29.03.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Folge 19/14 vom 10.05.2014

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

Der kalte Betrug
Schäubles Steuerversprechen sind ein freches Wahlkampfmanöver

Finanzminister Wolfgang Schäuble stellt eine „Entlastung“ bei der kalten Progression in Aussicht. In Wahrheit will auch er die Belastung immer weiter steigen lassen.

Kurz vor den EU-Wahlen werden den Deutschen Geschenke versprochen, die gar keine sind. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) redet vage von der Möglichkeit, die Steuerzahler durch eine Milderung der kalten Progression zu „entlasten“, und zwar im Jahre 2016 um rund drei Milliarden Euro.

Die kalte Progression umschreibt einen legalen Betrug am Steuerzahler: Selbst wenn eine Lohnerhöhung nur gerade eben die Inflation ausgleicht, steigt der Beschäftigte automatisch in einen höheren Steuertarif. Aus einer Bruttolohn-Anhebung wird so leicht eine Nettolohn-Senkung, weil die Finanzminister frech und „kalt“ – nämlich ohne offen beschlossene Steuererhöhung, die sie politisch rechtfertigen müssten – zusätzlich abgreifen.

So stieg der Einkommensteuersatz für ledige Durchschnittsverdiener seit 2010 von 21,9 Prozent auf heute 23 Prozent und wird bis 2017 laut Schätzung auf 24,4 Prozent weiter anwachsen; dazu kommen der „Soli“ und alle weiteren Abgaben.

Dass Schäuble nun den Eindruck erweckt, er wolle diesen Beutezug zumindest ein wenig begrenzen, ist ein geschickter Wahlkampf-Schachzug, denn in Wahrheit stellt er lediglich in Aussicht, die Mehreinnahmen in nur einem einzigen Jahr, 2016, den Zahlern zurückzuerstatten. Und selbst das nur, „wenn es die Haushaltslage zulässt“. Danach soll es wie gehabt weitergehen.

Der Umgang mit der Rentenkasse hat indes gezeigt, dass die Parteien Mehreinnahmen und eine „gute Haushaltslage“ umgehend für neue Ausgaben missbrauchen. Nicht einmal mit den höchsten Steuereinnahmen der deutschen Geschichte kommen sie aus. Es wird Zeit, den Grund dieser Dauermisere beim Namen zu nennen: Die verantwortlichen Politiker sind schlicht unfähig, mit dem Geld der Bürger umzugehen. Es ist eine finanzpolitische Inkompetenz von historischen Ausmaßen, die sich in den Zahlen widerspiegelt.

Die Propagandaspielchen des Finanzministers sind lediglich der Versuch, diese Inkompetenz zu überdecken. Doch selbst der geht etlichen Politikern der Großen Koalition schon zu weit. Nachdem Wirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel zunächst selbst für ein billiges Täuschungsmanöver bei der kalten Progression eingetreten war, ist sogar das führenden SPD-Politikern vom linken Flügel schon zu viel.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber sekundiert dabei: Vorrang vor einem Abbau der kalten Progression hätten ein ausgeglichener Haushalt und „keine Steuererhöhungen“. Eine Lüge in sich, denn die kalte Progression ist selbst eine jährliche Steuererhöhung beträchtlichen Ausmaßes. Folge: Die Deutschen tragen schon heute fast die höchste Steuerlast in allen OECD-Ländern. Hans Heckel


Politik plant Putsch gegen Karlsruhe
Große Koalition will Kompetenzen des Bundesverfassungsgerichts beschneiden — Aushöhlung der Gewaltenteilung droht

In der Großen Koalition gibt es Gedankenspiele, die Kompetenzen des Bundesverfassungsgerichts zu beschneiden. Ein wichtiger Grund dafür dürfte die Entscheidung des Gerichts sein, mit der es die Drei-Prozent-Hürde bei den EU-Wahlen für verfassungswidrig erklärt hat. Damit ist nicht aus- geschlossen, dass es auch die Fünf-Prozent-Hürde bei den Bundestagswahlen doch noch eines Tages zu Fall bringt.

Unrealistisch sind die Pläne, dem Bundesverfassungsgericht Fesseln anzulegen, nicht. Immerhin verfügen Christ- und Sozialdemokraten im Bundestag gemeinsam über eine Mehrheit von 80 Prozent der Sitze, womit sie das Grundgesetz und damit auch die Rolle des Gerichts ändern könnten. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (siehe PAZ 16/2014) hat sich bereits mit Staatsrechtlern zusammengesetzt, um die entsprechenden Möglichkeiten zu eruieren. Zu den erörterten Fragen gehören eine Verkürzung der zwölfjährigen Amtszeit der Verfassungsrichter, ihre Disziplinierung durch die Möglichkeit zur bisher nicht vorgesehenen Wiederwahl und die Einführung einer Zweidrittelmehrheit im Senat zum Kippen von Gesetzen. Eine Gesprächsrunde von Unionsabgeordneten unter Vorsitz des Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Kauder kam zu dem Schluss, dass man künftig stärker auf die Auswahl der Kandidaten für die Richterposten achten müsse.

Der Koalitionspartner SPD hält sich in der Sache noch bedeckt. Zumindest offiziell will er sich lediglich zu der Absicht bekennen, die vom Bundestag zu ernennenden Verfassungsrichter zukünftig nicht mehr vom nichtöffentlich tagenden, je zur Hälfte aus Mitgliedern von Bundestag und Bundesrat gebildeten Wahlgremium, sondern im Plenum des Parlaments wählen zu lassen. In Karlsruhe herrscht die Befürchtung, dass dieses Verfahren der Auftakt zu einer öffentlichen Diskussion über die Kandidaten und ihre Haltung zu bestimmten gesellschaftlichen Themen sein und am Ende zu einer Auswahl nach politischem Wohlverhalten führen könne. Auch mit dem Gedanken, dass alle juristischen Berufsgruppen und nicht wie bisher nur Rechtswissenschaftler, Berufsrichter und ehemalige Politiker in Karlsruhe vertreten sind, können sich die Sozialdemokraten anfreunden.

Auch die private, aber regierungsnahe US-Denkfabrik „Stratfor“ sieht diese Gedankenspiele eindeutig in Zusammenhang mit der Europapolitik der Merkel-Regierung. Zögen nämlich, so die gelegentlich als „Schatten-CIA“ bezeichneten Wissenschaftler, Euro-kritische Parteien in die Parlamente ein, könnten sie die deutsche Europapolitik aus Regierungssicht negativ beeinflussen. Oder anders ausgedrückt: Mit seiner Urteilspraxis gefährde das Bundesverfassungsgericht die Stabilität in Europa und müsse daher auf die Linie der Politik gebracht werden. De facto läuft diese Forderung auf eine Aushöhlung der Gewaltenteilung hinaus.

Das Bundesverfassungsgericht, für das Urteilsschelte von allen Seiten seit jeher zum Alltag gehört, hält sich noch bedeckt. Allerdings ist es kaum wahrscheinlich, dass man in Karlsruhe diese Entwicklung nicht mit großer Sorge verfolgt. Der mit dem Gerichts- präsidenten Andreas Voßkuhle befreundete Theologe Friedrich Wilhelm Graf beklagte bei einem öffentlichen Auftritt, nicht wenige politische Akteure seien wegen einer von ihnen „subjektiv erlittenen Karlsruher Selbstherrlichkeit und Machtfülle durchaus daran interessiert, den öffentlichen Wirkungsraum der Karlsruher Richter einzuengen“. Bei dieser Passage des Redemanuskripts dürfte wohl Voßkuhle die Feder mit geführt haben.

Jan Heitmann


Jan Heitmann:
Ein Vorbild

Während auf der großen politischen Bühne verbal aufgerüstet und ein Gegensatz zwischen dem Westen und Russland herbeigeredet wird, treffen sich Deutsche und Russen in Königsberg, um an einen Aspekt der Geschichte Ostpreußens zu erinnern, die seit fast sieben Jahrzehnten eine gemeinsame Geschichte ist. Bei der Ausstellung „Kurze Geschichte Labiaus“ (siehe Seite 13) handelt es sich um ein gemeinsames Projekt des Königsberger Gebietsarchivs und der Landsmannschaft Ostpreußen (LO). Sie ist ein Ergebnis des Deutsch-Russischen Forums, eines seit 2008 einmal jährlich von der LO veranstalteten, äußerst fruchtbaren Austauschs zu überwiegend kulturellen Themen. Fern jeder Politik, sind diese Treffen von Offenheit, gegenseitigem Respekt und Freundschaft getragen.

Die Einwohner Ostpreußens wurden, sofern sie nicht bereits geflüchtet waren, nach 1945 vertrieben. Doch nicht nur sie und ihre Nachkommen pflegen ihre ostpreußische Identität, auch viele der heutigen Einwohner fühlen sich als Ostpreußen. Das ist es, was beide heute verbindet und sie das Schmerzliche an ihrer gemeinsamen Geschichte überwinden und in die Zukunft blicken lässt – manchmal in kleinen Schritten zwar, aber immer auf dem richtigen Weg. Den weltpolitischen Akteuren können sie sogar ein Vorbild sein: Die Ostpreußen, die russischen wie die deutschen, bringen auch dann, wenn es einmal kompliziert wird, den Willen und die Kraft zum Dialog und zur Verständigung auf. Sie stellen das seit Jahren auf vielen Feldern unter Beweis. Was Deutsche und Russen im Kleinen schaffen, sollte auch Merkel und Putin gelingen.


S. 2 Aktuell

Moskaus Ausweg aus der Isolation
Sanktionen des Westens beschleunigen Putins Ambitionen, neue Allianzen zu bilden

Die angekündigte Verschärfung der Sanktionen des Westens gegen Russland führt dazu, dass Wladimir Putins Suche nach neuen Partnern Auftrieb erhält. Diese findet er unter den Mitgliedern der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ), den BRICS-Staaten und Weißrussland.

Schlimmer als die politischen Sanktionen des Westens trifft Russland die Herabstufung seiner Kreditwürdigkeit seitens der amerikanischen Rating-Agenturen Standard &  Poors und Fitch. Erst kürzlich wurde der Wert der sechs größten russischen Unternehmen gleichsam auf Ramschniveau abgesenkt. Die Folgen für die russische Wirtschaft sind verheerend: Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres betrug der Kapitalabfluss ausländischer Investoren 51 Milliarden US-Dollar, das Wirtschaftswachstum dümpelte bei 1,3 Prozent. Kredite für russische Unternehmen auf den internationalen Kapitalmärkten verteuern sich enorm, die Inflation im Land steigt. Die negativen Folgen für die Wirtschaft könnten sehr langfristig sein.

Moskau hält die schlechten Ratings für politisch motiviert, sie seien quasi eine weitere Sanktion des Westens, indem Anlegern signalisiert werde, ihr Geld sei in Russland nicht sicher. Die Einschätzung eigener Experten sehe anders aus.

Die bislang eher sanften politischen Sanktionen wirken andererseits als Katalysator für Russlands Bemühungen um neue Allianzen. Bei einem Treffen der drei Staatschefs Nursultan Nasarbajew (Kasachstan), Alexander Lukaschenko (Weißrussland) und Wladimir Putin Ende April in Minsk erhielt die lange geplante Eurasische Wirtschaftsunion neuen Aufwind. Russland wie Kasachstan sind Mitglieder der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit, einer internationalen Organisation mit Sitz in Peking, die auf dem Gebiet der Sicherheit, der Energie, des Handels und der Politik zusammenarbeitet. Ihr gehören außerdem China, Usbekistan, Kirgisien und Tadschikistan an, Indien, Pakistan und Iran haben Beobachterstatus,

Obwohl Russland immer wieder betont, dass die Gruppe kein Militärbündnis als Gegengewicht zur Nato darstellen solle, sondern die wirtschaftliche Zusammenarbeit Priorität habe, demonstriert Mos-kau bei gemeinsam durchgeführten Manövern stets die militärische Präsenz einer Großmacht. Vor allem der  Iran und Indien sind wichtige Kunden für russische Rüstungsexporte. Bis Jahres-ende will Russland Luft-Boden-Raketen vom Typ BraMas nach Indien liefern, über die Lieferung von S-300-Abwehrsystemen an den Iran wird spekuliert.

Für Russland geht es einerseits darum, seinen Einfluss in Zentralasien zu manifestieren, andererseits stellt die Schanghai-Gruppe einen wichtigen Energiemarktplatz dar. Seit Jahren gibt es Pläne, eine Pipeline zu bauen, mit der Gazprom die drei SOZ-Beobachter Iran, Pakistan und Indien miteinander verbinden soll.

Ende April trafen sich der iranische Energieminister Hamid Chitchian und sein russischer Amtskollege Alexander Nowak, um über Stromverträge mit einem Volumen von acht bis zehn Milliarden US-Dollar zu verhandeln. Russland will den Iran mit Strom versorgen und das Stromnetzwerk ausbauen. Auch ein neues Wasserkraftwerk ist geplant. Außerdem wollen beide Länder einen Ölvertrag im Wert von 20 Milliarden Dollar abzuschließen. Russland soll täglich 500000 Barrel Öl erhalten, der Iran im Gegenzug russische Güter wie Lehensmittel, Getreide, aber auch Waffen.

Über diese Entwicklung zeigen sich die USA wenig erfreut, zumal sowohl die Sanktionen des Westbündnisses gegen Russland als auch die mit Unterstützung Mos-kaus gegen den Iran beschlossenen unterlaufen werden. Ein weiterer Trumpf des Kremls ist die Tatsache, dass die Verhandlungen der USA und der EU über das iranische Atomprogramm ohne Russland nicht vorankommen.

Während die Sanktionen des Westens gegen Russland ins Leere zu laufen drohen, sehen die Schwellenländer ihre Chance, von dem neu entfachten Ost-West-Konflikt zu profitieren. Auf der Frühjahrstagung der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) zeigten Brasilien, Indien und China erstaunliche Einigkeit. Vor dem IWF-Treffen stimmten sie sich ab, formulierten ihre Forderungen nach der Gründung einer gemeinsamen Entwicklungsbank und nach einer IWF-Reform, die ihnen mehr Einfluss gewährt.

Die BRICS-Staaten (die Vereinigung der ökonomisch aufstrebenden Länder Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) haben sich im Ukrainekonflikt auf die Seite Moskaus gestellt. Es scheint, als witterten sie die einmalige his-torische Gelegenheit, die globale Ordnung mit den USA als Hegemonialmacht zu verändern. Vor allem Brasilien nutzt die Isolation Moskaus, um sich von den USA abzuwenden und den Warenaustausch mit China voranzutreiben.

Manuela Rosenthal-Kappi


Athen trickst, Brüssel deckt
Auch Berlin will vor der EU-Wahl griechische »Erfolge« nicht hinterfragen

Für Kritiker des AfD-Chefs Bernd Lucke war es scheinbar die Gelegenheit, dem für gewöhnlich sehr sachkundig wirkenden Wirtschaftswissenschaftler endlich einmal einen Fehler auf seinem ureigensten Fachgebiet nachzuweisen. Bereits am 2. April hatte Lucke in einem Brief an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) darauf hingewiesen, dass die Angaben aus Athen und Brüssel zu einem griechischen Primärüberschuss im Jahr 2013, „erstaunlicherweise“ nicht mit jenen des europäischen Statistikamts Eurostat übereinstimmten.

Eurostat hatte nach Angaben Luckes ein erhebliches Defizit im Primäretat errechnet – unter anderem weil Athen viel Geld für die Bankensanierung ausgegeben hat. Schäubles Ministerium konnte dagegen anführen, dass das Herausrechnen der Bankenrettung durch Regeln des Internationalen Währungsfonds (IWF) gedeckt sei. Entstanden ist damit der Eindruck, der Euro-Kritiker Lucke habe entweder als Professor für Volkswirtschaft keine Ahnung oder aber er habe die Öffentlichkeit bewusst täuschen wollen.

Laut Berechnungen des griechischen Ökonomen Yanis Varoufakis wurde mit mehreren Tricks ein primäres Staatsdefizit von eigentlich 3,9 Milliarden Euro in einen vorgeblichen Primärüberschuss von 1,5 Milliarden Euro verwandelt. Selbst wenn man von den Kosten der Bankenrettung absieht, so fehlen in der Bilanz doch immer noch vier Milliarden Euro, die sich Griechenland weigerte, seinen Lieferanten für offene Rechnungen zu bezahlen, zu deren Zahlung das Land jedoch eigentlich im Jahr 2013 vertraglich verpflichtet gewesen wäre.

Dazu wurde Varoufakis auch bei einem Klassiker der „Greek Statistics“ fündig, den „Weißen Löchern“ im staatlichen Pensionsfonds. Noch in den Jahren 2011 und 2012 wurde dieser mit Defiziten im Staatshaushalt bilanziert. Für das Jahr 2013 wurde dann plötzlich ein Plus von 4,7 Milliarden ausgewiesen. Der Trick: Von Europa im Jahr 2013 erhaltene Hilfskredite wurden einfach bei dem Pensionsfonds zwischengeparkt und dort als eigenes Vermögen ausgewiesen.

Die Behauptung, dass Athen für 2013 einen Primärüberschuss präsentieren könne, ist nicht nur wichtig, um vor der europäische Öffentlichkeit weitere Zahlungen an Griechenland rechtfertigen zu können. Aus dem errechneten Überschuss zahlt Athen auch eine „soziale Dividende“ an Bedürftige. Einmalig sollen Griechen zwischen 500 bis 1000 Euro erhalten, wenn ihr Jahreseinkommen unter 9000 Euro liegt. Faktisch handelt es sich dabei um ein Wahlgeschenk – abgesegnet von Brüssel.

Parallel zur EU-Wahl am 25. Mai finden nämlich in Griechenland Kommunalwahlen statt, bei denen sich ein Debakel für die Regierungskoalition und ein Durchmarsch der linksradikalen Syriza abzeichnen. Folge könnte sein, dass in Athen auch noch die hauchdünne Regierungsmehrheit von ein bis zwei Stimmen im Parlament verloren geht, etwa wenn Parlamentarier die Seiten wechseln oder aber bei Abstimmungen nicht mehr mitziehen. N.H.


Weich gefallen
Ex-Rüstungsdirektor leitet Staatsunternehmen

Der ehemalige Rüstungsdirektor des Bundesverteidigungsministeriums, Detlef Selhausen, leitet seit Anfang des Monats die staatseigene Bundeswehr Fuhrpark Service GmbH. Im Februar hatte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen den 58-jährigen Spitzenbeamten von seinem Amt als Leiter der Ministerialabteilung für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung entbunden und damit die personellen Konsequenzen aus den schweren Mängeln im Rüstungs- und Beschaffungswesen gezogen.

Allerdings ist Selhausen weich gefallen, denn bei seinem neuen Arbeitgeber bekleidet er die Position des dritten Geschäftsführers für operative Bereiche und IT. Seine Bezüge entsprechen im Wesentlichen seiner früheren Besoldung als Ministerialdirektor zuzüglich Ministerial- und Versorgungszulage sowie einem Geschäftswagen der gehobenen Mittelklasse „mit einer angemessenen Zusatzausstattung“. Zur Begründung von Selhausens Berufung heißt es aus dem Ministerium, er sei eine „führungs- und prozesserfahrene“ Persönlichkeit und bringe die erforderliche Fachkompetenz für diese Geschäftsführerposition mit. Diese überaus positive Beurteilung erscheint nicht nachvollziehbar angesichts der harschen Kritik, die Verteidigungsministerin von der Leyen noch kurz zuvor an seiner Arbeit geübt hat. Allerdings wird der Vorgang verständlich, wenn man weiß, dass die Vorlage dazu von Selhausens früherer Abteilung erarbeitet wurde. Die Ministerin soll die Berufung bereits am 31. März, also nur sechs Wochen nach Selhausens Rauswurf, gebilligt und das Bundeskabinett darüber informiert haben.

Die Bundeswehr Fuhrpark Service GmbH gehört zu 100 Prozent dem Bund. Sie verwaltet auf der Grundlage von langfristigen Verträgen rund 26000 überwiegend handelsübliche Fahrzeuge und vermietet diese an die Bundeswehr. Die Bilanzsumme liegt bei 250 Millionen Euro, im Jahr 2012 erzielte das Unternehmen einen Umsatz in Höhe von 311,6 Millionen Euro. Jan Heitmann


MELDUNGEN

»Verdi«-Chef schmeißt hin

Hamburg – Der Hamburger „Verdi“-Landesvorsitzende Wolfgang Abel hat aus Protest gegen die zunehmende Politisierung und den Linksruck des Landesverbandes seinen Rücktritt angekündigt. Im Juli vergangenen Jahres hatte der Landesvorstand hinter seinem Rücken 185 sogenannte Lampedusa-Flüchtlinge aufgenommen. Da die Neumitglieder nicht berufstätig sind und somit auch keine gewerkschaftliche Vertretung benötigen, war diese Aktion sogleich als Manöver entlarvt, die Afrikaner zu instrumentalisieren. Doch der Versuch des Landesverbandes, sich politisch zu profilieren, indem er sich öffentlichkeitswirksam für ein Bleiberecht stark machte, schlug fehl. Der Vorgang hat nicht nur zu Unverständnis in der Öffentlichkeit, sondern laut Abel auch zu einem Mitgliederrückgang geführt. J.H.

 

Reibach mit Tagegeld

Brüssel – Der Präsident des EU-Parlaments, der deutsche Sozialdemokrat Martin Schulz, bekommt seit seinem Amtsantritt im Januar 2012 zusätzlich zu seinen sonstigen Bezügen pro Tag ein steuerfreies Tagegeld in Höhe von 304 Euro gezahlt, das sich im Jahr auf 110000 Euro summiert. Das Tagegeld, das alle EU-Abgeordneten erhalten, wird üblicherweise nur für Anwesenheitstage in Brüssel und Straßburg gezahlt und soll Ausgaben im Rahmen der parlamentarischen Arbeit wie Mehraufwendungen für Unterkunft und Verpflegung am Arbeitsort ausgleichen. Dem Parlamentspräsidenten allerdings steht das Tagegeld unabhängig von der Anwesenheit automatisch an 365 Tagen pro Jahr zu. Schulz hat das Geld offensichtlich sogar für die Tage genommen, an denen er nachweislich nicht für die EU, sondern ausschließlich in eigener Sache als Wahlkämpfer unterwegs war. Erst seit dem 18. April erhält er kein Geld mehr – angeblich auf eigene Veranlassung, was er jedoch noch nicht belegt hat. J.H.


S. 3 Preussen/Berlin

SPD: Machtkampf geht weiter
Wowereit lässt die Partei zappeln, Diadochen gehen aufeinander los, Berliner wenden sich ab

Raed Saleh will nicht mehr, Jan Stöß sieht sich als Sieger und Dilek Kolat bleibt die unbekannte Größe in der vom linken Parteiflügel dominierten Nachfolgekalkulation um Klaus Wowereit. Wie geht es weiter?

SPD-Landesfraktionschef Raed Saleh „hätte den Mut haben müssen, im Kampf um den SPD-Landesvorsitz offen gegen Stöß anzutreten“, bemängelt Vize-Landeschef Philipp Steinberg. Nun sei Saleh kein Kandidat mehr, sagen seine Gegner. Sie werfen dem bisher als Nachfolger von Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) Gehandelten parteischädigendes Verhalten vor: Er erzwinge eine unpassende Personaldebatte, ohne offen gegen Kontrahent Jan Stöß anzutreten. Während sich der interne Machtkampf hochschaukelt, dümpelt die SPD im Umfragetief und muss um ihre politischen Inhalte fürchten.

Selbst nach außen bemüht sich die SPD-Landesspitze immer weniger um Einigkeit. Der innere Zwist bremst zur Unzeit: 64 Prozent aller Berliner wollen laut einer Forsa-Umfrage Klaus Wowereits Ablösung. Doch der will erst 2015 entscheiden, ob er sich erneut zur Wahl stellt. Offiziell gibt es also keine Nachfolgedebatte, doch die Kämpfe werden unübersehbar. Selbst unter erklärten SPD-Anhängern ist die Stimmung gegen Wowereit gekippt. Dem „weiter so“ in der SPD steht nicht nur die Stimmung der Wähler, sondern auch der interne Machtpoker entgegen, der sich im Vorfeld des Landesparteitags am 17. Mai immer mehr aufheizt.

Am 27. April, einem Sonntag, erklärte Raed Saleh als einer der beiden Hauptrivalen in der Wowereit-Nachfolge vor Journalisten seinen Rückzug von einer erwarteten Kampfkandidatur gegen Jan Stöß um den (Landes-)Parteivorsitz. Den darf Stöß nun voraussichtlich behalten. Ist Saleh damit aus dem Rennen? Am Parteivorsitz hängt seine Machtstellung in der Partei: Um sich gegen den Netzwerker Stöß in Stellung zu bringen, hätte Saleh den Landesvorsitz benötigt, denn seine eigene Machtbasis ist schmal und wurde in den vergangenen Tagen noch schmaler.

Seine parteiinterne Widersacherin Dilek Kolat konnte derweil im SPD-Kreisverband Tempelhof-Schöneberg trotz massiver Kritik an Manipulationen aus ihrem Umfeld ihre Wiederwahl als Kreisvorsitzende durchsetzen. Die Arbeitssenatorin befindet sich so nach der von ihr verhandelten und SPD-intern als Erfolg verkauften Auflösung des Flüchtlingslagers auf dem Oranienplatz weiter im Aufwind.

Dass Saleh Nerven zeigt, wertete Stöß als „gut“ – nun herrsche Klarheit. Zum jüngsten Schlagabtausch befragt, sagte er: „Diese Personalspekulationen mitten in zwei Wahlkämpfen haben uns nicht genutzt.“ Die Frage, wer „voraussichtlich Landesvorsitzender wird“, sei mit Salehs Rückzieher entschieden, so der Sprecher des linken Parteiflügels. Rivalitäten zwischen den Flügeln nehme er nicht wahr, sondern „eher persönliche Ambitionen“ – ein Hieb auf Saleh, der als isoliert erscheinen soll. Knappe parteiinterne Abstimmungsergebnisse für sich selbst wie für die ebenfalls als Aufsteigerin gehandelte Dilek Kolat wertet Stöß nicht als Zeichen der Spaltung oder mangelnder Kampagnenfähigkeit der SPD. Vielmehr bemüht er sich linkisch um Schadensbegrenzung. Er will die Wowereit-Nachfolge nicht thematisieren und sucht doch jetzt den Schulterschluss mit Kolat, deren „Verhandlungserfolg“ am Oranienplatz nicht zerredet werden dürfe – auch das ist ein Schlag gegen Kolat-Kritiker Saleh.

Kolat nimmt das Bündnis an: „Unser Fraktionschef hat offenbar nachgezählt und gemerkt, dass ihm die Mehrheit fehlt“, lästerte sie über Salehs Rückzieher. Der rede von Stabilität in der SPD, trage aber nicht dazu bei. Kolat, gerade erst selbst wegen Drohungen gegen interne Widersacher in der Kritik, drohte Saleh „Konsequenzen“ wegen dessen Verhaltens an.

Unterstützung für das Bündnis Stöß-Kolat kommt aus dem von der SPD-Linken dominierten Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg: Julia Schimeta, die 2012 mit Stöß’ Aufstieg auf dessen alten Posten als SPD-Kreischef nachrückte, hielt Saleh vor, seinetwegen sei der innerparteiliche Frieden gestört. Auch habe sich die Partei nicht auf den Europawahlkampf und den Volksentscheid zum Tempelhofer Feld konzentrieren können. Das von Stöß geknüpfte Frauen-Netzwerk zahlt sich somit aus. Vergessen ist, dass nicht Saleh, sondern Stöß die Konfrontation mit der Öffentlichkeit in der Frage des Tempelhofer Feldes suchte.

Saleh stolpert nicht nur über die linke Dominanz in der Riege der Wowereit-Nachfolger. Dass er den Rückzug nicht vor einem Parteigremium, sondern vor ausgewählten Journalisten erklärte, halten ihm auch nicht-linke Genossen vor.

Laut Forsa-Umfrage passt Berlins Bürgern jedoch der Linkskurs der Landes-SPD nicht – 62 Prozent der Befragten wollen nicht Stöß’ Politik, sondern eine Orientierung der SPD zur politischen Mitte. Alle potenziellen Wowereit-Nachfolger fallen im Urteil der Befragten durch, Saleh wie Stöß und Kolat, letztere mit den schlechtesten Werten. Dass die SPD den Anschluss an die Wirklichkeit der Wähler verliert, zeigt sich inhaltlich an den von den Befragten als problematisch genannten Fragen Bildung, BER und Wohnungsbau – Kernthemen der SPD, bei denen sie nicht punktet. Dass Saleh hinter den Kulissen bei Genossen vergeblich für sich und seinen Kurs warb und die Vergeblichkeit seiner persönlichen Ambitionen wie Inhalte erkannte, kostet die Partei mehr als ein von Kolat angedrohtes Verfahren gegen ihn. Sverre Gutschmidt


Mai-Unruhen
von Vera Lengsfeld

Eigentlich mag man nicht mehr darüber schreiben, was sich in Berlin jedes Jahr am 1. Mai abspielt. Inzwischen behandeln auch bürgerliche Blätter wie der „Tagesspiegel“ die Ausschreitungen der Autonomen als Stadtfolklore und veröffentlichen Fotostrecken, die diese Legende stützen sollen.

In den Kommentaren wird die Polizei als Buhmann vorgeführt, dem, was auch immer passiert ist, der Schwarze Peter zugeschoben wird. In diesem Jahr war es der Einsatz von Pfefferspray, der gerügt wurde.

Der Grund für diesen Einsatz wird nur am Rande erwähnt. Autonome hatten einen U-Bahnhof in Kreuzberg blockiert, sich auf die Schienen gesetzt und Züge durch Ziehen der Notbremse zum Halten gebracht. So etwas scheinen die Hauptstadtjournalisten inzwischen für eine zulässige Meinungs­demonstration zu halten, denn die Polizei­aktionen werden als Willkürmaßnahmen dargestellt, während jede Kritik am Verhalten der Autonomen fehlt.

Ein Stoß aus der Pfefferspraydose habe einen unbeteiligten Zuschauer getroffen, wie ein Neun-Sekunden-Video, das ins Netz gestellt wurde, zu belegen scheint. Prompt werden bei der Polizei interne Ermittlungen gegen den betreffenden Beamten eingeleitet. Von Ermittlungen gegen die Blockierer des Öffentlichen Nahverkehrs hört man dagegen nichts.

Weitgehend friedlich sei der 1. Mai gewesen, lässt die Polizei hinterher verlauten. Flaschenwürfe und Böllerbeschuss müssen die Einsatzkräfte inzwischen offenbar als Liebesbeweise ansehen. Wie lange unter solchen Umständen noch junge Leute bereit sein werden, Dienst bei der Polizei zu tun, wird die Zukunft zeigen.

Sind die Verantwortlichen in Berlin wirklich unverbesserlich? Zum Glück gibt es auch Lichtblicke. Am 8. Mai, dem Tag der Befreiung von der Hitlerdiktatur und des Beginns der Stalinherrschaft im sowjetisch besetzten Teil Deutschlands, pflegten seit Jahren die Traditionsverbände der ehemaligen Nationalen Volksarmee am Sowjetischen Ehrenmal in Treptow aufzumarschieren mit Uniform, Orden und Waffen. Proteste der Verfolgten des SED-Regimes dagegen waren bisher erfolglos. In diesem Jahr ist es den beharrlichen Bemühungen des Bezirksbürgermeisters von Treptow-Köpenick, Oliver Igel, zu verdanken, dass diese militaristische DDR-Nostalgieshow verboten wurde.

Erlaubt wurde den Genossen lediglich eine Kranzniederlegung am Ehrenmal ohne Uniformen und ohne Waffen. Igel konnte Senator Müller persönlich von der Notwendigkeit des Verbots überzeugen. Dass Oliver Igel Mitglied der SPD ist, zeigt, dass es noch Hoffnung für die Partei gibt. Sucht sie nicht händeringend nach einem Nachfolger für OB Wowereit?

Oliver Igel, übernehmen Sie!


Teure Symbolpolitik
Brandenburg baut Riesen-Akku: Energiesicherheit nur vorgetäuscht?

Deutschlands größte Batterie entsteht als 13 Millionen Euro teure Stromspeicheranlage in Brandenburg. Das Projekt hat bundesweiten Vorzeigestatus im Rahmen der „Energiewende“. Der einzige Haken ist die mit zehn Megawatt recht geringe Kapazität des Riesenakkus, die maximal für den Strom von rund fünf Windrädern reicht – zu wenig, um bei einer Flaute die Versorgung zu sichern.

Das Projekt ist pikant, sieht sich Brandenburgs Politik doch als Vorreiter in Sachen Erneuerbarer Energien und macht dem Bund entsprechende Vorhaltungen. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) zweifelte bereits Ende 2013 die von der Bundespolitik geplante Energiewende bis 2030 an und forderte vor wenigen Tagen, der Bund solle Braunkohle als Brückentechnologie stärker fördern. Die für den geplanten neuen Akku verantwortliche Firma Energiequelle GmbH machte dagegen mit dem Pilotdorf Feldheim in Brandenburg von sich reden, das mit fünf Windrädern unabhängig von den großen Versorgern sein will. So lobt die „Frankfurter Rundschau“: „Im brandenburgischen Dörfchen Feldheim erzeugen die Bewohner ihre eigene Energie und entziehen sich dem Machtbereich der großen Energiekonzerne.“ Sauberer David gegen den jeweiligen Goliath, dieses Motto findet bundesweit Anklang in Medien und Politik. Feldheim selbst feierte sich mit einer Lichtschau im März, wobei man Windanlagen in bunten Farben erstrahlen ließ.

Der nun in dem Dorf in Potsdam-Mittelmark entstehende Akku kann indes selbst in dem dünn bewohnten Landstrich – Feldheim hat bloß 130 Einwohner – nur begrenzt zur Versorgung beitragen. Er taugt nicht für dicht besiedelte oder industriereiche Regionen, was die Pilotwirkung begrenzt.

Dennoch übernimmt das Land 40 Prozent der Investitionskosten. Brandenburgs Regierung hat eine Speicherinitiative gestartet und will so innovative Projekte fördern. Dieser Förderung steht auch nicht im Weg, dass selbst Experten des Betreibers noch größeren „Batterien“ kaum je eine wirtschaftliche Chance einräumen. Im Einsatz soll die Speicheranlage schnell verfügbar sein und im Sekundenbereich reagieren, um das Netz zu stabilisieren. Da die Betreibergesellschaft Strom nicht garantiert aufnehmen und abgeben kann, hat sie einen entsprechenden Vertrag mit dem großen Versorger Vattenfall geschlossen – „zur Absicherung“. SV


Aus der Traum?
Stiftung gibt kein Geld für Garnisonkirche

Die Stiftung Preußisches Kultur­erbe (SPKE), die sich für den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche einsetzt, zieht sich aus der Finanzierung des Projekts zurück. Der Grund sei, so Stiftungsvorstand Max Klaar, dass das Stiftungsziel, die „Wiedererrichtung und Nutzung der Garnisonkirche als Denkmal und Symbol des christlichen Preußens“, nicht verwirklicht werden könne.

Schon seit Jahren gibt es zwischen der konservativ ausgerichteten SPKE und der kirchlichen Garnisonkirchen-Stiftung, die bei dem Projekt die Federführung hat, ideologisch motivierten Streit um die inhaltliche Ausrichtung der Arbeit. Die Kirchenstiftung sieht den Ort wegen des hier vom NS-Regime 1933 inszenierten „Tages von Potsdam“ als belastet an und will ein „Versöhnungskonzept“ zur Schaffung eines Gedenkortes umsetzen, der „zur Auseinandersetzung mit Fremdenhass, Gewalt und Intoleranz“ aufruft. Die SPKE lehnt diese Pläne als „zeitgeistigen, polit-historischen Missbrauch der Garnisonkirche zur Volkspädagogik“ ab. Nicht einmal darauf, dass der preußische Adler wieder wie einst den Kirchturm zieren soll, konnte man sich verständigen.

Laut Beschluss des SPKE-Stiftungsrats sollen die bisher gesammelten Spendengelder in Höhe von 6,3 Millionen Euro anderen Kultur- und Kirchenprojekten in Brandenburg zugute­kommen, über die die etwa 2000 Spender bis Ende Juni entscheiden können. Obwohl bei der Finanzierung des 100-Millionen-Euro-Projekts eine riesige Lücke klafft, gibt man sich bei der Kirchenstiftung demonstrativ gelassen: Man habe ohnehin niemals mit den SPKE-Geldern kalkuliert, so Verwaltungsvorstand Peter Leinemann. J.H.


Sperrmüll für Barrikaden

Bußgelder von bis zu 200 Euro drohen Berlinern, die auf gefälschte Aufrufe zu einer kostenlosen Sperrmüllsammlung hereingefallen sind. Bereits Ende April kursierten in mehreren Stadtbezirken Handzettel und Aushänge, in denen dazu aufgerufen wurde, alte Möbel und Schrott zur kostenlosen Abholung einfach auf die Straße zu stellen. Nach Angaben der Berliner Stadtreinigung (BSR) handelt es sich bei den Aufrufen um Fälschungen, die nicht von dem Landesbetrieb stammen. Als Urheber der amtlich wirkenden Schreiben können nach den Erfahrungen der Vergangenheit linksextreme Kreise vermutet werden. Bereits mehrmals hatte es im Vorfeld von 1.-Mai-Ausschreitungen die Aufforderung gegeben, ausrangierte Möbel oder Elektrogeräte zur Abholung auf die Straße zu stellen. Wie im Jahr 2012 hatten gewalttätige Linke derartigen Sperrmüll dann als Material zum Bau von Barrikaden bei Straßenschlachten mit der Polizei verwendet. N.H.


