wenn wir heute beklagen, dass diese unsere Gesellschaft auseinanderdriftet und zu einer Ansammlung von Individuen, pardon: Singles entartet, die nichts miteinander zu tun haben wollen, dann hat das auch damit zu tun, was unserer Sprache angetan wird – von außen, aber auch von uns selbst.

Natürlich steckt hinter der anglo-amerikanischen Sprachüberfrachtung System: Wer die Sprache beherrscht, beherrscht das Denken, die Menschen, das ganze Land. Aber vor lauter Jammern über Anglizismen sollten wir nicht vergessen, wie viel davon uns aufgezwungen wurde und was wir uns freiwillig angeeignet haben. Das angeblich englische „Handy“, mit dem kein Engländer oder Amerikaner etwas anfangen kann, ist ein Beispiel von vielen.

Walter Krämer vom Verein Deutsche Sprache brachte es auf den Punkt: „Wer nichts zu sagen hat, sagt es auf Englisch“. Na also: Wenn wir – in der Politik, in der Wirtschaft, in der Kultur und im täglichen Leben – noch etwas zu sagen haben wollen, sagen wir es auf Deutsch!


S. 9 Kultur

Themse-Nebel am Rhein
Köln startet eine Reise ins »Shakespeare-Universum« − Großartige Schau zum 450. Geburtstag des Dichters

Zum 450. Geburtstag des großen Barden feiert Köln „A Party for Will“ − also eine Party für William Shakespeare. Dabei beschränkt man sich auf das Museum für Angewandte Kunst, wo das Nachleben des Dichters in einer Ausstellung beleuchtet wird.

Für viele ist er das Synonym für Theater schlechthin: William Shakespeare. Seine Figuren be­völkern auch nach über 400 Jahren die Bühnen auf allen Erdteilen. Von Hamlet, Romeo und Julia, Ophelia, König Lear, Othello oder Macbeth weiß man mehr, als über ihren Schöpfer. Denn keiner kennt die exakten biografischen Daten zu seiner Person. Das fängt schon mit dem Geburtstagsdatum an. Belegt ist lediglich, dass er am 26. April 1564 in der kleinen mittelenglischen Stadt Stratford-upon-Avon getauft wurde. Wahrscheinlich kam der Knabe ein paar Tage zuvor auf die Welt. Anglisten vermuten der Einfachheit halber, dass er am 23. April geboren wurde. „Der Einfachheit halber“ deshalb, weil Shakespeare – das weiß man genau − am 23. April 1616 starb, demnach also an seinem 52. Geburtstag.

Genauso ungenau ist das Wissen zu der Frage, ob Shakespeare tatsächlich all die Komödien, Dramen, Tragödien und Historien selbst geschrieben hat – war er doch ein Mensch ohne akademische Bildung, ohne Fremdsprachenkenntnisse und ohne jemals die Orte seiner Stücke in Griechenland, Italien, Dänemark und Frankreich gesehen zu haben.

So ranken zahlreiche Mythen um die Urheberschaft der Stücke Shakespeares. Immer wieder tauchten und tauchen in den vergangenen 400 Jahren Gerüchte und Vermutungen auf, dass jemand anderes der „wahre Shakespeare“ sei, aber – aus welchen Gründen auch immer – anonym bleiben wollte oder muss­te. Die meistgenannten Kandidaten als „wahrer Shakespeare“ sind Francis Bacon, Edward de Vere (Earl of Oxford), der 1604 starb, und Christopher Marlowe, ein damals sehr bekannter Stückeschreiber, der aber schon 1593 ums Leben kam. Sogar Königin Elisabeth I. oder Anne Hathaway, der Ehefrau Shake­speares, wird im­mer wieder mal die Urheberschaft der Bühnenstücke zugeschrieben, also zum Beispiel für „Hamlet“, den „Kaufmann von Venedig“, „Ein Sommernachtstraum“ oder „Wie es Euch gefällt“.

Die Kölner Ausstellung zu Shakes­peares Geburtstag greift diese mysteriöse Legendenbildung ebenso auf wie die ungenauen biografischen Kenntnisse und den Mangel an „authentischen Objekten“ aus der Lebenszeit des Theatermannes. Weil es keine eindeutig zuzuordnenden „Reliqui­en“ wie etwa ein Porträt aus der Lebenszeit oder ein Original-Ma­nuskript gibt, zeigen die Kölner dann eben das „Nachleben“ Shake­speares, also die „Rezeption seiner Stücke und Figuren auf dem Welt-Theater, in der Populärkultur, in der Literatur und in den anderen Künsten und Medien“, so die Direktorin des Museums für Angewandte Kunst (MAKK), Petra Hesse.

Gemeinsam mit der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität zu Köln (TWS) konzipierte das MAKK eine multimediale Schau. „Wir wollen Shakespeare hier nicht auf einen Sockel heben und den Besuchern zur Anbetung präsentieren“, erklärt Peter Marx, der Direktor der TWS, das Geburtstagsparty-Konzept. „A Party for Will“ ist deshalb nicht nur ein Ausstellungsprojekt, sondern ein Paket verschiedenster Formate und Veranstaltungen, die – mal mehr sinnlich, mal mehr spielerisch − die Fülle und Bandbreite der Spielarten der Shakespeare-Rezeption feiern.

Der „Renner“ und im wahrsten Sinne Mittelpunkt der Ausstellung ist ein Exemplar der sogenannten „First Folio“-Ausgabe der Gesammelten Werke Shakespeares. Ein goldfarbener Raum vermittelt das angemessene Ambiente für das wertvolle Druck­werk. Das Buch erschien 1623, sieben Jahre nach Shakespeares Tod, in einer Auflage von ungefähr 750 Stück. Etwa 230 Exemplare existieren noch – die meisten in US-amerikanischen Archiven und Sammlungen. Genau drei First Folios befinden sich in Deutschland: eines in Stuttgart (Haus Württemberg), eines in Berlin (Haus Hohenzollern) und eines in Köln (Universitäts- und Stadtbibliothek). Das Kölner Exemplar, das der Kanzler der Universität 1959 für die Hochschule ersteigerte, sei eines der am besten erhaltenen Werke, so TWS-Direktor Peter Marx.

Das literarische Gegenstück dazu, ebenfalls in der Ausstellung zu sehen, dürfte der parodistische Walt-Disney-Comic „Donald, Prinz von Duckenmark“ sein, in der Donald Duck als Hamlet agiert. Die Popularität des Jubilars kennt eben keine Grenzen.

Natürlich darf auch „Shake’s Beer“ bei der Geburtstagsparty nicht fehlen. Das Bier mit dem verballhornenden Namen gehört ebenso zu den rund 200 Exponaten wie Hamlet und Shakespeare als Legostein-Figuren oder Shakespeare als Bade-Quietsche-Ente.

Umrahmt wird die Geburtstagsparty von einem umfangreichen Begleitprogramm mit Gesprächsreihen, Ringvorlesungen, Führungen und Shakespeare-Aufführungen einiger Kölner Bühnen. Im Kinosaal des Museums flimmern 90 Videos von Aufführungen oder Filmen mit jeweils 90 Sekunden Länge („90 mal 90“) über die Leinwand. Und auch ein Smartphone-Spiel „Will in Town“ wurde für die Geburtstagsparty konzipiert. Siegfried Schmidtke


Kasseler Gesamtkunstwerk
Beim Deutschlandtreffen der Ostpreußen im Mai auf keinen Fall verpassen: das Unesco-Weltkulturerbe »Bergpark Wilhelmshöhe«

Der Duft von Strauch- und Kletterrosen steigt dem Besucher unterhalb des Schlosses Wilhelmshöhe in die Nase − und am Herkules schnuppert er Höhenluft. Schon Bismarcks Leibarzt Schweninger stellte fest, dass im Bergpark Wilhelmshöhe jeder Atemzug einen Taler wert sei. Letztes Jahr wurde Kassels ganzer Stolz in die Liste des Kultur- und Naturerbes der Welt aufgenommen. Das Unesco-Komitee würdigt den mit 245 Hektar größten Bergpark Europas als Gesamtkunstwerk mit weltweit einzigartigen Wasserspielen, packenden Parkbildern und herausragenden Kunstsammlungen.

Benannt sind Park und Schloss nach dem Landgrafen von Hessen-Kassel, Wilhelm IX., der 1803 als Wilhelm I. zum Kurfürsten erhoben wurde. Seine dreiflügelige Schlossanlage beherbergt im Mittelbau eine bedeutende Antikensammlung und die Gemäldesammlung Alter Meister, die internationalen Ruf genießt. Den verdankt sie vor allem den Meisterwerken der flämischen und holländischen Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts. Neben Frans Hals, Anton van Dyck und Jacob Jordaens sind Rubens und Rembrandt mit herausragenden Gemälden vertreten. Sehenswert ist auch der Weißensteinflügel: 23 historisch eingerichtete Räume vermitteln vom Schlafzimmer bis zum Thronsaal einen lebendigen Eindruck fürstlicher Wohn- und Repräsentationskultur.

Vom Schloss aus überblickt man den gesamten Landschafts­park. Links ragt auf halber Berghöhe die Löwenburg auf. Sie ist weit mehr als eine romantische Staffage. Ihr Bauherr war Landgraf Wilhelm IX., der die als künstliche Ruine errichtete Ritterburg zu seinem bevorzugten Wohnsitz auserkoren hatte.

Die Löwenburg ist unter Wiederverwendung originaler gotischer Architekturteile aus vielen Einzelbauten zusammengefügt, die sich beim Umrunden der Anlage oder beim Rundblick im Innenhof in immer neuen malerischen Ansichten darbieten. Einige Räume des als Ritterburg verkleideten Lustschlösschens, das Wilhelm IX. und seiner Mätresse als Liebesnest diente, können besichtigt werden. In der Rüstkammer sind Waffen und Rüstungsteile des 16. und 17. Jahrhunderts ausgestellt. Die Burgkirche ist mit Glasmalereien aus dem 14. und 16. Jahrhundert sowie mit christlichen Gemälden des 16. und 17. Jahrhunderts ausgestattet. In der Gruft unter der Kirche wurde der Bauherr zur letzten Ruhe gebettet.

Zwei Vorgänger Wilhelms IX. haben entscheidende Beiträge zur Ausgestaltung des Bergparks geleistet. Landgraf Friedrich II. von Hessen-Kassel sorgte um 1775 für frühromantisch-sentimentale Kleinbauten wie die Einsiedelei des Sokrates und das Grabmal des Vergil. Sie liegen versteckt an verschlungenen Wegen, und das Erstaunen ist groß, wenn man sie unversehens entdeckt. Weithin sichtbar überragt hingegen Kassels Wahrzeichen − das barocke Herkulesmonument − den Bergpark. Sein Bauherr Landgraf Karl ließ auf dem Bergplateau des Habichtswaldes ein 40 Meter hohes steinernes Oktogon errichten. Auf ihm strebt eine 26 Meter hohe Pyramide empor. Den bekrönenden Abschluss bildet auf drei Meter hohem Sockel eine über acht Meter aufragende Statue des Herkules. Der von 1713 bis 1717 aus Kupferblechen zu­sammengesetzte Koloss gilt als frühes Spitzenwerk europäischer Monumentalskulptur. Gelassen auf seine Keule gestützt, blickt der Halbgott auf den Bergpark und die Stadt Kassel hinab.

Mittwochs und sonntags bietet sich dem Halbgott und allen Besuchern des Bergparks ein weltweit einzigartiges Wassertheater dar. Mehr als 750000 Liter Wasser rauschen zu Füßen des Herkulesmonuments die großen Kaskaden hinab. Sie lassen die Blasinstrumente von steinernen mythologischen Gestalten ertönen, steigen in Fontänen auf, stürzen unter der Teufelsbrücke und von dem als Ruine erbauten Aquädukt steil in die Tiefe. Den triumphalen Abschluss der Wasserspiele bildet eine 50 Meter aufschießende Fontäne.

Der Bergpark Wilhelmshöhe ist ein Werk der hessischen Landgrafen. Deren Territorium wurde 1866 von Preußen annektiert und die Wilhelmshöhe zum Krongut der Hohenzollern erklärt. Der Kaiser Wilhelm II. erkor sie zu seiner Sommerresidenz. Seit Kaisers Zeiten ist der Bereich um das Schloss mit Teppichbeeten geschmückt. Mit diesen farbenprächtigen geometrischen Pflanzungen hat die gartenkünstlerische Gestaltung des Bergparks ihren krönenden Abschluss gefunden. Veit-Mario Thiede


MELDUNGEN

»Bruderkrieg« in Lübeck

Lübeck − Am 1. August 1914 trat das Deutsche Reich offiziell an der Seite seines Bündnispartners Österreich-Ungarn in den Krieg ein und rief die Mobilmachung aus. Aus gesundheitlichen Gründen blieb Heinrich und Thomas Mann der Kriegsdienst erspart, doch dies sollte die einzige Gemeinsamkeit während der Kriegsjahre bleiben. Mit Ausbruch des Krieges entzweiten sich die Brüder aufgrund ihrer gegensätzlichen politischen Positionen – und wechselten für mehrere Jahre kein Wort miteinander. Im großen Gedenkjahr 2014, in dem sich der Kriegsausbruch zum 100. Mal jährt, folgt die neue Ausstellung „Bruderkrieg“, die noch bis zum 30. August im Buddenbrookhaus in Lübeck zu sehen ist, den Brüdern durch die Schicksalsjahre der Weltgeschichte. Sie beleuchtet die Positionen des Kaiserreichskritikers Heinrich ebenso wie die des jüngeren Bruders Thomas, der leidenschaftlich die Anliegen des deutschen Kaiserreichs verteidigte. tws

 

Königsberger Oster-»Legende«

Hamburg − Das Königsberger Vokalensemble „Legende“ gibt anlässlich seines zehnjährigen Bestehens ein österliches Matinee-Konzert in Hamburg. Am Sonnabend, 19. April, um 11 Uhr, wird es im Hanna-Reemtsma-Haus, Kriemhildstraße 17, klassische und volkstümliche Werke aufführen. Neben Stücken von Beethoven, Mozart oder Bach gibt es Volklieder aus Preußen, Russland oder der Ukraine zu hören. Der Eintritt ist frei, um eine Spende wird gebeten. tws


S. 10 Geschichte

Als Freiheitskämpfer gefeiert
Serbien ehrt Gavrilo Princip, dessen Schüsse vor 100 Jahren den Weltenbrand entfachten

Gavrilo Princip, dessen Schüsse auf den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand in Sarajevo vor 100 Jahren den Ersten Weltkrieg auslösten, wird in Belgrad ein Denkmal gesetzt.

Am 28. Juni dieses Jahres wird im Kalemegdan, einer Parkanlage auf dem ehemaligen Glacis der Festung von Belgrad, ein Denkmal für Gavrilo Princip enthüllt. In Sarajevo soll eine originalgetreue Kopie aufgestellt werden – und zwar in dem von Serben bewohnten östlichen Stadtteil. Auf einer kürzlich in Banja Luka abgehaltenen gemeinsamen Sitzung der Regierungen Serbiens und der bosnischen Republik Srpska wurde zudem beschlossen, den Jahrestag des Attentats gemeinsam zu begehen.

Die Denkmalfrage trägt Züge eines Treppenwitzes der Geschichte. Am 2. Februar 1930 hatten Familienangehörige der unmittelbar beteiligten Attentäter aus der Studentenorganisation „Mlada Bosna“ („Junges Bosnien“), der auch Princip angehörte, am Ort des Attentats eine Gedenktafel angebracht. Vertreter der Behörden waren damals dem kleinen Festakt ferngeblieben, über den das Belgrader Regierungsblatt „Politika“ tags darauf auf seiner Titelseite berichtete. Die Tafel trug die kyrillische Aufschrift: „An dieser historischen Stelle kündigte Gavrilo Princip am Vidovdan (Sankt-Veits-Tag), dem 15. (28.) Juni 1914, die Freiheit an.“ Am 17. April 1941, unmittelbar nach der Kapitulation Jugoslawiens, demontierten Wehrmachtssoldaten die Tafel. Drei Tage später wurde sie Adolf Hitler zu seinem 52. Geburtstag in seinem sogenannten Führersonderzug, der damals im niederösterreichischen Mönichkirchen in einem Tunnel untergestellt war, überreicht.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in Sarajevo eine neue Gedenktafel angebracht. Darauf hieß es, wiederum in kyrillischen Lettern, dass Princip „mit den Schüssen den Volksprotest und die jahrhundertelange Bestrebung der jugoslawischen Völker nach Freiheit bekundet“ habe. Im titoistischen Staat gehörte es zum „guten Ton“ pflichtbewusster junger Jugoslawen, beim Besuch der bosnischen Hauptstadt zur Attentatsstelle zu pilgern. Dass Princip zwei Menschen ermordet hatte, wurde nicht problematisiert.

Nach dem Ausbruch des Bosnienkrieges wurde die Gedenktafel ebenso beseitigt wie Princips in den Gehsteig eingelassene Fußabdrücke. 2004 wurde sie indes durch eine neue Tafel mit einem Hinweis auf das Attentat – auch in englischer Sprache – ersetzt.

Bis zum 100. Jahrestag des Attentats soll auch das in der westbosnischen Ortschaft Obljaj gelegene Geburtshaus Princips wiederaufgebaut sein, das im September 1995 von kroatischen Truppen in Brand gesetzt worden war. Dabei war der im museal genutzten Teil des Gebäudes aufbewahrte Attentatsplan samt dazugehörenden Zeichnungen verbrannt. Für die Kosten der Wiedererrichtung kommen laut Medienberichten „in der Vojvodina-Hauptstadt Novi Sad lebende bosnische Serben“ auf.

Unter den in drei teilstaatlichen „Entitäten“ des fragilen Gesamtstaats Bosnien-Herzegowina lebenden Ethnien gehen die Meinungen über den Attentäter stark auseinander: Während die Serben ihn weiterhin für einen ihrer Volkshelden halten, ist er für Bosniaken (Muslime) und Kroaten schlicht ein Terrorist. Vornehmlich bosniakische und kroatische Historiker sind es denn auch, die seit dem Zerfall Jugoslawiens die Auffassung vertreten, Princip sei von Belgrad manipuliert und instrumentalisiert worden. Für diese Annahme spricht in der Tat, dass die Studentenorganisation „Mlada Bosna“, der auch Muslime und bosnische Kroaten – wie der spätere Literaturnobelpreisträger und Autor des Buches „Die Brücke über die Drina“, Ivo Andric – angehörten, unter starkem Einfluss der serbischen Geheimorganisation „Crna ruka“ („Schwarze Hand“) stand. Deren Anführer Dragutin Dimitrijevic, „Apis“ genannt, war es, der den Attentätern von Sarajevo die Waffen beschaffte.

Für den bosnisch-serbischen Präsidenten Milorad Dodik ist die Sache einfach: Princip war ein Freiheitskämpfer, der gegen die österreichisch-ungarische Okkupation Bosniens kämpfte. Eine von dem Filmregisseur Emir Kusturica und dem Direktor des Belgrader Staatsarchivs, Miroslav Perisic, geleitete Initiatorengruppe verlangt sogar, den „gesetzwidrigen Prozess gegen Princip zu annullieren“ und ihn posthum zu rehabilitieren. Begründung: Nie hätten die Parlamente in Wien und Budapest die 1908 von Kaiser Franz Josef verfügte Annexion des seit 1878 besetzten Bosnien ratifiziert, weshalb es zum Zeitpunkt des Attentats formal nicht Teil der Monarchie, sondern wie zuvor des Osmanischen Reichs gewesen sei. Princip hätte daher nie für Landesverrat, sondern nur für Mord verurteilt werden dürfen, meint Perisic.

Jüngere Serben, die sich dazu äußern, sind anderer Ansicht: „Für mich war Princip ein Terrorist. Seinetwegen hatte Serbien im Ersten Weltkrieg so viel zu leiden“, schrieb einer im Internet. Der serbische Historiker Dragoljub Zivojinovic befindet jedoch, man könne den Sarajevo-Attentäter schon deshalb nicht als Terroristen bezeichnen, weil dieser Begriff erst viel später eingeführt worden sei. Die ebenfalls im Internet anzutreffende Charakterisierung Princips als einen „Osama bin Laden des beginnenden 20. Jahrhunderts“ nannte er „idiotisch“. Wie seine Belgrader Kollegin Suzana Rajic und andere aus der Zunft ist Zivojinovic wegen der um die Bewertung Princips aufgekommenen Diskussion besorgt, dass Serbien die Alleinschuld am Ausbruch des Ersten Weltkriegs umgehängt bekommen könnte. Rainer Liesing


Attentat war sein Lebensziel

Der am 25. Juli 1894 geborene Princip musste im Februar 1912 wegen Teilnahme an einer anti-österreichischen Demonstration das Gymnasium in Sarajevo verlassen. In Belgrad, wohin er ging, um zu studieren, trat er „Mlada Bosna“ bei und fand Anschluss an großserbische Kreise. Als im Herbst 1912 der erste Balkankrieg ausbrach, in dem Serbien gegen das Osmanische Reich antrat, wollte er als Freiwilliger in die Armee eintreten, wurde aber von Major Voja Tankosic, der ihm und seinen Mitverschwörern in „Apis’“ Auftrag zwei Jahre später die Waffen übergeben sollte, als „zu schwach und zu klein“ zurückgewiesen. Prägend war für Princip das von Bogdan Zerajic – ebenfalls Mitglied von „Mlada Bosna“ – 1910 verübte Attentat auf den österreichisch-ungarischen Statthalter Marijan Freiherr Varesanin von Vares. Mehrmals besuchte Princip das Grab des Serben, der sich nach dem missglückten Anschlag am 15. Juni eine Kugel in den Kopf gejagt hatte. Nach eigenem Bekunden hatte Princip im April den Entschluss gefasst, Franz Ferdinand bei dessen geplantem Besuch in Bosnien zu ermorden, und er bereitete sich, angeleitet von serbischen Offizieren, zusammen mit seinen Mitverschwörern, Nedeljko Cabrinovic und Trifko Grabez, darauf vor.

Aus „Anerkennung für Zerajic“ wollte sich Princip am 28. Juni 1914 just dort in Sarajevo aufstellen, wo dieser vier Jahre zuvor seine Schüsse abgegeben hatte. Doch musste er zwei Gelegenheiten zur Tötung des Erzherzogs und dessen Gemahlin verstreichen lassen, ehe er die dritte nutzen konnte, als das Auto mit dem Thronfolger-Paar praktisch vor seiner Nase zum Stillstand kam. Dass er auch Franz Ferdinands böhmische Gemahlin tötete, tat ihm leid, wie er im gegen ihn und 25 Mitangeklagte vom 12. bis 23. Oktober geführten Prozess erklärte. Weil Gavrilo Princip nach damaligem Recht noch minderjährig war, wurde er nicht zum Tode, sondern zu 20 Jahren Haft verurteilt. Er starb am 28. April 1918 im Gefängnis Theresienstadt an Knochentuberkulose. R.L.


Das Vaterland war ihnen wichtiger als alles andere
Avi Primor über die Juden im Ersten Weltkrieg: Ihr Triumph war nur von kurzer Dauer

Avi Primor, der ehemalige israelische Botschafter in Deutschland, hat im Januar dieses Land, in dem seine Mutter im Jahr des Kriegsausbruchs geboren wurde, bereist. Der 78-jährige Autor hat dabei seinen ersten Roman „Süß und ehrenvoll“ vorgestellt, in dem er den Ersten Weltkrieg aus der Sicht eines deutschen und eines französischen Juden schildert. Für die Recherche hat sich der Diplomat tief in die Materie eingearbeitet und so manche historisch interessante Entdeckung gemacht.

