19.04.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Folge 37/14 vom 13.09.2014

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

AfD vor dem großen Sprung
Die Landtagswahlen diesen Sonntag werden Deutschland verändern

Der Siegeszug der AfD erscheint unaufhaltsam, der Untergang der FDP ebenso. Deutschland steht vor einem epochalen Wandel.

Das Parteiensystem der Bundesrepublik steht vor einem epochalen Umbruch. Nach den Triumphen bei der EU-Wahl und in Sachsen wird die AfD mit ihrem absehbaren Einzug in die Landtage von Brandenburg und Thüringen einen festen Platz im deutschen Parteiensystem erringen. Erstmals seit dem faktischen Untergang der „Deutschen Partei“ (DP) vor mehr als 50 Jahren wird die Union im Lager rechts der Mitte ernsthafte Konkurrenz bekommen.

Parallel dazu vollzieht sich das Siechtum der FDP. Noch trösten sich manche Liberale damit, dass es solche Einbrüche auch schon früher gegeben habe, 1982 etwa nach dem Bruch mit der SPD oder Ende der 90er Jahre am Ende der Kohl-Ära. Aber es gibt zwei Unterschiede: Die Krisen damals waren kurz, der FDP gelang jeweils ein schneller Wiederaufstieg. Ihr jetziger Niedergang indes geht bereits ins fünfte Jahr. Zudem haben marktwirtschaftlich orientierte Wähler, die einst zur FDP gingen, weil ihnen die Union zu sozialdemokratisch erschien, mit der AfD eine weitere, für viele wegen ihrer Haltung zur staatlich-zentralistischen Euro-Rettungspolitik zudem glaubwürdigere marktwirtschaftliche Wahlmöglichkeit.

Der Union gehen derweil die Beruhigungsparolen aus, mit denen sie die Gefahr kleinreden wollte. Die AfD sei eine Ein-Themen-Partei, hieß es lange. Deshalb werde sie bald wieder verschwinden. Nun zeigt sich bei Umfragen, dass es weniger Euro-Fragen als vielmehr die AfD-Positionen zur Zuwanderung oder zur Kriminalitätsbekämpfung sind, welche die meisten Deutschen zur Wahl der neuen Partei animieren.

Da ist es sicher kein Zufall, dass Angela Merkel im Brandenburger Wahlkampf plötzlich mehr Polizei für den von Kriminalität gebeutelten Grenzraum fordert. CSU-Chef Horst Seehofer spricht sogar von der Wiedereinführung von Grenzkontrollen, sollten die Nachbarstaaten den unkontrollierten Strom von Zuwanderern nach Deutschland nicht unterbinden. Kaum anzunehmen, dass diese jähe Zuspitzung der Positionen nichts mit dem Aufstieg der AfD zu tun hat.

Genau hier könnte die Aufgabe der jungen Partei in den kommenden Jahren liegen. Bis 2017 wird sie zwar nicht im Bundestag sitzen, wo die eigentlichen Entscheidungen getroffen werden. Schon ein Siegeszug der AfD durch die Länderparlamente aber könnte die übrigen Parteien auch auf Bundesebene zum Handeln zwingen.

Und das ist dringend nötig. Die Euro-Krise sei nur notdürftig verdeckt, warnen Experten. Sie werde mit ungekannter Härte wieder sichtbar werden. Die Kontrolle der Zuwanderung ist der Politik beinahe gänzlich entglitten. Die Energiepolitik taumelt ihrem Scheitern entgegen. Werden diese gravierenden Probleme nicht bald angegangen, könnten sie das Land aus den Angeln heben. Hans Heckel


Die wahre Teuerungsrate
Hartz-IV-Anpassung enthüllt, wie die Preise wirklich steigen

Das Arbeitslosengeld II, kurz „Hartz IV“ genannt, soll zum 1. Januar 2015 um acht Euro auf dann 399 Euro angehoben werden. Mit gut zwei Prozent steigt die Leistung wie in den Vorjahren erneut stärker als die Rente (West), die zur Jahresmitte um 1,67 Prozent erhöht worden ist.

