28.03.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Folge 18/14 vom 03.05.2014

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

Der Staat als Komplize
Große Koalition erleichtert Linksextremen, Andersdenkende zu attackieren

Der 1. Mai ist in diesem Jahr nur der Auftakt für weitere linksextreme Aktionen. Der Fokus der Gewaltbereiten liegt auf der „Alternative für Deutschland“ (AfD).

Zum Endspurt des EU-Wahlkampfs blasen die „Antifa“ und andere linke und linksextremistische Gruppen zur Attacke gegen Wahlkämpfer und Mitglieder der AfD. Ab dem 15. Mai sollen die Angriffe mit sogenannten „Aktionstagen“ noch verstärkt werden. Der Verfassungsschutz warnt, dass nicht allein Aktionen gegen Einrichtungen der AfD, Wahlkampfstände und Plakate zu erwarten sind, sondern auch vor privaten Wohnsitzen von Vertretern der Partei.

Schon in den vergangenen Wochen häuften sich die Übergriffe. Die teils äußerst gewaltsamen Angriffe haben die AfD Niedersachsen sogar dazu bewogen, die Aussetzung ihres Wahlkampfes zu überlegen. In Wolfsburg überfielen beispielsweise zwei Linksextremisten in der Nacht zwei Plakataufsteller der Partei. Mit Rufen wie „Ich schlag dich tot“ griffen sie laut Aussage der AfDler mit Schlagringen (63 und 38 Jahre alt, Vater und Sohn) an. Die Attackierten waren jedoch gut trainiert, überwältigten die Täter und übergaben sie der Polizei. In der Regel aber stehen AfD-Wahlkämpfer der von blankem Hass gespeisten Gewalt und der kriminellen Hemmungslosigkeit der Linken beinahe wehrlos gegenüber, was den niedersächsischen Landesverband zu seinen Überlegungen getrieben haben dürfte – es geht um den Schutz der eigenen Mitglieder.

Für den wäre eigentlich der Staat, sprich: die Regierung zuständig. Doch von dort kommen ausgerechnet jetzt irritierende Signale. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) will Gewaltkriminalität künftiger härter bestraft wissen, wenn das Motiv Hass sei, ausdrücklich steht dabei politisch motivierter Hass im Fokus. Wer indes meint, dass dies eine Antwort auf den bedrohlich anwachsenden linken Straßenterror sei, sieht sich mehr als getäuscht.

Der rechtspolitische Sprecher der SPD, Burkhard Lischka, behauptet im Parteiorgan „Vorwärts“, dass ihm nicht bekannt sei, dass „die Antifa gezielt Nazis verprügelt“. Als „Nazis“ bezeichnet die „Antifa“ nahezu alles, was ihr gegen den Strich geht. Sich selbst an den Rand der Komplizenschaft manövrierend bezeichnet Lascke „Anitfa“-Attacken sogar pauschal als „Gegenwehr“, auf die das „Gesetz jedenfalls nicht zielt“.

Sozialministerin Manuela Schwesig (SPD) will verstärkt dafür sorgen, dass auch solche „Anti-Rechts“-Gruppen mit Steuergeldern bezahlt werden, die sich weigern, ein Bekenntnis zum Grundgesetz abzugeben. Die linksextreme „Antifa“ jammert bereits, dass immer mehr ihrer Genossen in staatlich bezahlte, hauptamtliche Stellen wechseln, so dass für das „ehrenamtliche“ Engagement immer weniger zu gewinnen seien (die PAZ berichtete). So züchtet der Staat aus Steuermitteln eine gewaltbereite, demokratie- und menschenverachtende Szene, welcher die Bürger nahezu schutzlos ausgeliefert sind. Hans Heckel


Verfassungsklage wegen AfD
Ehemaliges Mitglied will Teilnahme an EU-Wahl verhindern

Ein ehemaliges Mitglied hat gegen die Zulassung der AfD zur EU-Wahl Verfassungsbeschwerde eingelegt. Elias Mößner, Jurist und früherer Hochschulbeauftragter des AfD-Landesverbandes Baden-Württemberg, will auf dem Wege einer Einstweiligen Anordnung des Bundesverfassungsgerichts erreichen, dass die Partei nicht zur Wahl am 25. Mai antreten darf. In seiner der PAZ vorliegenden Beschwerdeschrift führt er auf 54 Seiten aus, warum das Verfahren zur Aufstellung der AfD-Kandidaten „mehrfach demokratische und rechtsstaatliche Mindeststandards verletzt“ habe, die vom Grundgesetz gefordert seien. Konkret kritisiert er unter anderem den Verlauf mehrerer Nominierungs- und Listenparteitage. Die Eilbedürftigkeit begründet er damit, dass andernfalls durch den als sicher anzunehmenden Einzug der Partei ins EU-Parlament Fakten geschaffen würden, die nur durch eine Neuwahl rückgängig gemacht werden könnten.

Schon der Bundeswahlausschuss hatte bei seiner Sitzung im März, bei der über die Zulassung der AfD entschieden wurde, erhebliche Bedenken. Laut dem Vorsitzenden Roderich Egeler gab es eine „außergewöhnliche Vielzahl von Beschwerden“. Dennoch ließ der Ausschuss die Partei nach längerer Erörterung zu – und traf damit erstmals in seiner Geschichte eine nicht einstimmige Entscheidung.

Sollten sich Mößners Argumente als stichhaltig erweisen, wären die Verfassungsrichter in einer Zwickmühle. Bei ihren Entscheidungen zur Euro-Rettung haben sie stets Rechtsverstöße erkannt, diese jedoch toleriert und die Beschwerden abgewiesen. Würden sie nun ausgerechnet der Partei, deren Existenz eine mittelbare Folge ihrer Entscheidungen ist, die Teilnahme an der EU-Wahl mit Hinweis auf Formalien verwehren, dürfte dies kaum nachvollziehbar sein. Jan Heitmann


OSZE im Kreuzfeuer
Friedensstifter geraten in der Ukraine zwischen die Fronten

Innerhalb der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gibt es unterschiedliche Arten von Missionen in der Ukraine: Eine offizielle diplomatische OSZE-Mission soll die am 21. März getroffenen Genfer Beschlüsse zum Ukraine-Konflikt überwachen. Die Entsendung einer Beobachtermission hatten alle 57 OSZE-Mitglieder, also auch Russland, beschlossen. Zurzeit sind hundert zivile Beobachter in der Ukraine, bis zu 500 könnten es insgesamt werden.

Daneben sind Militärinspektoren in der Ukraine unterwegs, die nicht Teil der zivilen Beobachtermission sind, sondern auf der Grundlage des „Wiener Dokuments der Verhandlungen über Vertrauens- und Sicherheitsbildende Maßnahmen“. Im Wiener Dokument haben die OSZE-Staaten sich verpflichtet, einmal pro Jahr ausführliche Auskünfte über ihre Streitkräfte, deren Stationierung und Hauptwaffensysteme sowie ihre Verteidigungsplanung und anschließende Manöver zu erteilen. Die Überprüfung der Angaben erfolgt durch Inspektoren, die in den bezeichneten Gebieten „zu Land und aus der Luft“ Überprüfungen vornehmen dürfen. Begleitet werden sie von einem Vertreter des Gastlandes.

Der selbsternannte Volksbürgermeister Wjatscheslaw Ponomarjow ließ 13 OSZE-Beobachter festsetzen, weil sie in Begleitung von Agenten des ukrainischen Geheimdienstes unterwegs seien, die sich als OSZE-Beobachter getarnt hätten, um in Slawjansk zu intervenieren. Darüberhinaus seien explosive Kugeln im Bus der insgesamt 30 Beobachter nachgewiesen worden, die laut „Wiener Dokument“ verboten seien.

Pjotr Poroschenko, ukrainischer Präsidentschaftskandidat mit den besten Aussichten, bezeichnete Ponomarjow als „völlig durchgedreht“ und „gefährlich“. MRK


Jan Heitmann:
Törichte Aktion

Prorussische Kräfte nehmen OSZE-Beobachter als Geiseln, darunter vier deutsche Offiziere.“ Eine Meldung, die zunächst empört. Doch dann wird es kurios, denn Christian Neukirch, Vizechef des OSZE-Krisenpräventionszentrums, erklärt, die Festgenommenen seien gar nicht im Auftrag der OSZE in der Ostukraine unterwegs gewesen, sondern im Rahmen einer bilateralen Mission auf Einladung der ukrainischen Regierung. Das Bundesverteidigungsministerium dementiert und behauptet, es habe sich um eine abgestimmte OSZE-Mission gehandelt. Und der Regierungssprecher wiederum erklärt, es sei eine Beobachtermission nach Kapitel X des Wiener Dokuments, eines Übereinkommens der OSZE-Staaten über vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen, gewesen.

In wessen Auftrag und mit welcher Legitimation die ausländischen Militärs sich tatsächlich in der Ukraine aufgehalten haben, wird sich zeigen, denn verheimlichen oder verschleiern lässt sich das auf Dauer nicht. Zwei Dinge aber stehen jetzt schon fest: Die ganze Aktion war, als was auch immer sie geplant war, höchst unprofessionell und töricht. Und: Die OSZE hat dabei ihre Finger im Spiel. Die Festgenommenen verfügten über von ihr ausgestellte Papiere. Es ist nicht nachvollziehbar, dass in einer derart aufgeladenen Situation solche Aktionen nicht äußerst behutsam und vollkommen transparent durchgeführt werden. Dabei ist es doch gerade der Sinn von Beobachtermissionen, Transparenz und Vertrauen zu schaffen. Das Ansehen der OSZE und das Vertrauen in die letzte verbliebene Klammer zwischen beiden Seiten in diesem Konflikt sind beschädigt.


S. 2 Aktuell

Angst vor der Alternative
CSU kritisiert im EU-Wahlkampf Brüssel, was der CDU sauer aufstößt

Unmittelbar vor der EU-Wahl am 25. Mai ist zwischen den Unionsparteien CDU und CSU ein heftiger Streit über den europapolitischen Kurs entbrannt. Hintergrund ist das Programm der bayerischen Christsozialen. „Alles, was die Menschen vor Ort angeht – vom Nahverkehr bis zum Trinkwasser – soll vor europäischen Eingriffen geschützt werden“, heißt es offensiv.

Vor allem die Einbindung des prominenten Euro-Kritikers Peter Gauweiler lässt aufhorchen. Zwar wurde das CSU-Urgestein auf dem vergangenen Parteitag sogar vom bayerischen Ministerpräsidenten und Parteichef Horst Seehofer vorgeschlagen, doch wirklichen Einfluss auf das aktuelle Tagesgeschäft hatte Gauweiler seit Jahren nicht mehr. Doch nun steht der 64-Jährige wieder mitten auf der politischen Bühne.

Und das hat seine Gründe. Mehr als 48 Prozent hat die CSU bei der EU-Wahl 2009 in Bayern erzielt, sie entsendet derzeit acht Abgeordnete ins Straßburger Parlament. Da die Fünf-Prozent-Hürde vom Bundesverfassungsgericht abgeschafft wurde, müsste die CSU ihr Ergebnis allerdings noch leicht verbessern, um erneut acht Parlamentarier stellen zu können.

Doch die bundesweiten Aussichten für die Union sind mäßig. In keiner Umfrage kommt sie an die 42 Prozent heran, die sie im vergangenen Jahr bei der Bundestagswahl erzielt hatte. Zudem ist das Auftauchen der Euro-kritischen „Alternative für Deutschland“ (AfD) ein Problem. Immerhin 80 Prozent der befragten Deutschen gaben in einer Meinungsumfrage in der vergangenen Woche an, nicht daran zu glauben, dass die europäische Schuldenkrise überwunden sei. Daran änderte auch der Besuch von Kanzlerin Angela Merkel anlässlich der Rückkehr Griechenlands an die internationalen Kapitalmärkte nichts. „Das Grundvertrauen der Menschen in die europäischen Institutionen ist erschüttert. Diese Stimmungen müssen wir auffangen“, sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheurer. Deutlich offensiver äußerte sich Gauweiler selbst. Er kritisierte die Rettungsschirme für die Gemeinschaftswährung und stellte ihre Rechtmäßigkeit infrage. Beim politischen Aschermittwoch in Passau nannte er die EU-Beamten „nackte, dumme Kaiser“ und bezeichnete Teile der EU-Kommission als „Flaschenmannschaft, die ganz Europa durcheinander bringt“.

Überhaupt gibt sich die CSU im heraufziehenden Wahlkampf bayerisch-deftig. Ihr Programm beschränkt sich auf 15 Seiten, die „große Schwester“ hat dagegen 48 Seiten herausgegeben. Und während die CDU auf EU-kritische Töne in Gänze verzichtet, gibt es aus München massive Widerstände gegen Brüssel und Straßburg. So fordern die Christsozialen einen „Zuständigkeitsstopp für die EU“ sowie eine Halbierung der Anzahl der EU-Kommissare. Generell wird ein Ende der „EU-Regulierungswut“ gefordert. Außerdem solle ein „Kompetenzgerichtshof“ künftig darüber wachen, dass die EU ihre Zuständigkeiten nicht überschreite.

In der vergangenen Woche legte die CSU dann noch einmal nach, forderte Maßnahmen gegen die zunehmende Armutseinwanderung aus EU-Mitgliedsstaaten nach Deutschland. Demnach solle ein Unionsbürger hierzulande nur dann Freizügigkeit genießen, wenn er eine „mindestens zweimonatige Tätigkeit als Arbeitnehmer“ vorweisen könne.

In der CDU lösten diese Forderungen Protest aus. „Ich finde Gauweilers Stil äußerst problematisch“, sagte Herbert Reul, der Chef der Unionsabgeordneten im EU-Parlament: „Ich sehe schon kommen, dass die CSU auch außerhalb Bayerns eine Anti-Europa-Stimmung schürt. Aber bei uns gibt es keine CSU, bei uns gehen die Wähler dann zur AfD.“ Auch stößt es der CDU äußerst sauer auf, dass die CSU immer wieder den EU-Kommissar Gün-ther Oettinger attackiert. Zuletzt hatte Scheuer ihn als „europäischen Oberlehrer“ bezeichnet, weil er die EU-kritische Haltung der Christsozialen kritisiert und darauf hingewiesen hatte, dass die EU doch so viele gute Seiten habe, die es zu loben gäbe. Da Oettinger CDU-Mann ist, fühlt sich die Partei mit dem Angriff gegen einen der Ihren persönlich getroffen.

Es ist wohl die Angst vor der Alternative, welche die Bayern auf die Barrikaden treibt. 1989 erzielten die rechtskonservativen Republikaner mit dem ehemaligen TV-Journalisten Franz Schönhuber an der Spitze 14,6 Prozent bei der EU-Wahl im Freistaat. Fünf Jahre später, als sich die „Reps“ schon wieder auf dem absteigenden Ast befanden, tauchte der abtrünnige Freidemokrat Manfred Brunner mit seinem „Bund Freier Bürger“ (BFB) auf der Bühne auf. Der Ex-FDP-Landeschef klagte zwischen 1994 und 1998 mehrfach gegen den Euro und die Maastrichter Verträge und stets mischte sich auch CSU-Mann Gauweiler in die politische Debatte ein. Als der BFB in der Versenkung verschwand und die Republikaner stigmatisiert waren, sank auch der Stern Gauweilers. Jahrelang fristete er ein gelittenes Dasein als Hinterbänkler im Bundestag. Sozusagen als stille Reserve. Seit dem Auftauchen der AfD wird er wieder hofiert.

Dass die CSU in den vergangenen 25 Jahren im Endeffekt alle europapolitischen Entscheidungen der „großen Schwester“ CDU mitgetragen hat, verschweigt die Partei allerdings gerne. Peter Gauweiler übrigens auch. P. Entinger


Durchsichtiges Manöver
Pläne zur Beseitigung der Panzer am Sowjetehrenmal aussichtslos

Seit Kurzem läuft eine Initiative der Boulevardblätter „Bild“ und „B.Z.“ zur Entfernung der beiden Panzer am russischen Ehrenmal im Berliner Tiergarten. Zur Begründung heißt es, diese seien „Symbol kalter Machtpolitik“. Und weiter: „In einer Zeit, in der russische Panzer das freie, demokratische Europa bedrohen, wollen wir keine Russen-Panzer am Brandenburger Tor!“ Dass deutsche Interessen und Befindlichkeiten bei diesem Vorstoß keine Rolle spielen, wird daran deutlich, dass das Ehrenmal dann, wenn es nicht um die russische Rolle in der Krim-Krise geht, als „Symbol der Befreiung vom Nationalsozialismus“ gilt und die Panzer somit selbstverständlich toleriert werden.

Dabei war das Ehrenmal vor allem in der Zeit der Teilung eine von vielen Berlinern als unerträglich empfundene Zumutung. Denn die hier zur Schau gestellten Panzer waren vom selben Typ wie die, die beim Einmarsch nach Deutschland rücksichtslos durch Flüchtlingskolonnen gefahren waren und am 17. Juni 1953 den Volksaufstand in der DDR niedergewalzt hatten. Im Jahre 1945 zur Erinnerung an den Sieg im „Großen Vaterländischen Krieg“ errichtet, sollte es auch die in der Schlacht um Berlin gefallenen Rotarmisten ehren, von denen etwa 2500 auf dem Areal ruhen. Der Viermächtestatus Berlins schützte nicht nur die gesamte Anlage, sondern er erlaubte es den Sowjets sogar, hier eine ständige Ehrenwache aufziehen zu lassen.

Doch auch nach dem Ende der Teilung der deutschen Hauptstadt und dem Abzug der russischen Truppen lassen sich das an die Stadt Berlin übergegangene Ehrenmal oder Teile davon nicht beseitigen. Im Zwei-plus-Vier-Vertrag und in bilateralen Folgevereinbarungen hat sich die Bundesrepublik Deutschland zum dauerhaften Erhalt der sowjetischen Gedenkstätten und Kriegsgräber auf deutschem Boden verpflichtet.

Dennoch findet die Initiative der beiden Springer-Blätter vor allem unter Unionspolitikern prominente Unterstützer, darunter Justizsenator Thomas Heilmann sowie die Bundestagsabgeordneten Kai Wegner und Frank Steffel. Ihr Kollege Karl-Georg Wellmann, Vorsitzender der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe, meint, er habe sich „immer schon sehr über die beiden Panzer in der Nähe des Brandenburger Tors geärgert“. Und auch seine Parteifreundin Erika Steinbach fordert deren Entfernung, weil daraus „kein Friedenswille“ spreche und jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen sei, „dieses Zeichen eines grausamen Krieges zu beseitigen“. Grüne und Linkspartei lehnen den Vorstoß dagegen überwiegend ab. Während die Bundesregierung lakonisch verlauten lässt, sie respektiere „diese besondere Form des Gedenkens an die auf Seiten der Roten Armee Gefallenen des Zweiten Weltkrieges“, weist die Berliner Senatsverwaltung die Forderung nach einer Demontage der Panzer unter Hinweis auf die Rechtslage „unmissverständlich zurück“. Das Ehrenmal sei mit seinen Panzern „im historischen Kontext zu beurteilen und heute kein Ausdruck militärischer Bedrohung“. Die Kampagne von „Bild“ und „B.Z.“ ist somit von vornherein zum Scheitern verurteilt und bleibt damit nichts als der durchsichtige Versuch, Moskaus aktuelle Politik anzugreifen. J.H.


Veteranen handeln
Motorradgedenkfahrt für Gefallene in Berlin

Alles nach Plan“, heißt es bei den Bauarbeiten an der Gedenkstätte für die im Dienst ums Leben gekommenen Bundeswehrsoldaten – auf einem abgelegenen Kasernengelände bei Potsdam. Das ist typisch für die Gedenkkultur in der Bundesrepublik. Auch zum eher versteckt liegenden zentralen Ehrenmal in Berlin verirrt sich kaum jemand.

Eine Ausnahme sind die „Recondo Vets“, ein Motorradclub, dessen Mitglieder aktive und ehemalige Soldaten sind. Unter dem an den Leitspruch der Bundeswehr angelehnten Motto „Wir.Handeln.Gemeinsam“ machen sie in Zusammenarbeit mit dem Bund Deutscher Veteranen e.V. das Gefallenengedenken öffentlich. Am 31. Mai führen die „Recondo Vets“ bereits zum sechsten Mal den „Memorialrun“ durch, eine Gedenkfahrt für ihre gefallenen Kameraden. Der Motorradkorso beginnt um 12 Uhr in Berlin-Tempelhof am Platz der Luftbrücke, führt über eine von der Polizei abgesicherte Strecke und endet gegen 13 Uhr am Ehrenmal der Bundeswehr in der Hildebrandstraße. Hier finden eine Gedenkveranstaltung und eine Kranzniederlegung statt, bevor es gemeinsam zurück nach Tempelhof geht. Es haben sich bereits mehrere Hundert Fahrer angekündigt, darunter auch viele Veteranen aus den europäischen Nachbarländern. Für Angehörige von Gefallenen steht ein Bus zur Verfügung, damit auch sie an der Gedenkfahrt teilnehmen können.

Nachdem die Veranstalter lange auf die politische Anerkennung ihrer Aktion gewartet haben, nimmt in diesem Jahr mit Hellmut Königshaus, dem Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, ein hochrangiger Vertreter der Bundespolitik teil. Der „Memorialrun“ ist für alle Teilnehmer und Besucher offen, die den Veteranen auf diese Weise ihre Unterstützung zeigen wollen.

Unterstützung können die „Recondo Vets“ auch auf andere Weise gebrauchen, denn bislang tragen sie die erheblichen Kosten aus eigener Tasche. Wer ihnen unter die Arme greifen möchte, wird um Kontaktaufnahme gebeten: recondovets@gmx.de. Informationen: www.recondovets.de. J.H.


MELDUNGEN

Justiz misst mit zweierlei Maß

München – Christian Holz, an den Rollstuhl gefesseltes Vorstandsmitglied der Partei „Die Freiheit“, muss möglicherweise eine Haftstrafe antreten. Im September 2013 fragte ihn während einer Kundgebung in München eine Gegendemonstrantin: „Warum machst du bei der ‚Freiheit‘ mit? Wenn die an die Macht kommen, bist du doch der erste, den sie ins Kammerl stecken“, womit sie offensichtlich auf eine Gaskammer anspielte. Daraufhin zeigte Holz ihr den sogenannten Scheibenwischer. Beide zeigten sich gegenseitig wegen Beleidigung an. Doch während das Verfahren gegen seine Kontrahentin eingestellt wurde, verhängte das Gericht gegen Holz eine Geldstrafe in Höhe von 1600 Euro, zahlbar bis Ende April. Da er die Zahlung verweigert, drohen ihm jetzt 80 Tage Haft. J.H.

 

Polizei zeigt sich machtlos

Berlin – Ein 40-jähriger Afrikaner aus Gambia hat in der seit eineinhalb Jahren illegal besetzten ehemaligen Gerhart-Hauptmann- Schule (GHS) in Kreuzberg einen Marokkaner (29) erstochen. Der Gambier soll dem Marokkaner mehrfach ein Messer in den Bauch gerammt haben, weil dieser ihn nicht in den Duschraum gelassen habe. Schon oft kam es in der zurzeit von rund 250 vorwiegend „Wirtschaftsflüchtlingen“ besetzten GHS zu Gewalttätigkeiten einschließlich Messerstechereien und Drogenhandel. Polizeipräsident Klaus Kandt erklärte, nur der Bezirk Kreuzberg könne über die Räumung des Gebäudes entscheiden, nicht die Polizei. In einem Kommentar des „Tagesspiegel“ hieß es: „Seit Monaten toleriert der Bezirk die halbkriminellen Zustände in der Gerhart-Hauptmann-Schule.“ Gegenüber dem „Tagesspiegel“ erklärte die grüne Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann, sie denke nicht an Rücktritt: „Ich wüsste nicht, warum.“ M.L.


S. 3 Preussen/Berlin

Nicht unter dieser Regierung
Brandenburger Initiativen wollen Abgewanderte zurücklocken, doch Rot-Rot tut fast nichts

Mehr einstige und Möchtegern-Brandenburger denn je informieren sich über Leben und Arbeiten in der Mark – die Landesregierung lässt das kalt.

Immer mehr einst abgewanderte Brandenburger, aber auch neue Fachkräfte informieren sich auf dem landeseigenen Fachkräfteportal über mögliche Stellen in der Mark. Im ersten Quartal 2014 seien dort durchschnittlich 8300 Zugriffe pro Monat verbucht worden, meldet die für Wirtschaftsförderung zuständige Zukunfts-agentur Brandenburg. Das seien im Vergleich zu 2013 rund 2700 Seitenbesuche pro Monat mehr. Ob die verstärkte Nachfrage eine Rückkehrwelle und den Zuzug neuer Fachkräfte nach sich zieht, hängt indes weniger vom Marketing ab als von den realen Arbeitsmöglichkeiten.

Immer mehr lokale und regionale Initiativen werben um Menschen, die nach Brandenburg zu­rückkehren wollen. Die „Willkommens-Agentur Uckermark“ hat am 11. April ihr einjähriges Bestehen gefeiert und ist eng mit dem Verein „Zuhause in Brandenburg e.V.“ verbunden, der sich seit 2008 der Rückwanderung verschrieben hat. Mehr als 200 Beratungen hat allein diese Agentur seit ihrer Gründung durchgeführt, die Nachfrage übersteige die Erwartungen deutlich, sagen die Verantwortlichen.

Die Jubiläumsbilanz in eigener Sache enthält viel Anerkennung von der Politik: Er sei „stolz auf den großen Zuspruch“, sagte der Bundestagsabgeordnete Jens Koeppen (CDU). Der Verein dokumentiert, wie brisant das Thema ist: Ein Wissenschaftler moniert, eine Studie habe ergeben, dass nur zehn Prozent der Rückkehrwilligen über Beratungsangebote informiert seien – umso größer sei die Wertschätzung des Projekts.

Die aktuellen Zahlen der Zukunfts-agentur lassen Hoffnung auf reale Rück­wanderung aufkeimen. Konkrete Belege einer Rückkehrwelle gibt es indes bisher kaum. Wenn man Zu- und Abwanderung gegenüberstellt, verliert jedes Jahr allein die Uckermark im Saldo rund 1500 Menschen. Nur rund 30 konnte die „Willkommens-Agentur Uckermark“ zurückholen. Einzelne Aktionen wie gefilzte Schlüsselbänder mit der Aufschrift „Uckermark“ wecken Aufmerksamkeit, die fortschreitende Entvölkerung halten sie nicht auf.

Die Vereine lassen sich von dem Missverhältnis nicht entmutigen. Regelmäßige Treffen für Rückwanderer gehören zu ihrem festen Programm. Was sie trotz oft enger Abstimmung mit der Agentur für Arbeit und privaten Arbeitsvermittlern nur begrenzt anbieten können, sind Arbeitsplätze. Die Uckermark sucht Ärzte, Pfleger und Fachkräfte der Tourismusbranche.

Ein Blick auf die Querverweise des mit EU-Geld geförderten Fachkräfteportals verrät, dass die Zahl der oft medienwirksam um Rückkehrer Werbenden zunimmt. „Boomerang Lausitz e.V“ startete indes schon 2002 und integrierte als begrenztes Projekt rund 80 Heimkehrer binnen drei Jahren. Die „Heimkehrerbörse Wittstock“ bildet die Lebensläufe ihrer erfolgreichen Rückkehrer im Internet ab, während „Comeback Elbe-Elster“ auf das Internet-Netzwerk von Facebook vertraut, um lokale Stellengesuche zu verbreiten. Laut Arbeitsminister Günter Baas­ke (SPD) arbeitet das Land daran, dass gut ausgebildete Menschen gar nicht erst abwandern. Das Fachkräfteportal biete dabei Berufseinsteigern, Rückkehrern und anderen Fachkräften kompakte Information zum Leben und Arbeiten in Brandenburg.

Die rot-rote Landesregierung setzte allerdings erst 2011 die Rückkehrförderung mit einem Landtagsbeschluss auf ihre Tagesordnung. Noch immer sind es vor allem kleinteilige und lokale Initiativen, die sich des Themas annehmen, nicht die Landespolitik. Neben Beratung sowie lokaler Kooperation mit Unternehmen und Messeständen stehen oft auch bei diesen Initiativen das Marketing und entsprechende Werbung noch stark im Vordergrund.

Die Zahlen der Agentur für Arbeit stehen vielen Rückkehrwünschen und den eleganten Werbebildern vom Leben an Brandenburgs Seen entgegen: So betrug die Arbeitslosigkeit in der Uckermark im März 16,4 Prozent. Neben den wenigen gesuchten Berufen existiert kaum Spielraum. Im gesamten Bundesland ist der große Durchbruch am Arbeitsmarkt noch fern. Die Arbeitslosenquote lag im März bei 10,2 Prozent, wobei die in Fördermaßnahmen Geparkten nicht mit berücksichtigt sind. Im März 2013 gab es landesweit 144000 Arbeitslose, diesen März waren es mit rund 137000 nur geringfügig weniger. Die Agentur für Arbeit selbst versorgte jüngst sogar weniger Bewerber mit einer Stelle als noch 2012.

Aktuelle Vorhersagen zur Bevölkerungsentwicklung sagen für 2030 rund 300000 weniger Märker voraus, als es heute gibt. Angesichts des Missverhältnisses aus massivem Bevölkerungs­rückgang durch fortgesetzte Abwanderung bei nur wenigen Rückkehrern oder qualifizierten Neubürgern droht die Wirkung lokaler Initiativen zu verpuffen. Das gilt selbst jetzt, da das Interesse von Fachkräften am Leben und einer Arbeit in Brandenburg laut den Zahlen der Zukunftsagentur seit 2013 um fast 50 Prozent gewachsen ist. Die vor allem aus Sachsen, an zweiter Stelle aus Nordrhein-Westfalen, dann Niedersachsen, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern sich informierenden Rückkehrwilligen könnten bald vom Widerspruch aus Werbung und Wirklichkeit verschreckt werden. Die Förderung von Existenzgründern aus Landesmitteln strich Minister Baaske trotz großer Nachfrage jetzt zusammen – schuld seien Kürzungen der Bundesregierung. Sverre Gutschmidt


Relikte des SED-Staats
von Theo Maass

Am 9. November 1989 verkündete – mehr aus Versehen – der damalige SED-Spitzenfunktionär Günter Schabowski, dass die Mauer, die Berlin bis dahin geteilt hatte, nunmehr offen sei. Wie keiner seiner Politbüro-Kollegen stand Schabowski zu der Schuld, die er auf sich geladen hatte durch seine Rolle im SED- Regime. Am 30. Juni 1990 verschwand die DDR-Mark, und am 3. Oktober desselben Jahres trat die DDR der Bundesrepublik Deutschland bei.

Das staatliche Gebilde, von dem Erich Honecker kurz zuvor noch zu erzählen wusste, es werde noch 100 Jahre oder länger stehen, war verschwunden. Aber ist der Geist der DDR auch verschwunden? Ich meine nicht die „grünen Pfeile“ oder die Ampelmännchen (die viel schöner aussehen als die Westampelmännchen).

Woran erkennt man am Straßenbild noch heute, dass man in die „neuen Bundesländer“ geraten ist? Immer noch zieren in vielen Orten Ernst Thälmann, Karl Marx und andere kommunistische Säulenheilige die Straßenschilder. Kulturell-gesellschaftlich ist die DDR noch lange nicht verschwunden. Straßen kann man – den politischen Willen vorausgesetzt – rasch umbenennen. Langzeitwirkung entfaltet hingegen die nachhaltige Ausrottung der Religiosität in der Breite der Bevölkerung. An der Zahl der Kirchensteuerzahler gemessen, ist die evangelische Kirche in den Bundesländern, die früher zur DDR gehörten, eher eine Sekte.

Jüngst meldeten die beiden Betreiber der „Jugendweihe“, der Humanistische Verband und Jugendweihe Berlin/Brandenburg e.V., dass in diesem Jahr fast 10000 Jugendliche in Berlin und Brandenburg sich dieser Zeremonie unterziehen wollen, während nur rund 1000 katholische Firmungen und 5400 Konfirmationen anstehen. Vor 1989 war die Jugendweihe im Westteil Berlins unpopulär, manchenortes wurde gar vermutet, die Eltern der betreffenden Kinder seien DDR-Fetischisten. Nun haben diese Rituale an Boden gewonnen. So zeitigt Walter Ulbrichts und Erich Honeckers Religionskrieg doch noch späte Erfolge.

Und als wenn das nicht schon alles reichte, hatte der Genosse Satan/Luzifer in der Hölle sogar für den dort schmorenden Erich Mielke eine gute Nachricht. Der früher von ihm protegierte DDR-Serienfußballmeister BFC Dynamo ist aufgestiegen. Wenn auch nur von der 5. in die 4. Liga. Da wird es indes auch politisch interessant für den früheren Stasi-Klub. Ausgerechnet der frühere Lieblingsverein SED-kritischer Ostberliner, Union Berlin (allerdings nur die 2. Mannschaft, die 1. spielt in der 2. Bundesliga), und der linksextreme Hausbesetzer- und Antifa-Klub Babelsberg 03 zählen zu den neuen Liga-Konkurrenten.


Bürgerwehren erfolgreich
An der Oder nehmen Bewohner ihre Sicherheit in die eigene Hand

Bewohner von Küstrin-Kietz in Märkisch-Oderland gehen privat auf Streife in ihrem Heimatort, weil sie sich von der Polizei nicht mehr ausreichend geschützt fühlen. Vor allem nachts, wenn Diebe von der polnischen Seite über die Oder kommen. Eine Bürgerwehr hat sich formiert und fordert gerade durch ihren sichtbaren Erfolg das Gewaltmonopol des Staates heraus. Die Politik ist irritiert.

„Wir müssen unseren Ort, unsere Heimat schützen – weil: Die eigentlichen Ordnungshüter tun es ja nicht“, sagt eine 30-jährige Mutter der aus 22 Freiwilligen bestehenden Gruppe unter Anspielung auf Brandenburgs Polizei. Mit Nachtsichtgeräten gehen die Mitglieder gruppenweise und über Mobiltelefon vernetzt los. Die Bundespolizei hilft, seither nehmen Einbrüche deutlich ab.

Nur rund 700 Einwohner zählt der kleine Grenzort, man kennt sich, und die im vergangenen Sommer im nahen Bleyen-Genschmar entstandene Idee, eine Bürgerwehr zu gründen, traf nach Jahren steigender Grenzkriminalität hier auf offene Ohren.

Die Bleyen-Genschmarer Bürgerwehr umfasst 16 Mitglieder. Die Wut im Grenzgebiet über die Hilflosigkeit vor allem der Landesbehörden ist groß. Tagsüber fahren Fremde mit ausländischen Nummernschildern über Land und fotografieren, nachts brechen Diebe ein, vor allem zwischen Mitternacht und den frühen Morgenstunden, kritisieren die Bürgerwehrmitglieder.

Sie sind unbewaffnet und kein typisches Ost-Phänomen. Auch in Westdeutschland bilden sich bereits vereinzelt Bürgerwehren gegen Einbrecher, so in Tiefenbronn bei Pforzheim in Baden-Württemberg (siehe Kommentar auf S. 8). Dort wie in Brandenburg sieht die Polizei den Einsatz der freiwilligen Ordnungshüter kritisch: Die Bürger seien nicht für Konflikte geschult. Statt selbst auf Streife zu gehen, sollten sie aufmerksam sein, Nachbarn helfen und rechtzeitig die Polizei verständigen.

Das Besondere an Brandenburg ist indes, dass die Landespolizei schlecht besetzt ist und gerade nachts lange Anfahrtswege hat. Daher zahlt es sich aus, wenn die Bürger ihre Sicherheit besser selbst organisieren. Seit mehreren Wochen hat es angeblich keine Zwischenfälle mehr in Küstrin-Kietz gegeben und auch weniger fremde Fahrzeuge. Den Anhängern der Wehr gibt das Auftrieb. Sie wollen keine besonderen Rechte beanspruchen, dennoch ist allein ihre Existenz eine Blamage für die Politik. SV


Zweckentfremdet
Studentengelder gegen Garnisonkirche?

Scharfe Kritik an der Potsdamer Studentenvertretung übt Brandenburgs Wissenschaftsministerium. Bereits Anfang April hatte das Studentenparlament beschlossen, die Initiative von Gegnern des Wiederaufbaus der Potsdamer Garnisonkirche mit 1800 Euro zu unterstützen. Das Wissenschaftsministerium wirft dem Studentenparlament nun rechtswidriges Handeln vor und verlangt von der Universitätsleitung, gegen den Missbrauch von Geldern der Studentenschaft einzuschreiten.

Für die Zahlung an die Bürgerinitiative sei kein Rechtsgrund ersichtlich, der Schritt sei nicht vom Gesetz gedeckt, so Wissenschaftsstaatssekretär Martin Gorholt (SPD) in einem Schreiben an Uni-Präsident Oliver Günther, aus dem die „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ zitieren.

Für die Sichtweise des Ministeriums sprechen mehrere Ge-richtsurteile. In der Rechtsprechung ist es inzwischen vorherrschende Meinung, dass sich die über Zwangsgebühren der Studenten finanzierten Vertretungsorgane auf hochschulpolitische Themen des Universitätslebens beschränken sollen und nicht allgemein politisch aktiv werden dürfen.

Bereits in der Vergangenheit war gegen den Asta der Uni Potsdam der Vorwurf laut geworden, Beiträge der Studenten zu veruntreuen und Klientelwirtschaft zu betreiben. So hatte 2012 der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) darauf aufmerksam gemacht, dass der Asta 35000 Euro in ein Potsdamer Kulturzentrum investiert hatte, das nach Ansicht des RCDS zum linksextremen Spektrum gehört. N.H.


Besuchermagnet Landtagsschloss

Als Besuchermagnet hat sich das neue Domizil des Brandenburgischen Landtags entpuppt. Erst Ende Januar eröffnet, wurden in dem Gebäude mit der historischen Fassade des Potsdamer Stadtschlosses bereits 7019 angemeldete Besucher gezählt. Nach Angaben des Präsidialbüros des Landtags hat sich die Gästezahl im Vergleich zum alten Landtag damit vervierfacht. Bereits in den ersten drei Monaten seit der Eröffnung hat das „Landtagsschloss“ fast 200 Besucher mehr angezogen, als im alten Landtag auf Potsdams Brauhausberg im kompletten Jahr 2012 gezählt worden waren. Als Touristenziel deutlich aufgewertet wurde mit dem Schloss-Nachbau auch die gesamte Innenstadt Potsdams. Bei einer Befragung von Touristen nach dem am häufigsten besuchten Reiseziel in der Stadt belegte die historische Innenstadt mit 75 Prozent erstmals den ersten Platz und verwies die Schlösser und Gärten mit 52,6 Prozent auf Rang zwei. N.H.


S. 4 Hintergrund

Zu tödlich für Verbreitung?
Wieso Ebola auch für Europa zum Problem werden könnte

An Ebola zu erkranken heißt, einen Alptraum zu durchleiden: Nach harmlosem Beginn mit grippeähnlichen Symptomen wie Fieber kommt es binnen einer Woche zu Schleimhautblutungen aus Nase, Mund und Augen sowie Blutungen im Magen-Darm-Bereich und der Lunge. Dies liegt daran, dass das Ebola-Virus die Zellen in den Wänden der Blutgefäße angreift und parallel dazu die Gerinnung stört. Am Ende erleidet der Mensch dann einen qualvollen Tod durch Multiorganversagen.