„Eine Überraschung habe ich nur eine gehabt“, merkt Primor im Gespräch mit der PAZ an. „Ich habe mich doch mit dem Thema Juden allgemein befasst und habe gelesen, wie sehr die Juden auf allen Seiten vom Krieg begeistert waren und voller Leidenschaft in den Krieg gezogen sind, weil sie darin eine Chance gesehen haben, endlich als Bestandteil der Nation betrachtet zu werden und nicht als Fremdkörper, wie sie es immer waren, trotz der juristischen Emanzipation im Laufe des 19. Jahrhundert. Nun hat es mich aber interessiert, ob sich die Juden die Frage gestellt haben, ob es in Ordnung ist, auf andere Juden zu schießen. Es gab ja die Tradition einer gewissen jüdischen Solidarität. Ich hatte erwartet, dass man die Frage, ob dies ein moralisches Problem sei, diskutiert hat, in intellektuellen Kreisen, den Reden der führenden Judenvertreter, vielleicht bei den Geistlichen, irgendwo in den jüdischen Zeitungen in Deutschland, in Frankreich, in Österreich. Und ja, ich bin davon ausgegangen, dass die Frage positiv beantwortet worden sei, von wegen ja, es sei in Ordnung auf Juden von der anderen Seite zu schießen, da sie heute unser Feind sind. Doch zu meiner Überraschung fand ich die Frage nirgendwo. Es leuchtete mir nicht ein, dass man die Frage nie aufgeworfen hat. Dann habe ich das mit befreundeten Historikern besprochen, die mir alle das gleiche bestätigt haben, sie haben auch die Frage nirgends gefunden. Das heißt, es war nicht nur für die Juden eine absolute Selbstverständlichkeit, dass sie für ihr Vaterland kämpften, sondern es heißt auch, dass die jüdische Identität in dieser Sache überhaupt keine Rolle spielte.“

Letztendlich habe sich aber die Hoffnung der Juden, dass sie über den Krieg besser in die Gesellschaft integriert würden, als Wunschdenken erwiesen, so Primor, der vor allem die tiefe Enttäuschung der Juden in Deutschland betont. Schließlich seien in der letzten Phase des Nationalsozialismus auch vormalige jüdische Frontsoldaten ohne Rücksicht auf ihre Leistungen für das Vaterland ermordet worden. „Man hat sogar während der NS-Zeit die Namen gefallener Juden von Monumenten ausradiert. Das heißt, die Juden hatten im Nachhinein nicht einmal mehr das Recht, für das Vaterland zu fallen“, macht Primor deutlich. Dennoch: Während der Weimarer Republik seien die Juden davon ausgegangen, dass sie ihr Ziel erreicht hatten. „Ich erzähle in meinem Buch von der Zeremonie mit Paul von Hindenburg, der zu Ehren der gefallenen jüdischen Soldaten eine Rede gehalten hatte. Mit dieser Episode endet ,Süß und ehrenvoll‘. Da wir jedoch viel mehr wissen, als die Protagonisten damals, nenne ich es ein ,falsches Happy End‘.“ Zu diesem Zeitpunkt sei der Unmut über die Judenzählung von 1916 schon wieder längst vergessen gewesen. Diese sei am 11. Oktober 1916 vom preußischen Kriegsminister Adolf Wild von Hohenborn vor allem auf Druck antisemitischer Kreise im Offizierskorps veranlasst worden. Ziel war eine statistische Erhebung über die Dienstverhältnisse aller deutschen Juden, da behauptet wurde, diese würden sich vor der Front drücken. Den historischen Hintergrund bildeten die zum Stellungskrieg erstarrte militärische Auseinandersetzung und die infolge der Seeblockade zunehmend schlechtere Lebensmittelversorgung. Auf der Suche nach einem Sündenbock schossen sich einige Kreise auf die Juden ein. Einige Juden hätten auf die Zählung negativ reagiert, so Primor, als Versuch, sie aus der auch dank des Burgfriedens zwischen allen Teilen der Gesellschaft neu geschaffenen Gemeinschaft herauszureißen. Andere hingegen hätten die Erfassung anfangs als Schutz betrachtet, da die Zählung ihrer Meinung nach nur belegen konnte, dass auch Juden mit an vorderster Front standen. Schließlich habe sich aufgrund der Ungereimtheiten bei der Judenzählung gezeigt, dass diese letztendlich ein Angriff auf die Juden war. Dies hätten nicht nur die jüdischen Soldaten und Gemeinden so empfunden, sondern auch viele Parteien. Die Juden seien von liberalen und sozialdemokratischen Parteien im Reichstag so sehr unterstützt worden, dass die Judenzählung schlussendlich eingestellt wurde. „Obwohl man ziemlich viel gefälscht hat während der Zählung, war das Endergebnis nicht im Sinne der Antisemiten. Letztendlich musste man feststellen, dass fast alle fronttauglichen Juden auch an der Front waren. Deshalb wurden die Zahlen während des Kriegs nicht veröffentlicht.“ Dennoch habe Adolf Hitler, so Primor weiter, in den 20er Jahren diese Sache in seinem Sinne benutzt. „Er sagte, die Zählung sei wegen des Drucks der Juden nicht veröffentlicht worden, weil sie bewiesen hätte, dass die Juden Drückeberger gewesen seien.“

Besonders beeindruckt hat den Israeli während seiner Recherchen der Fall Frieda Friedmann, der er in seinem Roman eine Art literarisches Denkmal setzt. „Also ich wusste von der Person, die tatsächlich gelebt hat, sehr wenig. Ich habe diesen Namen gefunden in dem Buch von Saul Friedländer über die Geschichte des Holocaust. Er erzählt in drei, vier Sätzen die Geschichte der Berlinerin, die eine Halbjüdin war. Sie war empört, was in Deutschland nach der Machtergreifung der Nazis geschah. Sie schrieb dem Reichspräsidenten Hindenburg, den man als Judenfreund betrachtet hat, was er nicht wirklich war, aber er war kein Feind. ,Mein Verlobter fiel 1914. Zwei meiner Brüder, Max und Julius Cohn, fielen im Jahr 1916 und 1918. Mein letzter Bruder Willy … kam erblindet … aus dem Felde zurück. Alle haben das Eiserne Kreuz für Verdienst am Vaterland‘, schrieb Friedmann in Bezug auf die grassierende Judenhetzte im Land. Diesen Brief, so schreibt Friedländer, habe das Reichspräsidialamt dem Reichskanzler weitergeleitet, also Hitler, doch der Brief wurde nie erwidert. Friedmann wurde später verschleppt, doch man weiß nicht wohin, nur dass sie nie zurückkam. Für mich war der Fall Friedmann eine Inspiration und ich habe die historische Figur mit in meinen Roman aufgenommen.“ Rebecca Bellano


S. 11 Preussen

Er machte Berlin unverwechselbar
Bode-Museum würdigt in einer Ausstellung die herausragende Leistung des Architekten Andreas Schlüter

Man nannte ihn den „Michelangelo des Nordens“, und in der Tat gibt es im Norddeutschland des Barock keinen zweiten Künstler, der wie Andreas Schlüter stärksten Ausdruck mit Stil und Können verbunden hätte. Das Bode-Museum in Berlin widmet ihm eine einzigartige Ausstellung.

Andreas Schlüter, um 1650 vermutlich in Danzig geboren und 1714 in St. Petersburg gestorben, galt schon zu Lebzeiten als einer der größten Künstler nördlich der Alpen. Er war nicht nur Architekt, sondern auch Bildhauer und – in heutiger Sprache gesagt – Designer für Interieurs und Ausstattungen. Anlässlich seines 300. Todestages und auch unter dem Eindruck des Wiederaufbaus des nahe gelegenen Berliner Schlosses – „seines Schlosses“ könnte man sagen – zeigt das Bode-Museum unter dem Titel „Schloss Bau Meister Andreas Schlüter und das barocke Berlin“ bis zum 13. Juli 2014 eine in dieser Vielfalt wohl noch nie gezeigte Ausstellung.

Über Schlüters Leben weiß man wenig; es verschwindet, wie bei der Ausstellungseröffnung gesagt wurde, hinter seinen Werken. Der Name Schlüter wird vor allem mit dem Berliner Schloss verbunden. Schlüter war vom preußischen Kurfürsten Fried­rich III., der 1701 als Fried­rich I. preußischer König wurde, im Jahr 1694 nach Berlin gelockt worden, wo er schon bald mit der Erweiterung des aus Renaissancezeiten stammenden Schlosses betraut wurde. Bis zu seinem unehrenhaften Abschied 1713 nach dem missglückten Bau eines Münzturms erweiterte er das Schloss um mehr als die Hälfte und gab ihm mit der prächtigen Barockfassade und der überquellenden Innenausstattung bei Treppen und Sälen das bis 1944/45 typische imposante Bild. Sein Nachfolger Johann Friedrich Eosander von Göthe vollendete das Werk getreu den Schlüterschen Vorgaben. Mit dem so prächtig erweiterten Schloss rückte Berlin zu den Residenzen der großen europäischen Mächte auf; es war denn auch nicht nur ein künstlerisches, sondern mehr noch ein politisches Motiv, das den Monarchen bei diesem gewaltigen Vorhaben antrieb.

Dies wird auch im Bode-Museum deutlich. Die Ausstellung zeigt etwa 230 Objekte der verschiedensten Art: Skulpturen, Gemälde und Graphiken, daneben Bauplastik und kunstgewerbliche Arbeiten. In überzeugender Weise wird dabei die große europäische Tradition von Baukunst und Skulptur gezeigt, in der Schlüter stand und die vor allem von seinem großen italienischen Vorbild Lorenzo Bernini oder dem fast gleichaltrigen Franzosen Francois Girardon verkörpert wurde. Wie souverän Schlüter deren Anregungen aufnahm, zeigen der reiche Fassadenschmuck des Berliner Schlosses, das berühmte Reiterstandbild des Großen Kurfürsten, das früher direkt am Schloss stand, und auch das Standbild Fried­richs III., der wegen einer leichten Verkrüppelung seit Jugendzeiten der „schiefe Fritz“ genannt wurde, hier bei Schlüter aber in der geradezu tänzelnden Manier eines Merkur daherkommt.

Großartigstes Stück der Ausstellung ist die pompöse Büste des Prinzen von Hessen-Homburg, der in der Schlacht von Fehrbellin entscheidend zum Sieg der Brandenburger über die Schweden beigetragen hatte. Schlüter schuf dieses Werk parallel zur Arbeit am Schloss – ein überlebensgroßes Porträt, das den Prinzen in herrschaftlicher Manier mit Allonsperücke und umgeschlagenem Feldherrnmantel zeigt. Hierfür wie dann auch für das Reiterstandbild hatte Schlüter tatkräftige Hilfe bei dem Berliner Gießer Johannes Jacobi gefunden; dessen virtuose Bronze-Ausfertigungen der Schlüterschen Entwürfe fanden seinerzeit fast mehr Anerkennung als die Vorbilder selbst. Hier beginnt die große Tradition des Berliner Gießerei-Handwerks mit einem weiteren Höhepunkt später bei Karl Friedrich Schinkel.

Mehrere Gebäude Schlüters in Berlin wurden im 19. Jahrhundert abgerissen, so am südöstlichen Schlossrand die Alte Post, deren Fassaden Schlüter mit Allegorien der Tugenden geschmückt hatte. Diese rosettenförmigen Arbeiten sind zum Glück erhalten geblieben und jetzt als weiteres Zeugnis für Schlüters Meisterschaft, sich auch in antike Mythen einzufühlen, zu bewundern. Ebenfalls ausgestellt sind mehrere überlebensgroße Steinfiguren, die einst den Giebel der Villa Kameke schmück­ten. Diese Villa in der Dorotheenstraße wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und von den DDR-Machthabern 1950 gesprengt – im selben Jahr, in dem entgegen vieler Proteste auch das Berliner Schloss dem Erdboden gleichgemacht wurde.

Die in 16 Sälen und Kabinetten gezeigte Ausstellung zieht den Besucher mehr und mehr in ihren Bann. Was wäre aus Berlin geworden ohne Schlüter, fragte rhetorisch Museumsdirektor Bernd Wolfgang Lindemann bei der Eröffnung. In der Tat hat Schlüter der preußischen Residenz ihr unverwechselbares Gesicht gegeben, weshalb es etwas verwundert, dass man dem lang anhaltenden Einfluss Schlüters nicht genauer nachgegangen ist. Alle großen Baumeister der Folgezeit wie Carl Gott­hard Langhans, Schinkel, Ludwig Persius oder Friedrich August Stüler fühlten sich Schlüter verpflichtet, und nicht von ungefähr war es die Schlüter-Begeisterung Kaiser Wilhelms II., die dem Bode-Museum sein barockes Aussehen gab.

Der schwergewichtige Katalog sagt wirklich alles, was man heute über Schlüter weiß. Daneben nennt ein kleiner Stadtführer mit dem Titel „Schlüter in Berlin“ alle Originale, die man heute noch in Berlin finden kann: Den Fries der 22 „Sterbenden Krieger“ im Zeughaus (heute Deutsches Historisches Museum), die Sarkophage für König Friedrich I. und seine Gemahlin Sophie Charlotte im Berliner Dom, die Kanzel in der Marienkirche, das Grabmal für den Hofgoldschmied Daniel Männlich in der Nikolaikirche und natürlich das Reiterstandbild des Großen Kurfürsten vor dem Charlottenburger Schloss. Derart voller „Schlüterscher“ Eindrücke gibt man sich gerne dem freundlichen Gedanken hin, in wenigen Jahren auch das Schloss, dann „Humboldtforum“, in alter Pracht zumindest der Fassaden zu erleben. Dirk Klose


Skurriles Ringen um eine Trophäe
183 Jahre dauerte der Zwist zwischen Deutschen und Franzosen um die Kanone Greif – 1984 auf Festung Ehrenbreitstein zurückgekehrt

Ganze 30 Jahre ist es nun her, doch inzwischen kann sich der französische Brigadegeneral Georges Le Diberder nicht mehr ärgern, denn im März 2013 verstarb er im Alter von 94 Jahren. 1984 entschieden zwei Männer über etwas, was den Brigadegeneral dazu brachte, aus Protest von seinem Amt als Direktor des Musée de l’Armée in Paris zurückzutreten.

Der französische Staatspräsident Francois Mitterrand und der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl hatten sich nämlich im Rahmen der deutsch-französischen Freundschaft darauf verständigt, dass Deutschland etwas zurück-bekommt, was französische Soldaten gleich mehrfach unter Einsatz ihres Lebens erbeutet hatten und was nun im Bestand des Musée de L’Armée war: die Kanone Greif.

Heute gilt die 1524 von Richard von Greiffenklau zu Vollrads, dem damaligen Erzbischof von Trier, bei dem Frankfurter Meister Simon für die Festung Ehrenbreitstein in Auftrag gegebene wohl größte Kanone ihrer Zeit als Touristenmagnet. Doch im Band über die Festung steht nur lapidar, dass sie in der „wechselvollen deutsch-französischen Geschichte eine wichtige, symbolhafte Rolle“ gespielt habe. Für den Fall eines Interesses an weiteren Informationen verweist der Pressesprecher des Festungsmuseums auf Wikipedia. Doch auch hier sind die Informationen ausbaufähig. Dabei ist die Geschichte, welche die neun Tonnen schwere und fünf Meter lange bronzene Kanone erzählen könnte, äußerst schillernd.

Die Burg, die ursprünglich nach ihrem Erbauer, dem Konradiner Ehrenbert, Ehrenbertstein hieß, im Laufe der Zeit aber zu Ehrenbreitstein wurde, hatte vor allem im Laufe des Dreißigjährigen Krieges ständig wechselnde Besitzer. 1797 standen dann im Ersten Koalitionskrieg wieder fremde Truppen vor den Toren und wollten die Festung einnehmen. Jetzt waren es französische Revolutionstruppen die Herr über die strategisch wertvolle Burg am Zusammenfluss von Rhein und Mosel werden wollten. Doch erst im Zweiten Koalitionskrieg gelang es 1799 den Franzosen, durch die Strategie des Aushungerns die Übergabe der Festung zu erwirken. 1801 wendete sich das militärische Blatt schon wieder. Gemäß den Vereinbarungen des Friedens von Lunéville zwischen Frankreich und dem Heiligen Römischen Reich unter dem Kaiser Franz II. mussten die Franzosen das rechte Rheinufer räumen. Aus Frust und um sie nicht den Gegnern zu überlassen, sprengten sie die Festung und nahmen die Kanone Greif als Trophäe mit. Ihr neues Zuhause sollte für gut ein halbes Jahrhundert das 230 Kilometer von Koblenz entfernt liegende lothringische Metz werden. Als Truppen der aus Preußen, Österreich, Russland, Schweden und England bestehenden antinapoleonischen Koalition 1814/15 Metz belagerten, wurde das bis zum heutigen Tage offenbar nur für Testzwecke eingesetzte Geschütz erst vergraben und dann später in der Seille, einem Nebenfluss der Mosel, versenkt. Auf gar keinen Fall sollte die Trophäe zurück in die Hände ihrer deutschen Eigentümer gelangen, was denn auch – zumindest vorerst – nicht geschah.

Als dann vor bald 200 Jahren der neue Eigentümer der Festung Ehrenbreitstein diese in Besitz nahm – das vormalige Gebiet des Kurfürstentums Trier war auf dem Wiener Kongress dem Königreich Preußen als Teil der Rheinprovinz zugesprochen worden –, geschah dies ohne die Kanone. Während die Preußen die Burg als Teil eines der umfangreichsten Festungssysteme Europas wieder aufbauten, lagerte die Kanone in Metz. Erst 1866 wurde sie per Eisenbahn nach Paris ins Musée de l’Armée verbracht, wo sie bis zum Zweiten Weltkrieg verblieb. Nach der Eroberung der französischen Hauptstadt durch deutsche Truppen im Jahre 1940, wurde sie sofort zurück an ihren Ursprungsort verschickt. Dieser war erfreulicherweise noch vorhanden. Eigentlich hätte die Festung gemäß den Bestimmungen des Versailler Vertrages nach dem Ersten Weltkrieg geschleift werden müssen, doch in der zuständigen Interalliierten Militär-Kontrollkommission saß mit dem US-General Henry Allen ein Mann, der den historischen Wert der Anlage hoch schätzte und erfolgreich sein Veto einlegte. Zudem war Ehrenbreitstein bereits im deutschen Kaiserreich 1886 als Festung minderer Wichtigkeit geführt worden, da sie infolge der Industrialisierung kriegstechnisch einfach nicht mehr zeitgemäß und damit auch nicht kriegswichtig war.

Doch die Koblenzer konnten sich nicht lange des militärischen Kulturgutes erfreuen, zumal sie während des Zweiten Weltkrieges auch wahrhaftig anderes zu tun hatten. Nach dem für Deutschland verlorenen Krieg holte sich die französische Besatzungsmacht nämlich das wieder, auf das sie ihrer Meinung nach ein Anrecht hatte: ihre Trophäe aus den Koalitionskriegen – und für die ging es 1946 wieder nach Paris. Als dann fast 40 Jahre später im Rahmen der deutsch-französischen Freundschaft auch die Kanone Bestandteil der Vereinbarungen von Mitterrand und Kohl wurde, zog das tonnenschwere Geschütz wieder um.

Wer heute die Festung Ehrenbreitstein besucht, ahnt nicht, wie weit die Kanone schon gereist ist und wie viele Emotionen mit ihr verbunden sind. „Der Greiff heiß ich. / Simon goß mich. / Meinem gnädigsten Herrn von Trier dien’ ich. / Wo er mich heißt gewalden, / da will ich Dorn und Mauern zerspalten“, lautet deren Inschrift, die angesichts der historischen Verwicklungen nahezu schlicht erscheint. Doch woher hätte Meister Simon 1524 wissen sollen, welches Schicksal sein Werk erwartet.

Rebecca Bellano


S. 12 Leserforum

Leserforum

Willkommen in der Kleingeisterei

Zu: Hauptsache negativ (Nr. 11) und Leisteten sie „erheblichen Vorschub“? (Nr. 13)

Das Haus Hohenzollern hat sich über die Jahrhunderte große Verdienste erworben. Um Entschädigungs-Verpflichtungen gegenüber der Famile zu entkommen, mäkeln verantwortliche Politiker an Kleinigkeiten herum, statt das große Ganze zu würdigen. Wir leben heute in einer kleingeistigen, neidbewegten Gesellschaft.

Der Staat betreibt Hehlerei. Seine höchsten Beamten belügen das oberste Gericht. Sie kommen dabei nicht nur ungeschoren davon, sondern bekleiden auch noch höchste Staatsämter. Das hätte es im Kaiserreich nicht gegeben. Die intelligenteren Linken sind geistig korrupt. Die Mehrheit ist, wie schon Schopenhauer meinte, von überschwänglicher Dummheit, und man müsse sich schämen, einem solchen Volk anzugehören.

Die so Disponierten haben sich auch noch mit Drogen zugedröhnt, deren Wirkung keinesfalls bewusstseinserweiternd waren, sondern das Gehirn in einen weichen Schwamm verwandelt haben. Das erklärt das Entstehen krankhafter, perverser Ideologien, die dem intakten Bürgertum rund um die Uhr zugemutet und aufgenötigt werden.

Den rot/grünen Gesellschaftsingenieuren mitsamt dem linksdrehenden Lehrerzimmer ist es gelungen, das wertvollste, was wir besitzen, nämlich unsere Kinder, gegen deren Zukunft und überlebenswichtigen Interessen zu indoktrinieren. Man hat manchmal das Gefühl, unter dressierten Affen zu leben.

Den rot/grünen Kultusministern ist es gelungen, die Deutschen systematisch zur Inferiorität zu erziehen und das ehemals weltweit führende deutsche Schulsystem „nachhaltig“ ruiniert zu haben. Was waren das für herrliche Zeiten, als es unter den Hohenzollern noch das Königlich-Preußische Gymnasium gab.

Karin Khemlyani-Albrecht, Bendestorf

 

 

Da kommt etwas auf uns zu

Zu: Volk ohne Fürsprecher (Nr. 14)

Der Doppelpass ist für unsere Politiker wichtig, um Migranten als Deutsche zählen zu können, mit dem Ziel, die ohnehin geschönten Migrantenzahlen statistisch herunterzurechnen. Im Westen Deutschlands ist der gefühlte Anteil ohnehin schon bei 50 bis 60 Prozent. Denn schon 1990 waren es etwa sieben Millionen Ausländer. Pro Jahr darf man locker eine Million hinzurechnen. So dürften wir heute bei über 30 Millionen Menschen sein, die einen Migrationshintergrund haben. Das sind knapp 40 Prozent der Gesamtbevölkerung.

Die Regierung will noch mehr. Das Ziel ist also klar gesteckt: das Ende der autochtonen deutschen Bevölkerung. Es wird immer deutlicher, dass das deutsche Volk international geächtet ist. In Zukunft wird noch einiges auf die Deutschen zukommen.

Da werden die Nachkriegsverbrechen durch alle vier Besatzungsmächte noch geradezu lächerlich erscheinen. Es zeichnet sich jetzt schon ab, dass Deutsche in der Rechtsprechung der Bundesrepublik benachteiligt werden. Aber ich glaube, den in Spaßkultur und Smartphones verliebten Deutschen ist das völlig egal.

Rainer Sebald, Hamburg

 

 

Böser Vergleich

Zu: Falsche Taktik (Nr. 15)

Was Schäuble zum Anschluss des Sudetenlands gesagt hat, ist schon äußerst verkürzt. Das Selbstbestimmungsrecht ist offenbar kein Kriterium. Unter welchen Umständen die Tschecho­slowakei nach dem Ersten Weltkrieg erfunden wurde und die Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg auch dank einer „günstigen Gelegenheit“ vertrieben wurden, ist auch kein Thema.

Friedemann Hoffmann, Barcelona, Spanien

 

 

Von Not getrieben

Zu: Richtig mutig (Nr. 13)

„Das waren klare, richtige und mutige Worte, die schon längst von einem Ministerpräsidenten hätten gesagt werden müssen“, heißt es im Leitartikel über Hamburgs Ersten Bürgermeister Olaf Scholz zu dem Flüchtlingsproblem. Die Not hat ihn dazu getrieben, endlich das auszusprechen, was eine sehr große Mehrheit der Hamburger und auch der deutschen Bevölkerung bald in den Wahnsinn treibt.

Zu hoffen bleibt, dass er nicht nur redet, sondern nun endlich auch handelt. Und was geschieht eigentlich mit den vielen bereits in Deutschland illegalen oder nur geduldeten und größtenteils am sozialen Tropf hängenden Kulturbereicherern?

Und wann endlich geschieht etwas, um die von kriminellen Kulturbereicherern überfüllten Justizvollzugsanstalten zu entlasten?

Horst Vajen, Kärla vald, Estland

 

 

Zäh geblieben

Zu: Geldsegen für das OL (Nr. 14)

Die PAZ berichtete, dass die Bundesregierung für die Erweiterung des Ostpreußischen Landesmuseums einen Betrag in Höhe von 2,3 Millionen Euro bewilligt hat. Damit ist wohl die Finanzierung der Erweiterung gesichert. Mit dem Bau kann jetzt begonnen werden.

Diese Tatsache ist überwiegend, wenn nicht ausschließlich, der bewundernswerten Zähigkeit und der Ausdauer des Vorsitzenden des Trägervereins „Ostpreußisches Jagd- und Landesmuseum“, Hubertus Hilgendorff, Kreisvertreter von Rastenburg, zu verdanken. Ihm gebührt daher unser aller herzlicher Dank. Das Landesmuseum als Stätte ostpreußischer Kultur ist auf Dauer angelegt. Es wird auch noch vorhanden sein, wenn so manche andere ostpreußische Organisation oder Einrichtung nicht mehr existent sein wird.

Gerd Bandilla, Erftstadt

 

 

Zapzerap im Kohlacker

Zu: Unverbrüchliche Freundschaft (Nr. 13)

Dieser Wochenrückblick war ein Genuss von Anfang bis Ende. Die PAZ wird hier in den USA unter uns Ostpreußen herumgereicht, und sie hilft uns sehr, die politischen und menschlichen Situationen in Deutschland und in der ganzen Welt zu verstehen.

Das Beschreiben des Erlernens der russischen Sprache, ich nehme an in DDR-Schulen, ist außerordentlich aufschlussreich. Als überlebendes Königsberger Kind (ja, wir existieren noch und dazu bei bester Gesundheit) der russischen Besetzung im April 1945 und des Überlebens danach sechs Monate lang, brachte der Wochenrückblick Erinnerungen des Erlernens der russischen Sprache ins Bewusstsein. Allerdings lernten wir deutschen Kinder die russische Sprache nicht in der Schule, sondern „au naturel“ direkt von den Angehörigen der russischen Armee. Von „Spasiba“ = „Danke“ oder „Druschba“ = „Freundschaft“ war aber keine Rede.

Bei den Baracken außerhalb der Schleiermacher-Kaserne standen wir Kinder bettelnd mit unseren Milchkannen in den Händen. Und einige nette Rotarmisten brachten uns sehr notwendiges Russisch bei, was unbedingt zum Überleben nötig war. „Zapzerap“ = „stehlen“, „klauen“ verbunden mit „Kartoschka“ = „Kartoffeln“ und „Kapusta“ = „Kohl“, ebenfalls verbunden mit „Zapzerap“, also „Kohl stehlen“, ergab ein brauchbares Resultat. „Kuhschitten“ = „essen“ war ein Volltreffer, wie könnten wir so ein schönes Wort für „essen“ je vergessen. Unterbrochen wurde der russische Unterricht mit „Jup voy mat“, das ich leider nicht ins Deutsche übersetzen kann. Jemand sagte mir Jahre später, was das auf Deutsch heißt (ein derber Kraftausdruck). Jeder zweite Satz unserer Russischlehrer war begleitet mit „Jup voy mat“. Wenn wir die drei Wörter richtig aussprachen, wollten sich unsere Russischlehrer beinahe zu Tode lachen. Wer es von uns Kindern am besten konnte, bekam immer Essen in die Milchkanne, und manchmal sogar „Kascha“, eine Delikatesse – ein Milchbrei.