S. 4 Hintergrund

Von vornherein fragwürdig
Mission der Militärbeobachter in der Ukraine war weder risikoarm noch unparteiisch

Die Affäre um die vorübergehend im ukrainischen Slawjansk festgesetzten Militärbeobachter aus Deutschland, Polen, Tschechien, Schweden und Dänemark ist weiterhin von Ungereimtheiten begleitet. Zur offiziellen OSZE-Mission gehörten sie jedenfalls nicht.

Auch wenn Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen von den drei deutschen Offizieren und ihren Begleitern noch immer als OSZE-Beobachtern spricht, steht mittlerweile fest, dass es sich nicht um Mitglieder der offiziellen Mission der Sicherheitsorganisation handelt. Diese hat das einstimmige und zeitlich unbefristete Mandat, die Umsetzung der Genfer Beschlüsse zu überwachen. Dazu befinden sich seit dem 21. März Expertenteams in der Ukraine, denen auch russische Vertreter angehören. Sie haben die Aufgabe, die Lage zu beobachten und darüber an den OSZE-Sitz in Wien zu berichten. Dass die derzeit 100-köpfige Mission, die auf bis zu 500 Mitglieder ausgeweitet werden kann, nicht nur mit Billigung Mos­kaus, sondern sogar mit dessen Unterstützung durchgeführt wird, verleiht ihr in der gesamten Konfliktregion breite Akzeptanz und macht sie kaum konfliktträchtig.

Anders sieht es hingegen bei den Militärbeobachtern aus, die sich auf der Grundlage des Wiener Dokuments in der Ukraine aufhalten. Sie sind aufgrund einer bilateralen Vereinbarung im Land und haben daher nicht das breite Mandat einer Mission der OSZE, auch wenn ihr Einsatz unter deren Dach erfolgt. Bei einer derartigen Mission lädt ein Gastland, in diesem Fall die Ukraine, die zugleich Konfliktpartei ist, Beobachter aus anderen Ländern ein und stimmt die Rahmenbedingungen ebenso wie die Einsatzdetails direkt mit den Entsendestaaten ab. Eine solche Mission ist nicht an einen einstimmigen Beschluss aller 57 OSZE-Staaten gebunden und wird nur von den beteiligten Staaten vereinbart. Da Russland die Ukraine-Mission ablehnt, verweigerte es den Militärbeobachtern den Zutritt zur Krim, so dass diese ihre Aktivitäten auf den Osten der Ukraine konzentrierten. Laut Delegationsleiter Oberst Axel Schneider hätten sie den Auftrag gehabt, nur die regulären bewaffneten Verbände der Ukraine und weder separatistische noch russische Kräfte zu beobachten. Das aber korrespondiert nicht mit ihrem von den Separatisten beherrschten Einsatzgebiet, in dem ukrainische Streit- oder Sicherheitskräfte praktisch nicht mehr präsent sind. Durch diesen Umstand und die Ablehnung der Mission durch Russland war die Mission von vornherein dem Verdacht der Parteilichkeit ausgesetzt.

Ebenso wie die offizielle OSZE-Mission agieren auch die Militärbeobachter grundsätzlich unbewaffnet. Die Verantwortung für ihre Sicherheit trägt das Gastland. Genau das aber wurde den drei deutschen Offizieren zum Verhängnis, denn sie bewegten sich in einem Raum, über den Kiew die Kontrolle verloren hat. Von einer Garantie für ihre Sicherheit konnte also keine Rede sein. So war es den Separatisten ein Leichtes, die Delegation in ihre Gewalt zu bringen und nach Belieben festzuhalten. Dass die ausländischen Offiziere nicht wie üblich ausschließlich von Angehörigen der ukrainischen Streitkräfte, sondern auch des Geheimdienstes begleitet worden sein sollen, berechtigt zu weiteren Zweifeln an der Unparteilichkeit ihrer Mission.

Die OSZE, die weniger eine schlagkräftige Organisation als vielmehr ein Vertrauensbildungs-, Vermittlungs- und Dialogforum ist, geht aus der Affäre beschädigt hervor. Zwar waren die Militärbeobachter nicht in ihrem Auftrag, wohl aber in Abstimmung mit ihr im Einsatz. Dadurch hat sie ein gutes Maß von ihrer Glaubwürdigkeit als neutrale Instanz eingebüßt.

Jan Heitmann


Ganzheitlich für Sicherheit
Die OSZE ist weltweit die größte Organisation ihrer Art

Die OSZE ist aus der 1975 mit der Schlussakte von Helsinki als ständige Gipfelfolge begründeten Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) hervorgegangen. Im Juli 1992 erklärte sich die KSZE zu einer „Regionalen Abmachung“ im Sinne von Kapitel III der UN-Charta und vollzog damit den Wechsel von einer Konferenz zu einer internationalen Organisation und einem System der kollektiven Sicherheit. Mit 57 Teilnehmerstaaten in Nordamerika, Europa und Zentralasien sowie einem Geltungsbereich von Vancouver bis Wladiwostok ist die OSZE die größte regionale Sicherheitsorganisation der Welt.

In ihrem Vertragsgebiet ist sie das vorrangige Instrument für Frühwarnung, Krisenmanagement und Konfliktnachsorge. Es gilt das Konsensprinzip, so dass alle Mitglieder bei allen Entscheidungen grundsätzlich den gleichen Status haben. Ihre Entscheidungen sind politisch, nicht jedoch rechtlich bindend. Dem Subsidiaritätsprinzip entsprechend, soll die OSZE als erster internationaler Ansprechpartner bei Konflikten innerhalb ihres Wirkungsbereichs dienen. Sie folgt dabei einem ganzheitlichen Ansatz, der einen Zusammenhang zwischen den drei Dimensionen des Sicherheitsbegriffs – der politisch-militärischen, der wirtschaftlich-ökologischen und der menschlichen – herstellt. Zu ihren wichtigsten Zielen gehören somit die Schaffung von umfassender und ungeteilter Sicherheit, Konfliktverhütung und Konfliktmanagement in allen Phasen von Konflikten und Krisen, der Schutz von Menschenrechten sowie demokratischen und rechtsstaatlichen Standards, Stabilität und Abrüstung sowie vertrauensbildende Maßnahmen und die Terrorismusbekämpfung. Zudem haben die Teilnehmerstaaten bekräftigt, dass Menschenrechte und Demokratie „nicht ausschließlich zu den inneren Angelegenheiten eines Staates“ gehörten, sondern alle Mitglieder beträfen.

Die Handlungsfähigkeit der OS ZE wird durch eine Reihe von Institutionen gewährleistet, darunter das Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs, der Ministerrat, der Hohe Rat und der Ständige Rat als wichtigste Beschluss-, Leitungs- und Arbeitsgremien.

Ein Instrument der OSZE sind vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen im Rahmen des sogenannten Wiener Dokuments. In dieser 1990 geschlossenen und zuletzt 2011 aktualisierten Vereinbarung verpflichten sich die Unterzeichner zum jährlichen Austausch von Informationen über ihre militärischen Potenziale und Aktivitäten sowie zur Duldung von Inspektionen. Kapitel X des Wiener Dokuments sieht darüber hinaus freiwillige Maßnahmen zur Steigerung der Transparenz und des Vertrauens vor. Diese basieren auf der Grundlage von Sondervereinbarungen in bilateralem, multilateralem oder regionalem Zusammenhang und sind auf konkrete regionale Bedürfnisse zugeschnitten. Zudem können zusätzliche Inspektions- und Überprüfungsbesuche durch Nachbarstaaten vereinbart werden. J.H.


»Berichterstatter für Frieden und Vertrauen«

Die drei in der Ukraine festgesetzten deutschen Militärbeobachter wurden nicht zufällig für diese Mission ausgewählt. Sie gehören zu den rund 200 deutschen Offizieren, die speziell für derartige Aufträge ausgebildet wurden. Ihr Mutterhaus ist das Zentrum für Verifikationsaufgaben der Bundeswehr (ZVBw) in Geilenkirchen. Diese Dienststelle stellt nach den Vorgaben des Auswärtigen Amtes und unter Führung des Bundesverteidigungsministeriums weltweit die Umsetzung der Rüstungskontrollverträge sicher. Seine Mitarbeiter inspizieren Militäranlagen auf dem Territorium der Vertragspartner und begleiten ausländische Delegationen bei ihren Inspektionen in Deutschland.

„Friedenserhaltung ist kein Job für Soldaten, aber nur Soldaten können es tun.“ Dieser Erkenntnis des ehemaligen UN-Generalsekretärs Dag Hammarskjöld folgend, bilden moderne Streitkräfte Militärbeobachter aus, die sie den internationalen Organisationen zur Verfügung stellen. In Deutschland geschieht dies im Rahmen von Rüstungskontrolllehrgängen am ZVBw sowie speziell in Vorbereitung auf UN-Beobachtermissionen am VN-Ausbildungszentrum an der Infanterieschule in Hammelburg. Militärbeobachter üben diese Funktion freiwillig neben ihrer eigentlichen Verwendung in den Streitkräften aus. Als „Berichterstatter für Frieden und Vertrauen“, so das Verteidigungsministerium, werden nur Bewerber berücksichtigt, die über gute englische Sprachkenntnisse verfügen sowie gesundheitliche Eignung und körperliche Leistungsfähigkeit nachweisen können. Da sie üblicherweise in multinational zusammengesetzten Gruppen eingesetzt werden, wird von ihnen „ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit, Eigenverantwortung und internationaler Teamfähigkeit“ erwartet. J.H.


Zeitzeugen

Dag Hammarskjöld – Der zweite UN-Generalsekretär gilt als der Vater der internationalen Friedenssicherung durch Beobachtermissionen und bewaffnete UN-Kontingente. Die Umstände seines Todes bei einem Flugzeugabsturz 1961 sind bis heute nicht geklärt. Es gibt allerdings Indizien für einen politisch motivierten Mord.

Jürgen Beyer – Bevor der 1952 geborene Brigadegeneral Kommandeur des Zentrums für Verifikationsaufgaben der Bundeswehr wurde, leitete er deren Zentrum für Nachrichtenwesen und war somit im geheimdienstlichen Bereich tätig. Das gibt der Vermutung Nahrung, dass bei der Tätigkeit deutscher Militärbeobachter auch nachrichtendienstliche Aspekte eine Rolle spielen. Seine sonstigen Karrierestationen absolvierte Beyer in der Truppe und in Stäben.

Lamberto Zannier – Der italienische Jurist gilt als Karrierediplomat. Neben Stationen in Auslandsvertretungen und im Außenministerium war er in internationalen Organisationen tätig, so als Abrüstungsexperte bei der Nato, bei der OSZE, als italienischer Vertreter bei der Organisation für das Verbot chemischer Waffen in Den Haag und als Leiter der UN-Mission im Kosovo. Seit seiner Ernennung zum OSZE-Generalsekretär im Juli 2011 ist er oberster Repräsentant der Sicherheitsorganisation.

Michajlo Kowal – Seit dem 25. März 2014 ist der 58-jährige Generaloberst des Grenzschutzes ukrainischer Verteidigungsminister. Trotz der angespannten Lage in der Heimat belässt er knapp 1000 seiner Soldaten in internationalen Friedensmissionen. Sie sind unter anderem in Liberia, im Kongo, im Kosovo, in Afghanistan, auf Zypern und bei der EU-Marine-operation „Atalanta“ im Einsatz.

Ertugrul Apakan – Als ehemaliger türkischer Botschafter in Nordzypern gilt der 1947 in Izmir geborene Diplomat als besonders geeignet für heikle diplomatische Aufgaben. So war er 2009 als Unterstaatssekretär maßgeblich an der Normalisierung der Beziehungen zu Armenien beteiligt. Daraufhin wurde er zum Ständigen Vertreter der Türkei bei den Vereinten Nationen ernannt. Seit dem 2. April 2014 ist er Leiter der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine.


S. 5 Deutschland

Was will die Gruppe »CDU 2017«?
Eine Generation nach dem »Andenpakt« gibt es ein neues Netzwerk junger Christdemokraten

Unmittelbar nach der Festlegung auf eine Koalition mit den Sozialdemokraten im vergangenen Herbst hatten sich rund 50 verhältnismäßig junge CDU-Politiker zusammengeschlossen. In der vergangenen Woche ist diese Gruppe CDU 2017 nun mit einem Thesenpapier an die Öffentlichkeit gegangen, dem zufolge die CDU ihr Profil als „Wirtschafts- und Wertepartei“ wieder schärfen solle. Nichtsdestotrotz gibt die Formation Rätsel auf.

Angela Merkel hat sie politisch alle überlebt. Jahrelang sorgten Gerüchte und Geschichten über den sogenannten Andenpakt innerhalb der CDU für Aufsehen. Auf einem Nachtflug über dem südamerikanischen Gebirge soll der Schwur von 17 Jung-Politikern entstanden sein, sich stets in parteiinternen Abstimmungen zu unterstützen. Sie alle einte der Wunsch nach der großen Karriere. 17 westdeutsche Politiker teilten die Partei unter sich auf, doch als sie endlich in dem Alter waren, um nach der Macht zu greifen, machte die Mitteldeutsche Merkel das Rennen. Peter Müller, Roland Koch, Christian Wulff, Fried­rich Merz oder Friedbert Pflüger haben sich ausnahmslos aus der politischen Arena zurück­gezogen. Von Merkel ausgebremst, weggelobt oder mit Miss­achtung gestraft – nicht mal den so sicher geglaubten Parteivorsitz konnten sie unter sich ausmachen.

Es überrascht daher wenig, dass sich der Bundestagsabgeordnete Jens Spahn in der vergangenen Woche beeilte zu betonen, dass die Gruppe CDU 2017 auf keinen Fall mit dem Andenpakt vergleichbar sei. Unmittelbar nach der Festlegung auf eine Koalition mit den Sozialdemokraten im Herbst 2013 hatten sich rund 50 verhältnismäßig junge CDU-Politiker zusammengeschlossen. Dabei gehe es nicht um Macht und Einfluss, sondern darum, das inhaltliche Gesicht der CDU im Jahr 2017 zu prägen, erklärte Spahn – dann stehen nämlich die nächsten Bundestagswahlen an, und nach dem Wunsch der „2017er“ soll es dann ein Ende haben mit der Großen Koalition. „Es geht uns darum, dass die CDU auch in Zeiten der Großen Koalition als Partei der Wirtschaftskompetenz erkennbar bleibt“, sagte Spahn dem „Tagesspiegel“. Jetzt ist die Gruppe mit einem Thesenpapier an die Öffentlichkeit gegangen. Danach solle die CDU ihr Profil als „Wirtschafts- und Wertepartei“ wieder schärfen.

Inhaltlich gibt die Formation allerdings Rätsel auf. In ihrem jüngsten Papier positioniert sie sich wirtschaftspolitisch an der Seite des Unternehmerflügels der Partei. Der ausgeglichene Bundeshaushalt für 2015 dürfe „keine Ausnahme sein, sondern muss die Regel werden“, heißt es und statt Sozialleistungen auszubauen, müsse mehr in die Infrastruktur investiert werden. Auch die neueste Position zur Zuwanderungspolitik lässt aufhorchen. Einwanderung müsse „positiv und gezielt gestaltetet werden“, ein Punktesystem solle eingeführt werden. In Fragen der Rentenpolitik betreiben die „U-50-Politiker“ Fundamentalopposition gegen die Große Koalition. „Unsere Sorge, dass das vereinbarte Rentenpaket inklusive der abschlagsfreien Rente mit 63 die Erfolge der Rentenpolitik der letzten 15 Jahre gefährden könnte, bleibt“, heißt es, und zum Schluss werden die Thesen gar noch mit einer Portion Patriotismus garniert: „Jungen Menschen werden Werte wie Familie, Zusammenhalt und Heimat immer wichtiger. Der Zeitgeist ist konservativ.“

Diesem Tabubruch steht allerdings jene Positionierung entgegen, welche die Gruppe bei ihrer Gründung verbreitete. In ihrem Manifest wetterte sie zwar schon damals gegen die Rentenpläne, allerdings forderte sie massiv eine Öffnung der CDU für künftige Bündnisse mit den Grünen. Man stehe „für einen aktiven Austausch mit den Grünen, um persönliche Kontakte weiter auszubauen und inhaltliche Gemeinsamkeiten zu suchen“, erklärte sie und Initiator Spahn fügte hinzu: „Nach der Bundestagswahl 2017 darf ein schwarz-grünes Bündnis kein Tabu mehr sein.“

Klar ist zumindest, dass einige der rund 50 Mitstreiter erhebliche politische Ambitionen hegen, allen voran der CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Der 39-Jährige stammt aus dem einstmals konservativen hessischen Landesverband, dort wo die CDU mittlerweile mit den Grünen koaliert. Tauber gilt als Querdenker – ein unideologischer Pragmatiker sei er, lobte die Kanzlerin, als sie ihn unlängst zum Generalsekretär machte. Gleiches gilt auch für den Westfalen Spahn. Der bekennt sich zu seiner Homosexualität ebenso wie zur katholischen Kirche und nimmt schon mal die in Verruf geratene Pharmaindustrie in Schutz. Der Nachrichtensender NTV nannte ihn daraufhin „den Ströbele der CDU“, einen, der immer gegen den Strom schwimme.

Die Kanzlerin, so berichtet man im politischen Berlin, sei zunächst „sauer“ über den Vorstoß gewesen. An der Rentenpolitik gebe es nichts zu verhandeln, diese sei mit der SPD vereinbart. Doch als in Spahns Landesverband der Zuspruch wuchs und sich sogar der Sozialpolitiker Armin Laschet positiv über „2017“ äußerte, machte Merkel das, was sie am besten kann: aussitzen und auf Zeit spielen. Das Anliegen sei angekommen, ließ sie mitteilen, kündigte aber an, dass sie sich erst nach der Europawahl mit den Inhalten auseinandersetzen wolle. Gut möglich, dass sie die Zeit nutzen wird, um ihre Vertrauten innerhalb der Gruppe auf Kurs zu bringen. Neben Tauber zählt der thüringische Fraktionsvorsitzende Mike Möhring ebenso dazu wie die saarländische Abgeordnete Nadine Schön. Sie stehen nicht in dem Ruf, ihr Verhältnis zur Kanzlerin aufs Spiel setzen zu wollen. Und der Werdegang der „Andenpaktler“ dürfte abschreckend genug sein.

Peter Entinger


Kurt Becks schwieriges Erbe
Mainz: Großprojekte ihres Vorgängers fallen Dreyer auf die Füße

Inzwischen gut anderthalb Jahre im Amt, werden für die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) die vom Vorgänger Kurt Beck (ebenfalls SPD) hinterlassenen Großprojekte immer mehr zum Problem. So hat das Engagement des Landes Rheinland-Pfalz beim Ausbau des Nürburgrings nicht nur zu hohen Verlusten für die Steuerzahler geführt, sondern sogar die Justiz beschäftigt. Wegen Untreue beim Ausbau des Nürburgrings zu einem Geschäfts- und Freizeitzentrum wurde vor Kurzem der frühere Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Vorgeworfen wurde Deubel zwar nicht, dass er sich persönlich bereichert hätte, wohl aber, dass er bei dem öffentlich finanzierten Bauvorhaben kriminell mit Steuermitteln hantiert habe.

Mit dem Prozess ist für die SPD die Nürburgring-Affäre noch lange nicht ausgestanden. Nach Deubels Rücktritt steckte sein Nachfolger nochmals massiv Steuergelder in das Projekt in der strukturschwachen Eifel. Den Genossen rettete diese Neufinanzierung zwar knapp den Sieg bei der Landtagswahl 2011, den Bankrott der landeseigenen Nürburgring-Gesellschaft verhinderten die Steuergelder allerdings am Ende nicht.

Inzwischen ist der Nürburgring für 77 Millionen Euro an den Rennsport-Zulieferer Capricorn verkauft. Der Steuerzahler droht trotz der Privatisierung auf Verlusten von 400 bis 500 Millionen Euro sitzen zu bleiben. Mittlerweile arbeitet der Landesrechnungshof die Vorgänge um den Nürburgring in einem Sondergutachten auf, das Mitte des Jahres veröffentlicht werden soll. Je nach Ausgang könnten dann weitere juristische Ermittlungen folgen.

Auch ein zweites Projekt, das in der Ära Kurt Becks angeschoben wurde, sorgt zum Ärger von Ministerpräsidentin Malu Dreyer erneut für Schlagzeilen. Wie nun bekannt wurde, hat der Flughafen Hahn, an dem das Land Rheinland-Pfalz beteiligt ist, im vergangenen Jahr ein Minus von knapp elf Millionen Euro eingefahren. Damit hat sich der Verlust gegenüber 2012 fast verdoppelt, obendrein ist auch keine Besserung in Sicht. Nach Angaben des Flughafenverbands ADV befinden sich sowohl die Passagierzahlen als auch der Frachtverkehr am Flughafen im Hunsrück weiter im Sinkflug. So ist die Zahl der Fluggäste auf knapp 404000 im ersten Quartal dieses Jahres zurückgegangen, das war ein Minus von 6,7 Prozent im Vergleich zu den ersten drei Monaten des Vorjahres. Als wären dieses noch nicht genügend negative Nachrichten, ermittelt nun auch noch die Staatsanwaltschaft Koblenz wegen des Verdachts der Untreue gegen frühere Flughafenmitarbeiter. Anlass ist der Verdacht, dass es im Jahr 2009 bei der weitgehend landeseigenen Flughafen GmbH zu Unregelmäßigkeiten bei der Vertragsverlängerung eines Dienstleisters gekommen ist. Weitere Hiobsbotschaften vom Flughafen scheinen nicht ausgeschlossen. „Ich kann Ihnen nicht sagen, was uns da noch alles begegnen wird“, so der skeptische Kommentar der Ministerpräsidentin zu den nun aufgenommenen Ermittlungen.

Zu einem weiteren Problemfall für die SPD scheint sich die finanzielle Lage des 1. FC Kaiserslautern zu entwickeln. Nach Ansicht des rheinland-pfälzischen Steuer­zahlerbundes ist der Fußballverein „ein Subventionsfass ohne Boden“, in das im Laufe der letzten Jahre rund 100 Millionen Euro an indirekten staatlichen Beihilfen geflossen sein sollen. Norman Hanert


Grüner Punkt vor dem Aus
Große Koalition will Bürger aber weiterhin Müll trennen lassen

Der Grüne Punkt steht vor dem Aus und damit ein einstiges ökologisches Vorzeigeprojekt der deutschen Politik, einst Schrittmacher der Mülltrennung. Während Hamburgs SPD-Landespolitiker diskutieren, Bürger zum Mülltrennen zu zwingen, fordern ausgerechnet Grüne in Gestalt der Landesregierung Rheinland-Pfalz, den Grünen Punkt und somit die Mutter aller Trennsysteme zu entsorgen: Das dazugehörige Duale System Deutschland (DSD) sei zu kompliziert, die Ergebnisse zu mager.

Auch jenseits der Grünen fordern Kritiker vermehrt sein Ende: Zwei Drittel des Mülls würden heute ohnehin verbrannt. Ein jüngstes Gutachten im Auftrag des Verbandes kommunaler Unternehmen bezeichnet das DSD als „gescheitert“. Ein prinzipieller Angriff gegen das „haushaltsnahe Mülltrennen“ als deutscher Kulturwert ist aber nicht zu erwarten.

Das DSD selbst klagt über Schlupflöcher in der Verpackungsverordnung und zurückgehende Müllmengen. „Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH (DSD) hat seit 1990 das weltweit erste Duale System zur endverbrauchernahen und hochwertigen Verwertung von Verkaufsverpackungen aufgebaut und organisiert“, so das Unternehmen über sich. Es setzt nun auf die Vorschläge von Bund und Ländern zur Reform der Verpackungsverordnung.

Die Probleme von 1990 sind heute behoben: Nicht mehr wachsende Müllberge machen der Politik sorgen, sondern das Geschäft mit dem Abfall. Galt es damals, Müll zu begrenzen, entziehen sich heute Hersteller von Verpackungen den Abgaben ans DSD unter Verweis auf eigene Systeme. Sie zahlen keine Gebühren ans DSD, doch die Verpackungen enden oft in der Gelben Tonne gutmeinender Endverbraucher, die komplizierte Trennregeln missachten. Die einst zur Müllvermeidung erdachten Verwertungsquoten schreckten die Industrie nicht von der Verpackungsproduktion ab, sondern ließen Deutschland auf Platz zwei in Europa mit 202 Kilogramm Verpackungen pro Kopf und Jahr klettern (bei 450 Kilogramm Müll).

War der Verwertungszwang einst eine sichere Bank für das DSD, hat sich seit Öffnung des Marktes für andere Wettbewerber auf Druck der europäischen Kartellbehörde 2001 ein Nebeneinander von neun weiteren Systemen etabliert. Auch sie dürfen die Gelbe Tonne nutzen. Das DSD hält einen Marktanteil von rund 50 Prozent und pocht nun als Marktführer auf klare Branchenregeln. Die Politik habe diese zu schaffen, Tenor: alle zurück in das Duale System. „Das System muss einfacher, klarer und ambitionierter werden“, fordert dagegen die grüne rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Eveline Lemke. Sie will statt des DSD eine Wertstofftonne für alle Plastik- und Metallabfälle und springt damit auf den Zug zahlreicher Kritiker auf. Viele Gemeinden sind heute an Müllverbrennungsanlagen angeschlossen. Hier gibt es starke Überkapazitäten und so begehren sie die Verwertung in Eigenregie.

Die politische Forderung nach einem Ende aller Extra-Tonnen und der Einführung mechanischer Trennung, wie 2007 vom damaligen Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) vorgeschlagen, ist indes auch in der zweiten Großen Koalition unter Angela Merkel nicht mehrheitsfähig, obwohl maschinelle Trennung möglich und die Entlastung der Verbraucher von Mülltrennung mit Blick auf die aktuelle Krise sinnvoll wäre. SV


MELDUNGEN

Auch »Schlaffis« zum Bund

Berlin – Die unter Nachwuchssorgen leidende Bundeswehr hat Probleme mit der körperlichen Leistungsfähigkeit der Bewerber. Immer mehr von ihnen sind den Anforderungen beim Sporttest nicht gewachsen. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat die Anforderungen gelockert, um die Bundeswehr auch Bewerbern zu öffnen, die bislang abgewiesen werden mussten. Sie begründete dies unter anderem damit, dass in hochtechnisierten Streitkräften nicht mehr jeder Soldat in der Lage sein müsse, einen langen Marsch mit Gepäck zu bewältigen. Stellte schon der alte Sporttest keine außergewöhnliche Herausforderung für junge Menschen dar, sind die neuen Anforderungen selbst von unsportlichen Bewerbern ohne große Anstrengungen zu bewältigen. J.H.

 

Mit Downsyndrom aufs Gymnasium

Stuttgart – Die rot-grüne Landesregierung sieht sich einem massiven öffentlichen Druck ausgesetzt, in dem seit Wochen in Baden-Württemberg diskutierten Fall um den behinderten elfjährigen Henri ein Machtwort zu sprechen. Die Eltern des Jungen mit Downsyndrom möchten, dass ihr Sohn im Sommer mit seinen Freunden aufs Gymnasium Walldorf wechselt, doch die Schulkonferenz hat sich dagegen ausgesprochen, da die Lehrer der Schule davon ausgehen, dass sie dem Kind nicht die entsprechende Förderung zukommen lassen können und er dort niemals schulische Erfolge erzielen kann. Der Lehrerverband VBE hingegen unterstützt das Anliegen der Eltern, die nicht wünschen, dass ihr Sohn seine sozialen Bindungen zu seinen Grundschulkameraden verliert. Außerdem sehe die angestrebte Inklusion vor, dass künftig alle behinderten Kinder allgemeine Schulen besuchen. Bel


S. 6 Ausland

Erste Anzeichen von Oligarchie
Otto Normalverbraucher verliert in den USA zusehends an politischer Bedeutung

Wenn der Begriff „Oligarch“ fällt, wird dies gewöhnlich mit Ländern wie Russland in Verbindung gebracht. Allerdings kommt nun auch in Amerika eine Diskussion in Gang, ob nicht die USA bereits auf dem Weg sind, sich in eine Oligarchie zu verwandeln.

Rund 180 Jahre sind es her, dass Alexis de Tocqueville in seinem Buch „Über die Demokratie in Amerika“ das Bild einer weitgehend egalitären Gesellschaft zeichnete. Hat Martin Gilens, Politikwissenschaftler an der elitären Princeton University, recht, dann ist es mit der Gleichheit der Amerikaner nicht mehr weit her. „Der Einfluss, den die Einstellungen der Durchschnitts-Amerikaner auf die Politik haben, tendiert gegen Null, ist statistisch fast unterhalb der Messbarkeitsgrenze“, so das verheerende Fazit, das Gilens auf Grundlage einer aufwendigen Untersuchung zieht.

Zusammen mit seinem Kollegen Benjamin I. Page hat der Politologe 1779 politische Meinungsumfragen aus den Jahren zwischen 1981 und 2002 ausgewertet, zu denen Daten über das Einkommen der Antwortenden vorlagen. Ein anschließender Vergleich, inwieweit die politischen Vorstellungen der entsprechenden Umfrageteilnehmer in den darauf folgenden Jahren umgesetzt wurden, ergab einen ziemlich eindeutigen Befund: Wo es politisch hingeht, bestimmt im Regelfall die Wirtschafts-Elite. Das Fazit, das der Princeton-Wissenschaftler daraus zieht, rührt am Selbstverständnis der USA: „Amerikas Anspruch, eine demokratische Gesellschaft zu sein, ist ernsthaft gefährdet.“

Noch schärfer fällt die Warnung vor der Zunahme regelrechter Korruption im politischen System der USA durch Francis Fukuyama, einem Vordenker der Republikaner, aus. „Die Republikanische Partei befindet sich schon unter der Kontrolle einiger milliardenschwerer Großspender. Auch der Gesetzgebungsprozess ist von Lobbygruppen unterwandert, die Reformen mit Ausnahmen und Schlupflöchern spicken. Was dabei herauskommt, spiegelt nicht das öffentliche Interesse wider, sondern die Verteilung von Geld und Einfluss. Es ist ein korruptes System. Die Tatsache, dass wir diese Form der Korruption als legal bezeichnen, ändert nichts daran“, so der Stanford-Professor im „Handelsblatt“.

Das Einfallstor, um politisch Einfluss nehmen und Politik sogar kaufen zu können, ist vor allem die Praxis der Wahlkampfspenden, die sich in den USA etabliert hat. Als der Versicherungsmagnat W. Clement Stone 1972 zwei Millionen Dollar für den Wahlkampf von Richard Nixon spendete, galt dies noch als Skandal. Inzwischen ist es normal, dass Republikaner und Demokraten Hunderte von Millionen US-Dollar an Spenden einsammeln. Mit diesem System der Wahlkampfinanzierung haben vor allem die Super-Reichen der USA einen Hebel in die Hand bekommen, mit dem sie ihre wirtschaftliche Macht in politischen Einfluss verwandeln können.

Einen Eindruck, wie dieses System funktioniert, liefert das Beispiel von Sheldon Adelson, einem Kasino-Mogul, dessen Vermögen auf 38 Milliarden US-Dollar geschätzt wird. Zusammen mit seiner Frau Miriam Ochsorn spendete Adelson allein 2012 rund

92 Millionen US-Dollar an republikanische Präsidentschaftsbewerber. Da Adelson seine Spielkasinos durch Onlineglücksspiele bedroht sieht, forderte er ein Verbot entsprechender Spielmöglichkeiten im Internet. Lindsey Graham, republikanischer Senator und ein Empfänger von Spenden Adelsons, reichte inzwischen einen entsprechenden Gesetzesentwurf im Senat ein.

Um den unübersehbaren Trend zu einer amerikanischen Oligarchie noch zu stoppen, wäre eine Reform der Wahlkampffinanzierung dringend erforderlich. Tatsächlich läuft die Entwicklung zur Aushöhlung der Demokratie aber ungebremst weiter. Bereits im Jahr 2010 hatte der Oberste Gerichtshof die Bildung sogenannter Super PACs (Political Action Committees) zum unbegrenzten Einsammeln von Wahlkampfspenden erlaubt. Als Folge flossen im Jahr 2012 Rekordsummen von Spenden in den Präsidentschafts- und Kongresswahlkampf. Ohnehin hatten sich die PACs schon zuvor als gern genutztes Spenden-Vehikel fest etabliert. Firmen, Verbände und Lobby-Institute dürfen PACs gründen, sie finanzieren und bei Mitarbeitern oder Mitgliedern Geld dafür sammeln. Gegenüber der Bundeswahlkommission müssen die PACs dabei nur das sogenannte „hard money“, die direkten Wahlkampfspenden angeben. Von der Meldepflicht nicht betroffen ist das „soft money“. Werden etwa ohne direkte Namensnennung Kandidaten dadurch unterstützt, dass TV-Spots bezahlt werden, in denen für ihre politischen Positionen geworben wird, so muss das beispielsweise als Spende nicht angegeben werden. Abgerundet wird das Bild durch die jüngst vom Obersten Gerichtshof der USA erfolgte Aufhebung der Begrenzung von direkten Parteispenden durch Privatpersonen.

Die abgesenkten gesetzlichen Hürden treffen auf große Vermögen, die immer weiter anwachsen – trotz Wirtschafts- und Finanzkrise. Passend zur Meldung, dass die US-Mittelklasse nicht mehr die reichste auf Erden ist, sorgt derzeit der französischen Ökonom Thomas Piketty mit seinem Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ in den USA für Furore. Nach Ansicht Pikettys entwickeln sich die Vereinigten Staaten nicht nur zu einer zusehends ungleichen Gesellschaft. Am Horizont sieht er sogar einen „patrimonialen Kapitalismus“ ererbten Geldes herauf ziehen, wie er zuletzt im 17. und 18. Jahrhundert in Europa zu finden war.

Norman Hanert


Fracking erhält Dämpfer
Erstmals gewinnt Kläger wegen belegbarer Gesundheitsschäden

Die Gegner von Fracking, der umstrittenen Ausbeutung von Öl- und Gas-Vorkommen in Kalkstein, haben jetzt in den USA einen überraschenden Erfolg errungen. In einer Gerichtsentscheidung, die als Meilenstein angesehen wird, wurden einer texanischen Familie drei Millionen US-Dollar an Schadenersatz für durch Fracking hervorgerufene Schäden zugesprochen. Drei Jahre lang lief die Klage von Lisa und Robert Parr gegen die Öl-Firma Aruba Petroleum. Der 53-jährige Maurer und Viehzüchter lebte seit 2001 auf seiner idyllischen Farm in Decatur nahe Forth Worth, als im Jahr 2008 der Fracking-Boom in diesem Teil von Texas über der Barnett-Shale-Formation begann, einem der größten natürlichen Gas-Vorkommen im ganzen Land. Bohrstellen übersäten bald das Gebiet rings um die Farm der Parrs, 20 allein in einem Umkreis von zwei Kilometern.

Im November 2008 begann Lisa Parr, ständig unter Übelkeit und starken Kopfschmerzen zu leiden. Sie schob das auf eine Grippe, doch die Beschwerden gingen nicht weg. Dann entwickelten sich Ekzeme auf ihrer Haut, die zumeist nicht heilten. Ihre sechsjährige Tochter bekam schweres Nasenbluten, und bei ihrem Mann spielte das Gedächtnis verrückt. Kein Arzt konnte die Ursache herausfinden. Dann zeigten neugeborene Kälber Missbildungen, und einige Hunde und Katzen starben überraschend.

Als 2010 Nachbarn der Parrs begannen, ähnliche Symptome zu entwickeln, ließen die Familien die Luft testen. Gefunden wurden farblose, giftige Chemikalien, die typisch sind für Petroleumprodukte. Im April 2010 suchte die verzweifelte Lisa einen medizinischen Umweltspezialisten auf, der 20 verschiedene giftige Chemikalien in ihrem Blut fand. Bei der Hausfrau, die nur daheim war, wurden höhere Werte gemessen als bei ihrem Mann und ihrer Tochter, die durch Büro-Zeiten und die Vormittage in der Schule der verseuchten Luft seltener ausgesetzt waren. Die entsetzten Parrs lebten danach in einem Raum in Roberts Büro.

Im September 2011 verklagten sie mit dem Houstoner Anwalt Brad Gilde neun Öl-Gesellschaften in ihrer Umgebung auf insgesamt 66 Millionen US-Dollar Schadenersatz. Davon wurden, so Gilde, einige Klagen fallengelassen, andere endeten mit einem privaten Vergleich. Einige Familien aus der Gegend klagten auch, aber auf Schädigung von Land, was ebenfalls zu einer direkten Einigung mit der Öl-Firma führte. Aber bei den Parrs rechtfertigten die extremen Gesundheitsschäden ein Gerichtsverfahren gegen Aruba Petroleum mit Geschworenen. Diese stimmten jetzt für die Entschädigung der Parrs, betonten jedoch, dass Aruba nicht absichtlich die Schäden bewirkt habe. Die Firma will Einspruch erheben.

Die Parrs wohnen mittlerweile wieder auf ihrer Farm, denn die nächstgelegene Bohrstelle ist inzwischen inaktiv. Auch haben sie Luft- und Wasser-Reiniger installiert. Doch Lisa sieht mit Besorgnis in die Zukunft, vor allem was ihre Tochter betrifft: „Gesundheitsschäden treten oft erst später auf, und das ängstigt mich.“

Der Triumph der gewonnenen Klage beendet das heftige Für und Wider Fracking betreffend nicht. Nicht nur die Gefahr von Erdbeben sowie Gifte, die in Luft und Wasser durch die Gewinnung gelangen, sondern auch der sprunghaft zugenommene Zugtransport von Rohöl zu Raffinerien und Häfen schafft Probleme. Allein in den letzten zwölf Monaten gab es fünf spektakuläre Unfälle von Tankzügen.