Der Erreger, der aufgrund seiner extremen Aggressivität und der Tatsache, dass es keinerlei Gegenmittel gibt, zu den zehn gefährlichsten Virenarten der Welt gehört, wütet seit Ende Februar in Westafrika: Die ersten Toten gab es in den Präfekturen Macenta und Guéckédou in Guinea. Danach breitete sich das Ebola-Fieber schnell weiter aus und forderte in Guinea sowie den Nachbarländern Liberia und Sierra Leone 136 Menschenleben. Damit ist diese Epidemie nach Aussage der Organisation Ärzte ohne Grenzen (Médecins Sans Frontières, MSF) „beispiellos“, was das Ausmaß und die Gefährlichkeit betrifft. Diese Einschätzung basiert zum einen auf dem Umstand, dass das Virus längst auch zwei Großstädte, nämlich Conakry und Monrovia, erreicht hat. Zum anderen gehört der Erreger offenbar zu einem neuen Stamm, der für besonders hohe Sterberaten sorgt: Neun von zehn Erkrankten überleben die Infektion nicht.

Umso unverständlicher ist daher die Haltung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die abwiegelt und von einem „relativ überschaubaren Herd“ spricht. Ebenso merkwürdig ist die Informationspolitik der deutschen Medien hinsichtlich der Möglichkeit eines Vordringens des Virus nach Europa. So titelte die „Welt“ am 5. April: „Ebola ist zu tödlich für eine schnelle Verbreitung“, was ebenso unsinnig ist wie die Behauptung von Susanne Glasmacher, der Pressesprecherin des Robert-Koch-Instituts in Berlin: „Die Leute werden durch das Ebola-Virus sehr schnell krank und können gar nicht mehr in den Flieger steigen.“

Selbstverständlich kann sich ein Mensch in Afrika mit Ebola infizieren und dann innerhalb der Inkubationszeit, die immerhin bis zu 21 Tagen beträgt, ohne Beschwerden nach Deutschland oder in ein beliebiges anderes Land fliegen. „Ehe man es bemerkt, sitzt es schon in allen Organen“, sagt die MSF-Spezialistin Esther Sterk – das heißt der Betroffene ist bereits hochansteckend, wenn sich die Krankheit bei ihm mit den ersten scheinbar harmlosen Symptomen zu manifestieren beginnt.

Daher gehen führende Fachleute wie der Marburger Virologe Stephan Becker und der Schweizer Tropenmediziner Christoph Hatz von einem durchaus realen Bedrohungsszenario aus. Und genau deshalb gibt es in Deutschland neun „Sonderisolierstationen“ in Hamburg, Berlin, Leipzig, Würzburg, München, Stuttgart, Saarbrücken, Frankfurt am Main und Düsseldorf. Ebenso hat die Bundeswehr sicher nicht ohne Grund Mikrobiologen nach Westafrika entsandt.

Aufgrund der relativ langen Inkubationszeit könnten auch Flüchtlinge aus Afrika, die nicht mit dem Flugzeug, sondern mit Booten übers Mittelmeer kommen, das Virus in sich tragen. Zumal manche Afrikaner alles andere als vernünftig mit der Krankheit umgehen. So floh am 29. März eine infizierte Frau aus einem Krankenhaus in Monrovia und fuhr im Sammeltaxi durch die Stadt, um ihren Mann zu besuchen. Erinnert sei des Weiteren an die Krawalle vor der MSF-Hilfsstation in Macenta, die ausbrachen, weil die Einheimischen dort allen Ernstes glaubten, das Virus stamme nicht aus Afrika, sondern sei von den Ärzten ohne Grenzen eingeschleppt worden.

Wolfgang Kaufmann


Krankheiten im Gepäck
Zuwanderer schleppen Seuchen ein – Vor allem Tbc ist häufig

Migration wird gebetsmühlenartig als die Lösung vieler Probleme hingestellt, die Deutschland angeblich habe. Dahingegen bleiben die Gefahren der Einwanderung meist unerwähnt. Dies betrifft auch die Verbreitung von Infektionskrankheiten, wie gerade wieder einmal durch eine aktuelle Sonderausstellung im Deutschen Hygienemuseum in Dresden zum Thema Migration unter Beweis gestellt wird: Diese Schau greift die Gesundheitsgefahren durch Zuwanderung mit keinem Wort auf.

Dabei ist doch unübersehbar, dass viele Migranten aus bettelarmen Herkunftsländern mit völlig desolaten Gesundheitssystemen kommen. Und genau aus diesem Grund haben eben zum Beispiel Zuwanderer aus dem subsaharischen Afrika eine signifikant höhere Aids-Rate als die Mehrheitsbevölkerung in der Bundesrepublik. Das gleiche gilt für die Tuberkulose: Unter Migranten werden pro Jahr 24,4 neue Tuberkulosefälle pro 100000 Einwohner festgestellt – dies ist das Fünffache der Neuerkrankungsquote unter Deutschen. Noch schlimmer verhält es sich mit der Gesamtzahl aller Tuberkulosepatienten: Zuwanderer weisen eine elfmal so hohe Durchseuchung auf wie Deutsche. Hierfür verantwortlich sind Migranten aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion, die als „Hochrisikozentren“ gelten. Besonders gefährlich ist dabei, dass mittlerweile jede fünfte Tbc-Neuerkrankung dort von multiresistenten Keimen verursacht wird. Deshalb schreibt die „Ärzte-Zeitung“ auch völlig zu Recht: „Einwanderung bleibt das Einfallstor für Tuberkulose schlechthin.“

Weitere Krankheiten, die sich infolge der Zuwanderung auf dem Vormarsch befinden, sind Diphtherie, Keuchhusten, Masern und Kinderlähmung. Dies liegt nach Einschätzung des Robert-Koch-Institutes vor allem daran, dass Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund über keinen ausreichenden Impfschutz verfügen.

Und dann wäre da noch die Gruppe der gefährlichen Infektionskrankheiten, deren Einschleppung ebenfalls droht und für die es keine wirksamen Behandlungsmöglichkeiten gibt. Neben Ebola sind das vor allem das ebenfalls hochtödliche Marburg-Fieber, dem zuletzt 2005 in Angola an die 350 Menschen zum Opfer gefallen sind, das Lassa- und das Dengue-Fieber sowie das Chikungunya-Fieber, welches erst nur in Afrika und Indien auftrat, aber nun schon in Italien für eine erste Epidemie gesorgt hat.

Unter diesen Umständen wirkt es mehr als befremdlich, wenn gegen Mitarbeiter des Auffanglagers in Lampedusa nun plötzlich Foltervorwürfe erhoben werden, weil sie für die einzig wirksame Desinfektion ankommender „Boatpeople“ – nämlich im nackten Zustand – gesorgt haben. Das läuft jetzt unter „entsetzlicher Behandlung“ im finstersten KZ-Stil, für welche die Verantwortlichen büßen sollen, wie die EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström unter dem allgemeinen Beifall der Medien auch hierzulande verkündete. Offenbar wird man in Deutschland und Europa erst durch einen richtig großen Schaden klug – wenn überhaupt. W.K.


Tödlich wie die Pest

Ebola gehört zur Gruppe der hämorrhagischen Fieber, die starke Blutungen verursachen. Die Krankheit resultiert aus einer Infektion mit den charakteristischen fadenförmigen Ebola-Viren. Ebola wurde nach dem gleichnamigen Fluss im Kongo benannt, in dessen Umfeld es ab dem 26. August 1976 die erste bekannte Epidemie gab. Seitdem tötete das Virus in Zentral- und Westafrika sowie eben auch immer wieder im Kongo rund 1200 von 1850 Erkrankten. Einige Wissenschaftler nehmen allerdings an, dass frühere Seuchenwellen wie der „Schwarze Tod“ im Mittelalter nicht allein auf die Pest, sondern auch auf Ebola zurückgegangen seien, womit die Krankheit schon wesentlich mehr Opfer gefordert hätte.

Die Infektion erfolgt durch engen Kontakt mit Wildtieren wie Affen und Flughunden, also afrikanischen Fledermäusen. Letztere sind gegen Ebola immun, während der Mensch bei einer Infektion stets in akute Lebensgefahr gerät. Das zeigt, dass sich das Virus noch wenig angepasst hat, denn den Wirtsorganismus zu eliminieren, ist die schlechteste aller Überlebensstrategien.

Bisher existieren weder Impfstoffe noch Medikamente gegen Ebola, weil sich die Pharmakonzerne keine großen Gewinne hiervon versprechen, da die Zahl der Infizierten bisher immer relativ gering war. Allerdings sind neuerdings doch Unternehmen wie GlaxoSmithKline, Tekmira, Inovio und Vaxart in die Ebola-Forschung eingestiegen – teilweise mit Unterstützung des US-Militärs. Dies hängt mit der Gefahr des Bioterrorismus zusammen. Das Ebola-Virus zählt zum „dreckigen Dutzend“ der gefährlichsten Erreger der Welt und eine mutwillige Verbreitung desselben in der westlichen Welt könnte viel dramatischere Konsequenzen haben als die bisherigen Ausbrüche in Afrika. W.K.


Zeitzeugen

Karl M. Johnson – Der Mikrobiologe des nahe Atlanta (Georgia) gelegenen Centers for Disease Control and Prevention der US-Regierung untersuchte am 14. Oktober 1976 die Gewebeprobe eines Epidemieopfers aus Zaire unter seinem Elektronenmikroskop und entdeckte dabei das charakteristische Ebola-Virus.

Dustin Hoffman – 1995 kam der Wolfgang-Petersen-Film „Out-break – Lautlose Killer“ in die Kinos, der zeigt, was passiert, wenn das Ebola-Virus eine westliche Großstadt erreicht. Hoffman spielte darin den Virologen und Biowaffenexperten Colonel Sam Daniels, der eine landesweite Epidemie verhindert.

Roman Wölfel – In seiner Eigenschaft als Leiter der Abteilung für medizinische B-Aufklärung und -Verifikation im Münchener Bundeswehrinstitut für Mikrobiologie entsandte der promovierte Oberfeldarzt Ende März 2014 zwei Mitarbeiter nach Guinea, wo diese ein europäisches Laborteam verstärken sollen.

Gregory Hartl – In einem Interview mit der BBC vom 1. April dieses Jahres warnte der Sprecher der UN-Weltgesundheitsorganisation vor Panikmache angesichts der aktuellen Ebola-Epidemie in Westafrika und zog sich damit unter anderem heftige Kritik vonseiten der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen zu.

Marie-Christine Ferir – Die belgische Krankenschwester koordiniert den aktuellen Noteinsatz der Ärzte ohne Grenzen (MSF) in Guinea. Sie ist seit 1989 für MSF tätig, war auch schon während des Völkermordes in Ruanda sowie in Afghanistan im Einsatz und hat umfassende Erfahrungen mit kritischen Situationen.


S. 5 Deutschland

Mehr als nur eine Führungskrise
Nie war die Republik grüner als heute, doch dies macht die Grünen zugleich auch überflüssig

„Werden die Grünen eigentlich noch gebraucht?“ Diese provokante Frage stellte „Focus-online“ vor Kurzem und fasste damit in Worte, was selbst Grünen-Anhänger sich inzwischen zu fragen beginnen.

Zwar haben sich die Grünen in Umfragen nach dem für sie kata-strophalen Ergebnis bei der Bundestagswahl 2013 mit 8,4 Prozent Stimmenanteil wieder ein wenig erholt und liegen jetzt bei zehn Prozent, doch auch diese reichen noch lange nicht an das heran, was die Partei zu Spitzenzeiten erlangt hat. Nicht von ungefähr hatten die Medien vor gut zwei Jahren den damaligen Grünen-Chef Jürgen Trittin schon als ersten grünen Kanzler gehandelt. Zwar spielte hier viel Wunschdenken bei den zumeist politisch links orientierten Journalisten mit, doch völlig aus der Luft gegriffen schien es nicht.

Genau jene politischen Kommentatoren, die Trittin und mit ihm seine antideutsche, alt-linke Geisteshaltung hochgeschrieben hatten, wenden sich nun enttäuscht von der neuen Grünen-Führung ab. Die pastoralen Reden von Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt und die fachbezogenen Kommentare ihres Amtskollegen Anton

Hofreiter öden sie an. Den Grünen wird die Schuld an der Rente mit 63 samt im Schlepptau befindlicher Mütterrente gegeben, weil sie sich im Herbst eine Koalition mit CDU/CSU nicht zugetraut haben. Dieser Liebesentzug von journalistischer Seite schadet den Grünen zusätzlich. Weitere Gründe für die geringe Wahrnehmung der Oppositionspartei finden sich in der geringen Führungsstärke des Quartetts aus Göring-Eckardt, Hof-reiter, Parteichef Cem Özdemir und Parteichefin Simone Peter, der Orientierungslosigkeit nach dem Verlust des in die Regierung eingezogenen Partners SPD und dem eigenen Profil. In einer politischen Landschaft, in der selbst die CDU in einer Großen Koalition all das fordert und umsetzt, was die Grünen einst ausgemacht hat, ist der Ökopartei ihre identitätsgebende Nische abhanden gekommen.

Doch das schlechte Wahlergebnis vom vergangenen Herbst hat die Grünen-Spitze verschreckt. Keine Experimente, so das Credo. Aber wie will man, wenn viele der eigenen Forderungen wie zum Beispiel die nach Atomausstieg, Energiewende, Gleichstellung von Frauen und Homosexuellen, Genderpolitik, mehr Zuwanderung und nachhaltiger Landwirtschaft zum Zeitgeist gehören, noch auffallen? Zudem haben die Grünen gemerkt, dass sie, so sie denn als Verbotspartei siehe „Veggie-Day“ oder als Steuererhöhungspartei auftreten, ihre gutbürgerlichen Wähler verschrecken. Nur wie will man für mehr soziale Gerechtigkeit nach linker Umverteilungsmanier eintreten, ohne von den Reichen mehr Steuern zu fordern? Dieses Rätsel hat die neue Parteiführung noch nicht klären können und will es vor der EU-Wahl auch nicht. Erst danach will man über die Inhalte reden, für die die Grünen angesichts der gewandelten politischen Landschaft künftig stehen wollen. Und so setzt die Partei für den 25. Mai auf Bewährtes. „Für Klimaschutz ohne Grenzen“, „Atom aus, Natur an“, „Für ein Europa, in dem niemand untergeht“ und „Artgerecht statt ungerecht“ lauten die Slogans, mit denen man der eigenen Klientel nicht erneut wehzutun hofft. Trotzdem baut

Hofreiter schon einmal vor: „Ich würde nicht zu viel hineininterpretieren in dieses Wahlergebnis, egal wie positiv es ausfällt.“ Allerdings prognostizieren Beobachter ein eher ernüchterndes Ergebnis für die Grünen und sehen schon eine Führungsdebatte in der Partei heraufziehen.

Was sind die personellen Alternativen zu Hofreiter, Göring-Eckardt, Peter und Özdemir? Die Grünen können kaum ohne Gesichtsverlust ihre alten Vorkämpfer wie Trittin, Claudia Roth oder Renate Künast reaktivieren. Zudem wird es in der Partei einerseits positiv bewertet, dass die jetzige Spitze sich so gut versteht. Auch lehnen bürgerliche Grünen-Wähler eine von zu vielen Showelementen durchsetze Politik ab. Das führt andererseits aber auch dazu, dass die Partei kaum wahrgenommen wird.

Außerdem fällt es den Grünen schwer, auf Opposition zu machen, wenn viele Dinge, die die Regierung beschließt, tendenziell ihren Positionen entsprechen, und man zugleich immer mehr feststellt, dass es mit der einzigen anderen im Bundestag vertretenen Oppositionspartei, der Partei „Die Linke“, im Inhalt und im Stil, Politik zu machen, wenig Gemeinsamkeiten gibt. Zwar böten einige aktuellen Themen, wie der Abhörskandal durch den US-Geheimdienst NSA oder die Ukraine-Krise, den Grünen Möglichkeiten, ihre stets vor sich hergetragene staatsskeptische, überwachungssensible beziehungsweise pazifistische Grundeinstellung auszuleben, doch der Umstand, dass das nicht geschieht, zeigt auch, dass die Partei längst im Richtung USA orientierten System etabliert ist. Zudem ist es für die Bundes-Grünen problematisch, dass in sieben Bundesländern Grüne in der Regierung sitzen und die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) nicht nur mittragen, sondern auch loben. Wie soll man seiner Klientel deutlich machen, dass man als Bundespartei das ablehnt, was die Landesverbände gutheißen?

Im Grunde brachte es Robert Habeck (Grüne), der Umweltminister in Schleswig-Holstein ist, auf den Punkt. Als die Grünen in den 80er Jahren anfingen, Politik zu machen, taten sie es aus dem Antrieb heraus, das „Scheißsystem“ attackieren und ändern zu wollen. Dies haben sie nun erfolgreich über Jahre gemacht, so dass Habeck zu dem Schluss kommt: „Es ist okay, in Deutschland zu leben, ja, es ist sogar schön.“ Rebecca Bellano


Kein Dank für SPD
Gewerkschaften reagieren schroff auf Versöhnungsangebot

Werden es 200 Milliarden Euro bis 2030 oder vielleicht doch „nur“ 160 Milliarden? Da das Gesetz für die Rente mit 63 samt Mütterrente noch nicht beschlussreif ist, da im Bundestag darüber noch heiß dis-kutiert wird, sind die genauen Eckpunkte noch nicht geklärt. Fakt ist aber, dass die Reform für Deutschlands Rentner der nahen und fernen Zukunft teuer wird und zumindest von der Rente nach 45 Beitragsjahren nur wenige profitieren werden. Doch längst ist es ein offenes Geheimnis, dass es der SPD mit der von ihr durchgesetzten Rente mit 63 nicht um ein Geschenk für die Arbeitnehmer geht. Vielmehr handelt es sich bei der Reform und dem geplanten Mindestlohn um ein Versöhnungsangebot an die Gewerkschaften, die bis heute mit der von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) durchgesetzten Rente mit 67 und den Arbeitsmarktreformen der Agenda 2010 hadern.

Doch zur großen Enttäuschung der SPD, die überhaupt nicht versteht, warum sie trotz Umsetzung vieler ihrer Wahlversprechen schlechte Umfragewerte hat, zeigen auch die Gewerkschaften keinen Dank. So haben „Verdi“ und die GEW bereits einen Brief an Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) geschrieben, in dem sie beklagen, dass beispielsweise Erzieher, die eine dreijährige schulische Ausbildung machen, diese nicht als Beitragsjahre angerechnet bekommen und so im Gegensatz beispielsweise zum Elektriker, der eine dreijährige betriebliche Ausbildung absolviert, nicht bereits mit 63 in Rente gehen dürfen, obwohl sie doch einen anstrengenden Beruf ausübten. Und überhaupt hätten es Angestellte von Dienstleistungsberufen im Gegensatz zu Facharbeitern schwer, auf 45 Beitragsjahre zu kommen. Dies gelte vor allem für Frauen.

Hatte Nahles gehofft, von der IG Metall Dank zu erhalten, jener Gewerkschaft, in der die meisten Facharbeiter organisiert sind, wurde sie auch hier bitter enttäuscht. Zwar sei die Rente mit 63 eine schöne Sache, kommentierte die IG Metall aus SPD-Sicht schnöde das Präsent, doch viel wichtiger sei, dass das Rentenniveau auf dem heutigen Stand eingefroren werde. Dies sei durch die Reform schwieriger geworden, weil mit dieser die Reserven der Rentenversicherung noch schneller als durch den demografischen Wandel sowieso schon aufgebraucht würden und früher oder später der Beitragssatz erhöht und/oder das Rentenniveau weiter gesenkt werden müsse. DGB-Vorstandmitglied Annelie Buntenbach beklagt zudem, dass wenn denn schon die CSU als Gegenleistung für die Rente mit 63 ihre Mütterrente durchsetzen konnte, die SPD darauf hätte achten sollen, dass diese als gesamtgesellschaftliche Aufgabe über Steuermittel und nicht über die Rentenversicherung finanziert wird.

Die im DGB versammelten Gewerkschaften, die 2013 auf zusammen nur noch 6,1 Millionen Mitglieder (Arbeitnehmer und Rentner) bei rund 29 Millionen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigen deutschlandweit kamen, sind nicht gewillt, zu schnell auf die Avancen der SPD zu reagieren. Dabei haben sie dieser auch zu verdanken, dass laut Arbeitsgruppe Wirtschaft und Energie der CDU/CSU im jetzigen Entwurf der ab 2016 geltenden Frauenquote für Aufsichtsräte in börsennotierten Unternehmen für die Arbeitnehmerseite weniger strenge Regeln gelten als für die Seite der Arbeitgeber. Bel


Vertrauen verloren
Immer mehr Bürger beäugen Ukraine-Berichterstattung kritisch

Egal ob es sich um die „Zeit“, den „Spiegel“, ARD oder ZDF handelt, schon seit einigen Wochen weht Journalisten großer Leitmedien ein starker Gegenwind von Seiten der Leser und Zuschauer entgegen. Unübersehbar bricht sich bei einem beachtlichen Teil der Medienkonsumenten die Unzufriedenheit mit der bisherigen Russland-Berichterstattung Bahn. Bernd Ulrich, Stellvertretender Chefredakteur der linksliberalen „Zeit“, sieht in dem Sturm kritischer Leserbriefe, dass „viele Bürger die Krimkrise ganz anders beurteilen als Politik und Medien“. „Wenn die Umfragen nicht täuschen, dann stehen zurzeit zwei Drittel der Bürger, Wähler, Leser gegen vier Fünftel der politischen Klasse, also gegen die Regierung, gegen die überwältigende Mehrheit des Parlaments und gegen die meisten Zeitungen und Sender.“

Auf den ersten Blick erinnert die Kluft, die sich aktuell zwischen den etablierten Massenmedien und ihren Konsumenten auftut, an die Art und Weise, wie seinerzeit das Sarrazin-Buch „Deutschland schafft sich ab“ medial behandelt wurde. Während die Leitmedien kein gutes Haar an dem Buch ließen, machten die Leser es zu einem der meistverkauften Sachbücher der Nachkriegszeit.

Nicht zu übersehen ist derzeit die Doppelmoral des Westens, wenn es um eigene Militär-Interventionen oder um den Umgang mit den Rechtsextremisten in der Ukraine geht. Wie in einem Brennglas hat der Konflikt mit der Ukraine Defizite der deutschen Politik aufgezeigt. Es fehlt eine wirklich eigenständige deutsche Außenpolitik, die an eigenen Interessen ausgerichtet ist. Offenkundig wird die Neigung vieler deutscher Politiker, sich zwar Brüssel oder Washington verpflichtet zu fühlen, nicht aber der hiesigen Bevölkerung. Exemplarisch für diese Haltung steht der Grüne Cem Özdemir: „Dass die Bürgerinnen und Bürger Deutschland künftig stärker zwischen dem Westen und Russland sehen wollen, ist sicher Realität, aber nichts, was dazu führen darf, dass wir diesem Wunsch nachgeben“, so der Bundesvorsitzende der Grünen.

Dazu hat sich bei vielen Deutschen der Eindruck gesellt, dass viele Medien einseitig und emotionalisierend über die Ereignisse in der Ukraine berichten, und dabei vor der Verbreitung von Regierungspropaganda und Falschmeldungen nicht zurückschrecken. Der Eindruck täuscht nicht, er lässt sich konkret belegen. So musste das ZDF etwa inzwischen einräumen, dass es bei der Berichterstattung über die Ukraine auf „die vielfältigen Angebote“ eines sogenannten „PR-Netzwerkes gegen russische Propaganda“ zurückgegriffen hat.

Ziel dieses „Ukrainian Crisis Media Center“ (UCMC) ist es nach eigenen Angaben, die derzeitige Kiewer Regierung mittels einer Image-Kampagne zu unterstützen. Ebenfalls nach eigener Angabe sollen dabei folgende Botschaften weltweit in die Medien gebracht werden: Die Ukraine sei Opfer einer „russischen Aggression“, die ukrainische Übergangsregierung sei legitim, die Behauptung einer rechtsradikalen Gefahr sei Teil der russischen Propaganda. Finanziert wird diese PR-Kampagne unter anderem von dem umstrittenen Großspekulanten George Soros, von einer ukrainischen Tochtergesellschaft von Weber Shandwick, dem weltweit führenden PR-Unternehmen mit Sitz in New York City, und nicht zuletzt von der ukrainischen Übergangsregierung selbst.

Norman Hanert


MELDUNGEN

Arbeitsgruppe hat neuen Chef

München – Der bayerische Landtagsabgeordnete Josef Zellmeier ist neuer Vorsitzender der Arbeitsgruppe Vertriebenenpolitik und Partnerschaftsbeziehungen der CSU-Landtagsfraktion. Damit verbunden ist eine Namensänderung, mit der die große Gruppe der Aussiedler künftig eigens Erwähnung findet. Zukünftig führt das Gremium den Namen „Arbeitsgruppe Vertriebene, Aussiedler und Partnerschaftsbeziehungen“. Der 49-jährige Zellmeier aus dem Stimmkreis Straubing folgt Christa Matschl nach, die bei der Wahl im vergangenen September nicht mehr für den Bayerischen Landtag kandidiert hatte. Zum stellvertretenden Vorsitzenden wurde der Münchner Abgeordnete Andreas Lorenz bestimmt. J.H.

 

Bedarf an Ärzten steigt

Berlin – Laut Bundestag sind seit 2007 rund 16900 Ärzte ins Ausland abgewandert. Die meisten davon zog es in die Schweiz (4269), Österreich (1659), die USA (1041) und Großbritannien (605). Angesichts des Umstandes, dass 2013 in Deutschland laut Bundesärztekammer 357252 Mediziner – und somit 8500 mehr als im Vorjahr – tätig waren, mag die Zahl der Abwanderer gering erscheinen. Allerdings stieg in den letzten Jahren auch infolge der alternden Gesellschaft die Zahl der Arztbesuche je Bürger. Zugleich arbeiten deutlich mehr Mediziner in Teilzeit, was mit dem stark gewachsenen Frauenanteil an der Berufsgruppe zu erklären ist. Waren 2001 nur 31000 Ärzte in Teilzeit tätig, entschieden sich 2011 bereits 54000 gegen eine Vollzeitbeschäftigung. Da die Ausbildung eines Mediziners bis zum Staatsexamen den Staat rund 193000 Euro kostet, sind Abwanderungen zudem finanziell ein Verlustgeschäft. Bel


S. 6 Ausland

Hoffen auf frischen Wind aus Asien
Putin zählt auf Wirtschaftsverträge mit Peking – Obama strebt in Pazifik-Freihandelszone

Russland sucht aktiv nach Partnern im Osten, was einerseits die Abhängigkeit des Landes von den europäischen Abnehmern minimieren soll, andererseits aber zu neuen Abhängigkeiten führen wird. Ende Mai reist Wladimir Putin nach Peking, um wichtige Handelsverträge zu unterzeichnen. Doch auch US-Präsident Barack Obama zeigt Präsenz in Asien.

Noch ist im Ukraine-Konflikt keine Lösung in Sicht, da wenden die Hauptakteure hinter den Ereignissen sich lukrativeren Ländern zu: Während Putin sich auf seine China-Reise vorbereitet, bei der die Unterzeichnung einiger wichtiger Verträge über eine engere Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen erwartet wird – unter anderem wird es um Gaslieferverträge aus sibirischen Förderstätten ins nahe gelegene China gehen –, hat US-Präsident Obama gerade seine Asienreise beendet.

Für Russland ist der Schwenk nach China äußerst wichtig, wenn die EU und USA ihre Sanktionen verschärfen. Da Europa, der Hauptabnehmer von russischem Öl und Gas, zunehmend versuchen wird, seinen Bedarf aus anderen Quellen zu decken, wird das energiehungrige China als Kunde immer notwendiger.

Doch auch die USA  bereiten seit einiger Zeit einen „Schwenk nach Asien“ vor. Obama hat Japan, Malaysia, Südkorea und die Philippinen besucht und den Ländern Schutz gegen etwaige chinesische Aggressionen zugesagt, falls China, mit dem es Grenzstreitigkeiten um Inseln im Pazifik gibt, wie Russland im Fall der Krim versuchen sollte, sich diese Gebiete einzuverleiben.

Amerika will seinen Einfluss im Pazifik von Japan über Südostasien bis nach Australien ausweiten, um zu verhindern, dass China zur wirtschaftlichen und militärischen Supermacht heranwächst. Die USA streben eine Mitgliedschaft in der Freihandelszone Transpazifische Partnerschaft (TPP) an, eine westlich dominierte Konkurrenz zum Asien-Pazifik-Wirtschaftsrat (Apec), bei dem China neben Russland eine führende Rolle spielt.

Eine bedeutende Rolle im Pazifikraum reklamiert auch Russland für sich. Bei einer Sitzung der Apec unter russischer Leitung in Wladiwostok betonte Putin, dass Russland historisch und geografisch ein unabtrennbarer Teil des asiatisch-pazifischen Wirtschaftsraums sei. Deshalb betrachte Russland seine volle Präsenz im asiatisch-pazifischen Raum als eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zukunft, ebenso wie die Entwicklung Sibiriens und der fernöstlichen Regionen. Putin ist an einer Partner-schaft mit China und anderen  Staaten im Osten interessiert. Das Handelsvolumen zwischen Russland und China hat sich von 2001 bis 2013 auf 90 Milliarden Dollar jährlich erhöht. Es macht China zum wichtigsten Partner für Russland im Osten. Nach zahlreichen Treffen nennt Xi Jinping Putin einen „guten Freund“.

Obamas Forderung an China, sich an dem Boykott gegen Russland zu beteiligen, verhallte ungehört. Im Fall der Ukraine übt China vornehme Zurückhaltung. China ist der Hauptprofiteur von härteren Sanktionen des Westens gegen Moskau: Je angespannter die wirtschaftliche Situation in Russland ist, desto besser die Verhandlungsposition für Peking. Ein  Mega-Abkommen über Gaslieferungen aus den sibirischen Förderstätten nach China wird Russland zwar die ersehnten Einnahmen bringen, aber über die Höhe wird Jinping mitentscheiden können. Denn über den Gaspreis konnten die Eliten beider Länder viele Jahre keine Einigung finden. Peking ist nicht bereit, sich an den Kosten für die aufwendige und teure Erschließung und Förderung von Rohstoffen im unwirtlichen Sibirien zu beteiligen. China will maximal 400 Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas zahlen. Für Gas aus Turkmenien zahlen die Chinesen 354 Dollar pro 1000 Kubikmeter.

Während vor allem kommunistische Chinesen Putin als Held sehen, befürchten viele Russen, von Chinesen überschwemmt zu werden. Denn gerade in den dünn besiedelten Regionen Sibiriens wandern immer mehr Chinesen –auch illegal – ein. Es existieren keine genauen Zahlen, aber es sollen heute schon einige Millionen Chinesen in Russland leben.

Zurzeit sind die fernöstlichen Regionen Russlands noch mit Subventionen zu halten, sollte Moskau diese jedoch nicht mehr zahlen können, schließen Beobachter eine Abtrennung nach dem Vorbild der Krim nicht aus. Für China wäre das eine Möglichkeit, Öl- und Gasfelder unter seine Kontrolle zu bringen, ohne Mos-kau dafür bezahlen zu müssen.

Noch gibt es für Russland keine Alternative zum Öl- und Gasexport nach Europa. Der boomende asiatische Markt könnte das Weltgefüge jedoch in Zukunft erschüttern. Manuela Rosenthal-Kappi


Polen zündelt mit
Warschau soll ukrainische Umstürzler ausgebildet habe

Nur zwei Monate nach dem Regimewechsel in Kiew ist in polnischen Medien ein schwerer Vorwurf erhoben worden. Die Regierung von Premier Donald Tusk soll durch die Ausbildung von Aktivisten des „Rechten Sektors“ an der Vorbereitung des ukrainischen Putsches beteiligt gewesen sein. Mitglieder der extremistischen Gruppierung sollen bereits im Herbst 2013 auf polnischem Boden ein intensives „Umsturz-Training“ erhalten haben.

In dem Vorwurf, der auf Informationen polnischer Oppositionspolitiker zurückgeht, steckt enorme politische Brisanz. Als Mitglied des „Weimarer Dreiecks“ war Polens Außenminister Radosław Sikorski immerhin einer der drei EU-Vertreter, die das Abkommen vom 21. Februar dieses Jahres zwischen Präsident Viktor Janukowitsch und den drei wichtigsten Vertretern des Euro-Maidan ausgehandelt hatten. Kurz nach der Unterzeichnung war das Abkommen bereits gescheitert, am „Rechten Sektor“, der sich nicht an die Vereinbarung hielt.

Einem Bericht des französischen Journalisten Thierry Meyssan zufolge, sollen die Vorgänge um das mutmaßliche Trainingslager des „Rechten Sektor“ nun vom polnischen Generalstaatsanwalt untersucht werden. Tatsächlich ist der Gedanke nicht abwegig, dass Vertreter Polens aktiv beim Umsturz im Nachbarland mitgemischt und dabei sogar Extremisten unterstützt haben. So hat Jan Tombinski, der EU-Botschafter in der Ukraine, im Dezember 2013 die rechtsextreme ukrainische Partei „Swoboda“ (Freiheit) ganz offen als gleichwertigen Partner für Gespräche mit der EU bezeichnet. Die Partei habe bei den letzten Wahlen zehn Prozent gewonnen und unterstütze voll die Annäherung an die EU, so der polnische Diplomat.

Wenige Monate später sind die Resultate dieser EU-Annäherungspolitik zu besichtigen: Die Ukraine steht am Rande eines Bürgerkriegs und vor dem Zerfall in mehrere Teile. 100 Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges ist in Europa die Kriegsgefahr zurück. Angesichts der zugespitzten Lage wartet Polens Regierung inzwischen mit Forderungen in Richtung Westen auf. Nach dem Vorbild der Ban-kenunion fordert Premier Tusk eine Energieunion. Eine EU-Zentrale soll dabei Gas für alle 28 Mitgliedsländer einkaufen und so die Versorgungssicherheit garantieren. Zu befürchten ist, dass eine Energieunion in Warschau leicht als außenpolitischer Freibrief missverstanden werden könnte. Bisher ist Polen von russischen Erdgas-Lieferungen abhängig. Nach OECD-Angaben beziehen nur Polen, Bulgarien, die Slowakei und Finnland ihre Gaslieferungen ausschließlich aus Russland.

Eine Brüsseler Garantie für die Energieversorgung könnte dazu führen, dass in der polnischen Außenpolitik die Hemmungen noch weiter absinken, sich gegen-über Russland als Scharfmacher aufzuführen. Schon bei den im März beschlossenen EU-Sanktionen gegen Russland musste Berlin feststellen, dass sich Tusk, neben Großbritanniens Premier David Cameron, als treibende Kraft für Sanktionen gegen Russland gezeigt hatte. Deutschland, das darauf gesetzt hatte, mit der Androhung von Strafmaßnahmen Russland an den Verhandlungstisch zu bringen und eine Kontaktgruppe zur Krim zu installieren, hatte mit dem Sieg von Tusk eine diplomatische Niederlage erlitten. Mit der angekündigten Stationierung von US-Truppen in Polen und den baltischen Ländern könnte der konfrontative Stil der polnischen Außenpolitik nochmals Auftrieb erhalten. N.H.


Zum Instrument gemacht
Giftgasanschlag in Syrien: US-Journalist hat sich missbrauchen lassen

Manchmal passt alles so perfekt zusammen: Nachdem sich die ganze Welt gewundert hat, warum Präsident Barack Obama im Sommer vorigen Jahres trotz des angeblichen massiven Giftgaseinsatzes seitens der Truppen des syrischen Staatschefs Baschar al-Assad, mit dem ja eigentlich die vielbeschworene „Rote Linie“ überschritten worden wäre, keinen Militärschlag befahl, lieferte der bekannte US-Enthüllungsjournalist Seymour Hersh am 4. April in der „London Review of Books“ eine scheinbar plausible Erklärung hierfür. Wie der Pulitzer-Preisträger schrieb, sei Obama zugetragen geworden, dass in Wirklichkeit die Türkei hinter dem Sarin-Angriff vom 21. August 2013 mit bis zu 1700 Toten stecke, denn niemand anders als Recep Tayyip Erdogans Geheimdienst MIT habe die Rebellen der salafistischen Al-Nusra-Front mit dem chemischen Kampfstoff beliefert, damit diese ihn „unter der Flagge Assads“ gegen syrische Zivilisten einsetzten, um so endlich die USA zum Eingreifen zu bewegen. Und tatsächlich ist Ankara eine derart perfide Aktion zuzutrauen. So existiert bekanntlich der kompromittierende Mitschnitt eines Gesprächs zwischen Außenminister Ahmet Davutoglu und Geheimdienstchef Hakan Fidan, in dem es darum ging, wie man Vorwände für den Einmarsch in Syrien schaffen könne.

Allerdings war dabei nicht von Sarin die Rede, denn die Türkei besitzt gar nicht die technischen Möglichkeiten, um dieses Giftgas herzustellen, von dem bei Ghuta immerhin eine knappe Tonne verwendet worden sein muss. Darüber hinaus ist aber auch die sonstige Argumentationskette der Reporterlegende Hersh, die in der Vergangenheit das Vietnamkriegsmassaker von My Lai und die Folterungen im US-Militärgefängnis von Abu Ghuraib im Irak publik gemacht hat, in diesem speziellen Falle doch überaus fragil. Zum Ersten basiert die Geschichte ausschließlich auf den Angaben einer einzigen Quelle, genannt „ehemaliger Geheimdienstmitarbeiter der USA“. Das heißt, Hersh legt keine Dokumente oder andere Beweise vor, weshalb renommiertere Blätter wie „The New Yorker“ und „The Washington Post“ den Abdruck seines Artikels verweigert hatten. Zum Zweiten existieren zahlreiche Großaufnahmen der Reste der Projektile, mit denen die Al-Nusra das Gas verschossen haben soll. Diese zeigen eindeutig „Volcano“-Boden-Boden-Raketen der syrischen Armee, über welche die Rebellen definitiv nicht verfügen. Und zum Dritten ergab die Analyse der Gasreste durch UN-Waffenexperten unter der Leitung des Schweden Ake Sellström einen signifikanten Anteil an Hexamin, was für das in Syrien hergestellte Sarin – und zwar nur für dieses – typisch ist. Hersh freilich schreibt genau das Gegenteil: Ein russischer Geheimdienstler habe seiner Quelle verraten, dass die „Signatur“ des Sarins nicht auf syrische Produktionsstätten hindeute.

Und damit kommt nun eine Macht ins Spiel, die von Anfang an bemüht war, Assad zu entlasten, um ein militärisches Eingreifen des Westens zu verhindern: Russland. Zudem eignete sich die Sensationsmeldung auch dazu, von den Ereignissen in der Ukraine abzulenken. Dies aber hat am Ende nicht funktioniert, weil nachzuweisen war, dass der 77-jährige Hersh in seinem Ehrgeiz, noch einmal einen Coup zu landen, etwas produziert hat, was man im US-Journalistenjargon „Red Herring“, zu Deutsch „Nebelkerze“, nennt. Möglicherweise, weil die Quelle des Reporters eben gar kein US-Geheimdienstmann war. W. Kaufmann


MELDUNGEN

Piraterie deutlich zurückgegangen

London – Im ersten Quartal dieses Jahres war die weltweite Zahl der Piratenangriffe so niedrig wie zuletzt 2007. Wie das International Maritime Bureau (IMB), die Abteilung zur Bekämpfung der Kriminalität auf See der Internationalen Handelskammer, mitteilt, hat sich die Lage vor allem vor der Küste Somalias mit nur noch drei Angriffen im ersten Quartal deutlich entspannt. Dennoch warnt das IMB davor, die Bedrohung zu unterschätzen. Zudem verlagerten sich die Aktivitäten der Piraten zunehmend auf das Seegebiet vor der afrikanischen Westküste. Anders als vor Ostafrika ist hier noch kein internationaler Einsatz zur Pirateriebekämpfung geplant. J.H.