Aber die Russen wollten auch Deutsch lernen. So zeigten wir Kinder auf Gegenstände, sagten die deutsche Bezeichnung und die Rotarmisten wiederholten es. Sie waren sehr Wissbegierig.

Dann war auf einmal Schluss mit dem Essenbetteln bei der Schleiermacher-Kaserne. Es wurde in die Luft geschossen, und wir Kinder rannten weg, so schnell wir konnten. Aber das Essenbetteln, solange es dauerte, hatte auch etwas Gutes. Ich aß meine Suppe sofort und bettelte dann für meine schöne, blonde, blauäugige 16-jährige Schwester.

Erstaunlicherweise verstand mich ein Russe. Er gab mir extra Suppe. Sie war für meine liebe Mutti, die in dem ausgebombten Haus, in dem wir hausten, schwer krank im Bett lag. Sie war am verhungern. Sie erholte sich aber wieder, und so konnten wir am 15. Oktober 1945 Königsberg, die Stadt des sicheren Todes, morgens um vier Uhr für immer verlassen. Zu Fuß über die verminte Brandenburger Chaussee machten wir es bis Heiligenbeil und dann weiter zu Fuß bis Elbing. Dieser lange Fußmarsch würde eine separate Erzählung ausmachen.

Mein geliebtes Königsberg, so schön, so kultiviert, keine Kleinstadt, eine pulsierende Weltstadt, wird es nie mehr geben. Aber in meinem Herzen lebt sie weiter, wie unsere Dichter und Denker, die ganz großen der deutschen Geschichte.

Ich bedanke mich für Herrn Groths Wochenrückblick und bei der Preußischen Allgemeinen, die wir deutsch-amerikanischen Ostpreußen immer mit Spannung lesen.

Jutta M. La Pinta, Venice, Florida

 

 

Zum Einschlafen

Zu: Front National als Vorbild (Nr. 14)

Sklave der USA, Söldner der Nato und Melkkuh der EU. Anpasser und Leisetreter. Rückgratlosigkeit pur. Und zum Gähnen langweilig. Gemeint ist der Berliner Politikerhaufen.

Wo bleibt da nur eine bundesdeutsche Marine Le Pen, die denen da oben mal Feuer unter dem Hintern macht? Oder andersherum: Wie wäre es, wenn die kämpferische Sahra Wagenknecht eine vaterländische Note in die Linke einbringen würde? Es wären neue Wege, für die sich wohl Massen verdrossener Bürger mobilisieren ließen.

Vincenz Oertle, Gais/Schweiz

 

 

Völlig charakterlos

Zu: Merkels 1914 (Nr. 10)

Natürlich gibt Kanzlerin Angela Merkel solchen unhistorischen Unsinn über die deutsche Schuld am Ersten Weltkrieg von sich. Merkel hat nie etwas anderes gelernt. In der DDR wurde genau das gelehrt. Danach, als Merkel sich die Lippen vom Bruderkuss, den sie den Sowjets gegeben hatte, abwischte und anschließend Bush Senior um den Hals fiel, bestand auch keine Notwendigkeit mehr, sich umfassender zu informieren. Wozu auch? Hat diese charakterlose Haltung ihrer Karriere geschadet?

Jürgen Kunz, Buchen

 

 

Staub bleibt Staub

Zu: Nächste Leiche im Ökokeller? (Nr. 10)

Nicht nur, dass Holzpellets schädlich sind, die Luft bei uns, einem eher ländlich gelegenen Neubaugebiet, schmeckt seit Jahren im Winter wieder wie die Luft in den 60ern, nämlich nach frisch Geräuchertem. Die ansonsten sauberen Fenster sind rußig, das Zeug geht kaum noch ab.

Das ist eigentlich ja auch kein Wunder, schließlich hat die Uni Stuttgart nachgewiesen, dass eine gewöhnliche Holzpelletheizung an einem Normwintertag pro Kilowatt Heizleistung im Mittel ungefähr 114 Milligramm Feinstaub freisetzt. Auch bei einem Niedrigenergiehaus sind es immerhin zirka ein bis 1,5 Gramm Feinstaub pro Stunde. Antwort eines Grünen darauf: „Mit Holz heizen ist ökologisch.“ Er zweifelte auch die Studie an, die Ergebnisse müssten erst noch interpretiert werden.

Typisch: 114 Milligramm bleiben auch nach einer fragwürdigen „Interpretation“ 114 Milligramm, wir sind hier schließlich im Bereich der seriösen Naturwissenschaften.

Michael Schneider, Mauer bei Heidelberg

 

 

Etwas niedriger hängen, bitte!

Zu: Der letzte Weg aus der Hölle des Heilsberger Kessels (Nr. 12)

Offensichtlich haben einige PAZ-Leser ihrer Mitarbeiterin Ruth Geede in vielen Zuschriften beziehungsweise Telefonaten we­gen des Artikels über den Heiligenbeiler Kessel, aus dem sie einen Heilsberger Kessel machte, arg bedrängt.

Ich möchte jetzt einmal für die älteste Journalistin der Welt eine Lanze brechen, bin ich doch der Verursacher des Artikels, der so viel Aufsehen erregt hat. Den allzu kritischen PAZ-Lesern sei gesagt: Die Verwechselung von Heiligenbeil mit Heilsberg ist so ein unbedeutender Vorgang, da jeder doch ganz genau weiß, dass hier nur Heiligenbeil am Haff gemeint sein kann.

Niemand von uns wird 98 Jahre alt, da sind wir schon längst auf einem anderen Stern. Jahre davor verbringen wir wahrscheinlich als Demenz-Kranke unser Dasein in einem Heim. Es grenzt an ein Wunder, was diese Ostpreußin seit Jahrzehnten uns jede Woche in der Ostpreußischen Familie so alles präsentiert.

Ostpreußen ist groß, wenn man es, wie ich, seit Jahrzehnten gründlich bereist, quasi von Nimmersatt bis Neidenburg. Die ganze Palette ostpreußischen Lebens landet da bei Ruth Geede auf dem Schreibtisch. Und es muss dann erst einmal ordentlich zu Papier gebracht werden.

Daran sollten die Kritiker auch einmal denken, es liegt in der Natur der Sache, dass da ad hoc etwas übersehen wird. Seien wir doch froh, dass es in unseren Reihen noch eine solche beeindruckende Frau gibt. Was würde Fried­rich der Große hier sagen: niedriger hängen!

Bernd Dauskardt, Hollenstedt

 

 

Lehren von den Schweizern ziehen

Zu: Kopflose Strafaktion (Nr. 8)

Mir fällt es nicht leicht, zu akzeptieren, dass unsere Polit-Klasse über die Schweizer herfällt, ohne die Feinheiten der Volksabstimmung überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Die Schweizer haben nämlich nicht gegen die übrige Welt gestimmt, nur weil sie Deutsche und andere als Ausländer bezeichnen. Das kann ihnen niemand verbieten, auch wenn es nicht besonders höflich ist. Sie können auch besser lächeln, wenn der Franken rollt, als wenn kein Geld im Spiel ist. Was sie mit ihrer Volksabstimmung aber erreichen wollten, ist die Maßlosigkeit zu stoppen. Das wird doch wohl erlaubt sein. Sie haben mit keinem Wort gegen Pendler aus Lörrach gestimmt, auch nicht generell gegen Arbeiter aus dem Ausland, sondern nur gegen das schädliche Übermaß.

In der mittelalterlichen Medizin hieß es: „Nur die Dosis macht, dass ein Ding ein Gift ist.“ Stimmt! Wenn unsere deutschen Politiker das übersehen, ist kein Schweizer verpflichtet, den gleichen Fehler zu begehen. Unsere politische Klasse greift gern ein Thema auf, um es zu einem „Aufreger“ zu machen, am besten gleich mit Drohungen, wie sie nach der Volksabstimmung gegen die Schweiz gerichtet waren.

Das ist nicht klug, und wird auch die Realität in den nächsten drei Jahren, die der Regierung zum Handeln gewährt sind, nicht verändern. Besser wäre es, wenn wir, statt andere belehren zu wollen, überlegen, was zu tun ist, um unsere Politik so zu gestalten, dass Volkes Stimme via Volksbegehren oder Protestwahl nicht extra aufgerufen werden muss.

Dr. Hans-Wolfgang Pollack, Schramberg

 

 

Lieber schweigen

Zu: Gaucks neuer „Flüsterer“ (Nr. 8)

Die Ansprachen von Bundespräsident Joachim Gauck an das Bundesvolk zeugen bisher weder von Bürgernähe noch von der Akzeptanz der Freiheit Andersdenkender. Von intellektueller Redlichkeit keine Spur. So reist er auch im Ausland umher und belästigt seine Gastgeber durch Polit-Predigten. Ist das seine Aufgabe? Aus dem Grundgesetz ergibt sich nicht, dass er Reden halten muss. Er soll Beamte (auch Minister) ernennen und wieder entlassen. Er soll das Begnadigungsrecht ausüben, Gesetze unterschreiben und ausländische Gesandte empfangen. Er vertritt den Bund völkerrechtlich, nicht sich selbst und auch nicht mit seinen eigenen politischen Ansichten.

Dr. Klaus J. Schneider-Hassloff, Berlin


S. 13 Das Ostpreußenblatt

Rauschen soll Kulturzentrum werden
Baupfusch hat die Fertigstellung zurückgeworfen – Eröffnung trotz Kostenexplosion noch dieses Jahr

Im Königsberger Gebiet gibt es viele ehrgeizige Bauprojekte. Eines davon ist das unvollendete Theater in Rauschen. Ähnlich wie beim Berliner Flughafen oder der Elbphilharmonie in Hamburg gab es aufgrund von Planungsfehlern und Mängeln bei der Ausführung Verzögerungen. In diesem Jahr wird das Theater an der Steilküste, das Rauschen zu kultueller Bedeutung verhelfen soll, endlich fertiggestellt.

Erst vor Kurzem wurden die Bauarbeiten an einer der größten Langzeitbaustellen im Königsberger Gebiet wieder aufgenommen. Es handelt sich um ein Theater für das Ostseebad Rauschen. Das Projekt war im Rahmen des Zielprogramms zur Entwicklung der Region noch während der Amtszeit des damaligen Gouverneurs Georgij Boos angestoßen worden. Boos hatte einige sehr ambitionierte Pläne und Projekte initiiert, die viel Beachtung fanden. Aber nur eines wurde verwirklicht: Die Ringautobahn verbindet Königsberg mit den Küstenorten und

-dörfern. Anderen Projekten, wie dem Theaterbau in Rauschen, war weniger Erfolg beschieden. Dabei sollte nach Boos’ Plänen Rauschen einmal mit dem berühmten Konzerthaus „Dsintari“ im lettischen Seeort Jurmala konkurrieren können.

Viele Experten zweifelten jedoch schon vor Baubeginn an der Zweckmäßigkeit eines Theaters für über 1000 Personen. Vor allem in der Nebensaison, die von Mitte September bis Mitte Mai dauert, würde man es kaum füllen können.

Als Georgij Boos 2010 seinen Gouverneursposten verlassen musste, wurde der Weiterbau zunächst gestoppt. Sein Nachfolger Nikolaj Zukanow entschied dann aber, das Theater weiterzubauen. Die Aufträge wurden neu ausgeschrieben und mit den Bauarbeiten schließlich die Firma „Baltlitstroj“ beauftragt.

Im Frühjahr 2013 waren die Bauarbeiten in vollem Gange, doch im Sommer wurden die Bauherren böse überrascht: Im Beton-Fundament des zukünftigen Theaters waren keine Stahlträger eingebaut worden. Die Baustelle befindet sich aber am Steilhang direkt am Meer. Was passieren würde, wenn man das Gebäude auf unbefestigtem Grund hochzieht, kann sich jeder Laie vorstellen. Weil zudem im Entwurf nur wenige Parkplätze eingeplant sind, gab es bereits radikale Vorschläge, das Theater an anderer Stelle neu zu bauen.

Bei einer solchen Variante wären allerdings Mittel in Höhe von umgerechnet sechs Millionen Euro, die für die bisherigen Arbeiten am Fundament und den Vorbereitungen ausgegeben wurden, verloren. Aber neben dem finanziellen gibt es auch einen ökologischen Verlust. Unter dem Fundament befindet sich eine Sanddüne. Würde man mit einem Rückbau beginnen, könnte sie über die sandigen Felsen ins Meer abrutschen. Das erklärt wohl das Lavieren der Beamten, die zunächst mit frischem Eifer die Finanzierung des Theaterbaus geklärt hatten und sich erst Gedanken über die Durchführbarkeit machten, als sie auf technische Schwierigkeiten bei der Umsetzung stießen.

Gerüchte besagen, dass Spekulanten, die mehr Interesse am Bau von Mehrfamilienhäusern auf diesem Grundstück direkt am Meer haben, den Theaterbau verhindern wollen. Wohnraum in dieser bevorzugten Lage bedeutet maximalen Gewinn. Es gab heftige Diskussionen um einen Neubau an einem anderen Ort, aber eben auch um die Geldverschwendung.

Am Ende wurde dann doch der Beschluss gefasst, das Theater weiterzubauen. Fachleute haben das Fundament nachträglich befestigt und Risse im Beton repariert. Für die Bauarbeiten im laufenden Jahr werden aus dem Staats- und Gebietshaushalt 30 Millionen Rubel bereitgestellt.

Der Abschluss der Aufbauarbeiten ist für den 15. Dezember dieses Jahres vorgesehen. Bis dahin sollen die Fassade des Gebäudes sowie die technischen Vorrichtungen fertig sein. Das Theater wird eine Größe von 30000 Quadratmetern haben und 1600 Zuschauer fassen. In dem Gebäude sollen auch Ausstellungssäle, ein Kino, ein Konferenzsaal sowie ein Café mit Terrassen im Freien untergebracht werden.

Inzwischen sind die Abgeordneten der Gebietsduma darüber beunruhigt, dass die zur Verfügung stehenden Hotelzimmer in Rauschen nicht ausreichen werden, wenn das Theater als umfangreiches Konzert- und Ausstellungszentrum, das zusätzliche Touristen anziehen soll, Erfolg zeigt. Zurzeit verfügt das Seebad über zirka 1200 Gästezimmer. Während sie im Winter leer stehen, sind sie im Sommer zumeist ausgebucht.

Aller Voraussicht nach wird das Theater ebenso im Winter ungenutzt dastehen, während im Sommer die Plätze nicht ausreichen könnten, um alle Besucher aufzunehmen.

Die Zeit wird zeigen, ob sich die ehrgeizigen Pläne verwirklichen lassen oder ob das Theater in Rauschen eine Langzeitbaustelle bleiben wird, an einem Ort, wo zuvor ein großes Stadion existierte, in dem einst Freilichtkonzerte und viele Festivals gefeiert wurden.

Jurij Tschernyschew


Neubau der Berliner Brücke eröffnet
Königsberger Pregelquerung bildet ein wichtiges Element der Fernstraßenverbindung zwischen Danzig und Riga

Nachdem der Neubau der „Berliner Brücke“ genannten Pregelquerung, die genau neben der alten Palmburger Brücke gebaut wurde, fertiggestellt ist, fließt der Fernverkehr aus Königsberg über sie.

Sowohl die Beamten als auch die Bauarbeiter sind stolz darauf, dass der 2012 begonnene Bau sieben Monate vor der veranschlagten Frist beendet worden ist. Um solch ein Arbeitstempo überhaupt zu ermöglichen, waren in etwa 400 Bauarbeiter an dem Projekt beteiligt. Das Bauwerk hat unefähr 57 Millionen Euro verschlungen. Die neue Brücke, die die Altarme des Alten und Neuen Pregel quert, hat nicht nur die Durchlässigkeit des als Nadelöhr ständig verstopften Teils des Königsberger Straßennetzes erhöht, sondern sie ist auch ein wichtiges Element des innereuropäischen Fracht-transports auf der Strecke Riga–Königsberg–Danzig.

Laut Gouverneur Nikolaj Zukanow wird dieses logistische Teilstück jedoch erst dann seine Aufgabe voll erfüllen können, wenn die Modernisierungarbeiten am Straßenbelag auf anderen Teilen des Straßennetzes beendet sind, wie an der Bundesstraße Königberg–Ebenrode/Stallupöenen [Nesterow] sowie an der Trasse, die zum Grenzübergang „Mamonowo II“ bei Heiligenbeil führt. Diese Arbeiten sollen planmäßig innerhalb der nächsten Jahre abgeschlossen sein.

Die alte Palmburger Brücke, die 1938 nach Plänen deutscher Ingenieure gebaut wurde, existiert zur Zeit noch neben der neuen Brücke. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie teilweise zerstört. Später erneuerte man den Straßenbelag, so dass die Brücke bis heute genutzt werden kann. Doch bald wird neben der gerade in Betrieb genommenen Brücke eine zweite identische entstehen, die auf den Pfeilern der alten Palmburger Brücke aufgesetzt wird. Sie wird mit knapp 45 Millionen Euro weniger kosten als die erste.

Solange die zweite Brücke noch im Bau ist, wird der Verkehr auf den fertiggestellten Fahrbahnen in beiden Richtungen laufen. Wenn die zweite Brücke in Betrieb genommen wird, soll sie mit der ersten verbunden werden. Ihre Gesamtlänge beträgt 1,8 Kilometer. Die endgültige Eröffnung der gesamten Brücke ist für August dieses Jahres geplant. Im kommenden Jahr wird dann das Gelände um die Baustelle rekultiviert und an der Brücke werden noch Arbeiten zum Korrosionsschutz der Metallkonstruktion vorgenommen.

Nach dem endgültigen Abschluss der Brückenbauarbeiten wird mit der Rekonstruktion des Umgehungsrings um Königsberg begonnen. Es soll eine sechsspurige Straße werden. J.T.


MELDUNGEN

Tilsit-Theater wiedereröffnet

Tilsit – Nach Modernisierungsarbeiten wurde das Tilsit-Theater mit dem Stück „Zwei arme Rümänen, die polnisch sprechen“ nach der Vorlage der polnischen Schriftstellerin Dorota Maslowska wiedereröffnet. Der Regisseur Jewgenij Martschelli, der für seine Experimentierfreudigkeit bekannt ist, war bei der Premiere anwesend. Martschelli war von 1991 bis 1998 und 2003 Hauptregisseur am Tilsit-Theater. Der Sohn eines italienischen Einwanderers schaffte es, das seit 1893 mit Unterbrechungen bestehende Theater aus seiner Provinzialität herauszuführen: Unter seiner Ägide erhielt es den Status eines „Kulturtheaters“. Nachdem Martschelli mit seinen avantgardistischen Inszenierungen in Königsberg für Skandale gesorgt hatte, ging er wieder nach Tilsit zurück. Als es ihm dort nicht gelang, den Zuschauerschwund zu stoppen, zog es ihn nach Jaroslawl, wo er Erfolge feiern kann. Mit der aktuellen Inszenierung in Tilsit beabsichtige er allerdings keine Rückkehr ans Tilsit-Theater, sagte Martschelli. MRK

 

Test für Fußball-WM

Königsberg – Mit öffentlichen Feiern während der diesjährigen Fußball-Weltmeiserschaft in Brasilien, die vom 12. Juni bis 13. Juli stattfindet, will Königsberg sich auf die nächste WM 2018 vorbereiten, wenn ein Teil der Spiele in der Stadt ausgetragen wird. Schon jetzt wird das Stadion „Baltika“ hergerichtet. Es wird eine „Fan-Zone“ eingerichtet, auf der Straßenleinwände, Sommercafés und eine Bühne aufgestellt werden. Außerdem werden die Grünanlagen vorbereitet: Einige Bäume mussten wegen trockener Stämme gefällt werden, andere wurden gestutzt und eine Reihe junger Bäume gepflanzt. Wenn 2018 WM-Spiele in der Pregelmetropole stattfinden, will man durch die Erfahrungen des diesjährigen „public viewing“ gut vorbereitet sein. MRK

 

Eifersucht mit tödlichem Ende

Mühlengarten – Ein 35-jähriger Mann, der blutüberströmt ins Kreiskrankenhaus von Ebenrode/Stallupönen eingeliefert worden war, ist an seinen schlimmen Verletzungen verstorben, die er sich selbst zugefügt hatte. Weil der Mann seine Ehefrau verdächtigte, ihn mit einem Nachbarn zu betrügen, geriet der vermeintlich Gehörnte so sehr in Rage, dass er die Fensterscheiben der Flurtür zerschlug. Beim Verlassen des Hauses schlug er eine weitere Glasscheibe ein und verletzte seine Pulsadern. Er lief weiter auf die Straße und verlor das Be­wusst­sein. Als seine Frau ihn fand, hatte er bereits soviel Blut verloren, dass jede Hilfe zu spät kam. MRK


S. 14 Ostpreussische Familie

Unter dem Ostermond
»Am Himmel ist aber schon Frühling«, sagte unsere Tschotka

Wenn bei uns zu Hause die Seen noch halb zugefroren waren und zwischen den braunen Ackerfurchen noch Schneestreifen von schmutzigem Weiß lagen, sagte unsere Tschotka schon: „Am Himmel ist aber schon Frühling.“

Man musste es ihr glauben, denn sie war die gewichtigste Persönlichkeit auf unserm Hof. Gern möchte ich über sie die allerschönste Geschichte schreiben, aber da muss ich noch ein wenig zuwarten und hoffen, dass mir etwas von ihrer Weisheit wird und ich mich so auskenne in den Herzen der Menschen wie sie, der Menschen auf der Erde unter dem Himmel! Wer aus unserer Gegend ist, wird sie sowieso kennen, denn weit und breit war sie ja „die Tschotka“.

Ja, sie kannte sich aus, nicht nur auf der Erde, sie war auch auf dem Himmelsgewölbe zu Hause. Sie teilte unser Jahr und unsere Jahre nach den Monden ein. Es standen ihr aber auch andere Hilfsmittel der Zeitrechnung zur Verfügung: „Der Hansche wurde jeboren, wie der Flachs jedengelt wurde, und der Tante llsche ihre Hochzeit, das war jleich nach Kartoffelgraben.“

Aber natürlich besaß sie zum Vergleich und zur Bestätigung auch einen Kalender. Dieser Kalender wiederum war auch sehr bedeutsam, weil sie in ihm richtig zu lesen verstand. Und was in Tschotkas Kalender stand, das hatte Hand und Fuß.

Und weil „am Himmel schon Frühling war“, wenn auf der Erde noch der Schnee lag, war es für mich leicht, zu behalten, dass Ostern am ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond gefeiert wird. Da hatten meine Lehrer keine Plage, mir das beizubringen.

Weißglänzend beschien er das weite Land, wenn wir auf unserm Hof standen, wie ich eben jetzt hinter unserm Häuschen stand. Ich sehe genau, dass Jupiter damals auch im Süden stand, aber unter ihm lief nicht die Asphaltstraße, unter ihm begann der große Wald. Ein Wald, der nie und nirgends ein Ende hatte. Und der Orion, unsere Tschotka nannte ihn „den großen Jäger“, er stand damals auch im Norden, ja, gerade über unserer Scheune. Und wo der Hofhund lag, gerade darüber zeigte sie uns den „Kleinen Hund“, der rannte natürlich hinter dem großen Jäger über den Himmel. Hunde müssen ja immer rennen, manchmal sah es auch aus, als würde er ihn einholen. Aber am meisten liebte ich schon damals das W-förmige Sternbild der Kassiopeia, auch sie sehe ich im Norden über unserer Scheune. Ich glaube, ich war in den schönen Namen Kassiopeia verliebt. Wie das klingt! Da lebt unser ganzes ostpreußisches Ei.

Und über uns stand der Große Bär, genau wie heute auch. Wir nannten ihn den großen Wagen. Na ja, wir kennen den Bärenfang und erzählen von ihm allerlei Geschichten, aber mit Bären selbst hatten wir in unserer Gegend wenig zu tun. Wir kannten sie nur aus dem Tiergarten in Königsberg und vom Jahrmarkt natürlich. Aber wie man auch verglich und verglich, ein Bär wollte sich aus diesem wunderbaren Sternenbild nicht formen. Aber der große Wagen, das war er! Die Räder da, die Deichsel vorn, ein wenig gebogen, als wollten wir gerade um die Ecke kutschieren. Ja, mit Wagen, da wussten wir Bescheid.

Deshalb sage ich heute auch noch großer Wagen zum Großen Bären und ich möchte ihn jetzt besteigen können und durch die Nacht, diese helle Osternacht, zur Heimat fahren können. Von ferne schon würde uns der Giebel unseres weißen Hauses entgegen leuchten, denn darüber steht ja noch genau wie damals unser Abendstern, und er würde uns wieder grüßen, wie er uns immer grüßte, wenn wir durch die helle Mondnacht einer Osterfahrt nach Hause fuhren. Unser Stern!

Die Erde haben sie uns genommen, den Himmel konnten sie uns nicht nehmen. Der Himmel wird uns helfen, dass wir wieder auf der Erde unserer Heimat stehen können, wenn wir zum Himmel hinaufsehen wollen.

Hedy Groß


Liebe Leserinnen und Leser,

die Redaktion der Preußischen Allgemeinen Zeitung ist stolz, mit Ruth Geede die älteste noch tätige Journalistin der Welt in ihren Reihen zu haben. Dabei sind es nicht allein preußische Pflichterfüllung und ein selbst im hohen Alter nicht erlahmender Schaffensdrang, sondern es ist die Verbundenheit mit „ihren“ Ostpreußen, die sie auch im 99. Lebensjahr noch immer Tag für Tag am Schreibtisch sitzen lässt. Ihr Wirken geht weit über das gedruckt Nachlesbare hinaus, stellt sie doch gern nicht nur Landsleuten ihr unerschöpfliches Wissen über Ostpreußen zur Verfügung.