Liselotte Millauer


Polens Kirche in der Krise
Saturiert wie einst die kommunistische Partei in der Sowjetzeit

Habemus Papam“ – jubelten die Polen am 16. Oktober 1978, als der Krakauer Kardinal Karol Wojtyla neuer Papst Johannes Paul II. wurde. „Habemus Sanctum“ – haben sie wohl am 27. April 2014 wieder gejubelt, als der „polnische Papst“ neun Jahre nach seinem Tod heiliggesprochen wurde. Die Kirche hofft auf neue Impulse, wie ihr „Gedenkzentrum Johannes Paul II.“ sagt. Gläubige laufen ihr weg, Priesternachwuchs bleibt aus, Pädophilie und Zölibatverstöße häufen sich bei Geistlichen, Arroganz und politische Einmischung des Klerus erregen Ärger. Die Kirche sei allseitig in der Krise, klagt die Presse seit Jahren.

Details nennt das „Statistische Institut der Kirche“ (ISKK) in seinem gerade publizierten „Jahrbuch der Kirche in Polen 1991–2011“. Die heutige Kirche ähnele strukturell der kommunistischen „Vereinigten Polnischen Arbeiterpartei“ vor 1990: „Führende Rolle in der Gesellschaft“ bei sinkender Akzeptanz, zahllose inaktive Mitläufer, Rudel von „Funktionären“, Ortsgruppen, Medienmacht, Grund- und Immobilienbesitz und so weiter.

„Polonia semper fidelis“ (das immer kirchentreue Polen) wahrt nach außen hin seinen Ruf. Der Anteil der Katholiken an allen Gläubigen hat sich seit 1945 mit rund 96 Prozent kaum geändert, auch ist die Kirche seit 1990 personell angewachsen von 23000 auf 30600 Geistliche, ihr Grundbesitz stieg auf 160000 Hektar mit 33000 Gebäuden. Ihre Verlage edierten in den letzten drei Jahren 31000 Titel in einer Gesamtauflage von 94 Millionen Exemplaren. Sie besitzt 496 Pressetitel und betreibt 540 Schulen mit insgesamt 58000 Schülern. Und ähnliche Globalzahlen mehr, die oft Anlass für böse Karikaturen von Priestern sind, die an leeren Klingelbeuteln klagen: „Wo sind die 90 Prozent Katholiken?“

Von solchen Rätseln ist auch das akribische ISKK überfordert: Heute gibt es 10177 Pfarreien, davon 90 Prozent vor 1993 entstanden, später laufend weniger. 1992 zählten die Priesterseminare 8000 „Alumnen“ – 2012 knapp 3800. Dennoch gibt es mehr Priester als früher. Oft werden sie als „Diözesanpriester“ ins Ausland geschickt. 2010 waren es 1669, davon 183 in der Bundesrepublik Deutschland. 1990 amtierten 106 Bischöfe, 2010 waren es schon 133, die alle wahren „Limburger“ Luxus pflegen, „mit Residenz, Kanzlei, Hofstaat“, aber Gläubige Monate auf ein Fünf-Minuten-Gespräch warten lassen. Solche Arroganz verschreckt. Seit 1993 nahmen Erstkommunionen um 270000 und Kirchentrauungen um 75000 ab.

Polens Kirche „polarisiert“, das sei ein „polnisches Phänomen“, sagt Wojciech Sadlon, Mitautor des ISKK-Jahrbuchs. Einerseits werden die Katholiken in Polen, anders als im Rest Europas, immer konservativer, was Schwangerschaftsabbrüche, Scheidungen, vorehelichen Sex und so weiter betrifft. Andererseits sind es eben diese Dinge, bei denen jüngere, gebildetere Katholiken die Kirchenlehre ignorieren. Ohne Trauschein und Priestersegen leben sie zusammen, kirchliche Auflösung von Ehen ist als „Kirchenscheidung“ gefragt, Zivilscheidungen nehmen enorm zu. Nichtkatholische Gemeinschaften stiegen von 113 (2002) auf 161 (2012). Alle diese Abweichungen erforschen ISKK und andere als „dritten Sektor“.

Als 1978 die Papstwahl bekannt wurde, rief Parteichef Edward Gierek ahnungsvoll: „Habemus klapam“ (Da haben wir die Pleite). Was zutraf: Damals setzte Polen den Anfang vom Ende des Kommunismus. Wolf Oschlies


MELDUNGEN

Wer »lügt«, muss ins Gefängnis

Moskau – Für die Verbreitung von „respektlosen Äußerungen“ über die Rolle der Sowjetunion während des Zweiten Weltkriegs drohen in Russland künftig bis zu fünf Jahre Haft. Präsident Wladimir Putin unterzeichnete am vergangenen Montag ein entsprechendes Gesetz, das die Staatsduma Ende April mit großer Mehrheit verabschiedet hatte. Dieses stellt auch die „Rehabilitierung des Nazismus“, die Leugnung von NS-Verbrechen, Zweifel an der Gültigkeit der Urteile der Nürnberger Prozesse sowie die Entweihung von Kriegsdenkmälern und Gedenktagen unter Strafe. Kritiker befürchten, dass auf diese Weise Journalisten und Historiker mundtot gemacht werden sollen, die beispielsweise über die Verbrechen während der Stalin-Ära schreiben. Putin treibt zudem ein einheitliches Lehrbuch für den Geschichtsunterricht mit einer „offiziellen Bewertung“ voran, bei der der „Respekt vor dem eigenen Land“ im Vordergrund stehen soll. J.H.

 

US-Amerikaner gegen Steinigung

Los Angeles – Das als „Pink Pa­lace“ (rosa Palast) bekannte „Beverly Hills Hotel“ am Sunset Boulevard in Los Angeles sieht sich mit Protesten und Boykottaufrufen konfrontiert. Hintergrund ist die Tatsache, dass das Haus, das seit den 1920er Jahren eine Institution in Hollywood ist, über die Londoner Dorchester Collection seit 1992 im Besitz des Sultans von Brunei ist. Dieser hat vor Kurzem ein Gesetz erlassen, wonach in seinem Sultanat Homosexualität, Ehebruch und Abfall vom Islam mit dem Tod durch Steinigen bestraft werden sollen. Das hat neben der UN-Abteilung für Menschenrechte Gewerkschaften und Vertreter der großen Homosexuellen-Gemeinde in Los Angeles auf den Plan gerufen. L.M.


S. 7 Wirtschaft

»Wir stehen knapp vor dem Scheitern«
Bei Wirtschaftsminister Gabriel scheinen auch die letzten Illusionen in Sachen Energiewende verflogen

Als Sigmar Gabriel (SPD) am 16. April die SMA Solar Technology AG im nordhessischen Niestetal bei Kassel besuchte, gab es vonseiten des Wirtschaftsministers und Vize-Kanzlers statt ermutigender Worte für die gebeutelte Öko-Strombranche ungewohnten Klartext und eine drastische Warnung.

Er müsse einige „unfreundliche Antworten“ geben, so Gabriel einleitend, bevor er zu einem verbalen Rundumschlag ansetzte: „Wir stehen knapp vor dem Scheitern der Energiewende“, so die Warnung von Gabriel, der offen wie bisher nur wenige Politiker Probleme wie die zunehmende Instabilität der Stromnetze, die unterschätzte Komplexität der Energiewende und die bisherige Überförderung von Erneuerbaren Energien ansprach. Die auf die Energiewende gemünzte Aussage „Für die meisten anderen Länder in Europa sind wir sowieso Bekloppte“ dürften Gabriel in den Augen der anwesenden Gäste aus der Öko-Strombranche endgültig zum Ketzer gestempelt haben.

Offen bleibt einstweilen, wodurch Gabriels überraschende Brandrede ausgelöst wurde. Anzunehmen ist, dass nach mehreren Monaten im Amt des Wirtschaftsministers bei Gabriel inzwischen wohl auch die letzten Illusionen in Sachen Energiewende verflogen sind. Immer deutlicher wird, dass neben den bisher schon angefallenen immensen Kosten immer neue Probleme und neue Kostenrisiken auftauchen.

Schon jetzt ist die Bilanz der Energiewende ernüchternd genug. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen vom 27. Dezember vergangenen Jahres hervorgeht, wurden seit der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2002 bis Ende 2013 insgesamt bereits 120 Milliarden Euro an Einspeisevergütungen an die Betreiber von EEG-Anlagen ausgezahlt. Die unsoziale Kehrseite dieser gigantischen Umverteilung wird daran deutlich, dass für immer mehr Deutsche Strom zu einem Luxusgut wird, das sie sich nicht mehr leisten können. Allein 2013 haben Energieversorger 321539 Menschen wegen Zahlungsrück­ständen den Strom abgestellt, drei Prozent mehr als im Jahr 2011, so die Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine entsprechende Anfrage der Partei „Die Linke“.

Trotz der Deckelungsversuche bei der Förderung von Solar- und Windstromanlagen droht der Anstieg der Kosten weiterzugehen. So sollen nach Plänen der Bundesregierung Stromkunden ab 2016 auch dann zur Kasse gebeten werden, wenn konventionelle Kraftwerke lediglich in Reserve gehalten werden, um eine sichere Stromversorgung zu garantieren. Soll die Energiewende eines Tages keinen abrupten Absturz in der Form eines großflächigen Strom-ausfalls erleben, sind die geplanten Bereithaltungsprämien für konventionelle Kraftwerke tatsächlich dringend notwendig.

Zur Kostenfrage kommt bei der Energiewende nun zunehmend auch noch ein Zeitdruck. Bis spätestens 2022, wenn das letzte deutsche Kernkraftwerk abgeschaltet werden soll, muss ein stabiles Übertragungsnetz errichtet sein. Gegen neue Stromtrassen in der Landschaft wehren sich nicht nur immer mehr betroffene Bürger, sondern neuerdings auch die bayerische Landesregierung. Mit der geplanten Ökostrom-Reform ändere sich die Geschäftsgrundlage, so Staatskanzleichefin Christine Haderthauer (CSU): „Erst wenn wir hier ein Szenario haben, können wir sagen, was wir an Trassen brauchen, ob die Trassen notwendig sind und wie sie liegen.“ Für die neuen Bedenken in München gibt es einen guten Grund: Inzwischen erscheint nämlich wieder offen, was wirklich an Leitungen für norddeutschen Windstrom in Richtung Süden gebraucht wird. Hintergrund ist, dass die Stromerzeugung auf hoher See mittlerweile viel skeptischer als zu Beginn der Energiewende gesehen wird. Die Windparks vor den deutschen Küsten haben sich als weit kostspieliger herausgestellt als bisher angenommen. Als Folge können viele Ausbaupläne als Makulatur gelten. Offen ist damit allerdings auch, wie die Abschaltung der grundlastfähigen Atomkraftwerke bis 2022 kompensiert werden soll. Allein bei der 2015 anstehenden Abschaltung des bayerischen Kernkraftwerks Grafenrheinfeld werden auf einen Schlag 1400 Megawatt Kraftwerkskapazität wegfallen. Mit Blick auf den Berg an Problemen sollte es nicht verwundern, wenn die Energiewende letztendlich in einer Renaissance der klassischen Koh­le- und Gas-Kraftwerke mündet.

Ins Bild der zunehmenden Ernüchterung in Sachen Energiewende passt der schleichende Niedergang des Desertec-Projekts. Mit Strom aus der Wüstensonne sollten Nordafrika und der Mittlere Osten versorgt und auch ein Teil der Energieprobleme Europas gelöst werden, so zumindest die vollmundige Ankündigung im Jahr 2009. Bereits im Jahr 2015 sollten eigentlich schon 15 Prozent des europäischen Stroms aus der nordafrikanischen Wüste kommen. Mittlerweile steigt ein deutsches Unternehmen nach dem anderen aus dem Projekt aus. Bosch und Siemens haben bereits Ende 2012 bei Desertec die Fahne gestrichen. Im April haben nun auch noch EON, die HSH Nordbank und der Baukonzern Bilfinger bekannt gegeben, dass sie sich vom Wüstenstromprojekt zurückziehen.

Norman Hanert


Keiner will zahlen
Deutsche Banken fürchten Belastung wegen EU-Abwicklungsfonds

Derzeit kämpft Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) darum, die Folgen der Bankenunion für den Bund erträglich zu gestalten. Nachdem die Gründung des Abwicklungsfonds und dessen Volumen bereits beschlossen sind, geht es nun darum, wie die Höhe der zu zahlenden Beiträge berechnet wird.

Derzeit geht die Tendenz in die Richtung, dass jene Banken, welche die größten Risiken in ihren Büchern haben, auch am meisten bezahlen müssen. Dies freut Volks- und Raiffeisenbanken wie Sparkassen gleichermaßen, denn die regional aktiven Kreditinstitute hoffen so, nur wenig in den mit 55 Milliarden Euro Gesamtsumme angelegten Abwicklungsfonds zahlen zu müssen. Von diesem werden sie nie profitieren, denn erstens haben die Bankengruppen ihre eigenen Ab­wicklungssysteme, und sollte es zu einer Pleitewelle in der Bankenbranche kommen, dann sind zweitens 55 Milliarden Euro sowieso ein Tropfen auf den heißen Stein.

Da Schäuble plant, dass Banken unter einer Bilanzsumme von 500 Millionen Euro gar keine Beiträge zahlen müssen, wären laut „Handelsblatt“ zwei Drittel der 1076 Genossenschaftsbanken und zehn Prozent der 417 Sparkassen von der Pflicht befreit, im Falle des Falles die Abwicklung vorwiegend ausländischer Banken zu finanzieren. Diese Sonderbehandlung hätte jedoch zufolge, dass die verbliebenen zahlungspflichtigen Banken noch mehr zahlen müssen.

Fest steht bisher, dass in den nächsten acht Jahren 15 Milliarden Euro, also pro Jahr 1,9 Milliarden Euro, von deutschen Banken in den Fonds überwiesen werden müssen. Zwar entfällt dann die nationale Bankenabgabe, aber diese Belastung ist geringer als jene durch den EU-Fonds. Grund hierfür ist eine aus verfassungsrechtlichen Gründen eingeführte Sonderregelung, die besagt, dass der Beitragspflichtige nicht überbelastet werden und daher der Jahresbeitrag nicht über 20 Prozent des Gewinns betragen dürfe.

Da die Commerzbank, die Hypovereinsbank und sogar die Deutsche Bank in den letzten Jahren nur bescheidene Ergebnisse erzielten, wurden 2013 wegen der Zumutbarkeitsgrenze über die Bankenabgabe insgesamt nur 520 Millionen statt der erhofften 1,3 Milliarden eingenommen. Fällt die Regelung weg, wird es vor allem für die Großbanken teuer. Allerdings haben diese bereits genügend Probleme und ächzen unter den Folgen der Ban­kenkrise und ihrer eigenen risikoreichen Geschäften der Vergangenheit. „Von den Banken werden derzeit zu viele Dinge verlangt“, warnt der Ökonom Clemens Fuest vor einer Überforderung der noch mitten in Umstrukturierungen steckenden Branche.

Während derzeit viele Länder Extrawünsche für die Berechnung der Beiträge anmelden, versuchen die zuständigen Planer in Brüssel, einheitliche Regeln zu finden. Ende Juli will die EU-Kommission einen Entwurf vorlegen. Schäuble liegt es sehr am Herzen, dass die Zahlungen der Banken nicht von der Steuer absetzbar sind. Wäre dies nämlich der Fall, würde der Steuerzahler indirekt am Abwicklungsfonds beteiligt werden. Dies brächte den Minister in Erklärungsnöte und würde zudem die Steuereinnahmen reduzieren. Bel


Hickhack um Alstom
Verwaltungsrat will GE als Käufer, Frankreichs Politik Siemens

Auch wenn sich der Alstom-Verwaltungsrat inzwischen einstimmig für die Kaufofferte von General Electric (GE) ausgesprochen hat, ist das Rennen um den angeschlagenen französischen Industriekonzern noch nicht entschieden. Nicht zuletzt auf Druck der französischen Regierung hat Siemens bis Ende Mai Zeit bekommen, ein Kooperationsangebot für Alstom einzureichen.

Vor allem aus Sicht französischer Politiker verspricht das, was von Siemens bisher schon offeriert wurde, manchen Vorteil gegenüber einem Alstom-Verkauf an General Electric. Gibt Siemens sein ICE-Geschäft im Tausch an die Franzosen, würde der TGV-Hersteller Alstom schlagartig zu Europas größtem Bahntechnikkonzern aufsteigen. Frankreich hätte damit einen seiner geliebten industriellen Champions mehr.

Geschickt eingefädelt, könnte sich Paris nach dem Vorbild des Flugzeugbauers Airbus darüber hinaus auch noch Einfluss auf einen europäischen „Airbus der Energie“ sichern. Nach dem, was von Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg zu hören ist, sollen Alstom und Siemens nämlich auch ihre Energiesparten zu­sammenlegen, wobei Siemens die Leitung zugestanden wird. Präsident François Hollande hatte bereits im Januar vorgeschlagen, nach dem Vorbild von Airbus eine deutsch-französische Allianz im Energiebereich zu schmieden

Wird das Vorhaben Realität, besteht die Gefahr, dass sich langfristig wiederholt, was schon bei Airbus zu beobachten war. Ursprünglich als europäisches Gemeinschaftsunternehmen ge­startet, haben beim Flugzeugbauer EADS mit Rückendeckung der Pariser Politik mittlerweile die Franzosen weitgehend das Ruder übernommen. In Frankreich selbst wird der Konzern kaum noch als Gemeinschaftsprojekt, sondern als französisches Unternehmen wahrgenommen. Offen ist die Frage, ob sich der französische Wirtschaftsminister mit seinen Plänen gegenüber dem Alstom-Chef Patrick Kron durchsetzen kann, der klar General Electric den Vorzug gibt. Zwar ist der französische Staat nicht mehr Miteigentümer bei Alstom, aber französische Staatsbetriebe wie die Eisenbahngesellschaft SNCF zählen zu den wichtigsten Kunden des Unternehmens, so dass durchaus Einflussmöglichkeiten bestehen.

Erhielte Siemens den Zuschlag bei Alstom, bestünde nicht nur die Gefahr, dass die französische Politik versucht, ein Bein in die Tür zu bekommen. Vielmehr weisen Siemens und Alstom starke Überschneidungen in ihrer Produktpalette auf. Von dem anstehenden Abbau von Arbeitsplätzen und den drohenden Standortschließungen im Falle eines Zusammengehens könnte vor allem Deutschland betroffen sein. Siemens-Chef Kaeser hat gegen­über der französischen Regierung bereits eine dreijährige Jobgarantie für Alstom abgegeben. Da Streichungen und Werksschließungen in Frankreich überdies ohnehin schwierig sind, dürfte zunächst bei den hiesigen Siemens-Werken und langfristig auch bei den 23 Alstom-Standorten in Deutschland abgebaut werden.

N.H.


MELDUNGEN

Es geht bergauf im Euro-Raum

Brüssel – Nach Ansicht der EU-Kommission hat der Euro-Währungsraum die längste aller seiner Rezessionen überwunden. Mit Ausnahme von Zypern würde in diesem Jahr voraussichtlich in allen Euro-Staaten die Konjunktur wieder anziehen. In den vergangenen beiden Jahren hingegen war die Wirtschaft im Euro-Raum noch geschrumpft. In diesem Jahr soll es um 1,2 Prozent nach oben gehen und danach um 1,7 Prozent, so die EU-Frühjahrsprognose. Deutschland liege danach mit 1,8 und 2,0 Prozent über dem Schnitt, während es in Frankreich deutlich langsamer bergauf gehe. Siim Kallas, Vizepräsident der EU-Kommission und Verkehrskommissar, erklärte, wichtig sei jetzt vor allem, dass sich die Lage am Arbeitsmarkt bessere. Um künftig mehr Arbeitsplätze zu schaffen, dürften die EU-Staaten bei den Strukturreformen nicht nachlassen. J.H.

 

Texas gegen alle

Los Angeles – Der japanische Autohersteller Toyota hat zur Überraschung von US-Wirtschaftsexperten und der eigenen Mitarbeiter verkündet, die seit 1982 bestehende US-Zentrale von Torrance bei Los Angeles nach Dallas in Texas zu verlegen. Bereits im Februar hatte der Öl-Multi Occidental Petroleum, eine fast 100-jährige kalifornische Institution, seinen Umzug in Texas’ größte Stadt Houston öffentlich gemacht. Dies ist ein Erfolg für Texas’ Gouverneur Rick Perry, der massiv versucht, kalifornische Unternehmen in seinen Staat zu locken, wo sie ein besseres Geschäftsklima erwartet in Form niedrigerer Steuern sowie Grund­stücks- und Energiepreise aufgrund des dort geförderten günstigen Frackinggases. In Kalifornien reagierte man geschockt auf den Umzug von Toyota, da damit der Wegfall von 3000 Arbeitsplätzen verbunden ist. L.M.


S. 8 Forum

Aufgeflogen
von Harald Tews

Den Nordiren steht eine ähnliche Vergangenheitsbewältigung bevor wie Deutschland mit dem politischen Erbe der DDR nach 1989. Der Fall des Sinn-Fein-Führers Gerry Adams (siehe Seite 24), der wegen eines Mordvorwurfs vier Tage in Untersuchungshaft war, könnte der Beginn einer gigantischen Aufklärungswelle über Taten und Untaten im Nordirlandkonflikt sein.

Seit der Eskalation der Unruhen in den 1960er Jahren kamen rund 4000 Menschen ums Leben. Eine geschichtliche Last, welche viele Nordiren jetzt mit dem „Belfast Projekt“ aufarbeiten wollen. Unter der Voraussetzung, dass ihre Äußerungen bis zum Tod unter Verschluss bleiben, wurden auch IRA-Angehörige über ihre Taten befragt. Wenn diese Tonbandmitschnitte eines Tages freigegeben werden, könnten viele Verbrechen aufgeklärt werden und jene zu Fall bringen, die jetzt in Politik und Wirtschaft hohe Ämter bekleiden.

Was den Deutschen ihre Stasi-Unterlagenbehörde, ist den Nordiren ihr „Belfast Projekt“. Es wird zeigen, wie eng die IRA mit ihrem politischen Arm, der Sinn-Fein-Partei, verflochten ist. Wahrscheinlich viel näher, als viele glauben, wie der Fall Adams bereits vermuten lässt.


Alles oder nichts
von Hans Heckel

Von Streit-„Kultur“ keine Spur: Die CDU-Ministerpräsidentin des Saarlands, Annegret Kramp-Karrenbauer, hat sich zu einer Attacke auf die AfD verstiegen, die bürgerlichen Wählern den Atem verschlägt: Die neue Partei bewege sich „an der Grenze zur Verfassungsfeindlichkeit“, ätzte das Mitglied des CDU-Bundesvorstands.

Das ist eine Frechheit. Die AfD ist nur entstanden, weil eine Schar ausgewiesener Fachleute der Reihe von Rechtsbeugungen zwecks „Euro-Rettung“ nicht mehr tatenlos zusehen wollte. Man könnte ihnen schlimmstenfalls „Verfassungs-Purismus“ vorhalten, also das genaue Gegenteil von Verfassungsfeindlichkeit.

Zudem ist es parteitaktisch ris­kant. Denn leider fügt sich die Entgleisung Kramp-Karrenbauers in ein Gesamtbild, das auf eine CDU-Strategie des „Alles oder nichts“ hindeutet nach dem Motto: Wer in der Euro-Frage nicht voll und ganz für uns ist, der ist gegen uns und damit der Feind, der mit allen, auch niederträchtigen Mitteln bekämpft wird.

Die CSU fährt da eine sichtbar andere Linie: Mit der demonstrativen Aufwertung von Peter Gauweiler sendet sie harmonische Signale in Richtung Euro-Kritiker. Selbst wenn dies dem einen oder anderen nach Fassadenpolitik schmecken mag – die Bayern-Union baut damit zumindest symbolisch Brücken zu der wachsenden Zahl von unzufriedenen Bürgern, die einst wie selbstverständlich Schwarz oder Gelb gewählt haben und nun AfD ankreuzen.

Die CDU hat dagegen ihren profiliertesten Euro-Querdenker, Klaus-Peter Willsch, nach der Bundestagswahl kaltgestellt. Damit ist die letzte Hoffnung, einst CDU-naher Euro-Kritiker, auch bei ihrer alten Partei Gehör zu finden, erstickt worden.

Aus parteitaktischer Sicht ist dieser harte Kurs für die CDU gefährlich. Sie zerstört damit ihre Integrations- und Bindekraft, die sie über Jahrzehnte zum großen Sammelbecken unterschiedlichster Strömungen des bürgerlichsten Lagers machte. Mochten ihre Mitglieder und Anhänger auch noch so weit auseinanderstehen, eine breite Parteispitze vom rechten Dregger bis zum linken Geißler sorgte dafür, dass die unterschiedlichen Strömungen ihr Heim bei der CDU fanden.

Nun indes setzt die Führung unter Angela Merkel offenbar alles auf eine Karte und säubert die Reihen ihrer Anhänger rigoros. Doch was geschieht, wenn die Politik, die auf diese Weise gnadenlos durchgepeitscht werden soll, nicht den erhofften Erfolg bringt? Dann könnte sich für die CDU als Volkspartei durchaus die Existenzfrage stellen.

„Scheitert der Euro, dann scheitert Europa“ lautet der ebenso eingängige wie falsche Slogan Angela Merkels. Wenn die CDU so weitermacht, könnte es eher heißen: Scheitert der Euro, dann scheitert die CDU.


Tragisch, ja, aber...
von Jan Heitmann

In den deutschen Medien gehen die Wogen hoch, weil ein Hausbesitzer in der US-amerikanischen Kleinstadt Missoula den türkischstämmigen, aus Deutschland kommenden Austauschschüler Diren D. erschossen hat, der in seine Garage eingedrungen war. Nach deutschem Recht dürfte es sich dabei um einen strafbaren Notwehrexzess handeln. In den USA jedoch ist das Notwehrrecht wesentlich weiter gefasst als in Deutschland und in vielen US-Bundesstaaten umfasst es auch das Recht, seinen Besitz mit der Schusswaffe zu verteidigen. Das dürfte auch ein 17-Jähriger aus Deutschland wissen, der sich für längere Zeit in den USA aufhält.

Bei all der Empörung über das Verhalten des Todesschützen und die US-Waffengesetze wird vollkommen ausgeblendet, dass den tödlichen Schüssen eine strafbare Handlung seitens des Schülers vorausgegangen war, nämlich ein vollendeter Hausfriedensbruch. Die im Internet veröffentlichten Fotos aus der Überwachungskamera zeigen eindeutig, dass er sich mit einem Licht in der Hand in der Garage zu schaffen gemacht hat. Inwieweit der Schusswaffengebrauch in dieser Situation angemessen und damit nach dortigem Recht zulässig war, muss die US-Justiz feststellen. Der später gefasste Begleiter des Getöteten hat ausgesagt, man habe sich Getränke beschaffen wollen. Die beiden Jugendlichen sind also nicht versehentlich auf das fremde Grundstück gelangt oder haben aus einem Verbotsirrtum heraus gehandelt, wie in der Medienberichterstattung überwiegend suggeriert wird.

Zweifellos ein tragischer, ein trauriger Fall. Aber keiner, der öffentliche Empörung in Deutschland rechtfertigt.


Moment mal!
Ich gehöre nicht zu den Putin-Verstehern
von Klaus Rainer Röhl

Wie wird man in der SPD zum Bundeskanzler? Indem man erst einmal Juso wird, knalllinks ist und tüchtig auf die Pauke haut. Denn der Weg zum Parteivorsitzenden und schließlich Kanzler führt meist über die Jusos, den Nachwuchs der SPD. In meiner Jugendzeit war ich – Jugend kennt keine Tugend – Sozialist. Unabhängig natürlich. Für den Sozialismus mit „menschlichem Antlitz“. Das betonte man damals. Eigentlich selbstverständlich, sollte man denken. Gemeint war: Nicht im Ulbricht-Staat oder in der Sowjetunion, die auch in ihrer deutschen Filiale die Macht hatte und ausübte. Unabhängig wollten wir sein. Und in meiner Zeitschrift „dasda-avanti“ sammelte ich möglichst viele von diesen Unabhängigen, diesen mächtig auf die Pauke hauenden Juso-Vorsitzenden. Karsten Voigt, Ottmar Schreiner, Heidemarie Wieczorek-Zeul, Björn Engholm, Johano Strasser, alle diese hoffnungsvollen Juso-Vorsitzenden schrieben für unser Blatt, das so ein Sammelbecken für die radikalen Linken in der SPD wurde, die aber auch radikal gegen die Kommunisten waren.

Nur einer schrieb nicht für uns: Gerhard Schröder. Er hatte andere Freunde und seine eigene Richtung, und diese Fraktion hatte auch einen Namen: Stamokap. Dieser Begriff stammte direkt von Urvater Lenin. Die Stamokap-Fraktion war bei den Jusos schon fest etabliert, als Gerhard Schröder sich anschickte, Juso-Vorsitzender zu werden. Es ist zu kompliziert, den ganzen Unsinn lange zu erklären, nur so viel: Stamokap hieß und heißt „Staatsmonopolistischer Kapitalismus“. Die Stamokaps hatten keine Berührungsängste mit dem Osten, besonders einer von ihnen nicht, Klaus Uwe Benneter. Mit seiner Hilfe wurde Gerhard Schröder zum Juso-Vorsitzenden und schließlich Bundeskanzler.

„Staatmonopolistischer Kapitalismus“ – wäre das nicht eine treffende Bezeichnung für das System, das heute in Russland herrscht? Das sind so Gedanken, die einem kommen, wenn man hört, dass Wladimir Putin, einst Chef des Sowjetischen Geheimdienstes in der DDR, kürzlich mit Gerhard Schröder, dem jetzigen millionenschweren Aufsichtsratsvorsitzenden einer Tochter der russischen Monopol-Firma „Gazprom“, gemeinsam Geburtstag gefeiert hat, Männerfreundschaft. Es ist Krieg in der Ukraine, und die kriegen sich gar nicht ein vor Freundschaft. Schon sind ganze Gebiete der ehemaligen Sowjetrepublik Ukraine von russischen Soldaten mit Gesichtsmasken oder in abenteuerlichen Kostümen auftretenden Anhängern Russlands besetzt. Sie spielen Krieg in der Ostukraine. Sie haben bereits einen Teil des Landes, die Krim, abgetrennt und zu Russland geschlagen. Und Putin hat den Anschluss gebilligt und so die Krim – heimgeholt. Und mit dem Essen kommt natürlich der Appetit auf mehr. Will nicht die ganze, hochindustrialisierte Ostukraine heim ins Reich? Putin erklärt, er könne die Leute kaum mehr bremsen, gerade noch konnte er vier deutsche verhaftete Militärs freilassen, aber der blutige Kampf geht weiter – es ist Krieg in der Ukraine, mit bereits Hunderten von Toten, und wir begehren, nicht schuld daran zu sein. Doch man muss mit weiteren Heim-ins-Reich-Aktionen rechnen. Nur noch die Ostukraine?

Nur noch Danzig? Mit dem Schlachtruf „Mourir pour Danzig?“ wollten Frankreichs Pazifisten den Zweiten Weltkrieg verhindern. Hätte man Hitler wenigstens noch Danzig heimholen lassen sollen und damit den Zweiten Weltkrieg verhindert?

Was oder – wie viel will Schröders Männer-Freund wirklich?

Versuchen wir, Putin heute wirklich zu verstehen. Aus seinen Anfängen heraus. Wie wird man oberster Geheimdienstchef des KGB, in einem für die Sowjetunion so wichtigen Satellitenstaat wie der DDR? Wie viele Freunde hat man verraten oder kaltblütig über die Klinge springen lassen, um diesen Posten in der Sowjethierarchie zu erlangen, wie vielen Folterungen und Liquidationen hat man beigewohnt und immer mit der tiefen Liebe zum Sowjetland gerechtfertigt?

Dann das Ende – die Auflösung der Sowjetunion und der Verlust aller Kolonialgebiete und Kriegseroberungen, der baltischen Länder, der Kaukasus-Republiken, der Zerfall des Landes und seiner Wirtschaft. Unserem Mann war plötzlich sonnenklar, dass in Wahrheit Russland den Krieg verloren hatte und das besiegte Deutschland zu einem der mächtigsten Länder Europas und der höchsten wirtschaftlichen Blüte aufgestiegen war.

So befahl er den Umschwung. Kapitalismus, aber staatlich kontrolliert, ungehemmt durch eine jahrhundertealte soziale Bewegung oder durch kampfgeübte Gewerkschaften, in einem Land, das so etwas wie Arbeiterbewegung nie gekannt hatte. Kapitalismus pur. Unter Führung von sogenannten Oligarchen, meist ehemaligen Funktionären der Partei. Herausbildung einer Schicht von Neureichen, die als Karikatur die Hotels und Strände der ganzen Welt bevölkern mit ihren geschmacklos aufgetakelten Frauen samt Möpsen und Schoßhunden und hart saufenden, tags schon grölenden Männern. Oh Dostojewski, oh Tolstoi!

Den Mann im Kreml ekelt das neue Russland an, er versucht es zu befreien. Wenigstens von Homosexuellen und Drogensüchtigen, von Ausgeflippten und Feministinnen. Sein Traum von der heilen, intakten Welt zeigt sich im Eröffnungsspektakel der Winterolympiade, bei der ihn jeder sehen durfte, glücklich über das über dem Stadion schwebende Kind Ljuba, die Hoffnung der Welt. Nur Leni Riefenstahl konnte so glaubhaft eine Olympiade inszenieren. Die Friedenshand des Führers, allen Menschen der Erde entgegengestreckt. Fairer Wettkampf um eine neue Welt. So eine schöne Olympiade gab es noch nie. Hoffnung der Welt, Kinder statt Schwule. Wie kümmerlich hörten sich da die „Pussy Riots“ an! Aber das Misstrauen des KGB-Offiziers und seine Enttäuschung über den Zerfall der Sowjetunion bleiben. Bis der Westen nach der Ukraine greift, ein EU-Beitritt der ehemaligen Sowjetrepublik droht (warum eigentlich nicht EU?) und der Beitritt durch unseren kauz-gesichtigen Außenminister sowie seine polnischen und französischen Kollegen etwas außerhalb der Realität unumkehrbar gemacht werden soll. Da bricht die mühsam bewahrte diplomatische Fassung zusammen, das Misstrauen und wohl auch die Emotionen des hohen Sowjet-Offiziers kommen zum Vorschein.

So verstehe ich Putin. Aber ich gehöre nicht zu den Putin-Verstehern. Der starke Mann ficht und der kranke Mann stirbt. Sie kommen nicht durch. Wir kommen durch. Russlands Wirtschaft ist ruiniert, lebt nur von den Öl- und Gas-Exporten. Ihre Kreditwürdigkeit auf fast null zurückgestuft. Eine Abschaltung des Gas-Exports und ein Ölboykott – und der große Führer wäre auf Normalmaß geschrumpft. Einen Atomkrieg ris­kiert auch Putin nicht. Die Abschaltung vom Russengas, die uns Schröder eingebrockt hat, darf ruhig etwas kosten. Nachgeben und „Putin verstehen“ kostet mehr.

Und Schröder? Den haben wir fast ganz aus den Augen verloren. Die Geschichte wird es auch tun.


S. 9 Kultur

Keine Holzfällermethoden
Eher wortreich abwägen als verbittert anklagen − Ausstellung in Lüneburg mit und über Arno Surminski

Am 20. August feiert Arno Surminski seinen 80. Geburtstag. Das Ostpreußische Landesmuseum Lüneburg nimmt das Jubiläum zum Anlass, um den Autor von „Jokehnen“ sowie vieler anderer Romane und Erzählungen über Ostpreußen in einer aktuellen Sonderausstellung zu ehren.

Mitte der 1970er Jahre erschien in der Buchbeilage „Die Literische Welt“ der Tageszeitung „Die Welt“ eine nicht alltägliche „Kontakt“-Anzeige: „Ungewöhnliches Manuskript über Ostpreußen sucht einen Verleger.“ Die Anzeige stieß auf viel Resonanz, zumal Themen aus den östlichen Provinzen spätestens seit dem Aufstieg des Danzigers Günter Grass zum Superstar der deutschen Nachkriegsliteratur sehr begehrt waren. Gleich sechs Verlage meldeten sich bei dem Autor, darunter der renommierte Hamburger Verlag Hoffmann und Campe, der aber nach Durchsicht des Manu­skripts einen Rückzieher machte: Der hauseigene Autor Siegfried Lenz kündigte zeitgleich mit „Heimatmuseum“ einen Roman mit einer ähnlichen Thematik an. Man wollte sich nicht Konkurrenz in den eigenen Stall holen.

Das „ungewöhnliche Manu­skript“ fand schließlich einen anderen Verlag, und 1974 konnte Arno Surminski mit dem Roman „Jokehnen oder Wie lange fährt man von Ostpreußen nach Deutschland?“ sein schriftstellerisches Debüt feiern. Seitdem sind über 30 Bücher von ihm erschienen, von denen viele den literarischen Rahmen der Ausstellung „Erin­nertes Leben – Gelebte Erinnerung“ bilden, die anlässlich des 80. Geburtstags des in Hamburg lebenden Kulturpreisträgers der Landsmannschaft Ostpreußen von 1982 an diesem Wochenende in Anwesenheit des Jubilars im Ostpreußischen Landesmuseum Lüneburg eröffnet worden ist. Aus den Büchern werden in Text und Bild Schlüsselszenen präsentiert, die neugierig machen sollen auf das Werk eines Autors, der sein persönliches Schicksal ohne mo­ralische Aufdringlichkeit aufrollt.

„Ich habe mich immer darum bemüht, in meinen Büchern sachlich zu bleiben“, sagt Surminski, „meine Leser haben es immer geschätzt, wenn ich selbst bei schlimmen Erlebnissen wie Hunger oder Tod nie nach einem Schuldigen gesucht habe.“ Ein Ankläger will Surminski nicht sein, schließlich hat er vor seiner schriftstellerischen Karriere in einem Rechtsanwaltsbüro und später in der Rechtsabteilung eines großen Versicherungskonzerns gearbeitet. Da lernt man es, einen Schaden von beiden Seiten abzuschätzen. Schmerzt ihn nicht trotzdem der Verlust der Heimat? „Der Verlust beschränkt sich bei mir nur auf Menschen, nicht auf mein Haus oder mein Dorf“, betont Surminski, der bei der Vertreibung von den Eltern getrennt wurde, die später beide in zwei verschiedenen sowjetischen Ar­beitslagern ums Leben gekommen sind.