 

Janukowitsch mischt mit

Slawjansk – Viktor Janukowitsch soll von Rostow am Don aus mit Hilfe „seiner Familie“, bestehend aus Sohn Alexander und weiteren einflussreichen Oligarchen, die separatistischen Kräfte im Süden und Osten der Ukraine finanzieren. Dies behaupten Tatjana Tschornowol, die seit dem 5. März für Fragen der Antikorruptionspolitik zuständige Beauftragte der ukrainischen Übergangsregierung, die zuvor als Journalistin zu den schärfsten Regierungskritikerinnen gehörte, und die Kandidatin für das Präsidentenamt Julia Timoschenko. Über Abgeordnete der Partei der Regionen, wie Jurij Iwanjuschenko, soll Geld aus Moskau und von Janukowitsch an die prorussischen Aktivisten fließen. Ihnen ginge es um die Wahrung ihres sozialen Status sowie um eine Wiedereinführung der russischen Sprache als zweite Amtssprache in den östlichen Regionen. Allerdings gäbe es keine Beweise dafür, dass auch der Milliardär Rinat Achmetow die Separatisten unterstützt. MRK


S. 7 Wirtschaft

Instabiler als je zuvor
Spaniens Wirtschaft gibt Anlass zur Besorgnis – Risiko von gefährlichen Bankenpleiten hat sich erhöht

Wenige Wochen vor den EU-Wahlen sind Skandale, wie sie derzeit in Andalusien an die Öffentlichkeit kommen, das Letzte, was sich EU-Politiker wie Jean-Claude Juncker oder Martin Schulz wünschen können: Die sozialistische Regierung Andalusiens sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, zwischen 2007 und 2013 von Brüssel und Madrid mehr als zwei Milliarden Euro für Fortbildungskurse kassiert zu haben, die nicht oder nicht wie geplant stattgefunden haben.

Entweder wurden die von der EU mitfinanzierten Kurse gar nicht abgehalten oder aber die Teilnehmerzahlen und Qualifikationen der Lehrkräfte waren gefälscht. Noch ist unklar, wer sich alles an den andalusischen „Phantomkursen“ gesundgestoßen hat. Infrage kommen die jeweiligen Lehrkräfte, aber auch die andalusischen Unternehmerverbände und zwei Gewerkschaftsdachverbände. Verstörend ist nicht nur die im Raum stehende Summe, sondern auch, dass die EU-Kommission nicht selbst nachprüfen kann, ob Mittel aus den EU-Regionalfonds veruntreut wurden. Brüssel ist angewiesen auf die Angaben Madrids. Verhalten sich Andalusiens Führung oder die spanische Zentralregierung lang genug bockbeinig, ist am Ende ein Einknicken Brüssels wahrscheinlich.

Leicht wiederholen kann sich dann, was nun beim spanischen Haushaltsdefizit zu beobachten ist. Nach längerem Hickhack ist die EU-Kommission vor Kurzem mit einer umstrittenen neuen Rechenmethode Spanien weit entgegengekommen. Nach der Neuberechnung wird das strukturelle Defizit des Landes kleiner ausfallen, als die EU-Kommission bisher angegeben hat. Konkret wurde die sogenannte natürliche Arbeitslosenrate um vier Prozentpunkte niedriger angesetzt. Bislang rechnete die Kommission für Spanien mit 25 Prozent, jetzt wird davon ausgegangen, dass es nur noch 21 Prozent sind, die arbeitslos blieben, wenn Spaniens Volkswirtschaft mit Volldampf liefe. Für die Regierung in Madrid bedeutet dies neuen Spielraum beim strukturellen Haushaltsdefizit.

Offen ist, wie lange mit derlei Bilanzkosmetik übertüncht werden kann, dass sich Spanien bisher nur Zeit erkauft, aber kein Problem wirklich gelöst hat. Daten, die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) nun vorgelegt wurden, lassen befürchten, dass Spanien für die gesamte Euro-Zone noch zu einem extrem kostspieligen Problem wird. So hat sich das Land im Zuge seiner Bankenrettung inzwischen einen unrühmlichen Spitzenplatz eingehandelt. Es ist zum Weltmeister bei der Bankenkonzentration aufgestiegen. Schon im Jahr 2009 machte die Bilanzsumme der drei großen Banken Santander, BBVA und La Caixa 55 Prozent am gesamten Vermögen der spanischen Banken aus, mittlerweile ist nach Angaben des Währungsfonds ein Wert von 65 Prozent erreicht. Statt das Risiko zu verringern, das die Großbanken ohnehin schon darstellen, ist in Spanien im Zuge der Bankenrettung die Konzentration und damit das Risiko sogar noch weiter angestiegen. Zu Recht warnt der IWF davor, dass „das gesamte Finanzsystem eines Landes zusammenbrechen“ kann, wenn es erneut zu Spannungen kommt oder eine große Bank zusammenbricht.

Mit dieser Entwicklung stellt Spanien selbst die gefährliche Bankenkonzentration von rund 60 Prozent noch in den Schatten, die Länder wie Frankreich und Kanada aufweisen. Deutschland, China oder Italien kommen auf vergleichsweise geringe Anteile zwischen 30 Prozent und 45 Prozent.

Bereits im Jahr 2011 hatte der Währungsfonds kritisiert, dass bisher „lediglich an den Symptomen der Kernschmelze im globalen Finanzsystem herumgedoktert worden sei“, tatsächlich sei das Finanzsystem sogar noch anfälliger als im Krisenjahr 2008. Im Fall Spaniens muss sich der IWF den Vorwurf gefallen lassen, dass er über seine Mitwirkung bei der Bankenrettung selbst einen Anteil an der unheilvollen Entwicklung hat, die nun beklagt wird.

Der Währungsfonds hält in seinem aktuellen Finanz-Stabilitätsreport allerdings noch eine weitere bittere Pille bereit: In Spanien haben mittlerweile viele Unternehmen derart hohe Schulden, dass sie mit ihren Vorsteuer-Einnahmen nicht einmal die Zinsen ihrer Kredite zahlen, geschweige denn tilgen können. Betroffen sind laut IWF in Italien 20 bis 30 Prozent der gesamten Unternehmensschulden, in Spanien sogar 30 bis 40 Prozent. Damit ist nicht nur eine riesige Unternehmenspleitewelle programmiert, sondern auch neue Probleme für die Banken.

Zu befürchten ist, dass die Zeche für die Problemkredite früher oder später erneut an die europäischen Steuerzahler weitergereicht wird. Dieses könnte entweder über die EU-Banken-union geschehen, die vom EU-Parlament noch quasi auf dem letzten Drücker vor den EU-Wahlen durchgewinkt wurde, oder aber indem der Kreditschrott der südeuropäischen Geschäftsbanken an die Europäische Zentralbank weitergereicht wird. So hat sich die EZB erst vor Kurzem dafür stark gemacht, den europäischen Markt für ABS-Papiere, also für Kredit-Verbriefungen, wieder anzukurbeln. Vor allem wegen der Bilanzprüfungen im Zuge der EU-Bankenunion ist zu befürchten, dass notleidende Kredite durch Banken in ABS-Papiere gebündelt und weitergereicht werden. Nach den Erfahrungen der bisherigen Euro-Rettungspolitik dürfte die Endstation für ABS-Papiere minderer Qualität wohl EZB heißen, indem die Papiere entweder direkt angekauft oder aber unter fragwürdigen Kriterien beliehen werden.

Norman Hanert


Sanierungen können starten
Nord-Ostsee-Kanal wird modernisiert – Zeitplan steht noch aus

Schleswig-Holstein dringt auf eine umfassende Sanierung und den Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals. Auch soll der Zeitplan für die notwendigen Maßnahmen verbindlich festgelegt werden. Die Infrastruktur der Wasserstraße stammt teilweise noch aus der Kaiserzeit und ist nicht kontinuierlich gepflegt worden. Außerdem sind nicht nur die Ladungsmengen der Schiffe während der vergangenen Jahre gestiegen, sondern auch die Schiffsgrößen. Für die großen Schiffe hat der östliche Streckenteil des Kanals zudem zu enge Kurven und müsste begradigt werden. Seit Jahren hinkt die Sanierung den Planungen hinterher.

Doch es tut sich etwas. Ausgerechnet ein Minister aus Bayern, dem man an den Stammtischen entlang der Küste am wenigsten die Lösung des Problems zugetraut hatte, brachte den Durchbruch: Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hält am Schleusenbau für den Kanal fest, auch wenn der Bundesrechnungshof Bedenken wegen der Wirtschaftlichkeit geäußert hatte. Der Bau der fünften Schleuse ist laut Dobrindt notwendig, damit die 100 Jahre alte Doppelschleuse in Brunsbüttel saniert werden kann, ohne den Schiffsverkehr auf der meistbefahrenen Wasserstraße der Welt zu sehr zu beeinträchtigen.

Dass Brunsbüttel eine neue Schleuse benötigt, darüber waren sich alle Verkehrspolitiker zwar einig, 2008 hatten sie die Baukosten aber noch auf 273 Millionen Euro veranschlagt. Doch dann schoss der Bundesrechnungshof quer. Er prüfte seit Sommer 2013 die Neubaupläne und klassifizierte das Projekt als unwirtschaftlich. Die Kosten lagen demnach mittlerweile bei 540 Millionen Euro. Der Haushaltsausschuss des Bundestages konnte deshalb die 485 Millionen Euro für den Bau der neuen Schleusenkammer nicht freigeben.

Aber der Bundesverkehrsminister blieb standhaft: „Wir werden den Ausbau zu den erhöhten Kosten vorantreiben. Der Nord-Ostsee-Kanal ist eine Wasserstraße von internationaler Bedeutung.“ In der Tat, im Jahr 2012 transportierten 34879 Schiffe gut 104 Millionen Tonnen Ladung. Angesichts solcher Zahlen ging die Verkehrswirtschaft auf die Barrikaden. Der Präsident des Deutschen Verkehrsforums, Klaus-Peter Müller, mahnte, die Ausbauarbeiten dürften unter keinen Umständen noch länger verzögert oder gefährdet werden. „Ein Zusammenbruch des Schiffsverkehrs, wie wir ihn 2013 erlebt haben, darf sich nicht wiederholen“, sagte Müller. Da war der Nord-Ostsee-Kanal wegen eines Schleusendefekts acht Tage lang für größere Schiffe gesperrt.

Doch bei dem Kräftemessen mit dem Bundesrechnungshof musste der Verkehrspolitiker auch Zugeständnisse machen. So kamen beide Seiten überein, dass die Wirtschaftlichkeit trotz der Kostensteigerung gegeben sei, wenn zunächst auf die Grundinstandsetzung der zweiten Kammer der großen Schleuse verzichtet werde.

Regionale Verkehrspolitiker atmeten zunächst erleichtert auf, Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD): „Das ist der erste große Schritt, der aber nicht der letzte sein darf.“ Als weitere wichtige Schritte müssten der Ausbau der Oststrecke und die Sanierung der Schleusen in Kiel-Holtenau folgen. Eigel Wiese


Fauler Zauber mit Zahlen
Athens Defizit explodiert weiter – Brüssel hilft beim Schönreden

Im Wahlkampf geht es nicht um Fakten, sondern darum, dem Volk ein gutes Gefühl zu vermitteln. Die Botschaft: Es geht aufwärts! Bisweilen jedoch nimmt das Bemühen der Politik, um jeden Preis Zuversicht zu verbreiten, groteske Züge an.

So etwa EU-Währungskommissar Olli Rehn, der die Entwick­lung von Griechenlands Staatshaushalt euphorisch feierte mit den Worten: „Dies spiegelt den bemerkenswerten Fortschritt wieder, den Griechenland beim Reparieren seiner öffentlichen Finanzen seit 2010 gemacht hat.“

Bemerkenswert ist eher schon dieser Satz, wenn man ihn vor den Hintergrund der Realität stellt. Griechenlands Neuverschuldung betrug 2013 23 Milliarden Euro, das entsprach 12,7 Prozent seiner Wirtschaftskraft (Bruttoinlandsprodukt, BIP) von 2012. Die Gesamtverschuldung wuchs gemessen am BIP damit auf gut 175 Prozent, das sind 18 Prozent mehr als 2012. Der Wert liegt höher als die Neuverschuldung, weil die Wirtschaftskraft der Griechen 2013 abermals kräftig abgesackt ist. Damit wäre der Schuldenberg des Landes im Verhältnis zum BIP also selbst dann kräftig gestiegen, wenn gar keine Neuverschuldung angefallen wäre.

Wo hier die Spuren der immer wieder emphatisch gewürdigten Sparanstrengungen zu sehen sein sollen, bleibt schleierhaft. Skeptiker zweifeln sogar daran, dass der mittlerweile angeblich positive Primärhaushalt auf zuverlässigen Zahlen basiert. Beim Primärhaushalt sind die hohen Kosten für Schuldzinsen und die milliardenschweren Bankenhilfen herausgerechnet. An ihm soll absehbar sein, ob das Land „strukturell“, also ohne die Sonderlasten der Finanz- und Euro-Krise, im Stande wäre, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.

Ja, sagen die Statistiker der EU, ohne die Sonderlasten hätte Athen 2013 sogar einen Überschuss von 1,5 Milliarden Euro hingelegt. Die skeptischen Stimmen trauen dem nicht. Griechische Zahlenwerke hätten sich in der Vergangenheit schon öfters als Phantasiegebilde erwiesen. So gibt es Gerüchte, dass Athen offene Rechnungen im zweistelligen Milliardenbereich einfach nicht bezahle. Auf diese Weise ist es jedem Bankrotteur möglich, „Überschüsse“ zu inszenieren.

Das Motiv für solche Manipulationen liegt auf der Hand. Athen will den Weg ebnen für weitere Finanzhilfen seiner Partner in der Euro-Zone. Da die Partner die Hilfen mit Rücksicht auf die heimische Wählerschaft nach außen hin an „strenge Auflagen“ und die Präsentation „spürbarer Fortschritte“ knüpfen müssen, werden die Zahlen eben entsprechend geglättet.

Rehns Reaktion zeigt, dass die Verantwortlichen in Brüssel und nicht minder bei der EZB in Frankfurt den faulen Zauber gern mitmachen. Deutsche Unionspolitiker weisen zwar die Auflage eines dritten Hilfspakets für Griechenland derzeit noch zurück. Die Frage bleibt, inwieweit dies dem laufenden EU-Wahlkampf geschuldet ist. Ex-Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker bereitet die Öffentlichkeit jedenfalls schon auf einen weiteren Schuldenerlass für Griechenland vor.

Hans Heckel


MELDUNGEN

Seltene Erden wieder billiger

Hannover – Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe sieht die Dominanz Chinas im Handel mit Seltenen Erden zwar nicht als gebrochen an, registriert jedoch, dass in den letzten Jahren neue Vorkommen außerhalb Chinas entdeckt wurden. Da vor allem deutsche Firmen bei der Produktion inzwischen auch Rohstoffe verwenden, die deutlich billiger sind, ist die Nachfrage nach Seltenen Erden gesunken und somit auch deren Preise. Bel

 

Verkehr sei unschuldig

Berlin – In der CDU regt sich Widerstand dagegen, wegen der hohen Feinstaubbelastung deutscher Großstädte die Umweltzonen auszuweiten und schärfere Feinstaubnormen durchzusetzen. Der Autoverkehr sei nicht verantwortlich, vielmehr weise sogar das Umweltbundesamt darauf hin, dass polnische Braunkohlekraftwerke eine hohe Verantwortung für die Werte trügen. Bel

 

China verzichtet auf Shoppingtour

Peking – Chinas Wirtschaftskanzleien vermelden derzeit ein geringes Interesse an der Übernahme ausländischer Firmen durch chinesische Unternehmen. Nach spektakulären Aufkäufen wie beispielsweise des deutschen Betonpumpenherstellers Putzmeister sorgen die schlechte Konjunktur in China, aber auch der im Vergleich zum Euro niedrige Stand des Yuan dafür, dass Übernahmen unsicher und teuer sind. Laut „Handelsblatt“ löst diese Schwäche jedoch bei deutschen Firmen nicht nur Freude aus, da Mittelständler mit Nachwuchsproblemen sich gern raus-kaufen lassen, andere hingegen hoffen, über chinesische Miteigentümer einen besseren Zugang zum dortigen Markt zu erhalten. Bel


S. 8 Forum

Gastgeschenk
von Rebecca Bellano

Laut Medienberichten will Kanzlerin Angela Merkel bei ihrem USA-Besuch dieser Tage als „Geste des guten Willens“ die Bereitschaft Deutschlands zur Aufnahme eines weiteren Guantánamo-Häftlings erklären.

Diese Meldung wirft gleich zu Beginn zwei Fragen auf: Wieso hat Berlin es nötig, nach dem NSA-Skandal Washington gegenüber eine „Geste des guten Willens“ zu zeigen? Waren es doch die USA, die Deutschland dreist abgehört haben. Und bei aller Begeisterung darüber, dass die USA das Gefangenenlanger endlich schließen wollen, wieso soll jetzt Deutschland den Marokkaner Younous Chekkouri aufnehmen? Er selbst will nicht in sein Heimatland zurück, da er befürchten muss, dort erneut ins Gefängnis zu kommen. Schließlich hat er eine lange Karriere als Dschihadist hinter sich, die ihn in Länder wie Afghanistan, Pakistan und Jemen führte. So etwas sieht man in Rabat nicht gerne.

Die Alternative soll nun Deutschland heißen, weil hier ein Onkel von Chekkouri lebt. Doch wie soll sein Leben hier aussehen? Wer garantiert, dass Chekkouri von seinem Islamismus kuriert ist?


Wie die Kinder
von Manuel Ruoff

Kinder, die von ihren Eltern Geld für gute Schulnoten bekommen, bilden die Ausnahme. Ansonsten ist es in unserer Gesellschaft aus gutem Grunde unüblich, jemanden noch zusätzlich dafür zu belohnen, dass er sich selber etwas Gutes tut. Wohl niemand käme auf die Idee, finanzielle Belohnungen für Kranke zu fordern, wenn sie sich zum Arzt, ins Krankenhaus oder in die Reha begeben. Vielmehr können und müssen sie froh und dankbar sein, wenn die Gemeinschaft sie nicht mit den damit verbundenen finanziellen Lasten alleine lässt.

Bei Arbeitslosen soll das jedoch anders sein – zumindest wenn es nach dem Deutschen Gewerkschaftsbund geht. Dieser fordert nämlich Prämien für die Teilnahme an Fortbildungen, die fit für den Arbeitsmarkt machen (sollen) – wohlgemerkt nicht etwa in Form von Beteiligungen der Teilnehmer an den Kosten, sondern im Sinne zusätzlicher Belohnungen für sie.

Diese Forderung wäre in drei möglichen Fällen schlüssig: Die Fortbildungen erhöhen gar nicht die Aussicht auf einen Job, und die Gewerkschaften müssen die Nachfrage nach den auch von ihnen angebotenen Kursen deshalb auf andere Weise stimulieren. Die Fortbildungen erhöhen zwar die Aussicht auf einen Job, aber viele Arbeitslose wollen den gar nicht und die Gewerkschaften müssen die Nachfrage nach den auch von ihnen angebotenen Kursen deshalb auf andere Weise stimulieren. Der DGB hält Arbeitslose für so unmündig und in ihrer Einsicht beschränkt, dass sie wie Kinder zu behandeln sind. Wir wollen einmal hoffen, dass keiner der drei Fälle zutrifft.


Zynisches Staatsversagen
von Jan Heitmann

Wenn der Chefredakteur und der Verleger einer Tageszeitung für ihre Leser die Stimme erheben und dazu nicht eine der journalistischen Darstellungsformen wählen, sondern einen Offenen Brief an einen Minister schreiben, müssen sie schon den Eindruck haben, in einer wichtigen, ihre Leser bewegenden Sache journalistisch nichts mehr bewirken zu können.

Die beiden Verantwortlichen bei der „Pforzheimer Zeitung“ sind diesen Weg gegangen und haben an den baden-württembergischen Innenminister Reinhold Gall (SPD) einen „Appell für mehr Sicherheit“ gerichtet. Darin beklagen sie die deutlich angestiegene Kriminalität in der Region, führen Zahlen und Fakten an und beschreiben die Befindlichkeit ihrer Leser: „Die Menschen haben Angst, ihr Hab und Gut zu verlieren. Die Menschen haben Angst, ihre Wohnung zu verlassen. Die Menschen haben Angst, auf offener Straße Opfer von Diebesbanden zu werden.“ Und sie benennen in aller Deutlichkeit den hohen Ausländeranteil unter den Straftätern. Ihre Leser würden „zunehmend den Eindruck bekommen, dass die Osterweiterung der EU zu Lasten der Sicherheit in unserem Land“ gehe und der Staat bei der Kriminalitätsbekämpfung versage. Das Unsicherheitsgefühl der Bürger gehe so weit, dass sie sich zu Bürgerwehren zusammenschlössen.

Dieser Vorstoß ist so ungewöhnlich wie mutig. Denn es gehört Mut dazu, sich dem Diktat der Politischen Korrektheit zu widersetzen und die Dinge beim Namen zu nennen. So sehr Chefredakteur und Verleger hier von der Norm journalistischer Arbeit abgewichen sind, so sehr haben sie sich um das Wohl ihrer Leser verdient gemacht.

Von dem Adressaten ihres Brandbriefes kann man das nicht behaupten. Denn dem Minister Gall fällt angesichts der berechtigten Ängste der Bürger nichts anderes ein, als ihnen „Panikmache“ und den Missbrauch „dieser unguten Entwick­lung“ vorzuwerfen. Zwar gelingt es auch ihm nicht, die Kriminalitätsstatistik schönzureden, doch eine Bürgerwehr lehnt er strikt ab, da eine solche „nicht unseren rechtsstaatlichen Grundsätzen“ entspreche. Er warnt davor, das Gewaltmonopol des Staates infrage zu stellen. Dazu hätte er alles Recht, wenn der Staat denn zum Wohle seiner Bürger von diesem Gewaltmonopol Gebrauch machen würde, statt das Verbrechen gewähren zu lassen. Schließlich verzichten die Bürger darauf, ihre Interessen selbst mit naturrechtlich legitimiertem physischen Zwang zu wahren. Stattdessen übertragen sie den Schutz und die Durchsetzung ihrer Rechte allein dem Staat. Der aber beschränkt sich in Gestalt des Ministers Gall darauf, die Bürger aufzufordern, sich an die Polizei zu wenden. Ein zynischer Rat angesichts der Tatsache, dass sich die im Zusammenhang mit der letzten Polizeireform propagierte Präsenz der Polizei auf der Straße als Luftnummer entpuppt hat.


Frei gedacht
Das Parteiensystem ist am Ende
von Eva Herman

Die Europawahl steht vor der Tür. Doch wer geht überhaupt hin? In meinem Bekanntenkreis kenne ich niemanden. Viele Menschen können dem unpersönlichen Zentralkonstrukt in Brüssel immer weniger abgewinnen, weil ihre persönlichen Interessen dort gar nicht vertreten werden. Im Gegenteil: Einige wenige „hochrangige“ Leutchen treffen dort Entscheidungen, die die Bürger niemals unterstützen würden, wenn man sie nur fragte: Ob es um die Euro- oder die Finanzpolitik geht, um familienpolitische Aspekte, um die Bewältigung der Zuwanderungsprobleme oder auch nur um die Abschaffung der alten Glühbirne: Die Ablehnung steigt!

Spannenderweise übt nun EU-Ratspräsident Herman van Rompuy selbst umfassende Kritik an dem EU-Zentralkonstrukt: In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ äußerte er am 19. April ausdrücklich Verständnis für die Leidenschaftslosigkeit der Europäer an der EU-Wahl: „Wirklich entschieden“ werde nämlich anderswo und nicht im Parlament. Ja, wo denn dann? Rompuy, der es als Erster wissen muss, antwortet: „Im Europäischen Rat, unter den Staats- und Regierungschefs. Dieser Unterschied zwischen dem Parlament und denen, die wirklich entscheiden, ist den Bürgern sehr klar.“

Und wer sind die wahren Mächtigen, die hinter den Staats-und Regierungschefs stehen und denen wiederum ihre Anweisungen geben? Es ist keine sogenannte Verschwörungsthese, wenn man die Antwort nennt, da sie ja vom EU-Ratspräsidenten selbst kommt: „Wir hängen ab von den Finanzmärkten“, so Rompuy, der noch weiter geht: „Am Anfang der Krise hatten wir oft den Eindruck, die Märkte seien mit in dem Raum gewesen, in dem wir Beschlüsse gefasst haben …“ Man sollte den Satz mehrmals lesen, denn er ist das künftige Hauptargument für die Ablehnungshaltung gegenüber jeder weiteren politischen Wahlveranstaltung. Die Märkte im politischen EU-Raum? Wer sind die Märkte? Es sind die Käufer und Verkäufer, und zwar die ganz großen, mächtigen, es sind die sogenannten Global Players und ihre Millionen Lobbyisten. Letztere tragen die entsprechenden Pläne in die Parteizentralen, in die Gremien, die Politiker tanzen wie Puppen an den Fäden.

Auch wenn es anders aussieht, doch unsere Volksvertreter, das wissen wir nach Rompuys Aussagen nun ganz gewiss, können nichts für uns ausrichten. Die Macht sitzt „in den Märkten“. Diese bestimmen alles: Die internationalen Verträge, die Preise, die globalen Handelsbedingungen. Sie entscheiden, wer Gewinner und wer Verlierer ist, wer gehen muss und wer bleiben darf. Welchen Platz die 740 Millionen EU-Bürger dabei einnehmen dürfen, wird immer klarer. Es sei dem EU-Ratspräsidenten gedankt für seine Offenheit, aus welchen Gründen dieser sich auch immer hat in die Karten schauen lassen. Wir haben es jetzt amtlich: Der Wille der EU-Völker spielt keine Rolle mehr. Auch wenn ihnen etwas ganz anderes vorgespielt wird.

An dieser Stelle sollte auf eine der folgenreichsten Entwicklungen hingewiesen werden, die derzeit hinter den verschlossenen Türen der Global Players entschieden wird: das sogenannte Freihandelsabkommen TTIP zwischen Europa und den USA. Für TTIP gibt es – offiziell – übergeordnete Gründe. Die USA und die EU wollen mit einem gemeinsamen Handelsblock einen Gegenpol zu Asien schaffen. Schnell wird klar, dass es um Handelsrichtlinien und Regularien geht. Vor allem die US-Lobbyisten erweisen sich als Impulsgeber. Was auf den ersten Blick vielleicht gut klingen mag, birgt in Wahrheit unabsehbare Gefahren. Wohl nicht umsonst hatte US-Präsident Barack

Obama die Abschlussverhandlungen zwischen der EU-Kommission und der US-Regierung zum TTIP mit dem Hinweis angekündigt, diese würden in geheimer Runde stattfinden. Warum geheim?

Es hatte sich schon ordentlich Widerstand formiert in Europa, denn beim TTIP geht es vor allem um die Interessen der amerikanischen und europäischen Global-Konzerne, die im Windschatten der Politiker eine Freifahrtkarte zum weltweiten Vertrieb ihrer Produkte erlangen sollen, gegen den Widerstand anderer Länder, die diese Waren aus ganz bestimmten Gründen gar nicht haben wollen. Multinationale Konzerne, Pharma- und Lebensmittel-Riesen oder Ölfirmen erhalten besondere Befugnisse, um Recht und auch Gerichtsentscheide in der EU anzufechten. Dieselben ausländischen Firmen können Steuergelder in unbegrenzter Höhe als Erstattung für „finanzielle Einbußen“ kassieren, wenn erwartete Gewinne durch Maßnahmen zum Schutz inländischer Finanz-, Gesundheits-, Arbeits-, Umwelt- oder Landnutzungs-Gesetze gegen ihre neuen TTIP- Privilegien ausbleiben. Horrorgebilde wie Genmais, Fracking, Kloning oder weitere Menschenversuche würden zu EU-Recht werden. Wer nicht mitmachen will, wird empfindlich bestraft.

TTIP wird derzeit unauffällig durchgewinkt. Doch was soll der Bürger jetzt tun? Kann er noch etwas verhindern, vielleicht bei der Europawahl am 25. Mai? Ein klares Nein! Er hat keinen Einfluss, und er kann sowieso immer nur die Falschen wählen. Eine flächendeckende Wahlverweigerung hingegen würde das politische Parteiensystem kippen. Und das kann nur noch das Ziel sein.

Unsere Politiker sind hilflose Marionetten geworden. Und ihre Parteiensysteme sind wie Krebsgeschwüre. Der erste und genau genommen einzige Zweck jeder politischen Partei sei ihr eigenes Wachstum, bis jegliche Grenze erreicht sei, schrieb die französische Autorin Simone Weil vor 70 Jahren schon. Danach beginne das Sterben. Solange beherrscht das Parteien-Kollektiv noch die denkenden Wesen, und zwar hauptsächlich durch sämtliche Mittel der Propaganda, also unserer Massenmedien. Diese dienen eilfertig den Mächtigen, doch auch sie nähern sich ihrem Ende, wie man derzeit immer klarer erkennen kann. Jahrzehntelang sorgten die Medien in fremdem Auftrag für die Abschaffung wichtiger Instanzen wie Werte und Moral, Fürsorge und Verantwortung – sorgten für das Ende der Nächstenliebe.

Es ist, als ob jetzt eine neue Zeit heranbräche. Alte Systeme brechen zusammen, denn kein noch so glänzender Prachtbau kann langfristig auf faulen Fundamenten stehen. Das politische Konzept der Parteien hat ebenso ausgedient wie die Machtstellung des Medienkartells. Wir schauen beim Siechtum einst großer Institutionen zu und fragen uns: Was kommt danach?

Es gibt nur einen Zweck, ein Überlebensziel für die Menschheit: Es ist weder Wachstum noch Einfluss auf das Kollektiv oder Machtausübung, sondern es ist viel einfacher, bestechender und richtiger: Es ist das Gute! Aus dem Herzen soll die schöpfende Kraft kommen, nicht aus dem nur wunschgesteuerten Intellekt. Das Gute ist die einzige Lösung, doch muss sie hart erkämpft werden, bevor sie flächendeckend installiert werden kann, diese edelste aller Lebenssituationen. Jeder kann damit anfangen: Noch in diesem Augenblick, jetzt gleich.

Die Arbeit beginnt bei uns selbst. Es ist das, was Simone Weil einst als „sanfte Revolution“ bezeichnete. Diese wird in Wahrheit jedoch der härteste Paukenschlag aller Zeiten sein: Zeit für die generelle Abschaffung aller politischen Parteien! Zeit für die Umkehr – und die Liebe.


S. 9 Kultur

Altarbild des Grauens
Innenleben eines Jahrhundertwerks − Otto Dix’ Triptychon »Der Krieg« wird in Dresden ganz neu gesehen

Neben Picassos „Guernica“ zählt Otto Dix’ Triptychon „Der Krieg“ zu den bedeutendsten Anti-Kriegsbildern des 20. Jahrhunderts. In Dresden hat man jetzt dessen Entstehung rekonstruiert.

1933 schrieb der Hamburger Kunsthistoriker Max Sauerlandt: „Man kann Gemälde von den Nägeln nehmen, solange man aber an die freigewordenen Haken nicht die Künstler selbst aufhängen kann, die die Bilder gemacht haben, wird ihre Wirkung nicht aufhören.“

Ein Maler, auf dessen Person und Werk dieser Satz damals zu 100 Prozent zutraf, war Otto Dix (1891–1969). Der sofort nach Hitlers Machtantritt geschasste Professor der Dresdner Kunstakademie galt den Nationalsozialisten als Paradebeispiel der „gemalten Wehrsabotage“ – davon zeugt unter anderem das Beiheft zur Ausstellung „Entartete Kunst“, in dem die Dix-Bilder „Kriegskrüppel“ und „Schützengraben“ als Negativbeispiel par excellence dienen. Deshalb hielt es der Maler auch für dringend nötig, sein Hauptwerk, das Triptychon „Der Krieg“, vor dem Zugriff der NS-Kulturpolitiker zu schützen.

Das monumentale vierteilige Altarbild in Tempera-Öl-Mischtechnik, an dem Dix von 1928 bis 1932 gearbeitet hatte, war zwar erst einmal öffentlich gezeigt worden, nämlich im Oktober 1932 auf der Herbstausstellung der Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin, stand aber bereits im Ruf, ein „Jahrhundertwerk“ der Antikriegs-Kunst zu sein. Tatsächlich überstanden die Tafeln dank der Hilfe des befreundeten Unternehmers Fried­rich Bienert sowohl die Hitlerzeit als auch den Bombenterror.

Danach gelangten sie über die Zwischenstationen Berlin und Darmstadt ins Dresdner Albertinum. Dort befinden sie sich noch heute, weil die Staatlichen Kunstsammlungen der Elbestadt 1968 durch den eiligen Verkauf von Depotbeständen – darunter immerhin 13 andere Gemälde und ein Prunkschwert der sächsischen Kurfürsten – 500000 „Westmark“ zusammenkratzten, um die Dauerleihgabe endlich anzukaufen, bevor der mittlerweile nahe des Bodensees lebende Künstler starb und die Erben Ansprüche geltend machen konnten.

Deshalb ist die Dresdner Galerie Neue Meister heute in der Lage, das Triptychon im Rahmen einer Sonderschau anlässlich des 100. Jahrestages des Beginns des Ersten Weltkrieges zu zeigen. Ziel der Exposition, welche am 5. April eröffnet wurde und bis zum 13. Juli zu sehen sein wird, ist dabei, die Vorgeschichte und den Entstehungsprozess des Werkes so detailliert wie möglich zu rekonstruieren.

Daher setzt die Ausstellung mit Dix’ Zeit an der Front ein. Der vormalige Student der Königlichen Kunstgewerbeschule in Dresden nahm von September 1915 bis November 1918 als Maschinengewehrführer im Feld-MG.-Zug 309 an den Kämpfen in der Champagne, an der Somme und in Flandern teil, bevor er Ende 1918 als Vizefeldwebel und Träger des Eisernen Kreuzes so­wie der silbernen Friedrich-August-Medaille demobilisiert wurde. Vorgestellt wird eine Auswahl der direkt im Krieg entstanden 500 Zeichnungen im seltenen Format von 29 mal 29 Zentimetern, darunter auch kubistische und futuristische Experimentalstudien wie der „Volltreffer“.

Auffällig ist, dass Dix während des Krieges noch keine Toten oder Verstümmelten wie auf seinem Triptychon abbildete. Diese Phase begann erst um 1920. So zeichnete er in der Pathologie des Krankenhauses Dresden-Friedrichstadt menschliche Eingeweide und verarbeitete später zusätzlich Bilder gefallener Soldaten, die vom Dresdner Kriegsfotografen Hugo Erfurth stammten. Beim Anblick dieser Werke versteht man, warum die Kunstsammlungen den Hinweis geben, dass die Ausstellung keinesfalls für Kinder unter zwölf Jahren geeignet sei, was gewisse antiautoritäre Mütter nicht davon abhält, ihre Sprösslinge vor den verstörenden Exponaten herumtollen zu lassen.

Der nächste künstlerische Schritt hin zu „Der Krieg“ waren die 50 Radierungen des gleichnamigen Zyklus, die Dix ab 1922 als Meisterschüler in Düsseldorf schuf. Sie zeigen nun die volle Bandbreite des Lebens und Sterbens an der Front – bis hin zum „Besuch bei Madame Germaine in Méricourt“, einer Bordelldame. Aus der Sicht der Ausstellungsmacher steht dieser Zyklus in der Tradition von Francisco de Goyas „Los Desastres de la Guerra“, und tatsächlich lassen die Vergleiche eine auffallende stilistische Übereinstimmung erkennen.

Ebenso präsentiert werden schließlich die ganz konkreten Vorstudien für das Triptychon, die ab 1928 im Atelier der Dresdner Kunstakademie entstanden und vom intensiven Ringen um eine geschlossene Bildkomposition über beide Außenflügel und den Mittelteil hinweg bis zur unten angesetzten Predella zeugen. Besonders hervorzuheben wären hier die diversen Farbentwürfe und die beeindruckende Kartonstudie im Maßstab 1:1 – letztere ist allerdings nur als Reproduktion des Originals zu sehen, welches im Besitz der Hamburger Kunsthalle ist und dort kürzlich in einer Sonderausstellung zu sehen war. Hier kann man sehr deutlich erkennen, wie stark Dix sich am altdeutschen Stil eines Dürer oder Grünewald orientiert und zudem auf die christliche Symbolik aufgebaut hat. Im Prinzip bieten die Tafeln eine eindeutige Passionsdarstellung mit Kreuztragung, Kreuzigung, Grab­legung und Auferstehung.

Und dann sind da noch die Ergebnisse der zweijährigen maltechnischen Untersuchung des Triptychons durch Restauratoren und Kunsthistoriker. Wie die hierbei entstandenen Mikroskopaufnahmen, Infrarot- und Röntgenbilder zeigen, hat Dix lange und intensiv um die endgültige Konzeption des Werkes gerungen. Davon künden die sichtbar gemachten Veränderungen und Übermalungen. An manchen Stellen finden sich sage und schreibe neun verschiedene Farbschichten. Und abschließende Ergänzungen wie das Auftupfen einzelner Blutspritzer muss Dix sogar noch vorgenommen haben, als die Tafeln schon fertig gerahmt waren.

Das alles wird auf professionelle Weise präsentiert, weshalb letztlich nur ein Kritikpunkt bleibt. Die Ausstellungsmacher, die nebenher auch ein Komplettbild von Dix’ Persönlichkeit vermitteln wollen, verschweigen sei­ne Abneigung gegen jedwedes Parteienwesen, weswegen er Schüler, welche einer Partei beitreten wollten, barsch zurechtwies: „Setz dich auf deinen Arsch und male!“ Wolfgang Kaufmann


Nachts kommt die Erleuchtung
Augustusforum im neuen Licht betrachtet − Nächtliche Illumination macht antike Stätte zur Rom-Attraktion

Als vor 2000 Jahren Kaiser Augustus 14 n. Chr. verstarb, zählte Rom mehr als eine Million Einwohner. Keine Stadt der Welt hatte bis dahin eine dermaßen hohe Bevölkerungszahl erreicht. Erst im 19. Jahrhundert erreichte dann London ein ähnliches Ausmaß. Rom war die Metropole der Antike schlechthin, sozusagen das New York seiner Zeit.

Fakten, die hinlänglich bekannt sind und die alljährlich zigtausende Be­sucher aus der ganzen Welt in der Ewigen Stadt nach Spuren des antiken Glanzes suchen lassen. Doch nur wenige Bauten haben die Zeitläufte so gut überstanden wie das Kolosseum, das Pantheon, der Konstantins-, Septimus-Severus- und Titusbogen, der Vesta- oder Fortuna-Virilis-Tempel. Von den meisten Bauten sind nur Fragmente erhalten.

Auch auf dem Forum Romanum, einst die religiöse und politische Mitte des Römischen Reiches, und den benachbarten Kaiserforen sind die Reste der antiken Großbauten wie Tempel, Paläste und Regierungsgebäude heute nur noch spärliche Ruinen. Um sich ihre ursprüngliche Gestalt vorzustellen, bedarf es archäologischen Wissens und sehr viel Phantasie.

Das Projekt „Das Augustusforum. 2000 Jahre danach“ soll auf die Sprünge helfen und geht dazu neue Wege. Mit Hilfe modernster Technik erhalten die antiken Stätten an der Via Alessandrina durch Musik und Lichteffekte, welche die Gebäude originalgetreu rekonstruieren, ihr altes Leben zurück. Ausgangspunkt sind dabei die erhaltenen Steine, Fragmente und Säulen des Augustusforums. Dabei können bis zum 21. Okto­ber, täglich um 21, 22 und 23 Uhr, jeweils bis zu 200 Besucher auf eigens für diese Veranstaltung gebauten Tribünen Platz nehmen und so die Reise durch das augusteische Zeitalter (30 v. bis 14 n. Chr.) genießen. Audioführer liefern Erklärungen in fünf Sprachen, Filmdokumente und Rekonstruktionen zeigen mit wissenschaftlicher Genauigkeit, wie das Augustusforum zu Zeiten Kaiser Augustus’ ausgesehen hat.