Seit Jahrzehnten erscheint in unserer Zeitung wöchentlich aus ihrer Feder die „Ostpreußische Familie“. In dieser Ausgabe suchen Sie die Kolumne allerdings vergeblich. Doch kein Grund zur Sorge, Ruth Geede hat die Feder nicht aus der Hand gelegt. Auch die Unermüdliche muss lediglich einmal eine längst verdiente Pause einlegen. Danach wird sie sich wieder an alter Stelle und in gewohnter Weise ihrer „Ostpreußischen Familie“ widmen.


Ende mit einer Träne im Auge
Nach 36 Jahren: Ostpreußenhilfe e.V. muss Arbeit wegen fehlender Nachfolge einstellen

Es ist eine schlechte Nachricht für Helfer und Notleidende: Nach mehr als 36 Jahren gibt die „Ostpreußenhilfe e.V.“, Tötensen, ihr beispielhaftes karitatives Wirken auf. Das beschloss der Vorstand des gemeinnützigen Vereins auf der diesjährigen Jahresversammlung. Als Grund wurden das hohe Alter und gesundheitliche Probleme der aktiven Mitglieder angegeben. Zudem gibt es keine Nachfolger und auch das Spendenaufkommen ging zurück. Und so gab es keinen anderen Ausweg: Zum Jahresende wird Schluss sein.

Das Hilfswerk unterstützt die in den alten Ostgebieten verbliebenen Deutschen, und zwar jene, die in besonderer Notlage sind, die das „Elend im Abbau“ erlitten haben. Das sind jene, die außerhalb der Ortschaften ihr Dasein fristen, in verfallenen Häusern, die das geringste Einkommen haben (weil sie in jungen Jahren als Deutsche am wenigsten verdienen konnten) und die praktisch von allen vergessen wurden. Sie waren es, die Gisela Peitsch, die spätere Vereinsvorsitzende, auf der ersten Reise in die Heimat aufsuchte. „Das könnte auch mein Schicksal sein“, lautete das Motto der gebürtigen Königsbergerin.

Aus sechs Adressen, die sie aus Masuren heimbrachte, wurden Hunderte. Ihr Mann Helmut, von Beruf leitender Redakteur, sorgte für Werbung in Zeitungen und Illustrierten, durch mehr als 150 Dia- und Filmvorträge in ganz Deutschland, als Reiseleiter in die Heimat sowie mit 15 Büchern über das heutige und einstige Ostpreußen.

Mehr als 22000 Pakete mit einem Gesamtgewicht von 255 Tonnen gingen an die Betreuten. Bargeld bewirkte zunehmend Wunder. Rührende Dankschreiben erreichten den Verein: „Ohne Eure Hilfe wäre ich vielleicht nicht mehr am Leben.“ – „Eine wunderbare Hilfe nach so langer Zeit!“ – „Danke für die Rettung. Mit Eurem Geld schaffte ich es, sofort operiert zu werden. Sonst sollte ich ein Jahr auf einen Termin warten.“ – „Es baut uns auf, dass noch jemand im alten Vaterland an uns denkt.“

Während zahlloser Reisen besuchte die Vereinsvorsitzende ihre Betreuten. So lernte sie auch die Notlagen der Einzelnen kennen. Inzwischen hat sich die Lage zwar etwas gebessert; aber die Betroffenen sind alt geworden, und die Rente reicht kaum zum Leben.

Gisela Peitsch erhielt in Anerkennung ihres besonderen Einsatzes das Bundesverdienstkreuz, die Goldmedaille der Gemeinde Rosengarten sowie das Ehrenzeichen der Landsmannschaft Ostpreußen. Kaiserenkel Prinz Louis Ferdinand empfing sie auf dem Schloss Hohenzollern. Nun soll die große, besondere Hilfsaktion ein Ende haben. Dazu die Vorsitzende: „Im Moment ist es für mich noch unvorstellbar, ab Ende des Jahres keine Hilfe mehr leisten zu können; aber ich bin einsichtig genug, den Beschluss der Auflösung zu akzeptieren, wenn auch mit Tränen in den Augen.“

Möge es ein Trost für sie sein, dass neuerdings auch ihr Geburtsort an sie erinnert: Ein Architektur-Denkmal (finanziert durch eine zweckgebundene Spende) am Königsberger Dom, das die bedeutendsten Bauten der Hauptstadt Ostpreußens darstellt, trägt ein Bronzeschild mit der Inschrift (in Deutsch und Russisch): „Königsberger Wahrzeichen um 1930, Stifter Fördergesellschaft Ostpreußenhilfe e.V., Vorsitzende Gisela Peitsch, geboren in Königsberg 1930“. E.B.


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 101. GEBURTSTAG

Eggert, Gertrude, aus Königsberg, am 16. April

ZUM 100. GEBURTSTAG

Sokolis, Meta, geb. Patz, aus Fröhlichshof, Kreis Ortelsburg, am 21. April

ZUM 99. GEBURTSTAG

Faust, Emma, geb. Janzen, aus Waldheide, Kreis Tilsit-Ragnit, am 24. April

ZUM 97. GEBURTSTAG

Graumann, Anna, geb. Steinat, aus Absteinen, Kreis Ebenrode, am 21. April

ZUM 95. GEBURTSTAG

Reck, Paul, aus Kalthagen, Kreis Lyck, am 20. April

ZUM 94. GEBURTSTAG

Grüner, Erich, aus Wehlau, am 22. April

Kowalzik, Erwin, aus Moschnen, Kreis Treuburg, am 24. April

Ritter, Siegfried, aus Königsberg, Kaiserstraße 8, am 25. April

Schaumann, Erika, geb. Heister, aus Mülsen, Kreis Samland, am 24. April

Zwiklar, Liesbeth, geb. Druba, aus Rosenheide, Kreis Lyck, am 22. April

ZUM 93. GEBURTSTAG

Ilg, Irmgard, geb. Dorowski, verwitwete Palluck, aus Lyck, Kaiser-Wilhelm-Straße, am 20. April

Kaiser, Hildegard, geb. Monetha, aus Wiesenhöhe, Kreis Treuburg, am 21. April

Kristandt, Karl-Heinz, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 22. April

Liebert, Gerda, geb. Gurgsdies, aus Ansorge, Kreis Elchniederung, am 20. April

Pietz, Gerhard, aus Schölen, Kreis Heiligenbeil, am 22. April

Raschkowski, Agnes, geb. Petrikowski, aus Liebenberg, Kreis Ortelsburg, am 25. April

Wachk, Alfred, aus Rübenzahl, Kreis Lötzen, am 20. April

ZUM 92. GEBURTSTAG

Anton, Else, geb. Harder, aus Pillau, Kreis Samland, am 19. April

Behrendt, Gertrud, geb. Audehm, aus Alt Katzkeim, Kreis Samland, am 20. April

Fahres, Christel, geb. Langanke, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 24. April

Hansen, Marianne, geb. Kroll, aus Balga, Kreis Heiligenbeil, am 20. April

Hoffmann, Horst, aus Seckenburg, Kreis Elchniederung, am 19. April

Olschewski, Paul, aus Seenwalde, Kreis Ortelsburg, am 20. April

Sarubin, Kurt, aus Treuburg, am 19. April

Wierutsch, Heinz, aus Lyck, am 23. April

Ziemen, Walter, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 21. April

ZUM 91. GEBURTSTAG

Czychi, Mathilde, geb. Kowalzik, aus Moschnen, Kreis Treuburg, am 20. April

Eisenhardt, Gerda, geb. Räder, aus Kattenau, Kreis Ebenrode, am 25. April

Friesen, Waltraud, geb. Laborge, aus Kölmerdorf, Kreis Lyck, am 24. April

Fröhlich, Edith, geb. Baltrusch, aus Rauterskirch, Kreis Elchniederung, am 23. April

Gadge, Erna, geb. Kopiczenski, aus Lyck, von Mackensen-Straße, am 25. April

Kelch, Gerda, geb. Wollgramm, aus Lisken, Kreis Lyck, am 25. April

Konrad, Erich, aus Adlig Linkuhnen, Kreis Elchniederung, am 21. April

Kürten, Liesbeth, geb. Bombor, aus Saiden, Kreis Treuburg, am 21. April

Labelli, Erika-Martha, geb. Donder, aus Kalkofen, Kreis Lyck, am 25. April

Saloga, Herbert, aus Lahna, Kreis Neidenburg, am 21. April

Schnoor, Edeltraut, geb. Massat, aus Birkenmühle, Kreis Ebenrode, am 25. April

Siese, Margarete, geb. Nowotzin, aus Kobulten, Kreis Ortelsburg, am 24. April

Trappe, Gerhard, aus Klein Rauschen, Kreis Lyck, am 21. April

ZUM 90. GEBURTSTAG

Armstrong, Gerda, geb. Mahrenholz, aus Selsen, Kreis Elchniederung, am 21. April

Babst, Erna, geb. Pentzek, aus Plöwken, Kreis Treuburg, am 22. April

Bald, Irmgard, geb. Bartzik, aus Kielen, Kreis Lyck, am 25. April

Beckmann, Gertrud, geb. Gunia, aus Gardienen, Kreis Neidenburg, am 23. April

Durchholz, Sigrid, geb. Kohnke, aus Stobingen, Kreis Wehlau, am 19. April

Friedrich, Karl, aus Lindenort, Kreis Ortelsburg, am 19. April

Kasimir, Ursula, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 24. April

Nicklaus, Ursula, geb. Smolinski, aus Ebenrode, am 25. April

Peter, Anneliese, aus Dankfelde, Kreis Lötzen, am 22. April

Pick, Ludwig, aus Pettkuhnen, Kreis Wehlau, am 24. April

Schäfer, Else, geb. Franke, aus Kilianen, Kreis Treuburg, am 21. April

Seidler, Johann, aus Grünweide, Kreis Ebenrode, am19. April

Weber, Hildegard, aus Talken, Kreis Lyck, am 24. April

ZUM 85. GEBURTSTAG

Berger, Klaus, aus Allenburg, Kreis Wehlau, am 21. April

Budischewski, Erna, aus Rehfeld, Kreis Treuburg, am 19. April

Franke, Edith, geb. Leichert, aus Lyck, Falkstraße, am 24. April

Frisch, Gerda, geb. May, aus Sandhof, Kreis Samland, am 23. April

Gers, Friedrich, aus Krummfuß, Kreis Ortelsburg, am 22. April

Gienke, Irmgard, geb. Oppermann, aus Bolzhagen, Kreis Elchniederung, am 21. April

Hemmen, Hilde, geb. Prange, aus Herdenau, Kreis Elchniederung, am 24. April

Howe, Heinz, aus Gauleden, Kreis Wehlau, am 19. April

Huebner, Helmut, aus Tiefen, Kreis Lötzen, am 26. April

Jakobs, Karl-Heinz, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 20. April

Kolpak, Kurt, aus Lötzen, am 23. April

Langanke, Hannelore, geb. Langanke, aus Wehlau, am 23. April

Löll, Horst, aus Palmnicken, Kreis Samland, am 24. April

Machold, Hilde, geb. Krüger, aus Thierenberg, Kreis Samland, am 20. April

Meynhardt, Eva, geb. Schulz, aus Tranatenberg, Kreis Elchniederung, am 19. April

Pofalla, Ewald, aus Jakunen, Kreis Angerburg, am 21. April

Przygode, Adelheid, geb. Rilka, aus Liebenberg, Kreis Ortelsburg, am 24. April

Pudel, Arthur, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 23. April

Roth, Lilli, geb. Grundmann, aus groß Trakehnen, Kreis Ebenrode, am 24. April

Sahm, Erna, geb. Gnipp, aus Steintal, Kreis Lötzen, am 20. April

Sauter, Emma, geb. Scherwath, aus Matten, Kreis Ebenrode, am 21. April

Schmidt, Gerhard, aus Korschen, Kreis Rastenburg, am 21. April

Schminke, Irmtraut, geb. Milewski, aus Eichensee, Kreis Lyck, am 25. April

Schwagrzinna, Werner, aus Kölmersdorf, Kreis Lyck, am 24. April

Sudau, Hans-Dieter, aus Lindental, Kreis Elchniederung, am 19. April

Völler, Erika, geb. Wolff, aus Tutschen, Kreis Ebenrode, am 25. April

Waschnewski, Eduard, aus Neidenburg, am 20. April

Westphal, Alfred, aus Schackwiese, Kreis Elchniederung, am 19. April

Zielenski, Herbert, aus Omulefofen, Kreis Neidenburg, am 19. April

ZUM 80. GEBURTSTAG

Appelbaum, Günter, aus Groß Schöndamerau, Kreis Ortelsburg, am 19. April

Beck, Edith, geb. Kukla, aus Müllersbrück, Kreis Treuburg, am 25. April

Biallas, Erwin, aus Soffen, Kreis Lyck, am 20. April

Briem, Klaus-Dietrich, aus Revierförsterei Carben bei Wormditt, Kreis Braunsberg, am 20. April

Brune, Hannelore, geb. Molliasch, aus Thomken, Kreis Lyck, am 21. April

Charchulla, Horst, aus Willenheim, Kreis Lyck, am 25. April

Czarniewska, Erna, aus Lyck, am 25. April

Czukta, Karl, aus Groß Retzken, Kreis Treuburg, am 24. April

Gaeding, Johannes, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 24. April

Gilewski, Dieter, aus Neukirch, Kreis Elchniederung, am 21. April

Julius, Ilse, geb. Murach, aus Roddau Perkuiken, Kreis Wehlau, am 25. April

Kauz, Anneliese, geb. Biernath, aus Klein Jerutten, Kreis Ortelsburg, am 25. April

König, Ursula, geb. Lemke, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 20. April

Kubant, Hildegard, geb. Leimann, aus Keipern, Kreis Lyck, am 24. April

Madeyka, Adolf, aus Borschimmen, Kreis Lyck, am 20. April

Maurer, Ludwig, aus Lyck, am 20. April

Mazur, Anneliese, geb. Laborge, aus Kölmersdorf, Kreis Lyck, am 20. April

Palm, Meta, geb. Kullik aus Moithienen, Kreis Ortelsburg, am 21. April

Petter, Dietrich, aus Köthen, Kreis Wehlau, am 21. April

Rösnick, Regina, aus Warnicken, Kreis Samland, 20. April

Sasse, Anita, aus Treuburg, am 22. April

Schneidereit, Erwin, aus Wartenhöfen, Kreis Elchniederung, am 20. April

Schnidt, Ingrid, geb. Pommrenke, aus Gutten, Kreis Johannisburg, am 20. April

Seitz, Lothar, aus Lyck, am 25. April

Störmer, Anni, geb. Klunkat, aus Plibischken, Kreis Wehlau, am 19. April

Symanski, Ruth, geb. Hese, aus Gellen, Kreis Ortelsburg, am 21. April

Turowski, Alfred, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 25. April

Walsdorff, Dr. Johann-Heinrich, aus Pillau, Kreis Samland, am 24. April

Wiebusch, Irmgard, geb. Lemcke, aus Köthen, Kreis Wehlau, am 25. April

Woytt, Brigitte, geb. Guhl, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 20. April

Zielinski, Erika, geb. Schmidt, aus Schöndammerau, Kreis Neidenburg, am 25. April

ZUM 75. GEBURTSTAG

Baumgart, Egon, aus Canditten, Kreis Preußisch Eylau, am 21. April

Bläsing, Hildegard, geb. Bewernick, aus Rossen, Kreis Heiligenbeil, am 21. April

Gehra, Erika, geb. Podoll, aus Theerwisch, Kreis Ortelsburg, am 25. April

Giese, Ursula, geb. Sendtko, aus Griesen, Kreis Treuburg, am 23. April

Grimoni, Lorenz, aus Königsberg, am 19. April

Hakelberg, Hella, geb. Spörer, aus Ebenrode, am 22. April

Hecht, Ingrid, geb. Messerschmidt, aus Wehlau, am 21. April

Heinemann, Brigitte, geb. Koselke, aus Neukirch, Kreis Elchniederung, am 21. April

Hettenhausen, Ursula, geb. Kanning, aus Schleusen, Kreis Ebenrode, am 20. April

Jedamzik, Erwin, aus Stangenwalde, Kreis Sensburg, am 17. April

Kattillus, Werner, aus Groß Friedrichsdorf, Kreis Elchniederung, am 25. April

Kedziersky, Hannelore, geb. Marzian, aus Bergenau, Kreis Treuburg, und aus Gorlau, Kreis Lyck, am 19. April

Kock, Gisela, geb. Neumann, aus Köllmisch Damerau, Kreis Wehlau, am 20. April

König, Erna, geb. Lack, aus Seckenburg, Kreis Elchniederung, am 23. April

Komm, Martin, aus Poppendorf, Kreis Wehlau, am 25. April

Krämer, Dr. Gisela, geb. Angrabeit, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 22. April

Mickoleit, Manfred, aus Wabbeln, Kreis Ebenrode, am 23. April

Punke, Ingrid, geb. Platzek, aus Kornau, Kreis Ortelsburg, am 20. April

Rekitttke, Edeltraut, geb. Salzmann, aus Jürgenrode, Kreis Ebenrode, am 19. April

Rückwart, Ingrid, geb. Papin, aus Schiewenau, am 25. April

Schmidt, Brigitta, geb. Grust, aus Herrendorf, Kreis Treuburg, am 21. April

Schüller-Kreuer, Brigitte, geb. Zink, aus Königsberg, Preußen, am 20. April

Stanko, Wolfram, aus Neukirch, Kreis Elchniederung, am 19. April

Sumionka, Hans-Jürgen, aus Wehlau, am 25. April

Thiel, Albrecht, aus Canditten, Kreis Preußisch Eylau, am 20. April

Thoms, Jürgen, aus Moptau, Kreis Wehlau, am 25. April

Tiedemann-Möller, Dorothea, geb. Neumann, aus Köllmisch Damerau, Kreis Wehlau, am 20. April

Zipplies, Horst, aus Legenquell, Kreis Treuburg, am 22. April

Diamantene Hochzeit

Donder, Günter, aus Stettenbach, Kreis Lyck, und Ehefrau Edith, geb. Kania, aus Kutzen, Kreis Lyck, am 19. April

Malchow, Fritz, aus Diedrichshagen, und Ehefrau Margarete, geb. Walterkewitz, aus Hochmühlen, am 23. April

Pinno, Walter, aus Angertal, und Ehefrau Elisabeth, geb. Sistig, am 22. April


S. 16-17 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BUND JUNGES OSTPREUSSEN

Vorsitzender: Stefan Hein, Gst.: Buchtstr. 4, 22087 Hamburg, Tel.: (040) 4140080, E-Post: kontakt@junge-ostpreussen.de, www.junge-ostpreu­ssen.de.

BJO-Sommerfahrt vom 21. Juli bis 1. August 2014 nach Nordostpreußen mit Besuchen in Königsberg, Trakehnen, auf der Kurischen Nehrung und in der Rominter Heide. Die vollständige Einladung mit allen Einzelheiten ist unter www.junge-ostpreussen.de zu finden. Anmeldeschluss: 20. Juni 2014 (Visapflicht).

 

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Landesgruppe – 17./18. Mai: Deutschlandtreffen der LM Ostpreußen in Kassel. 12. bis 18. Mai: Busfahrt der Landesgruppe zusammen mit der AdM Mannheim. Kommen Sie mit nach Holland und besuchen Sie mit uns den weltschönsten Frühlingspark Keukenhof und das Deutschlandtreffen der Ostpreußen in Kassel. Reiseroute: 1. Tag: Busfahrt Mannheim Rotterdam, Stadtbesichtigung und Hafenrundfahrt. 2. Tag: Führung Den Haag, Eintritt Porzellanmanufaktur Delft, Besichtigung einer Käserei und der Stadt Gouda. 3. Tag: Besuch Tulpenland Keukenhof inklusive Eintritt.

4. Tag: Amsterdam mit Stadtführung und Grachtenfahrt. 5. Tag: Rotterdam – Kassel – Baunatal, unterwegs Besichtigung der Windmühlen von Kinderdijk.

6. und 7. Tag: Deutschlandtreffen in Kassel und Rückreise. Leistungen: Vier Übernachtungen mit Halbpension im Vier-Sterne-Hotel in Rotterdam, zwei Übernachtungen mit Halbpension im Best Western Ambassador in Kassel-Baunatal, Führung und Hafenrundfahrt in Rotterdam, Führung in Den Hag, Eintritt Porzellanmanufaktur Delft, Besichtigung Käserei mit Kostprobe, Besuch inklusive Eintritt Tulpenland Keukenhof, Stadtführung und Grachtenfahrt Amsterdam, Eintritt Deutschlandtreffen, Busfahrt Mannheim – Holland – Kassel – Mannheim inklusive aller Rundfahrten. Preis pro Person im Doppelzimmer 660 Euro, Einzelzimmerzuschlag 148 Euro. Durch Krankheit sind drei Plätze frei geworden, Melden Sie sich bitte umgehend an. Anmeldungen richten Sie bitte an Uta Lüttich, 70192 Stuttgart, Feuerbacher Weg 108, Telefon (0711) 854093 oder Uwe Jurgsties, Kirschblütenweg 13, 68542 Heddesheim, Telefon (06203) 43229.

Mittwoch, 23. April, 18 Uhr, Haus der Heimat, Großer Saal, Schloßstraße 92, Stuttgart: Vortrag der Landesgruppe. Zweiter Vortrag aus der Reihe der Wintervorträge 2014. Karla Weyland, Landesfrauenreferentin LOW Hessen: „Hermann Löns, Natur- und Heimatdichter, Naturforscher und -schützer“. – Sonnabend, 3./Sonntag 4. Mai, Bad Mergentheim: Delegierten- und Kulturtagung mit einer Preußischen Tafelrunde und einem reichhaltigen kulturellen Programm. Die Landesgruppe Westpreußen organisiert eine Busfahrt von Stuttgart nach Bad Mergentheim mit Zusteigemöglichkeiten in Pforzheim, Ludwigsburg, Heilbronn. Der Pauschalbetrag wird mit 40 Euro veranschlagt. Dieser beinhaltet das gemeinsame Essen der Tafelrunde sowie Busfahrt und Eintrittspreise. Die Vorsitzenden der Gruppen werden gebeten, an der Tagung teilzunehmen. Nähere Auskünfte und Anmeldung bei Hans-Werner Schwalke, Wilhelm-Stähle-Straße 8, 70736 Fellbach, Telefon (0711) 512907, Fax (0711) 5160341.

Esslingen – Donnerstag, 24. April, ab 14.30 Uhr, Gaststätte Waldheim, Esslingen-Zollberg: Die Gruppe lädt unter dem Motto „April, April ..., Frühling und Ostern“, zur gemütlichen Kaffeerunde mit musikalischer Umrahmung ein.

Ludwigsburg – Mittwoch, 23. April, 15 Uhr, Kronenstuben, Kronenstraße 2: Stammtisch. – Für das Deutschlandtreffen am 17./18. Mai in der Messe Kassel bietet die Landesgruppe eine Busfahrt vom 12. bis 18. Mai mit vorherigem Besuch von Rotterdam, Den Haag, Gouda, Keukenhof und Amsterdam in Holland an.

Reutlingen – Die Gruppe fährt zum großen Heimattreffen aller Ostpreußen aus nah und fern nach Kassel. Das Treffen findet vom 17. bis 18. Mai in der Messe Kassel statt. Die Fahrt geht ab Reutlingen vom 16. bis 19. Mai, also vier Tage mit drei Übernachtungen mit Frühstück in das Viersterne Waldhotel Schäferberg Espenau bei Kassel. Leistungen: Busfahrt, drei Übernachtungen, dreimal Frühstücksbüffet. Der Transfer zur Messe und zum Heimattreffen ist inklusive. Am Tag der Anreise ist noch eine Stadtrundfahrt in Kassel und die Besichtigung der Wilhelmshöhe geplant. Auch für Sonntag, 18. Mai, nach dem Treffen, wird es noch eine Überraschung geben. Am Montag, 19. Mai, wird die Gruppe nach dem Frühstück auf der Heimfahrt den Edersee besuchen. Nach Absprache ist eine Schifffahrt möglich. Die Kosten für Fahrt, Übernachtung und Frühstück betragen 300 Euro pro Person. Alle Landsleute und Freunde der unvergessenen, verlorenen Heimat sind herzlich eingeladen mitzufahren, denn: Ostpreußen lebt! Weitere Auskunft bei Ilse Hunger, Telefon (07121) 52541. Es sind noch Plätze frei. Es werden wieder interessante und unvergessliche Tage werden.

Stuttgart – Donnerstag, 8. Mai, 14.20 Uhr, Haus der Heimat, Großer Saal, Schloßstraße 92: Jahreshauptversammlung der Kreisgruppe mit Berichten des 1. Vorsitzenden, des Kassenwarts, der Leiterin der Frauengruppe und der Kassenprüfer. Anschließend Aussprache und Antrag auf Entlastung für das Jahr 2013. Anschließend wird ein Film über Ostpreußen gezeigt. Gäste sind herzlich willkommen.

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Altmühlfranken – Sonnabend, 17., bis Sonntag, 18. Mai: Deutschlandtreffen der Ostpreußen in Kassel. Gemeinsame Fahrt mit dem Reisebus nach Kassel.

München – Jeden Montag, 18 bis 20 Uhr, Haus des Deutschen Ostens: Ostpreußischer Sängerkreis. Kontakt: Dr. Gerhard Gräf, Offenbachstraße 60, 85598 Baldham, Telefon (08106) 4960.

Nürnberg – Dienstag, 22. April, 15 Uhr, Haus der Heimat, Nürnberg-Langwasser (Endstation U 1): Jahreshauptversammlung.

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Angerburg, Darkehmen, Goldap – Donnerstag, 24. April, 14 Uhr: Restaurant „Oase Amera“, Borussiastraße 62, 12102 Berlin: Kleinostern in Ostpreußen. Anfragen: Marianne Becker, (030) 7712354.