Dies löst wie in der Vergangenheit Kontroversen aus. Die Zahl von Rentnern, die trotz eines arbeitsreichen Lebens nicht bessergestellt werden als solche, die kaum oder gar keine Beiträge in die Rentenkasse geleistet haben, wird damit abermals anwachsen.

Ein anderer Aspekt der Anpassung von Hartz-IV-Leistungen wird in der Debatte weitgehend ausgeblendet. Das Bundesverfassungsgericht hat die Politik dazu verpflichtet, dass Hartz IV immer das Existenzminimum abzudecken habe. Es ist davon auszugehen, dass die Regierung keinen Cent mehr an Erhöhung bewilligt, als für dieses Minimum unbedingt notwendig ist, schon wegen der unschönen Debatte um den Vergleich zur Rente.

Dies aber bedeutet, dass sich in der Hartz-IV-Erhöhung die untere Grenze der realen Teuerungsrate für die Masse der Bürger abbildet, die ihr Geld vor allem für Waren des alltäglichen Bedarfs ausgeben müssen. Die liegt demnach bei zwei Prozent. Dagegen beschwichtigt das Statistische Bundesamt die Deutschen damit, dass die Teuerungsrate dieses Jahr nur 1,1 Prozent betrage. Im vergangenen Jahr, als Hartz IV um 2,4 Prozent angehoben werden musste, soll die Rate 1,5 Prozent betragen haben.

Viele Deutsche bezweifeln die amtlichen Zahlen zur Preisinflation seit Längerem, da ihre tägliche Erfahrung an der Ladenkasse den offiziellen Daten widerspreche. Die Entwicklung der Hartz-IV-Sätze scheint ihrem Misstrauen recht zu geben. H.H.


Nötigung hat nichts gebracht
Verwaltungsgericht: Oranienplatz-Besetzer hat kein Aufenthaltsrecht

Das Verwaltungsgericht Berlin hat Zuwanderern, die durch Nötigung des Staates einen Aufenthalt erzwingen wollen, einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ein ehemaliger Bewohner des illegalen Flüchtlingscamps auf dem Berliner Oranienplatz, der über Italien nach Deutschland gekommen war, hatte einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen gestellt, den die Berliner Ausländerbehörde jedoch ablehnte. Dabei berief er sich auf das im März zwischen den Besetzern und dem Senat vereinbarte Einigungspapier. Darin hatten sich die Besetzer zur Räumung des Platzes verpflichtet. Im Gegenzug sicherte ihnen der Senat zu, ihre politischen Forderungen zu unterstützen und „auf Antrag eine umfassende Prüfung der Einzelverfahren im Rahmen aller rechtlichen Möglichkeiten“ durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht folgte der Auffassung der Ausländerbehörde, dass der Kläger aus dem Papier keine Rechte herleiten könne, da es keine Verpflichtung des Staates enthalte, Aufenthaltstitel oder nach Ablehnung eines Aufenthaltserlaubnisantrages Duldungen zu erteilen. Es lägen auch weder humanitäre Gründe noch Duldungsgründe im Sinne des Aufenthaltsgesetzes vor.

Die Flüchtlinge hatten rund eineinhalb Jahre auf dem Oranienplatz campiert, um ein Bleiberecht zu erzwingen. Die rechtlich gebotene Räumung des Platzes scheiterte vor allem am Widerstand des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit. Die Einigung wurde von beiden Seiten als Erfolg gefeiert. Doch der einzige Erfolg ist der, dass die unhaltbaren Zustände auf dem Oranienplatz beseitigt sind. Denn einerseits ist der Rechtsstaat beschädigt worden und andererseits haben die Besetzer, wie das Urteil zeigt, nichts gewonnen. J.H.