Nach der Schlacht bei Philippi 42 v. Chr. und dem Sieg über Cäsars Mörder hatte Augustus, dessen Großneffe, Adoptivsohn und Erbe, gelobt, Mars Ultor, dem Rä­chergott, einen Tempel mit Fo­rum zu bauen.

Das Augustusforum war damit keine Marktanlage, sondern ein religiös-politischer Ort. Es war Schauplatz der wichtigsten Staatsakte. Im Mars-Ultor-Tempel wurden die 20 v. Chr. von den Parthern erbeuteten Feldzeichen sowie die Kriegskasse aufbewahrt. Im Mittelalter gehörte der Tempel zu einem Kloster der Basilianer, denen später die Kreuzritter folgten.

Im Zuge der Zeitreise wird mit unterschiedlichen Spezialeffekten auch näher auf Kaiser Augustus selbst eingegangen. Dessen zirka zwölf Meter hohe Kolossalstatue war einst links neben dem Tempel in einem Saal aufgestellt. Mit Augustus leitete Rom eine neue Ära seiner Geschichte ein: die Kaiserzeit. Eine Zeit des unentwegten Aufstiegs, der Rom innerhalb eines Jahrhunderts zum Herrscher über ein Riesenreich vom heutigen England bis zu den Grenzen des jetzigen Irak, über einen Großteil Europas, den Nahen Osten und gesamt Nordafrika machte.

Julius Cäsar war der Erste gewesen, der an der heutigen Via dei Fori Imperiali, der Straße der Kaiserforen, sein eigenes Forum erbauen ließ. Seinem Beispiel folgten später außer Augustus auch andere Kaiser. Vielleicht erscheinen auch sie zukünftig in neuem Licht. Helga Schnehagen


Kronjuwelen sind zurück

Schloss Marienburg bei Hannover sorgt für eine kleine Sensation. Für die Ausstellung „Der Weg zur Krone“ sind seit dem Ende des Königreichs Hannover die Königskrone nebst Zepter und Prinzessinnenkrone der Welfen erstmals wiedervereint. Die Kronjuwelen wurden nach der Annexion des Königreiches Hannover 1866 durch die Preußen nach England gebracht. Ernst August Erbprinz von Hannover freute sich: „Jetzt kehren die Kronjuwelen nach 148 Jahren ins ehemalige Königreich Hannover zurück.“

König Ernst August gab 1842 die Anfertigung der Insignien in Auftrag. Anlass war die Vermählung des Kronprinzen Georg mit Marie von Sachsen-Altenburg am 18. Februar 1843 in der Schlosskirche von Hannover. Die jüngst vom niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil, dem Prinz Michael of Kent, Mitglied des englischen Königshauses, und Erbprinz Ernst August eröffnete Ausstellung ist bis zum 9. November täglich von 10 bis 18 Uhr im Rahmen öffentlicher Führungen für Besucher geöffnet. tws


MELDUNGEN

Kasseler Naturlandschaft

Kassel − Am 17. und 18. Mai findet in Kassel das Deutschlandtreffen der Ostpreußen statt. Wer darüber hinaus die Kultur in der hessischen Stadt erleben will, hat dazu im Fridericianum reichlich Gelegenheit. Denn am 11. Mai startet in dem documenta-Gebäude die Ausstellung „nature after nature“ (Natur nach Natur). In dem altehrwürdigen Museum werden künstlerische Arbeiten gezeigt, die aus Materialien bestehen, die uns umgeben wie Fiberglas, Kunst­harz, Sand, aber auch Straßenmüll. Die Ausstellung im Fridericianum, Friedrichsplatz 18, läuft bis zum 27. Juli, Dienstag bis Sonntag von 11 bis 18 Uhr. Der Eintritt beträgt 5 Euro. tws

 

Szenen einer Nachbarschaft

Potsdam − Vom 7. Juni bis zum 2. November wird die Erste Brandenburgische Landesausstellung die wechselvolle Geschichte von Preußen und Sachsen erzählen. In Schloss Doberlug in Südbrandenburg schildern unter dem Titel „Preußen und Sachsen. Szenen einer Nachbarschaft“ bedeutende Kunstwerke, originale Dokumente und multimediale Techniken den kulturellen und wirtschaftlichen Austausch, aber auch die Rivalität und offene Feindschaft. Über die Internet-Seite www.brandenburgische-landesausstellung.de lassen sich ab so­fort Zeitfenster­tickets für einen Besuch zum Wunschtermin sichern. Eine Karte kostet neun Euro. tws


S. 10 Geschichte

Eine Niederlage, die Dänemark veränderte
Rückschau bleibt ambivalent – Wie Dänen und Deutsche das 150. Jubiläum der Erstürmung der Düppeler Schanzen begingen

Das dänische Gedenken an den Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 und dessen bekannteste Schlacht um die Düppeler Schanzen ist bis heute von einer Ambivalenz geprägt. Hiervon waren auch die diesjährigen Feierlichkeiten zum 150. Jubiläum geprägt.

Einerseits endete der Deutsch-Dänische Krieg für die Dänen mit einer Niederlage und für ihren König mit dem Verlust seiner deutschen Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Andererseits ließ gerade dieser Verlust der deutschen Herzogtümer den dänisch-deutschen sogenannten Gesamtstaat zu einem Nationalstaat moderner Prägung werden. Die Niederlage bewirkte einen Modernisierungsschub, der das Königreich bis heute prägt, und es begann eine Phase der Neutralität und des Friedens, die wahrlich nicht zu den schlechtesten in der dänischen Geschichte gehört.

Am 18. April dieses Jahres, dem 150. Jahrestag der Erstürmung der Düppeler Schanzen, versammelten sich nach Presseangaben 12000 bis 15000 Besucher, um der Opfer zu gedenken. Die Veranstaltung war gegliedert in einen militärischen und einen zivilen Teil. Für den erstgenannten war die Landstraße nach Sonderburg gesperrt und auf ihr ein Zelt für Ehrengäste errichtet. Hierzu gehörten die Königin Margarethe samt Prinzgemahl Henrik, deren jüngerer Sohn Prinz Joachim, Verteidigungsminister Nicolai Wammen, der deutsche Botschafter in Kopenhagen, Michael Fenner, der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Torsten Albig, und Abgesandte der Militär- und Traditionsgemeinschaften.

Alle betonten in ihren Reden die vielen Opfer und gedachten der Gefallenen und Verwundeten. Von dänischer Seite wurde zusätzlich ausgeführt, dass das Land nach dem Friedensschluss große Gebietsverluste habe hinnehmen müssen. Dieses stimmt nicht ganz. Zwar verlor der dänische König die von ihm in Personalunion regierten Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg und gerne werden sie zum sogenannten dänischen Gesamtstaat hinzugezählt, doch gehörten sie nicht zu Dänemark. Schleswig war schon damals überwiegend von Deutschen bewohnt und Holstein wie Lauenburg gehörten sogar zum Deutschen Bund.

Königin Margarethe betonte, der 18. April 1864 sei nie in Vergessenheit geraten: „Am Anfang war er eine offene Wunde, später eine Narbe, die zuweilen spürbar war und zwickte. Doch im Laufe der Zeit ist er zu einem Gedenktag geworden, den wir würdigen und in Ehren halten.“

Im Anschluss an die Reden legten die genannten Teilnehmer gruppenweise ihre Kränze nieder. Zwischendurch spielte das Musikkorps vom „Slesvigske Fodregiment“ Choräle. Der Grabplatz – einer von mehreren – wurde bewacht von der dänischen Armee, einer Ehrenformation der Bundeswehr aus Ahlen/Westfalen, traditionell uniformierten Dänen des 2. Regiments, die auch die Schanzen verteidigten, und Traditionsvereinen.

Anschließend fand der zivile Teil in der Königsschanze statt, wieder mit den bekannten Gästen, allerdings zusätzlich die dänische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt. Die Politikerin sprach hinsichtlich der Schlacht vor 150 Jahren von einer „Niederlage, die Dänemark als Nation verändern sollte“. Carl Holst, Regionalbeauftragter für Südjütland, hielt die einleitenden und die Schlussworte. Zwischen den Reden wurde gespielt, gesungen und getanzt. Auf dem Gesamtgelände waren viele Aktivitäten mit historischen Marketender-Zelten, Kinderkunst und Spielstation, mit kurzen Geschichten und Schanzenerzählungen. Das Geschichts­zentrum „Dybboel Banke“ war geöffnet, und das Musikkorps spielte für die Gäste. KFUM, vergleichbar mit dem deutschen Christlichen Verein Junger Männer (CVJM), hatte Zelte aufgebaut und verkaufte Speisen und Getränke.

Von Presse, Radio und Fernsehen wurde der Veranstaltung ein hoher Stellenwert eingeräumt. Viele Teilnehmer bedauerten jedoch, dass der Staats- und der Regierungschef der Bundesrepublik, Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel, trotz Einladung nicht erschienen waren.

Alfred Meyer


Am 18. April 1864 erstürmten die Preußen die Düppeler Schanzen der Dänen

Vor 150 Jahren erstürmten 37000 Preußen die von 11000 Dänen verteidigten Düppeler Schanzen. Prinz Friedrich Karl, der Befehlshaber des preußischen Kontingents der antidänischen Koalition der deutschen Großmächte, hatte gehofft, die Schanzen umgehen zu können, doch letztlich sah er sich doch gezwungen, die Brechstange anzusetzen, die materielle und personelle Überlegenheit in die Waagschale zu werfen.

Böse Zungen behaupten, Preußens Führung habe die Schlacht gewollt, um mit den österreichischen Verbündeten gleichzuziehen, denen bereits einige beachtliche Erfolge gelungen waren, und um im innenpolitischen Kampf mit den Liberalen die Sinnhaftigkeit und den Nutzen der Heeresreform zu veranschaulichen.

Allerdings waren die Düppeler Schanzen von unbestreitbarer strategischer Bedeutung. Dänemarks Strategie war defensiv. Die Dänen wuss­ten, dass sie den beiden deutschen Großmächten zu Lande unterlegen waren. Sie wussten aber auch, dass sie Sympathien nicht nur bei den anderen Skandinaviern hatten, sondern auch auf Seiten der nichtdeutschen Großmächte, die um das Gleichgewicht besorgt waren. Großbritannien ist hier vor allem zu nennen. Um diesen dritten Mächten die Möglichkeit zur Intervention zu geben, wollten die Dänen den Krieg in die Länge ziehen, leisteten sie hinhaltenden Widerstand.

Dafür allerdings war es notwendig, die dänische Armee zu erhalten. Deshalb hatte letztere auch zum Unverständnis vieler das Dannewerk kampflos den Deutschen überlassen. Da die Dänen sich aufgrund ihrer Überlegenheit zur See auf ihren Inseln sicher wähnten, zog sich das Gros der dänischen Armee auf die jütländischen Brückenköpfe Festung Frederica und Düppeler Schanzen vor den Inseln Fünen und Alsen zurück, um dort im Vorfeld die Inseln zu verteidigen und im Notfall einen kurzen, unverbaubaren Fluchtweg zu haben. Etwa die Hälfte der dänischen Armee stand in der Düppelstellung und hielt die Insel Alsen besetzt.

Unter zusätzlichen Zeitdruck sahen sich die Preußen durch die geplante Londoner Friedenskonferenz versetzt. Jede Macht versucht, vor einer derartigen Konferenz noch militärische Fakten zu schaffen, um aus einer Position der Stärke heraus verhandeln zu können. Die Preußen erstürmten die Düppeler Schanzen noch rechtzeitig. Zwei Tage später begann die Londoner Konferenz.

Manuel Ruoff


Der »Arme Konrad« legte die Lunte zum Bauernkrieg
Die Revolte war mehr als ein Aufstand gegen den Hunger, sie war das erste allgemeine Aufbegehren gegen die Obrigkeit

Der „Arme Konrad“ legte vor 500 Jahren, am 2. Mai 1514, die Lunte für den Flächenbrand, zu dem sich der sogenannte Deutsche Bauernkrieg ausweitete. Unter Letzterem wird eine Reihe sozial motivierter Aufstände zwischen 1524 und 1526 zusammengefasst. Zentren der Revolution waren Süddeutschland, Teile der Alpenländer, das Rheinland und Mitteldeutschland.

Mitte des 15. Jahrhunderts erholte sich die Bevölkerung von den großen Menschenopfern der Pest. Die Zahl der Bewohner stieg kräftig an, insbesondere auf dem Land. Gleichzeitig nahmen damit soziale Spannungen zu. Durch wiederholte Teilung der Höfe wuchs die klein- und kleinstbäuerliche Schicht. Die Landstellen konnten die darauf lebenden Familien nicht mehr ernähren. Immer mehr Menschen gehörten zur Gruppe der landlosen Handwerker oder Tagelöhner.

Mehr als 80 Prozent der Menschen lebten zu Beginn des 16. Jahrhunderts auf dem Land. Nur drei Prozent gehörten dem Adel an. Die Last des Staates und der Kirche wurde überwiegend von den Bauern getragen. Gleichzeitig waren sie weitgehend rechtlos.

So war die Revolte, die am 2. Mai 1514 nahe Stuttgart im Remstal ausbrach, mehr als ein Aufstand gegen den Hunger, sie war das erste allgemeine Aufbegehren gegen die Obrigkeit. Der Name Konrad war zu jener Zeit sehr stark verbreitet, er steht im Zusammenhang mit dem Aufstand für „Jedermann“. Mit „Armer“ ist keineswegs nur der Mangel an irdischen Gütern gemeint, sondern eine allgemeine Rechtlosigkeit.

Der aufwendige Lebensstil und die maßlosen Forderungen des Herzogs Ulrich von Württemberg brachten 1514 das Fass zum Überlaufen. Hoch verschuldet, plante er dennoch einen Feldzug gegen Burgund. Um den zu finanzieren, erhob er neue Steuern auf Fleisch, Wein und Früchte. Sie wurden allerdings nicht auf den Preis aufgeschlagen. Stattdessen wurden die Maßgewichte verringert. Es gab also weniger fürs Geld. Das führte zum Aufstand des „Armen Konrad“. Er wurde blutig niedergeschlagen. 1000 mit Dreschflegeln und Sensen bewaffneten Bauern standen nur 200 kampferprobte Landsknechte gegenüber. Im Herbst des Jahres wurde das „Blutgericht“ über die Anführer der Bauern gehalten, zehn von ihnen hingerichtet.

War es den Aufständischen des „Armen Konrad“ oder auch bei der Verschwörung des „Bundschuh“ im Schwarzwald noch darum gegangen, altes Recht wiederherzustellen, führte die Reformation zu neuen Forderungen. Die Menschen begannen, im Namen des „göttlichen Rechts“ eine grundlegende Änderung der Gesellschaft und Herrschaft zu verlangen. Die Grundlagen dazu leiteten sie aus dem Evangelium ab. Im März 1525 fassten Vertreter der oberschwäbischen Bauerngruppen in Memmingen ihre Forderungen in den sogenannten Zwölf Artikeln zusammen. Sie gelten als die erste Niederschrift von Menschen- und Freiheitsrechten in Europa und die zu den Zwölf Artikeln führenden Versammlungen der Bauernvertreter als erste verfassungsgebende Versammlung auf deutschem Boden. Im zwölften und letzten Artikel erklärten sich die Aufständischen bereit, auf alle Forderungen zu verzichten, die nicht mit dem Wort Gottes in Einklang zu bringen sind.

Die Reformatoren unterstützten das Aufbegehren gegen die Obrigkeit – jedenfalls anfangs. Ulrich Zwingli und Thomas Müntzer predigten, jeder Mensch könne auch ohne Kirche seinen Weg zu Gott finden. Martin Luther stellte in seiner Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ fest, „ein Christenmensch (sei) ein Herr über alle Dinge und niemandem untertan“.

Zur ersten bewaffneten Auseinandersetzung, die zum Bauernkrieg gezählt wird, kam es 1524 im südlichen Schwarzwald vor dem Schloss Hohenlupfen bei Stühlingen. Kurze Zeit später kam es zu bewaffneten Unruhen na­he Nürn­berg und bei Erfurt. Der Brand breitete sich aus. Im Ok­tober des Jahres marschierten 3500 Bauern auf Furtwangen.

Viele Sympathien kostete die sogenannte Revolution des gemeinen Mannes jedoch die Bluttat von Weinsberg. Ostern 1525 ließ der Bauernhaufen von Neckar und Odenwald den Grafen Ludwig von Helfenstein – immerhin Schwiegersohn des Kaisers Maximilian I. – und seine Ritter Spießruten laufen. Das überlebten sie nicht. Nach der Bluttat von Weinsberg wandten sich viele Fürsprecher von der Sache der Bauern ab. Martin Luther wetterte „wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern – man soll sie zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund erschlagen muss“. Philipp Melanchthon urteilte nicht weniger rabiat, „dass dies ein wildes ungezogenes Bauernvolk sei und die Obrigkeit recht tue … Für solch ein ungezogenes, mutwilliges und blutgieriges Volk nennt Gott das Schwert.“

Ungeachtet solcher Exzesse wollten die Bauernhaufen zwar Druck machen, aber einen Krieg wollten sie nicht. Das Interesse des Adels an Verhandlungen war allerdings denkbar gering. Stattdessen beauftragte der im Schwäbischen Bund zusammengeschlossene Adel – unterstützt mit dem Geld der Fugger – Georg Truchsess von Waldburg-Zeil, eine Armee zusammenzustellen. Waldburg-Zeil marschierte mit 9000 Landsknechten und 1500 gepanzerten Reiter wider die Bauern. Es kam zu mehreren für die Bauern verlustreichen Schlachten. Eine der schwersten war die Schlacht bei Frankenhausen am 15. Mai 1525. Die Bauern wurden angeführt von dem Geistlichen Thomas Müntzer, der gefangen genommen und später hingerichtet wurde.

Die an der Bluttat von Weinsberg beteiligten Bauern hatten sich mit fränkischen Bauern zum „Hellen Lichten Haufen“ zusammengeschlossen. Dieser Haufen wurde am 4. Juni 1525 von Waldburg-Zeil bei Würzburg gestellt. Innerhalb von zwei Stunden erschlugen die Soldaten des Schwäbischen Bundes 8000 Bauern.

Waldburg-Zeil gönnte seinen Landsknechten keine Atempause, den aufständischen Bauern noch viel weniger. Mehr als 1000 Kilometer marschierten die Truppen des sogenannten Bauernjörg in nur vier Monaten, eine Schlacht reihte sich an die andere. Im September 1525 war die Arbeit getan, die Bauernhaufen zerschlagen, vernichtet, in alle Winde zerstreut. 75000 Menschen fanden den Tod, mehr als 1000 Burgen und Klöster wurden zerstört.

Das nachfolgende Strafgericht war grausam. Die Aufständischen galten als vogelfrei. Die Archive sind voll von Berichten über Enthauptungen, das Ausstechen der Augen oder das Abschlagen der Finger. Mehr als 300 Jahre lang muckten die Bauern nicht mehr auf. Erst die Märzrevolution von 1848/49 führte zur deutschlandweiten Durchsetzung der Ziele, welche die Bauern in ihren Zwölf Artikeln 1525 formuliert hatten.

Klaus J. Groth


S. 11 Preussen

Wo die Kaiserfamilie die Sommerfrische genoss
Kassel ist mit Preußen nicht nur durch die Hohenzollern verbunden – Scheidemann war Oberbürgermeister der Stadt

Das Kurfürstentum Hessen und mit ihm dessen Landeshauptstadt Kassel, wo dieses Jahr am 17. und 18. Mai das Deutschlandtreffen der Ostpreußen stattfindet, kam erst als Folge des Deutschen Krieges von 1866 an Preußen. Dafür hat es in der Geschichte Preußens im Allgemeinen und der Hohenzollern im Besonderen eine vergleichsweise bedeutende Rolle gespielt.

Man könnte meinen, dass in Kassel alles getan wurde, um die von den Hohenzollern hinterlassenen Spuren zu verwischen. So hieß zum Beispiel der heutige Stadtteil „Vorderer Westen“ zu Kaisers Zeiten „Hohenzollernviertel“ und die 1871 angelegte „Hohenzollernstraße“ wurde später in „Friedrich-Ebert-Straße“ umbenannt. Kaum noch jemand weiß, was es mit der steinernen Krone an der Fassade der 1903 im Stadtteil Bad Wilhelmshöhe geweihten Christuskirche auf sich hat. Sie bezeichnete den der kaiserlichen Familie vorbehaltenen Eingang. Doch über den Weg dahin ist längst Gras gewachsen. Und der Durchgang hinter der Holztür ist heute vermauert.

Geradezu ein Geheimnis ist, dass die Christuskirche eine Kaiserloge aufweist. Die im Kirchen­inneren befindliche Zugangstür ist zugeschlossen. Hinter ihr befindet sich eine Treppe, deren Geländer mit einem schmiedeeisernen Reichsadler geschmückt ist. Durch den Vorraum mit Einbauküche, die schätzungsweise aus den 1970er Jahren stammt, gelangt man in die Kaiserloge. Sie dient offenbar als Abstellkammer. Immerhin werden in ihr zwei kaiserliche Thronstühle aufbewahrt. Der mit dem etwas höheren Sitz war für Kaiser Wilhelm II. bestimmt. Doch der hat die Christus­kirche nie betreten. Seine Gemahlin Auguste Viktoria hingegen besuchte regelmäßig den dortigen Gottesdienst.

Die Kaiserin weilte erstmals 1889 mit den Kindern zur Sommerfrische auf Schloss Wilhelmshöhe. Ab 1891 folgte alljährlich im Anschluss an seine Nordlandfahrt ab Ende August für drei Wochen der Kaiser nach. Wilhelm II. kannte die Hauptstadt des 1866 von Preußen annektierten Kurfürstentums Hessen-Kassel von Kindesbeinen an. Erstmals hielt er sich 1871 in Kassel auf. Der siegreich beendete Deutsch-Französische Krieg, in dem sein Vater, Kronprinz Friedrich, das Kommando über die III. Armee gehabt hatte, gab den Anlass. An der Seite seines Vaters machte er den Einzug des Hessischen Korps in Kassel mit. Ein von ihm eher als unliebsam empfundener Langzeitaufenthalt schloss sich von 1874 bis 1877 an. Um den des Hochmuts bezichtigten Knaben Demut zu lehren, wurde er auf Betreiben seines Erziehers Georg Ernst Hinzpeter von seinen Eltern dazu verdonnert, unter bürgerlichen Mitschülern am Friedrichsgymnasium sein Abitur zu bauen. Nachdem das vollbracht war, zeichnete Wilhelm bei einem festlichen Empfang auf Schloss Wilhelmshöhe seine Lehrer mit Orden aus.

Mit der Besteigung des Throns im Dreikaiserjahr 1888 wurde Wilhelm II. Besitzer von Schloss Wilhelmshöhe, denn zu seinen zahlreichen Würden gehörte fortan auch die des „Landgrafen zu Hessen“. Bauherr und Namensgeber des dreiflügeligen, seit Ende des 18. Jahrhunderts errichteten Schlosses war Landgraf Wil­helm IX., der 1803 zum Kurfürsten erhoben wurde. Da er sich weigerte, dem von Napoleon installierten Rheinbund beizutreten und im Vierten Koalitionskrieg 1806/07 an der Seite Frankreichs gegen Preußen und Russland zu ziehen, verlor er seine Territorien. Napoleon besetzte Kurhessen und vereinte es mit dem Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel, dem Kurfürstentum Hannover und links der Elbe gelegenen Teilen Preußens zum Königreich Westphalen. Regiert wurde es von Napoleons jüngstem Bruder Jérome. Der residierte im Schloss Wilhelmshöhe, das bis zum Untergang des Königreichs Westphalen 1813 den Namen „Napoleonshöhe“ trug.

Unfreiwillig bezog ein Neffe Napoleon Bonapartes 1870 Räumlichkeiten auf Schloss Wilhelmshöhe: Kaiser Napoleon III. wurde im Deutsch-Französischen Krieg gefangen genommen und für einige Monate in Kassel interniert. Im Weißensteinflügel des Schlosses sind bis heute Möbel ausgestellt, die zur Einrichtung Napoleons III. gehörten. Andere Ausstattungsstücke gehen auf Jérome und die hessischen Kurfürsten zurück. Die Einrichtungsgegenstände Kaiser Wilhelms II. hingegen wurden in den 1920er Jahren fast vollständig beseitigt. Aus wilhelminischer Zeit geblieben sind in einem Raum rote Schonbezüge mit goldenen Kronen – „Hussen“ genannt – mit denen ein Sofa und mehrere Stühle umhüllt sind. Nicht zu besichtigen sind hingegen die sanitären Anlagen, die Wilhelm II. einbauen ließ. Eine anrührende Spur hat der Kaiser im Bergpark hinterlassen: Auf der Roseninsel befindet sich eine Gedenktafel, die er für seinen Lieblingsdackel „Erdmann“ aufstellen ließ.

Ab 1891 traf Wilhelm II. alljährlich mit dem kaiserlichen Sonderzug am Bahnhof Wilhelmshöhe ein. Anfangs mit der Kutsche, später im zitronengelben Daimler, fuhr er unter dem Jubel der Bevölkerung zum Schloss hinauf. Große Teile des Bergparks waren auch während der Aufenthalte der kaiserlichen Familie öffentlich zugänglich. Ein besonderes Spektakel waren Staatsbesuche wie der des englischen Königs Edward VII. im Jahre 1907, zu denen es im Bergpark nächtlich beleuchtete Wasserspiele gab. Auch während des Ersten Weltkriegs setzte der Kaiser seine Wilhelmshöher Sommeraufenthalte fort. Letztmals weilte er vom 25. bis 28. September 1918 auf Schloss Wilhelmshöhe. Von dort fuhr er zum Großen Hauptquartier der Obersten Heeresleitung nach Spa.

Am 14. November 1918 trafen die Offiziere des Großen Hauptquartiers mit einem Militärzug aus Spa in Kassel ein. Von dort aus wurde unter dem Oberbefehl des Generalfeldmarschalls Paul von Hindenburg nach dem verlorenen Krieg die Rückführung der Frontsoldaten in die Heimat organisiert. Das Große Hauptquartier sollte ins Schloss Wilhelmshöhe einziehen. Das lehnte Hindenburg aus Kaisertreue ab und logierte lieber im nebenan gelegenen Schlosshotel. Am 12. Februar 1919 wurde das Große Hauptquartier nach Kolberg verlegt.

Als Schuljunge hatte der in Kassel geborene Philipp Scheidemann Kaiser Wilhelm I. zugejubelt. Als Politiker aber rief er am 9. November 1918 von einem Balkon des Berliner Reichstags die Republik aus und verkündete die Abdankung Wilhelms II. Scheidemann wurde 1919 Reichskanzler der Weimarer Republik, trat aber bald zurück, weil er den Versailler Friedensvertrag für unannehmbar hielt. Von 1920 bis 1925 war Scheidemann Oberbürgermeister von Kassel. Als er am 4. Juni 1922 einen Spaziergang im Bergpark Wilhelmshöhe unternahm, verübten Mitglieder der rechtsradikalen Untergrundorganisation „Organisation Consul“ auf Scheidemann ein Attentat mit Blausäure. Da er im letzten Moment den Kopf zur Seite drehte, wurde er nicht voll getroffen und überlebte den Giftangriff. Veit-Mario Thiede


Preußischer David gegen dänischen Goliath
Vor 150 Jahren rettete das Kanonenboot »Basilisk« den Rückzug des Tegetthoff-Geschwaders im Seegefecht bei Helgoland

Im Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 war Dänemark den deutschen Großmächten Preußen und Österreich zu Lande unter-, aber zu Wasser überlegen. Der skandinavische Staat nutzte diese Überlegenheit, um gegen Preußen eine Seeblockade zu verhängen. Zum Brechen dieser Blockade entsendeten die Österreicher einen Flottenverband aus dem Mittelmeer. So machte sich ein aus den beiden Fregatten „Schwarzenberg“ und „Radetzky“ sowie dem Kanonenboot „Seehund“ bestehendes Geschwader unter Linienschiffskapitän Wilhelm von Tegetthoff auf den Weg vom Mittelmeer in die Nordsee. Das Kanonenboot muss­te wegen eines Unfalls im Ärmelkanal ausscheiden und einen eng­lischen Hafen anlaufen, aber die beiden Fregatten erreichten Anfang Mai die Nordsee.

Vor der niederländischen Insel Texel vereinigte sich das österreichische mit einem aus dem Raddampfer „Preußischer Adler“ und den Kanonenbooten „Basilisk“ und „Blitz“ bestehenden kleineren preußischen Geschwader und fuhr weiter nach Cuxhaven, wo es am 4. Mai eintraf. Dort erfuhr Tegetthoff, nun Befehlshaber eines gemischten österreichisch-preußischen Verbandes, am Morgen des 9. Mai, dass der Feind bei Helgoland gesichtet worden sei.

Der Feind, das dänische Nordseegeschwader, bestand aus den Schraubenfregatten „Niels Juel“ und „Jylland“ sowie der Schraubenkorvette „Hejmdal“. Dieser von Kommodore Edouard Suenson befehligte Verband hatte die Aufgabe, die Seeblockade aufrechtzuerhalten und die Österreicher zum Kampfe zu stellen. Am 8. Mai ankerten die Skandinavier auf der Höhe von List auf Sylt und erfuhren dort von den nur scheinbar neutralen Briten vom Standort der Deutschen. Beide Seiten suchten nun den Kampf. Während der dänische Verband Richtung Süden fuhr, verließ der deutsche die Elbmündung Richtung Helgoland.

Am 9. Mai hatten sich die Geschwader bis auf zwei Meilen Entfernung genähert und die „Schwarzenberg“ eröffnete das Feuer. Um den Kurs der Dänen zu kreuzen, nahmen die Deutschen einen mehr westlichen Kurs. Die Skandinavier drehten daraufhin Richtung Osten ab, so dass sich die gegnerischen Schiffe im Abstand von rund 1,8 Kilometern passierten. Um zu verhindern, dass die zurückfallenden langsameren preußischen Einheiten abgeschnitten wurden, wendeten die Österreicher anschließend. Danach liefen die beiden Geschwader unter starkem gegenseitigen Beschuss auf Parallelkurs.

Hinsichtlich der Zahl der Geschütze hielt sich die Überlegenheit der Dänen mit 102 zu 88 in Grenzen, doch die dänischen Schiffen hatten 26 treffsicherere gezogene Rohre, wohingegen die Deutschen nur acht hatten. Während sich die „Jylland“ und die „Hejmdal“ auf die „Radetzky“ einschossen, nahm sich die „Niels Juel“ die „Schwarzenberg“ vor. Nach zwei Stunden Gefecht hatte Tegetthoffs Flaggschiff ein Fünftel seiner Mannschaft verloren und brannte an mehreren Stellen. Gegen 16 Uhr brach Tegetthoff das Gefecht ab und die nicht mehr kampffähige „Schwarzenberg“ dampfte in Richtung der Hoheitsgewässer der britischen und damit wenigstens formal neutralen Insel Helgoland ab, gefolgt vom Rest des Geschwaders, wobei die „Radetzky“ Feuerschutz gab.

Der Einsatz der preußischen Einheiten hatte sich bis dahin wegen ihrer Langsamkeit in sehr engen Grenzen gehalten. Doch war es das Kanonenboot „Basilisk“, das nun mit einem Treffer die Ruderanlage des dänischen Flaggschiffes dermaßen beschädigte, dass es manövrierunfähig wurde und abgeschleppt werden musste. Suenson verzichtete deshalb gegen 16.30 Uhr auf eine Verfolgung der Deutschen und ließ abdrehen. Mit dem langsamen Kanonenbootes „Basilisk“ und Suensons Flaggschiff waren ein preußischer David und ein dänischer Goliath aufeinandergestoßen.

Erst lange nachdem Helgoland erreicht war, gelang es den Österreichern, das Feuer auf der „Schwarzenberg“ zu löschen. 91 Treffer hatte das Schiff erhalten. Zu den 36 Toten und 80 Verwundeten auf der „Schwarzenberg“ kamen fünf Tote und 24 Verwundete auf der „Radetzky“. Dem standen nur 18 Tote und 54 Verwundete auf dänischer Seite gegenüber.

Diese Diskrepanz und die Tatsache, dass die deutsche Seite das Seegefecht abgebrochen hatte, spricht für einen dänischen Sieg, für den „einzigen wirklichen Sieg des Krieges“, um es mit dem dänischen Historiker Johs. Nielsen zu sagen. Entsprechend begeistert wurde das dänische Geschwader bei der Ankunft in Kopenhagen gefeiert. Andererseits brachen die Dänen nach dem Gefecht die Seeblockade gegen Preußen ab, womit ein entscheidendes Ziel des Tegetthoff-Geschwaders erreicht war. Für den Abbruch der dänischen Blockade kommen jedoch noch zwei andere Ursachen infrage. Da ist zum einen der Waffenstillstand, der drei Tage nach dem Seegefecht begann. Und da ist zum anderen die schwere dänische Niederlage zu Lande bei Düppel (siehe Seite 10), welche die dänischen Seestreitkräfte dazu bewog, sich fortan auf die Verteidigung der dänischen Inseln vor einer Landung der Deutschen zu konzentrieren. Manuel Ruoff


S. 12 Leserforum

Leserforum

Es gibt einen dritten Weg

Zu: Schlachtfeld fremder Interessen (Nr. 17)

Was lehrt die jüngere Geschichte? Die Bevölkerung in den hochentwickelten Industriestaaten der westlichen Wertegemeinschaft trägt mehrheitlich den Turbokapitalismus mit, da ihr Lebensstandard, bedingt durch den wissenschaftlich-technischen Fortschritt, relativ hoch ist und sie als Ausgebeutete gleichzeitig von ihm profitieren durch Ausbeutung der Arbeitskraft von Menschen in Billiglohnländern über den Import von billigen Waren.

Der Ausbreitungsdrang der westlichen Wertegesellschaft richtet sich auch auf Russland. Die westliche Hochfinanz möchte an den Gewinnen aus russischen Bodenschätzen teilhaben. Krieg als Mittel zu diesem Ziel scheidet wegen der Wehrhaftigkeit Russlands aus. Es bleibt nur der umständliche Weg der Wühlarbeit zur Demokratisierung Russlands, die der westlichen Hochfinanz dort den Zugang verschafft. Die angestrebte orangene Revolution in der Ukraine als erstem Schritt zur Demokratisierung und Öffnung dieses Landes mit späterer Auswirkung auf Russland war ein Misserfolg.

Nun kommt Nicht-Regierungsorganisationen als Metastasen der westlichen Hochfinanz in diesen Staaten die Aufgabe zu, deren Demokratisierung voranzutreiben. Deutschland als treuer Vasall der Vereinigten Staaten beteiligt sich daran unter anderem mit der Konrad-Adenauer-Stiftung. Russland tut gut daran, diese Organisationen zu überwachen.

Noch besser wäre es, die russische Regierung würde sie zum Teufel jagen. Deutsche Politiker wären gut beraten, wenn sie ihre Lehre aus der jüngeren Geschichte korrigieren würden und nach Kommunismus oder Turbokapitalismus einen dritten Weg gehen wollten, der Interessierten bekannt ist. Dieser dritte Weg ohne Ausbeutung von Menschen und wirklicher Demokratie könnte dann eine nachahmenswerte Gesellschaftsordnung für andere Staaten sein.

Dieter Bliesener, Hamburg

 

 

Ein stiller Erfolg

Zu: „Eine nicht sehr sympathische Aufgabe“ (Nr. 15)

Das große Plus der PAZ sind zeitgeschichtliche Artikel über Personen oder Ereignisse, die man fast in keiner anderen Zeitung liest. So auch dieser Artikel über den Leiter des preußisch-deutschen Militärgeheimdiensts, Oberst Walter Nicolai, der mich schon allein deshalb interessierte, weil eine Verwandte von uns mit der Enkeltochter Nicolais seinerzeit in der gleichen Schulklasse unterrichtet wurde. Unsere Verwandte ging vor dem Krieg in Nordhausen in dem Nicolaischen Haus ein und aus.

Ohne besserwisserisch oder schulmeisterlich zu wirken: Eine andere Verwandte von mir aus Nordhausen erzählte mir immer, dass Nicolai mit einem seiner Mitarbeiter (ein Russisch sprechender Balte) dem Verräter und Nachrichtenoffizier aus Wien, Oberst Alfred Redl, auf die Spur gekommen ist. Die Kurierpost für Redl ist wohl größtenteils über den letzten deutschen Bahnhof in Ostpreußen, Eydtkuhnen, abgewickelt worden, und über diesen Weg kam man an die undichte Stelle in Wien heran.

Aber dieser Erfolg wurde damals nicht in James-Bond-Manier hochgespielt und gefeiert, sondern still, bescheiden und diskret als Erfolg des preußischen Geheimdiensts verbucht.

Bernd Brandes, Hannoversch Münden

 

 

Frankreichs Idee?

Zu: Vom Markt abkoppeln (Nr. 16)

Fast könnte man meinen, die EU und der Euro wären eine Idee Frankreichs gewesen zum Beispiel als Erpressung, um der Wiedervereinigung Deutschlands zuzustimmen. Wie immer ein super PAZ-Artikel.

Jochen Grohs, Berlin

 

 

Böswillige Medien

Zu: Die alten Gespenster (Nr. 16)

Am liebsten würden die Rezen-senten von Akif Pirinçcis Buch „Deutschland von Sinnen“ ihn samt seinem Verleger Thomas Hoof und allen dort im Manu­scriptum-Verlag verlegten Autoren vor einen rot-grünen Volksgerichtshof zerren. Ob die nach einem in den Gazetten bundesweit aufbrandenden medialen Anklagen dann öffentlich widerrufen und das Gezeter zur Massenerschießung abgeführt werden, ist jedoch noch nicht abzusehen.

Kurzum: Entweder schreiben diese halbgebildeten Griffelhalter und Tastaturmasochisten, denen alles, was nicht links, konservativ und sowieso „Nazi“ ist, alle von einander ab, weil sie zu faul zum Recherchieren sind, oder aber sie sind böswillig, hinterhältig und charakterlos. Ich tippe auf das Letztere.

Hans Wulsten, Bridgewater, Kanada

 

 

Ein Wohlfühl-Ort

Zu: Leserforum (Nr. 16)

Herzlichen Dank für das Bild mit Ex-Kanzler Gerhard Schröder und Russlands Präsidenten Putin. Es ist so herzerwärmend und bringt Freude, wenn Freundschaft gedeiht. Viele Menschen, denen es manchmal bitter schwer gemacht wurde, können neue Kraft schöpfen, wenn sie Bilder sehen, auf denen harmonisches Miteinander leuchtet. Es ist auch vorbildlich für die Kinder. Sie sollen doch in Wohlfühl-Orten aufwachsen, sich gut zu entwickeln. Bitte bringen Sie öfter verschiedentlich solche Bilder!

Elfriede Hardt, Bad Münder

 

 

Wo Dahlke liegt

Zu: Er verkörperte 150 Rollen (Nr. 15)

Zu dem PAZ-Beitrag über Paul Dahlke muss ich eines richtig stellen: Dahlke wohnte nicht in Salzburg und ist auch nicht da begraben. Der Schauspieler wohnte mit seiner Frau Elfe Gerhard-Dahlke in Grundlsee in der Steiermark, wo er auch auf dem Bergfriedhof begraben ist.