Für die Ausstellung hat Surminski eine Büste von ihm beigesteuert und seine Fotoalben geplündert. Aus seiner Sammlung stammen 50 Bilder, die ihn, seine Familie und sein ostpreußisches Heimatdorf Jäglack zeigen. Er hätte ein begabter Reiter sein können, thront er doch – wie in der Ausstellung zu sehen ist – auf einem Foto als Knirps auf einem viel zu großen Pferd. Das Reiten hat er nach der Vertreibung, die ihn erst nach Thüringen und zuletzt ins Schleswig-Holsteinische Trittau verschlug, aufgegeben. Heute fahre er lieber Auto, lässt Surminski wissen. Aber die Erinnerungen an die Zeiten der glücklichen Kindheit bis zum Krieg sind frisch und im Alter, wenn man nicht mehr durch den Beruf Ablenkung findet, vielleicht gegenwärtiger als jemals zuvor. „Bei mir kommt die Erinnerung zwangsläufig, weil ich immer über die Vergangenheit Ostpreußens schreibe“, sagt Surminski, „aber es stimmt: Bei älteren Leuten ist die Erinnerung an Kindheit und Jugend so präsent, als sei alles vorgestern geschehen. Die ganz frühen Bilder bleiben immer bestehen, was danach kommt, schwächt sich immer mehr ab.“

Dass er einmal in den 50er Jahren mit einer Freundesgruppe kurze Zeit nach Kanada ausgewandert ist und als Holzfäller gearbeitet hat, spielt in seinen Werken kaum eine Rolle. „Nach drei Jahren wusste ich, dass ich in meine sprachliche Heimat zurück musste“, sagte Surminski, „denn mir war klar, dass ich Schriftsteller werden wollte, und das konnte ich nur in Deutschland.“

Da er während seiner Versicherungstätigkeit die Schriftstellerei nur nach Feierabend betreiben konnte, ließ sein Debüt mit „Jo­kehnen“ erst auf sich warten, bis er bereits 40 Jahre alt war. Dass dieser Roman im Mittelpunkt des Interesses vieler Besucher steht, liegt auch daran, dass er mit Surminskis Landsmann Armin Mueller-Stahl 1986 verfilmt wurde.

Surminskis Flüchtlingsausweis, Ehrenurkunden und sein Holzfällerhelm sind ebenfalls Teil der zweisprachigen Wanderausstellung, die nach ihrer Beendigung im Landesmuseum am 31. August auch in verschiedenen ostpreußischen Orten gezeigt wird. Im Rahmen eines umfangreichen Begleitprogramms beantworten am

14. Mai im Landesmuseum um 15 Uhr Surminski und der Historiker Andreas Kossert noch die Frage, „Wie lange fährt man von Ostpreußen nach Deutschland… und zurück?“. Harald Tews


Pop und Potpourri
Karl Kunz − Ein vergessener Surrealist im Wuppertaler Von-der-Heydt-Museum

Die meisten Menschen as­soziieren mit dem Namen „Kunz“ wohl die Redewendung „Hinz und Kunz“, die seit dem Mittelalter in unserer Sprache für „Jedermann“ steht. Mit etwas abfälligerem Zungenschlag wird daraus dann „alltäglich“ und „nichts Besonderes“. Davon kann bei den Werken des Künstlers Karl Kunz allerdings nicht die Rede sein. 50 seiner teils großartigen und meist großformatigen Bilder sind jetzt im Wuppertaler Von der Heydt-Museum zu sehen.

Der 1905 in Augsburg geborene Kunz gehört zu den vergessenen Künstlern in Deutschland. In der Kunstwelt ist er heute nur wenigen Kennern ein Begriff. Er gilt als Einzelgänger der Moderne. Kunstkritiker hatten und haben Schwierigkeiten, seine Kunst einer be­stimmten Richtung zuzuordnen. Häufig wird er den Surrealisten zugeordnet. In den letzten Jahren seines Schaffens griff er Elemente der damals aktuellen „Pop Art“ in seiner Kunst auf.

Schon als 14-Jähriger nimmt Kunz Malunterricht in Augsburg. Von 1921 bis 1927 besucht er als Gast die private Kunstschule von Hans Hofmann in München und bildet sich autodidaktisch weiter.

In den Jahren 1927 bis 1930 hält sich Kunz in Berlin auf. Hier beteiligt er sich an mehreren der damals renommierten „juryfreien Kunstschauen“ im Lehrter Bahnhof und organisiert diese mit dem Maler Hermann Sandkuhl.

Von Berlin wechselt Kunz 1930 nach Halle an der Saale, wo er Meisterschüler von Erwin Hahs an der Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein wird. Hier heiratet er 1932 die Pädagogin Ilse Lack.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten beginnen für Kunz „die schlechten Zeiten“. Er wird 1933 als „entarteter Künstler“ eingestuft und mit Malverbot belegt. Den Lebensunterhalt sichert die elterliche Furnier- und Holzhandlung in Augsburg, die der 29-Jährige 1934 übernimmt. Für den Künstler Kunz beginnt eine Zeit der inneren Emigration.

Doch Kunz bleibt in der Zeit des Malverbotes künstlerisch aktiv. Heimlich malt er im Haus in Augsburg, schafft sich und der Familie in einem nahe bei Augsburg gelegenen Wochenendhaus ein „Paradies stillen Familien­glücks“. Wolfgang, einer der beiden Kunz-Söhne, resümiert später, dass „die schlechten Zeiten“ der inneren Emigration „auch gute Zeiten“ waren.

Das früheste Werk der Wuppertaler Ausstellung datiert aus dem Jahr 1934: „Die Schwebenden“ kann von Stil und Thematik her als „ein Schlüsselbild“ der Kunzschen Kunst verstanden werden. Das surreal an­mutende Bild zeigt ein eng verschlungenes Paar, das über einer rot gefärbten antiken Landschaft mit winzigem Tempel in einen blauen Himmel hinein schwebt. Man könnte es als Traum vom Entschweben aus einer sur-realen Welt deuten.

Mit monumentaler Größe (zirka 1,25 mal 3,70 Meter) und in Kirchenaltar-Form präsentiert sich das dreiteilige „Medea-Triptychon“, das Kunz 1954 schuf. Die surreale Mehrdeutigkeit, das Traumhafte und das Unbewusste bestimmen den rätselhaften Ausdruck des gigantischen Bildes.

Darf es auch etwas kleiner sein? – Ja, es darf. Zum Beispiel bei dem „gerade mal nur“ 2 mal 1,30 Meter großen Werk „Dem Wahren Schönen Guten“ (1963). Der Titel spielt auf den Abriss der Alten Oper in Frankfurt am Main an. Die Inschrift über dem Portal der Oper lautete eben „Dem Schönen Wahren Guten“.

In Frankfurt hatte Kunz von 1957 bis zu seinem Tod (1971) sein Atelier. Die Collage aus Zeitungsausschnitten, Fotos und Wachsmalkreidezeichnungen zeigt in fast schon satirisch-sarkastischer Überspitzung ein wirres Potpourri mit barbusigen Frauen, bodygebildeten Männern und Ansichten der Alten Oper – eben das Wahre, Schöne und Gute. Siegfried Schmidtke


Viel Lesestoff
Mammutbibel ist in Nürnberg ausgestellt

Farbenprächtig, goldglänzend und von überdimensionalem Format: Die um 1180/85 entstandene Gumbertusbibel aus dem gleichnamigen Stift in Ansbach gehört zu den eindrucksvollsten und bildreichsten Handschriften des Hochmittelalters. Erstmals seit 15 Jahren ist die kostbare Handschrift nun für drei Monate in einer Sonderausstellung im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg zu sehen. Knapp 40 Exponate geben dort Einblick in die faszinierende Welt der mittelalterlichen Buchkunst.

Die Gumbertusbibel wurde vor 1195 von einer Gruppe von frommen Ansbachern für das örtliche Stift St. Gumbertus angekauft. Aufgrund ihrer be­achtlichen Maße von 67 mal 45 Zentimetern und eines Gewichts von 40 Kilogramm zählt die Handschrift zur Gattung der sogenannten Riesenbibeln. Bemerkenswert ist ihre überreiche künstlerische Ausstattung: Neben figürlichen Initialen zieren elf ganzseitige Malereien in Deckfarben die Handschrift. Einmalig ist die Gesamtkonzeption der Darstellungen.

Doch wo entstand die prächtige Bibel? Ein solches Monumentalwerk vermochten nur leistungsfähige und überaus gut ausgestattete Schreibstuben zu erstellen. Mehrere Schreiber und Illustratoren waren notwendig. Ein Forschungsprojekt am Lehrstuhl für Lateinische Philologie des Mittelalters an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat die Schriftführung untersucht und zwölf Kopisten nachgewiesen. Erstaunlich ist der trotz vieler Hände gewahrte gesamtheitliche Charakter: Die Künstler integrierten ihre Miniaturen und Initialen in die Gesamtkonzeption der Ausmalung. Ein individueller Stil ist nur vereinzelt in zeichnerischen und malerischen Details erkennbar. Die Vielfalt der Motive zeugt zudem von einer großen Auswahl vorhandener Bildvorlagen, die vermutlich durch den Tausch illuminierter Handschriften oder durch Abzeichnen bekannter Malereien in das Skriptorium gelangten.

Bei der Gumbertusbibel handelt es sich um eine einbändige Bibel. Dieser Typus, auch Pandekt genannt (griech. pandectes: das Buch, „das alles enthält“), setzte sich in der Spätantike und im Mittelalter durch. Für das tägliche Gebet genügten in der Regel Abschriften einzelner Texte. Seine Blüte erlebte der Pandekt zur Zeit Karls des Großen, gefördert vor allem durch dessen Berater Alkuin von York (735−804). Ein bedeutendes Beispiel ist die „Alkuin-Bibel“, eine kostbare und ebenfalls selten zu sehende Leihgabe der Staatsbibliothek Bamberg. PAZ


MELDUNGEN

Antike Statuen am neuen Platz

Göttingen − Sie wurden in Rom gefunden, restauriert, vor 250 Jahren über die Alpen transportiert und entgingen nur knapp dem Feuer, dem das alte Schloss Herrenhausen zum Opfer fiel – für die Niedersächsische Landesausstellung werden sie nun in neuer Pracht erstrahlen: die antiken Statuen aus der berühmten Wallmoden-Sammlung. Die Antikensammlung, die sich im Besitz des Hauses Hannover befindet, ist seit 1979 als Dauerleihgabe im Archäologischen Institut der Universität Göttingen zu sehen. Ab dem 17. Mai werden die 50 Statuen dann gemeinsam mit rund 50 Gemälden im Rahmen der Nie­dersächsischen Landesausstellung „Hannovers Herrscher auf Englands Thron 1714–1837“ im Museum Schloss Herrenhausen in Hannover zu sehen sein. tws

 

Forum Romanum in Kassel

Kassel − Besucher des Deutschlandtreffens der Ostpreußen sollten sich nicht die neue Ausstellung über das Forum Romanum im Kasseler Schlossmuseum Wilhelmshöhe entgehen lassen Noch bis zum 27. Juli ist dort diese famose „Zeitreise durch 3000 Jahre Geschichte“ zu sehen. Seit dem Jahr 753 v. Chr., dem fiktiven Gründungsdatum Roms, gestalteten die Römer ein sumpfiges Tal, umgeben von sieben Hügeln, zum zentralen Ort ihres Weltreiches. Für Jahrhunderte war das Forum Romanum ein Ort, an dem die Geschichte Europas geschrieben wurde. In der Frühzeit versammelten sich hier eisenzeitliche Stämme, später sprachen und wirkten Persönlichkeiten wie Cicero, Cäsar und Augustus. tws


S. 10 Geschichte

Wenn drei sich streiten, freut sich der Vierte
Im damaligen Veranstaltungsort sind gleich zwei Ausstellungen dem vor 600 Jahren eröffneten Konstanzer Konzil gewidmet

Auf dem Konstanzer Konzil wurde mit der Wahl von Martin V. zum Papst die wohl größte Führungskrise in der katholischen Kirche, das sogenannte Große Abendländische Schisma, beendet. Am Ort dieser Papstwahl, im ersten Stock des 1388 als Korn- und Lagerhaus errichteten Konstanzer Konzilsgebäudes, ist seit vorletztem Sonntag die vom Badischen Landesmuseum Karlsruhe erarbeitete Große Landesausstellung 2014 „Das Konstanzer Konzil. Weltereignis des Mittelalters 1414–1418“ mit 340 Exponaten zu sehen. Das Rosgartenmuseum zeigt die neue Dauerausstellung „Konstanz um 1414 – Städtischer Alltag zur Zeit des Konzils“.

Aller guten Dinge sind normalerweise drei. Doch drei gleichzeitig amtierende Päpste waren geradezu eine Plage für das christliche Abendland. Um die sogenannte verfluchte Dreiheit auf dem Stuhle Petri zu beenden, sorgte der römisch-deutsche König und spätere Kaiser Sigismund für die Einberufung eines Konzils zu Konstanz. Die Kirchenvollversammlung, zu der Vertreter aus allen Ländern des christlichen Abendlandes anreisten, trat 1414 zusammen. Zwei Päpste wurden abgesetzt und einer trat zurück. Nach langjährigen Verhandlungen waren alle für einen: Innerhalb von drei Tagen wurde 1417 Martin V. einstimmig zum neuen Papst gekürt. Im folgenden Jahr wurde das Konstanzer Konzil beendet.

Karin Stober, Projektleiterin und Kuratorin der Großen Landesausstellung über das Konzil und dessen Folgen, erklärt: „Dass die katholische Kirche mit einem einzigen Papst an der Spitze bis heute Bestand hat, ist dem Konstanzer Konzil geschuldet.“ Aber „der beträchtliche Reformstau, der in Konstanz hinterlassen wurde, führte 100 Jahre später schließlich zur Reformation. Martin Luther berief sich immer wieder auf den 1415 in Konstanz als Ketzer verbrannten böhmischen Reformator Jan Hus.“

Ausgestellt ist das Fragment eines braunen Mantels, den Hus getragen haben soll. Hus machte König Sigismund für sein trauriges Schicksal verantwortlich. Schließlich hatte er auf den Schutzbrief vertraut, den ihm der Herrscher ausstellen ließ. Doch der unternahm nichts gegen die Gefangennahme und Hinrichtung von Hus.

Andere Konzilsteilnehmer hingegen haben Sigismund viel zu verdanken. Konstanz war nämlich nicht nur Schauplatz der Kirchenvollversammlung, sondern auch eines permanenten Reichstags. Eine am 30. April 1415 ausgestellte Urkunde weist uns auf einen der weltlichen Höhepunkte der Konzilszeit hin. Mit ihr überließ König Sigismund dem Hohenzollern Friedrich VI., Burggraf von Nürnberg, die Mark Brandenburg, die Kurwürde und das Erzkämmereramt als erb­lichen Besitz. Somit birgt nach den Worten von Karin Stober „das Konstanzer Konzil den Nukleus für das preußisch-deutsche Kaiserreich von 1871 in sich“.

Besonders wichtig ist der Projektleiterin, das Aufeinandertreffen der abendländischen Kulturen zu veranschaulichen, „Konstanz als Schmelztiegel, als Plattform für den Austausch von Wissen, Waren und Werten“. Deren Grundlage war der gemeinsame christliche Glaube. Von ihm künden erlesene Kunstwerke wie das vom Meister des Paradiesgärtleins geschaffene Gemälde der „Madonna in den Erdbeeren“ (Straßburg, um 1425). Ebenso golden funkelt die Bemalung der aus Holz geschnitzten „Christus-Johannes-Gruppe“ (Oberrhein, um 1420/30). Das anmutige Werk zeigt den während des letzten Abendmahls an der Brust des Herrn ruhenden Jünger, dem sich dabei himmlische Geheimnisse enthüllen.

Bemerkenswert ist, dass das Konstanzer Konzil die Darstellung des nackten Christkindes befördert hat. Bis dahin wurde es in den Weihnachtsszenen als Wickelkind dargestellt. Der Vision der Birgitta von Schweden zufolge aber lag es nackt und leuchtend da. Während der Zeit des Schismas, der Kirchenspaltung, wurde Birgitta von einem der konkurrierenden Päpste zur Heiligen erklärt. Erst durch die Bestätigung auf dem Konzil wurde die Heiligsprechung verbindlich. Mit fast schon greller Ausdrucks­kraft illustriert das einem süddeutschen Meister zugeschriebene Gemälde „Geburt Christi“ (um 1415/20) Birgittas Bericht: „Ich sah das prächtige Kind nackt und strahlend auf der Erde liegen.“

Die Kanonisation Birgittas 1415 auf dem Konzil war eine der letzten Amtshandlungen von Papst Johannes XXIII. Er hatte nach Beratung mit König Sigismund die Kirchenvollversammlung nach Konstanz einberufen, um sich nach Absetzung der konkurrierenden Päpste – des in Rom residierenden Gregor XII. und des in Avignon sitzenden Benedikt XIII. – zum alleinigen Pontifex wählen zu lassen. Doch Johannes XXIII. geriet bald ins Hintertreffen, wurde zum Rück­tritt genötigt, floh 1415 aus Konstanz, wurde gefangen genommen, abgesetzt und Pfalzgraf Ludwig von Bayern übergeben, der ihn in Heidelberg und Mannheim inhaftieren ließ.

Als Schutzherr über die Christenheit und die Konzilsteilnehmer trat Sigismund auf. Er war König von Ungarn und seit 1410 römisch-deutscher König. Das Porträt (1514?) aus der Werkstatt Albrecht Dürers zeigt seine markanten Gesichtszüge mit Hakennase und wachen Augen. Er gilt als klug, weltgewandt und machtbewusst. Sein Ziel war es, vom einzig wahren Papst zum Kaiser gekrönt zu werden. Erst 1433 war es so weit. Ausgestellt ist das Zeremonialschwert, das er sich zu diesem Anlass anfertigen ließ.

Über die Konzilsereignisse sind wir dank des Konstanzer Bürgers Ulrich Richental bestens informiert. Er verfasste die Chronik des Konstanzer Konzils. Die wohl um 1420 niedergeschriebene „Ur-Chronik“ ist zwar verloren. Erhalten haben sich aber 16 Abschriften, von denen einige prächtig illustriert sind. Eine ganze Reihe von ihnen ist ausgestellt. Die bedeutendste ist die aus New York. Um 1460 verfasst, kommt sie der „Ur-Chronik“ wohl am nächsten.

Ein weiteres bedeutendes Exemplar der Richental-Chronik kann man im Zunftsaal des Konstanzer Rosgartenmuseums besichtigen. Packend realistisch sind die Illustrationen der Zeremonien, Festumzüge und des städtischen Alltagslebens. In einer Sonderschau widmet sich das Rosgartenmuseum dem Stadtleben zur Zeit des Konzils anhand originaler Alltagsgegenstände. Laut Richental soll es damals 700 offizielle Prostituierte – „Hübschlerinnen“ genannt – gegeben haben. Die Stadt hatte damals um die 6000 Einwohner und zwischen 10000 und 20000 zugereiste Konzilsteilnehmer.

Bis heute weist Konstanz über das Konzilsgebäude hinaus eine stattliche Zahl von Bauwerken mit Konzilsbezug auf. Im Mittelschiff des Münsters fanden die Vollversammlungen der Konzilsteilnehmer statt. Das konzilszeitliche Dominikanerkloster hat sich zum heutigen Inselhotel gewandelt. Auf der Seeseite wird man auf ein aus der Fassade tretendes Türmchen aufmerksam. In dessen Keller war Hus zeitweise inhaftiert. Vom ehemaligen Augustinerkloster, in dem König Sigismund logierte, ist die Dreifaltigkeitskirche erhalten. Die ließ Sigismund 1417/18 zum Dank für die erwiesene Gastfreundschaft mit Fresken ausmalen. Sie stellen die Gründung der großen Ordensfamilien sowie biblische Propheten und Könige dar, unter denen einer wie Sigismund aussieht. Veit-Mario Thiede

Nähere Informationen zur Großen Landesausstellung 2014 „Das Konstanzer Konzil. Weltereignis des Mittelalters“ im Konzilsgebäude, die noch bis zum 21. September dieses Jahres zu sehen ist, und zur neuen Dauerausstellung „Konstanz um 1414 – Städtischer Alttag zur Zeit des Konzils“ im Rosgartenmuseum bieten das Badische Landesmuseum Karlsruhe, Schloss, 76131 Karlsruhe, Telefon (07531) 28256912, Fax (0721) 9266537, E-Mail: info@landesmuseum.de, und das Rosgartenmuseum, Rosgartenstraße 3-5, 78462 Konstanz, Telefon (07531) 900246.


Dänemark verspielt seine letzte Chance
Vor 150 Jahren verzichtete das Königreich auf der Londoner Konferenz trotz militärischer Unterlegenheit auf einen Verständigungsfrieden

Der Verlust der Düppeler Schanzen an die Preußen gilt als die entscheidende Niederlage der Dänen im Deutsch-Dänischen Krieg von 1864. Dabei bot sie Dänemark eine große Chance – die Chance zu erkennen, wie sehr es den Deutschen militärisch unterlegen war und dass ein Verständigungsfrieden mit Abstrichen die einzige Alternative zur militärischen Niederlage mit dem Verlust von Schleswig, Holstein und Lauenburg war.

Die mit den Dänen aus Gründen des kontinentalen Gleichgewichts sympathisierenden Briten schätzten die Situation der Dänen richtig ein und luden deshalb zu einer internationalen Konferenz in ihre Hauptstadt, um dort die Grundlagen für einen Verständigungsfrieden zu legen. Eingeladen wurden die Kriegsparteien Dänemark, Preußen und Österreich, die verbleibenden Großmächte Frankreich und Russland sowie Schweden und der Deutsche Bund. Am 25. April 1864 begannen die Verhandlungen. Ab dem 12. Mai schwiegen die Waffen.

Die britischen Gastgeber schlugen eine Einigung auf der Basis des Londoner Protokolls von 1852 vor, sprich eine Personalunion Dänemarks mit Schleswig, Holstein und Lauenburg. Das war ein sehr dänenfreundlicher Vorschlag, ließ er doch unberücksichtigt, dass seit der Konferenz Dänemark mit der Einverleibung Schleswigs gegen das Protokoll verstoßen hatte und große Teile des Festlandterritoriums des dänischen Königs mittlerweile in deutscher Hand waren. Die Dänen lehnten trotzdem ab.

Der französische Kaiser Napoleon III., ein Kind der Revolution von 1848 und als Neffe Napoleons I. ein Großneffe der Revolution von 1789, brachte die Idee des Plebiszits ins Gespräch. Per Plebiszit hatte Napoleon III. 1852 sein Kaisertum legitimiert und acht Jahre später die Annexion Nizzas. Nun schlug er vor, Schleswig zu teilen und die örtliche Bevölkerung per Volksabstimmung über die Südgrenze Dänemarks entscheiden zu lassen. Dieser Vorschlag war nicht antidänisch. Zum einen kann sich jede Nation, die einen Krieg zu verlieren droht, glücklich schätzen, wenn ihr eine Grenzziehung auf der Basis des Selbstbestimmungsrechts der Völker angeboten wird. Zum anderen entsprach der Vorschlag der Idee des Nationalstaatsprinzips, auf das sich ja die in Dänemark regierenden Eiderdänen bei der Einverleibung Schleswigs in das dänische Königreich selbst berufen hatten. Und trotzdem lehnten die Dänen auch diesen Vorschlag ab.

Nachdem die Dänen für keine Verständigung auf Basis des Londoner Protokolls von 1852 zu haben waren, konnten nun die Deutschen umso eher Forderungen stellen, die über die Rückkehr zur Personalunion des Königreiches Dänemark mit den Herzogtümern Schleswig, Holstein und Lauenburg hinausgingen. Preußens Ministerpräsident Otto von Bismarck hatte bereits vor dem Krieg in kleiner Runde erklärt: „Die ,Up ewig Ungedeelten‘ müssen einmal Preußen werden. Das ist das Ziel, nach dem ich steuere; ob ich es erreiche, steht in Gottes Hand.“ Hätte Bismarck diese Forderung auf der Londoner Konferenz vertreten, hätte er wohl damit alleine gestanden und die antidänische preußisch-österreichische Koalition hätte die längste Zeit bestanden gehabt. Stattdessen übte er den Schulterschluss mit den österreichischen Verbündeten, die ein eigenständiges Fürstentum Schleswig-Holstein ohne Personal- oder gar Realunion mit Dänemark forderten.

Wenn Bismarck auch ein preußisches Schleswig-Holstein vorzog, so war doch Österreichs Vorschlag immerhin eine Verbesserung gegenüber dem Londoner Protokoll von 1852: „Ich habe stets an der Klimax festgehalten, dass ... ein selbständiger Fürst besser wäre als die Personalunion ...“ Zudem konnte er getrost davon ausgehen, dass die Dänen ein selbständiges Fürstentum erst recht ablehnen würden, wenn ihnen noch nicht einmal die Personal­union genügte.

Bismarcks oben zitierte Worte über die Schleswig-Holsteiner, die einmal Preußen werden müssten, gehen weiter mit der Prognose: „Die Halsstarrigkeit der Dänen wird uns wahrscheinlich schaffen, was wir brauchen, den Kriegsfall.“ Die „Halsstarrigkeit der Dänen“ hatte nicht nur den Kriegsfall geschaffen, sondern sorgte nun auch dafür, dass er auf dem Weg zu einem preußischen Schleswig-Holstein nicht schon auf der Londoner Konferenz durch einen Verständigungsfrieden ausgebremst wurde.

Dank der Dänen und zum Leidwesen der Gastgeber endete die Londoner Konferenz am 25. Juni 1864 ergebnislos und mit ihr auch der vor 150 Jahren begonnene Waffenstillstand. Nun mussten die Waffen die Entscheidung bringen.

Manuel Ruoff


S. 11 Preussen

»Mein Ruhm ist in Rauch aufgegangen«
Vor 250 Jahren wurde mit Johann Gottfried Schadow der wohl bedeutendste Vertreter des deutschen Frühklassizismus geboren

Johann Gottfried Schadow gilt als bedeutendster Bildhauer des deutschen Klassizismus und Begründer der Berliner Bildhauerschule. Drei preußische Könige nahmen seine Dienste in Anspruch. Allerdings stießen die Werke des Bildhauers bei den Zeitgenossen nicht immer nur auf Zustimmung.

Im Oktober 1802 schrieb der Jenaer Philosophieprofessor Fried­rich Wilhelm Schelling (1775–1854) an den Literaturhistoriker August Wilhelm von Schlegel (1767–1845), der seit 1801 in Berlin lehrte: „Stellen Sie sich die Plattheit von Schadow vor, daß er Goethen gleich nach dem ersten Willkomm darum ansprach, seinen Kopf ausmessen zu dürfen... Nach dem Eindruck, den er auf Goethe gemacht hat, muß er gegen ihn wie ein Bierbruder sich aufgeführt haben.“

Der hier so negativ Charakterisierte war niemand anders als Johann Gottfried Schadow. Dabei resultierte die Weigerung des Dichterfürsten, seinem Besucher auf irgendeine Weise Modell zu stehen, weniger aus der gewöhnungsbedürftigen direkten Art Schadows als vielmehr aus den ästhetischen Differenzen zwischen den beiden. Schadow hatte eine streng naturalistische Kunstauffassung, während der Weimarer Geheimrat eher idealisierte Darstellungen bevorzugte, welche der Berliner wiederum ohne viel Federlesens als Schöpfungen der „Cloake“ abqualifizierte.

Das Misslingen des Versuches, eine Büste von Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) anzufertigen, stellte nicht das einzige Ungemach dar, das Schadow zu dieser Zeit widerfuhr, weshalb man mit Fug und Recht von einem gewissen Knick in der Karriere des Bildhauers sprechen kann, wobei dieselbe freilich bis dahin auch nicht immer ganz geradlinig verlaufen war.

Johann Gottfried Schadow, der am 20. Mai 1764 in Berlin das Licht der Welt erblickte, wurde 1778 Schüler des preußischen Hofbildhauers Jean-Pierre-An­toine Tassaert (1727–1788), der ihn wegen seines Talentes auch gerne als Nachfolger und Schwiegersohn gesehen hätte. Doch Schadow brannte lieber mit der Tochter eines schwerreichen Wiener Juweliers nach Italien durch. Dort machte er auf sich aufmerksam, als er 1786 für seine Figurengruppe „Perseus befreit Andromeda“ den Preis der römischen Akademie gewann. Ein Jahr später kehrte Schadow dann wieder nach Berlin zurück, wo er durch die Protektion des Etats- und Kriegsministers Friedrich Anton von Heynitz (1725–1802) zunächst eine Anstellung bei der Königlichen Porzellanmanufaktur erhielt.

Kurz darauf starb Tassaert, woraufhin die große Stunde des 24-Jährigen schlug. König Friedrich Wilhelm II. (1744–1797), der mittlerweile ebenfalls zu den Gönnern des Künstlers zählte, ernannte ihn trotz seiner Jugend zum Leiter der Hofbildhauerwerkstatt und erteilte ihm zudem den lukrativen Auftrag, ein Grabmal für den jung verstorbenen Grafen Alexander von der Mark (1779–1787), einen unehelichen Sohn des Monarchen, her­zu­stellen. Dieses nachgerade epochale Kunstwerk festigte Schadows Ruf als Ausnahmetalent und wurde bald zu den „Sieben Wundern Berlins“ gezählt.

Weitere Höhepunkte im Schaffen des Bildhauers, der inzwischen nun auch der Königlich Preußischen Akademie der Künste angehörte, bildeten die Quadriga auf dem Brandenburger Tor (1793) und das Marmor-Doppelstandbild der Prinzessinnen Luise von Meck­lenburg-Strelitz (1776–1810), der späteren Königin von Preußen, und ihrer als etwas „leichtlebig“ verschrienen Schwester Friederike (1778–1841) aus dem Jahre 1797. Dennoch trugen ihm gerade diese beiden Kunstwerke auch Ärger beziehungsweise einen partiellen Verlust des königlichen Rückhaltes ein. Die Quadriga im Stile der griechischen Hochklassik stieß bei den Berlinern auf vielfältige Kritik, woraufhin Schadow diverse Veränderungen vornehmen musste. Und die sogenannte Prinzessinnengruppe verschwand gar aus der Öffentlichkeit, weil Kronprinz Friedrich Wilhelm (1770–1840) es höchst unpassend fand, dass der Künstler seine Gemahlin in einem enganliegenden und dazu noch hauchdünnen Gewand dargestellt hatte.

So verwundert es nicht, dass Schadows Stern als Künstler zu sinken begann, nachdem Friedrich Wil­helm III. im Jahr der Fertigstellung der „Prinzessinnengruppe“ den preußischen Thron bestiegen hatte. Er erhielt keine wirklich bedeutsamen Aufträge mehr – und vor allem konnte er niemals sein Lieblingsprojekt, ein monumentales Reiterstandbild Friedrichs des Großen, verwirklichen. Dieser Auftrag ging vielmehr an Christian Daniel Rauch (1777–1857), wonach Schadow das selbstironische Bonmot prägte: „Mein Ruhm ist in Rauch aufgegangen.“

Andererseits wollte jedoch auch der neue König nicht auf die Fähigkeiten und Erfahrungen des stets loyalen und äußerst patriotischen Bildhauers verzichten. Deshalb ernannte er ihn 1805 zum Vizedirektor der Akademie der Künste. Dem folgte 1810 die Übertragung des Postens des Direktors der Bauakademie. Und 1816 avancierte Schadow dann gar zum Direktor der Preußischen Akademie der Künste. In dieser Funktion wollte ihn der König selbst dann noch behalten, als er nach einer Augenoperation im Alter von 75 Jahren den Antrag auf Versetzung in den Ruhestand stellte – da gab ihm der Monarch einfach einen rührigen Vizedirektor zur Seite.

Künstlerisch entfalten konnte sich Schadow in der Zeit nach 1805 nur noch sporadisch, wie mit dem Denkmal für Martin Luther in Wittenberg und der Bronzestatuette Friedrichs des Großen mit seinen Windhunden, durch die er letztlich ebenso wie Rauch dazu beitrug, kommenden Generationen eine Vorstellung vom Erscheinungsbild des „Alten Fritz“ zu vermitteln.

Trotz diverser Schicksalsschläge – Schadow überlebte zwei Ehefrauen und drei seiner Kinder, dazu kam die kontinuierliche Verschlechterung des Sehvermögens – verbrachte der Bildhauer einen geruhsamen Lebensabend in Berlin, wozu auch die Wertschätzung seitens Friedrich Wilhelms IV. (1795–1861) beitrug, der ihm 1842 den Orden Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste verlieh. Und selbst mit Goethe söhnte sich Schadow schließlich noch aus, wovon die Büste des Dichters zeugt, die im Jahre 1823 entstand.

„Papa Schadow“, wie er am Ende quer durch alle Bevölkerungsschichten genannt wurde, starb am 27. Januar 1850 im damals ungewöhnlich hohen Alter von 85 Jahren in Berlin. Sein Ehrengrab auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof existiert bis zum heutigen Tag. Wolfgang Kaufmann


Goethes »liebes, schönes, herrliches, himmlisches Kind«
Vor 225 Jahren wurde Minchen Herzlieb in Züllichau geboren – Vorbild für die Ottilie in »Die Wahlverwandtschaften«

Zu den berühmtesten Frauengestalten, die in die Goethesche Literaturgeschichte eingegangen sind, gehört „Minna“ Herzlieb. In der sechs Kilometer nördlich des Oderknies, dort, wo der Fluss sich nach Westen wendet, gelegenen ostbrandenburgischen Kleinstadt Züllichau [Sulechów], Landkreis Züllichau-Schwiebus, Neumark wurde dem Superintendenten Christian Friedrich Carl Herzlieb am 22. Mai 1789 Christiane Friederike Wilhelmine Herzlieb als erste Tochter geboren. Kaum fünf Jahre alt, verlor sie ihren Vater; ihre Mutter folgte, als sie acht Jahre alt war. So kam Minna in das Haus des Kommerzienrats Müller, dessen Bruder ihr und ihrer drei Geschwister Vormund war. Weil jedoch ein Verweilen im Haushalt eines Unverheirateten nicht angebracht erschien, wurde Minna in der Familie eines Verlegers und Freundes ihres Vaters, des Verlagsbuchhändlers Carl Friedrich Ernst Frommann, aufgenommen. 1798 zog die Familie Frommann in die Universitätsstadt Jena. Das Frommannsche Haus „Am Graben“ gewann schnell Freunde, denn für jeden Gelehrten oder Dichter galt in ihm ein großzügiges Gastrecht. Die Pflegetochter „Minchen“ Herzlieb wuchs auf neben den beiden eigenen Kindern Sophie Alwine und Fritz. In seinem Buch „Das Frommannsche Haus und seine Freunde“ aus dem Jahre 1870 schildert Friedrich Johannes Frommann die gesellschaftlichen Begegnungen sehr ausführlich.

Von dem Philosophen Henrich Steffens wissen wir, dass er mit „Göthen“ und anderen Gästen am 11. Februar 1799 im Hause Frommann gewesen ist. Minchen war fast zehn Jahre alt, als Wolfgang Goethe sie zum ersten Mal sah. Unter dem 14. Dezember 1806 steht in seinem Tagebuch: „Zu Tische Frommann. Nachmittag kam Minchen ihren Pflegevater abzuholen.“ Im November 1807 entdeckte Goethe „mit hellsichtigen Dichteraugen die erblühende Schönheit Minchen Herzliebs … Der große Dichter schaute beglückt die liebliche Mädchenknospe“, sie war 18 Jahre alt. Goethe, der Minchen „weislich aus dem Sinne sich zu schlagen“ suchte, hatte Jena gemieden, er musste aber einen Aufenthalt dorthin verlegen, um den Studien zur Farbenlehre nachzugehen. Seine Besuche bei den Frommanns versuchte er „auf das Maß der Höflichkeit“ zu vermindern, bis Friedrich Ludwig Zacharias Werner, der romantische Autor, auf seiner Reise nach Rom in Weimar und Jena eintraf. Goethe führte den Dichter aus Königsberg, der gerade sein Drama „Die Söhne des Tales“ veröffentlicht hatte, am 3. Dezember 1807 im Haus der Frommanns ein. Die anwesenden Dichter Friedrich Wilhelm Riemer und Carl Ludwig von Knebel sowie Johann Diederich Gries beteiligten sich ebenso wie Goethe angeregt, an der aufgekommenen „Sonettenwut“.

In der Nacht vom 13. zum 14. Dezember 1807 schrieb Goethe eigenhändig an Minchen Herzlieb sein Sonett „Wachstum“: „Als kleines art’ges Kind nach Feld und Auen, sprangst Du mit mir, so manchen Frühlingsmorgen …“ Goethe fuhr zurück nach Weimar – „das Erlebnis der Liebe trat in die Betrachtung zurück: es formte sich im Geiste des Dichters die wahlverwandte Gestalt der Ottilie“. In keinem der Werke Goethes ist „Herzlieb“ als Name erwähnt, es blieb bei den Huldigungsgedichten im „Sonettenkrieg“. Äußere und seelische Eigenart von Minchen Herzlieb verkörpert die Gestalt der Ottilie in Goethes „Wahlverwandtschaften“. Im Roman ist sie „das liebe, schöne, herrliche, himmlische Kind“.