(siehe Leitartikel und auch S. 3)


Jan Heitmann:
Total verbockt

Wer als Zuwanderer dem Staat durch die illegale Besetzung eines öffentlichen Platzes ein „Einigungspapier“ abringt, erhält dadurch weder einen Aufenthaltstitel noch eine Duldung. Diese Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts ist zu begrüßen, macht sie doch deutlich, dass sich der Staat letztendlich nicht nötigen lässt. Das Urteil hat aber einen negativen Beigeschmack, denn wieder einmal musste die Justiz richten, was die Politik total verbockt hat. Richtig wäre es gewesen, wenn der Senat den Platz sofort durch die Polizei hätte räumen und die nicht asylberechtigten Personen abschieben lassen, statt dort über lange Zeit einen rechtsfreien Raum zu dulden. Die mit den Besetzern erzielte Einigung kommt einer Kapitulation des Rechtsstaates gleich.

Den ehemaligen Oranienplatz-Besetzern, die durch die Einigung nur vermeintlich Rechte erworben haben, stehen nun der Rechtsweg und die Anrufung von Petitionsausschüssen sowie Härtefallkommissionen offen. Darüber gehen Jahre ins Land. Vertane Jahre für die Betroffenen. Profitieren tun davon vor allem die Asyllobby, Flüchtlingsinitiativen und geschäftstüchtige Rechtsanwälte. Die Befürworter dieses Systems rechtfertigen es als rechtstaatlich und human. Rechtsstaatlich ist es gewiss, aber nicht human. Jeder Schritt weckt bei den Antragstellern neue Hoffnungen, die indes aus rechtlichen Gründen überwiegend auf tönernen Füßen ruhen. Denn am Ende steht zumeist die Abschiebung oder die Duldung als randständige Existenz, die keine Lebensperspektive bietet. Ein vereinfachtes und zügiges Asylverfahren liegt nicht nur im Interesse des Aufnahmestaates, sondern auch in dem der Betroffenen.


S. 2 Aktuell

Warnung vor den eigenen Leuten
Ex-US-Geheimdienstler warnen die Bundeskanzlerin auch vor Gutgläubigkeit gegenüber der Nato

Sieben ehemalige Regierungs- und Militärmitarbeiter der USA haben in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel vor einem großen Krieg gewarnt, der durch die Entwicklung in der Ukraine droht. Mit zu den Unterzeichnern gehören der ehemalige NSA-Technikdirektor William Binney, aber auch Ray McGovern, der für die CIA 27 Jahre lang insgesamt vier US-Präsidenten die morgendliche Nachrichtenlage aus Geheimdienstsicht vortrug.

Nach Ansicht der „Veteran Intelligence Professionals for Sanity“ hat sich die Gefahr eines Ausdehnens von Feindseligkeiten über die Grenzen der Ukraine hinweg inzwischen beträchtlich vergrößert. Gewarnt wird insbesondere vor Geheimdienstinformationen „die wir für gefälscht halten“, so die Veteranen. „Wir haben erhebliche Erfahrung mit der Sammlung, Analyse und Berichterstattung zu jeder Art von Satellitendaten und anderem Bildmaterial sowie anderer Arten nachrichtendienstlicher Quellen. Es soll hier ausreichen, deutlich zu machen, dass die am 28. August von der Nato veröffentlichten Bilder eine sehr fadenscheinige Grundlage dafür bilden, Russland eine Invasion der Ukraine vorzuwerfen. Traurigerweise haben sie starke Ähnlichkeit mit den Bildern, die am 5. Februar 2003 von Colin Powell vor den Vereinten Nationen gezeigt wurden und die ebenfalls nichts bewiesen.“

Angezweifelt wird in dem Schreiben auch ganz direkt die Glaubwürdigkeit des Nato-Generalsekretärs Anders Fogh Rasmussen. „Wir haben den Eindruck, dass Rasmussens Reden in Wa­shington entworfen werden.“ Erinnert wird an die inzwischen fast vergessene Rolle, die Rasmussen noch als dänischer Regierungschef im Vorfeld des zweiten Irakkrieges gespielt hat. „Der Irak hat Massenvernichtungswaffen. Wir glauben das nicht nur, wir wissen es“, so Rasmussen damals. Tatsächlich wurden die Massenvernichtungswaffen jedoch nie gefunden.