Königsberg, Samland, Labiau – Freitag, 24. April, 14 Uhr, Johann-Georg-Stuben, Johann-Georg-Straße 10, 10709 Berlin: Treffen der Gruppen. Informationen bei Prof. Wolfgang Schulz, Telefon (030) 2515995.

Bartenstein – Sonnabend, 26. April, 14 Uhr, Rathaus Zehlendorf Zimmer 21, Kirchstraße 1 – 3, 14163 Berlin. Anfragen: Elfriede Fortange (030) 4944404.

 

BREMEN

Vorsitzender: Helmut Gutzeit, Telefon (0421) 25 09 29, Fax (0421) 25 01 88, Hodenberger Straße

39 b, 28355 Bremen. Stellvertrende Vorsitzende: Marita Jachens-Paul, Ratiborer Straße 48, 27578 Bremerhaven, Telefon (0471) 86176. Landesgeschäftsführer: Jörg Schulz, Am Anjes Moor 4, 27628 Uthlede, Telefon (04296) 74 77 01.

Bremerhaven – Freitag, 25. April, 13.45 Uhr, Historisches Museum: Führung, Dauer knapp zwei Stunden. Anschließend gemeinsames Kaffeetrinken im Café Villa Seebeck.

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Kippingstr. 13, 20144 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Fried-rich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

BEZIRKSGRUPPE

Hamburg/Bergedorf – Freitag, 25. April, 15 Uhr, Haus des Begleiters, Harders Kamp 1: Treffen der Frauengruppe. Thema: „Auf unserer Wiese gehet was … es ist der Storch“.

Hamburg/Wilhelmsburg –Montag, 28. April, 15 Uhr, Gasthaus Waldquelle, Meckelfeld, Höpenstraße 88, (mit Bus 443 bis Waldquelle): Heimatnachmittag.

KREISGRUPPE

Insterburg – Die Gruppe trifft sich jeden 1. Mittwoch im Monat (außer Januar und Juli) mit Liedern und kulturellem Programm um 12 Uhr, Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123–125. Kontakt: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg. Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

Sensburg – Sonnabend, 26. April, 14 Uhr, Café Prinzess, Alsterdorfer Straße 572, Hamburg-Ohlsdorf: Jahreshauptversammlung. Um zahlreiches Erscheinen wird gebeten.

 

HESSEN

Vorsitzender: Eberhard Traum, Wächtersbacherstraße 33, 63636 Brachtal, Telefon (06053) 708612.

Darmstadt-Dieburg – Sonnabend, 3. Mai, 15 Uhr, Bürgerhaus am See, Grundstraße 10, Neu-Kranichstein: Treffen der Gruppe. Nach dem Kaffeetrinken lautet das Motto „Fröhlich in den Frühling“. Unter musikalischer Begleitung wird mit Gesang, Gedichten und kleinen Geschichten der Lenz begrüßt.

Dillenburg – Bei der letzten Monatsversammlung sprach Gundborg Hoffmann über Leonardo da Vinci. Zunächst brachte sie ein Lebensbild dieses Universalgenies der Renaissance. Im Jahre 1482 trat da Vinci als Maler, Bildbauer und kriegstechnischer Berater in den Dienst des Herzogs Ludovico Sforza in Mailand. Für ihn organisierte er zunächst die Hoffeste, dann entwarf er auch die technischen Geräte dafür, dazu Festungen, Schloss- und Parkanlagen, Schleudern für Kanonenkugeln und vieles mehr. Auch die Proportionen des menschlichen Körpers beschäftigten ihn. In Mailand entstand sein berühmtes Werk „Das letzte Abendmahl“, das er in den Jahren 1495 bis 1498 im Refektorium des Dominikanerklosters Santa Maria delle Grazie als Wandgemälde malte, leider nicht als Fresko, sondern mit Öl- und Temperafarben, sodass es schon nach mehreren Jahren restauriert werden musste. Nach Leonardos Rückkehr nach Florenz entstanden dort mehrere Portraits wie die „Mona Lisa“ und die „Dame mit dem Hermelin“ sowie die „Heilige Anna selbdritt“. Nach dem Tode seines Gönners ging Leonardo da Vinci nach Venedig, dann nach Rom, wo er aber keine Aufträge vom Papst bekam. Schließlich folgte er 1517 der Einladung des französischen Königs Franz I. und verbrachte seine letzten Lebensjahre als Maler und Hofarchitekt auf dem Schlösschen Cloux bei Amboise, wo er 1519 starb. Leonardo da Vinci galt schon zu seiner Zeit als Universalgenie. Die Königin aller Wissenschaften war für ihn die Malerei, vor allem die Darstellung der Natur. Zu Beginn hatte Lothar Hoffmann zur Einstimmung einige Fotos vom „Abendmahl“, ein Selbstbildnis und einige Vorentwürfe zu anderen Werken gezeigt. – Die nächste Monatsversammlung findet am Mittwoch, 30. April, 15 Uhr, im Café Eck-stein, Königsberger Straße, statt. Dann wird Dietmar Balschun über die ostpreußische Grafikerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz unter dem Motto „Eine Künstlerin auf der Seite der Armen“ sprechen.

Kassel - Donnerstag, 8. Mai, 14.30 Uhr: Lesestunde mit Helge Tismer: „Ich will dir was erzählen“. Texte aus alten Schulbüchern. – Zum Heimatnachmittag am 3. April kamen 41 Mitglieder und Gäste. Eingangs berichtete Gerhard Landau über den Stand der Vorbereitungen für die große Fotoausstellung, welche die Kreisgruppe beim Deutschlandtreffen der Ostpreußen in Kassel organisiert. Nach der Plauderzeit bei Kaffee und Kuchen erlebten die Zuhörer einen ausnehmend interessanten Vortrag von Pfarrer Dr. Rolf Sauerzapf, früher Bundesgrenzschutzdekan, über das Thema: „Das freideutsche Meißnermanifest von 1913 und die deutsche Jugendbewegung“. In 12 Punkten skizzierte der bekennende Preuße aus dem Schwabenland den Weg zahlreicher im Aufbruch befindlicher Jugendkreise, die mit dem Treffen der „Freideutschen Jugend“ auf dem Hohen Meißner im Fulda-Werra-Bergland 1913 den Höhepunkt an Gemeinsamkeit und Zielsetzung fand. Ihr Selbstverständnis gipfelte in der berühmten „Meißnerformel“: „Die Freideutsche Jugend will aus eigener Bestimmung, vor eigener Verantwortung mit innerer Wahrhaftigkeit ihr Leben gestalten ...“. Gab es seither jemals ein Bekenntnis von Jugendbünden mit solch hehren Wertvorstellungen? Die Wandervogelbewegung stand vielen gesellschaftlichen Gegebenheiten durchaus kritisch gegenüber, verachtete aber niemals das eigene Vaterland mit seiner Geschichte. Das unterscheidet sie von den rebellischen oder auch antriebsarmen jungen Leuten nach 1968 in unserem Land. Dr. Sauerzapf vergaß in seinen Ausführungen auch die Aktivitäten der zahlenmäßig starken konfessionellen Jugendverbände nicht (zum Beispiel Pfadfinder, katholische und evangelische Jugend, CVJM), welche bei Abhandlungen über die Wandervogelbewegung und ihres Umfeldes oft übergangen werden. Der anschließende lebhafte Gedankenaustausch und ein kräftiger Applaus für den Referenten bewiesen, wie sehr die kenntnisreiche Beschreibung der historischen Jugendbewegung fesselte.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Braunschweig – Mittwoch, 23. April, Stadtparkrestaurant: Das angekündigte Treffen fällt aus! Das nächste Treffen findet am 28. Mai statt.

Helmstedt – Donnerstag, 8. Mai, 15 Uhr, Begegnungsstätte, Schützenwall 4: Treffen der Gruppe.

Holzminden – Freitag, 25. April, 15.30 Uhr, Felsenkeller: Jahreshauptversammlung. Im Anschluss daran wird Hans Henke einen Lichtbild-Vortrag von der Geschichte der heutigen Ruine der achteckigen Pfarrkirche in Rauterskirch halten.

Oldenburg – Bericht über Versammlung am 9. April – Zur Frauengruppe der Ost- und Westpreußen in Oldenburg war Karl-Heinz Bonk gekommen, um von seinen zahlreichen Reisen nach Westpreußen und Ostpreußen ein Kaleidoskop seiner vielen Bilder zu zeigen. „Man wirft ja nicht gern irgendwelche Bilder aus Ostpreußen weg“ ist seine Devise und so präsentierte er einen bunten Strauß von Bauwerken, Marktplätzen, Menschen und Landschaftsimpressionen, anfangend in Thorn, quer durch Ostpreußen bis zum Samland, zur Kurischen Nehrung, dem Memelland und bis nach Königsberg. Es kam keine Langeweile auf, weil Herr Bonk es versteht, die Konzentration und Neugier immer wieder auf jedes neue Bild zu lenken. Auch wenn die Bilder zum Teil von 1984 heute schon wieder Zeitdokumente sind, solche Impressionen der Heimat, vermengt mit eigenen Erlebnissen, sind immer wieder eine Erinnerung wert. Es blieb gerade noch Zeit für das Ostpreußenlied, dann war der Nachmittag vorbei. – Im nächsten Monat, am 14. Mai, unternimmt die Gruppe einen Ausflug mit dem BdV Oldenburg nach Norden zum Dokumentationszentrum Tidofeld. Freunde und Bekannte sind herzlich willkommen.

Osnabrück – Donnerstag, 24. April, 15 Uhr, Gaststätte Bürgerbräu, Blumenhaller Weg 43: Literaturkreis. – Freitag, 25. April, 15 Uhr, Gaststätte Bürgerbräu, Blumenhaller Weg 43: Treffen der Frauengruppe. – Dienstag, 6. Mai, 16.30 Uhr, Hotel Ibis, Blumenhaller Weg 152: Kegeln. – Bericht – Der stellvertretende Vorsitzende Gerhard Reihs konnte anlässlich der Jahreshauptversammlung, verbunden mit dem traditionellen Grützwurstessen, am 22. März im Parkhotel Osnabrück zahlreiche Mitglieder und Gäste begrüßen. Anschließend wurde der Verstorbenen gedacht, die durch Kriegseinwirkung sowie Flucht und Vertreibung ihr Leben verloren. Die einzelnen Vorstandsmitglieder trugen ihre Tätigkeitsberichte vor. Gertrud Franke als Kulturreferentin wies darauf hin, dass nach fast sieben Jahrzehnten nach Flucht und Vertreibung der Kreis der Erlebnisgeneration immer kleiner werde. Darum bleibe es nach wie vor die Aufgabe und Verpflichtung, bei Kindern und Enkelkindern sowie einheimischen Freunden das Interesse an unserer ost- und westpreußischen Heimat zu wecken und weiterhin zu pflegen. Danach berichtete sie von den einzelnen Veranstaltungen, die im Jahr 2013 stattfanden wie das Erntedankfest, die Adventsfeier und die Treffen des Literaturkreises. Der Literaturkreis trifft sich alle vier Wochen und wird von dem Ehepaar Adelheid und Wilhelm Holtmann geleitet. Die Frauengruppe unter Leitung von Lore Müller trifft sich alle vier Wochen. Der Jahreszeit entsprechend werden Geschichten und Gedichte vorgelesen. Aber auch im Ostpreußenblatt erschienene Berichte, zum Beispiel über Elisabet Böhm, Gründerin des Landfrauenverbandes, über die Firma Maggi, deren Name noch heute in aller Munde ist, oder über die Firma Beiersdorf, Hersteller von Niveacreme, Labello und anderer Erzeugnisse, wurden vorgelesen und anschließend dis-kutiert. Barbara Kleine gab einen Überblick über ihre Aufgaben als Pressereferentin. Darüber hinaus erledigt sie verschiedene schriftliche Arbeiten für die Landsmannschaft. Seit über 20 Jahren leitet sie den Kegelclub „Marjellchen und Lorbasse“, der sich ebenfalls alle vier Wochen trifft. Dem Schatzmeister Heinz Bruweleit wurde durch den Kassenprüfer Ewald Kleine eine ordnungsgemäße Kassenführung bestätigt, so dass ihm Entlastung erteilt werden konnte. Auch in diesem Jahr standen Wahlen an. Ewald Kleine fungierte als Wahlleiter. Da Peter Reimer als Vorsitzender sein Amt niederlegte, ist dieser Posten zurzeit vakant. Der stellvertretende Vorsitzende Gerhard Reihs stellte sich aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zur Wahl. Dieses Amt übernahm Dietmar Kutz. Der Vorstand setzt sich wie folgt zusammen: Stellvertretender Vorsitzender Dietmar Kutz, Schatzmeister Heinz Bruweleit, Kulturreferentin und Schriftführerin Gertrud Franke, Pressereferentin und Referentin für Hobby und Freizeit Barbara Kleine, Frauenreferentin Lore Müller, Beisitzerin Else Tober, Kassenprüfer Felicitas Thiede und Ewald Kleine. Dietmar Kutz dankte dem ausscheidenden stellvertretenden Vorsitzenden Gerhard Reihs für den jahrelangen Einsatz für die Landsmannschaft. Anschließend genossen alle das schmackhafte Grützwurstessen.

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Landesgruppe – Für die Fahrt zum Ostpreußentreffen am 17./18. Mai in Kassel sind noch einige wenige Plätze frei, ebenso Zimmer im gebuchten Hotel. Bei Interesse bitte melden bei Manfred Ruhnau, Kreisgruppe Bonn, Telefon (02241) 311395.

Dortmund – Jeden dritten Montag von 14.30 bis 16.45 Uhr Treffen in der Heimatstube Märkische Straße. Auskünfte erteilt Marlies Hein unter Telefon (0209) 98894112.

Düsseldorf – Jeden Mittwoch, 18.30 bis 20 Uhr, GHH/Eichendorff-Saal, 1. Etage: Chorprobe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft Ostpreußen – Westpreußen – Sudetenland. – Mittwoch, 23. April, 14 Uhr: Führung durch die Joseph-Schmidt-Ausstellung mit Dr. Katja Schlenker. – Mittwoch, 23. April, 15 Uhr, Eichendorff-Saal: Film „Ein Lied geht um die Welt“ (1933). – Mittwoch, 30. April, 13 Uhr: Führung durch die Joseph-Schmidt-Ausstellung mit Dr. Katja Schlenker. – Montag, 5. Mai, 19 Uhr, Staatskanzlei NRW: „25 Jahre Umbruch in Ostmitteleuropa und 10 Jahre EU-Mitgliedschaft der Republiken Polen und Tschechei“. Podiumsdiskussion. – Mittwoch, 7. Mai, 15 Uhr, Eichendorff-Saal: Film „08/15“, Teil 2 (D1955). – Mittwoch, 7. Mai, 15 Uhr, GHH/Raum 311/Siebenbürger Sachsen: Ostdeutsche Stickerei mit Helga Lehmann und Christel Knackstädt. – Freitag, 9. Mai, 18 Uhr, Restaurant Lauren’s, Bismarckstraße 62: Stammtisch.

Essen – Sonnabend, 23. August, 14 Uhr, St. Anna-Kapelle, Essen-Rellinghausen: 25. Ortstreffen mit Dankmesse, die Pfarrer Norbert Klobusch hält. Danach um 15 Uhr gemütliches Beisammensein in der Gaststätte Zum Blücherturm, Oberstraße 24. Kuchen ist erwünscht. Anmeldungen bis zum 10. August bei Paula Bujna, geb. Behlau, unter Telefon (0201) 718602, erbeten.

Gütersloh – Donnerstag, 8. Mai, 15.30 Uhr, Gütersloher Brauhaus, Unter den Ulmen 9: Treffen der ostpreußischen Frauengruppe.

Neuss – Peter Pott bleibt für die nächsten 2 Jahre Kreisvorsitzender im Bund der Vertriebenen Neuss e.V. – Ob Peter Pott überhaupt zur Kreisversammlung mit Wahl des Vorstands kommen würde, war bis zum letzten Tag ungewiss, aber dann wurde er am Freitag, 4. April, aus dem Krankenhaus entlassen und stellte sich zur Erleichterung aller am Sonnabend, 5. April, zur Wahl. Er wurde einstimmig wieder gewählt, ebenso wie die stellvertretenden Vorsitzenden Dr. I. Sigrid Bießner und Klaus Folkert und die Schatzmeisterin Gisela Kuntze. Regina Dudzic und Rosemarie Merkel führen das Amt der Kassenprüfer aus. Die Arbeit im Kreisverband soll dazu beitragen, die Kultur der Deutschen im Osten zu bewahren. Für 2014 schließen wir uns dem Leitwort des Bund der Vertriebenen Deutschland an: „Deutschland geht nicht ohne uns.“ Dieses Leitwort 2014 soll ein Fenster öffnen und den Blick auf den kreativen Beitrag der Vertriebenen und ihrer Nachkommen zur Entwicklung Deutschlands lenken. Denn wer genau hinsieht erkennt: Deutschland geht nicht ohne uns! – Donnerstag, 24. April, 15 bis 18 Uhr, Ostdeutsche Heimatstube, Oberstraße 17: Tag der offenen Tür mit Kaffee und Kuchen. – Sonntag, 27. April, 15 Uhr (Einlass 14 Uhr), Marienhaus, Kapitelstraße 36: Frühlingsfest mit Tanz, Vorträgen und einer Tombola. – Freitag, 16., bis Montag, 19. Mai: Jahresausflug nach Kassel mit Besuch des Deutschlandtreffens der Ostpreußen am 17. und 18. Mai. Anmeldung bei Peter Pott, Zollstraße 32, 41460 Neuss, Telefon (02131) 3843400. Programm bitte anfordern.

Wermelskirchen – Die diesjährige Mitgliederversammlung mit einem Frühlingsfest der Landsmannschaft fand am 5. April statt. Der 2. Vorsitzende Günter Kehler begrüßte die Anwesenden und nach der Totenehrung für die 2013 verstorbenen Mitglieder wurde das Ostpreußenlied gesungen. Er übermittelte an den erkrankten langjährigen Vorsitzende Fritz Margenberg die besten Genesungswünsche und den Dank der Mitglieder für die geleistete Arbeit. In seinem Rechenschaftsbericht berichtete Kehler über die Tätigkeiten des Vorstandes im letzten Jahr. Leider können immer weniger Mitglieder auf Grund von Erkrankungen zu den Veranstaltungen kommen. Deshalb und auf Grund der Todesfälle wird die Mitgliederzahl deutlich geringer und es stellt sich die Frage, wie es mit der Landsmannschaft weitergehen soll. Das Thema wurde zur Diskussion gestellt und in einer Abstimmung sprachen sich die Mitglieder mehrheitlich für ein weiteres Bestehen der Landsmannschaft aus. Es ist weiterhin wichtig, dass die Erinnerung an die Heimat und die Verbindungen aufrechterhalten bleiben. Eva Laskowski erstatte ihren Kassenbericht. Leider ist im vergangenen Jahr ein geringer Minusbestand zu verzeichnen. Danach erfolgte die Neuwahl des Vorstandes. Da Fritz Margenberg auf Grund seiner Erkrankung nicht mehr kandidieren konnte, wurde Günter Kehler als Vorsitzender gewählt. Weitere Vorstandsmitglieder: Kassiererin Eva Laskowski, Schriftführer Alfred Heßke, Beisitzer Hannelore Heßke und Georg Witt. Fritz Margenberg wurde auf Grund seiner langjährigen Verdienste zum Ehrenvorsitzenden gewählt. Rita Riemann, die viele Jahre im Vorstand tätig war, kandidierte nicht mehr. Die Landsmannschaft dankt für lange Arbeit im Vorstand. Kehler wies auf die Veranstaltungen in diesem Jahr hin und bat um rege Teilnahme.

Nach dem offiziellen Teil begann das Frühlingsfest mit einem zünftigen Grützwurstessen. Alfred Heßke eröffnete den Unterhaltungsteil und erinnerte an die Fahrten nach Nordostpreußen. Mit besinnlichen und heiteren Gedichten und Geschichten verschiedener Vorstandsmitglieder verlief die Zeit wie im Fluge und mehrere Teilnehmer brachten zum Ausdruck, dass das ein gelungener Nachmittag war.

Wesel – 60 Jahre Kreisgruppe Wesel e.V. – In einem Festakt wurde am 8. März an den Gründungstag 21. Februar 1954 gedacht. Mit dem Musikstück „Wir spielen Euch ein schönes Lied“ leitete der Bläser-Chor Wesel /Feldmark, unter der Leitung von J.F. Bossow, den Festakt ein. Während sich alle von den Plätzen erhoben, wurden die Fahnen von Ost- und Westpreußen, getragen von Manfred Rohde und Hans Laukmichel, in den Parkettsaal der Niederrheinhalle hereingetragen. Im Anschluss folgte der Choral: „Lobe den Herrn“. Der 1. Vorsitzende Paul Sobotta begrüßte die Versammlung mit den Worten: „Ja, wir sind jetzt in Ostpreußen und Westpreußen“. Alles, was Rang und Namen hatte, hieß er herzlich willkommen : Bürgermeisterin Ulrike Westkamp, die Fraktionsvorsitzenden der SPD, Ludger Hovest, und der CDU, Jürgen Linz, Volker Haubitz, stellvertretender Bürgermeister, CDU-Stadtrat Karlheinz Ortlinghaus und Margit Oesterling von der FDP. Begrüßt wurden weiter: Gisela Stelzer vom BdV Wesel, der Landesvorsitzende der Ostpreußen Nordrhein-Westfalen, Jürgen Zauner, sowie der Landesobmann der Westpreußen Nord-rhein-Westfalen, Heinz Muhsal, von den ansässigen Landsmannschaften in Wesel: Hartmut Stelzer mit Gattin von der Landsmannschaft Schlesien (in der Hirschberger Tracht aus dem Riesengebirge), Hans-Joachim Frank mit Gattin von der Pommerschen Landsmannschaft (in der Jagmunder Bauern- und Fischertracht), Kurt Pautz mit Gattin von der Landsmannschaft Weichsel/Warthe, Karlheinz Gruß mit Gattin von der Sudetendeutschen Landsmannschaft. Schriftliche Grußworte kamen vom Kreisvertreter der Rastenburger, Hubertus Hilgendorff mit Gattin, sowie von Direktor Veit Veltzke vom Preußen-Museum Wesel. Mit den Worten „Was ist Ostpreußen ohne Soldaten und seine Pferde“ begrüßte der 1. Vorsitzende eine zehnköpfige Gruppe von Bundeswehrkameraden aus seiner Dienstzeit 1961/62, vorweg Oberstleutnant a. D. Michael Hellmich, der seinen Dienst beim Deutsch-Niederländischen Corps versehen hatte. Ebenfalls begrüßt wurde der Bläserchor-Wesel /Feldmark, die BdV-Vorsitzende von Kamp Lintfort, Ruth Grüner, den früheren stellvertretenden Landrat vom Kreis Wesel Karl Göllmann mit Gattin. Die Hauptsolistin an der Querflöte, Brigitte Tünker, die einige selbstkomponierte Stücke von Friedrich dem Großen spielte, wurde ganz besonders begrüßt. Durch eine Programmänderung richtete vorab die Weseler Bürgermeisterin Ulrike Westkamp ausgewogene Grußworte über Flucht und Vertreibung an die Festversammlung und sprach auch über das Einleben in die total zerstörte Stadt Wesel. Danach vollzog die 2. Vorsitzende Irma Laukmichel die Totenehrung und anschließend spielte die Damen-Mundharmonika-Gruppe das Lied: „Ich hatt‘ einen Kameraden ...“ Der 1. Vorsitzende gab einen ausführlichen Rückblick des 60-jährigen kulturpolitischen Einsatzes der Landsmannschaft für die ostdeutsche Heimat. Besonders erwähnt wurden die vorhergehenden Vorsitzenden: Frau Raddatz-Meusel, die 11 Jahre die Landsmannschaft leitete, sowie Kurt Koslowski, der 25 Jahre mit seiner Frau Waltraut die Gruppe leitete. Natürlich erwähnte der 1. Vorsitzende auch die 25. Preußische Tafelrunde. Sie geht auf Friedrich den Großen zurück. Dr. Veltzke vom Preußenmuseum Wesel hatte Bilder Friedrich des Großen von Sanssouci und der Preußischen Tafelrunde zur Verfügung gestellt, die den Querflöten-Vorträgen von Brigitte Tünker einen repräsentativen Hintergrund verliehen. Der 1. Vorsitzende fügte noch einen Bericht über den musizierenden und selbst komponierenden König bei. In der Festrede gab der 1. Vorsitzende eine detaillierte Rede über die taktischen Zeichen beider Landsmannschaften, Ostpreußen mit der Elchschaufel und Westpreußen mit dem Ordenskreuz des Ritterordens der Festgesellschaft zu Gehör, die mit viel Beifall bedacht wurde. Die 2. Vorsitzende sprach ein Gedicht über Ostpreußen, das mit den Worten endete: „Drum dank ich meinem Schöpfer, bin betend ich allein, der mich für wert befunden, Ostpreußens Sohn oder Tochter zu sein“. Es war eine Veranstaltung, die noch lange nachhallen wird.

 

RHEINLAND-PFALZ

Vors.: Dr. Wolfgang Thüne, Wormser Straße 22, 55276 Oppenheim.

Mainz – Donnerstag, 24. April: Besuch des römischen Gräberfeldes am Bettelpfad in Mainz-Weisenau nahe der Göttelmannstraße. Treffpunkt: 14 Uhr, Mainz, Bahnhofsplatz 2. – Jeden Freitag, 13 Uhr, Café Oase, Schönbornstraße 16, 55116: Die Gruppe trifft sich zum Kartenspielen. – Freitag, 16., bis Sonntag, 18. Mai: Busfahrt zum Deutschlandtreffen der Ostpreußen in Kassel. Die Fahrt wird von der Kreisgruppe Darmstadt durchgeführt. Auskunft erteilt der Vorsitzende Gerhard Schröder, Telefon (06151) 148788.