Anny Grothe, Mannheim

 

 

Zur Verantwortung ziehen

Zu: Die doppelte Erpressung (Nr. 16)

Na bravo, Frau Kolat, Sie werden sicherlich einen großen Dank von den Rechts- und Linksradikalen und anderen Deutschfeinden ernten, denen dieser Staat ein Dorn im Auge ist. Neben der illegalen Platzbesetzung desavouieren Sie die Behörden, indem sie Beratung und Prüfung in abgeschlossenen Verfahren zusagen.

Unsere Behörden inklusive Rechtsprechung sind zum Stillstand gekommen. Danke, liebe Politiker, für diese Bestätigung. Machen wir Deutsche es doch diesen Bereicherern nach und kampieren vor dem Reichstag so lange, bis unsere Forderungen erfüllt werden. Zum Beispiel nach Konsequenzen für Steuerverschleuderung. Denn es gibt auch keine Staatshaftung und keine persönlichen Regressforderungen für Wowereit & Co., Hamburger Senat oder Stuttgarter Tiefbahnhofbauer. Oder für eine Lärm­schutzwand der Kölner Autobahn, die so schnell gebaut wurde, dass sie nun abgerissen werden muss, weil sie keine Endgenehmigung mehr bekommen hat.

Verantwortung ist Verantwortung und kein Schulterzucken. Ich bin mir sicher, binnen wenigen Monaten haben wir gefüllte öffentliche Kassen, wenn Politiker für ihren Mist geradestehen müssen.

W. Scholz, München

 

 

Ausgeplündert

Zu: Machthebel Gaspreis (Nr. 16)

Die Europäische Union hat kein eigenes Geld. Diese EU-Gelder sind in der Hauptsache anonymisierte Steuer-Zahlungen deutscher Bürger, die von den hier ansässigen Volksvertretern und selbsternannten „wahren Europäern“ unlegitimiert eingetrieben und an die Polit-Kommissare im Brüsseler Hochbunker durchgereicht werden.

Beim Gas für die Ukraine ist es zurzeit so, dass Gas aus Russland hier über den Zähler des deutschen Bürgers läuft, um dann in die Ukraine weitergeleitet zu werden (dazwischen sitzen sicher wieder das aus dem Gefängnis freigepresste Gas-Prinzesschen Julija Timoschenko und ihre Kumpel). Vorgeblich muss das wieder einmal etwas mit „Solidarität“ und Europa zu tun haben; in jedem Fall aber mit der in der EU-üblichen Plünderung deutscher Bürger.

Matthias Dumke, Wedel

 

 

Reine Ablenkung

Zu: Stumpfes Schwert (Nr. 15)

Ich habe schon vor Wochen gewusst, dass der Russe den Westen auslacht und mit den Chinesen wie auch mit anderen ostasiatischen Ländern seinen Handel treiben wird. Um das zu erahnen, müsste man unter heutigen Gegebenheiten gar nicht einmal so gebildet sein wie wir vor 20 Jahren. Im Normalfall bekommt das jeder Trottel mit. Nur nicht unsere obersten Volksvertreter und ihre EU-Abkassierer und erst recht nicht der heutige deutsche Normalverbraucher – schade und traurig! Wie war noch gleich das Heine-Wort? „Denk ich an Deutschland in der Nacht ...“

Warum muss man sich so auf diese Art und Weise gnadenlos auf die Ukraine und auf Russland konzentrieren? Es ist reine Ablenkung von den ganzen deutschen Problemen und allem, was damit über die EU und deren Handlangern eingestreut wird.

Ralf Meier, Pölsfeld

 

 

Kein Vergleich mit der Sudetenkrise

Zu: Falsche Taktik (Nr. 15)

Nein, Präsident Putin nimmt sich nicht „Häppchen für Häppchen“! Die Ukraine gehörte schon zu Russland, da war Amerika noch nicht entdeckt, geschweige denn, dass die Indianer da schon fast ausgerottet waren.

Die russische Regierung nahm sich keineswegs die Krim, sondern es war umgekehrt: Die gewählte Regierung in Kiew wurde mit westlicher Hilfe und mit Dollars hinweggeputscht. Wenn die Demonstranten in Kiew dieses Recht hatten, dann hatten auch die Separatisten auf der Krim das Recht, diese Putschregierung nicht anzuerkennen.

Da die Krim alleine kaum lebensfähig ist, haben die Krimbewohner mehrheitlich für den Anschluss an Russland gestimmt. Dabei mag nicht nur die Liebe zu Mütterchen Russland ausschlaggebend gewesen sein. Der Lebensstandard ist in Russland dreimal so hoch wie in der Ukraine. Aber das muss uns hier nicht interessieren. Wir haben diese Volksbefragung zu akzeptieren. Eine Wiederholung hat jedenfalls kein Beobachter gefordert.

Völlig irrig halte ich den Vergleich mit dem Anschluss des Sudetenlandes im Zuge der Erfüllung des Münchner Abkommens. Hitler hatte in London, Paris und in Rom nämlich um Erlaubnis gefragt, ob er dem Wunsch der seit 1918 von Deutschland abgetretenen Bevölkerung des Sudetengebietes, wieder zu Deutschland zu gehören, entsprechen dürfe. Dem wurde dann im Münchner Abkommen entsprochen. Es war auch nicht eine „Friedensbewegung“ in England und in Frankreich, die Hitlers „Annexion“ ermöglichte. Es war moralisch nicht länger zu rechtfertigen, dem deutschen Volk die Selbstbestimmung zu versagen, die US-Präsident Wilson 1918 den europäischen Völkern versprochen hatte.

Anders musste sich die russische Regierung verhalten. Aber die Verhältnisse waren auch anders. Die Regierung Hacha in Prag war keine Putschregierung wie die neue Regierung in Kiew. Russland hatte der alten Regierung 15 Milliarden Dollar Kredit versprochen, wovon bis zuletzt drei Milliarden als Soforthilfe schon ausgezahlt waren. Diese Kredite dienten der Stabilisierung der Ukraine. Also keine Häppchen, sondern das Gegenteil und Anerkennung der sowjetischen Sezession nach 1990. Man stelle sich vor, die Regierung im heutigen Ungarn würde auf Anraten Russlands alle Verträge mit der EU aufkündigen, Nato-Angehörige des Landes verweisen und stattdessen russische Militärs einladen und Raketenstellungen errichten wollen. Wie groß wäre das Geschrei in Wa­shington, London und Berlin?

Und zu guter Letzt: Russland ist auch heute noch jederzeit technisch in der Lage, die Besiedelung Amerikas rückgängig zu machen. Das gilt auch umgekehrt. Nur: Wir sollten es nicht testen wollen oder die Bevölkerungen der USA und Deutschlands befragen, ob diese mehrheitlich gewillt ist, für die Krim zu sterben.

Jürgen Kunz, Buchen

 

 

Chance ausnutzen

Zu: Ukraine vor einem Bürgerkrieg? (Nr. 16)

Am Ende wird die Ukraine wohl zerrissen werden. Polen schnappt sich in Kooperation mit der Türkei die westukrainische Stadt Lemberg oder vielleicht auch mehr. Denn auch die Türkei dürfte ein neuer Mitspieler werden. Sie warten nur auf eine Implosion der ostslawischen Staaten, die eigentliche Gefahr für Russen und Ukrainer.

Wir müssen uns in diesem Zerfallsprozess konsequent auf Ostpreußens Hauptstadt Königs­berg konzentrieren − um die Ukraine-

Krise in die größte geopolitische Chance aller Zeiten für Deutschland umwandeln und ausnutzen zu können.

Jörn Gebert, Frankfurt am Main

 

 

Islam bringt keine Bereicherung

Zu: Faschistische Schatten (Nr. 17)

Wenn der Buchautor Abdel-Samad Islam und Islamismus „fast überwiegend gleichsetzt“, dann stellt sich die Frage, ob es zwischen beiden überhaupt einen Unterschied gibt, außer im deutschen „Neusprech“. Letztlich läuft es auf die Frage hinaus, ob der Islam eine totalitäre Ideologie ist.

Kennzeichen einer Ideologie ist die „geschlossene Gesellschaft“, die sämtliche Andersartigen,

-denkenden und -gläubigen ausschließt und zu vernichten trachtet. Man wird dem Autor daher wohl recht geben müssen. Wobei sich die nächste beziehungsweise eigentliche Frage stellt, wieso überhaupt so ein Gewese um die Religion des Islam gemacht wird, wo doch Religion – allen voran die christliche – bei uns in Europa auf der politischen Ebene keine und im Privaten eine immer geringere Rolle spielt beziehungsweise spielen darf.

Daneben ist die Behauptung, mit der Einwanderung Islamgläubiger sei eine „Bereicherung“ verbunden, noch zu beweisen. Meines Wissens ist der islamische Kulturkreis weder für bedeutende kulturelle, wissenschaftliche oder technische Errungenschaften noch für Erfindung verantwortlich (selbst die Ziffer „0“ verdanken wir Indien). Folglich ist das heute übliche Hofieren des Islam politisch gesehen bedenklich und aus dem Blickwinkel der Säkularisierung falsch. Und ob es beim Anwachsen der oftmals beklagten islamischen Parallelgesellschaften eine zumindest durch menschliche Interaktion entstehende Bereicherung gibt, kann jedermann selbst erraten.

Gernot Schmidt, Wilnsdorf

 

 

Gedenken an etwas, das es nie gab

Zu: Konsequenter Einsatz für Deutsche (Nr. 15)

Magdalena Piklaps als Motor und Seele der Deutschen im Memelland zeigt zum 25-jährigen Bestehen des Vereins der Deutschen in Memel Flagge: Man tritt weiterhin für den Erhalt des Deutschtums im Memelland ein.

Die Sache hat aber einen Beigeschmack. Besucht man das Kultur-Zentrum des Vereins, das Simon-Dach-Haus, kann es sein, dass man auf dem Weg dorthin an einem eigenartigen Denkmal vorbeikommt. Es hat die Form eines Galgens und soll an den „Aufstand“ der Memelländer gegen ihr eigenes Land, also Deutschland, und an den Anschluss an Litauen Zeugnis ablegen. Viele Litauer distanzieren sich von diesem Denkmal, wissend, dass es einen solchen „Aufstand“ nie gab.

Einflussreiche Kreise in Litauen haben jedoch erreicht, dass 2003 zur 80-jährigen Erinnerung an den „Aufstand“ dieses Denkmal pompös errichtet worden ist. Ein Affront gegen die deutsche Volksgruppe. Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, dass Litauen seine Wiedergeburt 1918 auch dem Deutschen Kaiserreich zu verdanken hat.

Da verhalten sich im Baltikum die Esten ganz anders. Nach der Wende, anfangs der 90er Jahre, ließ der estnische Staatspräsident wissen: Jeder Balten-Deutsche ist herzlich willkommen. Die Esten hätten nicht vergessen, was die Deutschen ihnen auf dem Gebiet der Kultur und Wissenschaft gebracht hätten. Wenn gewünscht, würden die alten Herrensitze wieder den Deutschen zurückgegeben.

Bernd Dauskardt. Hollenstedt


S. 13 Das Ostpreußenblatt

Sanktionen treffen auch Ostpreußen
Königsberger Gebiet befürchtet Engpass bei Energieversorgung – Beziehungen zu Nachbarn gestört

Die im Zuge der Ukraine-Krise verhängten Sanktionen gegen Russland treffen nicht nur die Bundesrepublik Deutschland und ihre europäischen Partner hart. In der Königsberger Exklave fürchtet man einerseits die Folgen der abgekühlten Beziehungen zu den direkten Nachbarn, andererseits sorgt man sich um die eigene Energiesicherheit.

Die Beziehungen zu den Nachbarn Litauen und Polen haben sich nach der Krim-Annexion durch Russland spürbar abgekühlt. Dies hat zur Verunsicherung der Bewohner der Königsberger Exklave geführt, die sich seit Öffnung der Grenzen mehr zu den europäischen Nachbarn hingezogen fühlten als zu Russland. Nun macht vor allem Litauen gegen Russland scharf. „Gott sei Dank sind wir Nato-Mitglieder“, sagte die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite und verlangte härtere Sanktionen gegen Mos­kau. Vorsorglich hat die Nato ihren osteuropäischen Mitgliedsstaaten Unterstützung zugesagt und will zusätzliche Truppen an die Ostgrenzen entsenden.

Es gab auch Gerüchte, dass der kleine visafreie Grenzverkehr mit Polen in Kürze wegen der angespannten politischen Lage eingestellt werden sollte. Das hat das polnische Generalkonsulat in Königsberg vehement dementiert. Eine derartige Eskalation wünscht sich an der innerostpreußischen Grenze niemand. Der polnische Diplomat Sbignew Saremba betonte die Wichtigkeit der Zusammenarbeit im Rahmen des kleinen Grenzverkehrs für beide Seiten. Er erklärte, es werde keinerlei Einschränkungen geben. In den vergangenen Jahren hat das polnische Generalkonsulat an zirka ein Drittel der Einwohner des Königsberger Gebiets Grenzausweise für die visafreie Einreise in die grenznahen Gebiete vergeben. Diese Regionen im südlichen Ostpreußen haben davon wirtschaftlich profitiert. Russen kaufen Waren, die günstiger und qualitativ hochwertiger sind als zu Hause. Es trifft zwar zu, dass die Nachfrage nach Grenzausweisen leicht rück­läufig ist, das liegt jedoch nicht an einer Änderung der Regelung, sondern eher am ungünstigen Rubelkurs und einer Sättigung des Bedarfs.

Wie verflochten und gegenseitig wirtschaftlich abhängig voneinander Europa und Russland sind, zeigt sich vor allem im Bereich der Energiebranche. Aufgrund der geopolitischen Spannungen ergeben sich für die Königsberger Exklave ähnliche Probleme wie für den Rest Europas.

Aufgrund seiner Lage als Exklave, umgeben von Staaten der EU, sorgen sich Politiker um die Energieversorgung des Gebiets, wenn weitere, härtere Sanktionen gegen Russland verhängt werden. Wie ernst die Lage ist, beweist die Tatsache, dass sich Premierminister Dmitrij Medwedjew Anfang des Monats zu Beratungsgesprächen mit Königsberger Experten traf. Dabei riet er, neben Gas auf die Nutzung von Kohle zu setzen. Zwar könne das im Bau befindliche Atomkraftwerk bei Ragnit die Region mit Strom versorgen, aber mit seiner Fertigstellung wird erst 2019 gerechnet. Zudem stünden mit Litauen 2015 schwierige Verhandlungen über Leitungen ins Königsberger Gebiet an, die über litauisches Gebiet führen sollen. Auf der Tagesordnung stand auch der Austritt aus dem einheitlichen Energiesystem der baltischen Staaten und eine Synchronisierung der Stromleitungen mit denen der Europäischen Union. Das aber würde die Königsberger Exklave noch mehr vom russischen Energieversorgungssystem abtrennen. Da Gazprom eine Abzweigung von der Nord-Stream-Pipeline nach Königsberg kategorisch ablehnt, wurde der Bau neuer Kohlekraftwerke in Betracht gezogen. Doch davor warnen Experten. Es stellt sich die Frage, wo die Kohle herkommen soll. Bislang war die günstigste Variante, sie aus Oberschlesien zu importieren, doch seit der Krim-Annexion ist die politische Lage zu unsicher. Härtere Sanktionen gegen Russland könnten auch Kohlelieferungen aus Polen einschließen. Kohle aus dem Kusnezker Becken in Sibirien nach Königsberg zu transportieren, wäre aufgrund des weiten Wegs zu teuer. Zudem müsste auch sie über litauisches Gebiet geliefert werden. Eine weitere vorgeschlagene Alternative, der Transport übers Meer, würde die Kohle noch mehr verteuern. Dazu kommt das Hindernis, dass die Ostsee im Winter nicht eisfrei ist. Der Schiffsverkehr zwischen den Häfen Königsberg und Ust-Luga ist nur zwischen  Mitte April bis Mitte September möglich. Wladimir Kusin, Dozent für Wirtschaft und Unternehmertum an der Königsberger Technischen Universität, merkte an, dass die bestehenden Kraftwerke im Gebiet etwa ein Drittel mehr Strom als benötigt erzeugen würden, den Verlust von rund 18 Prozent einbezogen. Würde man diese Kraftwerke modernisieren und ihren Energieverlust minimieren, könne man verhindern, dass die Landschaft durch den Bau neuer Kraftwerke zerstört würde.

Manuela Rosenthal-Kappi


Königsberger Zentrum soll Radwege erhalten
Stadtplaner stellen sich auf Bürger ein, doch der Fahrradlobby gehen die Pläne nicht weit genug

Im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft bemüht Königsberg sich um mehr europäische Standards. Nun wurden auch bei den Verkehrsregeln Änderungen vorgenommen, die im Einklang mit den europäischen Standards stehen. Die Autofahrer müssen einen Teil der Fahrbahn für Radwege abgeben und beim Abbiegen die Vorfahrt der Radfahrer beachten. Neben der Fahrbahn entstehen nun Radwege, die Autofahrern besonders an Kreuzungen mehr Aufmerksamkeit abverlangen. Außerdem wurde die Gültigkeit des Überholverbot-Verkehrszeichens auf Fahrräder ausgeweitet.

Radfahrer haben nach den neuen Verkehrsregeln aus Sicherheitsgründen jetzt offiziell das Recht, auf Gehwegen zu fahren. Mittlerweile gibt es eine reelle Chance auf ein eigenes Radwegnetz entlang der Hauptstraßen.

Die weit verbreitete Meinung, dass Königsberg keine Fahrrad-Infrastruktur habe, sei unbegründet, glaubt Chefarchitekt Wjatscheslaw Genne. Ihm zufolge ist das nächste Projekt der Bau eines Radwegs im Stadtzentrum entlang dem Hansaring [Prospekt Mira]. Diese Neuerung werde den Haushalt der Stadt nicht groß belasten. Man müsse nur die Bordsteine absenken und einen Streifen farblich von der Fahrbahn abtrennen. Zurzeit werden Radwege an den Straßen Borsowo und Friedländer Torplatz [Dserschinskogo] eingerichtet. Weitere werden beim Bau der neuen Straße nach Selma eingeplant. Diese werden mit etwa vier Kilometern die längsten sein. Bislang sind diese Radwege noch nicht miteinander verbunden, so dass die Radfahrer nicht von einem Stadtteil in den anderen gelangen können, ohne die stark befahrenen Straßen zu überqueren.

In Zukunft soll allerdings ein Radwegenetz entstehen. Den Radaktivisten, die sich seit Langem für die Interessen von Fahrradfahrern einsetzen, gehen die Pläne jedoch noch nicht weit genug.

Die bereits bestehenden Radwege werden von allen benutzt, von Fußgängern, Mopeds, Motorrollern und Müttern mit Kinderwagen, jedoch am wenigsten von Radfahrern.

In Königsberg gibt es verschiedene Klubs für Fahrradfahrer. Sie treffen sich meist abends am Brunnen gegenüber dem Theater, von wo aus sie in Gruppen von einigen Dutzend Radfahrern zu Touren aufbrechen. Meistens dauert eine solche abendliche Radtour anderthalb Stunden. Danach kehren die Teilnehmer zum Ausgangspunkt zurück und strömen von dort aus nach Hause.

Die Mehrheit der Städter betrachtet das Fahrrad nicht als alternatives Transportmittel. Es wird eher als Mittel zum Zeitvertreib oder als Sportgerät gesehen. Der soziologische Dienst der Stadt hat im Auftrag der Königsberger Stadtverwaltung eine Umfrage unter den Bewohnern Königsbergs über die Entwicklungsperspektive des Zentrums durchgeführt. Die Meinung der Bürger soll bei der Erstellung des Generalplans für die Stadtentwicklung bis zum Jahr 2035 berücksichtigt werden. Es stellte sich heraus, dass rund ein Drittel der Befragten keine Notwendigkeit für Radwege im Zentrum sieht. Nur 15 Prozent der Bewohner Königsbergs haben ein Fahrrad. Die meisten davon benutzen es gar nicht. Die Umfrage ergab aber auch, dass 43 Prozent der Königsberger ein Fahrrad nutzen würden, wenn es Radwege gäbe. Da es diese nicht gibt, halten sie den Kauf eines Fahrrads für überflüssig.

Jurij Tschernyschew


MELDUNGEN

BMW investiert in Königberg

Königsberg – Trotz rückläufiger Zahlen auf dem russischen Automobilmarkt im vergangenen Jahr hat der deutsche Autobauer BMW mit der russischen Firma „Avtotor“ einen Vertrag über den Bau einer Fabrik im Königsberger Gebiet abgeschlossen. Die Kosten in Höhe von umgerechnet 360 Millionen Euro teilen sich die beiden Firmen je zur Hälfte. Wie Avtotor-Präsident Valerij Draganow signalisierte, ist geplant, dass Avtotor in Bälde auch Modelle von Mercedes montiert. MRK

 

Neuer Kurort in Planung

Strobjehnen – Die Königsberger Regierung plant, aus Strobjehnen an der Ostsee einen Kurort mit modernen Einrichtungen zu machen. Pläne zur Bebauung sollen bereits vorliegen. Gouverneur Nikolaj Zukanow befürwortet den Bau von Hotels, Wellness-Zentren und Gesundheitseinrichtungen, auch Glücksspielhäuser sollen zugelassen werden. Laut Zukanow gibt es Investoren, die bereits in diesem Jahr mit den Bauarbeiten beginnen wollen. Das gesamte Gelände für die Kurzone umfasst 600 Hektar, die ersten 150 Hektar stehen für die Bebauung bereit. Die Bauarbeiten sollen insgesamt zehn Jahre dauern. Der Gouverneur geht davon aus, dass bis zur Austragung der Spiele der Fußballweltmeisterschaft 2018 Straßen zur Küste sowie die Uferbebauung vorhanden sein werden.

MRK

 

Überwachung per Video

Königsberg – 50 Überwachungskameras sollen in Königsberg aufgestellt werden, um die Stadt sicherer zu machen. Das gab die Verwaltung des Gebietsinnenministeriums bekannt. Die eingesetzten Videokameras werden mit runden Objektiven ausgestattet sein, die eine 360-Grad-Rundumsicht ermöglichen. An einigen Überwachungskamera-Standorten werden zusätzlich Notrufknöpfe eingerichtet, über die Hilfe gerufen werden kann. Bis Jahresende sollen 22 Überwachungskameras im Zentrum aufgestellt werden, weitere folgen in den angrenzenden Stadtteilen.

MRK

 

Militärmanöver an der Ostsee

Pillau – Die Baltische Flotte unternahm mehrtätige Manöver in der Nähe des Strandes der Seestadt Pillau. Mehrere Mannschaften trainierten in taktischen Übungen das Aufspüren feindlicher Unterseeboote mit Radar- und Satellitentechnik. Unterstützt wurden sie von Hubschraubern der Marineflieger.

MRK


S. 14 Ostpreussische Familie

Er hatte sein Wort gegeben
Warum sich zwei Männer einmal im Jahr zum Elf-Uhr-Schoppen treffen – Ein Loblied auf Ehre und Freundschaft

Ich hatte mich verspätet. Als ich endlich zum Bahnhof kam, sah ich gerade noch die Schlusslichter des Schnellzuges, der aus der Halle rollte.

Da stand ich nun, die Tasche mit den Prozessakten Kettler gegen Schulte – Vertragsbruch und Urkundenfälschung – in der Hand und ärgerte mich. Zu dumm. Was war zu tun, um den Gerichtstermin nicht zu versäumen?

Ich studierte den Fahrplan. Die einzige Möglichkeit, mein Ziel noch rechtzeitig zu erreichen, bot ein Umweg über eine Nebenstrecke. Personenzug natürlich. Mehr als eine Stunde Aufenthalt in irgendeiner Stadt.

Im gemächlich dahin ratternden Zug vertiefte ich mich noch einmal in die Prozessakten. Eine der üblichen Geschichten. Kettler hatte durch einen Geschäftsvertrag mit Schulte große finanzielle Verluste erlitten, weil der andere sein Vertrauen missbrauchte. Nun stand die Firma vor dem Konkurs. Schulte bestritt, seinen Partner betrogen zu haben. Aussage stand gegen Aussage. Mein Klient pochte auf seinen Vertrag. Doch sein Geld war weg, hatte sich in Luft aufgelöst.

Ich schob die Akten in die Tasche zurück und blickte zum Fenster hinaus.

Eine abwechslungsreiche Landschaft zog vorbei. Sanft ansteigende, besonnte Hügel, dichter dunkler Fichtenwald, Wiesen und Felder. Dazwischen Wege, von Schranken geschützt, an denen Frauen und winkende Kinder standen.

Die ersten Häuser und Gärten des Städtchens, in dem ich umsteigen musste, tauchten auf. Und plötzlich freute ich mich auf die Stunde Nichtstun, die vor mir lag. Ich bummelte durch die Straßen, betrachtete die hübschen alten Giebelhäuser und betrat schließlich eine gemütliche Weinstube am Bahnhofsplatz.

Ich glaubte, um diese Stunde der einzige Gast zu sein. Aber dann entdeckte ich zwei Männer in einer Nische. Einer von ihnen war von kräftiger Gestalt und hatte ein energisches Gesicht. Sein Begleiter, schlank und feinglied­rig, trug eine gold-gerandete Brille. Sie saßen vor einem Glas Wein und sprachen leise miteinander.

Von Zeit zu Zeit warfen sie einen Blick auf die alte Pendeluhr über dem Schanktisch. Als ein weicher, hell ausklingender Schlag die elfte Vormittagsstunde ankündigte, hoben die beiden ihr Glas, stießen wortlos miteinander an und tranken es aus. Der zierliche Herr mit der goldgefassten Brille rief den Wirt herbei und zahlte. Dann standen die beiden auf und verließen das Lokal.

Der Wirt hatte meinen erstaunten Blick bemerkt und trat an den Tisch heran. „Wahrscheinlich finden Sie das Verhalten der alten Herren etwas sonderbar“, meinte er lächelnd. „Die beiden gehören zu den Stammgästen meines Lokals. Aber einmal im Jahr, immer am gleichen Tag, nehmen sie dort in der Nische Platz, um ihren Elf-Uhr-Schoppen zu trinken.“

„Dann hat es mit diesem Schoppen wohl eine besondere Bewandtnis?“ fragte ich, neugierig geworden.

„Allerdings“, nickte der Wirt. „Wenn es Sie interessiert, erzähle ich Ihnen die Geschichte gern.“

Ich stimmte zu. Der Wirt setzte sich zu mir. „Die Angelegenheit liegt nun schon fast 20 Jahre zurück“, begann er. „Holzinger, der schlanke Herr mit der Brille, ist Inhaber der Stadtapotheke hier am Marktplatz. Seit seiner Schulzeit war er mit Franz Brinkmann befreundet, der Architekt wurde. Beide hatten in ihrem Beruf Erfolg. Holzinger vergrößerte seine Apotheke, Brinkmann gründete eine Baufirma. Nach einigen zufriedenstellend ausgeführten Aufträgen erhielt er den Zuschlag für die Errichtung einer Stadtrandsiedlung. Ein Millionenprojekt, wie Sie sich denken können.

Anfangs ging alles gut. Aber dann traten erste Schwierigkeiten auf. Brinkmann schien sich verkalkuliert zu haben. Er konnte die Zulieferfirmen nicht mehr bezahlen und lieh sich, als er nicht mehr weiter wusste, einen größeren Geldbetrag von seinem Freund Holzinger.“

Der Wirt machte eine kleine, bedeutungsvolle Pause. „Doch damit war der Zusammenbruch des Unternehmens nicht mehr zu verhindern. Eines Tages verschwand Brinkmann spurlos. Er hatte zwar alle laufenden Verpflichtungen erfüllt – war jedoch Holzinger das geliehene Geld schuldig geblieben.

Der Verlust wog schwer. Holzinger musste seine Apotheke verkaufen. Aber er trug den Schicksalsschlag mit Gelassenheit. Dafür wurde er bewundert. Die allgemeine Meinung änderte sich allerdings, als bekannt wurde, dass Brinkmann seinen Freund noch einmal besucht hatte, bevor er sich ins Ausland absetzte.

Er hatte Holzinger sein Wort darauf gegeben, eines Tages wiederzukommen, um seine Schuld auf Heller und Pfennig zurück zu zahlen. Der Apotheker glaubte fest an dieses Versprechen. Geduldig wartete er auf Brinkmanns Rückkehr. Wenn es seine Zeit erlaubte, ging er vormittags zum Bahnhof. Denn um elf Uhr traf der Schnellzug ein, der einmal am Tag bei uns hielt.

Doch Holzingers Erwartungen wurden auf eine harte Probe gestellt. Man begann, ihn zu bedauern, hielt ihn letztlich für einen Narren und schloss sogar Wetten darüber ab, ob Brinkmann jemals zurückkommen würde. Nur wenige setzten auf diese Möglichkeit.

Allmählich erlosch das Interesse der Leute und wich spöttischem Achselzucken, wenn Holzingers Name genannt wurde. Es war nicht verborgen geblieben, dass er unglaublich leichtsinnig gehandelt hatte. Er besaß nicht mal einen Schuldschein mit Brinkmanns Unterschrift. Seine unerschütterliche Zuversicht gründete sich lediglich auf einen Handschlag und dem Versprechen des Freundes, eines Tages wiederzukommen.

Fast sieben Jahre waren seitdem vergangen. An einem regnerischen Spätsommertag stand Holzinger wieder auf dem Bahnsteig. Pünktlich lief der Schnellzug ein. Nur ein einziger Reisender stieg aus. Eine hochgewachsene, kräftige Gestalt. Das Gesicht unter dem breitkrempigen Hut war von Sonne und Wind gegerbt: Franz Brinkmann!

Die beiden Freunde eilten aufeinander zu und umarmten sich. Sie kamen in die Weinstube und saßen in der Nische dort drüben zusammen. Brinkmann war als erfolgreicher, wohlhabender Architekt aus Amerika heimgekehrt. Er zahlte Holzinger das geliehene Geld mit Zins und Zinseszins zurück.

Seitdem treffen sich die beiden einmal im Jahr an diesem bedeutungsvollen Tag bei mir und trinken einen Schoppen Wein miteinander – genau um 11 Uhr, zur Ankunftszeit des Schnellzuges ...“

Die Geschichte klang noch in mir nach, als ich wieder im Zug unterwegs war. Ich dachte an die bevorstehende Gerichtsverhandlung, die Kettler zu seinem Recht verhelfen sollte. Auch er hatte sich, ebenso wie Holzinger, auf eine Zusage verlassen, die ihm sogar schriftlich gegeben worden war.

Doch ein Vertrag, in unredlicher Absicht verfasst, blieb im Grunde genommen ein wertloses Stück Papier. Wie viel mehr wog dagegen das Wort eines Mannes, das ihm, durch einen Handschlag besiegelt, zur unausweichlichen Verpflichtung wurde.

Albert Loesnau


Liebe Leserinnen und Leser,

die Redaktion der Preußischen Allgemeinen Zeitung ist stolz, mit Ruth Geede die älteste noch tätige Journalistin der Welt in ihren Reihen zu haben. Dabei sind es nicht allein preußische Pflichterfüllung und ein selbst im hohen Alter nicht erlahmender Schaffensdrang, sondern es ist die Verbundenheit mit „ihren“ Ostpreußen, die sie auch im 99. Lebensjahr noch immer Tag für Tag am Schreibtisch sitzen lässt. Ihr Wirken geht weit über das gedruckt Nachlesbare hinaus, stellt sie doch gern nicht nur Landsleuten ihr unerschöpfliches Wissen über Ostpreußen zur Verfügung.

Seit Jahrzehnten erscheint in unserer Zeitung wöchentlich aus ihrer Feder die „Ostpreußische Familie“. In dieser Ausgabe suchen Sie die Kolumne allerdings vergeblich. Doch kein Grund zur Sorge, Ruth Geede hat die Feder nicht aus der Hand gelegt. Auch die Unermüdliche muss lediglich einmal eine längst verdiente Pause einlegen. Danach wird sie sich wieder an alter Stelle und in gewohnter Weise ihrer „Ostpreußischen Familie“ widmen.


Motive von der Nehrung
Ursula Koschinsky nun Thema einer Biografie von Heinrich Otten

Heinrich Otten hat seine bisherigen fünf Aufsätze zum Werk der aus Königsberg stammenden Malerin Ursula Koschinsky zu einem respektablen, mit 180 Farbbildern versehenen Band erweitert. Das Großformat erlaubt zum Teil ganzseitige Ausschnitte von den meist christlichen Motiven, aber auch profanen Arbeiten in zeitgemäßer Formensprache.

Otten stellt einleitend mit manchen Details den Lebenslauf der 1923 in Königsberg geborenen späteren Künstlerin vor: Ferien­aufenthalte auf der Kurischen Nehrung, Besuch der Königin-Luise-Schule, nach dem Abitur Arbeitsdienst bei Lyck. Gegen Kriegs­ende half Ursula Koschinsky als Schwesternhelferin im Lazarett. Die Flucht, teils über die Ostsee, führte zunächst nach Flensburg und dann nach Randegg im Hegau. Ihre Ausbildung als Malerin erhielt sie an der Landeskunstschule in Hamburg. Die Lehrbefähigung für das Fach Kunst ermöglichte ab 1972 den „Broterwerb“ an der St.-Ursula-Schule von Geisenheim im Rheingau.

Die ersten großen Aufträge kamen von ihren Landsleuten. In Helle bei Balve im Westfälischen hatten die Ermländer 1952 ein ausgedientes Barackenlager erworben, um dort ermländische Lehrlinge auszubilden. Ursula Koschinsky übernahm für die Kapelle dieses Maximilian-Kaller-Heims die Gestaltung einer 21 Quadratmeter großen Fläche als „Passionswand“ Christi. Dazu kamen ein Altarfenster und ein zehn Quadratmeter großes Wandbild in der Sakristei. Ein Gutachten des bischöflichen Ordinariats in Paderborn hielt fest, „dass der schwarze Nimbus Christi“ nicht tragbar sei. Aber: „Die Art der Darstellung ist erklärlich aus dem furchtbaren Erleben der Vertriebenen.“

Für die Kollegkirche des „Vaterhauses der Vertriebenen“ in Königstein gestaltete Koschinsky das Dorotheen-Wandmosaik. Dorothea von Montau (1347–1394), die Mystikerin und spätere Klausnerin in Marienwerder, wird gemäß einer Predigt von Kardinal Joseph Aloisius Ratzinger vorgestellt als Frau und Mutter, Pilgerin sowie „wortlose unsagbare Liebe“.

Es versteht sich fast von selbst, dass Ursula Koschinsky Motive von der Kurischen Nehrung nahm, den Dom von Frauenburg und St. Katharina in Braunsberg sowie den der Kirche von Wormditt malte. Ihr Werk begegnet einem unter anderem im hessischen Allendorf, Dillingen an der Donau, Bietingen und Randegg. Das Buch beschließen ein kurzes Wort des Herausgebers Dietrich Kretschmann sowie ein Verzeichnis des Schrifttums und der Abbildungen. Norbert Matern

Heinrich Otten: Die Malerin Ursula Koschinsky. Leben und Werk einer Königsbergerin, dk-galerie-verlag, Berlin 2014, 180 Abbildungen, 144 Seiten, kart. Großformat, 25 Euro.


Kurze Geschichte Labiaus
Ausstellungseröffnung im Königsberger Gebietsarchiv

Vorletzten Donnerstag wurde in Königsberg nach einjähriger Vorbereitung und in Anwesenheit des Sprechers der Landsmannschaft Ostpreußen, Stephan Grigat, die Ausstellung „Kurze Geschichte Labiaus“ eröffnet.

Die Idee zu diesem gemeinsamen Projekt des Königsberger Staatsarchivs und der LO ist ein Kind des Deutsch-Russischen Forums „Zukunft braucht Vergangenheit“, das unter Leitung des LO-Bundesvorstandsmitglieds Brigitte Stramm bereits sechsmal an wechselnden Orten im Königsbeger Gebiet und im Bundesgebiet zu Fragen des russisch-ostpreußischen Austausches getagt hat: Teilnehmer hatten diese Idee eines ersten gemeinsamen Projekts während der Tagungen vorgebracht.

Die Ausstellung ist vom Direktor des Kulturzentrums Ostpreußen, Wolfgang Freyberg, konzipiert und in die Tat umgesetzt worden. Ausstellungsort ist zunächst das Staatsarchiv in Königsberg, das neben der Landsmannschaft Projektträger ist. Im Staatsarchiv in der Luisenallee [ul. Komsomolskaja] wird die Ausstellung zunächst bis Ende Juni dieses Jahres gezeigt. Danach soll die Ausstellung im nördlichen Ostpreußen wandern und an verschiedenen Orten, natürlich zuerst in Labiau, gezeigt werden.

Zu Beginn der Eröffnungsveranstaltung, die eine erfreulich große Beachtung der Öffentlichkeit auf sich zog, begrüßten die Archivdirektorin Alla Fjodorova und LO-Sprecher Stephan Grigat die Anwesenden, bevor Brigitte Stramm als Labiauer Kreisvertreterin und Wolfgang Freyberg als fachlicher Leiter in die Ausstellung und damit in die Labiauer Geschichte einführten.