Nach den Tagen der Schwärmerei folgten Kummer und Schwermut im Leben von Minna Herzlieb. Im Mai 1808 reiste sie nach Züllichau, „um ihrer einzigen Schwester im Brautstande zu helfen“ und 1812 kehrte sie über Berlin nach Jena zurück. „Frommanns haben eine große Freude“, berichtete Frau Bohn nach Stuttgart, „Minchen Herzlieb … ist Braut mit einem Professor Pfund in Berlin, und wahrscheinlich wird hier die Hochzeit.“ Sie heiratete nicht den Verlobten Oberlehrer Pfund. Erst 1821 vermählte sich Minchen Herzlieb mit dem Professor der Rechte Karl Wilhelm Walch. Die Vernunftehe verlief unglücklich und so verließ sie bald das Haus und Jena. Fritz, ihr Pflegebruder, berichtete: „Nach mehreren Jahren machte sie den Versuch, ob es nicht ginge. Es ging aber nicht, und doch wiederholte sie es mehrere Male, mit immer schlechterem Erfolg.“ Nach dem Tod ihres Mannes (1853) lebte sie als „Tante Minna“ in Jena und bei ihrer Schwester in Züllichau. Sie starb am 10. Juli 1865 in Görlitz in einer Nervenheilanstalt in geistiger Verwirrung.

Luise Seidler (1786–1866) hat als Malerin nicht nur Wilhelmine Herzlieb porträtiert, sondern als Chronistin ihre Jugendfreundin in ihren „Erinnerungen“ auch lebendig geschildert: „… Minna war die lieblichste aller jungfräulichen Rosen mit kindlichen Zügen, mit großen, dunklen Augen, die, mehr sanft und freundlich als feurig, jeden herzig unschuldsvoll anblickten und bezaubern mussten … Es konnte nicht fehlen, dass die herrlich zur Jungfrau gereifte Minna im Frommannschen Hause bald der Gegenstand zahlreicher Huldigungen war. Bei aller Aufmerksamkeit jedoch, welche man ihr bewies, blieb ihr Auftreten anspruchslos, bescheiden, natürlich, heiter, oft neckisch …“ E.B.


S. 12 Leserforum

Leserforum

Schlafmützen, aufgewacht!

Zu: Einigkeit geht vor (Nr. 17) und Faschistische Schatten (Nr. 17)

Nach der harten Arbeit des Wiederaufbaus und der Modernisierung der Ruine DDR lehnen sich die neuen deutschen Herrenmenschen zurück und ruhen sich auf den welkenden Lorbeeren aus. Der Sog des Wohlstands spült ja genug Arbeitskraft und erträglich viele Schnorrer aus dem Ausland ins Land. Die Prägungen durch Nationalgefühl und Religion sind auf dem Scheiterhaufen nihilistischer Ideologen geopfert worden. Daher rührt die Bereitschaft, Rückgrat durch Anpassung zu ersetzen.

So ist es nicht verwunderlich, dass im Zuge der neuen Völkerwanderung hierzulande eine stille Islamisierung stattfindet. Noch sind es Kleinigkeiten, die mit dem Begriff der Toleranz abgedeckt werden. Islamisches Recht gilt neben dem deutschen, wenn es denn auch nur Details betrifft wie zum Beispiel das Schächten. Über Ehrenmorde wundern wir uns schon lange nicht mehr, auch nicht, wenn junge Mädchen mit islamischen Greisen zwangsverheiratet werden.

Vielweiberei findet sicher nicht nur im Orient, sondern auch in der Alten Welt ihre Zustimmung. Die Liste der Beispiele kann leider in erheblichem Maße fortgesetzt werden. Gibt es deutlichere Zeichen für das Ende einer Kultur? Auf, ihr Schlafmützen, diese neue Kultur lassen wir uns nicht aufzwingen. Zurück zu den Wurzeln!

Manfred Voss, Oldendorf

 

 

Schönes Osterei

Zu: Des Zaren Ostereier (Nr. 15)

Mit großem Interesse habe ich in der PAZ die interessante Oster-Geschichte über die Fabergé-Eier und die Geschichte der Werkstatt in St. Petersburg gelesen. Der gut recherchierte Beitrag zeigt die relativ kurze Geschichte dieser außergewöhnlichen Juwelierkunst unter den Zaren Alexander III. und Nikolaus II., die seit 1917 zum russischen Kulturerbe gehört und − wie im Artikel geschildert − von der ehemaligen Hugenotten-Familie des Großvaters Peter Carl Fabergé aus Schwedt/Oder begründet wurde.

Danke für diesen köstlichen und informativen kulturgeschichtlichen Beitrag!

Günter Uschtrin, Regesbostel

 

 

Brett vorm Kopf

Zu: Außer Kontrolle (16)

Die EU und auch Deutschland werden sich noch wundern. Nicht nur Tausende, nein, Millionen Flüchtlinge werden kommen, wenn alles so bleibt wie bisher. Die Schleuser aus Afrika fahren Tag und Nacht.

Es kommt der Zeitpunkt, da weiß keiner mehr, wohin mit diesen Leuten. Dann kommen die großen Probleme, die keiner mehr beherrschen kann. Haben denn unsere Politiker alle ein Brett vorm Kopf? Wir bekommen hier Slums genau wie in den Ländern, aus denen die Flüchtlinge kommen. Nur, hier muss unser Staat für sie zahlen, im Heimatland müssen sie selber für ihr Auskommen sorgen. Außerdem werden deren Familien immer größer durch reichlichen Zuwachs und Kindersegen, so wie es deren Kultur erwartet.

Woher unser Staat auf Dauer das Geld nehmen will, ist mir schleierhaft. Ob die Kommunen jammern, ist mir mittlerweile egal, sie haben es so gewollt. Jetzt sollen sie mal sehen, wie sie damit klarkommen. Bald pfeifen sie finanziell aus dem letzten Loch. Es gibt ja da noch die Banken, und die geben reichlich, aber nur gegen gute Zinsen.

Und so verschulden wir uns alle weiter und weiter. Denn auch die Wirtschaftsmigranten kommen weiter und weiter, deren Familien reisen nach. Die Schleuser verdienen dabei Millionen. Die werden reich dabei und wir werden arm.

Melanie Gatzke, München

 

 

Zu spät

Zu: Unverfälscht (Nr. 17)

Buchautor Akif Pirinçci fleht: Ich will mein altes Deutschland wiederhaben. Zu spät, Herr Pi­rinçci! Deutschland hat sich bereits abgeschafft, jedenfalls im Westen. Jetzt kommt der Osten dran und dann ist Schluss (ich meine aber den Osten, der mal in der Mitte war, weil das richtige Ostdeutschland ja unter polnischer Verwaltung steht).

Und, Herr Heckel, super der Hinweis auf diese Gutmensch-Touristen. Dazu fällt mir noch ein, dass in Deutschland immer darauf hingewiesen wird, wie nett wir Deutsche im Ausland behandelt werden. Das stimmt, jedenfalls solange, wie wir dort unser Geld ausgeben und uns ordentlich benehmen, dass heißt auch, die fremde Kultur zu respektieren. Manchmal reicht aber auch nur das Geld.

Interessant wäre für mich der Vergleich, wenn wir als Deutsche ohne Geld ins Ausland fahren würden (so wie umgekehrt der Großteil der Zuwanderer zu uns). Wären dann die Leute immer noch so nett zu den Deutschen? Wahrscheinlich ja! Wenn sie nicht so lange bleiben, nicht klauen, keinem die Arbeit wegnehmen, sich zurückhaltend und ordentlich benehmen sind sie immer willkommen.

Marco Schmidt, Dresden

 

 

Lehrreiches Blatt

Zu: PAZ

Durch unsere ehemalige ostpreußische Nachbarin lernte ich die PAZ kennen. Da sie mir sehr gut gefallen hat, abonnierte ich sie, obwohl ich keine ostpreußischen Wurzeln habe. Die politischen Beiträge finden in fast allen Fällen meine und meines Mannes Zustimmung. Besonders interessant, informativ und lehrreich sind die geschichtlichen Artikel.

Eine besondere Stellung nimmt für mich der Beitrag von Ruth

Geede ein. Ich bewundere ihre Art, die Schicksale der betroffenen Menschen zu beschreiben. Mich erfreut ihre Aktivität, viele Probleme und Anfragen zusammen mit der ostpreußischen Familie zu bewerkstelligen, obwohl nun so viele Jahre vergangen sind. Auch als nicht direkt Betroffene nehme ich Anteil an dem Schick­sal der vertriebenen Landsleute. Wir freuen uns jede Woche auf Ihre Zeitung.

Dagmar Born, Wiesbaden

 

 

Besser abgrenzen

Zu: Einigkeit geht vor (Nr. 17)

Bei Problemen mit Muslimen wird – wie bisher immer geschehen – von den fundamentalistischen Verbänden und Moschee-Gemeinden die Schuld in der Regel einseitig der Gesellschaft zugewiesen. Selbstkritik ist jedenfalls undenkbar.

Wenn diejenigen Muslime, die eine Scharia-Herrschaft in Deutschland ablehnen, sich nicht endlich öffentlich und eindeutig von ihren radikal-islamischen Glaubensbrüdern und -schwestern distanzieren, geraten sie unter den Verdacht, deren Ansichten und Pläne zumindest stillschweigend zu billigen. Sollten sie zu einer demonstrativen Abgrenzung gegenüber den Radikalen nicht bereit sein, müssten sie hinnehmen, dass ich meine Kritik zukünftig auf alle Muslime ausweiten werde. Letztendlich würden aber auch sie unter der Scharia leiden müssen.

Gisela Recki, Troisdorf

 

 

Abgesagter Krieg

Zu: Gemeinsam gegen Russland (Nr. 12)

Ich bin nicht der Meinung, dass jetzt ein ernsthafter, also nuklearer Krieg droht. Dieser droht deshalb nicht, weil die USA wissen, dass sie Russland nicht in die Enge treiben können. Konventionell kann Russland mit der Nato nicht mithalten. Aber Russland ist jederzeit in der Lage, die Besiedelung der USA rückgängig zu machen. Sicherlich sind auch noch je ein Sprengkopf für Israel und Saudi-Arabien übrig.

Jürgen Kunz, Buchen

 

 

Eine »Rettung« für BER

Zu: Außer Kontrolle (Nr. 16) und Im Strudel der Inkompetenz (Nr. 15)

Bundesregierung, EU-Sprecher und Gutmenschen aller Parteien predigen Aufnahmebereitschaft für Tausende von Flüchtlingen aus Nordafrika. Allein die Fahrt über das Mittelmeer sei wegen der Gefahren unzumutbar. Schlepperbanden kassieren bis zu 8000 Euro pro Person. Das kann doch nicht so weitergehen.

Nun wollten sich vor Jahren zwei SPD-Vorsitzende mit dem Hauptstadt-Flughafen BER aus Steuermitteln ein Denkmal hinsetzen, was gründlich misslang. Milliarden Euro werden weiter in diese Investitionsruine ge­steckt, ohne dass auch nur ein Hinweis auf eine Inbetriebnahme zu hören ist. Bahnhof, Landebahn und Empfangsgebäude sind fertig.

Mein Vorschlag: Von Afrika aus könnten die Flüchtlinge eingeflogen und dann von hier aus auf die wartenden deutschen Städte und Gemeinden verteilt werden. Dann muss der Finanzminister eben seinen für 2015 geplanten ausgeglichenen Haushalt in den Wind schreiben wie die Berliner die Eröffnung des BER. Die Einrichtungen für einen Abflug werden nicht gebraucht, da ja niemand mehr in die Heimat will.

Das von Flughafengegnern geforderte Nachtflugverbot kann eingehalten werden. Sollten überängstliche Anwohner zu ihren Schallschutzfenstern auch noch Gitter verlangen, kann das locker aus den eingesparten Mitteln für weitere Umbauten bezahlt werden. Dann muss der Berliner eben von Leipzig aus in die weite Welt fliegen.

Reiner Strauß, Berlin

 

 

Es waren einmal die Deutschen

Zu: PAZ

Seit ich ab Oktober 2013 die PAZ (schade, dass ich die Zeitung nicht früher entdeckt habe) lese, interessieren mich andere Zeitungen wenig oder gar nicht. Sie sind zu ideologisch (natürlich links), verdrehen oder vertuschen die Tatsachen und sind noch dazu mit vielen Lügen übersät.

Die PAZ hat den Mut zur Wahrheit für Deutschland. Ideal wäre es, wenn viele junge Menschen diese Zeitung lesen würden. Aber ich kann mir gut vorstellen, wenn einige von den jungen Lesern sagen, dass sie sich in der Öffentlichkeit nicht trauen würden, die Zeitung zu lesen, da sie befürchten müssen, als „Nazi“ oder als „Rassist“ diffamiert und sogar körperlich angegriffen zu werden.

Die junge Generation, die erst ihre Lebenserfahrungen sammelt, ist leider durch die linken „Weltverbesserer“ oder einige bestimmte Pädagogen in die falsche Richtung hingebogen worden. Ich kann mich noch erinnern, als in den 1960ern angeblich der Rudi Dutschke aus der DDR ausgewiesen wurde (was natürlich nicht stimmt: Er wurde nach Westdeutschland eingeschleust), da fing das ganze Unheil an. Er stiftete Unruhen, Studentenproteste, Straßenschlachten. Die Jugend hat bei Fußball-Länderspielen beim Abspielen der Nationalhymne gegrölt, gepfiffen und die deutsche Fahne verbrannt. Natürlich muss­te das öffentlich-rechtliche Fernsehen das alles in voller Länge und Breite senden. Und wer die Worte „Heimat“ oder „Vaterland“ aussprach, der war gleich „Faschist“ oder „Revanchist“.

Die Zeiten ändern sich, und heutzutage werden die Fahnen von der Jugend geschwungen, und es wird die Hymne sogar mitgesungen, dass es einem direkt das Herz erfreut, aber leider nur bei besonderen Sport-Ereignissen. Na, wenigstens dann. Und nun kommt das neue Unheil dazu, dass durch die Salafisten die Jugend noch mehr beeinflusst wird. Es gibt schon einige, die sich zum Islam bekehren ließen.

Da fragt man sich: Was wird aus Deutschland? Die Sprache besteht aus Kauderwelsch, die Geburten von deutschen Kindern werden immer weniger (dafür sorgen die Islamisten und Schwarzafrikaner für Nachwuchs), deutsche Kultur wird vernachlässigt und Zuwanderer beanspruchen immer mehr Wohnräume. Eines schönen Tages wird in den Geschichtsbüchern stehen: Es war einmal ein deutsches Volk.

Viktor Kurztusch, Langen

 

 

Kant alias Schiller

Zu: Etwas ist faul (Nr. 16)

Vielen Dank für Ihren informativen und fundierten Beitrag zum 450. Geburtstag von Shakespeare. Anzufügen wäre, dass von den vielen Theorien über die angeb­lichen wahren Urheber der Werke Shakespeares keine wirklich überzeugt. Auf Arte wurde kürzlich erneut die Marlowe-These unterstützt, wonach der Tod des Dramatikers Christopher Mar­lowe im Jahr 1593 wegen seiner Verwicklungen in den Geheimdienst fingiert gewesen sein soll und er im Ausland unter dem Alias-Namen Shakespeare die Stücke geschrieben haben soll. Nun erschienen aber parallel zu Marlowes Werken schon vor seinem „Tod“ Historien und Komödien von Shakespeare. Warum hätte Marlowe zu Lebzeiten mal unter eigenem, mal unter fremdem Namen schreiben sollen? Fragen, die man nicht beantworten kann, werden gar nicht erst gestellt.

Auch andere Theorien überzeugen nicht: De Vere geht gar nicht, Königin Elisabeth ist absurd und der Philosoph Francis Bacon? Das ist, als hätte Kant „Die Räuber“, Hegel den „Faust“ und Karl Marx den „Zerbrochenen Krug“ geschrieben.

Matthias Schöne, Hannover

 

 

Fragwürdiger Held

Zu: Als Freiheitskämpfer gefeiert (Nr. 16)

Sollen die Serben ehren, wen sie wollen. Die Deutschen hätten im Ersten Weltkrieg niemals auf dem Balkan aktiv werden dürfen. Besser wäre es gewesen, die deutschen Gebiete aus dem zerfallenen Österreich-Ungarn zu annektieren. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte Russland dann auf einen Krieg gegen Deutschland verzichtet. Das heutige Deutschland sollte hingegen seine Defensiv- Taktiker ehren wie die Generalfeldmarschälle von Manstein und Schörner. Ihr Einsatz rettete Hunderttausenden deutscher Menschen das Leben.

Jörn Gebert, Frankfurt am Main

 

 

Heimatlicher Blick zu den Sternen

Zu: Unter dem Ostermond (Nr. 16)

Der Anblick des nächtlichen Sternenhimmels im Wechsel der Jahreszeiten ist mir seit Jahrzehnten vertraut. Selbst fern der Heimat, in einem völlig fremden Land, dessen Sprache man nicht spricht, sieht man in der Nacht die bekannten Sternbilder. Insofern hat mich der Artikel sehr angesprochen.

Irritiert hat mich aber die Beschreibung der Tschotka im Artikel, die den Orion im Norden gesehen haben will. Das markante Wintersternbild liegt genau auf dem Himmelsäquator und geht stets im Osten auf, erreicht im Süden seinen Höchststand und geht im Westen unter. Im Norden ist der Orion in unseren Breiten nie zu sehen. Im April verschwindet der Orion, gefolgt von seinen beiden Hunden, am Abend im We­sten von der Himmelsbühne und ist dann erst wieder im Spätsommer am östlichen Morgenhimmel zu sehen.

Richtig ist die Beschreibung der Sternbilder Kassiopeia und Großer Bär beziehungsweise Großer Wagen, die in unseren Breiten als Zirkumpolarsterne immer im Norden stehen und ganzjährig zu beobachten sind. Steht der Himmelswagen, wie jetzt im Frühling, abends hoch über unseren Köpfen, sehen wir das „W“ der Kassiopeia tief im Norden. Im Herbst sehen wir den Himmelswagen horizontnah im Norden und die Kassiopeia – umgekehrt dann eher als „M“ − hoch über uns.

Bei dem Abend- oder Morgenstern handelt es sich um den Planeten Venus, die je nach Stellung zur Sonne entweder nach Sonnenuntergang im Westen oder vor Sonnenaufgang im Osten zu sehen ist. Die äußeren Planeten wie Jupiter sieht man am besten, wenn sie bei Sonnenuntergang im Osten aufgehen und dann die ganze Nacht zu sehen sind.

Über die aktuellen Sichtbarkeitsbedingungen gibt es genügend Hinweise im Internet. In jedem Fall kann bei wolkenlosem Himmel der Anblick des Sternenhimmels ein Stück Heimat in der Fremde vermitteln.

Peter Scherer, Hemer

 

 

Sparer-Betrug

Zu: Tricksen auf dünnem Eis (Nr. 17)

Natürlich ist bei dem Umfang an US-Staatsanleihen davon auszugehen, dass diese über den Umweg über Belgien neutralisiert werden sollen und, ja, die USA sind pleite und der Zusammenbruch des US-Staatsanleihenmarktes nur noch eine Frage der Zeit. Die Fed muss ja jetzt schon die Druckerpresse Tag und Nacht laufen lassen, um die auf den Markt geworfenen Anleihen zu finanzieren. Das Ganze ist ein perverses und hochkriminelles Machwerk. Betrogen wird hier ein Riesen-Heer von Anlegern und Sparern weltweit.

Walter Werner, Sinzheim


S. 13 Das Ostpreußenblatt

Frucht des Deutsch-Russischen Forums
LO und Gebietsarchiv eröffnen gemeinsame Ausstellung über die Geschichte der Stadt Labiau

Das Interesse der heutigen Bewohner Ostpreußens an der über 700-jährigen deutschen Geschichte der Provinz ist groß. Dies beweist einmal mehr die Ausstellung „Kurze Geschichte der Stadt Labiau“ im Staatlichen Gebietsarchiv von Königsberg, die das Ergebnis intensiver deutsch-russischer Zusammenarbeit ist und ein positives Medienecho fand.

Die Direktorin des gastgebenden Archivs in der Luisenstraße [Komsomolskaja], Alla Fjodorowa, eröffnete gemeinsam mit dem Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen (LO), Stephan Grigat, Brigitte Stramm, LO-Vorstandsmitglied und Kreisvertreterin Labiaus, sowie dem Direktor des Kulturzentrums Ostpreußen in Ellingen, Wolfgang Freyberg, die Ausstellung mit dem Titel „Kurze Geschichte der Stadt Labiau“. Von deutscher Seite war außerdem das Vorstandsmitglied der Kreisgemeinschaft Labiau Klaus-Arno Lemke anwesend.

Es ist die erste Ausstellung, die aufgrund des Deutsch-Russischen Forums „Zukunft braucht Vergangenheit“ erarbeitet wurde. Das Forum wurde 2008 von der LO initiiert und kann bereits auf sechs erfolgreiche Veranstaltungen zurück­blicken. (Die PAZ berichtete darüber, siehe auch www.ostpreussen.de)

Präsentiert wird eine Dokumentation, die Freyberg konzipiert hat. Sie bietet auf 20 Tafeln einen Überblick über die Geschichte Labiaus. Die Bildtafeln werden durch diverse Schriftstücke und weitere Exponate in Vitrinen ergänzt.

Zur Eröffnung der Ausstellung kamen etwa 60 Gäste. Presse und Fernsehen waren ebenfalls anwesend. Gastgeberin Alla Fjodorowa sprach die einleitenden Worte. Dabei hob sie die intensive und fruchtbare Zusammenarbeit auf der Basis des Deutsch-Russischen Forums hervor und bat darum, das Archiv weiterhin mit Material aus der Zeit vor der sowjetischen Eroberung zu bereichern.

Grigat verwies auf die über 700-jährige bedeutende Geschichte Ostpreußens, erklärte und betonte die Arbeit der LO für die Menschen, denen Ostpreußen Heimat war und ist. Er begrüßte das Interesse der jetzigen Einwohner an der Historie des Landes. Dann gab er seinem Dank an Freyberg und dessen Team sowie an Alla Fjodorowa und deren Mitarbeiter für die fruchtbare Zusammenarbeit Ausdruck.

Die Labiauer Kreisvertreterin betonte, dass sie stolz darauf sei, dass gerade Labiau und dessen interessante Geschichte für diese erste Dokumentation ausgewählt worden ist. Dabei sei natürlich zu berücksichtigen, dass bei weitem nicht alles habe erwähnt werden können, was in Stadt und Kreis wichtig und erwähnenswert sei, dazu reiche der Platz nicht. Der Ausstellung wünschte sie viele interessierte Besucher, sowohl in Königsberg als auch später, wenn sie als Wanderausstellung durch das Gebiet gereicht wird – zuerst natürlich nach Labiau. Der Wunsch, dass noch weitere interessante Ausstellungen folgen mögen, und der Hinweis auf die beiden Museen im Kreisgebiet in Labiau und Kelladden/Waldwinkel, aber auch auf das Museum im Torhaus Otterndorf mit der Sammlung Labiau/Ostpreußen im Patenkreis Landkreis Cuxhaven schlossen den Kurzvortrag ab.

Freyberg gab dann erklärende Worte zur Ausstellung, lobte die Zusammenarbeit mit dem Archiv und stellte die 20-seitige, zweisprachige, interessante Broschüre über die Ausstellung vor, die im Kulturzentrum Ostpreußen im Ordensschloss Ellingen, Schloßstraße 9, 91792 Ellingen, Telefon (09141) 8644-0, E-Mail: info@

kulturzentrum-ostpreussen.de, Internet: www.kulturzentrum-

ostpreussen.de, oder bei der Kreisgemeinschaft Labiau, Hoper Straße 16, 25693 St. Michaelisdonn, Telefon (04853) 562, E-Mail: info@strammverlag.de, Internet: www.labiau.de, bezogen werden kann. Die Ausstellung ist noch bis zirka Ende Juni dieses Jahres im Gebietsarchiv zu besichtigen.

Der offiziellen Eröffnung schloss sich ein kleiner Empfang an, der dann noch zum Fachsimpeln und für weitere Planungen genutzt wurde. Alles in allem eine sehr gelungene Veranstaltung. Alle Beteiligten waren sich sicher, gemeinsam auf diesem Wege fortfahren zu wollen. B.S.


Eine Fülle historischer Informationen über den Kreis Labiau

Die Bildtafeln bieten eine Fülle historischer Informationen über den am Südosten des Kurischen Haffs gelegenen Kreis Labiau. Bereits in der Prußenzeit gab es in der „Labigowe“ genannten Ansiedlung eine hölzerne Burg. In die Zeit der Eroberung des Gebietes durch die Ordensritter fiel der Bau der steinernen Ordensburg Labiau, die als Wasserburg angelegt wurde. Es kam zu Kämpfen mit den Litauern, die immer wieder in das Gebiet einfielen – 1352 ereignete sich bei Labiau eine Schlacht, in welcher der Komtur Henning Schindekopf die Litauer schlug. Es befanden sich am 1929 bis 1932 erbauten Labiauer Rathaus Statuen des Komturs Henning Schindekopf, des Amtshauptmanns Hilde­brand von Nettelhorst, des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm und Paul von Hindenburgs. Das Rathaus wurde aufgrund von Kriegseinwirkungen komplett zerstört. Die Statuen waren verschwunden – bis im Herbst 2011 der Torso von Schindekopf wieder auftauchte und jetzt einen neuen Platz am Museum Labiau in der Ordensburg gefunden hat.

Man liest weiter in der Dokumentation über die positive Entwicklung der Stadt, die durch die verkehrsgünstige Lage an der Deime und den Bau des Großen Friedrichsgrabens an Bedeutung gewann. Erwähnenswert war seinerzeit auch das Vorhandensein von „Krügen“ – im Jahr 1437 gab es davon bereits neun in Labiau.

Die Ordensburg Labiau wurde auch von Herzog Albrecht von Preußen (1490–1568) und seiner Gemahlin Dorothea von Dänemark (1504–1547) bewohnt. Die Prinzessin erhielt Schloss und Amt Labiau im Heiratsvertrag von 1526 überschrieben. Nach ihrem Tode ging die Besitzung Labiau auf die zweite Frau Herzog Albrechts, Herzogin Anna Maria von Braunschweig-Lüneburg, über, die ebenfalls hier residierte.

Das kulmische Stadtrecht erhielt Labiau am 28. Juli 1642 durch den Großen Kurfürsten, ebenso ein eigenes Wappen. Ein Stich von Christoph Hartknoch zeigt das Bild der Stadt um diese Zeit.

Ein bedeutsames Datum in der Labiauer, aber auch der europäischen Geschichte ist der 20. November 1656. An diesem Tag wurde der „Vertrag von Labiau“ zwischen Brandenburg-Preußen und dem Königreich Schweden unterzeichnet, in dem der Schwedenkönig Karl X. Gustav die Souveränität Preußens bestätigte.

Der Große Kurfürst traf mit seiner Gemahlin und dem damals elfjährigen Sohn am 18. Januar 1679 in Labiau ein. Einen Tag danach fuhr er allein im Pferdeschlitten über das Eis des Kurischen Haffs nach Gilge, wo er die Nachricht über den Sieg seines Heeres über die Schweden bei Splitter nahe Tilsit erhielt. Am 1. Februar kam er zurück nach Labiau. In einem Gemälde wurde diese schnelle Schlittenfahrt über das Kurische Haff festgehalten. Dieser Schlitten konnte übrigens vor 1945 im Moskowiter-Saal im Schloss in Königsberg besichtigt werden. Weitere Tafeln beschreiben die Entwicklung der Stadt, das Leben der Bürger, das Vereinsleben und die wirtschaftliche Entwick­lung bis zur Vertreibung 1945. Ein Kurzabriss der Zeit ab 1945 schließt die Dokumentation ab. Im Übrigen wird das Wappen der Stadt Labiau [Polessk] auch jetzt weitergeführt. B.S.


MELDUNGEN

Größtes Gradierwerk

Goldap – In Goldap ist das mit 200 Metern Länge und acht Metern Höhe größte Gradierwerk der Republik Polen eröffnet worden. Die Eröffnung bildete den Hauptpunkt der Feierlichkeit zum zehnten Jahrestag des Beitritts Polens zur Europäischen Union. Der Bau der Solerieselanlage kostete mehr als acht Millionen Zloty (fast zwei Millionen Euro). Es ist die vorerst letzte Investition in den Kurort Goldap. Dort befanden sich schon vorher eine Salzgrotte und ein Trinkbereich für Mineral- und Heilwasser. Am Goldaper See entstand eine Promenade. Desgleichen wurden Spazier-, Rad- und Reitwege angelegt. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 40 Millionen Zloty (fast zehn Millionen Euro), von denen 34 Millionen Zloty (über acht Millionen Euro) aus Mitteln der EU stammen. PAZ

 

Fischärmere Seen

Allenstein – Die Seen des südlichen Ostpreußens werden immer fischärmer. In diesem Zusammenhang rügte die Oberste Rechnungskammer, dass die mit der Verwaltung betrauten Regionalen Ämter für Wasserwirtschaft in Warschau und Danzig ihre Verpflichtungen nicht wahrnähmen. Der Direktor der Allensteiner Nebenstelle, Andrzej Zysk, hat eingeräumt, dass viele Seen über Jahre nicht mit Fischbrut besetzt wurden, während gleichzeitig Fangerlaubnisse an Fischer erteilt wurden, was zu einer weiteren Verringerung des Fischbestandes führte. Die Pressesprecherin des Regionalen Amtes für Wasserwirtschaft in Warschau, Urszula Tomon, ließ mittlerweile wissen, dass seit der Veröffentlichung des Berichtes der Obersten Rechnungskammer keine weiteren Erlaubnisse für Fischer erteilt worden seien. Außer der Pflichtvergessenheit der Regionalen Ämter für Wasserwirtschaft in Warschau und Danzig machte die Oberste Rechnungskammer die Kormorane für die spürbare Verkleinerung des Fischbestandes verantwortlich. Seit mittlerweile fünf Jahren arbeitet das Umweltministerium an einer Strategie für den Umgang mit diesen gefiederten Fischräubern. PAZ

 

Neuer Verkaufsplatz

Rhein – Für etwa 700000 Zloty (etwa 166000 Euro) entsteht in Rhein, Kreis Lötzen ein überdachter Verkaufsplatz mit Sanitäreinrichtungen und sogar einem beleuchteten Kanal, der den Platz entwässert. Diesen Juli sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein. Zur Finanzierung teilte Rheins Bürgermeister, Jozef Karpinsk, mit, dass die Investition durch das Programm „Mein Marktplatz“ ermöglicht werde, deren Ziel es sei, den Kauf und Verkauf regionaler Produkte zu fördern. Mehr als die Hälfte des investierten Geldes kommt von der EU. PAZ


S. 14 Ostpreussische Familie

Lieder, in denen die Heimat lebt
Zum Deutschlandtreffen präsentiert Bariton Christoph von Weitzel eine neue CD mit ostpreußischem Sangesgut

Mit Volksliedern aus Ostpreußen knüpft Bariton Christoph von Weitzel an jahrhundertealte Traditionen an – und schlägt zugleich eine musikalische Brücke zu Gegenwart und Zukunft.

Beim ersten Zuhören klingt es wie aus einer fernen, längst vergangenen Welt. Unwirklich, ohne Bezug zum Hier und Heute, fast schon fremd. Und doch, je länger man hinhört, irgendwie vertraut. Diese Weisen aus uralten Zeiten (so hören sich auch jene an, die erst im 20. Jahrhundert komponiert wurden) und diese Tex­te über Land und Leute, Liebe und Leid scheinen ein Lebensgefühl auszudrücken, das sehr wohl auch in unsere modernen Zeiten paßt – und wenn auch oft nur als Wunschtraum.

So war es denn auch kein Zufall, dass der Opern- und Liedersänger Christoph von Weitzel im Gespräch mit dieser Zeitung auf die Idee kam, eine CD mit ostpreußischen Volksliedern einzuspielen. Was übrigens von vornherein nicht als Kontrast, sondern als künstlerische Ergänzung zu den Aktivitäten zahlreicher LO-Heimatkreise und -Chöre angelegt war. Deren verdienstvolle Pflege des kulturellen Erbes, wozu natürlich auch das Volkslied zählt, soll keineswegs in Zweifel gezogen werden.

Aus der vagen Idee wurde schnell ein konkretes Projekt, und von Weitzel tat das Beste, was man in einem solchen Falle tun kann: Er setzte sich mit Ruth Geede zusammen. Sie gilt nicht nur als „Mutter Ostpreußens“, sondern auch als dessen „lebendes Lexikon“. Wer, wenn nicht diese weltweit dienstälteste Journalistin und Schriftstellerin, kennt die authentischen Quellen der Texte und Melodien besser, von denen einige über Jahrhunderte im wahrsten Sinne des Wortes „mündlich“, nämlich durch den Gesang, überliefert worden waren, bis sie irgendwann einmal schriftlich fixiert wurden?

Und wer, wenn nicht Ruth Geede, hat schon ein solches Gespür dafür, welche Lieder wirklich relevant und repräsentativ sind? So hat ihre Mitarbeit erheblich dazu beigetragen, dass bei der Auswahl der 20 Stücke für diese CD die richtigen Akzente gesetzt werden konnten.

Einerseits war auf eingängige, gut singbare Melodien und verständliche Texte zu achten: Schließlich soll das Werk zwar künstlerisch anspruchsvoll, keineswegs aber elitär geraten. Andererseits soll es einem möglichst breiten Publikum gefallen und nicht nur einer kleinen Minderheit – populär, aber nicht populistisch, war hier die Devise.

Nicht zuletzt waren auch die kultur- und allgemeinpolitischen Ansprüche der Landsmannschaft zu berücksichtigen. Die Pflege des kulturellen Erbes Ostdeutschlands soll ja nicht nur den Autoren von Geschichtsbüchern zugutekommen. Sie soll auch helfen, den Begriff „Heimat“ mit neuem Leben zu erfüllen, gerade in einer Zeit, in der innerer Halt, geistige Orientierung und bewährte Werte von vielen Menschen schmerzlich vermisst werden.

Heimat – insbesondere auch ostpreußische Heimat – ist eben nicht nur Vergangenheit, sondern auch Zukunft. Indem sie fortlebt, zum Beispiel in diesen Liedern. Das spürte auch Christoph von Weitzel, als er gemeinsam mit dem Pianisten Ulrich Pakusch, der ihn schon auf vielen Konzerttourneen begleitet hat, die 20 ausgewählten Lieder im Tonstudio einzuspielen begann. Ihn beeindruckte „die Tiefe der geschilderten Geschichten, Situationen, der inneren und äußeren Bilder“. Alle diese Lieder seien „von tiefem gemüt- und seelenvollen Gehalt“.

Dies will der Bariton nicht nur auf die Texte bezogen wissen. So macht er auf eine musikalische Besonderheit aufmerksam: „Oft enden diese Melodien nicht auf dem Grundton, sondern in der Terz oder anderen Intervallen und Tönen. Wir haben oft das Gefühl, irgendetwas ist da nicht bis zum Ende gebracht; es bleibt offen, und der Zuhörer oder der Sänger sollen die Geschichte in sich weiterführen – sie ist noch lange nicht zu Ende und soll einfach weiterleben.“ Ein Phänomen, wie es von Weizel „in dieser Ausprägung noch nicht erlebt“ habe. Er kenne keine anderen Lieder mit dieser „Qualität des Offenlassens“.

Dem Bariton und seinem Pianisten gelingt es, diese „Qualität des Offenlassens“ einfühlsam umzusetzen. Offenheit zum Beispiel für eine breite Vielfalt der Gefühle, von der heiteren Lebensfreude der masurischen Lieder bis zu den schicksalhaft schwermütigen litauischen Weisen. Hier die Freude am Erzählen, am Träumen, an fröhlicher Geselligkeit, an Gemeinschaft und hoffnungsvoller Liebe, da Schmerz und Trauer, unerfüllte Sehnsucht und düsteres Schicksal. Zusammen gehalten werden diese „zwei Seiten einer Medaille“ durch eine gemeinsame Klammer: die enge Einbindung des täglichen Lebens in die Natur.

Eindringlich verdeutlicht der Sänger das schon im ersten Lied der CD: „Land der dunklen Wälder“, das Ostpreußenlied schlechthin, 1933 uraufgeführt. Der Hörer schließt die Augen und sieht im Geiste eine Landschaft, die auf außerordentlich nachhaltige Weise die Menschen prägt. Nicht nur diejenigen, die damals dort so lebten. Denn auch wenn heute weder in Ostpreußen selbst noch dort, wo heute die ihrer Heimat beraubten Ostpreußen leben, irgendein „starker Bauer hinter Pferd und Pflug schreitet“ – diese Landschaft und die in ihr waltenden Kräfte der Natur haben Gefühle, Gedanken und Charaktere der Menschen für Generationen geformt. „Typisch ostpreußisch“ ist man wohl nur, wenn man diese Landschaft irgendwie in seinen Genen hat.

Das alles gehört mit dazu, wenn man heute darüber nachdenkt, was Heimat bedeutet. Und die so verstandene Heimat wird in diesen Texten und Melodien erfahrbar und hörbar.

Das liegt zunächst einmal an den Liedern selber. Ob „Ännchen von Tharau“ oder „zwei Königskinder“, ob „fünf wilde Schwäne“ oder jener Falke, der „hoch am Himmel zieht“, ob Elche aus den Dünen treten oder neun Schneider ihren Schabernack treiben – wer aufmerksam zuhört, wähnt sich mit dabei. Die Beschreibung des Landes, seiner Natur, seiner Tiere und seiner Menschen hat hohen literarischen und musikalischen Rang. Das ist weit mehr als „Musikantenstadl auf Ostpreußisch“, das ist Volkes Kunst auf gehobenem Niveau.

Und Christoph von Weitzel ist, wie Ruth Geede in ihrem Geleitwort zur CD zutreffend schreibt, ein „einfühlsamer Interpret, der diesem weiten, schönen Land durch seine Herkunft eng verbunden ist“.