 

SACHSEN

Vorsitzender: Alexander Schulz, Willy-Reinl-Straße 2, 09116 Chemnitz, E-Mail: alexander.schulz-agentur@gmx.de, Telefon (0371) 301616.

Limbach- Oberfrohna – Sonnabend, 3. Mai, 14 Uhr, Esche Museum: Veranstaltung der Gruppe. Dieser Heimatnachmittag steht unter dem Motto: „Trakehnen und seine weltberühmte Pferdezucht“. Erinnerungen an die Heimat und die unvergessliche Tüchtigkeit der Vorfahren werden die Teilnehmer erfreuen und verbinden. Kultur und Brauchtum bleiben stets der Mittelpunkt der Veranstaltungen. In Großwaltersdorf (Sachsen) gibt es ein gemütliches kleines Landhotel Der Trakehnerhof. Familie Richter besitzt eine Trakehner Pferdezucht und ist jederzeit gerne bereit, Führungen durchzuführen. Sie zeigen voller Stolz ihre edlen Pferde. Dieser Nachmittag wird mit viel spannenden Erlebnissen erwartet. Ausstellungsstücke werden zu sehen sein, die an die Heimat erinnern. Diese Veranstaltung ist nur möglich durch die finanzielle Unterstützung des sächsischen Innenministeriums Dresden. Die Gruppe sagt herzlichen Dank dafür. Alle Landsleute und Gäste sind recht herzlich zu dieser interessanten Veranstaltung eingeladen.

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle, Telefon privat (0345) 2080680.

Gardelegen – Freitag, 25. April, 14 Uhr, Begegnungsstätte der Volkssolidarität: Ehrung Immanuel Kant mit Einweihung der Gedenktafel unter dem Straßenschild. Kaffetrinken.

Magdeburg – Dienstag, 22. April, 13.30 Uhr, Immermannstraße: Treffen der Stickerchen. – Freitag, 25. April, 16 Uhr, TuS, Zielitzer Straße: Treffen des Singekreises.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner. Geschäftsstelle: Telefon (0431) 554758, Wilhelminenstr. 47/49, 24103 Kiel.

Bad Malente – Freitag, 2. Mai, 18 Uhr, Restaurant-Bistro Marktplatz, Lindenallee 14: Traditionelles Fleck-, Königsberger Klopse und Wellwurst-Essen. Die Gruppe möchte nach alter ostpreußischer und schlesischer Art einen gemütlichen Abend gestalten, wobei jeder Einzelne zur Unterhaltung beitragen kann. Teilnehmer können auch Freunde und Bekannte mitbringen. Jeder Gast ist herzlich willkommen. Auch über die Teilnahme von Kurgästen freuen sich die Organisatoren. Es kann auch ein Gericht nach Karte bestellt werden. Um Anmeldung für das Essen bis spätestens 25. April wird gebeten im Blumenhaus Franck (Inhaber R. Dluzak), Bahnhofstraße 26, Malente. Teilnehmer von außerhalb können sich auch unter Telefon (04523) 2659 (Klaus Schützler) anmelden. Eine Portion Fleck, Königsberger Klopse oder Wellwurst kostet 9 Euro, dazu wird ein Schnaps gereicht.

 

THÜRINGEN

Vors.: Edeltraut Dietel, August-Bebel-Straße 8 b, 07980 Berga an der Elster, Tel. (036623) 25265.

Apolda, Jena, Hermsdorf –Sonntag, 18. Mai: Tagesfahrt zum Deutschlandtreffen der Ostpreußen, Messe Kassel. Für die Fahrt mit Reisebus sind noch ein paar Plätze frei. Info unter Telefon (03641) 926 43 01.

Erfurt – Dienstag, 13. Mai, 10 Uhr, Hauptfriedhof: Zentrale Gedenkveranstaltung des BdV Thüringen.

Jena – Freitag, 25. April, 14 Uhr, Gaststätte Schlegelsberg, Oskar-Zachau-Straße 6, 07749 Jena: Gruppentreffen mit Vortrag von Dr. Rubach über Ostpreußen in der Panorama. Alle Landsleute sind herzlich willkommen!


S. 18-19 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

GUMBINNEN

Kreisvertreter: Eckard Steiner, Schöne Aussicht 35, 65510 Idstein / Taunus, Telefon (06126) 4173, E-Mail: eck.steiner@ pcvos.com, Internet: www.kreis-gumbinnen.de.

Die Kreisgemeinschaft Gumbinnen kann ihrem Ehrenvorsitzenden Dietrich Goldbeck herzlich zum 100. Geburtstag gratulieren und mit großer Dankbarkeit an sein Wirken für seine ehemalige Heimatstadt erinnern.

Am 15. April 1914 wurde er in Gumbinnen/Ostpreußen geboren, väterlicherseits hat er Familienwurzeln in Bielefeld-Brackwede und ist dort nach Krieg und Gefangenschaft heimisch geworden. Sein Herz hängt bis heute an seiner Geburtsstadt Gumbinnen. Dort hatte sein Vater ein Baugeschäft, in das Dietrich Goldbeck nach seinem Studium an der TH Hannover und der TH Danzig und dem Abschluss als Bauingenieur 1939 einsteigen wollte. Zum Berufseinstieg kam es nicht mehr. Die Katastrophe des Krieges setzte allen Berufsplänen ein Ende und führte dazu, dass er sein Gumbinnen nicht wieder sehen sollte. Es folgten Kriegseinsätze in Polen, Frankreich, auf dem Balkan, in der Ukraine und schließlich in Russland. Den Tiefpunkt erlebte er in Stalingrad mit anschließender Gefangennahme am 2. Februar 1943. Als Oberleutnant überstand er die Gefangenschaft in verschiedenen russischen Lagern über fünf Jahre. „Mir ist unendlich Gnade in vielen Gelegenheiten zuteil geworden. Viele Schutzengel sind mir zur Seite gestellt worden, bis heute“, sagt Dietrich Goldbeck dankbar.

Mehr als 11 Jahre haben Krieg und Kriegsfolgen sein Leben bestimmt. Im Juni 1948 fand er in Bielefeld seine Familie wieder und übernahm mit seinem Vater einen Holzbearbeitungsbetrieb, den er bis zu seinem 70. Lebensjahr weiter führte.

Am Verlust seiner Heimatstadt Gumbinnen hatte er schwer zu tragen. Als die vertriebenen Gumbinner begannen, sich zusammen zu finden und die Stadt Bielefeld 1954 die Patenschaft für die Kreisgemeinschaft Gumbinnen übernahm, gehörte er mit zu den ersten, die sich mit großem Einsatz der Zusammenarbeit widmeten. Von Anfang an arbeitete er an verantwortlicher Stelle, davon mehr als 13 Jahre als Vorsitzender der Gumbinner Kreisgemeinschaft. Außerdem war er Initiator mancher Aktionen. Neben dem „Verein der ehemaligen Gumbinner Friedrichs- und Cecilienschüler“ gründete er die Arbeitsgemeinschaft „Ostpreußisch Platt“, die sich bis heute in Bielefeld trifft und sich für die Pflege und Dokumentation der ostpreußischen Mundart einsetzt. Intensiv widmete er sich dem Erhalt des Gumbinner Kulturgutes. Im damaligen Stadtarchiv Bielefeld in der Rohrteichstraße richtete er die „Gumbinner Heimatstube“ ein, in der museale Stücke gesammelt und ausgestellt wurden. Mit großer Leidenschaft arbeitete er am systematischen Aufbau des Gumbinner Kreisarchivs auf wissenschaftlicher Grundlage. Es wurden Orts- und Stadtteilpläne mit der Lokalisierung aller Häuser erstellt. Gemeinsam mit anderen verantwortlichen Helfern wurden Einwohnerkarteien angelegt und die aktuellen Adressen mit den ehemaligen Wohnstätten verbunden. In einem Bildarchiv wurden mehr als 20 Tausend Fotos gesammelt und archiviert. Dietrich Goldbecks Arbeit war Vorbild für manch andere Kreisgemeinschaft, ihr Kulturgut zu sammeln und zu bewahren.

Als nach jahrzehntelanger Abschottung die Möglichkeit bestand in den russischen Teil Ostpreußens zu fahren, gehörte Dietrich Goldbeck der ersten Delegation an, die nach Gumbinnen kam. Vorher hatte er darauf bestanden, dass das Wahrzeichen der Stadt, der Elch, wieder in die Stadt zurückkehrte. Dietrich Goldbeck hat sich um die Kreisgemeinschaft Gumbinnen verdient gemacht. Dafür wurde er mit zahlreichen Auszeichnungen und Ehrungen bedacht. 1979 erhielt er vom Bielefelder Oberbürgermeister Klaus Schwickert das Bundesverdienstkreuz, die Landsmannschaft Ostpreußen verlieh ihm das Goldene Ehrenzeichen und ihre höchste Auszeichnung die „Ottmar Schreiber Plakette“.

Auch seine besorgte Frage „Was soll aus dem Archiv werden, wenn ich nicht mehr in der Lage bin für seine Existenz zu sorgen?“ konnte beantwortet werden. Das Kreisarchiv wurde durch einen Depositalvertrag zur Bewahrung und Pflege dem Bielefelder Stadtarchiv anvertraut. Auch für das Museumsgut fand sich eine Lösung, die mit der veränderten politischen Situation in der alten Heimatstadt zusammenhängt. Seit einem Jahr werden neben dem Gumbinner Stadtmodell, das auf Initiative von Dietrich Goldbeck erstellt wurde, zahlreiche Gumbinner Exponate gezeigt. In den „Deutschen Stuben“ ist die Geschichte von Gumbinnen präsent, wohl aufgearbeitet vom dortigen Museum. Zur großen Freude der Besucher und der heutigen Bewohner, die an allen historischen und kulturellen Wurzeln ihrer Stadt interessiert sind. Welch eine Gnade, dass Dietrich Goldbeck diese Entwicklung in seinem langen Leben auch erleben durfte.

Der Vorstand der Kreisgemeinschaft Gumbinnen.

 

LABIAU

Kreisvertreterin: Brigitte Stramm, Hoper Straße 16, 25693 St. Michaelisdonn/Holstein, Telefon (04853) 562. info­@stramm­verlag. de, Internet: www.labiau.de.

Alle Kirchspielvertreter sind aufgerufen und eingeladen, zu der Tagung zu kommen. Die Tagesordnung ist verschickt worden.

Nachfolgend werden nochmal die gewählten Kandidaten aufgeführt (Berichtigung): Die nachstehend aufgeführten Personen wurden als Kirchspielvertreter gewählt: Kirchspiel Friedrichsrode/Sussemilken: Horst Warthun, Bruno Reichwald (Ersatzvertreter), Kirchspiel Gilge: Erika Freitag, Kirchspiel Groß Baum: Martina Hahn, Kirchspiel Groß Legitten: Hubertus Springer, Kirchspiel Hohenbruch/Lauknen: Brigitte Stramm ,Kirchspiel Kaimen: Ilse Hunger, Dorothea Kurzmann, Kirchspiel Labiau-Land: Anni-Lore Lemke, Bärbel Lemke, Klaus-Arno Lemke, Kirchspiel Labiau Stadt: Heinke Lanatowitz, Kirchspiel Laukischken: Egbert Marenke, Irma Marenke, Kirchspiel Liebenfelde/Mehlauken: Alfred Erdmann, Kirchspiel Ludendorff: Helmuth Krautien, Kirchspiel Markthausen/Popelken: Alfred Schaulinski, Anneliese Todt, Thomas Rieser, Karl-Heinz Hundsdörfer (Ersatzvertreter).

Entsprechend Punkt 8 der Wahlordnung vom 13. April 2003 muss ein Wahleinspruch innerhalb von vier Wochen nach Veröffentlichung in der Preußischen Allgemeinen Zeitung/Ostpreußenblatt schriftlich an die Geschäftsstelle eingereicht werden. Über einen Wahleinspruch entscheidet der Wahlausschuss. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die konstituierende Sitzung der Kreisvertreter findet am Sonntag, 14. September 2014, anlässlich des Kreistreffens in Otterndorf statt. Erika Freitag (Vorsitzende des Wahlausschusses). Allen eine gute Anreise nach Wingst. Wer nicht kommen kann, benachrichtige bitte die Kreisvertreterin.

 

LYCK

Kreisvertreterin: Bärbel Wiesensee, Diesberg 6a, 41372 Niederkrüchten. Stellvertr. Kreisvertreter: Dieter Czudnochowski, Lärchenweg 23, 37079 Göttingen, Telefon (0551) 61665. Karteiwart: Siegmar Czerwinski, Telefon (02225) 5180, Quittenstraße 2, 53340 Meckenheim.

Landsmann Horst Tregel bietet eine Busreise vom 17. bis 27. Juli nach Danzig und Masuren an. Es sind noch einige wenige Plätze frei.

Der Komfortbus mit WC, Küche, Kühlschrank und Klimaanlage fährt am Donnerstag, 17. Juli, früh von Rösrath ab. Zusteigemöglichkeiten von unterwegs können nachgefragt werden. Erste Station in Polen ist Stettin, dort wird im Hotel Radisson genächtigt, vorher wird ein Stadtrundgang mit einem Stadtführer angeboten. Am nächsten Morgen geht es nach dem Frühstück nach Danzig. Kurz vor Danzig, in der Kaschubei, erfolgt ein Stopp beim Bildungszentrum der Kaschuben in Szymbark, bei Stezyce. In Danzig sind zwei Nächte im Hotel Novotel vorgesehen. Von dort werden Danzig, Oliva und Zoppot besichtigt.

Sonntag, 20. Juli: Abfahrt von Danzig nach Masuren, über Marienburg, Allenstein, Sensburg nach Lyck. In Lyck wird im Hotel Rydzewski genächtigt, welches zentral in der Stadtmitte gelegen ist. Da der Bus die ganze Zeit bei der Reisegruppe bleibt, sind während des Aufenthalts in Lyck folgende Programmpunkte vorgesehen: Eine Fahrt mit der nostalgischen Kleinbahn durch die schöne Umgebung von Lyck, mit Picknick, Schiffsfahrt von Nikolaiken nach Rhein – Weiterfahrt nach Heiligelinde, Fahrt nach Eckertsdorf – Besichtigung der russisch-orthodoxen Kirche und des Philiponenklosters. Mittagessen in Kruttinnen mit anschließendem Staken auf der Kruttinna [Krutynia], Kaffeetrinken bei der Deutschen Minderheit am Wasserturm in Lyck, Rundfahrt durch den Kreis Lyck und Mittagessen auf einem Bauernhof in Sareiken, Aufenthalt in der Altstadt von Allenstein. Für die Einreise nach Polen wird ein gültiger Personalausweis oder Reisepass (bei der Einreise noch sechs Monate gütig) benötigt. Die Unterbringung erfolgt in Doppelzimmern, Einzelzimmer sind gegen Aufpreis möglich.

Sonnabend, 26. Juli: Die Rück-fahrt geht über Allenstein und Thorn nach Posen. Dort wird im Hotel Novotel/Centrum genächtigt. Nach dem Abendessen ist die Möglichkeit zu einem Rundgang durch die Altstadt gegeben. Am nächsten Morgen geht es weiter zum Grenzübergang Frankfurt /Oder und über die südliche Umgehung Berlin zurück nach Rösrath. Anfragen sind zu richten an Horst Tregel, Auf den Steinen 7, 51503 Rösrath, Telefon und Fax (02205) 1531.

 

TILSIT–STADT

Stadtvertreter: Hans Dzieran, Stadtgemeinschaft Tilsit, Postfach 241, 09002 Chemnitz. Geschäftsführer: Manfred Urbschat, E-Mail: info@tilsit-stadt.de.

Kassel wartet auf seine Gäste. Für die Tilsiter sind in der Messehalle 1/2 an beiden Tagen Tische mit 70 Plätzen reserviert. Hier gibt es die Möglichkeit für ein Wiedersehen mit alten Bekannten und für viele Begegnungen und Gespräche. Die Stadtgemeinschaft wird mit Ausstellungstafeln und einem Stand vertreten sein, an dem es ein reichhaltiges Angebot an Büchern, Broschüren, Stadtplänen und Bildbänden aus Tilsit gibt. Die Bereiche von Tilsit-Ragnit und der Elchniederung befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft. Es werden auch viele gewerbliche Anbieter mit ostpreußischen Spezialitäten zugegen sein, mit Bernstein, Königsberger Marzipan, Ostpreußenliteratur sowie mit Reiseangeboten in die Heimat. Für gastronomische Versorgung ist in der Messehalle gesorgt. Reges Interesse werden ebenfalls mehrere Kulturausstellungen und der Informationsstand der Preußischen Allgemeinen Zeitung finden. Wir hoffen auf einen zahlreichen Besuch der Tilsiterinnen und Tilsiter und auch ihrer Kinder und Enkel, zeigen wir doch damit unsere Liebe zu Tilsit und unsere Verbundenheit mit Ostpreußen – ganz nach dem Motto des Deutschlandtreffens: „Ostpreußen hat Zukunft!“


»Im Dialog«
Eberhard Foest stellt im Rheinbacher Glasmuseum aus

Der 1935 im schlesischen Liebau geborene und seit 1983 in Leverkusen lebende Künstler, Architekt und Sammler Eberhard Foest ist bis zum 4. Mai in der „Glasstadt“ Rheinbach mit einer Doppelausstellung präsent.

Zum einen zeigt das Glasmuseum im Himmeroder Hof eine repräsentative Auswahl aus der umfangreichen Studio-Glaskollektion von Foest unter dem Titel „Im Fluss“. Zum Anderen ist im Glaspavillon „Hans-Schmitz-Haus“ eine Ausstellung mit eigenen Kunstwerken von Foest unter dem Motto „Im Dialog – Die Wandlung der Figuren“ eingerichtet.

Die Vernissage der beiden Sonderschauen fand in Anwesenheit des Künstlers statt. Stefan Raetz, Bürgermeister der Stadt Rheinbach, und Dr. Ruth Fabritius, Museumsleiterin, sowie

Dr. Norbert Kühn, Leiter des Fachbereiches Kultur beim Landschaftsverband Rheinland, führten in die Präsentation ein.

Das Rheinbacher Glasmuseum widmet sich schwerpunktmäßig der nordböhmischen Glasveredlungstradition und seit dem Jahr 2012 verstärkt auch der Internationalen Studioglas-Bewegung.

So integrieren sich die rund 200 Exponate in Vasenform, als Glas-köpfe, Stelen oder Kelche aus der Foest-Sammlung optimal in das aktuelle Museumskonzept. Der Architekt und Künstler Eberhard Foest interessierte sich schon in den 70er Jahren für die damals noch junge Studioglas-Bewegung, die zu Beginn der 60er Jahre parallel zu anderen „Aufbrüchen“ in neue bildnerische Gefilde verlief und dem zähflüssigen, unendlich formbaren Werkstoff Glas neue Potenziale bildhauerischer Gestaltung erschloss.

Die über Jahrzehnte hinweg gewachsene Studioglas-Sammlung von Foest umfasst insgesamt rund 350 Werke aus Glas.

Der begeisterte Sammler hat interessante Stücke aus den Bereichen Studioglas, zeitgenössische Malerei, Grafik und afrikanische Kunst zusammengetragen. Zur Kollektion gehören etwa 40 Arbeiten von Erwin Eisch und Theodor G. Sellner, zahlreiche Werke von Alois Wudy sowie Werkgruppen und Einzelstücke von Harvey Littleton, Marvin Lipofski, Finn Lyngaard, Stanislaw Borowski, Udo Edelmann, Pavel Molnar, Lubomir Hora, Kristian Klepsch, Willy Pistor, Kurt Wallstab, Jörg Zimmermann, Pascale Riberolles und Isgard Moje-Wohlgemuth.

Eberhard Foest hat nicht nur als Sammler seine Leidenschaft für die Kunst entdeckt. Er studierte an der Folkwangschule Essen sowie an der Ingenieurschule Essen und Münster. Foest war auch als Maler und Bildhauer aktiv. Einige seiner repräsentativen kleinen und filigranen Arbeiten sind neben großen Bildern und Skulpturen im Rahmen der Sonderschau „Im Dialog“ im Rheinbacher Glaspavillon zu sehen. Als dominante Form seiner Plastiken und Bilder aus den letzten Jahren gilt eine anthropomorph-technoide Figur, die er in zahlreichen Variationen ausgearbeitet hat.

Immer wieder beleuchtet der Künstler und Architekt neue Aspekte der Figur und lässt durch Doppelungen und Spiegelungen dialogische Konstellationen entstehen. Der gebürtige Schlesier zeigt Kunstwerke, in denen er eine Synthese zwischen dem Werkstoff Glas und seiner figürlichen Bildhauerei schuf.

Dieter Göllner


S. 20 Heimatarbeit

Deutschlands Rolle in der Welt
Aktuelle Ereignisse wurden Thema der Landesdelegiertentagung in Nordrhein-Westfalen

Es war der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen gelungen, zur Delegierten- und Kulturtagung am

15. März den Redakteur der PAZ Hans Heckel als Referent zu gewinnen. Das Thema hatte man bewusst offengelassen, um einen aktuellen Bezug herstellen zu können. Der Bezug ergab sich nun aus den Ereignissen um die Krim. Ob die Krim zu Russland oder zur Ukraine gehören werde, stand zu dem Zeitpunkt noch nicht fest, aber Heckel sprach vom „Rand einer neuen Spaltung, eines Kalten Krieges für Europa“.

Er entlarvte den augenblick-lichen Propaganda-Krieg und legte die Motive Russlands und der USA dar. Moskau, so der Referent, fürchte nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion weitere Schwächung und ein weiteres Vordringen der Nato. Mit dem Ziel der Aufnahme der Ukraine in die EU sei aus russischer Sicht die Grenze über­schritten worden. Für die Politik Amerikas fand Heckel deutliche Worte, denn während Russlands Beweggrund einschätzbar sei, lege Amerika ein klassisches imperiales Verhalten an den Tag. Es wolle überall präsent sein und nutze Konflikte, um als Streit-schlichter und Schutzmacht aufzutreten. Insofern komme ein solcher Dauerkonflikt wie in der Ukraine den USA nicht ungele­gen. Deshalb werde auch die Opposition dort von den USA massiv unterstützt. Eine Einigung zwischen Russland und der Ukraine wäre demnach gar nicht erwünscht.

Wie sieht nun nach Heckel die Rolle Deutschlands aus? Für die Interessen der USA sei eine Annäherung zwischen Moskau und Berlin geradezu gefährlich und solle verhindert werden. Deutschland dürfe, so Washington, nicht in eine „Schaukelpolitik“ verfallen, son­dern müsse unbedingt zu Amerika stehen. Hans Heckel aber warnte davor, Russland als „Buhmann“ hinzustellen und zu isolieren. Deutschland müsse angesichts seiner historischen Mittellage, die es jetzt wieder einnimmt, für Ordnung, Sicherheit und Stabilität in Europa eintreten. Dafür dürfe es sich nicht für imperiale Mächte einspannen lassen, weder im Westen noch im Osten, sondern müsse im Schulterschluss mit anderen euro­päischen Staaten eine einvernehmliche Lösung für Russland und die Ukraine erarbeiten. Der exzellente Vortrag sorgte für eine lebhafte Aussprache und für Einzelgespräche bis zum Ende der Tagung.

Mit dem Vortrag „Preußen, ein Vorbild für Kultur und Lebensform“ betrat Hans Eifler ein den Landsleuten eigentlich bekanntes Terrain, brachte aber eine solche Fülle von Fakten und Thesen, dass die Landesgruppe beschloss, den Vortrag als Broschüre herauszugeben. Mit der Umerziehung seit 1945 ging Eifler massiv ins Gericht. Er sprach von „Geschichtsveränderung“ und „Tabuisierung“, von „Erfindung des preußischen Militarismus“ und von „Zerstörung der deutschen Identität“. Dem könne man nur Fakten entgegensetzen, die aber von Historikern heute nur schwer akzeptiert würden.

1871 wurden unter Führung Preußens 25 Städte und Länder, die teilweise vorher verfeindet waren, bei der Reichsgründung zusammengefasst. Das Deutsche Reich verfolgte keine Expansions- und Kolonisationspolitik im Unterschied zu England und Frankreich. Der Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft brachte Geburtenüberschuss und Bevölkerungszuwachs mit sich. Trotzdem hatte Deutschland die geringste Analphabeten- und Arbeitslosenquote, die niedrigste Steuerbelastung und das höchste Bildungsniveau. Das Versicherungssystem und die Arbeitsschutzversicherung waren vorbildlich. Die Leistungen in den Naturwissenschaften, in der Medizin und in der Technik hatten weltweit Bedeutung, und das Humboldt‘sche Bildungssystem galt bis 1963.

Mit einem ausgiebigen Diskurs in die Geschichte Preußens rekapitulierte Eifler die Kulturleistungen der preußischen Könige und führte die preußischen Tugenden auf. Ehrlichkeit, Sparsamkeit, Toleranz, Zivilcourage und der rechte Gebrauch der Freiheit veranlassten ihn dabei zum kritischen Seitenblick auf heutige Verhältnisse. Auch hier entspann sich eine lebhafte Diskussion, und die Ta­gungsteilnehmer stellten einen zufriedenstellenden Lernzuwachs fest. In seinem Tätigkeitsbericht betonte der Landesvorsitzende Jürgen Zauner die Forderung der Vertriebenen nach einem bundesweiten Gedenktag und nach Entschädigungen für Zwangsarbeiter. Er warnte zudem vor einem verfälschenden Begriffsgebrauch, wenn von der „gelungenen Integration der Masuren“ gesprochen werde, wie neulich bei der Reportage über einen Fußballer. Außerdem, so Zauner, sollen sich die Landsleute weiterhin für Gedenkstätten (Kreuze, Steine) in möglichst allen Gemeinden einsetzen. Erwähnt werden soll noch der Bericht des Jugendreferenten Stefan Hein. Er konnte von grenzüberschreitenden Fahrten, von der Weihnachtsfeier in Osterode und von einem lebhaften Austausch mit polnischen Jugendlichen berichten. Den Einsatz der modernen Medien nannte er ein wichtiges Mittel, um die Jugend zu erreichen. Die Jugend ist da, lautete seine erfreuliche Botschaft. B. B.