Über die Veranstaltung wurde auch im örtlichen Fernsehen berichtet. PAZ


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 98. GEBURTSTAG

Bux, Otto, aus Sensburg, Kreis Lyck, am 3. Mai

ZUM 97. GEBURTSTAG

Borris, Siegfried, aus Neuendorf, Kreis Lyck, am 4. Mai

Gretzki, Frieda, geb. Bialluch, aus Rummau, Kreis Ortelsburg, am 17. April

Para, Frieda, geb. Danielzik, aus Grünwalde, Kreis Ortelsburg, am 6. Mai

ZUM 96. GEBURTSTAG

Gurgsdies, Kurt, aus Ansorge, Kreis Elchniederung, am 8. Mai

ZUM 95. GEBURTSTAG

Hoffmann, Else, geb. Buczilowski, aus Waldwerder, Kreis Lyck, am 4. Mai

Hohmann, Irma, geb. Bondzio, aus Lyck, am 4. Mai

Schulz, Emmi, geb. Marschewski, aus Thalheim, Kreis Neidenburg, am 4. Mai

Turowski, Erich, aus Reinkental, Kreis Treuburg, am 4. Mai

ZUM 94. GEBURTSTAG

Fratzscher, Ilse, geb. Keibel, aus Germau, Kreis Samland, am 4. Mai

Krüger, Lydia, geb. Meyer, aus Bunhausen, Kreis Lyck, am 3. Mai

Markowski, Gertrud, geb. Sostak, aus Draheim, Kreis Treuburg, am 5. Mai

Pingel, Konrad, aus Graiwen, Kreis Lötzen, am 8. Mai

Seestädt, Franz, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 7. Mai

ZUM 93. GEBURTSTAG

Bartelt, Horst, aus Treuburg, am 4. Mai

Hoffmann, Hildegard, geb. Machmüller, aus Ebenrode, am 5. Mai

Lagerpusch, Helmut, aus Ostseebad Cranz, Kreis Samland, am 5. Mai

Müller, Kurt, aus Bürgersdorf, Kreis Wehlau, am 3. Mai

Packeiser, Eva, geb. Gromball, aus Rauschen Kreis Samland, am 2. Mai

Seckner, Hildegard, geb. Laabs, aus Petersdorf, Kreis Wehlau, am 3. Mai

Sedlack, Lisbeth, aus Wohren, Kreis Ebenrode, am 8. Mai

Tatzko, Babeth, aus Vorbergen, Kreis Treuburg, am 3. Mai

Theiß, Hedwig, geb. Wisotzki, aus Lyck, Morgenstraße 22, am 7. Mai

ZUM 92. GEBURTSTAG

Benz, Hildegard, geb. Laurin, aus Skören, Kreis Elchniederung, am 8. Mai

Hoffmann, Günter, aus Tölteninken, Kreis Wehlau, am 3. Mai

Huber, Hildegard, geb. Dubbin, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 3. Mai

Kurschat, Heinz, aus Lesgewangen, Kreis Tilsit-Ragnit, am 5. Mai

Ratzmann, Lydia, geb. Ludwanowski, aus Lyck, Königin-Luisen-Platz 3, am 3. Mai

Simniok, Edelgard, aus Kobilinnen, Kreis Lyck, am 3. Mai

Stiegler, Eva, geb. Rossbach, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 3. Mai

Turowski, Hans-Georg, aus Lindenfließ, Kreis Lyck, am 4. Mai

Winter, Hildegard, geb. Klein, aus Rohren, Kreis Ebenrode, am 8. Mai

ZUM 91. GEBURTSTAG

Czerwonka, Gertrud, aus Lyck, v. Linsingen-Straße 9, am 9. Mai

Günther, Ilse-Dore, geb. Schneider, aus Rudau, Kreis Samland, am 2. Mai

Hansen, Erika, geb. Assmann, aus Amalienhof, Kreis Ebenrode, am 7. Mai

Heinze, Elfriede, geb. Eckstein, aus Partheinen/Wärterh. 89, Kreis Heiligenbeil, am 5. Mai

Krueger, Hildegard, geb. Pukropski, aus Schiemanen, Kreis Neidenburg, am 8. Mai

Plant, Ingrid, aus Wehlau, am 8. Mai

Quassowsky, Ilse, aus Kisschken, Kreis Ebenrode, am 7. Mai

Vollard-Bockelberg, Giesela von, aus Pillau, am 6. Mai

ZUM 90. GEBURTSTAG

Bartels, Anneliese, geb. Lask, aus Schelasken, Kreis Lyck, am 4. Mai

Böhm, Wilfried, aus Adlershorst, Kreis Neidenburg, am 3. Mai

Christian, Fritz, aus Partheinen/Mükühnen, Kreis Heiligenbeil, am 4. Mai

d’Erceville, Irmgard, geb. Wiechert, aus Neukirch, Kreis Elchniederung, am 5. Mai

Funk, Agnes, geb. Przygodda, aus Weißengrund, Kreis Ortelsburg, am 9. Mai

Duscha, Margarete, aus Polennen, Kreis Samland, am 4. Mai

Kerbst, Heinz, aus Dannenberg, Kreis Elchniederung, am 5. Mai

Scherotzki, Hans, aus Stradaunen, Kreis Lyck, am 8. Mai

Wank, Christa, aus Bartenstein, am 19. April

ZUM 85. GEBURTSTAG

Becker, Gerda, geb. Preuß, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 9. Mai

Blankenagel, Dorothea, geb. Rattay, aus Neuhausen, am 6. Mai

Blessing, Helga, geb. Kendziorra, aus Peyse, Kreis Samland, am 7. Mai

Dexel, Ilse, geb. Lendzian, aus Watzum, Kreis Samland, am 1. Mai

Dumke, Ursula, geb. Kotzan, aus Walden, Kreis Lyck, am 7. Mai

Ehrhard, Gerda, geb. Karohs, aus Damerau, Kreis Ebenrode, am 4. Mai

Fankhauser, Hildegard, geb. Salewski, aus Neidenburg, am 8. Mai

Fechner, Helga, geb. Meyer, aus Ostmoor, Kreis Tilsit-Ragnit, am 6. Mai

Förster, Elli, geb. Schneidereit, aus Grünwiese, Kreis Heiligenbeil, am 6. Mai

Förster, Erika, geb. Aschmonat, aus Rogonnen, Kreis Treuburg, am 5. Mai

Gustafson, Edith, geb. Besmehn, aus Tawe, Kreis Elchniederung, am 5. Mai

Kämmereit, Christel, geb. Gottschalk, aus Neukirch, Kreis Elchniederung, am 6. Mai

Känel, Elfriede von, geb. Neumann, aus Fronicken, Kreis Treuburg, am 3. Mai

Kempka, Gerda, geb. Nemheim, aus Wehlau, am 7. Mai

Kensy, Heinz-Wilhelm, aus Groß Schiemanen, Kreis Ortelsburg, am 7. Mai

Kinzel, Gerda, geb. Noetzel, aus Sköpen, Kreis Elchniederung, am 5. Mai

Kittig, Walda, geb. Pudellek, aus Albrechtsfelde, Kreis Treuburg, am 4. Mai

Leonhardt, Herta, geb. Wenz, aus Ebenrode, am 8. Mai

Marwede, Marlene, geb. Glaser, aus Korschen, Kreis Rastenburg, am 7. Mai

Narkus, Paul, aus Robkojen, Kreis Tilsti-Ragnit, am 27. April

Nötzel, Siegfried, aus Ebendorf, Kreis Ortelsburg, am 5. Mai

Olomski, Erich, aus Neidenburg, am 6. Mai

Pflugbeil, Ruth, geb. Aschmonat, aus Rogonnen, Kreis Treuburg, am 5. Mai

Piork, Elfriede, geb. Telczan, aus Siegersfeld, Kreis Lyck, am 8. Mai

Pophal, Irmgard, geb. Korzen, aus Willenberg, Kreis Ortelsburg, am 6. Mai

Primke, Inge, geb. Thal, aus Windkeim, Kreis Heiligenbeil, am 2. Mai

Schmidt, Margarete, geb. Mex, aus Treuburg, am 7. Mai

Strauch, Elisabeth, geb. Grunwald, aus Korschen, Kreis Rastenburg, am 6. Mai

Tinney, Gustav, aus Groß Degesen, Kreis Ebenrode, am 9. Mai

Ziener, Gerhard, Dr., aus Moterau, Kreis Wehlau, am 5. Mai

ZUM 80. GEBURTSTAG

Behre, Irmgard, geb. Kulschewski, aus Grabnick, Kreis Lyck, am 7. Mai

Bemeleit, Rotraut, geb. Gronau, aus Legehnen, Kreis Samland, am 2. Mai

Birner, Irmgard, geb. Horn, aus Kalgendorf, Kreis Lyck, am 6. Mai

Brandenburg, Ingeborg, geb. Murawski, aus Bartendorf, Kreis Lyck, am 5. Mai

Bücher, Irmgard, geb. Urmoneit, aus Dreisiedel, Kreis Tilsit-Ragnit, am 2. Mai

Buick, Herta, geb. Haack, aus Quilitten, Kreis Heiligenbeil, am 9. Mai

Dembrowski, Hans, aus Passenheim, Kreis Ortelsburg, am 7. Mai

Dramm, Wolfgang, aus Klein Rödersdorf, Kreis Heiligenbeil, am 4. Mai

Dwenger, Erna, geb. Kecker, aus Palmnicken, Kreis Samland, am 8. Mai

Ewert, Emmi, geb. Olbricht, aus Ittau, Kreis Neidenburg, am 8. Mai

Fischer, Siegfried, aus Ragnit, Kreis Tilsit-Ragnit, am 9. Mai

Friedrich, Martin, aus Neusiedel, Kreis Tilsit-Ragnit, am 5. Mai

Grauenhorst, Elfriede, geb. Schumacher, aus Powayen, Kreis Samland, am 1. Mai

Kalinka, Ingrid, geb. Gronau, aus Legehnen, Kreis Samland, am 2. Mai

Klein, Erich, aus Grieben, Kreis Ebenrode, am 4. Mai

König, Elsbeth, aus Wabbeln, Kreis Ebenrode, am 7. Mai

Koslowski, Günter, aus Treuburg, am 3. Mai

Krause, Ulrich, aus Rogonnen, Kreis Treuburg, am 4. Mai

Kühne, Christel, geb. Burry, aus Malshöfen, Kreis Neidenburg, am 6. Mai

Müller, Gertraud, geb. Kompsch, aus Lyck, am 3. Mai

Natrup, Ursel, geb. Burdinski, aus Fröhlichshof, Kreis Ortelsburg, am 8. Mai

Penski, Ulrich, aus Grünheide, Kreis Treuburg, am 4. Mai

Pieper, Arno, aus Sammelhofen, Kreis Tilsit-Ragnit, am 5. Mai

Pusback, Jenca, geb. Kröhnert, aus Alt Seckenburg, Kreis Elchniederung, am 8. Mai

Redder, Hilde, geb. Hoffmann, aus Bladiau, Kreis Heiligenbeil, am 8. Mai

Riedel, Gerhard, aus Goldschmiede, Kreis Samland, am 5. Mai

Rosenberger, Heinz, aus Altbruch, Kreis Ebenrode, am 4. Mai

Schlömp, Siegfried, aus Königsberg-Rossgarten, am 7. Mai

Schmidt, Walter, aus Neidenburg, am 9. Mai

Schwermer, Eva, geb. Gerundt, aus Allenburg, Kreis Wehlau, am 5. Mai

Seier, Ruth, geb. Madeia, aus Freidorf, Kreis Neidenburg, am 3. Mai

Sperling, Frieda, aus Rundfließ, Kreis Lyck, am 5. Mai

Stanko, Gerhard, aus Blumental, Kreis Lyck, am 8. Mai

Todtenhöfer, Siegfried, aus Ebenrode, am 6. Mai

Turowski, Brigitta, geb. Kassing, aus Treuburg, am 6. Mai

Zilch, Hannelore, geb. Fischer, aus Mogahnen, Kreis Samland, am 1. Mai

Zöllmer, Johann, aus Friedrichsdorf, Kreis Wehlau, am 5. Mai

ZUM 75. GEBURTSTAG

Böttcher, Erika, geb. Schwede, aus Skören, Kreis Elchniederung, am 6. Mai

Braunger, Dorothea, aus Königsberg, am 16. April

Bridszuhn, Walter, aus Groß Rominten, Kreis Goldap, am 6. Mai

Grust, Manfred, aus Sargensee, Kreis Treuburg, am 7. Mai

Hibsch, Helga, geb. Katzmarski, aus Wallen, Kreis Ortelsburg, am 7. Mai

Hübner, Anneliese, geb. Lopian, aus Schwiddern, Kreis Treuburg, am 4. Mai

Jeschke, Herbert, aus Groß Fried-richsdorf, Kreis Elchniederung, am 5. Mai

Köck, Erika, geb. Köck, aus Lindenau, Kreis Samland, am 1. Mai

Kossmann, Erich, aus Anglienen, Kreis Samland, am 7. Mai

Kretschmar, Klaus, aus Tölteninken, Kreis Wehlau, am 7. Mai

Markau, Toni, geb. Galleinus, aus Heideckshof, Kreis Elchniederung, am 3. Mai

Müller, Renate, geb. Karrasch, aus Wehlau, am 6. Mai

Neumann, Marianne, geb. Alex, aus Canditten, Kreis Preußisch Eylau, am 4. Mai

Packmohr, Manfred, aus Pollwitten, Kreis Samland, am 1. Mai

Störp, Herbert, aus Biothen, Kreis Wehlau, am 7. Mai

Taulien, Ernst, aus Alexwangen, Kreis Samland, am 3. Mai

Toffel, Hugo, aus Kaunen, Kreis Neidenburg, am 4. Mai

Wittke, Willy, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 2. Mai

Diamantene Hochzeit

Sahm, Gerhard, aus Tharau, Kreis Preußisch Eylau, und Ehefrau Irmgard, geb. Arndt, aus Schwengels, Kreis Heiligenbeil, am 18. April


S. 16-18 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BUND JUNGES OSTPREUSSEN

Vorsitzender: Stefan Hein, Gst.: Buchtstr. 4, 22087 Hamburg, Tel.: (040) 4140080, E-Post: kontakt@junge-ostpreussen.de, www.junge-ostpreu­ssen.de.

BJO-Sommerfahrt vom 21. Juli bis 1. August 2014 nach Nordostpreußen mit Besuchen in Königsberg, Trakehnen, auf der Kurischen Nehrung und in der Rominter Heide. Die vollständige Einladung mit allen Einzelheiten ist unter www.junge-ostpreussen.de zu finden. Anmeldeschluss: 20. Juni 2014 (Visapflicht).

 

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Landesgruppe – 17./18. Mai: Deutschlandtreffen der LM Ostpreußen in Kassel. 12. bis 18. Mai: Busfahrt der Landesgruppe zusammen mit der AdM Mannheim. Fahrt nach Holland in den Frühlingspark Keukenhof und zum Deutschlandtreffen der Ostpreußen in Kassel. Bitte umgehend anmelden bei Uta Lüttich, 70192 Stuttgart, Feuerbacher Weg 108, Telefon (0711) 854093 oder Uwe Jurgsties, Kirschblütenweg 13, 68542 Heddesheim, Telefon (06203) 43229. – Sonnabend, 3,/Sonntag 4. Mai, Bad Mergentheim: Delegierten- und Kulturtagung mit einer Preußischen Tafelrunde und einem reichhaltigen kulturellen Programm. Die Landesgruppe Westpreußen organisiert eine Busfahrt von Stuttgart nach Bad Mergentheim mit Zusteigemöglichkeiten in Pforzheim, Ludwigsburg, Heilbronn. Der Pauschalbetrag wird mit 40 Euro veranschlagt. Dieser beinhaltet das gemeinsame Essen der Tafelrunde sowie Busfahrt und Eintrittspreise. Die Vorsitzenden der Gruppen werden gebeten, an der Tagung teilzunehmen. Nähere Auskünfte und Anmeldung bei Hans-Werner Schwalke, Wilhelm-Stähle-Straße 8, 70736 Fellbach, Telefon (0711) 512907, Fax (0711) 5160341.

Lahr – Donnerstag, 8. Mai, Zum Zarko, Schillerstraße 3: Die Gruppe trifft sich zum Stammtisch.

Ludwigsburg – Für das Deutschlandtreffen am 17./18. Mai in der Messe Kassel bietet die Landesgruppe eine Busfahrt vom 12. bis 18. Mai mit vorherigem Besuch von Rotterdam, Den Haag, Gouda, Keukenhof und Amsterdam in Holland an.

Reutlingen – Sonnabend, 3. Mai, 14 Uhr, Treffpunkt für Ältere, Gustav-Werner-Straße 6a: Frühlingsfest. Das Programm gestalten das Orchester „Zweite Lebenshälfte“ mit der Sängerin Anne Munding unter der Leitung von Herbert Sieren aus Pfullingen sowie ein Filmvortrag von Peter Jermann: „Rückblick LO 2013“. Weitere interessante Unterhaltungen bei Kaffee und Kuchen. Die Gruppe freut sich auf ihr schönes Frühlingsfest und lädt herzlich ein. Informationen über die Fahrt zum Ostpreußentreffen nach Kassel stehen auch auf der Tagesordnung. – Die Gruppe fährt zum großen Heimattreffen aller Ostpreußen aus nah und fern nach Kassel. Das Treffen findet vom 17. bis 18. Mai in der Messe Kassel statt. Die Fahrt geht ab Reutlingen vom 16. bis 19. Mai, also vier Tage mit drei Übernachtungen mit Frühstück in das Viersterne Waldhotel Schäferberg Espenau bei Kassel. Leistungen: Busfahrt, drei Übernachtungen, dreimal Frühstücksbüffet. Der Transfer zur Messe zum Heimattreffen ist inklusive. Am Tag der Anreise ist noch eine Stadtrundfahrt in Kassel und die Besichtigung der Wilhelmshöhe geplant. Auch für Sonntag, 18. Mai, nach dem Treffen wird es noch eine Überraschung geben. Am Montag, 19. Mai, wird die Gruppe nach dem Frühstück auf der Heimfahrt den Edersee besuchen. Nach Absprache ist eine Schifffahrt möglich. Die Kosten für Fahrt, Übernachtung und Frühstück betragen 300 Euro pro Person. Alle Landsleute und Freunde der unvergessenen, verlorenen Heimat sind herzlich eingeladen mitzufahren, denn: Ostpreußen lebt! Weitere Auskunft bei Ilse Hunger, Telefon (07121) 52541. Es sind noch Plätze frei. Es werden wieder interessante und unvergessliche Tage werden.

Stuttgart – Donnerstag, 8. Mai, 14.20 Uhr, Haus der Heimat, Großer Saal, Schloßstraße 92: Jahreshauptversammlung der Kreisgruppe mit Berichten des 1. Vorsitzenden, des Kassenwarts, der Leiterin der Frauengruppe und der Kassenprüfer. Anschließend Aussprache und Antrag auf Entlastung für das Jahr 2013. Anschließend wird ein Film über Ostpreußen gezeigt. Gäste sind herzlich willkommen.

Ulm/Neu-Ulm – Sonnabend, 10. Mai, 14.30 Uhr, Ulmer Stuben: Monatliches Treffen. – Mittwoch, 15. Mai, 19 Uhr, Wengenkirche Ulm: Schlesische Maiandacht.

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Altmühlfranken – Sonnabend, 17., bis Sonntag, 18. Mai: Deutschlandtreffen der Ostpreußen in Kassel. Gemeinsame Fahrt mit dem Reisebus nach Kassel.

Ansbach – Sonnabend, 10. Mai, 15 Uhr, Orangerie: Filmvortrag „Die pommersche Ostseeküste“. Gemütliches Beisammensein.

16. bis 18. Mai: Fahrt nach Kassel zum Ostpreußentreffen.

Bamberg – Mittwoch, 21. Mai, 15 Uhr, Hotel Wilde Rose, Keßlerstraße: Monatstreffen. Muttertagsfeier mit Kaffee und Kuchen, dazu Geschichten zum Muttertag in Ostpreußen.

Erlangen – Donnerstag, 8. Mai, 15.45 Uhr, Freizeitzentrum Frankenhof, Südliche Stadtmauerstraße 35, Raum 20: Vortrag von Pfarrer Klaus Plorin: „Aus der Geschichte Ostpreußens“. Gäste sind herzlich willkommen.

Ingolstadt – Sonntag, 18. Mai, 14.30 Uhr, Gasthaus Bonschab, Münchener Straße 8: Monatliches Heimattreffen.

Landshut – Dienstag, 20. Mai, 14 Uhr, Insel: Zusammenkunft der Gruppe.

München – Jeden Montag, 18 bis 20 Uhr, Haus des Deutschen Ostens: Ostpreußischer Sängerkreis. Kontakt: Dr. Gerhard Gräf, Offenbachstraße 60, 85598 Baldham, Telefon (08106) 4960. – Freitag, 9. Mai, 14 Uhr, Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 9, 81669 München: Zusammenkunft der Frauengruppe zur Muttertagsfeier. – Sonnabend, 17. Mai, 14 Uhr, Ostbahnhof: Treffen am Ostbahnhof zum Besuch des Kartoffelmuseums in der Grafinger Straße 2 in München.

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Rastenburg – Sonntag, 4. Mai, 15 Uhr, Restaurant Stammhaus, Rohrdamm 24B, 13629 Berlin. Anfragen bei Martina Sontag, Telefon (033232) 188826.

Frauengruppe – Mittwoch, 14. Mai, 13.30 Uhr, Pflegestützpunkt, Wilhelmstraße 116–117, 10963 Berlin: Muttertag mit Beiträgen der Frauen. Anfragen bei Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Angerburg/Darkehmen/Goldap – Donnerstag, 22. Mai, 14 Uhr, Restaurant Oase Amera, Borussiastraße 62, 12102 Berlin: Muttertag. Anfragen bei bei Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Königsberg/Samland/Labiau – Donnerstag, 22. Mai, 14 Uhr, Johann-Georg-Stuben, Johann-Georg-Straße 10, 10709 Berlin: Treffen der Gruppen. Anfragen bei Professor Wolfgang Schulz, Telefon (030) 2515995.

Lyck – Sonnabend, 31. Mai, 15 Uhr, Kleiner Ratskeller, Am Rathaus 9, 10825 Berlin: Treffen der Gruppe. Anfragen bei Peter Dziengel, Telefon (030) 8245479.

Tilsit-Ragnit/Tilsit-Stadt – Sonnabend, 31. Mai, 15 Uhr, Ratskeller Charlottenburg, Otto-Suhr-Allee 102, 10585 Berlin. Anfragen bei Hermann Trilus, Telefon (03303) 403881.

 

BREMEN

Vorsitzender: Helmut Gutzeit, Telefon (0421) 25 09 29, Fax (0421) 25 01 88, Hodenberger Straße 39 b, 28355 Bremen. Stellvertrende Vorsitzende: Marita Jachens-Paul, Ratiborer Straße 48, 27578 Bremerhaven, Telefon (0471) 86176. Landesgeschäftsführer: Jörg Schulz, Am Anjes Moor 4, 27628 Uthlede, Telefon (04296) 74 77 01.

Bremen – Bericht von der Jahreshauptversammlung – Mit mehr als 40 Teilnehmern war die Hauptversammlung erfreulich gut besucht. Der Vorstand bedankt sich für die erneut zum Ausdruck gebrachte Anerkennung der Mitglieder und die einstimmig erteilte Entlastung. Gerda Steffens wurde als bisherige Kassenführerin mit großem Dank der Anwesenden aus ihrem Amt verabschiedet. Als neue Kassenführerin wurde die im Memelland gebürtige Helga Laugallies gewählt, die sich erfreulicherweise bereitfand, dieses Amt neben ihrer Berufstätigkeit anzunehmen. Auf allen übrigen Positionen wurden die bisherigen Amtsinhaber wiedergewählt. – Die gemeinsame Busreise zum Deutschlandtreffen in Kassel findet mit 30 Teilnehmern statt. Da die Gruppe dort auch einen Verkaufs- und Ausstellungsstand betreiben wird und entsprechende Vorbereitungen zu treffen sind, bietet sie im Frühjahr keine weitere Veranstaltung an. – Das Spargelessen der Frauengruppe, zu dem alle Mitglieder und Freunde der Landsmannschaft herzlich eingeladen sind, findet in diesem Jahr am 3. Juni um 12. 30 Uhr im Bollener Dorfkrug, Bollener Landstraße 38, 28832 Achim, statt. Alle Mitglieder und Freunde der Landsmannschaft sind herzlich eingeladen. Es gibt Spargelsuppe mit Mettbällchen, Stangenspargel, Sauce Hollandaise oder Butter, Salzkartoffeln sowie Schnitzel, Schinken und Eisdessert mit heißen Kirschen, alles satt. Treffpunkt ist um 12 Uhr am neuen Bahnhof in Bremen-Mahndorf an der Endhaltestelle der BSAG-Linien 38, 39, 40, 41 und 44. Unser Reisepartner JWD-Reisen bietet den Teilnehmern zum Preis von sechs Euro einen Zubringer vom Treffpunkt zum Lokal und wieder zurück. Der Treffpunkt ist auch mit der Bundesbahn vom Hauptbahnhof sowie mit den BSAG-Linien 1 und 37, deren Endhaltestelle sich auf der gegenüberliegenden Seite der Bahn befindet, sehr günstig zu erreichen. Nach dem Essen besteht Gelegenheit zu einem Spaziergang auf dem Deich und zur Weser. Bei Kaffee und Kuchen soll der Ausflug gegen 16.30 Uhr beschlossen werden. Dann erfolgt der Rücktransfer zum Bahnhof Bremen-Mahndorf. Der Preis für das Essen beträgt zirka 24 bis 25 Euro, je nach Tagespreis. Anmeldungen bitte bis spätestens bis zum 30. Mai bei Frau Richter, Telefon 405515.

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Kippingstr. 13, 20144 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Fried-rich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

KREISGRUPPE

Insterburg – Die Gruppe trifft sich jeden 1. Mittwoch im Monat (außer Januar und Juli) mit Liedern und kulturellem Programm um 12 Uhr, Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123–125. Kontakt: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg. Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

SALZBURGER VEREIN

Sonnabend, 17. Mai, 13 Uhr, Hotel St. Raphael, Adenauerallee 41: Treffen der Gruppe. Vortrag: „Preußisch-Litauen – Hauptansiedlungsgebiet der Salzburger Emigranten 1732“.

 

HESSEN

Vorsitzender: Eberhard Traum, Wächtersbacherstraße 33, 63636 Brachtal, Telefon (06053) 708612.

Darmstadt-Dieburg – Sonnabend, 3. Mai, 15 Uhr, Bürgerhaus am See, Grundstraße 10, Neu-Kranichstein: Treffen der Gruppe. Nach dem Kaffeetrinken lautet das Motto „Fröhlich in den Frühling“. Unter musikalischer Begleitung wird mit Gesang, Gedichten und kleinen Geschichten der Lenz begrüßt.

Kassel – Donnerstag, 8. Mai, 14.30 Uhr: Lesestunde mit Helge Tismer: „Ich will dir was erzählen“. Texte aus alten Schulbüchern.

Wetzlar – Montag, 12. Mai, ab 19 Uhr, Wetzlarer Grillstuben, Stoppelberger Hohl 128: Altvorsteher Pfarrer Dieter Nebeling spricht über den Neuanfang des Königsberger Diakonissen-Mutterhauses der Barmherzigkeit. Gäste sind willkommen.

Wiesbaden – Donnerstag, 8. Mai, 12 Uhr, Gaststätte Haus Waldlust, Ostpreußenstraße 46, Wiesbaden-Rambach: Stammtisch. Serviert wird Maischolle. Es kann auch nach der Speisekarte bestellt werden. Anmeldungen bei Irmgard Steffen, Telefon (0611) 844938. – Dienstag, 13. Mai, 15 Uhr, Haus der Heimat, Wappensaal, Friedrichstraße 35: Frauengruppe. Der Mai ist gekommen. Nachmittag zur Frühlingszeit.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Helmstedt – Donnerstag, 8. Mai, 15 Uhr, Begegnungsstätte, Schützenwall 4: Treffen der Gruppe. – Sonnabend, 17., bis Sonntag, 18. Mai, Kassel-Messe: Deutschlandtreffen der Ostpreußen.

Rinteln – Donnerstag, 8. Mai, 15 Uhr, Hotel Stadt Kassel, Klosterstraße 42, 31737 Rinteln: Bei diesem Monatstreffen der Rintelner Gruppe spricht Ralf-Peter Wunderlich über „Preußens Niedergang und Wiederaufstieg zu Beginn der 19. Jahrhunderts“. Neben den Mitgliedern der Gruppe sind auch Freunde und interessierte Gäste aus nah und fern herzlich willkommen. Weitere Auskünfte und Informationen zur landsmannschaftlichen Arbeit in Rinteln gibt es beim Vorsitzenden Joachim Rebuschat unter Telefon (05751) 5386 oder über: rebuschat@web.de.

Osnabrück – Dienstag, 6. Mai, 16.30 Uhr, Hotel Ibis, Blumenhaller Weg 152: Kegeln.

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Landesgruppe – Für die Fahrt zum Ostpreußentreffen am 17./18. Mai in Kassel sind noch einige wenige Plätze frei, ebenso Zimmer im gebuchten Hotel. Bei Interesse bitte melden bei Manfred Ruhnau, Kreisgruppe Bonn, Telefon (02241) 311395.

Dortmund – Jeden dritten Montag von 14.30 bis 16.45 Uhr Treffen in der Heimatstube Märkische Straße. Auskünfte erteilt Marlies Hein unter Telefon (0209) 98894112. Gäste sind willkommen.

Düsseldorf – Jeden Mittwoch, 18.30 bis 20 Uhr, GHH/Eichendorff-Saal, 1. Etage: Chorprobe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft. – Montag, 5. Mai, 19 Uhr, Staatskanzlei NRW: „25 Jahre Umbruch in Ostmitteleuropa und zehn Jahre EU-Mitgliedschaft der Republiken Polen und Tschechei“. Podiumsdiskussion. – Mittwoch, 7. Mai, 15 Uhr, Eichendorff-Saal: Film „08/15“, Teil 2 (D 1955). – Mittwoch, 7. Mai, 15 Uhr, GHH/Raum 311/Siebenbürger Sachsen: Ostdeutsche Stickerei mit Helga Lehmann und Christel Knackstädt. – Freitag, 9. Mai, 18 Uhr, Restaurant Lauren’s, Bismarckstraße 62: Stammtisch. – Mittwoch, 14. Mai, 19 Uhr, GHH/Konferenzraum: Vortrag von Prof. Dr. Jost Düffler „Andreas Hillgruber (1925–1989) – Ein deutscher Historiker“. – Donnerstag, 15. Mai, GHH/KB: Lesung mit Wilhelm Böhm: „Zu neuen Ufern“. – Donnerstag, 15. Mai, 19.30 Uhr, GHH/Raum 412: Offenes Singen mit Barbara Schoch. – Freitag, 16., bis Dienstag, 20. Mai: Fünf-Tagesfahrt zum Deutschlandtreffen der Ostpreußen in Kassel. – Montag, 19. Mai, 19 Uhr, Jüdische Gemeinde Düsseldorf, Leo-Baeck-Saal, Zietenstraße 50: Vortrag von Carsten Eichenberger: „Alle Welt preist deine Herrlichkeit“. Die religiösen Gesänge des Joseph Schmidt. – Mittwoch, 21. Mai, 19 Uhr, GHH/Konferenzraum: Vortrag von Helmut Braun: „Joseph Schmidt – Die Ausmerzung des jüdischen Elements in der deutschen Musik (1933–1945)“.

Essen – Freitag, 16. Mai, 15 Uhr, Gastronomie St. Elisabeth, Dollendorfstraße 51, 45144 Essen: Thema „Reisen über das östliche Polen nach Belarus, von dort nach Deutschland“. Referenten: Anneliese und Bernhard Kehren.

Gütersloh – Donnerstag, 8. Mai, 15.30 Uhr, Gütersloher Brauhaus, Unter den Ulmen 9: Treffen der ostpreußischen Frauengruppe.

Leverkusen – Sonnabend, 17. Mai, 15 Uhr, Haus Klippenberg, Oberbüscherhof: Die Gruppe feiert mit ihren Mitgliedern und Gästen ihr jährliches Blumenfest unter Einbeziehung der alten prussischen Tradition der Wahl der schönsten Blume als Königin. Ein schönes, buntes Programm wird geboten, vorbereitet vom Chor „Heimatmelodie“, der Tanzgruppe „Die flotten Marjellchen und Bowkes“ sowie der „Laien- und Deklamationsgruppe“. Anmeldungen und Informationen ab sofort bei Frau Pelka, Telefon (0214) 95763.

Neuss – Freitag, 16., bis Montag, 19. Mai: Jahresausflug nach Kassel mit Besuch des Deutschlandtreffens der Ostpreußen am 17. und 18. Mai. Anmeldung bei Peter Pott, Zollstraße 32, 41460 Neuss, Telefon (02131) 3843400. Programm bitte anfordern.

Wesel – Frühlingsfest – Der 1. Vorsitzende Paul Sobotta konnte auch in diesem Jahr wieder eine stattliche Schar Frühlingserwacher in der festlich geschmückten Heimatstube begrüßen. Er konnte den Frühlingsreigen von der angestammten Heimat Ostpreußen/Westpreußen bis hin zum Rheinland verkünden. Die beiden Frühlingsbotinnen Irma Laukmichel und Waltraut Koslowski sorgten mit heiteren Gedichten und Geschichten für eine frühlingshafte Stimmung. Der Höhepunkt des Frühlingsfestes war das traditionelle Grützwurstessen mit Sauerkraut und Brotbeilagen. Irma Laukmichel mit ihrem Vortrag über die gesundheitsfördernde Grützwurst wurde mit viel Schmunzeln und Beifall bedacht. Alle ließen es sich gut schmecken und gingen dann auch nach vorgerückter Zeit zufrieden nach Hause.

Witten – Montag, 19. Mai, 15 Uhr, Evangelisch-Lutherische Kreuzgemeinde, Lutherstraße 6–10: Berichte und Erlebnisse vom Deutschlandtreffen der Ostpreußen in Kassel.

 

RHEINLAND-PFALZ

Vors.: Dr. Wolfgang Thüne, Wormser Straße 22, 55276 Oppenheim.

Mainz – Jeden Freitag, 13 Uhr, Café Oase, Schönbornstraße 16, 55116: Die Gruppe trifft sich zum Kartenspielen. – Freitag, 16., bis Sonntag, 18. Mai: Busfahrt zum Deutschlandtreffen der Ostpreußen in Kassel. Die Fahrt wird von der Kreisgruppe Darmstadt durchgeführt. Auskunft erteilt der Vorsitzende Gerhard Schröder, Telefon (06151) 148788.

 

SACHSEN

Vorsitzender: Alexander Schulz, Willy-Reinl-Straße 2, 09116 Chemnitz, E-Mail: alexander.schulz-agentur@gmx.de, Telefon (0371) 301616.

Landesgruppe – Am 5. April fand, nach zehn erfolgreichen Kirchentagen in Dresden unter Leitung von Frau Rick, nun schon zum zweiten Mal der Kirchentag in Chemnitz statt. In diesem Jahr feiert die Gemeinschaft evangelischer Ostpreußen (GeO) ihr 50. Jahres-Jubiläum. Die Teilnehmer haben sich gefreut, dass die evangelische Nachrichtenagentur „idea e.V.“ der Einladung gefolgt war und schon am 7. April einen Artikel über die Vertriebenen, Teilnehmer am Kirchentag, geschrieben hat. Für die Landesgruppe ist dies insofern erfreulich, da für gewöhnlich die Presse nie den Einladungen zu ihren Treffen folgt, kein Interesse zeigt und in aller Regel nicht einmal antwortet. Die Vertriebenen machen sich Gedanken darüber, dass sie wie die Rechtsextremen oder die Immigranten, die unser Sozialsystem ausnutzen, behandelt werden. Dabei haben sie wie jeder andere Deutsche nach dem Krieg Deutschland wieder aufgebaut.

In diesem Jahr stand der Tag unter dem Thema: „Ostpreußen/Kaliningrader Gebiet – gestern, heute, morgen“. Die Organisation lag in den Händen des Vorsitzenden der LM der Ost- und Westpreußen in Sachsen, Alexander Schulz, unter Mithilfe von Dr. G. Berger, Heimatgruppenleiter der Insterburger in Sachsen, beide aus Chemnitz. Die zirka 55 anwesenden Ostpreußen trafen sich um 10 Uhr in Chemnitz/Altendorf in der St. Matthäus-Kirche. Nach der Begrüßung und den einleitenden Worten durch den Vorsitzenden, begrüßte auch der Hausherr, der stellvertretende Pfarrer der Matthäus-Gemeinde, Herr Mestars, dessen Schwiegervater selbst aus Memel stammte, die Anwesenden. Die Predigt hielt der allen bekannte Pfarrer i.R. Klaus Plorin, Stellvertretender Vorsitzender der GeO, aus Rückersdorf, der schon im vergangenen Jahr und auf etlichen Kirchentagen in Dresden Predigten gehalten hat. Er predigte zu dem Spruch aus dem Brief an die Hebräer, Kapitel 13, Verse 12–14: „Bleibet fest in der brüderlichen Liebe, denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern eine zukünftige suchen wir“. Mit seinen Worten traf er mitten ins Herz der Gemeindemitglieder, denn viele können ihre Heimat noch immer nicht vergessen; viele fühlen sich zwar zu Hause, aber für eine Heimat fehlt die Geborgenheit. Umrahmt wurde der Gottesdienst vom Posaunenchor der St. Matthäusgemeinde und der Orgel, gespielt von Herrn Seiferth aus Berlin. Die Kollekte des Tages wurde je zur Hälfte für die GeO und die Gastgebergemeinde eingesammelt.

Im Anschluss an den Gottesdienst gingen die Teilnehmer in das Gemeindehaus, wo zunächst das Mitglied der Jungen Union, Alexander Dierks, zum oben genannten Thema aus weltlicher Sicht sprach. Sein Vortrag führte zurück in die Entstehung des Landes Ostpreußen über die Prussen bis zum heutigen Kaliningrader Gebiet. Interessant für alle war die Schilderung zur Situation im heutigen Kaliningrader Gebiet. Die Versteppung, die zur „Großen Wildnis“ mutiert, ein Zustand, den noch unsere Großväter unter großen Anstrengungen bekämpften und so den Boden zu einem Agrarland erster Güte verwandelten.

Danach referierte Plorin über das gleiche Thema, aber aus kirchlicher Sicht. Plorin war selbst nach der Wende viele Jahre im nördlichen Ostpreußen als Pfarrer tätig und pflegt bis heute intensive Verbindung zur Probstei in Königsberg, aber auch zu seinen verstreuten Gemeinden, in denen er als Pfarrer tätig war. Über all das berichtete er anschaulich, wie die evangelischen Christen dort leben und wie schwierig die Betreuung der Gemeinden ist. Er erzählte aber auch über die Treue der Gemeindemitglieder zu ihrem evangelischen Glauben. Insbesondere, da die russisch-orthodoxe Kirche in Russland Staatskirche ist und viele Kirchen zu ihrem Eigentum deklarierte, ist es für Andersgläubige nicht immer leicht ihren Glauben zu leben. Nach einer Mittagspause erzählte Herr Seiferth anschaulich und mit viel Humor über den Aufenthalt von Richard Wagner in Königsberg und Riga. Kaum jemand wusste etwas von der kurzen Zeit, die Wagner, nur aus Liebe zu seiner ersten Frau, der Sängerin Minna Planer, dort zubrachte. Die Mittagspause und auch das Kaffeetrinken wurde zu eifrigem Plachandern genutzt. Die gute leibliche Betreuung hatte Familie Schulz, als Mitglieder der Matthäus-Gemeinde, übernommen. Den Abschluss des Kirchentages bildete ein Programm des evangelischen Kindergartens der Gemeinde mit lustigen Liedern und Tänzen, wobei bei einigen Liedern die Zuschauer mitsingen durften. Alles in allem war es, wie von allen bestätigt, ein gelungener Kirchentag, der auch im kommenden Jahr wiederholt wird. Die Gruppe wünscht sich nur eines: mehr Besucher.

Limbach-Oberfrohna – Sonnabend, 3. Mai, 14 Uhr, Esche Museum: Veranstaltung der Gruppe. Dieser Heimatnachmittag steht unter dem Motto: „Trakehnen und seine weltberühmte Pferdezucht“. Erinnerungen an die Heimat und die unvergessliche Tüchtigkeit der Vorfahren werden die Teilnehmer erfreuen und verbinden. Kultur und Brauchtum bleiben stets der Mittelpunkt der Veranstaltungen. In Großwaltersdorf (Sachsen) gibt es das gemütliche kleine Landhotel „Der Trakehnerhof“. Familie Richter besitzt eine Trakehner Pferdezucht und ist jederzeit gerne bereit, Führungen durchzuführen. Sie zeigen voller Stolz ihre edlen Pferde. Dieser Nachmittag mit vielen Erlebnissen wird mit Spannung erwartet. Ausstellungsstücke werden zu sehen sein, die an die Heimat erinnern. Diese Veranstaltung ist nur möglich durch die finanzielle Unterstützung des sächsischen Innenministeriums Dresden. Die Gruppe sagt herzlichen Dank dafür. Alle Landsleute und Gäste sind recht herzlich zu dieser interessanten Veranstaltung eingeladen.

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle, Telefon privat (0345) 2080680.

Magdeburg – Freitag, 9. Mai, 16 Uhr, TuS, Zielitzer Straße: Treffen des Singekreises. – Sonntag, 11. Mai, 14 Uhr, Sportgaststätte Spielhagenstraße: Muttertag. – Dienstag, 13. Mai, 13.30 Uhr, Immermannstraße: Treffen der Stickerchen.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner. Geschäftsstelle: Telefon (0431) 554758, Wilhelminenstr. 47/49, 24103 Kiel.