Auf dem Deutschlandtreffen der Landsmannschaft Ostpreußen am 17./18. Mai in Kassel wird Christoph von Weitzel die CD an einem Informationsstand (neben dem Rautenbergverlag) erstmals der Öffentlichkeit präsentieren und auf Wunsch auch signieren. Im ökumenischen Gottesdienst, mit dem Pfarrer Philip Kiril Prinz von Preußen und Domherr André Schmeier am Sonnabend, 11 Uhr, die Veranstaltung einleiten, singt er zwei der aufgenommenen Lieder, drei weitere am selben Tag (15.30 Uhr) im Rahmen der Lesung von Herbert Tennigkeit.

Zum Thema der Lesung („Meine Heimat Ostpreußen – Erinnerungen an ein geliebtes Land“) passen Texte und Melodien ebenso gut wie zum Leitmotto des gesamten Deutschlandtreffens: „Ostpreußen hat Zukunft“ – sie lebt auch in diesen Liedern fort.

Hans-Jürgen Mahlitz


Was ist typisch sudetendeutsch?
Ein kleiner, unlängst neu aufgelegter Band bietet zu der Frage einen kurzweiligen literarischen Überblick

Ab 1918 entwickelte sich die Bezeichnung „Sudetenland“ für die Gebiete Böhmens, Mährens und Tschechisch-Schlesiens, deren Einwohner ihrer Muttersprache nach überwiegend Deutsche waren. Mit einbezogen waren auch Gebiete weitab des Hauptgebirgszugs der Sudeten. Da die Ansiedlung der Sudetenländer auf die Zeit der ostdeutschen Kolonisation zurückgeht, ist die stammesmäßige Herkunft der Sudetendeutschen unterschiedlich. Bis 1939 stellte das Sudetenland keine separate Verwaltungseinheit dar. Geschichtlich und kulturell geprägt war das schmale, von Westen nach Osten langgezogene Gebiet durch die jahrhundertelange Zugehörigkeit zu Wien und dem Habsburgerreich sowie durch das Zusammenleben mit dem tschechischen Volk. Dementsprechend lässt sich nicht so leicht erklären, was „typisch Sudetendeutsch“ ist oder, genauer gesagt, war. Ein kleiner Band gleichlautenden Titels bietet dazu einen kurzweiligen literarischen Überblick. 34 Abbildungen ergänzen dabei das Gesagte.

Sammelbände mit Aufsätzen zu Geschichte und Kultur einzelner deutscher Landesteile waren einmal ein beliebter Lesestoff und sind es, allerdings in bescheidenem Rahmen, noch immer. Das gilt insbesondere für gesammelte Beiträge zur Landes- und Volkskunde der Oder-Neiße-Gebiete. Ihre Hochkonjunktur hatte diese Literaturgattung in den Nachkriegsjahrzehnten bis in die 1980er Jahre. Mit seiner Serie „Flechsig typisch“ knüpft das Verlagshaus Würzburg an diese Erfolgsgeschichte an und wartet mit einigen Neuauflagen des Genres auf. Dazu gehört der bereits erwähnte Band, der daran erinnern möchte, was einmal „Typisch Sudetendeutsch“ war. Dabei dürfte es sich um die dritte oder vierte Neuauflage seit 1988 handeln. Angesichts der heutigen Verlags-Konglomerate sind bei Neuausgaben Ort und Datum der Ersterscheinung eines Buches mitunter nur noch mittels Internetsuche zu ermitteln, so auch in diesem Fall. Viktor Aschenbrenner (1904–1992), der Herausgeber des Buches, war Leiter der Sudetendeutschen Kulturgesellschaft Berlin. In seinem kurzen Vorwort erinnerte er daran, dass „typisch sudetendeutsch“ einmal eine Redewendung war, was er folgendermaßen erläuterte: „So verschieden die Sudetendeutschen aufgrund ihrer Stammeszugehörigkeit auch waren, so gleichmäßig reagieren sie, wenn es den tschechischen Nachbarn betrifft, oder wenn sie, in der österreichischen Zeit, insbesondere vom Militär her, beeinflusst scheinen.“ Unter diesem Aspekt hat er vielfältige Zeugnisse dieser untergegangenen Lebenswelt zusammengestellt. Vermutlich sind die Geschichten, Kochrezepte, Lieder, Sagen und Gedichte Büchern und Zeitschriften entnommen worden, deren Erscheinungsdatum in die Zeit zwischen dem Ende des Ersten Weltkrieges und den Jahrzehnten nach dem Zweiten fiel. Sofern es sich nicht um Volksgut handelt, wie bei den Sagen und einigen Liedern, sind die Namen der Autoren angegeben, Quellenhinweise fehlen jedoch. Es wurden vorwiegend Berichte über das Brauchtum im Jahreslauf und über volkskundliche Besonderheiten ausgewählt. Osterbräuche, Maienwunder, Herbst- und Erntebrauchtum, um nur einiges zu nennen, wird beschrieben, dazu Volkstrachten, Landschaft und Hausbau. Hinzu kommen Auszüge aus Reiseberichten von Richard Wagner, Ludwig Richter und Johann Gottfried Seume. Den einleitenden Aufsatz „Wer sind die Sudentendeutschen – ein Abriss ihrer Geschichte“ hat der Herausgeber verfasst. Dagmar Jestrzemski

Viktor Aschenbrenner (Hrsg.): Typisch Sudetendeutsch, Sonderausgabe für Flechsig-Buchvertrieb, Verlagshaus Würzburg, Würzburg 2013, gebunden, 162 Seiten, 7,95 Euro.


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 98. GEBURTSTAG

Olschewski, Ernst, aus Kielen, Kreis Lyck, am 14. Mai

ZUM 97. GEBURTSTAG

Tabatt, Erna, aus Skottau, Kreis Neidenburg, am 11. Mai

ZUM 96. GEBURTSTAG

Klauss, Eva, geb. Alexander, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 16. Mai

Wagner, Magdalene, geb. Lindenau, aus Gründann, Kreis Elchniederung, am 13. Mai

ZUM 95. GEBURTSTAG

Harder, Gerda, geb. Meschonat, aus Lyck, Morgenstraße 31, am 11. Mai

Jablonski, Hanna, geb. Joswig, aus Georgsfelde, Kreis Lyck, am 16. Mai

Ruddies, Else, geb. Urbigkeit, aus Argendorf, Kreis Elchniederung, am 15. Mai

Stryewski, Hildegard, geb. Ullisch, aus Lübeckfelde, Kreis Lyck, am 13. Mai

Wernick, Otto, aus Langsee, Kreis Lyck, am 10. Mai

ZUM 94. GEBURTSTAG

Adomeit, Curt, aus Grabnick, Kreis Lyck, am 10. Mai

Chmielewski, Margarete, geb. Berg, aus Friedrichsdorf, Kreis Wehlau, am 13. Mai

Hetzelt, Gertrud, geb. Lasars, aus Lyck, am 16. Mai

Krause, Ingeburg, geb. Canditt /Thimm, aus Balga, Kreis Heiligenbeil, am 11. Mai

Szillat, Hedwig, geb. Bolz, aus Kuckerneese, am 15. Mai

ZUM 93. GEBURTSTAG

Doll, Hildegard, geb. Beckmann, aus Schwanensee, Kreis Elchniederung, am 16. Mai

Jacobeit, Prof. Dr. Wolfgang, aus Lyck, am 13. Mai

Klaas, Ida, geb. Rinau, aus Teichacker, Kreis Ebenrode, am 16. Mai

Panzer, Gerda, geb. Sallowsky, aus Kussenberg, Kreis Elchniederung, am 12. Mai

Porrey, Elisabeth, geb. Raphael, aus Neuforst, Kreis Lötzen, am 16. Mai

ZUM 92. GEBURTSTAG

Bartels, Hedwig, geb. Will, aus Altkirchen, Kreis Ortelsburg, am 12. Mai

Bertulat, Fritz, aus Hüttenfelde, Kreis Tilsit-Ragnit, am 14. Mai

Broschell, Gisela, aus Großschmieden, Kreis Lyck, am 14. Mai

Kirschnick, Gerda, geb. Balluneit, aus Gehmfelde, Kreis Ebenrode, am 16. Mai

Müller, Frieda, geb. Freitag, aus Alt Passarge, Kreis Heiligenbeil, am 8. Mai

Patz, Auguste, aus Friedrichsthal, Kreis Ortelsburg, am 12. Mai

Rettkowski, Hans, aus Groß Schläfken, Kreis Neidenburg, am 14. Mai

Stramowski, Eva, geb. Alex, aus Klein Heinrichsdorf, Kreis Elchniederung, am 12. Mai

ZUM 91. GEBURTSTAG

Deimann, Hanna, geb. Wiede, aus Paterswalde, Kreis Wehlau, am 10. Mai

Diekmann, Liesbeth, geb. Balzer, aus Borschimmen, Kreis Lyck, am 10. Mai

Druschke, Hedwig, geb. Markgraf, aus Warten, Kreis Elchniederung, am 15. Mai

Franke, Anny, geb. Scheffler, aus Thomaten, Kreis Elchniederung, am 10. Mai

Gosdek, Kurt, aus Reischwerder, Kreis Neidenburg, am 10. Mai

Grzyb, Hedwig, geb. Pauleit, aus Dannenberg, Kreis Elchniederung, am 12. Mai

Gudd, Willy, aus Kuglack, Kreis Wehlau, am 16. Mai

Neiß, Hans-Gerhard, aus Berkeln, Kreis Elchniederung, am 12. Mai

Neumann, Ella, geb. Regnat, aus Lindenweiler, Kreis Tilsit-Ragnit, am 10. Mai

Olschewski, Otto, aus Ittau, Kreis Neidenburg, und Kornau, Kreis Ortelsburg, am 10. Mai

Patz, Erna, geb. Kalinowski, aus Prostken, Chausseestraße 18, Kreis Lyck, am 12. Mai

Schmidt, Ruth, geb. Steiner, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 14. Mai

ZUM 90. GEBURTSTAG

Aron, Paul, aus Großheidenstein, Kreis Elchniederung, am 10. Mai

Behnert, Margot, geb. Scheffler, aus Neidenburg, am 15. Mai

Deutsch, Eva, geb. Schröder, aus Kallen, Kreis Samland, am 15. Mai

Dorbeleit, Bruno, aus Moditten, Kreis Samland, am 14. Mai

Eckloff, Erich, aus Balga, Kreis Heiligenbeil, am 1. Mai

Feigel, Gertrud, geb. Diesing, aus Groß Hanswalde, Kreis Mohrungen, am 14. Mai

Glomm, Edith, geb. Noll, aus Ebenrode, am 16. Mai

Haut, Hedwig, geb. Bialluch, aus Mensguth, Kreis Ortelsburg, am 13. Mai

Kantereit, Herbert, aus Ragen bei Balethen, Kreis Angerapp, am 26. April

Mayer, Elfriede, aus Lyck, am 12. Mai

Nickel, Waltraut, geb. Fernitz, aus Sorgenau, Kreis Samland, am 10. Mai

Scherping, Hildegard, geb. Ruschke, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 11. Mai

Sczesny, Gustav, aus Suleiken, Kreis Treuburg, am 16. Mai

Weise, Hedwig, geb. Rattay, aus Gellen, Kreis Ortelsburg, am 14. Mai

ZUM 85. GEBURTSTAG

Ahrens, Gertrud, geb. Kolletzki, aus Perteltnicken, Kreis Samland, am 11. Mai

Bergner, Helmut, aus Lucken, Kreis Ebenrode, am 15. Mai

Beyer, Hildegard, geb. Eisenblätter, aus Groß Hoppenbruch, Kreis Heiligenbeil, am 10. Mai

Bickmann, Gisela, geb. Lehmann, aus Korschen, Kreis Rastenburg, am 15. Mai

Blum, Christa, geb. Wieczorrek, aus Gelitten, Kreis Treuburg, am 15. Mai

Buttler, Gerda, geb. Demski, aus Bergenau, Kreis Treuburg, und Schwarzberge, Kreis Lyck, am 15. Mai

Christiansen, Doris, geb. Matschulat, aus Sandau, Kreis Ebenrode, am 16. Mai

Dreier, Lieselotte, geb. Bethke, aus Schakendorf, Kreis Elchniederung, am 15. Mai

Füseke, Elly, geb. Dohmann, aus Radomin, Kreis Neidenburg, am 13. Mai

Gennert, Reinhard, aus Rauterskirch, Kreis Elchniederung, am 12. Mai

Goetz, Fritz, aus Groß Wilmsdorf, Kreis Mohrungen, am 14. Mai

Hogrefe, Ruth, geb. Zarnetzki, aus Wickenau, Kreis Neidenburg, am 11. Mai

Ingmann, Lisbeth, geb. Grigo, aus Krassau, Kreis Lyck, am 10. Mai

Johnsen, Irene, geb. Lukas, aus Ortelsburg, am 14. Mai

Klotzbücher, Willy, aus Keipern, Kreis Lyck, am 15. Mai

Kompa, Werner, aus Biothen, Kreis Wehlau, und Wilhelmshof, Kreis Ortelsburg, am 15. Mai

Koszyk, Richard, aus Sieden, Kreis Lyck, am 15. Mai

Mundt, Hildegard, geb. Kowalewski, aus Treuburg, am 13. Mai

Meyer, Kurt, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 10. Mai

Radtke, Bruno, aus Ostseebad Cranz, Kreis Samland, am 16. Mai

Rentzsch, Hildegard, geb. Henzeleit, aus Ebenrode, am 14. Mai

Sadra, Eva-Maria, geb. Mahrenholz, aus Selsen, Kreis Elchniederung, am 12. Mai

Schaulies, Hilda, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 10. Mai

Scheffler, Ilse, geb. Scheffler, aus Goldbach, Kreis Wehlau, am 13. Mai

Schierenbeck, Betty, geb. Lengling, aus Wehlau, am 13. Mai

Weiske, Gertrud, geb. Royla, aus Treuburg, am 12. Mai

Wienefeld, Christel, geb. Kullik, aus Lyck, Hindenburgstraße 22, am 12. Mai

Wunderlich, Helmut, aus Gengfriede, Kreis Ebenrode, am 10 Mai

ZUM 80. GEBURTSTAG

Battenfeld, Irene, geb. Steiner, aus Deutscheck, Kreis Treuburg, am 15. Mai

Daumann, Heinz, aus Hasenberg, Kreis Wehlau, am 16. Mai

Deiwick, Erich, aus Skuldeinen, Kreis Elchniederung, am 16. Mai

Doerks, Anneliese, aus Lyck, am 10. Mai

Feschkowski, Ilse, geb. Meyrat, aus Warthöfen, Kreis Elchniederung, am 10. Mai

Gröbe, Brigitte, geb. Becker, aus Lyck, am 12. Mai

Hein, Siegfried, aus Goldbach, Kreis Wehlau, am 13. Mai

Hochhäusl, Hannelore, geb. Kalweit, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 15. Mai

Hüls, Helga, geb. Karschau, aus Heiligenkerutz, Kreis Samland, am 15. Mai

Kallwitz, Helmut, aus Eckwald, Kreis Ortelsburg, am 16. Mai

Lucius, Irmgard, geb. Glinka, aus Deutschheide, Kreis Ortelsburg, am 10. Mai

Milbitz, Liselotte, geb. Klein, aus Hermenhagen, Kreis Bartenstein, am 11. Mai

Möller, Hildegard, geb. Jessat, aus Krähenwalde, Kreis Ebenrode, am 13. Mai

Neumann, Margot, geb. Josewski, aus Schwalgendorf, Kreis Mohrungen, am 10. Mai

Rosenkranz, Doris, geb. Welz, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 10. Mai

Rother, Gerhard, aus Paterswalde, Kreis Wehlau, am 10. Mai

Scheer, Herbert, aus Kalaushöfen, Kreis Samland, am 10. Mai

Schier, Rudi, aus Blendienen, Tilsit-Ragnit, am 14. Mai

Seegern, Anneliese von, geb. Szepannek, aus Eckwald, Kreis Ortelsburg, am 12. Mai

Sokollek, Günter, aus Skomanten, Kreis Lyck, am 10. Mai

Stroscher, Günther, aus Lyck, am 13. Mai

Szuklitsch, Hildegard, geb. Rubba, aus Schwengels, OT Dothen, Kreis Heiligenbeil, am 16. Mai

Titze, Manfred, aus Konraden, Kreis Ortelsburg, am 11. Mai

Vogtsberger, Helga, geb. Wölk, aus Partheinen/Stuthenen, Kreis Heiligenbeil, am 16. Mai

Werner, Heinrich Karl, aus Angeltal, Kreis Angerburg, am 13. Mai

Wunsch, Werner, aus Heldenfelde, Kreis Lyck, am 11. Mai

ZUM 75. GEBURTSTAG

Aderholz, Sabine, geb. Bersick, aus Neukirch, Kreis Elchniederung, am 14. Mai

Braunger, Dorothea, geb. Czichoschewski, aus Königsberg, am 16. April

Claussen, Helmut, aus Palmnicken, Kreis Samland, am 12. Mai

Domke, Erika, geb. Kaulitzki, aus Liebenfelde, Kreis Elchniederung, am 14. Mai

Engstfeld, Irmgard, geb. Kallweit, aus Grünau, Kreis Elchniederung, am 13. Mai

Funke, Erich, aus Ebenrode, am 15. Mai

Jüchems, Ursula, geb. Szameitat, aus Rewellen, Kreis Elchniederung, am 12. Mai

Kadoch, Elfriede, geb. Horn, aus Argendorf, Kreis Elchniederung, am 12. Mai

Kayss, Gertrud, aus Jägersdorf /Freidorf, Kreis Neidenburg, am 15. Mai

Konrad, Erwin, aus Liebnicken, Kreis Preußisch Eylau, am 12. Mai

Lietz, Wolfgang, aus Goldbach, Kreis Wehlau, am 14. Mai

Perrey, Herbert, aus Sommershöfen, Kreis Elchniederung, am 10. Mai

Sachs, Elisabeth, geb. Hartwig, aus Gedwangen, Kreis Neidenburg, am 16. Mai

Schmiedt, Hildegard, geb. Skischally, aus Groß Dankheim, Kreis Ortelsburg, am 13. Mai

Stichnote, Ingrid, geb. Czayka, aus Ortelsburg, am 16. Mai

Tepp, Irma, geb. Böhnke, aus Lakendorf, Kreis Elchniederung, am 10. Mai

Wehner, Sigrid, geb. Schmidt, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 10. Mai

Welisch, Edeltraut, geb. Neumann, aus Wilmsdorf, Kreis Wehlau, am 15. Mai

Wünning, Hannelore, geb. Steiner, aus Herzogskirchen, Kreis Treuburg, am 13. Mai

Zibner, Erwin, aus Großheidekrug, Kreis Samland, am 10. Mai

Goldene Hochzeit

Schroeder, Gerhard, aus Stettin, und Ehefrau Renate, geb. Strauss, aus Loyden, am 16. Mai


S. 16-17 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BUND JUNGES OSTPREUSSEN

Vorsitzender: Stefan Hein, Gst.: Buchtstr. 4, 22087 Hamburg, Tel.: (040) 4140080, E-Post: kontakt@junge-ostpreussen.de, www.junge-ostpreu­ssen.de.

BJO-Sommerfahrt vom 21. Juli bis 1. August 2014 nach Nordostpreußen mit Besuchen in Königsberg, Trakehnen, auf der Kurischen Nehrung und in der Rominter Heide. Die vollständige Einladung mit allen Einzelheiten ist unter www.junge-ostpreussen.de zu finden. Anmeldeschluss: 20. Juni 2014 (Visapflicht).

 

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Landesvorstand: – Sonnabend, 24. Mai, Beginn 9.45 Uhr, Ende zirka 17.30 Uhr, Hotel Wartburg, Stuttgart, Lange Straße 49: Landesfrauentagung. Der Vormittag ist zum großen Teil der Arbeit der Frauengruppe gewidmet, mit Berichten über die kulturelle Frauenarbeit in Baden-Württemberg sowie über die Arbeit der Landesverbände der Ostpreußen und der Westpreußen. Um 14 Uhr beginnt nach der Mittagspause der kulturelle Teil mit einem Dia-Vortrag von Karla Weyland „Auf unserer Wiese gehet was … es ist der Storch“, einem Vortrag über „Dr. Alfred Lau – Kenner und Hüter der ostpreußischen Mundart“ von Uta Lüttich sowie „ Sketchen und Vertellchen“ der Teilnehmerinnen. Gäste, die an der kulturellen Nachmittagsveranstaltung teilnehmen möchten, sind herzlich eingeladen, gegen 12.30 Uhr am gemeinsamen Mittagessen teilzunehmen. Anmeldung an Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon (0711) 854093.

Ludwigsburg – Für das Deutschlandtreffen am 17./18. Mai in der Messe Kassel bietet die Landesgruppe eine Busfahrt vom 12. bis 18. Mai mit vorherigem Besuch von Rotterdam, Den Haag, Gouda, Keukenhof und Amsterdam in Holland an.

Ulm/Neu-Ulm – Sonnabend, 10. Mai, 14.30 Uhr, Ulmer Stuben: Monatliches Treffen. – Mittwoch, 15. Mai, 19 Uhr, Wengenkirche Ulm: Schlesische Maiandacht.

Weinheim/Bergstraße – Mittwoch, 14. Mai, 14.30 Uhr, Café Wolf: Treffen der Frauengruppe. „Mütter, Mütter, Muttertag“. An diesem Nachmittag ehren die Teilnehmerinnen alle Mütter anlässlich des Muttertags mit Gedichten, Geschichten und Erinnerungen. Besonders gedenken sie ihrer Mütter und all jener Mütter mit ihren Kindern, die während des Krieges Unmenschliches und viel Leid bei der Vertreibung aus der geliebten Heimat ertragen mussten.

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Altmühlfranken – Sonnabend, 17., bis Sonntag, 18. Mai: Deutschlandtreffen der Ostpreußen in Kassel. Gemeinsame Fahrt mit dem Reisebus nach Kassel.

Ansbach – Sonnabend, 10. Mai, 15 Uhr, Orangerie: Filmvortrag „Die pommersche Ostseeküste“. Gemütliches Beisammensein.

16. bis 18. Mai: Fahrt nach Kassel zum Ostpreußentreffen. – Sonntag, 25. Mai, 14.30 Uhr, Gasthof Dinkelsbühl, Wilder Mann: Musikalische Heimatreise, Jahreshauptversammlung BdV/Kreisverband.

Bamberg – Mittwoch, 21. Mai, 15 Uhr, Hotel Wilde Rose, Keßlerstraße: Monatstreffen. Muttertagsfeier mit Kaffee und Kuchen, dazu Geschichten zum Muttertag in Ostpreußen.

Ingolstadt – Sonntag, 18. Mai, 14.30 Uhr, Gasthaus Bonschab, Münchener Straße 8: Monatliches Heimattreffen.

Kitzingen – Sonnabend, 24. Mai, Rathauskeller: Heimat-abend der Landsmannschaften.

Landshut – Dienstag, 20. Mai, 14 Uhr, Insel: Zusammenkunft der Gruppe.

München – Jeden Montag, 18 bis 20 Uhr, Haus des Deutschen Ostens: Ostpreußischer Sängerkreis. Kontakt: Dr. Gerhard Gräf, Offenbachstraße 60, 85598 Baldham, Telefon (08106) 4960. – Sonnabend, 17. Mai, 14 Uhr, Ostbahnhof: Treffen am Ostbahnhof zum Besuch des Kartoffelmuseums in der Grafinger Straße 2 in München.

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Frauengruppe – Mittwoch, 14. Mai, 13.30 Uhr, Pflegestützpunkt, Wilhelmstraße 116–117, 10963 Berlin: Muttertag mit Beiträgen der Frauen. Anfragen bei Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Angerburg/ Darkehmen/ Goldap – Donnerstag, 22. Mai, 14 Uhr, Restaurant Oase Amera, Borussiastraße 62, 12102 Berlin: Muttertag. Anfragen bei Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Königsberg/ Samland/Labiau – Donnerstag, 22. Mai, 14 Uhr, Johann-Georg-Stuben, Johann-Georg-Straße 10, 10709 Berlin: Treffen der Gruppen. Anfragen bei Professor Wolfgang Schulz, Telefon (030) 2515995.

Lyck – Sonnabend, 31. Mai, 15 Uhr, Kleiner Ratskeller, Am Rathaus 9, 10825 Berlin: Treffen der Gruppe. Anfragen bei Peter Dziengel, Telefon (030) 8245479.

Tilsit-Ragnit/ Tilsit-Stadt – Sonnabend, 31. Mai, 15 Uhr, Ratskeller Charlottenburg, Otto-Suhr-Allee 102, 10585 Berlin. Anfragen bei Hermann Trilus, Telefon (03303) 403881.

 

BREMEN

Vorsitzender: Helmut Gutzeit, Telefon (0421) 25 09 29, Fax (0421) 25 01 88, Hodenberger Straße 39 b, 28355 Bremen. Stellvertrende Vorsitzende: Marita Jachens-Paul, Ratiborer Straße 48, 27578 Bremerhaven, Telefon (0471) 86176. Landesgeschäftsführer: Jörg Schulz, Am Anjes Moor 4, 27628 Uthlede, Telefon (04296) 74 77 01.

Bremen – Bericht von der Jahreshauptversammlung – Mit mehr als 40 Teilnehmern war die Hauptversammlung erfreulich gut besucht. Der Vorstand bedankt sich für die erneut zum Ausdruck gebrachte Anerkennung der Mitglieder und die einstimmig erteilte Entlastung. Gerda Steffens wurde als bisherige Kassenführerin mit großem Dank der Anwesenden aus ihrem Amt verabschiedet. Als neue Kassenführerin wurde die im Memelland gebürtige Helga Laugallies gewählt, die sich erfreulicherweise bereitfand, dieses Amt neben ihrer Berufstätigkeit anzunehmen. Auf allen übrigen Positionen wurden die bisherigen Amtsinhaber wiedergewählt. – Die gemeinsame Busreise zum Deutschlandtreffen in Kassel findet mit 30 Teilnehmern statt. Da die Gruppe dort auch einen Verkaufs- und Ausstellungsstand betreiben wird und entsprechende Vorbereitungen zu treffen sind, bietet sie im Frühjahr keine weitere Veranstaltung an. – Das Spargelessen der Frauengruppe, zu dem alle Mitglieder und Freunde der Landsmannschaft herzlich eingeladen sind, findet in diesem Jahr am 3. Juni um 12. 30 Uhr im Bollener Dorfkrug, Bollener Landstraße 38, 28832 Achim, statt. Alle Mitglieder und Freunde der Landsmannschaft sind herzlich eingeladen. Es gibt Spargelsuppe mit Mettbällchen, Stangenspargel, Sauce Hollandaise oder Butter, Salzkartoffeln sowie Schnitzel, Schinken und Eisdessert mit heißen Kirschen, alles satt. Treffpunkt ist um 12 Uhr am neuen Bahnhof in Bremen-Mahndorf an der Endhaltestelle der BSAG-Linien 38, 39, 40, 41 und 44. Unser Reisepartner JWD-Reisen bietet den Teilnehmern zum Preis von sechs Euro einen Zubringer vom Treffpunkt zum Lokal und wieder zurück. Der Treffpunkt ist auch mit der Bundesbahn vom Hauptbahnhof sowie mit den BSAG-Linien 1 und 37, deren Endhaltestelle sich auf der gegenüberliegenden Seite der Bahn befindet, sehr günstig zu erreichen. Nach dem Essen besteht Gelegenheit zu einem Spaziergang auf dem Deich und zur Weser. Bei Kaffee und Kuchen soll der Ausflug gegen 16.30 Uhr beschlossen werden. Dann erfolgt der Rücktransfer zum Bahnhof Bremen-Mahndorf. Der Preis für das Essen beträgt zirka 24 bis 25 Euro, je nach Tagespreis. Anmeldungen bitte bis spätestens bis zum 30. Mai bei Frau Richter, Telefon 405515.

Nachdem die Gruppe beim Weihnachtsmarkt ostdeutscher Landsmannschaften in der Berliner Freiheit mehrmals vom großen Interesse vieler Menschen für ihre Arbeit erfahren durfte, hat der Vorstand beschlossen, beim Deutschlandtreffen der Ostpreußen in Kassel einen eigenen Stand einzurichten und zu besetzen. Sie wird dazu ihre bestehenden Ausstellungen zum Ersten Weltkrieg (Kriegshilfsverein Bremen für Schirwindt) zeigen. In einer Vitrine werden dazu passende Objekte und weitere Sammlungsstücke präsentiert. Außerdem werden die selbst herausgegeben Schriften, andere Bücher und Karten sowie heimatliche Spirituosen angeboten.

Bremerhaven – Freitag, 30. Mai, 14.30 Uhr, Barlachhaus: Kulturnachmittag.

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Kippingstr. 13, 20144 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Fried-rich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

LANDESGRUPPE

Sonnabend, 10. Mai, 11 bis 16 Uhr, Haus der Heimat, Teilfeld 8 (S-Bahn-Station Stadthausbrücke): Tag der offenen Tür zum Europatag. 11 Uhr: Begrüßung und Vortrag von Willibald Piesch, BdV Hamburg, zur Erinnerung an den 28. Juni 1914 und Gedenken an die Opfer des Ersten Weltkrieges. 13 Uhr: Imbiss. 14.30 Uhr: Vortrag zur Thematik „Deutschland–Frankreich–Polen, Garanten des Friedens in Osteuropa“. Anschließend besteht die Möglichkeit zur Diskussion, danach Ausklang.

KREISGRUPPE

Insterburg – Die Gruppe trifft sich jeden 1. Mittwoch im Monat (außer Januar und Juli) mit Liedern und kulturellem Programm um 12 Uhr, Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123–125. Kontakt: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg. Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

SALZBURGER VEREIN

Sonnabend, 17. Mai, 13 Uhr, Hotel St. Raphael, Adenauerallee 41: Treffen der Gruppe. Vortrag: „Preußisch-Litauen – Hauptansiedlungsgebiet der Salzburger Emigranten 1732“.

 

HESSEN

Vorsitzender: Eberhard Traum, Wächtersbacherstraße 33, 63636 Brachtal, Telefon (06053) 708612.

Darmstadt – Montag, 2. Juni: 65 Jahre Berliner Luftbrücke. Fahrt zum Luftbrückendenkmal und Besichtigung der Gleisanlagen Flughafen Frankfurt (Main). Ablauf: Abfahrt mit einem Bus, 11.30 Uhr Bahnhof Darmstadt Hauptbahnhof, Busparkplatz Westseite, 12 Uhr Bahnhof Groß-Gerau, 12.30 Uhr Ankunft am Parkplatz für Besucherbusse, P 36, Begrüßung durch Lieselotte Nicklas, Senior-Repräsentantin „Kundenmanagement-Besucherservice“, 13 Uhr Besichtigung der Gleisanlagen unter der Leitung von Roland Schwarz und Alexander Heinrich, 13.40 Uhr Fahrt zum Luftbrückendenkmal, Besichtigung und Erläuterung durch den Eisenbahner und Zeitzeugen Siegfried Kugies, 14.15 Uhr Fahrt zum Terminal 2, Einladung zur Kaffeetafel im Betriebsrestaurant Terminal 2, 15 Uhr Ende der Veranstaltung und Abfahrt vom Parkplatz P 36, Halt am Bahnhof Groß-Gerau und Darmstadt Hauptbahnhof. Kostenbeitrag 10 Euro. Anmeldungen bei Gerhard Schuster, Fürstenbahnhof 2, Zimmer EVG (Mittwoch von 8.30 bis 10 Uhr, Freitag von 9 bis 11 Uhr). Detlef Grigat, Ringstraße 37, 64823 Groß-Umstadt. Franz Kreuz, Liebknechtstraße 21, 64569 Nauheim. Klaus Rehn, Hermann-Löns-Straße 3, Groß-Gerau. Siegfried Kugies, Taunusstraße 40, 65468 Trebur. Anmeldeschluss ist der

22. Mai.

Wetzlar – Montag, 12. Mai, ab 19 Uhr, Wetzlarer Grillstuben, Stoppelberger Hohl 128: Altvorsteher Pfarrer Dieter Nebeling spricht über den Neuanfang des Königsberger Diakonissen-Mutterhauses der Barmherzigkeit. Gäste sind willkommen.

Wiesbaden – Dienstag, 13. Mai, 15 Uhr, Haus der Heimat, Wappensaal, Friedrichstraße 35: Frauengruppe. Der Mai ist gekommen. Nachmittag zur Frühlingszeit. – Sonnabend, 24. Mai, 15 Uhr, Haus der Heimat, Großer Saal, Fried-richstraße 35: Monatstreffen. Die Reise nach Tilsit. Gezeigt wird der 1939 gedrehte Film nach der Novelle von Hermann Sudermann. Die Außenaufnahmen entstanden überwiegend am Kurischen Haff, am Memelstrom und in der Stadt Tilsit. Die Uraufführung des Films brachte das Schauspielhaus in der Hohen Straße in Tilsit am 2. November 1939.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Hannover – Bericht – Die Gruppe hatte im April ihr Frühlingsfest, das sie mit den Pommerschen Heimatfreunden gemeinsam durchführte. Rund 60 Heimatfreunde wurden gedanklich in den Reichssender Königsberg versetzt. Angeschlossen waren die Sender Stettin, Kolberg, sowie Insterburg und Allenstein. Durch das Programm führte nicht Marion Lindt, sondern der neue Moderator Klaus Neumann. Er brachte nicht nur die neusten Nachrichten, sondern auch den Verkehrsfunk. (Auf der Landstraße nach Tapiau befindet sich eine Formation von Elchen in Zweierreihen.) Luise Wolfram gründete einen neuen „Kinderchor“, mit dem sie „Alle Vögel sind schon da“ einübte. Anstelle des Orchesters von Dieter Börschel mussten die Teilnehmer mit einem Akkordeon begnügen. Doch ein antikes Mikrofon sorgte für viel Spaß. Allen aufgetretenen Künstlern noch einmal herzlichen Dank. – Am 17./18. Mai fährt die Gruppe mit der Firma Partner-Reisen zum Bundestreffen nach Kassel. – Am Freitag, 20. Juni, fährt die Gruppe zum Spargelessen auf den Spargelhof Thiermann bei Sulingen. Und nach dem Essen zum Steinhuder Meer. Es sind noch einige Plätze frei. Um Anmeldungen bei R. Kulikowski, Telefon (05101) 2530 oder Lore Rueß, Telefon (0511) 332724 bis zum 20. Mai. Gäste sind willkommen.

Helmstedt – Sonnabend, 17., bis Sonntag, 18. Mai, Kassel-Messe: Deutschlandtreffen der Ostpreußen.

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Landesgruppe – Für die Fahrt zum Ostpreußentreffen am 17./18. Mai in Kassel sind noch einige wenige Plätze frei, ebenso Zimmer im gebuchten Hotel. Bei Interesse bitte melden bei Manfred Ruhnau, Kreisgruppe Bonn, Telefon (02241) 311395.

Dortmund – Jeden dritten Montag von 14.30 bis 16.45 Uhr Treffen in der Heimatstube Märkische Straße. Auskünfte erteilt Marlies Hein unter Telefon (0209) 98894112. Gäste sind willkommen.

Düsseldorf – Jeden Mittwoch, 18.30 bis 20 Uhr, GHH/Eichendorff-Saal, 1. Etage: Chorprobe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft. – Mittwoch, 14. Mai, 19 Uhr, GHH/Konferenzraum: Vortrag von Prof. Dr. Jost Düffler „Andreas Hillgruber (1925–1989) – Ein deutscher Historiker“. – Donnerstag, 15. Mai, GHH/KB: Lesung mit Wilhelm Böhm: „Zu neuen Ufern“. – Donnerstag, 15. Mai, 19.30 Uhr, GHH/Raum 412: Offenes Singen mit Barbara Schoch. – Freitag, 16., bis Dienstag, 20. Mai: Fünf-Tagesfahrt zum Deutschlandtreffen der Ostpreußen in Kassel. – Montag, 19. Mai, 19 Uhr, Jüdische Gemeinde Düsseldorf, Leo-Baeck-Saal, Zietenstraße 50: Vortrag von Carsten Eichenberger: „Alle Welt preist deine Herrlichkeit“. Die religiösen Gesänge des Joseph Schmidt. – Mittwoch, 21. Mai, 19 Uhr, GHH/Konferenzraum: Vortrag von Helmut Braun: „Joseph Schmidt – Die Ausmerzung des jüdischen Elements in der deutschen Musik (1933–1945)“.

Essen – Freitag, 16. Mai, 15 Uhr, Gastronomie St. Elisabeth, Dollendorfstraße 51, 45144 Essen: Thema „Reisen über das östliche Polen nach Belarus, von dort nach Deutschland“. Referenten: Anneliese und Bernhard Kehren.

Köln − Dienstag, 20. Mai, 14.30 Uhr, Bürgerzentrum Köln-Deutz, Tempelstraße 41−43: Treffen der Ostpreußenrunde. Als ein Programmpunkt des Nachmittags, wird eine Filmvorführung mit dem Titel: „Die Malkunst in Lyck vor und nach dem Krieg“ (Dauer 45 Minuten) durchgeführt. Günter Donder zeigt Bilder von sieben Malern verschiedener Stilrichtungen. – Es wird darauf hingewiesen, dass die letzte ordentliche Mitgliederversammlung vom 15. April mit der Neugründung des Kreisverbandes Köln der Landsmannschaft Ostpreußen bei 20 anwesenden Mitgliedern folgendes Wahlergebnis brachte: Mitglied Uwe Herold leitete die Wahl. 1. Für eine Neugründung stimmten alle Mitglieder zu.

2. Die Satzungsänderung, die allen Mitgliedern bekannt war, wurde einstimmig angenommen. 3. Durch einstimmige Neuwahl des Vorstandes gilt folgende Zusammensetzung: Vorsitzende Dorothea Taruttis, Stellvertretender Vorsitzender Meinhard Staar, Kassenwart Hartmut Gramoll. Die Pressemitteilungen und das Protokoll macht Günter Donder freiwillig.