Stadt Lyck in Hagen
Heimatstube und Archiv für die Nachwelt

Im Januar 2012 konnte die Kreisgemeinschaft Lyck in zentraler Lage in Hagen in Westfalen neue Archivräume eröffnen. Das Archiv dient dem Erhalt ostpreußischen Kulturgutes, hier wird das „geistige Erbe“ der Kreisgemeinschaft Lyck der Nachwelt erhalten.

Das Archiv hat nicht nur einen Archivraum, sondern auch einen Raum, den man als Heimatstube bezeichnen kann. Die Stadt Hagen gewährt als Patenstadt der Kreisgemeinschaft Lyck einen jährlichen Zuschuss zu Miete und Nebenkosten.

Bis 1945 gehörten zum Kreis Lyck 157 Dorfgemeinden. Von jedem Ort, einschließlich Lyck, ist im Archiv eine Ortsakte vorhanden. In den Akten befinden sich unter anderem Ortspläne, aus denen ersichtlich ist, wer 1945 Eigentümer eines jeden Anwesens war. Es sind aber auch, soweit bekannt, Mieter und sonstige Bewohner aufgeführt.

Seelenlisten, Bilder, Fotos, Urkunden und Dokumente die den jeweiligen Ort betreffen, wurden von den ehemaligen Bewohnern der Orte zusammengetragen, damit nichts in Vergessenheit gerät und der nachfolgenden Generation als Information dient. Von der Stadt Lyck sind umfassende Dokumente und Akten vorhanden, die die Geschichte, das gesellschaftliche und kulturelle Leben bis 1944 wiedergeben. Die Adressbücher der Jahre 1900, 1904, 1922, 1930 und 1938 haben sich zu einer wahren Fundgrube für die ehemaligen Lycker und deren Nachkommen entwickelt.

Besondere Exponate wie: alte masurische Liederbücher, preußische Gesangbücher, Lied- und Gebetbücher für das Königreich Preußen liegen wohlbehütet in einem Glasschrank.

In der Heimatstube umfasst die Bibliothek zahlreiche Bücher von Lycker Autoren und masurischen Schriftstellern. Informative Bildbände vom heutigen Lyck sind in den Regalen ausgestellt. Landschaftsaufnahmen von Masuren, die die Lycker Malerin Anna Caspary geschaffen hat, konnten für das Archiv erworben werden. Öffnungszeiten: der letzte Freitag im Monat 11 Uhr bis 12.30 Uhr. In den Sommer- und Winterferien bleibt das Archiv geschlossen.

Barbara Wiesensee

Anschrift: Elbersufer 20, 58095 Hagen. Anfahrt: Vom Bahnhof Hagen fahren viele Busse bis zur Haltestelle „Rathaus“, dort überquert man das Flüsschen Volme und gelangt zur Straße Elbersufer. Archivbetreuung: Brigitte Liebenberger, Telefon (02331) 25777. Besuche außerhalb der Öffnungszeiten, können mit ihr vereinbart werden.


S. 21 Lebensstil

Ach, du liebes Osterei!
Viele Riten und Traditionen rund ums Osterfest stammen bereits aus vorchristlicher Zeit

Die österliche Eiersuche ist keine christliche Erfindung. Schon in Persien und im antiken Griechenland gab es anlässlich des Frühlingsfestes Eiergeschenke.

In einigen katholischen Gegenden Deutschlands werden noch jährlich zu Ostern traditionelle Veranstaltungen wie Umritte in historischen Kostümen und öffentliche Eierspiele durchgeführt. Es sind Relikte der Vielfalt früherer Osterbräuche, die, ebenso wie das Eierbemalen und Eierverschenken, ältere Wurzeln haben, als man gemeinhin annimmt. Um eine relativ junge österliche Sitte handelt es sich dagegen bei der Eiersuche der Kinder auf der Wiese und im Garten. Womöglich entstand diese Sitte aus der Gepflogenheit der Bauern, im Frühjahr beim Bestellen des Ackers einige Eier im Boden zu vergraben. Durch die im Ei schlummernden Kräfte erhofften sie sich eine reiche Ernte. Die Verlockung, nach diesen Eiern zu suchen, um sie zu stibitzen, war für Kinder und arme Leute vermutlich hoch.

Nirgendwo sonst zeigt sich das Wunder des Lebens sinnfälliger als am Ei. Es galt bei den meisten Völkern der Erde als Fruchtbarkeits- und Energiespender, als sichtbarer Beweis für die ewige Wiederkehr des Lebens. Um das Frühlingsei rankte sich schon in der Antike ein reiches Brauchtum. Anlässlich der Frühlingsfeste schenkte man sich in Griechenland und Persien gegenseitig Eier, die auch in die Hände von Götterstatuen abgelegt wurden. Schon die alten Ägypter verspeisten bei den Frühlingsfesten gefärbte Eier. In den christlichen Kulturen wandelte sich das Frühlingsei zum Osterei, das zum Sinnbild für die Auferstehung des gekreuzigten Christus wurde, welche den Sieg des Lebens über den Tod bedeutet: das Ei als Grab, aus dem neues Leben in Erscheinung tritt.

Nach einer jahrhundertealten Regel wurden Eier während des Fastens in der vorösterlichen Zeit nicht verzehrt, sondern angespart. Einen Teil der Eier entrichteten die Bauern am Gründonnerstag dem Grundherrn zusammen mit anderen Sachabgaben für gepachtetes Land. Die Pfarrer und Lehrer ließen in den Dörfern Eier einsammeln, und mit Eiern beschenkte man zu Ostern Dienstleute und Kinder, die mit dem geschmückten Osterbaum vor den Türen der Häuser sangen.

Dem Volksglauben gemäß galten die am Gründonnerstag gelegten Eier als wunderkräftig. Zuvor mussten die Eier, nachdem sie gekocht waren, jedoch rot gefärbt und am Ostersonnabend oder -sonntag gesegnet werden, dann erst besaßen sie die erhoffte Schutzkraft. Schon der aus Schwaben oder dem Elsass stammende, fahrende Kleriker Freidank erwähnte gefärbte Eier als Ostergabe in seinem Werk „Bescheidenheit“ (um 1215/20). Von der Weihe rot gefärbter Ostereier am Ostermorgen erzählt das „Regnum Papisticum“ des evangelischen Theologen und Dramatikers Thomas Naugeorgus (Kirchmair) von 1553, und ein Straßburger Handwerkermeister berichtete 1615, dass die Ostereier rot, grün, gelb und blau bemalt wurden. Aus Oberbayern stammt die Schilderung, dass man Eier vergolden, versilbern, mit Figuren bemalen, marmorieren und schön sprenkeln würde, um sie zu Ostern einem guten Freund zu schenken. Mit aufwendig verzierten Ostereiern beschenkten sich im 17. Jahrhundert Liebende, sie wurden aber auch Patenkindern sowie hoch gestellten Personen überreicht.

Im 19. Jahrhundert beförderten Geschenkeier mittels angehefteter Schriftbänder Liebeswünsche und Treuesprüche. In den Klöstern beschäftigten sich Nonnen mit dem Überziehen der Eier mit Gold- und Holundermarkfäden, Seidenbändchen und unechten Perlen. Derartige Kunstwerke dienten der Verzierung von reli­giö­sen Bildern. Man geht da­von aus, dass die Eier zuvor ausgeblasen oder gekocht wurden, aber darüber schweigen die Quellen. Die Bebilderung und Beschriftung der Oberfläche wurde durch Wachsauflagen ermöglicht. Auch beschriftete Holzeier am Stil fanden Verwendung als Schmuck- und Geschenkeier. Historische Fotos zeigen eine erstaunliche Kunstfertigkeit der Hersteller.

Bemalte Eier finden sich auf den Gemälden einiger Maler des 18. Jahrhunderts, so bei Jean-Antoine Watteau (1684−1721). Pompöse und besonders ausgefallene Ostereier waren an den europäischen Fürsten- und Königshöfen beliebt. So ließ der Sonnenkönig Ludwig XIV. einer Freundin ein riesiges Schokola­den­ei zukommen, das, wie es heißt, von vier Pferden gezogen werden musste. Während die Sitte der Eiergeschenke an den west- und mitteleuropäischen Adelshöfen nach 1800 aus der Mode kam, lebte das Schmuckosterrei als Liebesgeschenk in den ländlichen Regionen bis ins 20. Jahrhundert fort. Dabei wurde häufig ein Stichel verwendet, um Text und Bildkontur aus dem gefärbten Ei mit einer in Salzsäure getauchten Stahlfeder herauszukratzen. Heu­te widmen sich nach wie vor Kunsthandwerker der Herstellung von kunstvoll verzierten Oster­eiern und greifen dabei auf traditionelle Muster, Materialien und Techniken zurück.

Ein Relikt aus alter Zeit ist das Ostermahl am Karsonnabend im orthodoxen Griechenland. Nach der kirchlichen Messe werden die gesegneten roten Ostereier im Familienkreis am Ostertisch verzehrt. Dabei schlägt jeder mit der Spitze seines Eies das Ei des Nachbarn an. Wessen Ei heil bleibt, der hat angeblich ein Jahr lang viel Glück. Das Eierticken oder Eierpicken war lange Zeit ein in vielen Ländern und Regionen bis nach Russland verbreitetes Spiel. Zu den traditionellen österlichen Eierspielen, die sämtlich als Erwachsenenspiele in Mode kamen, gehörte neben dem Eierwerfen und dem Eierrollen auch das bereits seit dem 16. Jahrhundert bezeugte Eierlaufen. Dabei waren die Spielregeln allerdings wesentlich komplizierter als der gelegentlich noch auf Kindergeburtstagen und Schulfesten ausgeübte Wettlauf mit Eiern auf der Löffelschale.

Der Osterhase als Eierbringer in der Pfalz, im Elsass und in Westfalen wird erstmals 1681 vom Medizinprofessor und königlich-dänischen Leibarzt Georgius Francus de Franckenau in seiner Schrift „Von Oster-Eyern“ er­wähnt. Neben dem Osterhasen hielten sich in einigen Gegenden – vor allem in Westfalen, Hessen und Bayern – noch bis ins 20. Jahrhundert hinein Konkurrenten wie Hahn, Hühner, Himmelshenne, der Oster- und der rote Eiervogel, Kuckuck, Storch, Kranich und, sogar weit verbreitet, der Fuchs als Eierbringer. D. Jestrzemski


Erfolgreiche Krebs-Therapie
Krustentiere breiten sich nach Wiederansiedelungen in Flüssen wieder aus − Einheimische Arten standen kurz vor der Ausrottung

Harald Groß weiß, wo der Schatz im Bach verborgen liegt, genau hier, im Reich des sanften Plätscherns zwischen Pestwurz und Brennnesseln. Mit routiniertem Griff zieht er das löchrige Plastik-Überraschungsei an Land. Der 48-jährige Doktor der Biologie aus Bad Münstereifel ist als Flusskrebsfachmann in halb Europa bekannt. Als Gewässerbiologe im Dienst des Kreises Euskirchen kennt er sein Eifler Revier genau. Aus dem braunen, aufklappbaren Plastikbehälter lässt er zwei Edelkrebse in eine Plastikwanne purzeln. Die seltenen Scherentiere sind im Naturschutzgebiet Schafbach heimisch und dort auf­gewachsen − lebendiges Zeugnis einer erfolgreichen Wiederansiedlung. Nach Jahrzehnten des Niedergangs der Flusskrebse in Deutschland und Europa ist das ein seltener Erfolg.

Rund 1000 Edelkrebse haben Groß und seine Mitstreiter in drei Bächen der Region eingesetzt. Der letzte Besatz im Schafbach stammt von 2005. Nachkontrollen zeigten, dass sich die Tiere auf Dauer nur dort fortpflanzten. Flusskrebse benötigen ideale Bedingungen. Die Fichten am Schafbach wurden abgeholzt, ein Auenwald entstand − mit mehr Schatten und kühleren Temperaturen. Langsam mäandert der Bach, und das Totholz bleibt liegen, das mögen die Krebse.

Der Edelkrebs, auch Europäischer Flusskrebs genannt, war einst in Mitteleuropas Binnengewässern weit verbreitet. Dann dezimierte eine tödliche Infektion, die Krebspest, die Bestände − auch die der heimischen Steinkrebse und Dohlenkrebse. Der Seuchenzug durch Europas Gewässer, den eingeschleppte amerikanische Flusskrebsarten ausgelöst hatten, hat bis heute keinen Halt gefunden. Die einst blühenden europäischen Flusskrebsbestände sind bis auf wenige Restvorkommen kollabiert.

Heute konzentrieren sich Edelkrebse in Deutschland auf kleine Inselvorkommen in isolierten Gewässern und Oberläufen. „Ein großer Teil der bekannten Vorkommen geht auf Ansiedlungsprojekte zurück“, weiß Harald Groß. In Deutschland gilt die Art als vom Aussterben bedroht.

Der Steinkrebs, der kalte Bachoberläufe mag, kommt im Süden Deutschlands häufiger vor, gilt aber auch als gefährdet. Der Dohlenkrebs lebt seit jeher im Süden Baden-Württembergs und ist ebenso vom Aussterben bedroht.

Drei eingeschleppte nordamerikanische Krebsarten, die selbst gegen die Krebspest weitgehend immun sind, machen sich in diesem Krieg der Krebse über die Gewässer der einheimischen Flusskrebse her. Roter Amerikanischer Sumpfkrebs, Kamberkrebs und Signalkrebs heißen die Invasoren, dazu gesellt sich der aus Osteuropa stammende Galizierkrebs. Der Kamberkrebs lebt heute in fast allen größeren Flüssen und Kanälen und ist längst Deutschlands häufigste Flusskrebsart. Auch ohne Krebspest würden die US-Krebse die heimischen Flusskrebse verdrängen. Sie sind aggressiver, wachsen schneller und haben mehr Nachkommen als die Alteingesessenen.

An der Malaise ist auch die Schädigung der Gewässer schuld. Befestigte Bäche erhöhten die Fließgeschwindigkeit und verloren an Selbstreinigungskraft. So anspruchslos die Krustentiere bei der Nahrung auch sind, so benötigen sie doch saubere und versteckreiche Bäche mit naturnahen Uferstreifen, frei von Gülle und Kunstdünger. Die Trockenlegung von Sümpfen und Feuchtwiesen raffte weitere Bestände dahin.

Heute mühen sich Staat und Naturschützer vielerorts, Fehler rückgängig zu machen. Bachsohlen werden mit Fels, Kies und Sand bearbeitet, Bachläufe renaturiert, Krebse wieder angesiedelt. Im Oberen Ahrtal vermehrten Groß und seine Mitstreiter Edelkrebse in kleinen Teichanlagen und siedelten sie in Seitenbächen der Ahr wieder an. Eine flächendeckende Ansiedlung wird aber nicht möglich sein. Die Eifelflüsse Ahr, Urft, Olef und Kyll hält der Signalkrebs schon besetzt.

Ähnlich die Situation von Austropotamobius torrentium, dem zehn Zentimeter kleinen Steinkrebs. In der Eifel gibt es kein gesichertes Steinkrebsvorkommen mehr, in NRW nur noch im Siebengebirge. Selbst im Nationalpark Eifel ist er nicht mehr heimisch, soll dort aber wieder angesiedelt werden. Drei Bäche haben sich die Naturschützer ausgeguckt. Klein, quellnah und frei von anderen Krebsarten müssen die Gewässer sein − und durch eine unüberwindbare Barriere vor US-Konkurrenz geschützt sein. Mit der Vermehrung von Zucht-Steinkrebsen wurde 2011 begonnen. Weil bei vielen Zuchttieren die Eier verpilzten, wird die Auswilderung nicht vor 2015 beginnen. Drei Jahre lang sollen jährlich 300 Steinkrebse in jeden der Bäche eingesetzt werden.

„Hier im Lorbach“, sagt Anika Poetschke von der Biologischen Station Aachen, „da wird es gehen.“ Munter plätschert der Bach zwischen jungen Birken und Bombenkratern aus dem letzten Krieg. Der Bach versickert vor Ende des Laufs, um sich unterirdisch in den Urftstausee zu ergießen. „Der Signalkrebs hat hier keine Chance, Krebssperren brauchen wir hier nicht“, sagt Poetschke. Einen weiteren Standortvorteil nennt Gabriela Geitz, die den Nationalparkbezirk Wolfsgarten leitet: „Im Lorbach gibt es keine Forellen.“ Damit scheidet ein wichtiger Fressfeind aus.

Prädestiniert für Wiederansiedlungen sind auch viele Gewässer in Franken, Hessen und Thüringen. Restbestände an Flusskrebsen, auf die sich aufbauen lässt, gibt es vor allem in Rhön und Spessart. Als besonders erfolgreich gilt das im Jahr 2000 begonnene Wiederansiedlungsprojekt im Biosphärenreservat Rhön. Und nahe der Lohr, einem Nebenfluss des Mains, siedelte eine Fische­reigenossenschaft Edelkrebse in einigen Waldteichen an. Von dort sollen sich die Krustentiere in der Lohr und ihren Nebenbächen ausbreiten. Aber bis dahin wird noch viel Wasser die Bäche he­runterfließen. Kai Althoetmar


MELDUNGEN

Böhmens Pils wird knapp

Pilsen − Alljährlich halten Tschechen, Deutsche und Belgier den Europarekord beim Pro-Kopf-Konsum von Bier. Noch führen die Tschechen mit 144 Liter, doch bald könnte das Heimatland des Pilsner Biers aus dem Wettstreit ausscheiden. Ihm wird der legendäre Saazer Hopfen knapp. Die Anbaufläche hat sich seit 2004 auf 3786 Hektar halbiert, was gerade noch für die Edelsorten „Urquell“, „Budweis“ und „Buvar“ reicht, vor allem für den Export, in den 80 Prozent des Anbaus gehen. Deutsche und Amerikaner überflügeln im An­bau die Tschechen, Chinesen sind ihnen auf den Fersen. Bei vielen Biersorten ist der Hopfenanteil auf das Minimalmaß gesunken, das benötigt wird, damit man auf Flaschenetiketten mit dem berühmtem nordböhmischen Aromahopfen protzen darf. W.O.

 

Chile-Erdbeben wurde erwartet

Potsdam − „Das Chile-Erdbeben Anfang April hat genau in der seismischen Lücke stattgefunden, wo es erwartet wurde“, erklärten Mitarbeiter des deutschen Geoforschungszentrums (GFZ) in Potsdam. Wo sich die Nazca-Platte unter den südamerikanischen Kontinent schiebt, befindet sich die aktivste Gegend auf dem Globus. Mit etwa 70 Millimetern pro Jahr bewegt sich die Platte Richtung Osten. Die dadurch entstehenden Erdbeben gehören zu den stärksten der Welt. Innerhalb eines Jahrhunderts bricht so die Erdkruste durch eine Reihe von Starkbeben durch. Das GFZ be­treibt mit chilenischen Kollegen ein Observatorium im Norden Chiles, zur Beobachtung der Veränderungen der Plattenbewegung der letzten seismischen Lücken. Die durch das Beben der Stärke 8,1 ausgelöste Flutwelle tötete fünf Menschen. S.F.


S. 22 Neue Bücher

Patriot, nicht Faschist
Biografie über Viktor Orbán

In Europa, besonders in Österreich und Deutschland, hält eine Armada aus politisch korrekten „Lohnschreibern“ (Bertolt Brecht) in Zeitungen, Magazinen, Blogs und Internetforen sowie Moderatoren von Rundfunk und Fernsehen das Trommelfeuer gegen den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán am Leben. Die Politik tut es ihr weithin gleich. Unübersehbar stört es die nicht mehr nur links der Mitte angesiedelten, politisch korrekten Moral- und Tugendwächter, dass Orbán, unbeeindruckt von Kritik, das Land von Grund auf umbaut, um es von den im Gewande des (Neo-)Liberalismus daherkommenden Postkommunisten zu befreien. Was ihn aber in der EU verdächtig macht, wo man ihn – im günstigsten Fall – des „Cäsarismus“, „Bonapartismus“ oder „Horthyismus“ bezichtigt oder einen „Faschisten“ und/oder „Antisemiten“ nennt.

Von all diesen Verdammungen hat sich der polnische Publizist Igor Janke nicht nur nicht beeindrucken lassen. Der frühere Chefredakteur der polnischen Presse-agentur PAP, der jetzt dem unabhängigen Thinktank Freiheitsinstitut („Instytut Wolnosci“) in Warschau vorsteht, zeichnet in seiner soeben auf Deutsch erschienenen Biografie vielmehr ein unvoreingenommenes Bild: Orbán ist beileibe kein Diktator, wie ihm meist unterstellt wird, sondern – vor allem anderen – ein ungarischer Patriot. Das zeigt sich an seinem Bekenntnis zur (ge)ein(t)en Nation, im wohlverstandenen Sinne ihrer historisch, sprachlich und kulturellen Bande über die Grenzen des 1920 um zwei Drittel verkleinerten Territoriums Ungarns hinaus; die damalige Amputation begründet jenes verständliche Trauma, das noch immer das Bewusstsein der meisten Madjaren beherrscht. Seiner Vaterlandsliebe, mit der er überall aneckt, ordnet Orbán vieles unter, wie Janke anhand zahlreicher Begebenheiten und Geschehnisse aus dessen

pointiert nachgezeichneter Vita herausarbeitet. Schon als Student verlangte er den Abzug der Sowjettruppen aus Ungarn. Das hat nicht nur den Polen Janke beeindruckt. Dass Orbán dem Schutz traditioneller Werte der Madjaren Priorität gibt, imponiert seinem polnischen Biografen, während es Link(sliberal)en in Europa und den USA gegen den Strich geht. So bestimmt Janke die antikommunistische Prägung des vom ursprünglich „Liberalen“ zum Konservativen Gewandelten in dessen erfahrungsgesättigten Lebenszäsuren.

Sein Biograf stellt uns den ungarischen Ministerpräsidenten als jemanden vor, der auf dem politischen Parkett Europas und darüber hinaus fundamentale Denkanstöße zu geben vermag. Davon könnten sich vor allem seine politischen Mitspieler (und Gegenspieler) ein Stück abschneiden: besonders dann, wenn es um Vereinheitlichung und Regelungsdichte in der EU geht, um zentralistisches Gebaren und Subsidiarität, kurzum wenn es um Sinn und Unsinn der EU zu tun ist. Nationale Souveränität des ungarischen Volkes und weitestgehende wirtschaftliche Unabhängigkeit des Landes seien Orbáns Hauptziele. Letzteres bedeute indes nicht – entgegen allem, was

ihm Kritiker in Ungarn und außerhalb wirtschaftspolitisch unterstellen –, dass er auf eine mehr oder minder gelenkte Staatswirtschaft zusteuere. Vielmehr wolle Orbán für ein gefestigtes Bürgertum sorgen, es solle im Land „mehr ungarische Eigentümer“ geben.

Jankes Biografie ist hervorragend recherchiert. Viele Gespräche hat er mit dem Porträtierten geführt, ebenso mit dessen Weggefährten und Gegnern. Das flüssig geschriebene, daher eingängige Buch ist uneingeschränkt zu empfehlen. Rainer Liesing

Igor Janke: „Viktor Orbán. Ein Stürmer in der Politik“, Schenk Verlag, Paussau 2014, gebunden, 343 Seiten, 19,50 Euro


Meisterhaft erzählt
Münkler macht den Verlauf des Ersten Weltkriegs nachvollziehbar

Es ist schwer zu sagen, wer momentan, wenn es um den Ersten Weltkrieg geht, als Experte häufiger zitiert wird: der Historiker Christopher Clark oder der Politikwissenschaftler Herfried Münkler. Während der aus Australien stammende Cambridge-Professor schildert, wie es zum Ausbruch der Katastrophe kam, beschäftigt sich der Professor der Humboldt-Universität Berlin mit der Frage, wieso der Krieg so verlaufen ist, wie er verlaufen ist.

Dabei gelingt es dem Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften auf faszinierende Art und Weise, selbst jene, die sich mit dem Ablauf des Ersten Weltkrieges auskennen, in seinen Bann zu ziehen. Münklers neustes Buch ist nicht von ungefähr zum Bestseller avanciert. Der Autor schafft es, obwohl der Leser den Ausgang kennt, trotzdem eine erstaunliche Spannung zu erzeugen. Zudem ist er auch ein großer Erzähler. Scheinbar allwissend und weise thront er fast ein wenig wie der liebe Gott über allem und blickt mit väterlicher Milde auf die Protagonisten der damaligen Zeit. Er zoomt zwischen verschiedenen Perspektiven her, schildert, was der als „Urka-tastrophe des 20. Jahrhunderts“ bezeichnete Krieg bis heute für eine Bedeutung für uns hat, erläutert die verschiedenen Interpretationen und Schlüsse, die im Laufe der letzten Jahrzehnte aus diesem gezogen wurden, taucht tief in die Debatten von Intellektuellen auch während der Geschehnisse ein und macht zugleich deutlich, warum wer damals wie agierte und nicht anders.

Genau wie Clark ist Münkler überzeugt, dass das deutsche Kaiserreich im Sommer 1914 zwar zu den maßgeblichen Akteuren gezählt habe, aber keineswegs allein die Verantwortung trage. Und während es aus heutiger Sicht unverständlich ist, warum der Krieg so lange andauerte, macht der Autor auf eine in ihren Sog ziehende Art deutlich, wie oft ein Zuviel oder ein Zuwenig an Wissen über Krieg oder Frieden, Eskalation oder Begrenzung entschied. Die von ihm zur Verdeutlichung gewählten Beispiele sind exzellent ausgewählt. „Hätte die deutsche Seite im Frühsommer 1914 beispielsweise nicht durch einen in der Londoner Botschaft Russlands platzierten Spion von britisch-russischen Gesprächen“ gegen Deutschland erfahren, wäre sie in den Tagen vor Kriegsausbruch vermutlich auf das britische Vermittlungsangebot eingegangen, so seine These. Doch darf man so mit der Geschichte spielen? Auf jeden Fall ist es ein Stilmittel, um die Ereignisse besser zu verdeutlichen.