Bad Oldesloe – Die Kreisgruppe konnte sich im April über eine größere österliche Runde freuen. Katharina Makarowski sprach über das „Ännchen von Tharau – Anna Leander“, ursprünglich Anke von Tharaw, zu deren Hochzeit mit dem Pfarrer Johannes Partatius in Laukischken das Hochzeitslied gedichtet wurde. Das Lied, vermutlich von Simon Dach, wurde 1642 veröffentlicht und ist zu einem beliebten Hochzeitslied in vielen Ländern geworden. Nach dem Tode des ersten Gatten heiratete die Witwe den Amtsnachfolger und nach dessen Tod auch seinen Nachfolger. Sie war Mutter von 11 Kindern und verstarb im Alter von 70 Jahren. Dann wurde „Ännchen von Tharau“ gesungen und es entwickelte sich eine lebhafte Aussprache, in der auch über die eigenen Familien berichtet wurde. Das Mitglied Elfriede Storjohann wurde in der Kirche von Laukischken getauft. Georg Baltrusch hat mit einem Reiseunternehmen eine Tagesfahrt ins Havelland am 1. Juni organisiert. Landsmann Dietmar Wrage startet wieder zu einer Fahrt nach Königsberg und zu anderen Zielen in Ostpreußen.

Neumünster – Mittwoch, 14. Mai, ab 15 Uhr, Restaurant am Kantplatz: Die Gruppe trifft sich zum Kaffeetrinken. Anschließend besuchen die Teilnehmer das Lötzener Heimatmuseum in der Sudetenlandstraße 18 h. – Bericht – Die Kreisgruppe Neumünster traf sich zur monatlichen Zusammenkunft am 9. April zu einem gemütlichen musikalischen Nachmittag. Ein buntes Programm hatte die Vorsitzende Brigitte Profé zusammengestellt, mit Frühlingsgedichten von Ludwig Uhland „Frühlingsglaube“ und von Eduard Möricke „Er ist’s“. Frühlingslieder wurden gesungen und mit musikalischer Begleitung spielten auf: Nora Kawlath, Akkordeon, und Hajo Westphal, Gitarre und Mundharmonika. Die Sonne draußen strahlte genauso wie die sangesfreudigen Mitglieder und Gäste. Zur weiteren Unterhaltung überraschte Robert Neumann mit seiner Drehorgel. Die Teilnehmer durften im Wettstreit auch die Orgel drehen. Siegerin wurde Dorothea Lange und weil so spontan kein Geschenk zur Hand war, gab es als Preis Würfelzucker. So verlief der musikalische Nachmittag in frühlingshafter Stimmung – auch mit Schunkeln – viel zu schnell. Dank an alle Mitwirkenden. Die großzügige Spende für das Orgelspiel geht, wie schon Herrn Neumanns Vorgänger Klaus Bracker es einführte, ohne Abzüge an die Fröbelschule in Neumünster.

Pinneberg – Sonnabend, 17. Mai: Tagesausfahrt nach Fried-richstadt. Nähere Informationen unter Telefon (04101) 62667, oder (04101) 73473.

Schönwalde – Freitag, 16. Mai, 19 Uhr, Landhaus Schönwalde: Jahreshauptversammlung. Tagesordnung: Eröffnung und Begrüßung, Bericht des Vorsitzenden, Bericht der Kassenwartin, Bericht der Kassenprüfer und Entlastung, Entlastung des Vorstands, Grußworte der Gäste, Filmvortrag über Ostpreußen, Verschiedenes. Wie alljährlich, gibt es am Abend Königsberger Klopse. Kostenbeitrag 10 Euro. Um Anmeldung bis zum 12. Mai wird gebeten beim 1. Vorsitzenden Hans-Alfred Plötner, Telefon (04528) 495, oder beim 2. Vorsitzenden Ulrich Schrank, Telefon (04528) 9901.

 

THÜRINGEN

Vors.: Edeltraut Dietel, August-Bebel-Straße 8 b, 07980 Berga an der Elster, Tel. (036623) 25265.

Apolda, Jena, Hermsdorf –Sonntag, 18. Mai: Tagesfahrt zum Deutschlandtreffen der Ostpreußen, Messe Kassel. Für die Fahrt mit Reisebus sind noch ein paar Plätze frei. Info unter Telefon (03641) 926 43 01.

Eisenach – Dienstag, 13. Mai, 14 Uhr, Rot-Kreuz-Weg 1: Heimatnachmittag.

Erfurt – Montag, 5. Mai, 10 Uhr, Hauptfriedhof: Zentrale Gedenkveranstaltung des BdV Thüringen.


Dichter in wirrer Zeit
LO veranstaltete Kulturseminar über Ernst Wiechert

Die 25-Jahr-Feier der Internationalen Ernst-Wiechert-Gesellschaft (IEWG) fand in Bad Pyrmont statt. Der Geschäftsführer der Landsmannschaft Ostpreußen (LO), Sebastian Husen, eröffnete die Tagung im vollbesetzten „Preußensaal“ des Ostheims. Nachdem Bärbel Beutner, Vorsitzende der IEWG, die neue Wiechert-Übersetzung von Lidia Natjagan vorgestellt hatte, las Heide Hensel die Erzählung „Der Richter“, eine Einführung in die „Wirren des

20. Jahrhunderts“. Vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs tötet ein Nationalsozialist einen Kommunisten, und sein Vater, der Richter, der ihn zum Geständnis führt, muss erfahren, dass es „ein Recht“ nicht mehr gibt. Vergebung ist die Botschaft hier, wie auch in der Erzählung „Die Mutter“, die Heide Hensel am folgenden Tag las.

Das 20. Jahrhundert bescherte Wiechert „Kein einfaches Leben“, so der Titel der in Arbeit befindlichen Biografie. Das Trauma des Ersten Weltkrieges, an dem er als Freiwilliger teilnahm, verwundet wurde und als Leutnant heimkehrte, prägte sein frühes dichterisches Werk. Besonders an dem Roman „Der Totenwolf“ wies Beutner die Schilderung der Materialschlachten und des Stellungskrieges nach, die sie mit der Darstellung bei

Erich Maria Remarque („Im Wes-ten nichts Neues“) und Ernst Jünger („In Stahlgewittern“) verglich. Jünger sieht den Krieg als Prozess der Selbstfindung, als Pflichterfüllung, während Remarque das sinnlose Töten in den Mittelpunkt stellt. Bei Wiechert findet sich in den frühen Romanen Hass und Selbstzerstörung. Mitleid und Nächstenliebe werden als Schwäche ausgelegt. Erst in dem Roman „Jedermann“ (1929/30) setzt eine Wende ein.

Leonore Krenzlin ging mit ihrem Vortrag „Ernst Wiechert als Innerer Emigran’?“ den Lebensweg des Dichters chronologisch nach, indem sie seine politische Haltung im Dritten Reich untersuchte. „Der Totenwolf“ wurde zum Bestseller, weil er einer ganzen Generation eine Identifikationsmöglichkeit bot, und Wiecherts national-konservative Haltung machte ihn zu einem vom NS-Regime Umworbenen. Doch seit der Bücherverbrennung wurde er zum Beobachteten, und die Rede von 1935 legte eine klare Gegenposition dar. Der wichtigste Beweis für Wiecherts Widerstand sei die Niederschrift des „Totenwalds“ 1939 über die KZ-Haft in Buchenwald, so Krenzlin.

Wiecherts Märchen, die Marianne Kopp vorstellte, gewinnen vor dem zeitlichen Hintergrund eine tiefe Bedeutung. Geschrieben im Winter 1944/45, entstand „das künftige Brot für die Kinder“ unter denkbar harten Bedingungen „mit der Pistole im Nachttisch“. So wurde eine „Gegenwelt“ geschaffen, in der „Ein reines Herz Wirklichkeit war, denn, wie Krenzlin schon zitiert hatte: „Jede mögliche Welt ist auch eine wahre Welt.“ Kopp arbeitete heraus, wie bei Wiechert der Verlust der Kindheitswelt, der Natur, mit dem Beginn der Pubertät zusammenfiel, so dass ihm die Landschaft seiner Kindheit, die Welt der Unschuld, als Märchenwelt erschien und eine Erklärung für die Orte ist, an denen seine Märchen spielen: der Wald, das Moor, der Strom. Der stellvertretende Vorsitzende Klaus Weigelt trug die Erfolgsgeschichte der IEWG vor. Aus einem kleinen Kreis von Wiechert-Lesern ist eine Gesellschaft mit 150 Mitgliedern in zwölf Ländern geworden. Zwölf wissenschaftliche Tagungen wurden durchgeführt, vier Bücher der „Schriftenreihe“ liegen vor, ferner 14 „Mitteilungen“, Hefte mit Verbandsnachrichten und Forschungsergebnissen. Dreimal im Jahr erscheint der „Wiechert-Brief“ von Joachim Hensel.. Wiecherts Lebensstationen wurden gemeinsam besucht. Weigelt dokumentierte die Überreichung des Wiechert-Preises an den russischen Dichter Sem Simkin und an Lidia Natjagan und an Hans-Martin Pleßke.

Ist Wiechert aktuell? Eine Antwort auf diese Frage gab Joachim Hensel mit dem Vortrag „Ernst Wiechert als Erzieher“. Wiechert, als Gymnasiallehrer in Königsberg und in Berlin tätig, sprach stets mit Hingabe von seinem Beruf und von seinen Schülern.

Dem internationalen Charakter der Gesellschaft gemäß, gibt es noch weitere Veranstaltungen in diesem Jahr. Im April wurde im Deutsch-Russischen Haus in Königsberg das Buch „Ostpreußen im Werk Ernst Wiecherts“, die russische Übersetzung von Texten des Autors vor über dreißig Gästen vorgestellt. Es ist bereits das zweite Buch der Übersetzerin Lidia Natjagan. Ende September wird an der Universität Posen eine internationale Konferenz über „Dichter der inneren Emigration“ unter Mitwirkung der IEWG stattfinden. Der starke Andrang zu dem Seminar „Ernst Wiechert – ein ostpreußischer Dichter in den Wirren des 20. Jahrhunderts“ war eine große Freude für die Organisatoren. Allerdings gab es eine Enttäuschung, als Ruth Geede, die über das literarische Leben in Königsberg zur Zeit Wiecherts berichten sollte, absagen musste. B.B.


S. 19-20 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

EBENRODE (STALLUPÖNEN)

Kreisvertreter: Dr. Gerhard Kuebart, Schiefe Breite 12a, 632657 Lemgo, Telefon (05261) 8 81 39, E-Mail: gerhard.kuebart@googlemail.com.

Wir weisen noch einmal darauf hin, dass das Kirchspieltreffen Birkenmühle/Mehlkehmen anders als im Heimatbrief angegeben, nicht im Mai, sondern am 14./15. Juni in 29303 Bergen, Ortsteil Offen, im Hotel Michelishof, Hauptstraße 5, stattfindet. Information und Anmeldung bei Margarete Malchow, Telefon (0381) 717910. Mitglieder und Gäste sind herzlich willkommen.

 

ELCH-NIEDERUNG

Kreisvertreter: Manfred Romeike, Anselm-Feuerbach-Str. 6, 52146 Würselen, Telefon/Fax (02405) 73810. Geschäftsstelle: Hartmut Dawideit, Telefon (034203) 33567, Am Ring 9, 04442 Zwenkau.

Im kommenden Sommer ist eine zehntägige Busreise in die Elchniederung mit Besuch des Stadtfestes in Heinrichswalde sowie auf die Kurische Nehrung zum Termin 30. Juli bis 8. August unter Leitung von Peter Westphal geplant. Folgender Reiseverlauf ist vorgesehen:

30. Juli: Fahrt ab Hannover mit Zustiegsmöglichkeiten entlang der Fahrtroute bis nach Polen, Zwischenübernachtung in Thorn. 31. Juli: Führung durch die einzigartige Altstadt von Thorn und Weiterreise über den polnisch-russischen Grenzübergang bis nach Tilsit, Unterkunft im Hotel „Rossija“. 1. August: Rundfahrt durch die Elchniederung, insbesondere in die Gebiete nördlich der Gilge mit Besuch von Sköpen, Kuckerneese, Herdenau, Karkeln, Inse, zum Jagdschloss Pait, weiter über Milchhof, Alt-Dümpelkrug, Rautersdorf, Bretterhof, Rautenburg und zurück nach Tilsit. Möglichkeit zu eigenen Unternehmungen mit dem örtlichen Taxiservice, sofern Sie nicht am geführten Ausflugsprogramm teilnehmen möchten. Am Abend wird das Heinrichswalder Stadtfest mit einem Konzert feierlich eröffnet. Übernachtung in Tilsit.

2. August: Geführter Rundgang durch Tilsit und Fahrt nach Heinrichswalde zur Teilnahme am Stadtfest mit allerlei Darbietungen und Sehenswürdigkeiten. Besonders zu empfehlen ist dabei ein Besuch des neuen deutsch-russischen Heimatmuseums zur Heimatgeschichte von Heinrichswalde und dem Kreis Elchniederung. Während des Heinrichswalder Stadtfestes ist auch die feierliche Einweihung eines Gedenksteines für die ehemaligen Bewohner des Kreises Elchniederung vorgesehen. Natürlich besteht auch an diesem Reisetag die Möglichkeit zu eigenen Unternehmungen, sofern Sie nicht am geführten Ausflugsprogramm teilnehmen möchten. Übernachtung in Tilsit. 3. August: Am Vormittag Möglichkeit zur Teilnahme am Gottesdienst gemeinsam mit der evangelischen Kirchengemeinde in Heinrichswalde. Anschließend Weiterfahrt über Neukirch nach Rauterskirch. Dort Empfang durch die örtliche Bevölkerung und Besichtigung der historischen Kirche. In der auch mit deutschen Mitteln unterstützten Sanitätsstation ist der Tisch zu einem kleinen Imbiss gedeckt.

Rückfahrt über Seckenburg, Groß Friedrichsdorf und Kreuzingen nach Tilsit. Abendessen und Übernachtung in Tilsit. 4. August: Weiterreise über die Luisenbrücke nach Litauen. Besichtigung der Kirche in Heydekrug und Pick-nick in Kinten. Anschließend Schiffsfahrt über die Minge, durch das Memeldelta und weiter über das Kurische Haff. Am Nachmittag erreichen Sie Nidden von der Wasserseite aus und erleben das beeindruckende Panorama der Wanderdünen auf der Kurischen Nehrung. Danach kurze Busfahrt bis in das benachbarte Schwarzort, Abendessen und Übernachtung in Schwarzort [Juodkrante]. 5. August: Geführte Ortsbesichtigung in Nidden zu Fuß. Das ehemalige Fischerdorf am Kurischen Haff ist heute der wohl bekannteste Ferienort Litauens. Übernachtung in Schwarzort. 6. August: Rückreise über die litauisch-russische Grenze auf der Kurischen Nehrung nach Königsberg. Bei einer Stadtführung sehen Sie die historischen Sehenswürdigkeiten wie den wiedererrichteten Dom mit dem Kantgrab, das Königstor und andere. Gleichzeitig erleben Sie eine Stadt, die in einem rasanten Wandel steht. Der Bauboom der letzten Jahre hat das Gesicht der Stadt in kurzer Zeit nachhaltig verändert. Am neuen Fischdorf unternehmen Sie eine kleine Bootsfahrt auf dem Pregel, Sie erleben den Dom und die Kneiphofinsel aus der Perspektive vom Wasser aus. Am Nachmittag Weiterreise nach Polen bis nach Danzig. Abendessen und Übernachtung in Danzig. 7. August: Geführter Rundgang durch die sehr schön restaurierte Danziger Altstadt und Freizeit in Danzig. Am Nachmittag Weiterreise durch Kaschubien und entlang der pommerschen Ostseeküste zu Ihrer letzten Zwischenübernachtung in Kolberg antreten. 8. August: Rück-reise nach Deutschland.

Weitere Informationen zur Reise und Anmeldung bei Peter Westphal, Obere Wiesenbergstr. 26, 38690 Vienenburg, Telefon/Fax (05324) 798228 oder Partner-Reisen in Lehrte, Telefon (05132) 588940

 

LÖTZEN

Kreisvertreter: Dieter Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg. Geschäftsstelle: Ute Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg, Telefon (040) 6083003, Fax: (040) 60890478, E-Mail: KGL.Archiv@gmx.de

Sonnabend, 17. Mai, 17 Uhr, Auedamm 27 (Restaurant „Bootshaus“), Kassel. Bus 25 fährt ab Haltestelle Messehallen in einer Minute die Haltestelle Damaschkebrücke an (von dort 13 Minuten Fußweg), oder dort um 16.14 Uhr in den Bus 16 umsteigen bis Auebad (drei Minuten Fahrzeit, dann fünf Minuten Fußweg). Tagesordnung: 1. Begrüßung, 2. Totenehrung, 3. Bericht des Kreisvertreters (1. Vorsitzender), Aussprache, 4. Bericht der Kassenprüfer, 5. Entlastung des Vorstandes, 6. Wahlen für den Erweiterten Vorstand, 7. Verschiedenes. Im Anschluss an die Mitgliederversammlung Gelegenheit zum Abendessen nach der Karte und geselliges Beisammensein. Ab 20 Uhr erfreut Ingrid Labuhn – begleitet von einem Gitarristen – mit Gesang.

 

TILSIT-RAGNIT

Kreisvertreter: Dieter Neukamm, Am Rosenbaum 48, 51570 Windeck, Telefon (02243) 2999, Fax (02243) 844199. Geschäftsstelle: Eva Lüders, Telefon/Fax (04342) 5335, Kührenerstraße 1 b, 24211 Preetz, E-Mail: Eva.lueders@arcor.de.

Wer die Internetseite www.tilsit-ragnit.de aufruft, kann sich zunächst an deren gefälligem Layout erfreuen. Noch mehr Freude und vor allem Neugier kommt auf, wenn man sich die Themenliste der Webseite ansieht. Hier gibt es zunächst aktuelle Informationen über die Kreisgemeinschaft und deren Organisation. Die Heimatstube in Preetz wird ausführlich vorgestellt und der Familienforschung wird ein breiter Raum gewidmet. Auch Dokumentationen und interessante Einzelbeiträge sind enthalten und vieles andere mehr. Dieses alles hat unser Webmaster Dietmar H. Zimmerman geschaffen und ständig fortgeführt. Kürzlich konnte er seinen 75. Geburtstag feiern. Hierzu ein ganz herzlicher Glückwunsch der Kreisgemeinschaft und vielen Dank für die geleistete Arbeit.

Obwohl in Königsberg geboren, fühlte sich Dietmar H. Zimmermann stets mit den Breitensteinern verbunden, da sein Vater aus diesem Kirchdorf stammt. Nach der Flucht wuchs er in Karlsruhe/Baden auf und absolvierte dort eine Ausbildung zum Bäcker. Eine Spezialausbildung zum Patissier erfolgte in Basel. Nach einer zwölfjährigen Dienstzeit bei der Bundeswehr, die der Jubilar als Hauptfeldwebel verließ, wechselte er zur Bayrischen Bereitschaftspolizei nach Königsbrunn. Am 1. Januar 2000 erfolgte die Pensionierung.

Mit der Wende entstand sein Interesse an der Familienforschung. 1998 entwickelte er seine erste Homepage über Ostpreußen mit Königsberg. Sein Interesse am Internet begründete Dietmar H. Zimmermann so: „Im Internet sah ich die Möglichkeit, meine Heimat, mein Wissen hierüber anderen darzubringen und dafür zu sorgen, dass diese Heimat mit seiner Landschaft, seiner Kultur, seinem Brauchtum und seinen Sehenswürdigkeiten nicht vergessen wird.“ Dazu kann man nur sagen, weiter so und nochmals vielen Dank!

Die Vertriebenen in Lütjenburg und im Kreis Plön, die Breitensteiner, die Mitglieder der Kommission Breitenstein [Uljanowo] und die Lütjenburger trauern um Hans-Ludolf Süßenguth. Er starb am 12. März im Alter von fast 93 Jahren.

Süßenguth hat seine Meinung immer offen vertreten, auch wenn sie gerade nicht opportun war. Er verzweifelte auch dann nicht, wenn viele schon aufgegeben hatten. So war der 17. Juni in der Bundesrepublik zu einem freien Tag mit Ausflügen und anderen Vergnügungen verkommen. Süßenguth hat darauf bestanden, dass an diesem Tag in Lütjenburg des Volksaufstandes in der sowjetisch besetzten Zone gedacht wurde. Er hatte die Anregung, dass jeweils der Vertreter einer im Landtag vertretenen Partei hier in Lütjenburg auf dem Marktplatz sprach. So war die Stadt Lütjenburg wohl bis zum Schluss eine der wenigen Gemeinden in der Bundesrepublik, die an diesem Tag zu einer Veranstaltung geladen haben. Aber auch als wir dann wiedervereint waren, hat er so lange gekämpft, bis auf dem Berlinstein das Novemberdatum für die deutsche Wiedervereinigung eingraviert war.

Süßenguth hatte es sich zur Lebensaufgabe gemacht, ab 1974 als Orts- und Kreisvorsitzender des Bundes der Vertriebenen, die Erinnerung an die Vertreibung der 14 Millionen Menschen aus Ost- und Westpreußen, aus Pommern, Schlesien und dem Sudetenland wachzuhalten. Unermüdlich hat er in jedem Jahr am Tag der Heimat hier in Lütjenburg am „Kreuz des Deutschen Ostens“ und in Plön die Vertriebenen und die Einheimischen zu einer Feierstunde aufgerufen und diese auch gestaltet. Süßenguth hat sich in seiner neuen Heimat als Stadtvertreter engagiert und auch sein Wissen als Berufsschullehrer in die Meinungsbildung mit eingebracht. Er war lange Jahre auch Schiedsmann in Lütjenburg und aktiv im Kirchenvorstand der St. Michaels-Gemeinde in Lütjenburg.

Als Ehrenmitglied wirkte er in der Kommission Breitenstein noch bis vor wenigen Jahren mit und setzte sich für Zusammenarbeit und Schüleraustausch mit der ehemaligen Patengemeinde der Stadt Lütjenburg Breitenstein und der heutigen Partnergemeinde Uljanowo ein. Er wurde für seine vielfältigen Verdienste 1998 als verdienter Bürger der Stadt Lütjenburg ausgezeichnet.

Am 21. März haben wir von ihm Abschied genommen. Wir werden ihn und sein Wirken nicht vergessen.

Volker Zillmann

 

TILSIT–STADT

Stadtvertreter: Hans Dzieran, Stadtgemeinschaft Tilsit, Postfach 241, 09002 Chemnitz. Geschäftsführer: Manfred Urbschat, E-Mail: info@tilsit-stadt.de.

Am Sonntag, 6. Juli, findet im Tilsiter Park Jakobsruh anlässlich der 207. Wiederkehr des Tilsiter Friedensschlusses die Einweihung des wiedererrichteten Königin-Luise-Denkmals statt. Sie wird umrahmt von einem festlichen Zeremoniell. Die Stadtgemeinschaft Tilsit hat eine Busreise organisiert, mit der Tilsiter die Gelegenheit haben, an diesem historischen Ereignis teilzunehmen. Am 7. Juli werden die Feierlichkeiten mit einer internationalen Tagung im Tilsiter Stadttheater fortgesetzt zum Thema „Vom Tilsiter Frieden zur Konvention zu Tauroggen“ und mit der Vernissage anlässlich einer Ausstellung im Stadtgeschichtlichen Museum.

Die Bus-Sonderreise der Stadtgemeinschaft Tilsit findet von Sonnabend, 28. Juni bis Mittwoch, 9. Juli statt. Übernachtungen in Posen einmal, Königsberg dreimal, Tilsit sechsmal, Posen einmal. Abfahrt: Sonnabend, 28. Juni, 6 Uhr, Darmstadt Hbf/Omnibusbahnhof, Weiterfahrt über Berlin zum deutsch-polnischen Grenzübergang Küstrin nach Posen. Sonntag, 29. Juni: Weiterreise über Thorn, Marienburg, Elbing zum polnisch-russischen Grenzübergang Braunsberg-Heiligenbeil nach Königsberg. Montag,

30. Juni: Stadtrundfahrt mit Besichtigungen, unter anderem Dom, Kantgrab, Kantmuseum, Rupp-Denkmal. Eventuell Spaziergang „Rund um den Schloss-teich“, Kantdenkmal, Krankenhaus der Barmherzigkeit, Gedenkstein für E.T.A. Hoffmann. Dienstag, 1. Juli: Tagesausflug mit Besichtigungen in Pillau, Hafen/

Leuchtturm, Reformierte Kirche, Festungstor, Germau- Kriegsgräberfriedhof, Palmnicken Bernsteinkombinat, Feldsteinkirche, Küste, Rauschen, Kurpark, Promenade, Küste (Bademöglichkeit). Neukuhren Promenadenspaziergang. Mittwoch, 2. Juli: Tagesausflug auf die Kurische Nehrung mit Besichtigungen in Sarkau mit Nehrungsmuseum – Rossitten – Vogelwarte, Kirche. Fakultativ: Großes ostpreußisch-russisches Picknick am Haff. Pillkoppen, Altdorfer Berg (Epha-Düne), Baden in der Ostsee. Die Gruppe der Stadtgemeinschaft Tilsit fährt weiter nach Tilsit. Abendessen und Übernachtung im Hotel Kronus in Tilsit. Donnerstag, 3. Juli: Tag zur freien Verfügung, Möglichkeit zu Taxifahrten. Freitag, 4. Juli: Tagesausflug nach Ragnit mit Stadtführung, Ostpreußen-Museum Breitenstein, Memelufer, Untereißeln. Sonnabend, 5. Juli: Rundfahrt Elchniederung, Heinrichswalde, Kreuzingen. Sonntag, 6. Juli: An diesem Tag findet im Park Jakobsruh anlässlich der 207. Wiederkehr des Tilsiter Friedensschlusses die Einweihung des Königin-Luisen-Denkmals statt. Die Einweihung wird umrahmt von einem festlichen Zeremoniell, an dem Sie teilnehmen können. Montag, 7. Juli: Internationale Tagung im Tilsiter Stadttheater zum Thema „Vom Tilsiter Frieden zur Konvention zu Tauroggen“ und Vernissage anlässlich einer Ausstellung im Stadtgeschichtlichen Museum. Dienstag, 8. Juli: Nach dem Frühstück Abreise nach Insterburg. Weiter zum Grenzübergang Braunsberg/Heiligenbeil und zur Zwischenübernachtung in Posen. Mittwoch, 9. Juli: Von Posen über Frankfurt/Oder Heimreise. Der Reisepreis beträgt mit Übernachtung/Halbpension pro Person ab mindestens 30 Reiseteilnehmer inklusive vorgenannter Ausflüge 1067 Euro, Visum Russland (einfach) pro Person 90 Euro. Einzelzimmer-Zuschlag 220 Euro. Im Reisepreis enthalten sind vorgenannte Ausflüge laut Programm, Genehmigung Grenzgebiete, Stadtbesichtigung Königsberg mit Dom, Besichtigung Vogelwarte, Gebühr Kurische Nehrung. Anmeldung bitte direkt an: Greif-Reisen A. Manthey GmbH, Rübezahlstraße 7, 58455 Witten, Telefon (02302) 24044, Fax (02302) 25050, E-Mail: manthey@greifreisen.de, Internet: www.greifreisen.de. Die Sitzplätze im Bus werden nach Eingang der Anmeldungen vergeben!


Anton fährt Straßenbahn
Auf der Suche nach dem Glück lässt der Jüngling das Auto stehen

Eigentlich fährt Anton ja Auto. Seit Annemarie neben ihm wohnt, nimmt er lieber die Straßenbahn. Sie muss morgens zur anderen Seite der Stadt. Anton nicht, aber ihr zuliebe macht er täglich eine Stadtrundfahrt. Dabei bemerkt sie ihn nie, wenn er jeden Morgen im gleichen Wagon sitzt und sich fünfmal in der Woche die Stadt ansieht. Anton steht morgens hinter seiner Wohnungstür, kurz nach halb sieben Uhr, ob Annemarie bereits die Treppen hinunter eilt, und schleicht hinterher.

An der Haltestelle wäre nun die erste Gelegenheit, sie anzusprechen. Meistens schaut sie nur herum, dann klingelt ihr Handy und sie ist beschäftigt. Anton hört heimlich zu, ob es sich um einen Mann handelt. Manchmal lacht sie laut beim Telefonieren, steigt in die Bahn, ohne den Hörer vom Ohr zu nehmen und stellt sich an ein Fenster. Er wartet und überlegt, wie er sie ansprechen könnte. Annemarie sieht aus dem Fenster oder fährt sich nochmal durch die Haare, während sie sich in der Scheibe betrachtet. Dann ist schon die Station „Südhafen“ und sie steigt aus. Gerne würde Anton ihr nach, aber er muss zurück, sonst schafft er es nicht zur Arbeit.

Die Bahn hält kurz, dann steigen neue Fahrgäste ein, und schon geht es zurück, immer im Kreis. Anton kennt inzwischen alle, die am Südhafen hinzukommen. Die Frau mit dem Hund, der Mann im Regenmantel und der Halbwüchsige, der es immer eilig hat. Manchmal würde Anton gerne mit ihm tauschen, denn der Junge wirkt so draufgängerisch. Anton hatte noch nie eine Beziehung und weiß nicht, was schlimmer ist. Die Tatsache an sich oder die, es vor der Welt zu verheimlichen. Jeder will immer wissen, wann und ob und wie lange die letzte Beziehung gedauert hat.

Wenn Annemarie ausgestiegen ist, dauert es zurück 35 Minuten, „dann mit der 9“ in die Weststadt. Im Büro freut er sich schon auf den Abend, denn er geht täglich eine Stunde eher, die Überstunden abbummeln, fährt 20 Minuten, steigt um und ist schon bald wieder am Südhafen. An der Endhaltestelle vertritt er sich die Füße, und manchmal hat es tatsächlich geklappt. Annemarie kam und schwang sich in die Bahn. Ein paar Sitze hinter ihr hockte er dann und wartete.

Einmal nur hat sie sich umgedreht und sah aus, als ob sie lächelte. Am Tag darauf hat Anton Blumen mitgenommen. Bei passender Gelegenheit wollte er sie ihr schenken. An dem Morgen telefonierte sie viel. Keine Minute, in die die Blumen gepasst hätten. So nahm er das Gestrüpp wieder mit und warf es in den nächsten Mülleimer.

Heute wartet Anton seit halb sieben Uhr hinter seiner Wohnungstür. Aber Annemarie kommt nicht heraus. Er rechnet, ob er es noch ins Büro schafft nachher und presst sein Ohr an die Wand. Nichts. Doch dann, kurz nach sieben,, kommt sie. Anton linst durch sein Wohnungstürguckloch und weicht zurück. Sie ist nicht allein. Er sieht einen Mann neben ihr. Beide lachen, springen die Treppe hinab.

Anton folgt ihnen in sicherem Abstand. Die beiden rennen zur Straßenbahn, doch die rauscht davon. „Das habt ihr nun davon“, grummelt Anton. Die Zwei bemerken ihn nicht. Anton weiß nicht, wann es ihm zuletzt so schlecht ging. Sie springen in die nächste Bahn und küssen sich.

„Hallo? Darf ich sie etwas fragen?“ Anton dreht sich um. Da steht die Frau mit dem Hund vom Südhafen. „Ich habe sie heute vermisst an der Endhaltestelle.“ Anton versteht nicht. „Ich freue mich jeden Tag, wenn ich Sie in der Bahn sehe.“ Ihr Hund schnuppert an Antons Hose. So einen hat er sich immer gewünscht, aber nie geholt. Die Verantwortung und so. „Woher?“, fragt Anton während er den Hund krault. „Ich sehe Sie täglich in der Straßenbahn. Genaugenommen fahre ich nur deswegen mit. Heute waren Sie nicht da, und da machte ich mir Sorgen.“

Sie erinnert ihn an seinen ersten großen Schwarm. „Wollen wir zusammen Straßenbahn fahren?“, lächelt Anton. Die Frau nickt und nimmt seine Hand.

Silvia Friedrich


S. 21 Reise

Schluss mit Meerjungfrau!
Kopenhagen ist mehr als nur eine Märchenstadt − Im Mai findet hier der Schlager-Wettstreit der Eurovisions-Länder statt

Am 10. Mai richtet Kopenhagen den Eurovision European Song Contest 2014 aus. Auf der Insel Refshaleøen, die eigens dafür zu einem „Eurovisionsland“ verwandelt wird, werden 18000 Besucher erwartet. Wir haben uns in der Stadt mit der angeblich weltweit höchsten Lebensqualität schon mal umgesehen:

Nach den Wintermonaten blühen die Kopenhagener auf, drängen ans Licht, in ihren vielen Parks, an die Kanäle und Strände. Die Hotels sind voll, Straßen und Plätze auch. Auf den extrabreiten Radwegen stauen sich Lastenräder, Retro- und Liegeräder, Renngeschosse, Designervelos sowie ausgefallene Eigenkreationen. Wer stehenbleibt, wird schon mal weggeklingelt oder unfreundlich angebrüllt. Und das nennen die Kopenhagener fahrradfreundlichste Stadt der Welt!

„Jetzt im Sommer leben wir draußen. Da sind wir ganz andere Menschen“, erzählt Kris auf einer Kajaktour durch die Kanäle Ko­penhagens. „Wir Dänen“, meint der Bootsführer, „haben eine Winter- und eine Sommerpersönlichkeit. Im Winter schließen wir uns ein, sind zuhause und schieben ,høge‘.“ Das ist der Blues der grauen, dunklen, kalten Jahreszeit.

Jetzt haben überall Cafés und Restaurants ihre Stühle in den Gassen und an den Uferkais wie am Nyhavn mit seinen pittores­ken alten Segelschiffen aufgestellt. Viele Wirte lassen hölzerne Pontons als schwimmende Terrassen zu Wasser, auf denen die Gäste unter Sonnenschirmen sitzen. Junge Leute haben es sich auf den Kaimauern bequem gemacht. Wenn es zu heiß wird, lässt man sich ins Wasser fallen. Vor 20 Jahren war das streng verboten. Damals flossen giftige Abwässer in die Kanäle. Heute schwimmen hier wieder Fische. Kopenhagen lebt wieder am und im Wasser.

Kris hält das Kajak fest und erklärt das Einsteigen: Mit einer Hand hinten den Rand des Einstiegslochs festhalten, die andere Hand am Steg, die Beine rein und dann den Hintern. Das schmale Boot wackelt und schwankt. Dabei schlagen hier am Börsenkai in der Altstadt nur mit Touristen beladene Ausflugsboote Wellen.

Die Angst vorm Umkippen nimmt Kris mit beruhigenden Worten: „Das Boot wird dich ausspucken“, verspricht er. Auf den ersten Metern im Kanal schaukelt das Kajak bedrohlich. „Zieh das Paddel langsam und gleichmäßig auf jeder Seite durchs Wasser und versuche nicht ständig, die Schwankungen des Boots auszugleichen.“ Das hilft tatsächlich. „Stell dir vor, dein Hintern wiegt 200 Kilo und drückt dich fest ins Kajak.“ Gute Idee: Der Glaube versetzt nicht nur Berge. Er kann Boote im Gleichgewicht halten.

So gleiten wir dahin, passieren Brücken und queren den großen Kanal, der uns noch von einem großen, grauen Kasten mit weit hervorstehendem Dach trennt. „Wir warten, bis das große Boot da vorbei ist, dann fahren wir direkt rüber“, erklärt Kris.

Drüben wirft ein großer Klotz seinen Schatten auf den Kanal: Die Oper. Die Reederei Maersk hat der Stadt das neue Bauwerk spendiert. Jetzt müsse, so Kris, die Stadt Unsummen für die Unterhaltung bezahlen. Die Begeisterung der Kopenhagener halte sich in Grenzen. Auch Kris mag das Ding mit dem halbrunden, metallenen Vorbau nicht.

„Im Sommer“, sagt Kris, „ist Kopenhagen die beste Stadt der Welt: Das Wasser, die frische Luft, die hohe Lebensqualität und alles ist so nah.“ Mit dem Fahrrad sind es nur ein paar Kilometer raus in die Natur und an den Strand. „Dann bist du schon in einer ganz anderen Welt“, schwärmt Kris.

Weiter geht es an der neue Oper entlang zu der alten, backsteinernen Börse mit ihren zu Spiralen gemauerten Türmchen und den bei reichen Boots- und Yachtbesitzern beliebten Kanälen und Kanälchen von Christianshavn. Zu sehen gibt es nicht nur vom Wasser aus eine Menge. Immer wieder zeigt Kris die vielen Bauwunden, die Banken und andere Investoren der Stadt geschlagen haben. Alte Speicherhäuser ließen sie für moderne Glaskästen abreißen. Einige hält Kris für ge­lungen: Der alte Backsteinbau der königlichen Bibliothek hat einen schwarzen Diamanten zur Seite gestellt bekommen. So nennen die Einheimischen den schräg gestellten, rund 15 Stockwerke hohen Würfel, der aussieht, als würde er ins Wasser kippen.

Unberührt von allen modernen Trends hat sich Kopenhagens ältestes Café „La Glace“ etwa so erhalten, wie es 1870 eröffnet wurde. Mindestens 20 verschiedene Torten in der Vitrine locken Einheimische und Touristen in das dunkle Kaffeehaus. Drinnen ist es so voll, dass man sich kaum noch bewegen kann. Die Kuchen gelten als legendär.

Wenige Minuten später stehen wir in einem ganz in Weiß gehaltenen Schlemmerparadies. Was wir möchten? Natürlich „Smu­shies“. Der Name kombiniert den dänischen (und schwedischen) Namen für belegte (Butter-)Brote Smörrebrod mit Sushi. Professionell lächelnd bringt die – Ton in Ton zum Interieur des Cafés in Weiß und Rosa gekleidete – Kellnerin eine Platte mit fünf, stilvoll mit Lachsröllchen und frischem Hering belegten Vollkornbrotscheiben. Gesund und regional ist auch hier der Trend.

In kaum einer anderen Großstadt setzen so viele Restaurants, Bäckereien, Imbisse und edle Design-Läden auf Bio wie hier. „Ökologisk“ steht auf vielen ihrer Schaufenster. Dazu kommen zahlreiche Konditoreien, die einmalige kleine dänische Kuchen und Törtchen in allen Variationen anbieten.

Vor dem Runden Turm, von dessen Aussichtsplattform Touristen die ganze Stadt überblicken, steht die erste Bio-Würstchenbude der Stadt. Tofu-Wurst, Kartoffelbrei, Senfsauce, alles aus Ökolandbau, serviert auf dünnen, recycelbaren Pappschalen.

„Aushilfe dringend gesucht“, heißt es auf einem handgeschriebenen Schild an der Scheibe der Imbissbude. Direkt gegen­über sitzt seit Stunden ein freundlicher Bettler. „Suche dringend Arbeit, egal was“, hat er auf den Pappkarton vor sich geschrieben. In dem Imbissladen hat er keine Chance. Der Mann auf der Straße spricht nur Englisch. Er stammt aus Moldawien. Die meisten Passanten beachten ihn nicht.

„Die Leute hier sind sehr zu­rück­haltend“, sagen viele, die es auf den unterschiedlichsten Wegen nach Kopenhagen verschlagen hat. Manche schimpfen die Kopenhagener auch „geldgierig und geizig“. Kajaklehrer Kris bittet um Verständnis: Im Sommer sei Kopenhagen so überlaufen, dass manch Einheimischer die Geduld verliere. Er erzählt vom Ärger über Besucher, die auf Fahrradwegen herumstünden oder mit ihrem geliehenen Rad den Verkehr aufhielten.