Leverkusen – Sonnabend, 17. Mai, 15 Uhr, Haus Klippenberg, Oberbüscherhof: Die Gruppe feiert mit ihren Mitgliedern und Gästen ihr jährliches Blumenfest unter Einbeziehung der alten prussischen Tradition der Wahl der schönsten Blume als Königin. Ein schönes, buntes Programm wird geboten, vorbereitet vom Chor „Heimatmelodie“, der Tanzgruppe „Die flotten Marjellchen und Bowkes“ sowie der „Laien- und Deklamationsgruppe“. Anmeldungen und Informationen ab sofort bei Frau Pelka, Telefon (0214) 95763.

Neuss – Freitag, 16., bis Montag, 19. Mai: Jahresausflug nach Kassel mit Besuch des Deutschlandtreffens der Ostpreußen am 17. und 18. Mai. Anmeldung bei Peter Pott, Zollstraße 32, 41460 Neuss, Telefon (02131) 3843400. Programm bitte anfordern.

Witten – Montag, 19. Mai, 15 Uhr, Evangelisch-Lutherische Kreuzgemeinde, Lutherstraße 6–10: Berichte und Erlebnisse vom Deutschlandtreffen der Ostpreußen in Kassel.

 

RHEINLAND-PFALZ

Vors.: Dr. Wolfgang Thüne, Wormser Straße 22, 55276 Oppenheim.

Ludwigshafen/Rhein – Sonnabend, 17. Mai, 15 Uhr, in Ludwigshafen-Gartenstadt Forsterstraße (Haus der AWO): Treffen der Gruppe zur Muttertagsfeier mit Kaffee und Kuchen.

Mainz – Jeden Freitag, 13 Uhr, Café Oase, Schönbornstraße 16, 55116: Die Gruppe trifft sich zum Kartenspielen. – Freitag, 16., bis Sonntag, 18. Mai: Busfahrt zum Deutschlandtreffen der Ostpreußen in Kassel. Die Fahrt wird von der Kreisgruppe Darmstadt durchgeführt. Auskunft erteilt der Vorsitzende Gerhard Schröder, Telefon (06151) 148788.

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle, Telefon privat (0345) 2080680.

Magdeburg – Sonntag, 11. Mai, 14 Uhr, Sportgaststätte Spielhagenstraße: Muttertag. – Dienstag, 13. Mai, 13.30 Uhr, Immermannstraße: Treffen der Stickerchen. – Freitag, 30. Mai, 16 Uhr, Zielitzer Straße: Treffen des Singekreises.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner. Geschäftsstelle: Telefon (0431) 554758, Wilhelminenstr. 47/49, 24103 Kiel.

Burg/Fehmarn – Dienstag, 13. Mai, 15 Uhr, Haus im Stadtpark: Werner Ehlers, 2. stellvertretender Bürgermeister, spricht über allgemeine Kommunalpolitik auf Fehmarn. Gäste sind herzlich willkommen.

Neumünster – Mittwoch, 14. Mai, ab 15 Uhr, Restaurant am Kantplatz: Die Gruppe trifft sich zum Kaffeetrinken. Anschließend besuchen die Teilnehmer das Lötzener Heimatmuseum in der Sudetenlandstraße 18 h.

Pinneberg – Sonnabend, 17. Mai: Tagesausfahrt nach Fried-richstadt. Nähere Informationen unter Telefon (04101) 62667, oder (04101) 73473.

Schönwalde – Freitag, 16. Mai, 19 Uhr, Landhaus Schönwalde: Jahreshauptversammlung. Tagesordnung: Eröffnung und Begrüßung, Bericht des Vorsitzenden, Bericht der Kassenwartin, Bericht der Kassenprüfer und Entlastung, Entlastung des Vorstands, Grußworte der Gäste, Filmvortrag über Ostpreußen, Verschiedenes. Wie alljährlich, gibt es am Abend Königsberger Klopse. Kostenbeitrag 10 Euro. Um Anmeldung bis zum 12. Mai wird gebeten beim 1. Vorsitzenden Hans-Alfred Plötner, Telefon (04528) 495, oder beim 2. Vorsitzenden Ulrich Schrank, Telefon (04528) 9901.

 

THÜRINGEN

Vors.: Edeltraut Dietel, August-Bebel-Straße 8 b, 07980 Berga an der Elster, Tel. (036623) 25265.

Apolda, Jena, Hermsdorf –Sonntag, 18. Mai: Tagesfahrt zum Deutschlandtreffen der Ostpreußen, Messe Kassel. Für die Fahrt im Reisebus sind noch Plätze frei. Informationen unter Telefon (03641) 926 43 01.

Eisenach – Dienstag, 13. Mai, 14 Uhr, Rot-Kreuz-Weg 1: Heimatnachmittag.


S. 18 Heimatarbeit

Deutschlandtreffen der Ostpreußen 17. - 18. Mai 2014 – Messe Kassel
(Grafik siehe PDF)


S. 19 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

FISCHHAUSEN

Kreisvertreter: Klaus A. Lunau, Bahnhofstraße 14, 30853 Langenhagen, Stellvertreterin: Marion Gehlhaar, Telefon (040) 476070. Geschäftsstelle: Fahltskamp 30, 25421 Pinneberg, täglich erreichbar unter Telefon (04101) 22037, Postfach 17 32, 25407 Pinneberg, E-Mail: Geschaeftsstelle@kreis-fischhausen.de. Besichtigung nach Wunsch.

Die Heimatgemeinschaft Seestadt Pillau weist darauf hin, dass auch in diesem Sommer wieder eine Busreise nach Pillau stattfinden wird. Termin der Reise:

19. bis 26. Juni. Unterbringung im Hotel Goldener Anker. Es sind noch einige Plätze frei. Reiseverlauf: 1. Tag: Anreise zur Zwischenübernachtung, 2. Tag: Weiterreise nach Pillau, 3. Tag: Stadtbesichtigung der Seestadt Pillau, 4. Tag: Halbtagsausflug nach Königsberg mit Besichtigung, 5. Tag: Zur freien Verfügung oder Ausflüge, 6. Tag: Zur freien Verfügung, 7. Tag: Rückreise mit Stadtführung in Danzig, 8. Tag: Rückreise nach Schleswig-Holstein. Probleme bei der Visa-Erteilung und Einreise sind nicht zu erwarten. Der Reisepreis beträgt 885 Euro. Der EZ-Zuschlag beträgt 145 Euro. Anmeldeschluss ist der 15. Mai 2014. Interessenten melden sich bitte unter Telefon (04871) 1733.

 

LÖTZEN

Kreisvertreter: Dieter Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg. Geschäftsstelle: Ute Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg, Telefon (040) 6083003, Fax: (040) 60890478, E-Mail: KGL.Archiv@gmx.de

Am 25. April wurde in Lötzen [Gizycko] von Bürgermeisterin Jolanta Piotrowska, in Anwesenheit von Vertretern der Lötzener Schulen, von Organisationen und Ehrengästen, von Geistlichen und Wissenschaftlern, eine Gedenktafel enthüllt. Sie ist befestigt an einer Wand des neu errichteten Ossuariums (Beinhaus), das am Rand der neu gestalteten Grünanlage – früher eine Fläche des Friedhofes – an der Warschauer Straße steht. Die Gedenktafel trägt folgende Inschrift (nur in polnischer Sprache): „Ruhestätte der ehemaligen Einwohner von Gizycko (Lötzen, Lec, Luczany), die auf dem Kirchenfriedhof (16.–19. Jh.) und auf dem Kommunalfriedhof (19.–20. Jh.) beerdigt waren. Im Gedenken an die ehemaligen Stadtbewohner – Die Einwohner von Gizycko. Gizycko A. D. 2014“

Der Kommunalfriedhof in Gizycko (von 1822 bis in die 70er Jahre des 20. Jh.) ist eine Ruhestätte vieler namhafter Persönlichkeiten der Stadt, unter denen sind zu nennen: Martin Gerss (1808–1895), masurischer Lehrer, Schriftsteller, Herausgeber der „,Lötzener Zeitung“, von Kalendern und Liederbüchern, Ernst Trincker (1853–1932), Pastor, Superintendent, Autor der „Chronik der Gemeinde Lötzen“ sowie die Eltern und die Schwester von Wojciech Ketrzynski, dem polnischen Historiker und Ethnographen.

Im Zusammenhang mit der Umgestaltung eines großen Teils der früheren Friedhofsfläche zu einer innerstädtischen Parkanlage waren Grabungsarbeiten erfolgt – im Beisein von Archäologen und Historikern. Dabei waren in 2011/2012 insgesamt die Gebeine von ungefähr 200 hier früher Bestatteten zutage gekommen, sowie Münzen, Sargbeschläge und anderes Gegenständliche aus der deutschen Vergangenheit der Stadt. Die erfassten Überreste der Toten wurden in einem Gebäude der Feste Boyen zwischengelagert, bis sie jetzt in diesem Beinhaus würdevoll beigesetzt werden konnten.

 

NEIDENBURG

Kreisvertreter: Jürgen Szepanek, Nachtigallenweg 43, 46459 Rees-Haldern, Tel. / Fax (02850) 1017.

Das „Neidenburger lebende Lexikon“ Hermann Janke, geboren 1924 in Passenheim im Kreis Ortelsburg, vollendet am 22. Mai sein 90. Lebensjahr. In späteren Jahren zog die Familie in unsere Kreisstadt. Viele Neidenburger werden sich noch an das Textilgeschäft seiner Eltern am kleinen Markt erinnern, in dem unter anderem Maßanzüge hergestellt wurden. Das Kriegsabitur absolviert, musste er, wie alle jungen Männer in dieser Zeit, zum Militär. Nach Flucht und Vertreibung waren Vater Karl Janke und Sohn Hermann Männer der ersten Stunde in der Kreisgemeinschaft. Der Jubilar war einer der Organisatoren des ersten großen Neidenburger Heimattreffens am 30. Mai 1948 in Hannover, welches von zirka 5000 Landsleuten besucht wurde. Der gelernte Textilkaufmann und spätere Versicherungsangestellte hatte es sich in den 1950er Jahren zur Aufgabe gemacht, Jugendseminare in unserer Patenstadt Bochum durchzuführen, um den vertriebenen Jugendlichen die heimatlichen Wurzeln zu erhalten und anderen näher zu bringen. Daraus ergab sich eine langjährige Mitgliedschaft in der Kreisgemeinschaft. In dieser und auch bei den anderen Landsleuten waren umfassendes historisches Wissen und die örtlichen Kenntnisse der Stadt Neidenburg sehr gefragt. Hieraus entstand bald die anerkennende Bezeichnung: „Das Neidenburger lebende Lexikon“. Nicht nur für den Unterzeichner, sondern auch für viele andere Mitarbeiter unserer Kreisgemeinschaft, ist die bekannte Bielefelder Adresse bei diversen Anfragen oftmals die letzte Möglichkeit. Bei der Erstellung der beiden Bildbände stand dieser treue Landsmann jederzeit beratend zur Verfügung. Im Jahre 1997 erstellte er eine historische Kurzfassung über den Kreis Neidenburg in Form eines Faltblattes. Bis zum Jahre 2002 war Hermann Janke Mitglied des Kreistages, wobei er eine Zeit lang die Aufgabe des Revisors wahrgenommen hat. Bis heute ist sein Wissen um seine Heimatstadt und das Kreisgebiet eine nie versiegende Quelle. Im vergangenen Jahr konnte Hermann Janke mit seiner lieben Gattin Hannelore geb. Cremer aus Aschersleben in Sachsen-Anhalt die Diamantene Hochzeit feiern. Vier Kinder und neun Enkelkinder gehören zur engeren Familie. Im Jahre 1997 wurde der Jubilar mit der Silbernen Ehrennadel und 2005 mit der Goldenen Ehrennadel der Landsmannschaft Ostpreußen ausgezeichnet. So danken wir heute nicht nur dem Jubilar für seine vielfältige Arbeit, sondern auch seiner Familie für das Verständnis und die Unterstützung dabei. Herzlichen Glück-wunsch zu diesem hohen Geburtstag im Namen der Neidenburger, verbunden mit dem Wunsch der weiteren Hilfe für die Menschen unseres ehemaligen Kreisgebietes.

 

TILSIT-RAGNIT

Kreisvertreter: Dieter Neukamm, Am Rosenbaum 48, 51570 Windeck, Telefon (02243) 2999, Fax (02243) 844199. Geschäftsstelle: Eva Lüders, Telefon/Fax (04342) 5335, Kührenerstraße 1 b, 24211 Preetz, E-Mail: Eva.lueders@arcor.de.

Hartmut Preuß und Ehefrau Liesel feiern am 15. Mai 2014 das Fest der Goldenen Hochzeit. Die Heimat Kreisgemeinschaft Tilsit-Ragnit gratuliert sehr herzlich und wünscht dem Jubelpaare weitere glückliche gemeinsame Jahre. Dabei möge ihnen der Vers aus dem Neuen Testament begleiten: „Herr: Bleib bei uns, denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneiget.“ (Lukas 24,29). Im Namen des Kreistages, Albrecht Dyck, Ehrenvorsitzender. – „Hoch lebe das Goldhochzeitspaar Hartmut und Liesel Preuss“. Am 15. Mai feiern Hartmut und Liesel Preuss ihre Goldene Hochzeit, dazu gratuliere ich sehr herzlich. Möge ihre Ehe weiterhin unter einem guten Stern stehen. Ich wünsche beiden alles erdenklich Gute, gebettet in Gesundheit und Zufriedenheit.

Ich möchte nun ein wenig über meine persönlichen Beziehungen zur Familie Preuss berichten. Hartmut ist 1936 in Kraupischken, Liesel, geborene Hirschfeld, 1943 auf der Flucht aus Russland in Josefsberg in Polen geboren. Als die russische Zarin Katharina die Große 1763 deutsche Bauern in ihr Land rief, waren die Vorfahren von Liesel auch dabei. Sie kamen aus der Gegend von Heidelberg. Hartmut und Liesel gehören noch zu der Generation, die den Krieg und die Flucht miterlebt haben.

Hartmuts Eltern und Vorfahren waren seit Generationen ostpreußische Bauern. An der schönen Inster in Kraupischken/Breitenstein verlebte der kleine Hartmut eine wundervolle Kindheit, die dann im Oktober 1944 abrupt ihr Ende fand. Auf der Flucht wurde die Familie Preuss von der Roten Armee kurz vor Danzig überrollt – ein unvorstellbares Leiden begann. Erst Ende 1948 mussten sie die Heimat verlassen.

Während Hartmuts und meine Eltern sich schon „zu Hause“ sehr gut kannten, waren wir beide noch zu jung, zumal jeder jeweils am anderen Ortsende Breitensteins wohnte. Ich lernte Hartmut erst 1990 kennen, da hatte jeder schon lange seine eigene Lebensgeschichte durchlaufen. (Im übrigen: Hartmuts ausführlichen Lebenslauf findet man in „Land an der Memel“, Weihnachten 1999). Hartmut und Liesel besuchten uns in Rheydt, nachdem sie von meinem ersten Besuch ins damals noch gesperrte Königsberger Gebiet erfuhren, um Näheres aus unserem Heimatdorf zu erfahren. Zwischen uns begann eine gute Freundschaft.

Anlässlich eines Kreistreffens 1999 in Erfurt überredete mich Hartmut, die Aufgabe als Schatzmeister der Kreisgemeinschaft zu übernehmen. Jetzt kamen wir uns noch näher. Ich lernte ihn als einen zuverlässigen und urteilsfähigen Kreisvorsitzenden kennen und freute mich, dass die Aufgabe des neuen Kreisvorsitzenden ein Breitensteiner übernehmen durfte. Einstimmig wurde Hartmut dann alle vier Jahre wiedergewählt. Im Laufe der Zeit kamen wir immer wieder bei den vielen Tagungen und Versammlungen der Kreisgemeinschaft zusammen. Hartmut knüpfte enge Beziehungen mit den russischen Führungskräften in unserer Heimat.

1994 fuhren wir beide mit einem Hilfstransport, mit vielen gespendeten Sachen, nach Breitenstein [Uljanowo]. Das Fahrzeug, ein Eintonner-Transporter, stellte uns die Kreisgemeinschaft zur Verfügung. Es wurde eine recht abenteuerliche Fahrt. Ich war bei der Familie meines Freundes Nikolaj Konzewoj in Breitenstein untergebracht. Hartmut hatte sich in Ragnit bei dem russischen Tierarzt Iwan Litwinow und dessen Frau Paulina einquartiert. Paulina ist eine Cousine von Liesel Preuss. Sie und ihren Eltern gelang es nicht bei Kriegsende Russland zu verlassen. Erst 1991 erfuhren beide Cousinen voneinander. (Die Familie Litwinow ist inzwischen nach Deutschland übergesiedel.)

Einmal luden Hartmut und Liesel zu einer Vorstandssitzung nach Holland in ihr Ferienhaus an der Nordsee ein, wo wir ihre Gastfreundschaft ausgiebig genießen konnten. Die Familie Preuss war immer bemüht, eine gute Atmosphäre innerhalb der Kreisgemeinschaft zu fördern und zu erhalten.

Nach neun Jahren trat Hartmut Preuss im Oktober 2011 auf der Kreistagssitzung in Lüneburg von seinem Amt als Kreisvertreter des Kreises Tilsit-Ragnit zurück. Der Ehrenvorsitzende Albrecht Dyck verabschiedete Hartmut Preuss mit einer großartigen Dankesrede.

Klaus-Dieter Metschulat

 

TILSIT–STADT

Stadtvertreter: Hans Dzieran, Stadtgemeinschaft Tilsit, Postfach 241, 09002 Chemnitz. Geschäftsführer: Manfred Urbschat, E-Mail: info@tilsit-stadt.de.

Die Schulgemeinschaft der „Johanna-Wolff-Schule“, auch Meerwischer Schule genannt, in Tilsit hat ihr diesjähriges Treffen in der Zeit von Donnerstag, 31. Juli, bis Dienstag, 5. August, in Potsdam-Babelsberg im Hotel „Lili Marleen“. Unser Programm sieht Folgendes vor: 1. Busfahrt „Kaiser-Tour“ mit Führung, 2. Schloss Sanssouci mit Führung, 3. Havelrundfahrt per Schiff. Ein Tag zur freien Verfügung ist auch drin. Wie Sie lesen, bewegen wir zu unserem 15-jährigen Bestehen einiges. Wer gerne bei uns mitmachen möchte, sollte sich an die Telefonnummer (0611) 844938 wenden. Aber vielleicht sehen wir uns auch im Mai in Kassel zum Deutschlandtreffen.

Schulsprecherin Irmgard Steffen


Doppel-Abschied
»Hilfe für Euch« verliert Mitarbeiterinnen

Nach erfolgreicher Tätigkeit verlor die Arbeitsgemeinschaft „Hilfe für Euch“, Freundeskreis Ostpreußen, zwei ihrer langjährigen, (20 und 30 Jahre), treuen Mitarbeiterinnen: Hildegard Munier, gebürtig in Bublitz/Hinterpommern, und Helga Baasch aus Hanshagen/Ostpreußen.

Frau Munier verstarb im Okto-ber letzten Jahres nach langer Krankheit, Frau Baasch kurz nach ihrem 86. Geburtstag für alle unerwartet. Beide waren ihrer Heimat bis zum letzten Atemzug treu, beide unterstützten tatkräftig die Arbeit der Arbeitsgemeinschaft und des Freundeskreises, denen sie von Anfang an angehörten, soweit es ihre Gesundheit zuließ. Frau Baasch war es vergönnt, noch im Oktober 2013 eine Abschiedsfahrt mit ihrem langjährigen Begleiter, Herrn Dr. Polster, nach Ostpreußen zu unternehmen.

Blickt man auf den Einsatz der beiden Heimgegangenen zurück, ist vieles zu würdigen: In den 80er Jahren ihr unermüdliches Engagement bei den Hilfsfahrten – vom Sortieren und Zusammenstellen der Kleiderspenden bis zu den Fahrten nach Ostpreußen selbst –, wo ihnen die persönliche Beziehung zu den Versorgten, das ausführliche Gespräch, die Anteilnahme an ihren Sorgen und Nöten das Wichtigste war. Frau Munier wurde stets von ihrem Mann, einem gebürtigen Königsberger, begleitet. Frau Baasch, die manchmal dreimal im Jahr, je nach Finanzlage der Vereine und der Anzahl der Interessenten nach Ostpreußen fuhr, wurde häufig von verschiedenen Personen begleitet. Erst in den letzten Jahren wurde es ruhiger, als sie auf ihre Gesundheit mehr Rück-sicht nehmen musste.

Doch nicht nur der Einsatz bei den Versorgungsfahrten ist zu würdigen. Beide, Frau Munier wie Frau Baasch, waren aktiv am Jugendaustausch in den 90er Jahren beteiligt, sammelten neue Adressen von Bedürftigen in Ostpreußen und halfen so, den Kreis der Betreuten zu erweitern, waren im Einsatz bei den Handarbeitsausstellungen, sei es bei den Ostpreußentreffen oder am Tag der Heimat, bei den lokalen Ausstellungen in Kiel, Schleswig, Eckernförde oder Rendsburg, bei den Lötzener Treffen in Neumünster oder bei den kleineren im Freilichtmuseum in Molfsee und beim Weihnachtsmarkt im Haus der Heimat.

Ohne die Mitwirkung von Frau Munier und Frau Baasch ist die Arbeit von „Hilfe für Euch“ und des Freundeskreises Ostpreußen nicht zu denken. Ihr Tod ist für uns ein großer Verlust. Wir werden ihnen immer ein ehrendes Andenken bewahren.

Ulrike Madeya


S. 20 Heimatarbeit

Schwerpunkt Schule und Sport
Förderverein ermöglicht regen Schüleraustausch mit Heinrichswalde

Am 27. März fand die diesjährige Mitgliederversammlung des „Fördervereins Slawsk“ im Mehrgenerationenhaus in Nordhorn statt. Der Vorsitzende Jürgen Stoßberg gab den zahlreich erschienenen Mitgliedern zunächst einen Überblick über herausragende Ereignisse im vergangenen Jahr.

Das Projekt Nachhaltige Landwirtschaft ist nach insgesamt achtjähriger Dauer zum Abschluss gekommen. Auf Initiative des Projektleiters Klaus-Günter Haucke schloss die Realschule Emlichheim einen Freundschaftsvertrag mit der allgemeinbildenden Schule Heinrichswalde [Slawsk]. Sinn und Zweck ist der Austausch über Kultur, Historie und Politik und insbesondere die Förderung persönlicher Begegnungen. Aktuell war bereits eine Lehrerin der Schule Heinrichswalde zu einem Praktikum in Emlichheim.

Während des Arbeitsbesuches im vergangenen Jahr regte Renate Grzmehle die Gründung einer Frauen-Gymnastikgruppe an. Dieses wurde von der Chefredakteurin der Slawsker Nachrichten aufgegriffen und in die Tat umgesetzt. Seither trainiert die Frauengruppe jede Woche.

Bei den anschließenden Vorstandswahlen erfolgte eine Wiederwahl. Der Vorstand setzt sich weiterhin zusammen aus Jürgen Stoßberg als 1. Vorsitzenden, Gregor Niemeyer als Schatzmeister, Elena Vostrikova als Schriftführerin sowie Ralf Möllering als Pressewart.

Es sei besonders darauf hingewiesen, dass mit Elena Vostrikova nicht nur eines der jüngsten Mitglieder sich einbringt, sondern auch gleichzeitig eine Einwohnerin des Partnerschaftskreises. Sie stammt aus Kaukehmen [Jasnoje]. Dieser Ort liegt etwa 20 Kilometer von Heinrichswalde entfernt. Wie bereits berichtet, absolviert Elena derzeit ihre Lehre im Reisebüro Berndt. Nachdem eine Lehrerin der Schule Heinrichswalde bereits Erfahrungen in der Realschule Emlichheim sammeln konnte, wird vom 6. Bis 16. Juli eine Schülergruppe aus Heinrichswalde folgen.

In diesem Jahr werden die Schwerpunkte der Arbeit des „Fördervereins Slawsk“ in den Bereichen Schule und Sportförderung liegen. Beide Projekte sind gut angelaufen und bilden mehrere Berührungspunkte. Wenn auch die Vereinsstrukturen im Partnerschaftskreis sich gänzlich von denen hierzulande unterscheiden, gibt es dort auch im Jugendbereich etwa Fußball- oder Volleyballmannschaften. Hier werden Begegnungen mit Mannschaften aus der Grafschaft angestrebt.

Und das, was mit der Frauengymnastikgruppe in Heinrichswalde begonnen wurde, sollte auch mit verschiedenen Sportgruppen möglich sein.

Im Ergebnis kann der Förderverein Slawsk zuversichtlich nach vorn blicken, denn für die Weiterentwicklung der eingangs erwähnten persönlichen Begegnungen wurden in den letzten Jahren bereits die Grundlagen geschaffen und stetig ausgebaut. EB


LO verleiht Preis
Ingo von Münch erhält Wissenschaftspreis

Das Deutschlandtreffen der Ostpreußen in Kassel (17.–18. Mai 2014) rückt immer näher. Im Rahmen der Eröffnungsfeier wird die Landsmannschaft Ostpreußen (LO) ihren diesjährigen Kulturpreisträger ehren. In diesem Jahr wird um 14 Uhr in der Rothenbach-Halle der Ostpreußische Kulturpreis in der Sparte Wissenschaft an den Juristen Ingo von Münch verliehen, der sich in seinem 2009 erschienen Buch „Frau, komm!“ mit den Massenvergewaltigungen deutscher Frauen und Mädchen in den Jahren 1944 und 1945 beschäftigt. Bekannt geworden ist der emeritierte Professor für Verfassungs- und Völkerrecht durch seinen Kommentar zum Grundgesetz. Als Mitglied der FDP bekleidete von Münch unter anderem den Senatorensitz für Wissenschaft und Kultur und war Zweiter Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg. Bis 1995 hatte von Münch das Richteramt am Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen inne. Als Professor für Verfassungs- und Völkerrecht lehrte er in Bochum, Hamburg und Rostock sowie im Ausland. 1993 wurde ihm der Emil-von-Sauer-Preis des Hamburgischen Anwaltvereins verliehen.

Nach einer Schätzung wurden in den Monaten vor und nach dem 8. Mai 1945 zwischen 1,2 und zwei Millionen deutsche Mädchen, Frauen, Schwangere, Wöchnerinnen und Greisinnen vergewaltigt. Einige Opfer wurden nach dem Missbrauch ermordet oder verbluteten, andere wurden schwanger, wieder andere wählten den Freitod. Nach eigenen Angaben hat Ingo von Münch dieses Buch geschrieben, weil diesem schlimmen Verbrechen nicht die Aufmerksam zukommt, die ihm gebühre. EB


Name verpflichtet
Columbus Travel bereist die Welt

Mit Columbus die Welt entdecken – so lautet der Slogan der gleichnamigen Reisefirma, die Reisen nach Ostpreußen, Schlesien oder Siebenbürgen, entlang der Donau oder in andere Kontinente organisiert.

Das versierte Reiseunternehmen Columbus aus Köln bietet umfassende Reiseangebote, speziell von Flugreisen nach Ostpreußen, Schlesien oder Siebenbürgen an, hat aber auch Kreuzfahrten der DCS Amethyst, eines der beliebtesten Schiffe auf der Donau, in seinem Programm voller Höhepunkte und guten Menüs. Alle angebotenen Kreuzfahrten werden abgerundet mit Live-Musik berühmter Künstler an Bord.

Columbus ist spezialisiert auf Kur- und Wellness-Angebote. Der Service steht im Vordergrund. Das Reiseunternehmen stellt nach Wunsch individuelle An- und Abreisepakete oder Betreuungsangebote zusammen. Auch hochwertige Interkontinentalreisen sind im Angebot. Weitere Informationen unter:

M&S COLUMBUS travel GmbH. Jakob-Rasquin-Straße 1, 51105 Köln (Poll), Telefon (0221) 9833021, Telefax (0221) 9833211, Internet www.columbus-travel.de, E-Mail martin.soell@columbus-travel.de


S. 21 Lebensstil

Zagrebs Fünf-Sterne-Palast
Wo die Prominenz feiert − Das Grand Hotel Esplanade in Kroatiens Hauptstadt versprüht Charme der Belle Epoque

Wer einst mit dem Orient-Express reiste, übernachtete meist auch im Zagreber Grand Hotel Esplanade. Den Glanz der Belle Epoque strahlt die vor 90 Jahren nach Plänen eines deutschen Architekten errichtete Nobelherberge auch heute wieder aus.

Wer mit dem Wort Hauptbahnhof die eher düstere Seite einer Stadt verbindet, begegnet in Kroatiens Hauptstadt einer erfreulichen Ausnahme. Begrüßen den Reisenden hinter dem Ausgang doch gleich zwei der insgesamt acht gepflegten Parks, die mit ihrem leuchtenden Blumenschmuck Zagrebs Unterstadt wie ein Hufeisen durchziehen.

Hinter dem Springbrunnen des kleinen Parks zur Linken orientiert sich die palastartige Gartenfassade des Grand Hotels Esplanade mit den stattlichen Säulen unter dem Dreiecksgiebel in der Mitte unübersehbar an dem 33 Jahre älteren neoklassizistischen Bahnhofsbau. Das Hotel Esplanade wurde von 1922 bis 1925 in unmittelbarer Nähe auf freiem Feld – daher der Name – für die Gäste des Orient-Express errichtet, der zwischen Istanbul und Paris via Sofia, Belgrad, Zagreb, Triest, Venedig verkehrte.

Der Name Orient-Express ist ein Synonym für Luxus und Eleganz. Und so überrascht es nicht, dass nach vollständiger Renovierung das im Mai vor zehn Jahren wiedereröffnete Grand Hotel auch heute Zagrebs vornehmste Unterkunft ist. Und weit mehr: Das älteste Luxushotel im ehemaligen Jugoslawien wird von den Lesern einer angesehenen Reise-Zeitschrift regelmäßig auf die Liste der Top-Hotels weltweit platziert. Auch in diesem Jahr findet es sich auf der der sogenannten Goldenen Liste. Bewertet wurden Unterkunft, Lage, Gestaltung, Leistungsqualität sowie das Gastronomieangebot.

Für Mittel-Osteuropa-Unkundige ist der Fünf-Sterne-Palast, der unter den besten 100 Hotels in Europa aktuell im oberen Drittel zu finden ist, vielleicht eine Überraschung. Auch für jene, die sich noch an die Zeit zwischen 1945 und 1960 erinnern, als das Esplanade zur Volksküche mutiert war und im Hotel-Restaurant Bedürftigen Mahlzeiten auf Aluminium-Tellern serviert wurden. Schon zuvor war das Esplanade umgenutzt worden. Während des Zweiten Weltkriegs diente es Gestapo und Wehrmacht als Hauptquartier.

Tempi passati. 1964 ging der Stern des Hauses wieder auf, als es als erstes in allen sozialistischen Ländern zur Familie der Inter-Continental-Hotels stieß. Die von der früheren Fluggesellschaft PamAm gegründete Kette wollte ihren Passagieren die weltweit besten Unterkünfte bieten. Die Bahnreisenden von einst wurden durch Fluggäste ersetzt. Dank ihnen kehrten der Glanz ins Esplanade zurück. Die Liste seiner berühmten Gäste konnte sich fortsetzen.

Darauf findet man die illustresten Namen: den Atlantik-Überquerer Charles Lindbergh, die Schauspieler und Musiker Asta Nielsen, Josephine Baker, Greta Garbo, Anita Ekberg, Yul Brynner, Richard Burton, Elizabeth Taylor, Kirk Douglas, Yves Montand, Liv Ullman, Curd Jürgens, Steward Granger, Leonard Bernstein, Charles Aznavour, Maria Callas, Ella Fitzgerald, Louis Armstrong, Ike und Tina Turner, Cliff Richard, die Regisseure Orson Welles, Francis Ford Coppola und Woody Allen, die Schriftsteller Arthur Miller, Jules Romains und Alfred Hitchcock, die brasilianische Fußball-Legende Pelé und, und, und. Auch große Politiker wie Nikita Chruschtschow, Leonid Breschnew, Richard Nixon, Elisabeth II., Altkanzler Helmut Kohl oder Ex-Bundespräsident Horst Köhler waren hier. Die Aufzählung der Prominenten, die einmal im Esplanade übernachtet haben, ließe sich beliebig fortführen.

Als beliebte Adresse der High Society war das Esplanade nicht nur für dramatische Liebesgeschichten gut, deren Verlauf die Zeitungen mit Wonne verfolgten, sondern auch für aufsehenerregende Feste und Veranstaltungen. Mit einem Skandal endete der Junggesellenabschied eines italienischen Grafen, als nach reichlich Champagner- und Kaviarkonsum einige Damen ihre Oberbekleidung ablegten und damit für den ersten Striptease in der Landeschronik sorgten. Ein Ereignis, das die noble Institution schon bald nach ihrer Eröffnung ins Wanken brachte. Gesitteter ist es dagegen bei der ersten Miss-Jugoslawien-Wahl zugegangen, die hier 1926 die Berliner Filmgesellschaft „Fanamenta“ veranstaltete. Ein Jahr später wurde die hübsche Stefica Vidacic auch Miss Europa.

Die Geburtsstunde des Grand Hotels war ein 1917 ausgeschriebener internationaler Wettbewerb, aus dem der deutsche Architekt Otto Rehnig als Sieger hervorging. Seine Pläne wurden jedoch von dem Zagreber Architekten Dionis Sunko verändert, so dass dieser als Er­bauer des Esplanade gilt und sein Oeuvre als ein Meisterwerk der Belle-Epoque-Architektur.

Seit 2003 wird das Esplanade im Rahmen der internationalen Hotelkette Regent betrieben, als deren erstes in Europa. Die geräumigen Suiten knüpfen be­wusst an die ur­sprüngliche Ausstattung des Hotels an und enttäuschen mit ihrer gediegenen großbürgerlichen Eleganz Nostalgiker nicht. Vor allem Freunde des Jugendstils werden seit der Komplettrenovierung immer wieder ihre Freude haben. Einen besonderen Akzent setzt dabei der Kuppelsaal, der als Ballsaal zumindest in Europas Südosten seinesgleichen sucht.

Einmalig dürfte auch die über 80 Quadratmeter große Präsidenten-Suite sein, die mit ihrem schweren dunklen Holzmobiliar echte Gründerzeit bewahrt. Durch moderne Annehmlichkeiten ergänzt, hat die fast schon museale Noblesse ihren stolzen Preis: 1500 Euro pro Nacht.

Ein luxuriöses Relikt vergangener Zeiten ist, wenn man so will, auch der 24-stündige Zimmerservice. Darüber wacht der Con­cièrge, der hinter seinem polierten Holztisch mitten in der Eingangshalle jedem Gast Tag und Nacht zur Verfügung steht zur Beantwortung aller Fragen und Erfüllung fast aller Wünsche. Hebt er den Blick, sieht er sieben Uhren, welche die Zeit rund um die Welt von New York über Buenos Aires und Tokio bis Sidney anzeigen. Besser kann man das Esplanade gar nicht beschreiben. Denn bei allem Belle-Epoque-Charme − in der Gesamt-Ausstattung ist das Grand Hotel durchaus zeitgemäß.

In seiner Geschichte war es oft sogar Vorreiter. 1967 eröffnete das Esplanade das erste Kasino im Land und 1986 das erste Bistro nach französischem Vorbild. 1992 war es Kroatiens erstes Hotel, das privatisiert wurde. Das Kasino wird heute von Casino Austria betrieben. Und im Bistro gibt es neben Zwiebelsuppe, Quiche Lorraine und Croque Monsieur inzwischen auch lokale Spezialitäten. Allen voran den berühmten „Strukli“, gekochten Strudel mit Quark, der hier am besten schmecken soll. Gourmets treffen sich im Zinfandel’s, das zu Kroatiens Spitzenrestaurants gehört und dessen Küchenchef Queen Elisabeth voller Begeisterung mit einer Extra-Goldmünze bedachte.

In den 20er Jahren hieß es: „Schon auf den Stufen des Esplanade gestanden zu haben, ist es wert, den Enkelkindern zu erzählen.“ Wer zufällig einmal vor Ort ist, sollte einen Schritt weitergehen und zumindest einmal einen Blick in die Lobby des Hotelpalastes werfen. Helga Schnehagen


Fest im Sattel
Schon vor über 100 Jahren setzte man sich im Frühling aufs Fahrrad

Rechtzeitig zur warmen Jahreszeit holen die Menschen wieder ihre Draht­esel aus dem Schuppen. Doch seit wann gibt es eigentlich Fahrräder und wer hat sie erfunden?

Genau weiß das niemand mehr, denn viele Menschen haben sicher zur gleichen Zeit nach einer Möglichkeit gesucht, schneller vorwärts zu kommen. Früher gingen fast alle zu Fuß. Ein Pferd oder eine Kutsche konnten sich nur reiche Leute leisten.

Als es 1817 in Deutschland eine Hungersnot gab und auch das Futter für die Pferde knapp wurde, überlegte sich ein Erfinder aus Karlsruhe namens Karl von Drais, ob es nicht eine Möglichkeit gäbe, auch ohne Pferde und Kutsche zu fahren. Er baute ein Laufrad ganz aus Holz mit zwei Rädern, Reifen, Lenker und Gestell. Pedalen und eine Kette gab damals es noch nicht. Um voranzukommen, stieß sich der Fahrer mit beiden Füßen rechts und links vom Boden ab. Obwohl das sehr anstrengend war, bewegte man sich so immerhin schon viermal schneller als ein Fußgänger. Dieses Gefährt nennt man noch immer nach seinem Erfinder: eine Draisine. Heutzutage bereiten sich Vorschulkinder mit einem ganz ähnlichen Laufrad aus Holz auf das Radfahren vor.