Münkler betont, dass der Dis-kurs über den Ersten Weltkrieg unter dem Eindruck des Versailler Vertrages lange als eine Kriegsschulddebatte statt einer Kriegsursachendebatte geführt worden sei. Die Schuldfrage spielt für ihn hingegen kaum eine Rolle, allerdings nennt er einige Argumente, die den Deutschen zugute kommen. Auch macht er deutlich, wie welche Seite dachte, wobei sein Schwerpunkt auf Deutschland liegt. So war Kaiser Wilhelm II. fest davon überzeugt gewesen, dass der Zar, schließlich selbst Monarch, nicht bereit sei, mit Serbien einen „Königsmörder“ zu schützen. Zudem räumt er mit dem Vorurteil auf, der Militarismus habe Deutschland besonders geprägt. Ein Blick auf die Rüstungsausgaben mache deutlich, dass Russland und Frankreich viel mehr in diesen Bereich investiert hätten. Und wenn Münkler auf die von deutschen Truppen zerstörte belgische Stadt Löwen zu sprechen kommt, erwähnt er am Ende, dass der schwedische Reiseschriftsteller Sven Hedin, der neben Löwen 1915 auch das von Russen zerstörte Ostpreußen besucht hat, die Verwüstungen in der deutschen Provinz als ungleich schwerer bezeichnete. „Der Vergleich des russischen und des deutschen Agierens in Feindesland zeige, dass es der Weltöffentlichkeit nicht darum gehe, das Kriegsrecht zu wahren, sondern bloß darum, Deutschland zu verurteilen“, gibt Münkler Hedin wieder. Allein der Umstand, dass er diesen zu Wort kommen lässt, zeigt, dass der Politikwissenschaftler auf eine breite Quellenlage zurückgreift.

Desweiteren erfährt man unsagbar viele interessante Details. So etwa, dass es die Franzosen waren, die erstmals toxische Kampfstoffe einsetzten und von rund 400 Angriffen mit Chlor und Phosgen gut 350 auf das Konto der Briten und Franzosen gingen, während der preußische Generaloberst Karl von Einem, dem 2013 in Berlin eine auf seinen Namen lautende Straße aberkannt wurde, sich aus moralischen Gründen gegen den Einsatz von chemischen Waffen ausgesprochen hat.

Münkler verwendet viel Zeit darauf, die verschiedenen Schlachtfelder samt der dort zuständigen Befehlshaber vorzustellen. Liest man die Zahlen der jeweils Gefallenen und Verletzten, ist es aus heutiger Sicht unbegreiflich, wieso der Krieg über vier Jahre andauern konnte und wieso die jeweiligen Völker diesen Blutzoll ohne großes Murren gezahlt haben. Der Autor bietet hierfür lauter Details, die, zu einem Gesamtbild zusammengefügt, all dies nachvollziehbar machen. Allein seine Ausführungen über die Frage, was aus deutscher Sicht damals der Sinn des Krieges war und wer nun der Hauptfeind sei, England, Frankreich oder Russland, verraten viel über den damaligen Geist der Zeit.

Ob Seeblockade, U-Bootkrieg, Ostfeldzug oder das 14-Punkte-Programm des US-Präsidenten Wilson, allem nimmt sich Münkler an und bietet dabei viele wertvolle Informationen, aber zugleich auch spannende Unterhaltung und reizvolle Gedankenspielen wie es Politikwissenschaftlern vor ihm nur selten gelang. Rebecca Bellano

Herfried Münkler: „Der Große Krieg. Die Welt 1914 bis 1918“, rowohlt, Berlin 2013, gebunden, 923 Seiten, 29,95 Euro


Was trieb ihn an?
Porträt über den serbischen Attentäter Gavrilo Princip

In dem Buch „Verschwörung in Sarajevo. Triumph und Tod des Attentäters Gavrilo Princip“ erklärt der Autor Gregor Meyer, warum es zu jenem Attentat an dem österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand gekommen ist. Das tut der Autor durchaus abwechslungsreich, mal in Form von fiktiven Dialogen, mal in Form von Bildern, die meiste Zeit jedoch in erzählerperspektivischer Manier. Ein Thema nur anzuschneiden, das scheint für den Autor unmöglich. Wenn er erst einmal einen möglichen Aspekt zu erläutern begonnen hat, hört er nicht auf, bis er mehrere Seiten zu diesem geschrieben hat. Auch zieht er vergleichsweise viele –aber durchaus passende – Vergleiche zur Gegenwart.

Meyer beginnt inhaltlich bei Princips Zeit im Gefängnis. Nach dem ersten Kapitel, das sich allein dieser Zeit widmet, fängt er dann bei der Geburt von Princip an und informiert über Begebenheiten aus dessen Leben. Teilweise wird dem Handlungsort oder einer bestimmten Person wie Franz Ferdinand ein ganzes Kapitel gewidmet. Dadurch erfährt man detailliert von den vielen verschiedenen Kräften und Gegebenheiten, die Princip geprägt haben, wie das Selbstmordattentat eines Freundes. Das Buch enthält viele Informationen, die wirklich zu der Persönlichkeit Gavrilo Princip gehören und bei denen man sofort erkennt, dass sie mit seiner politischen Entwicklung zu tun haben.

Hat man das Buch gelesen, ist man gut informiert über das frühe 20. Jahrhundert, kann wichtige Persönlichkeiten benennen und sagen, wo man ihren Einfluss erkennen kann.

Zusammengefasst bietet das Buch mit seinen „nur“ 150 Seiten eine Menge an historischen Informationen und gleichwohl guter Unterhaltung. Nur eine kurze Zusammenfassung aller Gründe, aufgrund derer es wahrscheinlich oder nicht so wahrscheinlich zum Attentat kam, lässt dieses ansonsten gut geschriebene Buch allerdings vermissen.

Lasse Serger

Gregor Meyer: „Verschwörung in Sarajevo. Triumph und Tod des Attentäters Gavrilo Princip“, Residenz Verlag, Wien 2013, geb., 159 Seiten, 19,90 Euro


Verrat an der eigenen Muttersprache
Autorin macht deutlich, wie sehr die deutsche Sprache inzwischen von englischen Begriffen durchsetzt ist

Ihren Verdruss über die sogenannte „Verdenglischung“, also die Überflutung der deutschen Sprache mit Anglizismen, teilt die 1947 geborene Elisabeth G. Schmidt mit vielen Bürgern unseres Landes. Vielleicht empfindet sogar eine schweigende Mehrheit diese Erscheinung als unschön und irritierend. Eine unbekannte Größe ist die Anzahl derjenigen Mitbürger, welche durch die allgegenwärtige Verwendung englischer Wörter und Sätze ausgrenzt werden, weil sie kein oder nicht genug Englisch verstehen.

Schmidt ist Mitglied im Verein Deutsche Sprache e.V., dessen Vertreter sich in der Vergangenheit immer wieder schriftlich und mündlich gegen die kontinuierlich fortschreitende Anglisierung – so der offizielle Begriff für „Verdeng-lischung“ – unserer Sprache gewandt haben. Kleine Erfolge konnten immerhin verbucht werden. Die Deutsche Bahn hat inzwischen auf Beschwerden reagiert. In der Korrespondenz der DB wurden englische Begriffe weitgehend durch deutsche ersetzt, und auf großen Bahnhöfen heißt die Auskunftsstelle wieder „DB Information“ statt „Service Center“. Eine Tendenz lässt sich daran aber nicht festmachen.

Elisabeth G. Schmidt hat sich nun mit einem eigenen Buch in die Bresche geworfen, um frischen Wind in die Kampagne für ein möglichst weitgehend von Anglizismen bereinigtes Deutsch zu bringen. „Denglisch. Deutschland schafft seine Sprache ab“ lautet der Titel des schmalen Bandes, mit dem sie jedenfalls ein Ziel erreicht hat, nämlich alle, die es interessiert, über das ganze Ausmaß der modischen Verwendung des Englischen in nahezu allen Bereichen des alltäglichen Lebens aufzuklären.

Verfehlt ist allerdings der zu hoch gegriffene Ansatz der Autorin, unterschiedslos sämtliche

englischen Wörter aus der deutschen Sprache verbannen zu wollen, nur weil sie nicht originär dazu gehören. So jedenfalls muss man wohl Schmidts Ausführungen verstehen, wenn sie international verwendete Wörter wie Jury, fair, Cornflakes und Make-up neben absurden Werbeparolen („Taste the Waste“) in einem Rundumschlag als Negativbeispiele anführt. Leider fungiert als „Kapitel 1“ auch eine bemüht humorvolle, jedoch allzu abstruse „Geschichte“ mit vermutlich einigen Hundert eingeschleusten englischen Begriffen und Begriffskonstruktionen als Holzhammer, um uns einzubläuen, in welchem Ausmaß uns „Denglisch“ im Alltag belästigt.

Mit ihrer eindrucksvollen Sammlung einschlägiger Beispiele möchte Elisabeth G. Schmidt am liebsten erreichen, „dass sich die Deutschen jedes Mal, wenn sie einen dieser In-Begriffe benutzen, bewusst sind, dass sie in diesem Moment ihre eigene Muttersprache verraten“. Im nächsten Satz rudert sie aber zurück und erklärt, sie wäre schon froh, wenn es ihr gelänge, das „Denglische“ ein wenig aufzuhalten.

So oder so, damit hat sie sich entschieden zu viel vorgenommen. Angesichts medialer Macht, global agierender Unternehmen und einer Jugendkultur, die sich über die „denglische“ Sprache definiert, müssen Gleichgesinnte sich in dieser Hinsicht weiterhin mit der Hoffnung auf einzelne, überraschende Maßnahmen wie die jüngst vollzogene Kehrtwende der Deutschen Bahn begnügen.

Dagmar Jestrzemski

Elisabeth G. Schmidt: „Denglisch. Deutschland schafft seine Sprache ab“, Verlag DeBehr, Radeberg 2013, borschiert, 172 Seiten, 11,95 Euro


S. 23 Rautenberg Buchhandlung

Rautenberg Buchhandlung


S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Bonzen-Brosche / Warum wir noch viel zu wenig Steuern zahlen, wie geschickt man uns abzieht, und wieso wir alle stolz sind auf Herman Van Rompuy

Das ist ja wirklich mal eine tolle Nachricht: Schon bald will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble unseren Bundeshaushalt mit einer „schwarzen Null“ abschließen. Heißt: Erstmals seit 1969 will der Bund keine neuen Schulden mehr aufnehmen, nächstes Jahr oder so. Die Koalition ist voll des Eigenlobs für ihre „sparsame Haushaltsführung“, mit der sie diesen epochalen Triumph tapfer erkämpft habe.

Miesmacher reden den Erfolg klein und warten mit irritierenden Zahlen auf: Außer im zerrütteten Belgien würden die Steuerzahler nirgends so brutal geschröpft wie bei uns. Einem deutschen Durchschnittsverdiener werden fast 50 Prozent seines hart erarbeiteten Einkommens über Steuern und Abgaben weggenommen. Selbst im einstigen Höchststeuerland Schweden sind es „nur“ 43 Prozent. Der Schweizer Staat nimmt seinen Bürgern sogar bloß 22 Prozent ab.

Mal halblang!, entgegnen unsere Politiker: Das Bare benötigt der Staat ja auch, um seine „dringenden Aufgaben zu erfüllen“, sonst ginge es uns ganz schön dreckig. Straßen und Bahnen, Schulen und Kindergärten, Bildung und Wissenschaft, die innere und äußere Sicherheit, die Betreuung von Alten, Kranken und Armen und was nicht noch – das alles koste halt eine Stange Geld.

Geld, das der Schweizer Staat offensichtlich nicht hat, bei so geringen Steuern. Demnach muss es in dem Alpenland fürchterlich zugehen. Dort dämmern Pflegebedürftige bestimmt in verrotteten Zeltstädten vor sich hin. Sozialfälle werden von Felswänden gestürzt, weil für ihre Unterstützung keine Mittel da sind, und unter den Klippen kauern die Kita-Kinder in Berghöhlen, wo sie T-Shirts für den Export nähen müssen, damit man ihnen wenigstens täglich eine dünne Wassersuppe reichen kann. So ist das eben, wenn der Staat kein Geld hat.

Vermutlich sind die Eidgenossen bei dem geringen Steueraufkommen auch schon vor Jahren vom Auto zum Ochsenkarren zurückgekehrt, weil auf den völlig zerfurchten Wegen sonst kein Fortkommen mehr ist. 22 Prozent – wer soll davon Straßen reparieren? Von den Schienen ganz zu schweigen.

Wir können uns also glücklich schätzen, dass wir in so einem eif­rig eintreibenden Steuerstaat leben. Sonst müssten wir herumvegetieren wie das arme Bergvolk. Bekanntlich leben schon mehr als eine Viertelmillion Schweizer in Deutschland, die der heimischen Misere entkommen wollten. Oder war es eine Viertelmillion Deutsche, die in der Schweiz ...? Kann gar nicht sein. Wir sind schließlich nicht verrückt!

Damit zu unser aller Glück die Staatskassen auch weiterhin gut gefüllt werden, denkt sich die fürsorgliche Politik ständig neue Steuern und Abgaben aus oder erhöht bestehende. Die Grunderwerbssteuer, einst bundeseinheitlich bei zwei Prozent, hat beim Spitzenreiter Schleswig-Holstein schon 6,5 Prozent erklommen. Wer sich eine bescheidene Bude in einem ziemlich durchschnittlichen Viertel für 100000 Euro kauft, dem zieht der Fiskus gleich mal 6500 Euro ab.

Neuerdings zahlen wir sogar eine Regenwasser-Abgabe, für Wind und Sonne blechen wir ja bereits übers „Erneuerbare-Energien-Gesetz“ (EEG). Allerdings haben solche Abgaben den Nachteil, dass sie allzu streng nach Abzocke riechen. In Lübeck sollen daher Bürger bei ihren Nachbarn die Regenwasser-Abgabe selbst eintreiben. Damit tritt dann der Fiskus nicht mehr direkt in Erscheinung – geschickt!

So verfeinert der Staat seine Abzieh-Taktik immer mehr. Er trägt die Sorge um unsere Sicherheit, unsere Gesundheit und unsere Umwelt vor sich her und begründet damit immerfort neue Vorschriften wie Dämmstoffverordnungen, Prüfpflichten für Wasser und Wasserleitungen oder für Durchlauferhitzer und Heizöltanks. Das alles kostet die Bürger Milliarden. Doch die Maßnahmen führen doch Privatunternehmen durch, was hat der Staat davon?

Na, die Umsatzsteuer! Die müssen all die Prüfer und Dämmer auch bezahlen, was dem Fiskus Unsummen einbringt. Bei mir will erstmals jemand das Leitungswasser auf Legionellen untersuchen. Hatte ich bislang noch nie, also weder Legionellen noch so eine Prüfung. Die entsprechende Krankheit kommt in Deutschland dermaßen selten vor, dass sie statistisch kaum messbar ist. Ab jetzt aber bringt das Phantom ordentlich Zaster.

Wo wir aber schon mal beim Wasser sind: Ab 2015 müssen Hausbesitzer alle zehn Jahre prüfen lassen, ob die Abwasserrohre auf ihrem Grundstück dicht sind, die Prüfung kann bis zu 500 Euro kosten. Wenn ein Loch gefunden wird, kann die Reparatur schon mal auf 10000 Euro kommen.

Das Witzige: Gemeinden sind nicht verpflichtet, auch die Rohre auf ihrem Gelände zu prüfen, und deren Infrastruktur vergammelt bekanntlich in Hochgeschwindigkeit. So haben wir auf den Privatgrundstücken irgendwann blitzblanke Abwasserrohre, die nach sündhaft teurer Reparatur kein noch so winziges Leck aufweisen. Nach ein paar Metern aber erreicht die Brühe das marode Gemeinderohr und sickert ungehindert ins Grundwasser.

Wir sehen: Die Rohre und das Grundwasser sind dem Gesetzgeber schnuppe, auf die Umsatzsteuer hat er’s abgesehen. Immerhin, bei der Pkw-Maut sollen die Deutschen ungeschoren bleiben, unterm Strich. Glauben wir das? Fällt schwer. Aber vielleicht hält die Politik diesmal ja Wort – und erfindet stattdessen Prüfvorschriften für die Innenluft von Autos. Ein Witz? Na! Was hätten Sie mir vor zehn Jahren denn vorgehalten, wenn ich Ihnen von der Regenwasserabgabe erzählt hätte?

Die staatlichen Aufgaben werden schließlich nicht weniger, auch dafür sorgt die Politik mit großer Hingabe. Nein, keine Angst, wir fangen jetzt nicht wieder mit der Kostenexplosion beim Berliner Flughafen an.

Beim Geldausgeben geht es ja auch um wirklich Großes wie etwa „Europa“. Das verstehen die Leute aber nicht immer. Daher will die EU ihren eigenen Sender aufbauen, auf Kosten des Steuerzahlers. Der Brüsseler Staatsfunk soll uns eine „gemeinsame Vorstellung von den in den EU-Verträgen verankerten Werten“ vermitteln. Natürlich nicht parteiisch, sondern streng „ausgewogen“. Eine „gemeinsame Vorstellung“ soll uns also vermittelt werden. Wir können den Schwall an Meinungsvielfalt kaum erwarten, mit dem uns Radio Rompuy überschwemmen will. Ebenso wie die neue Zwangsabgabe, die uns zur Finanzierung des neuen Senders zusätzlich zur „Demokratie-Abgabe“ für die deutschen Staatsfunker demnächst abgezogen wird.

Herman van Rompuy, der EU-Ratspräsident, wird für seine Arbeit und seine „Visionen“ dieses Jahr mit dem Karlspreis ausgezeichnet. Der Preis ist so eine Art Bonzen-Brosche, die man kriegt, wenn man sich hoch genug in den politischen Apparat gefressen hat.

Die Laudatio halten übrigens gleich drei Regierungschefs, was mit großem Stolz hervorgehoben wird: so viele, Weltpremiere! Dabei handelt es sich allerdings um die Ministerpräsidenten der Ukraine, der Moldau und Georgiens, was den Verdacht nahelegt, dass es die drei zum Preis von einem gab.

Da sollte man besser vorsichtig sein, so manches vermeintliche Schnäppchen hat sich im Nachhinein als teurer Spaß entpuppt. Und wo „drei zum Preis von einem“ draufsteht, ist fast immer Nepp drin.

So wird es uns kaum wundern, wenn das Trio – nach der erwarteten Huldigung des neuen Broschen-Bonzen – vor allem sehr viel von „Solidarität“ redet, die einen jener „Grundwerte“ darstelle, denen sich Europa „verpflichtet“ fühle. Wir werden wissen, was sie damit meinen und stellen uns schon mal auf die nächste Sonderabgabe ein.

Tag dieser historischen Verleihung ist übrigens Christi Himmelfahrt. Bei dem Datum hat sich bestimmt einer was gedacht. Manchmal möchte man halt einfach nur weg, weit weg.


MELDUNGEN / ZUR PERSON

Klimafreundlich rülpsen

Washington – Kühe sind das neue Ziel der „Klimaschützer“: Der US-Klimaexperte Juan Tricarico will mit seinem Projekt „Zukunfts-Kuh“ den Methan-Ausstoß, den Kühe beim Rülpsen hervorbringen, reduzieren. Methan sei als „Treibhausgas“ 25-mal gefährlicher als Kohlendioxid. In Argentinien bekommen Kühe einen Schlauch eingestochen, der das Gas direkt aus dem Magen absaugt. In NRW wird mit neuer Kuh-Nahrung experimentiert. H.H.

 

Streit zwischen Bauern und Roma

Salzburg – In Anthering bei Salzburg kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Bauern und Roma. Die Zigeuner hatten gegen den Willen eines Landwirts dessen Wiese besetzt und weigerten sich, zu gehen. Hilferufe an Polizei und Verwaltung verhallten. Als die vereinten Antheringer Bauern Gülle ausbrachten, kam es zu Ausschreitungen, bei denen der Eigner der Wiese mit dem Tod bedroht wurde. Schließlich zogen die meisten Roma ab. H.H.

 

Schöngeistiger Strippenzieher

Bislang hielt sich der ukrainische Übergangspräsident dezent im Hintergrund und überließ vor allem bei der Krim-Krise seinem Ministerpräsidenten Jazenjuk das Feld. Doch nach den gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Separatisten in der Ostukraine ist Alexander Turtschinow mit dem Plan eines Referendums über den zukünftigen Status der Ukraine überraschend vorgeprescht.

Am 25. Mai, dem Tag der geplanten Präsidentschaftswahlen, sollen die Ukrainer auch darüber entscheiden, ob sich ihr Land von einer Zentralregierung weg- und zu einem föderalen Staat hinbewegt. Damit geht Turtschinow scheinbar auf eine Forderung Mos­kaus ein, das auf Föderalisierung dringt, um die Ostukraine stärker an sich binden. Tatsächlich sprechen sich aber laut einer Umfrage 75 Prozent gegen eine solche Statusänderung aus. Turtschinows Plan, mit diesem Referendum separatistischen Bemühungen die Grundlage zu entziehen, könnte also aufgehen.

Es wäre ein stiller Erfolg. Auf Gewalt und Krawall ist Turtschinow ohnehin nicht gebürstet. Da sei sein Glauben vor. Als Mitglied einer Baptistengemeinde gehört der 50-Jährige zur Minderheit der in der Ukraine lebenden Protestanten. Aufgewachsen in der ostukrainischen Stadt Dnjepropetrowsk, war er nach dem Studium Politfunktionär alter Prägung und verhalf als Leiter eines Komitees für Privatisierung unter anderem Julia Timoschenko zu ihrem Vermögen. Er gilt seither als ihre rechte Hand und ist seit Gründung ihrer Partei 1999 deren stellvertretender Vorsitzender. Neben der politischen Tätigkeit besitzt er einige kleinere Firmen, ist Ökonomie-Professor und Romanautor. Eines seiner Bücher wurde 2008 sogar verfilmt. Gut möglich, dass er nach den Präsidentschaftswahlen wieder mehr Zeit zum Schreiben hat. H. Tews


MEINUNGEN

Bruno Bandulet, Autor des Buches „Als Deutschland Großmacht war“, hält die These von Christopher Clark, nach der die Mächte wie „Schlafwandler“ in den Ersten Weltkrieg geschlittert seien, für fraglich. Im Interview mit „Kopp online“ (6. April) erklärt er:

„Tatsächlich war das deutsche Kaiserreich die einzige Großmacht, die keine Ziele hatte, die nur durch einen Krieg erreichbar waren. Frankreich wollte Elsass-Lothringen zurück, Russland wollte die Kontrolle über die Dardanellen und damit über den Ausgang zum Mittelmeer, Großbritannien sah in Deutschland einen politischen und vor allem wirtschaftlichen Konkurrenten, der nur durch einen Krieg geschwächt und zurückgeworfen werden konnte.“

 

 

Michael Miersch kritisiert im „Focus“ vom 7. April die vom angeblichen Klimawandel getriebene bundesdeutsche Energiewende: 

„Es wäre an der Zeit, auch in Deutschland die Klimapolitik zu überdenken. Ein überhasteter Hunderte Milliarden Euro teurer Umstieg auf vom Wetter abhängige Stromerzeugung kann nicht das letzte Wort sein. Die Schäden, die die Energiewende anrichtet, werden von Tag zu Tag spürbarer ... Der deutsche Sonderweg wird das Weltklima nicht verändern, und es gibt keine Bedrohung, die zu schnellen Handeln um jeden Preis zwingt. Bevor Nord- und Ostseeküste im Meer versinken, bleibt noch reichlich Zeit. Der weltweite Anstieg des Meeresspiegels liegt derzeit bei 3,3 Millimeter pro Jahr.“

 

 

In der „Welt“ (12. April) erklärt der Autor und Journalist Walter von Rossum, warum die „Tagesschau“ in seinen Augen zu einer öden „Ritualveranstaltung“ verkommen ist:

„Leider gibt es überhaupt keine kritische Kultur der Auseinandersetzung mit dem, was sie sendet. Dabei produziert die ,Tagesschau‘ reihenweise Enten, Als-ob-Meldungen. Sie ist grausam parteilich.“

 

 

Alexander Marguier enthüllt im Magazin „Cicero“, was die Grünen seiner Meinung nach wirklich antreibt:

„Während im Justemilieu einer urbanen Bio-Boheme die Vorzüge ethnischer Vielfalt besungen werden, dürfen die Bewohner der weniger bevorzugten Stadtteile die Folgen gescheiterter Integration aushalten. Und wem das nicht passt (oder wer es auch nur wagt, am herrlichen Migrationsmythos zu zweifeln), der bekommt schnell die härteste Waffe der Grünen zu spüren: ihre stets überlegene Moral in Form der Rassismus-Keule. Politik, das ist für die Grünen vor allem ein groß angelegtes Umerziehungsprogramm.“

 

 

SPD-Bundesvize Ralf Stegner verriet der „Bild“-Zeitung (13. April), wer seiner Meinung nach tatsächlich die Macht in der Großen Koalition ausübt:

„CDU und CSU haben zu Recht das Gefühl, dass die SPD Motor dieser Koalition ist. Wir bestimmen die Agenda, wir legen die wichtigen Gesetze vor ... Bei den letzten Wahlen haben wir 25 Prozent der Stimmen geholt. Aber wir bestimmen zu 80 Prozent die Politik dieses Landes.“