Am Stadtrand macht ein Berliner Station, der als Ein-Mann-Zirkus durch Europa zieht. In den Parks großer Städte baut er seine Manege auf. Die Kopenhagener beobachteten seine Auftritte wohlwollend, aber sehr distanziert. Anders als etwa in Deutschland spreche ihn kaum jemand auf sein Programm an. In den meisten anderen Städten schauten ihm vor allem Kinder gerne beim Schminken zu und überschütteten ihn mit Fragen. „Hier habe ich das noch nicht erlebt“, wundert er sich. Sein Wohnmobil mit dem großen Anhänger für die Manege hat Alexander am Rande des Freistaats Christiania geparkt.

1971 besetzten junge Leute das ehemalige Militärgelände, um hier ihren Traum vom selbstbestimmten Leben in einer autonomen Gemeinschaft zu verwirklichen. Immer wieder wollten Stadt und dänische Regierungen das Gelände räumen lassen. In letzter Minute durften die Besetzer bleiben. In den 80er und 90er Jahren verkam der selbsternannte Freistaat zum Freiraum für Dealer und Drogensüchtige. Inzwischen hat Christiania Drogen, Rocker­bandenkriege und viele weitere Krisen überstanden. Die Bewohner haben eine Stiftung gegründet, die einen Großteil des Geländes gekauft hat. Die Mitglieder der Gemeinschaft zahlen hohe Mieten und verdienen ihr Geld in eigenen Betrieben, in der nahen Stadt oder als Touristenführer.

Mehr als eine Million Besucher fallen jedes Jahr in Christiania ein. Nach dem Freizeitpark Tivoli am Hauptbahnhof ist die autonome Gemeinschaft mit ihren bunten Häusern, den vielen alternativen Läden, Künstlerateliers, Werkstätten und Cafés ein wichtiger Touristenmagnet. Viele sind nur zum Kiffen hier. „No Photo“ steht auf riesigen, selbstgemalten Schildern über Bildern von durchgestrichenen Fotoapparaten. Die Dealer haben Angst vor Zivilpolizisten. Robert B. Fishman


Fettnäpfchen für Touristen
Andere Länder, andere Sitten − Was man in der Ferienzeit beachten sollte, um auf Reisen nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten

Kaum naht die Ferienzeit, warten auf die Konsulate und Botschaften, vor allem die in Übersee, wieder so manche Sonderaufträge. Die Mission: Touristen, und zwar die eigenen Landsleute, herauspauken. Das ist immer dann der Fall, wenn Urlauber im Reisegepäck ihre Sittenvorstellungen und Gesetze von daheim in ferne Länder mitschleppen. Doch: Andere Länder, andere Sitten und Gesetze. Das ABC der Fettnäpfchen von A wie Australien über B wie Brasilien bis C wie China ist lang und voller Überraschungen. Nicht nur Zoll, Sexualmoral und Drogengeschichten bergen Zündstoff.

Wie aus der Zeit alter Kaiserreiche muten manche Delikte gegen die Obrigkeit an. In Kenia zum Beispiel steht es unter Strafe, Geldscheine, auf denen der Präsident abgebildet ist, zu verschandeln oder zu zerknüllen. In Thailand genießt das Königshaus außerordentlichen Respekt. Ab­fällige Bemerkungen gelten dort als Majestätsbeleidigungen und können mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden.

Ein Fettnäpfchen für Touristen stellt immer wieder die Sexualmoral dar, und das nicht nur in islamischen Ländern. In Thailand oder Brasilien sind Nacktbaden oder weibliches „Oben ohne“-Sonnen verboten.

Im Emirat Katar, Gastgeberland der Fußball-WM 2022, ist selbst der Austausch von Zärtlichkeiten in der Öffentlichkeit − dazu zählt schon „Händchenhalten“ − verboten. Nichteheliche Schwangerschaften werden bei Anzeige strafrechtlich verfolgt, selbst Vergewaltigungsopfer können vor dem Kadi landen. Im Iran, gleichwohl keine Touristenhochburg, droht bei „unzüchtigem Verhalten“ im schlimmsten Fall gar die Todesstrafe. Auch Frauen anderer Kulturkreise müssen dort Kopftuch und Mantel tragen, Männer sollten keine kurzen Hosen tragen, wollen sie nicht den Zorn der Sittenwächter auf sich ziehen. Selbst im Touristenland Marokko sind außereheliche und gleichgeschlechtliche Sexualbeziehungen Straftatbestände.

In der Diskriminierung Homosexueller steht der Orient nicht allein da: Selbst Singapur stellt „homosexuelle Handlungen“ zwischen Männern nach wie vor unter Strafe. Nicht anders Indien: Auch dort ist homosexueller Geschlechtsverkehr strafbar, die Höchststrafe beträgt lebenslänglich. In China wiederum stellt das „Gesetz über Strafen für Vergehen gegen die öffentliche Ordnung“ gleich 238 Tatbestände unter Strafe. Dazu zählen allerhand nebulöse Gummiparagraf-Delikte wie „Störung der öffentlichen Ordnung“ oder „sittenwidriges Verhalten“. Neben saftigen Bußgeldern hagelt es auch bis zu 15 Tage Arrest − ohne richterliches Urteil.

Einfach nur am falschen Ort zu sein, kann auch übel enden. In Indien zum Beispiel ist der Aufenthalt in den Himalaya-Regionen Ladakh und Sikkim sowie auf den Andamanen-Inseln ohne Sondererlaubnis strafbar. Aufenthalt trotz abgelaufener Visa ahnden Indien wie auch Kenia hart.

In Thailand sind Reisende verpflichtet, immer ihre Ausweise mit sich zu führen. Vor allem in den Vergnügungsvierteln von Bangkok, Phuket oder Pattaya wird kontrolliert. Und wer in Mexiko Pass und Touristenkarte nicht bei sich trägt, findet sich schnell im Polizeigewahrsam wieder, bis der legale Aufenthalt nachgewiesen ist.

Auch westlich geprägte Länder in Übersee verstehen oft keinen Spaß. Australien und Neuseeland, die von invasiven Tier- und Pflanzenarten geplagt sind, üben nicht nur ein strenges Quarantäne-Regime für Hund und Katze aus und kassieren eingeführte Le­bensmittel. Selbst Erde unterm Schuh kann Ärger geben. Daneben legt „Down Under“ großen Wert auf seine Tabaksteuer. Gerade einmal 50 Zigaretten dürfen zollfrei eingeführt werden.

Bei Drogendelikten drohen nicht nur in Saudi-Arabien oder Iran drakonische Strafen. Manche Länder machen keinen Unterschied zwischen harten und weichen Drogen. Japan etwa bestraft den Besitz selbst kleinster Mengen Haschisch mit bis zu sieben Jahren Haft.

Ärger kann auch die Ausfuhr bereiten, nicht nur die von Antiquitäten, sondern auch die ge­schützter Tiere und Pflanzen. Vor allem artenreiche Länder wie Südafrika, Brasilien oder Mexiko ahnden Verstöße gegen das Wa­shingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) streng. In Brasilien beginnen die Delikte nicht erst bei der Ausfuhr eines Jaguar-fells. Schon der Versuch, Zierfische, Samen wilder Pflanzen, In­sekten oder eine Vogelspinne auszuführen, wird bestraft. Ähnlich Mexiko: Dort kann sich der Ur­lauber, der ein Stück Koralle oder Kakteen exportiert, mächtig in die Nesseln setzen. Kai Althoetmar


S. 22 Neue Bücher

Virus Linksterror
Europäische Partner der RAF

Nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland, sondern überall in Westeuropa formierte sich 1967/68 eine systemkritische Studentenbewegung. Die Studenten und ihre Sympathisanten demonstrierten gegen Kapitalismus, Imperialismus, gegen die USA und den Vietnamkrieg. Jedoch waren ihre Aktionen in den allermeisten Fällen ausdrücklich nicht gegen Personen gerichtet. Grenzübergreifende Kontakte und Strömungen, vor allem aus Italien, trugen um 1970 zur Radikalisierung der „Stadtguerilla“ in West-Berlin und des harten Kerns der selbsternannten „Rote Armee Fraktion“ (RAF) bei.

Die „Netzwerke der transnationalen Subkultur der Gewalt“ während des „roten Jahrzehnts“ in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hat die Göttinger Geschichtsprofessorin Petra Terhoeven eingehend untersucht. Mit dem Titel ihrer Studie „Deutscher Herbst in Europa. Der Linksterroris-mus der 1970er Jahre als transnationales Phänomen“ nimmt sie die Bezeichnung „Deutscher Herbst“ auf, die nach den äußerst dramatischen Ereignissen im September und Oktober des Terrorjahres 1977 für das Jahrzehnt der terroristischen Gewaltanschläge in der Bundesrepublik Deutschland in Gebrauch kam.

Anhand ihrer Ausführungen ist nachvollziehbar, auf welcher Basis sich die kursierenden antiimperialistischen Konzepte und Ideen europaweit verbreiteten und gegenseitig befruchteten. Die einzigen Gesinnungsgenossen der deutschen Linksterroristen, bei der diese Bezeichnung im europäischen Umfeld wirklich angebracht war, waren, so Terhoeven, trotz erheblicher ideologischer und persönlicher Differenzen die italienischen Parallelorganisationen der RAF, allen voran die Rote Brigade (BR).

Terhoeven entwirft eine Entwicklungslinie von den Revolutionsträumen der „68er“ in der APO-Zeit bis zum bewaffneten „Angriff auf das Herz des Staates“ durch die italienischen BR und die RAF. Dass der Terrorismus gerade in diesen beiden demokratischen Ländern stark ausgeprägt war, sei mit deren nationalsozialistischer beziehungsweise faschistischer Vergangenheit erklärlich. Von ähnlicher, jedoch militärisch-operativer Bedeutung war für den deutschen Linksterrorismus die Verbindung zur palästinensischen PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas), wozu bereits mehrere wissenschaftliche Veröffentlichungen vorliegen.

Als weiteres Top-Thema analysiert Terhoeven den Verlauf der im europäischen Ausland jahrelang präsenten gesellschaftspolitischen Diskussion über die Bundesrepublik als einen angeblich repressiven Staat, welche von den seit 1972 in Stuttgart-Stammheim inhaftierten RAF-Mitgliedern der ersten Generation entfacht worden war und von unterschiedlicher Seite immer wieder angestoßen wurde. Dabei fungierten die Anwälte der Terroristen mehr oder weniger bereitwillig im Rahmen ihrer Reisen als Übermittler der Botschaften. Demgegenüber verweigerten sich die westdeutschen Medien bis auf wenige Blätter des linken Spektrums geschlossen einer Debatte über die angeblich totalitäre westdeutsche Staatsmacht.

Terhoeven schließt sich der landläufigen Auffassung an, dass die extreme Steigerung der Viktimierungsstrategie der inhaftierten RAF-Gründer – seit dem Tod von Holger Meins am 13. September 1974 und Ulrike Meinhof am 9. Mai 1976 – als ein letzter verzweifelter Versuch zu werten sei, dem Bild vom deutschen Mörderstaat doch noch zum Durchbruch zu verhelfen.

Dagmar Jestrzemski

Petra Terhoeven: „Deutscher Herbst in Europa. Der Linksterrorismus der 70er Jahre als transnationales Phänomen“, Oldenbourg, München 2014, gebunden, 712 Seiten, 49,80 Euro


Wider die Kollektivschuld
Konrad Löw setzt auf jüdische Zeitzeugen, um Deutsche zu entlasten

Mitte April war der PAZ-Autor Konrad Löw dem „Spiegel“ wieder einmal eine Erwähnung wert. Um zu belegen, dass der Verleger des Bestseller-Autors Akif Pirinçci noch weitere „umstrittene“ Persönlichkeiten im Programm hat, wurde auch der Jurist und Politikwissenschaftler angeführt. Warum Löw eigentlich „umstritten“ ist, macht er selbst in seinem neuen, in einem anderen Verlag erschienen Buchs „Adenauer hatte recht. Warum verfinstert sich das Bild der unter Hitler lebenden Deutschen?“ deutlich. Löw „erdreistet“ sich nämlich, immer wieder darauf hinzuweisen, dass keineswegs „die“ Deutschen die Judenvernichtung gutgeheißen hätten.

Um seine These zu belegen, hat Löw das gemacht, was ein an der Historie Interessierter tun sollte: Er hat ein intensives Quellenstudium betrieben. Vor allem Tagebüchern, Briefen und Autobiografien von jüdischen Zeitzeugen galt seine Aufmerksamkeit. Und hier fand er unzählige Aussagen, die belegen, dass keineswegs die Mehrheit der Deutschen die Judenverfolgung mitgetragen hat.

Als Aufhänger für seine Ausführungen hat Löw eine 2013 erfolgte Gedenkstunde im Bundestag gewählt, bei der eine Überlebende des Holocausts dem Bundeskanzler Konrad Adenauer widersprach, der 1953 nach Abstimmung mit damaligen Repräsentanten des Judentums betont hatte, dass „das deutsche Volk in seiner überwiegenden Mehrheit die an den Juden begangenen Verbrechen verabscheut“ und „sich an ihnen nicht beteiligt“ habe. Der Autor nimmt sich der Frage an, warum der Holocaust in der öffentlichen Wahrnehmung und mit ihm eine angeblich deutsche Kollektivschuld stetig zunehme, während die Ereignisse selbst immer weiter zurück-liegen. Auch fragt er, warum in der Debatte jüdische Zeitzeugen so selten eine Rolle spielten und wie es käme, dass die 2013 im Bundestag aufgetretene Holocaust-Überlebende noch Jahrzehnte zuvor ein viel milderes Urteil über ihre deutschen Mitbürger getroffen habe. So hatte sie 1979 in dem Buch „Ich trug den gelben Stern“ geschrieben, dass sie und ihre Mutter stets von „braven Menschen“ Lebensmittel zugesteckt bekommen hätten.

Anhand mehrerer Publikationen und Studien belegt Löw, der sich wegen seiner Thesen massiv mit der Bundeszentrale für politische Bildung überworfen hat, die sogar einen von ihm bereits abgedruck-ten Beitrag wieder einstampfen ließ, wie einseitig bestimmte Kreise agieren. Oft wäre in Sachen Judenverfolgung immer von „den Deutschen“ die Rede. Hierzu zitiert Löw den Historiker Hans Mommsen: „Die Fiktion einer geschlossenen ,Volksgemeinschaft‘ war zwar durchweg Gegenstand der offiziellen NS-Propaganda, aber sie gab es nur bedingt und nur bezogen auf die aktiven NSDAP-Anhänger.“ Hiermit macht der Autor deutlich, dass all jene, die von einer Kollektivschuld sprechen, sich im Grunde die NS-Propaganda zu eigen machen würden. Um seine Argumente auch noch mit Zahlen zu unterfüttern, greift Löw auf die Entnazifizierungsstatistik der Westzonen zurück, die bei 3,6 Millionen bearbeiteten Fällen nur einige tausend Schuldige ausmachen konnte. Auch zieht er Helmut Schmidt und andere Persönlichkeiten als Zeitzeugen heran, die betont haben, dass sie keineswegs Züge in Vernichtungslager hätten rollen sehen, was auch aufgrund der geografischen Gegebenheiten nachvollziehbar ist.

Zwar werden Studien angeführt, bei denen auch jüdische Zeitzeugen angeführt würden, doch dies geschehe absolut selektiv und offenbar mit dem Ziel, die Deutschen schlecht aussehen zu lassen. „Die große Masse blieb stumpf oder gab, soweit sie schon genügend nazistisch bearbeitet und umgemodelt war, sogar ihrer Freude Ausdruck“, wird Kurt Jakob Ball-Kaduri in einer Dissertation zitiert. Unerwähnt bleibt hingegen Entlastendes wie „Ein Lichtblick in dieser Zeit war das Verhalten der deutschen Bevölkerung in Berlin“. Auch entlarvt er Aussagen wie die des wissenschaftlichen Leiters der Stiftung Gedenkstätten deutscher Widerstand, Peter Steinbach, der behauptet hatte, dass es „gesicherter Forschungsstand“ sei, dass „die“ Deutschen kein Mitleid mit den Juden gehabt hätten.

Löw teilt das Schicksals Thilo Sarrazins, der von den politisch korrekten Medien unfair behandelt wurde. Diese Behandlung hat auch den 1931 geborenen Löw getroffen und so berichtet er über die erfahrenen Demütigungen. Doch wie Sarrazin verwendet er zu viel Raum auf dieses Thema.

Am Ende fragt Löw, wieso gewisse Gruppen so erpicht darauf seien, den Deutschen eine Kollektivschuld anzudichten. Seine Antworten sind erhellend. So seien vor allem jene daran interessiert, die ihre eigene oder ihrer Eltern Schuld relativieren wollten. Sätze wie „Alle haben doch mitgemacht“, reduzierten die persönliche Schuld. Zudem sei ein schlechtes Gewissen ein gutes Herrschaftsinstrument, um den Deutschen Geld und Einfluss abzupressen. Auch sei es wenig attraktiv, Deutscher zu sein, wenn dies überwiegend mit NS-Verbrechen in Verbindung gebracht werden würde, was schlussendlich zur Ablehnung der deutschen Identität und somit zum Verschwinden deutscher Interessen führe. Rebecca Bellano

Konrad Löw: „Adenauer hatte recht. Warum verfinstert sich das Bild der unter Hitler lebenden Deutschen?“, Inspiration Un Limited, Berlin 2014, broschiert, 204 Seiten, 14,90 Euro


Unterirdisches Erbe
Österreichische Forscher erkunden vergessene Stollen aus NS-Zeit

Fast jeder deutsche Bundesbürger hat schon einmal Urlaub im schönen Nachbarland Österreich gemacht. Dass sich oft direkt unter dem hübschen Städtchen und der netten Wiese eine ganz andere Welt befindet, ahnt kaum jemand. Die Autoren Johannes Sachslehner und Robert Bouchal laden Interessierte in ihrem Buch „Unterirdisches Österreich: Vergessene Stollen – Geheime Projekte“ zu einer Zeitreise in die Vergangenheit ein. Österreichs idyllische Landschaft zeige sich verblüffend doppelbödig, so die Autoren. Höhlenforscher Bouchal ist Spezialist für Aufnahmen an schwer zugänglichen Orten. Zusammen mit dem Historiker Sachslehner dokumentiert er lange totgeschwiegene Zeitgeschichte. Bouchal beschäftigt sich seit 30 Jahren mit der Unterwelt seiner Heimat Österreich. Die Existenz dieser Anlagen war nach dem Krieg in Vergessenheit geraten. Erst zur Jahrtausendwende wurden die unterirdischen Bauten der neu gegründeten Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) übereignet, die sich seitdem um die Sicherung und Aufarbeitung kümmert. Das Unternehmen öffnete den Autoren die Tore der sonst nicht zugänglichen Anlagen.

Die Meißel einstiger zwangsarbeitender Häftlinge lagen noch in einer Grube. Das hat einen der Forscher erschüttert. Unter unvorstellbar brutalen Bedingungen arbeiteten Häftlinge aus Konzentrationslagern ohne Unterlass am Ausbau riesiger Stollenkomplexe. Lufttanks rosten vor sich hin. Einst sollten sie die verbrauchte Luft der Menschen säubern, die hier Schutz vor Angriffen suchten.

Tausende Zwangsarbeiter des NS-Regimes fanden an diesen Orten vor Erschöpfung den Tod. Das irrwitzige Streben der Machthaber nach einem „Endsieg“ rechtfertigte in ihren Augen jede Maßnahme. Vielbeschworene „Wunderwaffen“ wie die V2-Rakete und der „Strahljäger“ Me 262 sollten hier produziert werden.

Die Autoren nähern sich der Unterwelt im ersten Kapitel über das unterirdische Erbe, für das lange niemand zuständig zu sein schien. Im zweiten Kapitel, das mit „Große Flucht vor den Bombern“ betitelt ist, befassen sie sich mit der Geschichte der Anlagen. Anschauliches Fotomaterial lässt den Leser teilhaben an dieser Maulwurfsarbeit. Im dritten Kapitel werden die Stollen in der Gegenwart vorgestellt. „Als wäre der Krieg hier gerade erst zu Ende gegangen“, heißt es da. Eine alte Stollenordnung auf vergilbtem Papier lässt aufmerken. „Das Betreten des Südstollens ist grundsätzlich nur Deutschen gestattet“, steht da. Silvia Friedrich

Johannes Sachslehner, Robert Bouchal: „Unterirdisches Österreich: Vergessene Stollen – Geheime Projekte“, styria, Wien 2013, geb., 256 Seiten, 24,99 Euro


Perfekte Täuschung
Wie bisher mit gefälschten Fotos Propaganda gemacht wurde – Autor nennt 48 Beispiele

Fast jeder kennt sie, die Fotos von historischen Ereignissen, deren Authentizität anscheinend unverrückbar feststeht: der Schnappschuss von der Festnahme des Attentäters von Sarajevo am

28. Juni 1914, Robert Capas Bild-Ikone vom „Fallenden Soldaten“ im Spanischen Bürgerkrieg 1936, die Fotografien von der brennenden Berliner Synagoge als dem Symbol der „Reichskristallnacht“ vom

9. November 1938, der „Wehrmachtssoldat“, der mit seinem Gewehr im Anschlag auf einem Feld in „Russland“ steht und eine Frau mit Kind im Arm zu erschießen scheint, die Flaggenhissung durch einen schwindelfreien

Sowjetsoldaten auf dem Berliner Reichstag am 2. Mai 1945, eine ganz ähnliche symbolträchtige Aktion von US-Marines auf der Insel Iwo Jima am 23. Februar 1945, der Handschlag von Torgau zwischen Soldaten der Roten Armee und der US Army am 25. April 1945, das zerschossene Gesicht von Osama bin Laden vom Mai 2011 und so weiter und so fort.

Was viele hingegen nicht wissen: Alle diese Fotos wurden nachträglich gestellt oder verfälscht, retuschiert und beschnitten beziehungsweise unter einem irreführenden Titel in Umlauf gebracht, um über den wahren Sachverhalt hinwegzutäuschen. Wie der Journalist und Lektor Hans Becker von Sothen nun nachweist, ist diese Praxis so alt wie die Fotografie selbst, wobei vor allem in Kriegen manipuliert wurde – getreu dem Motto: „Das erste, was im Kriege stirbt, ist die Wahrheit.“ So arrangierte der Brite Roger Fenton bereits im März 1855 nichtauthentische Bildkompositionen wie „Das Tal des Todesschattens“, um während des Krimkriegs Propaganda für die eigene Seite zu machen.

48 solcher Fotografien aus der Zeit zwischen damals und heute (Stichwort: Bürgerkrieg in Syrien), darunter die eingangs genannten Musterstücke, analysierte Becker von Sothen und schuf damit ein informatives Lehrstück über die Macht von Bildern und die diversen Möglichkeiten, Fotos in irreführender Absicht unter die Leute zu bringen. Dabei entlarvt er die Propaganda der Kriegsgegner Deutschlands genauso wie den ideologisch aufgeladenen Dilettantismus der Macher von Reemtsmas Wehrmachtsausstellung oder die dreisten Lügen der US-Administration über die „Massenvernichtungswaffen“ im Irak des Saddam Hussein.

Auffällig daran ist, dass vor allem diejenigen mit Bildern „Tatsachen“ in Bezug auf ihre Gegner konstruierten, die man heute immer noch zu den „Guten“ zählt, während die Bösewichter der Weltgeschichte eher zu Tricks griffen, um die Erinnerung an ehemalige Weggefährten auszulöschen oder sich selbst vor der Lächerlichkeit zu schützen, so wie Mussolini, der die Fotos von der Zeremonie schönen ließ, in deren Verlauf er 1937 in Tripolis das „Schwert des Islam“ überreicht bekam.

Jedenfalls entsteht beim aufmerksamen Leser des Buches eine erhöhte Sensibilität, was den Aussagewert von Fotografien betrifft, und diese Sensibilität tut auch dringend not, denn die nächsten Fälschungen und Manipulationen vonseiten der „Guten“ wie der „Bösen“ werden sicher nicht lange auf sich warten lassen.

Wolfgang Kaufmann

Hans Becker von Sothen: „Fotos machen Politik. Bild-Legenden. Fälschungen – Fakes – Manipulationen“, Ares-Verlag, Graz 2013, geb., 271 Seiten, 19,90 Euro


S. 23 Rautenberg Buchhandlung

Rautenberg Buchhandlung


S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Rassisten und Verschwörer / Wo die Hautfarbe immer noch wichtig ist, wieso Friedens-Demos verdächtig sind, und welche Geschenke wir nie bekommen werden

Es ist ein Meilenstein in der Geschichte der Gleichberechtigung und des Kampfes gegen rassische Benachteiligung. Der US-Staat Michigan hat vor dem Obersten Gericht der USA eine Gesetzesnovelle durchgesetzt, die endlich Schluss macht mit der Benachteiligung von Leuten wegen ihrer Rasse. Beschlossen hatten die Bürger Michigans die Aufhebung der Benachteiligung per Volksabstimmung schon 2006. Aber finstere Mächte gingen dagegen an. Nun hat der Richterspruch dem Ringen ein glückliches Ende gesetzt. Wenigstens für Michigan ist die Zeit der Diskriminierung vorbei.

Wurde auch Zeit, die Sklaverei ist selbst in den USA schon seit fast 150 Jahren verboten, die Rassentrennung wurde 100 Jahre später gekippt. Bürgerrechtler sollten sich freuen.

Seltsamerweise tun sie das aber nicht: Statt der zu erwartenden Jubelstürme reagieren US-Bürgerrechtsgruppen sogar „empört“ auf das Urteil. Sie fordern, dass die ethnische Herkunft, etwa bei der Vergabe von Studienplätzen, sehr wohl berücksichtigt wird. Wer eine bestimmte Hautfarbe habe, müsse einem gleich guten Bewerber mit einer anderen Hautfarbe vorgezogen werden. Dass dies in Michigan nun nicht mehr der Fall sei und demnächst vielleicht in weiteren Bundesstaaten ebenso, finden sie ungeheuerlich.

Wie bitte, was? Was ist in die gefahren? Firmiert der üble Ku-Klux-Klan neuerdings unter dem Etikett „Bürgerrechtsgruppe“, oder woher kommen die skurrilen Attacken?

Nein, die kommen tatsächlich von den üblichen Bürgerrechtsorganisationen. Die Privilegierung nach Rasse bevorteilte nämlich nicht Weiße, sondern Schwarze und Latinos. Weiße wurden (und werden in den übrigen US-Staaten) systematisch benachteiligt, bis auf Michigan, neuerdings.

Natürlich spricht niemand von „rassischer Benachteiligung“, sondern von „besonderer Förderung“ durch „positive Diskriminierung“. Ach, so ist das: Wenn ein Weißer wegen seiner Hautfarbe einem Schwarzen vorgezogen wird, ist das Rassismus. Wenn dagegen ein Schwarzer einem Weißen wegen seines Teints vorgezogen wird, ist das „besondere Förderung“.

Da finde noch mal einer durch. Man sollte sich aber nicht allzu viel Mühe machen, das zu verstehen. Schon gar sollten wir nicht allzu laute Fragen dazu stellen. Damit macht man sich verdächtig.

Das mit dem Verdächtigwerden geht immer schneller. Sie haben es sicher mitbekommen. Der Sänger Heino ist von dem Sänger Jan Delay als „Nazi“ entlarvt worden. Heino singe nämlich Lieder wie „Schwarzbraun ist die Haselnuss“! Das war tatsächlich eine von Delays Begründungen für seinen „Nazi“-Vorwurf gegen den Altstar! Zudem sei Heino (wie allerdings auch etliche andere Stars, die keiner als „Nazi“ beschimpft) in Südafrika aufgetreten, als Weiße gegenüber Schwarzen dort noch „besonders gefördert“ wurden.

Alles ziemlicher Stuss, ich weiß. Hilft aber nichts, von Heino werden wir uns nun wohl distanzieren müssen, sonst geraten wir auch noch ins Visier. Kein „Nazi“ zu bleiben, wird nämlich auch immer komplizierter. Früher reichte es, wenn man regelmäßig auf eine Friedens-Demo ging, um seinen Platz im Kreis der Guten zu behalten. Ist auch vorbei.

Denn sogar Frieden ist mittlerweile verdächtig. Sie wissen ja, der Putin und so. Seit der mit Hitler verglichen wurde, ist er das Böse. Wer Frieden will, der will auch Frieden mit Russland und steckt daher vermutlich mit Putin, also mit Hitler, unter einer Decke.

Entsprechend misstrauisch verfolgen die Medien eine Welle von „Montagsdemonstrationen für den Frieden“, die sich seit einigen Wochen über Deutschland breitmacht und mittlerweile mehr als zwei Dutzend Städte erreicht hat. Auf dem Potsdamer Platz in Berlin waren neulich schon mehr als 1500 Leute versammelt.

Ein verwirrend buntes Völkchen hat die „Zeit“ dort geortet, vom „Rentnerpärchen mit Hund“, bis zu Punks und „Männern in Bomberjacke“. Eine Mischung, welche die „Zeit“-Journalistin schon mal verdächtig findet. Und siehe da: Feindbilder seien vor allem die Medien, die US-Außenpolitik und das „Zinssystem“, das spreche für „typisch rechte Verschwörungstheorien“, wie das Blatt den „Rechtspopulismus-Experten“ Alexander Häusler zitiert.

Auf den Demos dominieren demnach rechte Schattenmänner, die laut der „Zeit“ im Hintergrund längst eine nationale Verschwörung aufgebaut haben. Beweis: Als Redner in Berlin trat Jürgen Elsässer auf, der Chefredakteur des Magazins „Compact“. In „Compact“ hat auch ein gewisser Andreas Popp etwas geschrieben. Popp wiederum kritisiert das Zinssystem. Zinskritik hat, so entlarvt Häusler, vor 80 Jahren auch ein Nazi names Gottfried Feder geübt.

Bei der Demo redet also einer, in dessen Blatt einer geschrieben hat, der etwas kritisiert, was ein längst vergessener Nazi vor 80 Jahren zufällig auch nicht mochte – schon ist die direkte Beziehung der Berliner Friedensdemonstranten ins Führerhauptquartier einwandfrei bewiesen. Und wer’s jetzt noch nicht glaubt: Irgendwo auf dem Potsamer Platz hat sogar ein NPD-Mann Zettel verteilt. Zwar hat Elsässer den mit Sicherheit gar nicht bemerkt, weil er gerade redete, aber das hilft ihm jetzt auch nicht mehr, jedenfalls nicht in den Augen der „Zeit“.

Schon rührend, wenn eine Zeitung, die derart atemberaubende Spiralen zusammenphantasiert, anderen ausgerechnet einen „Hang zu Verschwörungstheorien“ vorwirft. Das, liebe „Zeit“-Redaktion, könnt ihr allemal besser, wie der hier verhandelte Beitrag zweifelsfrei belegt. Die Grünen jedenfalls sind schwer erschüttert von den wilden Verschwörungen, welche die „Zeit“ in ihrer Glaskugel entdeckt hat, und finden die Friedens-Demos ab sofort „zutiefst besorgniserregend“.

Zumal der Konflikt mit Russland auf seine Weise durchaus hilfreich ist. Immerhin sind in vier Wochen EU-Wahlen. Leider hat Brüssel den Höhepunkt seiner Popularität vor Jahren hinter sich gelassen. Da punktet man beim Wähler lieber mit Ablenkungsthemen, anstatt sich in leidigen EU-Debatten zu verzetteln.

Ablenken allein reicht aber nicht, die Politiker müssen so kurz vor dem Urnengang auch ein paar Geschenke hochhalten, um Appetit auf ihre Wiederwahl zu machen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wedelt mit dem Problem der „Kalten Progression“, dass er ganz bestimmt angehen will. Also, dass man bei jeder kleinen Gehaltserhöhung automatisch in einen höheren Steuertarif steigt, selbst wenn die Erhöhung unter der Teuerungsrate liegt. Das hatte unter anderem zufolge, dass die Reallöhne seit 2000 sogar in den „Euro-Krisenländern“ deutlich stärker gestiegen sind als bei uns, wo sie seitdem bestenfalls stagnieren.

Und das wird nun endlich abgeschafft? Ja, so ist es. Oder? Ja so ist es, sagt Schäuble, „sobald im Haushalt Spielräume entstehen und es einen gemeinsamen Willen der Koalitionspartner gibt“.

Ach so. Gut, das mit dem Koalitionspartner könnte hinhauen. Sogar aus der SPD kam nämlich die Forderung, mit dem Skandal der „Kalten Progression“ aufzuräumen. Ja, sogar der DGB stimmt ein.

Bleibt dann noch die Hürde mit den „Spielräumen im Haushalt“. Das ist der Trick, denn Schäuble, die SPD und sicher auch die Gewerkschaften werden zuverlässig dafür sorgen, dass es diese „Spielräume“ niemals geben wird. Wenn doch, wird schnell an der Rente herumgebastelt oder es werden andere „dringende Ausgaben“ aufgetan, die zum größten Bedauern der Koalitionäre „zunächst Priorität genießen“.

Die Abschaffung der „Kalten Progression“ ist wie die Schaufensterwaren in gewissen DDR-Geschäften. Die konnte man zwar vorn im Fenster bewundern, hinten im Laden aber nur selten bekommen. Wenn Leipziger Messe war, häufte sich die Vorzeigeware. Die Leipziger Messen unserer Politik sind die Wahlkämpfe.


MELDUNGEN / ZUR PERSON

Steinigung als Geschenk

Bandar Seri Begawan – Zwar sind nur zwei Drittel der 420000 Einwohner des Sultanats Brunei Moslems, doch auch für alle anderen gilt ab sofort die Scharia. Bereits im Oktober 2013 hatte Sultan Hassanal Bolkiah die Einführung der Scharia angekündigt. Experten gehen davon aus, dass der Multimilliardär mit dem Strafrecht, das Steinigung für Ehebruch und Homosexuelle vorsieht, den Islamisten im Land, die seinen teils westlichen Lebensstil kritisieren, entgegenkommen will. Bel

 

Deutlich weniger Ü90

Wiesbaden – In Deutschland gibt es weniger Hochbetagte als angenommen. Infolge des Zensus 2011 vermeldete nun das Statistische Bundesamt, dass es hierzulande nur 550000 Menschen über 90 Jahren gebe, was zwölf Prozent weniger seien, als zuvor angenommen. Vor allem bei den Männern lagen die Schätzungen daneben. Ging man von 163000 Herren in dieser Altersklasse aus, so sind es nach jetzigen Zahlen nur 114000. Bel

 

Bürgermeister in einer Seifenoper

Einmal im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit stehen – diese Rolle genießt Wjatscheslaw Ponomarjow sichtlich. Seit er als selbsternannter „Volksbürgermeister“ der ostukrainischen Stadt Slawjansk 13 Militär-Beobachter als Geiseln genommen hat, gibt er den internationalen Medien täglich eine Pressekonferenz. Von martialisch maskierten und mit Kalasch­nikoffs bewaffneten Leibwächtern begleitet, stürmt er in den Saal, hebt Ruhe gemahnend seine linke Hand, an der zwei Finger fehlen, und schwadroniert im rüpelhaften Ton über seine „Kriegserfolge“.

Mal bezeichnete er die Festgenommenen als „Kriegsgefangene“, mal als „Faustpfand“, mal als „Gäste“. Über den US-Journalisten Simon Ostrovsky, den er einige Tage zuvor wegen angeblicher Spionage hatte festnehmen lassen, sagte er, dieser sei ein „kleiner Floh“, der „nicht den Staub auf den Stiefeln meiner Jungs wert ist“.

In der 115000-Einwohner-Stadt Slawjansk selbst weiß man wenig über den 49-jährigen Sohn eines russischen Vaters und einer ukrainischen Mutter. Er sei Besitzer einer Seifenfabrik, heißt es. Bis 1990 habe er in der Ro­ten Armee gedient, sei an Spezialeinsätzen der Nordmeerflotte und in Afghanistan beteiligt gewesen.

Jetzt spielt der Westentaschen-Despot wieder Krieg – Bürgerkrieg. Slawjansk sei Kriegsgebiet, ließ er wissen. Die Begründung lieferte ihm über Ostern ein undurchsichtiges Scharmützel an einem Kontrollpunkt, bei dem mindestens drei prorussische und ukrainische Kämpfer ums Leben kamen. Dieser Vorfall machte das Genfer Abkommen über eine Waffenruhe zur Makulatur. Ponomarjow befehligt rund 2500 Milizionäre, die auch vor Folter und Mord nicht zurückschrecken. So auch im Fall des Stadtrats Wolodimir Rybak, den man mit Folterspuren nahe der Stadt tot in einem Fluss auffand. tws


MEINUNGEN

Francis Fukuyama, einst Vordenker der Republikaner in den USA und jetzt Professor an der Universität Stanford, bezeichnet im „Handelsblatt“ vom 21. April die US-Politik als äußerst korrupt:

„Die republikanische Partei befindet sich schon unter Kontrolle einigen milliardenschwerer Großspender. Auch der Gesetzgebungsprozess ist von Lobbygruppen unterwandert, die Reformen mit Ausnahmen und Schlupflöchern spicken. Was dabei herauskommt, spiegelt nicht das öffentliche Interesse wider, sondern die Verteilung von Geld und Einfluss. Es ist ein korruptes System. Die Tatsache, dass wir diese Form der Korruption als legal bezeichnen, ändert nichts daran.“

 

 

Der US-Trendforscher und Buchautor Gerald Celente äußert im österreichischen „Wirtschaftsblatt“ (24. April) die Befürchtung, dass die Ukraine-Krise in einen großen militärischen Konflikt münden könnte, der ganz Europa erschüttert:

„Ich würde mir sehr viel Sorgen machen, wenn ich in Europa leben würde. Ich hätte definitiv einen Notfallplan. Solche Dinge können so schnell entflammen. Sie sollten besorgt sein. Sie sollten sich sehr große Sorgen darüber machen, was gerade passiert. All dies kann sich jede Sekunde verändern. Es wird keinen Warnschuss geben, die Waffen werden einfach losfeuern.“

 

 

Rainer Hank geht in der „FAZ“ vom 27. April scharf mit Andrea Nahles ins Gericht:

„Andrea Nahles behauptet schlicht: Es sei gerecht, dass, wer 45 Jahre geschuftet habe, ohne Abschläge in die Rente gehen könne. Unterkomplexer hat noch selten ein Sozialdemokrat geredet ... Kann es gerecht sein, eine bestimmte Arbeitergruppe früher bei vollem Finanzausgleich in die Rente zu schicken und die Rechnung dafür heutigen jüngeren Arbeitern zu präsentieren? Kann es gerecht sein, heutigen Rentnern Rentenerhöhungen zu verweigern, weil demnächst die gut ausgestatteten 63er anrücken? Ein solches Gerechtigkeitskonzept, das blinden Auges neue Ungerechtigkeiten schafft, ist seinen Namen nicht wert ... Eines freilich ist wirklich ungerecht: immer auf Andrea Nahles herumzuhacken, nur weil sie es intellektuell besonders dürftig anstellt. Was sie macht, ist ja nur die Exekution des Koalitionsvertrags, den Union und SPD gemeinsam abgeschlossen haben. Wenn jüngere Unionsabgeordnete jetzt knatschen, so hätten sie es nicht gemeint, dann hätten sie mal besser vorher aufgepasst.“

 

 

Der Publizist und Vorsitzende der Deutschen Edelmetallgesellschaft, Peter Boehringer, tadelt mit scharfen Worten das geplante Gesetz, wonach die Gesinnung eines Straftäters beim Strafmaß berücksichtigt werden soll:

„Der Terminus ,Menschenverachtung‘ als Tatmotiv, der künftig zu massiver Strafverschärfung bei ,Meinungsdelikten‘ im Sinne der Definition der Mächtigen führen wird, ist derart schwammig, dass er von einer böswilligen und auf dem linken Auge blinden Unrechts- und Gesinnungsjustiz bei praktisch jeder Systemkritik willkürlich gegen die Kritiker gezogen werden kann!“