1861 entwickelte ein Franzose Pedalen und brachten diese am Vorderrad einer Draisine an. Er erfand das Velociped (von lateinisch: velox = schnell und pes = Fuß), was übersetzt also Schnellfuß heißt. Es fuhr mit Kurbel und Tretpedal, ähnlich wie heute.

Der Engländer James Starley hatte 1871 die Idee, das Velociped in ein Hochrad aus Metall umzuwandeln. Es wurde angetrieben durch zwei Pedale und Kurbeln, die sich an dem riesigen Vorderrad befanden. Um mit einer Kurbeldrehung einen möglichst weiten Weg zurückzulegen, baute man das Vorderrad immer größer. Der Fahrer hockte über dem Hochrad in einer Höhe von 1,50 Meter, während das kleine Rad dazu diente, das Gleichgewicht zu halten. Sehr fortschrittlich waren hier die zum ersten Mal verwendeten Speichen. Da die Hochräder sich für die Fahrer aber als gefährlich erwiesen, da man leicht kopfüber auf die Straße stürzen konnte, hörte man auf, sie herzustellen.

Bei den Holzrädern davor waren die Reifen noch mit Eisen beschlagen. Deshalb nannte man die auch Knochenschüttler. Gut vorstellbar, wie das damals ruckelte. Doch wieder kam ein schlauer Mensch auf eine Idee, das zu verbessern. 1888 erfand John Dunlop den Luftreifen, und so wurde das Radfahren erheblich angenehmer. In den folgenden Jahrzehnten gab es viele Verbesserungen. Beide Räder hatten nun wieder die gleiche Größe. Der Kettenantrieb des Hinterrades machte das Rad immer sicherer, weil Antrieb und Lenkung voneinander getrennt waren. Stabiler wurde unser Drahtesel durch den so genannten Diamantrahmen, einen Fahrradrahmen aus Stahlrohr.

Bis heute ist das Fahrrad das umweltfreundlichste Verkehrsmittel. Es verbraucht keinen Kraftstoff und verpestet die Luft nicht. Wir können schnell irgendwohin radeln und haben Bewegung an der frischen Luft. Dass wir mit dem Fahrrad nicht umkippen, liegt an den Kreiselkräften. Während der Fahrt wirken diese auf die Laufräder und halten das Fahrrad stabil. Silvia Friedrich


Fütterung der Honigsammler
Landwirtschaftsminister startet Initiative gegen das Bienensterben

Überall schwirren sie wie­der − Millionen fleißiger Bienen saugen Nektar aus den Blüten und bestäuben mit den von ihnen transportierten Pollen andere Pflanzen. Dank ihrer Hilfe wachsen und gedeihen Flora und Fauna seit Urzeiten.

Doch die allein in Deutschland rund 750000 Völker zählenden Pollensammler schwächeln etwas. Eine parasitäre Milbe und in der Landwirtschaft eingesetzte Insektizide ma­chen den Tierchen zu schaffen. Wenn Imker zu den Bienenstöcken gehen, erleben sie immer häufiger eine schlimme Erfahrung: Viele Bienen liegen tot vor den Nisthöhlen. Ge­schwächt von den Umweltgiften, haben sie die Mil­ben­attacke nicht überlebt. In manchen Völkern sind schon bis zu 70 Prozent der Bienen gestorben.

Während die Imker über geringere Honigerträge klagen, be­fürchten Agrarexperten generell eine Auswirkung des Bienensterbens auf die Lebensmittelpreise. Denn je weniger Bienen zu ihren Pflanzenzielen aufbrechen, desto weniger Nutzpflanzen werden bestäubt. Hinzu kommt der ge­stiegene Anbau von Sonnenblumen, Raps und Soja für die Bioenergie. Während sich die wenigen verbliebenen Bienen auf die­se verlockenden Blüten stürzen, lassen sie Obstplantagen links liegen. In Ländern wie China oder den USA übernehmen bereits Menschen die Arbeit der Bienen und und ziehen mit Pinseln und Federn bewaffnet aus, um ihre Apfel-, Birnen- oder Mandelbäume mit Pollen zu bestäuben.

Damit es bei uns gar nicht erst soweit kommt, hat Landwirtschaftsminister Christian Schmidt jetzt die Initiative „Bienen füttern“ ge­startet. „Wir brauchen mehr bienenfreundliche Pflanzen in unseren Gärten und auf den Balkonen“, so Schmidt, „wir alle können etwas tun für den Schutz der Bienen.“ Ziel sei, die Bevölkerung für die Bedeutung der Bienen zu sensibilisieren und mehr bienenfreundliche Blühpflanzen auf Balkone, Terrassen oder in die Gärten zu bringen. Minister Schmidt betonte: „Bienen sind nicht nur wichtig für die Honigproduktion, sondern auch für Ernteerträge und Artenvielfalt.“

Schmidt präsentierte eine sogenannte „Bienen-App“ für Smartphone-Nutzer. Damit kann der Pflanzenfreund nun noch leichter erkennen, welche Pflanzen gute Nahrung für Bienen sind. Die App bietet ein Lexikon mit über 100 Pflanzen, gibt Pflegetipps und klärt über Bienen, Hummeln und Co. auf. Nutzer können ihr Wissen mit einem Quiz testen. Wussten Sie, dass eine Biene pro Flug bis zu 300 Blüten anfliegt und einen Liter Blütennektar sammeln muss, damit am Ende 500 Gramm Honig zusammenkommen?

Da Monokulturen wie Raps Frühblüher sind, finden Bienen oft keine Nahrungsquelle, wenn diese Pflanzen am Frühlingsende verblüht sind. Da­her setzt das Ministerium auf die Hilfe privater Garten- und Balkonbesitzer, damit diese mit Spätblühern den Bienen im Sommer helfen. Ob so die düstere Prophezeiung vermieden werden kann, die Albert Einstein in den Mund gelegt wird? „Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, keine Menschen mehr.“ H. Tews


S. 22 Neue Bücher

Flucht in den Humor
Das Schicksal von e.o.plauen

Man sieht es den Bildergeschichten nicht an, unter welch harten Bedingungen sie entstanden sind. Luftig-leicht kommen sie daher und lassen beim Betrachter immer ein kleines, Lächeln entstehen: „Vater und Sohn“ von Kurt Erich Ohser. Schon sein Name sorgt für Verwirrung. Hieß der kreative Schöpfer nicht e.o.plauen?

Ja, das auch. Aber beginnen wir von vorn. Sein Vater hieß Ochse. Kein schöner Name. So ließ der alte Herr diesen dereinst in „Ohser“ umändern und zwar am 5. Juni 1900 sogar mit königlich-sächsischer Genehmigung in Merseburg. Kurt Erich wird 1903 geboren. 1909 zieht die Familie nach Plauen.

Wie der Mann zu einem weltberühmten Künstler mit sehr traurigem Schicksal wurde, ist nun nachzulesen in einer im Südverlag erschienenen Biografie von Elke Schulze. Mit geradezu leidenschaftlicher Begeisterung nimmt sich die Kunsthistorikerin des Künstlerlebens an und schafft es, mit den Lesern auf Zeitreise zu gehen. Immer hat man beim Betrachten des umfangreichen Bildmaterials das Gefühl, ganz privat im Nachlass dieses genialen Schöpfers zu stöbern. Wie in einer geheimen Schatulle, die man verstaubt im Schrank gefunden hat, durchforscht man ein Leben, das einem den Atem nimmt. So traurig, so schön, so spannend.

Ohser war eng mit dem Kinder- und Drehbuchautor Erich Kästner befreundet. Zusammen mit dem Schriftsteller und Re-gimekritiker Erich Knauf bilden sie die „Künstlerfreundschaft der drei Erichs“, die sich gegenseitig beflügelte und voller Humor und Schaffenskraft war. Ohser illustriert Kästners Bücher und bald schon brannten so auch seine Zeichnungen auf dem Opernplatz in Berlin, als Hitlers Schergen die Freiheit der Gedanken den Flammen übergaben.

Ohser war stets ein kritischer Zeichner. In der Weimarer Republik hatte er eindeutige Kritik an den Nationalsozialisten geübt. Das wurde ihm nicht verziehen. Da man sein Genie auch im menschenverachtenden Regime gebrauchen konnte, durfte er unter einem Pseudonym zeichnen. So entstand der Künstlername e.o.plauen, unter dem die später weltberühmten „Vater und Sohn“-Geschichten entstanden. 1934 brachte die „Berliner Illustrirte Zeitung“ die erste „Vater und Sohn“-Bildgeschichte heraus. Drei Jahre lang erschien Woche für Woche eine neue Folge zur Freude vieler Tausender Leser. Doch die Zeiten wurden härter.

Ohser und Knauf waren ausgebombt, lebten zusammen in Kaulsdorf am Rande Berlins. Ohsers Frau und sein Sohn konnten in Süddeutschland unterkommen. Das Denunziantentum griff um sich. Ideologisch verbrämt konnte sich auch ein Nachbar des Künstlers, der sich zuvor von ihm noch hatte porträtieren lassen, nicht bremsen. Er führte akribisch Buch über regimekritische Äußerungen des Zeichners und seines Freundes. Eines Tages zeigte er Ohser und Knauf bei der Gestapo an. Ohser nahm sich in der Nacht vor der Verurteilung in seiner Zelle das Leben. Knauf wurde wenig später hingerichtet. Im Dezember 1943 beschrieb Ohser in einem Brief das zerbombte Berlin: „Es ist unvorstellbar traurig, durch diese Straßenleichname zu gehen.“ Und an Frau und Sohn aus der Haft: „Ich flüster euer beider Namen oft ins Dunkle.“

Manchmal würgt es einen, wenn man auf Zeitreise geht.

Silvia Friedrich

Elke Schulze: „Erich Ohser alias e.o.plauen. Ein deutsches Künstlerschicksal“, Südverlag, Konstanz 2014, geb., 128 Seiten, 24 Euro


Mehr als 99 Tage
Friedrich III. prägte über ein Jahrzehnt Preußens Kulturpolitik

Jahrzehntelang schenkte die Geschichtswissenschaft Kaiser Friedrich III. (1831–1888), dem 99-Tage-Kaiser, vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit. 2011 erschien die erste wissenschaftliche Biografie über Fried-rich III. Deren Autor Frank Lorenz Müller hatte die ebenfalls 2011 publizierten Tagebücher des Kronprinzen von 1866 bis 1888 ausgewertet. Aufgrund dessen widersprach Müller der bislang vorherrschenden Auffassung, mit dem vergleichsweise liberal eingestellten Kaiser Friedrich III. auf dem preußischen Thron wäre alles anders und vieles besser geworden. Erstmals hat sich nun die Berliner Historikerin Katrin Wehry ausschließlich und grundlegend mit dem Wirken des Kronprinzen als Mentor der Kunst- und Kulturförderung in der jungen Hauptstadt Berlin befasst. Ihre Studie mit dem Titel „Kaiser Friedrich III. als Protektor der Königlichen Museen“ erschien 2013 als Beiheft zum Jahrbuch der Berliner Museen 2012.

Da Kaiser Wilhelm I. sich nicht für Kunstangelegenheiten interessierte, übertrug er seinem kulturinteressierten Sohn 1871 die Aufgabe eines Protektors der Berliner Museen, womit er zugleich bezweckte, ihn möglichst vom politischen Alltagsgeschäft fernzuhalten. Facettenreich und informativ beleuchtet Wehry Friedrichs Handeln auf den verschiedenen Aufgabenfeldern der Kulturförderung (Königliche Museen, die Ausgrabung in Olympia, Kunstgewerbe und Architektur), die zu Unrecht als politisch wenig relevant angesehenen wurde.

Die vorliegende Arbeit fußt auf umfassenden Quellenstudien. Zusätzlich hat Wehry Lebenserinnerungen und Biografien bedeutender Kunsthistoriker und Künstler ausgewertet und dazu den Einfluss von Friedrichs Ehefrau Victoria auf ihren Gatten bewertet. Tendenziell wurde die Kronprinzessin bislang immer als federführend bei den gemeinsamen Vorhaben des Kronprinzenpaares beschrieben. Das wird hier relativiert. Auch das Verhältnis der jeweiligen Generaldirektoren der Berliner Museen zum Kronprinzen hat die Autorin unter die Lupe genommen.

Wie sämtliche Protagonisten des damaligen Kulturbetriebs übereinstimmend bezeugen, widmete sich der Kronprinz von Anfang an mit großem Elan der ihm übertragenen Aufgabe, da er von dem erzieherischen Wert der Museen und ihrer Bedeutung für die Wissenschaft überzeugt war. Im Gegensatz zu früheren Forschungsarbeiten, die Friedrichs Tätigkeit für die Kultur aber nur nebenher und ansatzweise behandeln, hat die Autorin nachgewiesen, dass der Kronprinz an zahlreichen Projekten unmittelbar beteiligt war. Wenn er seinen politischen Status in die Waagschale legte, vergrößerten sich die Chancen, Großprojekte wie die Ausgrabung von Olympia (1875–1881) durchzuführen.

Doch ließ er bei bestimmten Entscheidungen Fachleuten den Vortritt, sofern seine eigene Kompetenz, etwa bei dem Ankauf von Gemälden, an ihre Grenzen stieß. Eines seiner wichtigsten Anliegen war die Vergrößerung der Sammlungen, um die einzelnen Museen stärker nach bestimmten Themenschwerpunkten auszurichten und die wissenschaftliche Ausrichtung der Museen zu fördern. Es besagt viel, dass Fried-rich durch die Art, wie er auftrat, eine gute Grundstimmung bei den Museumsmitarbeitern und Kulturschaffenden erzeugte, wofür sich aussagekräftige Belege fanden.

Die Autorin hat offenbar fast ausschließlich Positives über den Kronprinzen als Protektor der Museen, des Kunstgewerbes und, mit eingeschränkter Einflussmöglichkeit, bei den zahlreichen Bauvorhaben in Erfahrung gebracht. An der architektonischen Entwicklung in Berlin war Kronprinz Friedrich besonders interessiert. Bei öffentlichen Bauvorhaben setzte er sich für den Historismus und damit für einen Stilpluralismus ein, der auf ältere Stilrichtungen zurückgriff. Seine Meinung hatte bei den verantwortlichen Staatsbeamten und Architekten Gewicht.

In der kurzen Zeit seines Protektorats eröffnete Friedrich der Berliner Kulturpolitik eine neue Freiheit, die zur Grundlage für eine fruchtbare Entwicklung der Museen wurde, wovon auch die Wissenschaft profitierte, und zwar bis heute, wie Wehry betont. Hierin könne man das viel diskutierte „liberale Erbe“ des Kronprinzen sehen.

Dagmar Jestrzemski

Katrin Wehry: „Kaiser Friedrich III. als Protektor der Königlichen Museen. Skizze einer neuen Kulturpolitik“, Beiheft zum Jahrbuch der Berliner Museen 2012, Gebr. Mann Verlag, Berlin 2013, geb.,, zahlreiche Abbildungen, 132 Seiten, 118 Euro


Lobbyist, nicht Menschenfreund
Gründer der Helios Kliniken will Neuordnung des Gesundheitswesens

„Die nachfolgenden Vorschläge möchten einer vorbereitenden Diskussion und Meinungsbildung dienen.“ Mit diesem Allgemeinplatz beginnt der Autor des Buches „Gesundheit und Freiheit. Entwurf einer Gesundheitswirtschaft für freie Bürger“. Und eigentlich möchte man nach einem Blick in das Inhaltsverzeichnis und das Vorwort das Buch gelangweilt zur Seite legen. Noch so ein „Weckruf“ eines Mediziners, der seine Sicht der Dinge kundtut, so der erste Eindruck. Doch dann: „... dass die öffentliche Meinung diese Gedanken als Profilierungssucht eines ,Milliardärs‘ einordnen wird, sehe ich voraus.“ Milliardär? Und siehe da, der Autor des Buches ist Lutz Helmig, Gründer der Helios Kliniken, die er 2005 an Fresenius verkauft hat. Helmig ist nicht nur Mediziner, sondern auch Unternehmer, und da auch in der PAZ stets bemängelt wird, diese seien zu wenig an allgemeinen gesellschaftlichen Themen interessiert und würden sich nur um Lobbyinteressen kümmern, Vorhang auf für den Unternehmer Helmig! Da er vor einiger Zeit mit 2,1 Millionen Euro freiwillig die Schulden seiner Heimatgemeinde getilgt hat, kann man schließlich hoffen, dass hier nicht der Lobbyist Helmig, sondern der Weltverbesserer Helmig spricht.

Den Satz, „Das Gesundheitswesen ist leider ähnlich kompliziert wie unser Steuerwesen“, nimmt man auch ohne Detailkenntnisse über Gesundheitsfonds und Ähnliches sofort für bare Münze. Dass der Autor dann jedoch gleich zu Beginn des Buches anfängt, Seiten über Seiten über steuerliche Sonderregelungen im Gesundheitswesen zu lamentieren und beispielsweise volle Mehrwertsteuer auf alle medizinischen Leistungen fordert, irritiert außerordentlich. Ihm gelingt es nicht deutlich zu machen, warum er seine Ausführungen ausgerechnet mit diesem Detail beginnt. Zwar ist es verständlich, dass er als Privatwirtschaftler Privilegien von kommunalen Klinken abgeschafft sehen möchte, doch kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass hier der Lobbyist und nicht der Menschenfreund spricht.

Merkwürdig mutet auch Helmigs Meinung an, dass Sanitärzellen mit Duschen zwar eine nette, aber teure und unnötige Einrichtung seien. „In den gut belüfteten 25-Betten-Sälen, die deutsche Hygieniker um 1890 mit der Pavillonbauweise eingeführt hatten ..., wird man genauso schnell gesund.“ Außerdem führt er an, was er im Klinikbetrieb alles ausgliedern will, und er möchte Unfälle infolge von Extremsportarten und künstlicher Befruchtung aus den Leistungen der Krankenkassen herausnehmen. Zudem will er eine Bürgerversicherung einführen und statt Einzelpraxen auf Fachärztezentren setzen.

Nach der Lektüre ist man froh, dass Helmig nicht in die Politik gegangen ist, denn die meisten seiner Ausführungen riechen stark nach Lobbyismus. Bel

Lutz Helmig: „Gesundheit und Freiheit. Entwurf einer Gesundheitswirtschaft für freie Bürger“, IFB Verlag Deutsche Sprache, Paderborn 2013, geb., 116 Seiten, 16 Euro


Verlaufen auf dem Pfad der Politischen Korrektheit
Mit der Übernahme der Kollektivschuldthese verriet die Evangelische Kirche in Deutschland eigenen Ansatz

Auf dem Buchdeckel prangen Bild und Name von Martin Luther. Doch wird aus Luthers Fundus eigentlich nur das Zitat aufgegriffen: „Die Führung des Staates muss nicht heilig sein, auch seine Regierung braucht keine christliche zu sein. Es genügt völlig, dass im Staat die Vernunft herrscht.“ Die „Zivilreligion“ der deutschen Nachkriegszeit nun verrät nach Meinung des Autors Karl Richard Ziegert diesen Ansatz, indem sie unter maßgeblicher Mitwirkung der Institutionen der evangelischen Kirche die Kollektivschuld des deutschen Volkes an den Verbrechen der NS-Zeit postuliert und darauf eine nicht enden wollende „Vergangenheitsbewältigung“ aufbaut hat, damit die Bundesrepublik eine „staatlich organisierte Antithese zur Nazi-Diktatur“ sei. Hier fordert Ziegert eine „Entmythologisierung“, da sonst alles auf ein düsteres Zukunftsszenario hinausläuft: „… der damit (mit der Zivilreligion) begründete und seit längerem nun auch transnational ausgreifende neue deutsche Staatsidealismus ist nicht einmal einen Schritt weit entfernt vom Abgrund der totalitären Versuchung, in dem jede Art selbstbezüglicher Hypermoral untergehen muss, die ihre Begrenztheiten nicht mehr wahrnimmt – und die dann auch kein Hindernis mehr sein kann für Unrecht, Gewalt und Unmenschlichkeit.“

Dieses Anliegen des Autors wird in einem kirchlich-theologischen und einem politischen Teil ausgebreitet. Das geschieht in einem hochkonzentrierten, mit abstrakten Begriffen überladenen Stil von mitunter schwerer Lesbarkeit – was nicht heißen soll, dass der Autor nicht jederzeit eine klare Aussage träfe. Aber er schreibt für Fachleute intellektueller evangelischer Kirchenarbeit, da er selbst sein Berufsleben lang in deren rheinland-pfälzischer Organisation gearbeitet hat. So gerät der Leser an den Satz von Karl Barth, dass die Dogmatik die Wissenschaft von den Lehren der Offenbarung sei, ohne darauf hingewiesen zu werden, dass es Theologen gibt, die darin zu viel an menschlichem Erkenntnisanspruch sehen. Der Gedanke des Mircea Eliade von der „Dialektik der Hierophanie“, aus dem sich ergebe, dass „Religionen nicht selten an denjenigen Kuren sterben, die sie sich selbst zur Lösung selbsterzeugter Entscheidungssituationen verordnet haben“, sollte einem breiteren Publikum, das der Autor doch gewiss ansprechen will, genauer dargelegt werden.

Der Abschnitt „Jürgen Habermas und die Philosophie der Zivilreligion“ ist ohne ein Minimum an philosophischer Bildung, am besten bezogen auf das 20. Jahrhundert, nur mühsam lesbar. Der Fleiß des Autors im Zusammentragen und Kommentieren von Äußerungen, die seine These stützen, ist immens. Aber den geneigten Leser verliert er dabei ein wenig aus dem Auge.

Der Autor erwähnt auch, dass nach dem dramatischen Bedeutungsschwund, dem Verlust des kirchlichen Engagements und der kirchlichen Gebundenheit die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) etwa ab 1970 die Kollektivschuldthese übernahm. Aus der daraus folgenden Vergangenheitsbewältigung ergab sich eine bewusste Vernachlässigung des massiven Unrechts, das den Deutschen während des Krieges (terroristischer Bombenkrieg), am Ende und nachher (Vertreibungen) angetan worden ist. Nach Moral wurde nicht gefragt, da die Schuld-Zivilreligion inzwischen zur nicht zu hinterfragenden Grundlage aller Politischen Korrektheit hierzulande geworden war. Doch merke: Wenn die Kirche der Staatsräson nachläuft, dann zieht sie dabei schon seit der Reformationszeit den Kürzeren. Bernd Rill

Karl Richard Ziegert: „Zivilreligion. Der protestantische Verrat an Luther“, Olzog, München 2013, gebunden, 480 Seiten, 48 Euro


S. 23 Rautenberg Buchhandlung

Rautenberg Buchhandlung


S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Im totalen Krieg / Wie der Kampf um die Ukraine Deutschland erfasst, wie man Wehrkraftzersetzern beikommt, und wer bei uns das Sagen hat

Der Kampf um die Ukraine hat Deutschland voll erfasst. Der totale Krieg der Worte tobte durch alle Kanäle und Gazetten. Der zarte Erhard Eppler, einst Galionsfigur jener etwas undurchsichtigen Friedenbewegung der frühen 80er Jahre, muss­te sich beim Jauch von einem giftspeienden „Taz“-Redakteur vorhalten lassen, er plane so etwas wie einen zweiten Hitler-Stalin-Pakt samt „Geheimem Zusatzprotokoll“, nur dass er im Unterschied zu „Führer“ und Stalin nicht Polen, sondern die Ukraine zerreißen wolle.

Ja, wir sind im Krieg. Woran wir das merken? Ganz einfach: Solange Frieden herrscht, sind die, die den Frieden erhalten wollen, die Guten. Im Krieg sind die Friedensschwafler dagegen nichts als wehrkraftzersetzender Dreck, den man mit aller Wortgewalt aus der Debatte fegen muss. Und gewalttätiger als „irgendwas mit Hitler“ geht nicht. Der NS-Führer ist die Wunderwaffe im Debatten-Endkampf.

Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns den Hitler warmhalten. Wer es über sich bringt, mal ein paar Tage intensiv fernzusehen, traut seinen Augen nicht: Der „Führer“ und seine Partei sind nahezu allgegenwärtig, 69 Jahre nach beiderlei Hinscheiden. Ein paar Leute haben das jetzt mal genauer untersucht und herausgefunden, dass der Mann durchschnittlich zweimal am Tag mit einem TV-Beitrag gewürdigt wird.

Und dabei geht es nicht um die mickrigen Anderthalb-Minuten-Einspieler, mit denen Angela Merkel von den „Tagesthemen“ abgespeist wird. Nein, der Hitler bekommt jedes Mal eine richtige „Homestory“, wo man auch erfährt, wie er so lebte und mit wem, was er gegessen hat und wann er aufstand (spät) – der „ganze Mensch“ eben. Bei dieser Allgegenwart ist es kein Wunder, dass er sofort zur Stelle ist, wenn es gilt, den Meinungsstreit zum verbalen Vernichtungskrieg hochzuhetzen.

Im Krieg zählen Informationen zu den wichtigsten Waffen. Deshalb muss man sehr gewissenhaft mit ihnen umgehen. Unsere Staatsmedien leisten hier Vorbildliches. In Odessa, so berichteten sie, seien mehr als 40 Menschen ums Leben gekommen, weil das Gebäude, in das sie sich geflüchtet hatten, von ihren Gegnern in Brand gesetzt worden sei.

Nur einmal habe ich einen Berichterstatter dabei ertappt, wie er petzte, wer da wen auf dem Gewissen hat: Freunde der Kiewer Regierung hatten prorussische Ukrainer auf diese grausige Weise in den Tod geschickt. Eine ganz unglückliche Nachricht, schließlich sind die „Majdan-Ukrainer“ doch die Guten und die Russen die Bösen.

Also kamen die Senderchefs überein, Täter und Opfer des Massakers besser wegzulassen bei allen weiteren Berichten. Tagelang hörten wir jetzt nur noch von dem Vorfall, aber nichts mehr von der Zugehörigkeit der Urheber. Bravo! So gewinnt man Kriege an der Heimatfront.

Stellen wir uns nur vor, die Sache wäre umgekehrt gewesen: Pro-Russen hätten Majdan-Anhänger verbrannt. Das wäre ein Fressen geworden: „Putins Mordgesellen zeigen in Odessa ihr wahres Gesicht!“, „Die blutigen Früchte der Kreml-Propaganda!“ und ähnlich markerschütternde Schlagzeilen wären uns rund um die Uhr um die Ohren geflogen. Die Zahl der Sondersendungen hätte am Ende noch die Hitler-Storys in die zweite Reihe verwiesen. Und „Putin-Versteher“ wie den Eppler hätten wir an den Pranger der „geistigen Mitschuld“ genagelt, wo die nie wieder runtergekommen wären: „Haben Sie etwa Odessa vergessen?“ Ja, „Odessa“ hätten wir zum Allzweck-Kampfbegriff aufgepumpt, mit dem man jede Debatte sekundenschnell auf Linie biegen kann, fast wie mit „Hitler“.

Tja, schade. Da nun alles ganz anders gewesen ist, war demagogische Finesse gefragt. So bastelten die Kollegen die Nachricht in die Odessa-Berichte, dass vor dem Feuer „prorussische Separatisten“ eine Gruppe Ukrainer „angegriffen“ hätten, worauf die Sache dann eskaliert sei. Da ja nicht mehr erwähnt wurde, wer bei der „Eskalation“ auf der Strecke blieb und wer das auf dem Gewissen hat, musste der arglose Zuschauer schließen: Schuld sind dann wohl die „Separatisten“.

Alles Lügner? Na, na: Es geht beim Krieg gegen Putin schließlich um die Verteidigung der westlichen Werte wie beispielsweise der Pressefreiheit. Ja, Zensur wie in Moskau gibt es bei uns nicht. Hier heißt das „redaktionelle Verantwortung“.

Wir sind nämlich ein offenes Land, in dem alle Meinungen frei geäußert werden können, ätsch, ihr blöden Russen. Selbst unbequeme Querdenker und Provokateure kommen bei uns zu Wort. Sogar der „umstrittene“ Bestseller-Autor Akif Pirinçci wurde bereits in drei Talkshows eingeladen: Zu „Günther Jauch“, zu „3nach9“ und in das SWR-„Nachtcafé“. Haben Sie ihn da gesehen? Nein?

Nun ja, ging auch gar nicht: Nach seiner Einladung wurde er von jeder der drei Runden wieder ausgeladen. Wahrscheinlich bekam die Senderleitung von der Einladung Wind und übte danach ihre „redaktionelle Verantwortung“ aus.

Ärgerlicherweise gibt es heute das Internet, das Pirinçci benutzt (oder sollte man sagen: missbraucht?) hat, um die Realsatire mit den Ein- und Ausladungen unters Volk zu streuen. Jetzt ist das ein bisschen peinlich. Da hatte es Goebbels leichter: Mein Radio, meine Zeitungen, meine Wochenschau, Punkt.

Journalisten und andere Pfleger der politischen Kultur bejammern das Internet schon länger und beklagen einen „Verfall der journalistischen Sitten“ durch das Netz, weil dort jeder Heini frei veröffentlichen könne. Was die Meinungswächter meinen: Ohne die Marodeure im Internet hätten wir einen Sarrazin oder einen Pirinçci einfach durch Nichtachtung versenkt, weil wir allein bestimmen könnten, was wovon die Deutschen erfahren. Zur AfD wäre es auch nicht gekommen, die Leute hätten schlicht nichts davon mitbekommen. Und wenn, dann so, wir erinnern uns: Beim ersten AfD-Treffen vor über einem Jahr bei Frankfurt hatten die Kollegen vom Hessischen Rundfunk solange gewartet, bis annähernd alle Teilnehmer gegangen waren. Erst dann schalteten sie die Kamera ein und filmten die Parteigründer vor dem fast leeren Saal, der eben noch von mehr als 1200 Interessenten übergequollen war. Einen Strich durch die Rechnung machte abermals das leidige Internet: Dort kursierten überall Bilder von dem vollen Raum und blamierten die TV-Macher.

Wie soll man der neuen Dreistigkeit des Pöbels bloß begegnen? Mit Festigkeit: In Leipzig hatten unter Führung einer CDU-Stadträtin 10000 Bürger per Unterschrift eine Initiative gegen einen Moschee-Bau unterstützt. Ein Skandal! Bürgermeister Burk­hard Jung (SPD) beschimpfte die Bürger, nachdem sich glücklicherweise die NPD an die Aktion drangehängt hatte, als „Nazis“, von denen er keine Unterschriften entgegenehme. Überhaupt, alarmierten uns örtliche Medien, seien solche Initiativen „rechts­populistisch“. Einer Pro-Moschee-Initiative sagte Jung dagegen „von ganzem Herzen: Danke!“

Das war vor drei Wochen. Wer vor einer Woche noch mal nachschaute, war verblüfft: Das Blatt hatte sich um 180 Grad gewendet. Plötzlich hat auch Herr Jung „Bedenken“. Nanu? Hintergrund: Der Imam einer anderen Moslemgemeinde hat ihn vor den Betreibern der neuen Moschee, der Ahmadiyya-Gemeinde, gewarnt.

Urplötzlich tauchte auch die Sektenbeauftragte der Stadt auf und erzählte, sie habe ja schon seit Monaten „Bedenkliches“ über Ahmadiyya zusammengetragen. Jetzt soll alles nochmal geprüft werden.

Wir fassen zusammen: Wenn 10000 Bürger dieses Landes etwas nicht mögen, ist das im Zweifel rechtspopulistisch und scharf abzulehnen. Wenn ein einzelner islamischer Geistlicher genau das gleiche tut, spuren die Politik und ihre „Experten“ auf Zuruf. So muss es wohl aussehen, das „post-demokratische Zeitalter“.


MELDUNGEN / ZUR PERSON

Sprachkenntnis überflüssig

Luxemburg – Das deutsche Gesetz, wonach ausländische Ehepartner von in Deutschland lebenden Ausländern nur dann in die Bundesrepublik nachziehen dürfen, wenn sie ein Mindestmaß an Deutsch beherrschen, widerspricht angeblich dem EU-Recht. Dies behauptet Paolo Mengozzi, Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. In einigen Monaten wird der EuGH sein Urteil sprechen. Er folgt dabei für gewöhnlich den Empfehlungen seiner Generalanwälte. H.H.

 

Türkei: Christin regiert Stadt

Ankara – Im anatolischen Mardin, einer Stadt mit 82000 Einwohnern, hat mit der 25-jährigen Fabriona Benno erstmals seit 20 Jahren wieder ein Christ das Amt eines Bürgermeisters in der Türkei angetreten. 1994 war der bislang letzte christliche Bürgermeister des Landes, Sükrü Tutus, ermordet worden. Das Schicksal ihres Kollegen schreckt die Aramäerin offenbar nicht. H.H.

 

Adams blutiger Sündenfall

Zöge man Parallelen zur Ukraine, wäre der nordirische Politiker Gerry Adams – je nach Standpunkt – entweder Separatist oder Freiheitskämpfer. Als Anführer der Partei Sinn Fein, der er seit 31 Jahren vorsteht, setzt sich der im Belfaster Katholiken-Ghetto aufgewachsene 65-Jährige für die Abspaltung Nordirlands vom Königreich Großbritannien ein und wird dafür von der katholischen Bevölkerung als Freiheitsheld verehrt.

Dass bei solchen Helden auch mal Blut an den Fingern klebt, zeigt ein Blick nach Osteuropa. Jetzt wurde Adams verhaftet, weil er vor 40 Jahren den Mord an einer zehnfachen Mutter in Auftrag gegeben haben soll, da sie mit den Briten kollaborierte. Drei Wochen vor der gleichzeitig mit der Europawahl stattfindenden Kommunalwahl sprach die Sinn Fein von einer politisch motivierten Festnahme. Den nordirischen Politiker Adams, den man auch „Teflon Gerry“ nennt, weil man ihm nie etwas nachweisen kann, kam jedenfalls nach vier Tagen wieder frei.

Doch so ganz sicher sollten sich weder er noch seine Parteifreunde fühlen. Im Rahmen eines Projekts zur „mündlichen Geschichte“ („oral history“) hat die Universität Boston ein Archiv mit Tonbandaufzeichnungen von Zeitzeugten des nordirischen Bürgerkriegs angelegt. Die Aussagen werden bis zum Tod der Befragten unter Verschluss gehalten. Nach dem Tod eines dieser Belastungszeugen kam nun Adams in Bedrängnis, und es ist damit zu rechnen, dass auch andere Mitglieder der Sinn Fein demnächst Besuch vom Staatsanwalt erhalten. Die Sinn Fein verstand sich stets als politischer Arm der IRA. Doch die Grenzen sind wie beim Freiheitshelden (oder Separatisten?) Adams fließend, dem wiederholt vorgeworfen wird, ein führender Kopf der IRA gewesen zu sein, was „Teflon Gerry“ stets leugnete. Harald Tews


MEINUNGEN

Ottfried Nassauer nennt im Wehrmagazin „Loyal“ (Mai-Ausgabe) die Profiteure der Ukraine-Krise verblüffend offen beim Namen:

„Aus US-amerikanischer und britischer Sicht bietet der Konflikt ebenfalls Chancen für eine längerfristige Absicherung der eigenen Interessen. Beide Länder hoffen, den Primat der Nato in der europäischen Sicherheitspolitik gegenüber der Europäischen Union auf längere Sicht absichern und Tendenzen zu einer größeren Eigenständigkeit der EU eindämmen zu können. Die Krise schwächt derweil jene, die wie Deutschland für eine strategische, wirtschaftliche und politische Kooperation mit Russland eintreten.“

 

 

Bettina Röhl kritisiert in der „Wirtschaftswoche“ (29. April) die Rede von Bundespräsident Joachim Gauck in der Türkei:

„Primitiv und wenig sachdienlich ist es, wenn auch der Bundespräsident ... zum Thema der Integration der Menschen, die aus der Türkei nach Deutschland gekommen sind und kommen, nichts anderes zu bieten hat als in den stereotypen Singsang einzustimmen, dass die Deutschen, bei weitem nicht alle, für Integrationsprobleme die Verantwortung trügen, wohingegen die Migranten frei von Fehl und Tadel alles täten, was in ihrer Macht stünde, um die Integration zu einem großartigen Erfolg zu machen.“

 

 

Cora Stephan, als Autorin des Buches „Der Betroffenheitskult“ einer der ersten profilierten Kritiker der „Politischen Korrektheit“, knöpft sich auf ihrer Internetseite am 4. Mai die Vorgehensweise der Gegner von Sarrazin, Pirinçci und Co. vor

„Eines stimmt in seiner von Selbstmitleid verständlicherweise nicht ganz freien Anklage: es wird nicht mehr gestritten, es werden mit der sauren Miene magenkranker Religionsführer Bannflüche ausgesprochen. Man will den Feind erlegen, zur Not auch hinterrücks, nicht sich offenen Visiers mit ihm schlagen. Souveräner Umgang sieht anders aus.“

 

 

Altkanzler Gerhard Schröder wurde von Politikern und Journalisten mit Kritik überhäuft, weil er in St. Petersburg Wladimir Putin als Geburtstagsgast umarmt hat. Der Schriftsteller Martin Walser weist die Kritik im „Spiegel“ (5. Mai) zurück:

„Wenn Schröder so naiv bis beschränkt wäre wie diese Politiker und Journalisten, dann hätte er Putin eine harte, hohle Absage erteilt. Was er mit Putin besprochen hat, kann man sich vorstellen, wenn man daran denkt, dass er uns aus dem elenden Irak-Krieg herausgehalten hat, weil er weiß: Krieg ist schlechthin obsolet.“

 

 

Harald Schumann, Kommentator des Berliner „Tagesspiegel“ (6. Mai) sorgt sich, dass oppositionelle Parteien von der Inhaltsleere der Etablierten bei der EU-Wahl am 25. Mai profitieren könnten:

„Die debilen Slogans der deutschen Parteien zur Europawahl nützen am Ende rechten Populisten. Indem so getan wird, als ginge es bei dieser Wahl um nichts, rufen sie de facto zur Wahlenthaltung auf. Wenn das so weitergeht, könnte dieser Europawahlkampf der letzte sein.“