Klartext sprechen die Veteranen ebenso mit Blick auf die Führung in Kiew. So machen die Ex-Geheimdienstler darauf aufmerksam, dass die Berichte von einer russischen Invasion just dann aufgetaucht sind, als militärische Niederlagen der Regierungstruppen in der Ostukraine nicht mehr zu verbergen waren. „Exakt in diesem Augenblick wurden die verschwommenen Aufnahmen von der Nato veröffentlicht, und Reporter wie Michael Gorden von der ,New York Times‘ wurden von der Leine gelassen, um zu verbreiten, dass ,Die Russen kommen‘.“ Ebenso enthält der Text eine Empfehlung an Kanzlerin Merkel: „Unserer Ansicht nach muss Poroschenko und Jazenjuk ganz klar gesagt werden, dass eine Mitgliedschaft in der Nato nicht infrage kommt – und dass die Nato keinen Stellvertreterkrieg gegen Russland führen wird – und besonders nicht zum Unterstützen der Lumpenarmee der Ukraine. Anderen Mitgliedern der Nato muss das ebenfalls gesagt werden.“

Die Skepsis der Ex-Geheimdienstler in Sachen „russischer Invasion“ wird gestützt durch eine Einschätzung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), derzeit wohl der Beobachter, dem man die größte Objektivität zutrauen kann. „Die OSZE hat aufgrund ihrer Beobachtungen keine Hinweise auf eine Präsenz von russischen Truppen auf ukrainischem Boden“, so Roland Bless, der Sprecher des vorsitzführenden OSZE-Landes Schweiz in einem Bericht der „Deutschen Wirtschafts Nachrichten“ vom 1. September. Insgesamt hat die aus der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) hervorgegangene Organisation mit ihren 57 Mitgliedsländern in der Ukraine ein Netz von 250 Beobachtern aufgebaut und dürfte damit wohl ebenso ein neutrales wie umfassendes Lagebild liefern. Umso erstaunlicher ist, dass zahlreiche westliche Medien nicht die Einschätzung der OSZE erwähnten, sondern stattdessen den Eindruck erweckten, reguläre russische Truppen samt Panzerverbänden seien in die Ostukraine einmarschiert.

Dass sich in der Ukraine-Berichterstattung erstaunlich viele Meldungen im Nachhinein als journalistische „Räuberpistolen“, also Fehlinformationen, entpuppen, dürfte indes kein Zufall sein. Wie aus einem Bericht des englischsprachigen Fachjournals „mediabistro“ vom März hervorgeht, ist auf Seiten der ukrainischen Regierung eine der weltweit größten PR-Agenturen tätig. Mitfinanziert von einem Fonds des Großspekulanten George Soros betreibt die ukrainische Tochter der PR-Agentur Weber Shandwick Interpublic Group das „Ukrainian Crisis Media Center“, bei der sich ein Großteil der westlichen Medien „informiert“. Bei Weber Shandwick mit Hauptsitz in New York handelt es sich um eine der renommiertesten PR- und Werbeagenturen weltweit. Auf der Kundenliste stehen Namen wie die Deutsche Telekom und die EZB. Den meisten Verbrauchern dürfte die Agentur wohl über die sehr erfolgreiche Werbekampagne für Toyota („Nichts ist unmöglich“) mit sprechende, Affen bekannt sein. Das Faible für diese Tiere scheinen die Medienprofis bei Weber Shandwick mit Mitgliedern der Kiewer Regierung zu teilen. Auch diese sprechen gegenüber westlichen Medien mit Bezug auf die pro-russischen Separatisten auffällig oft von „Putins Gorillas“. Norman Hanert


Vor der politischen Wende
Neues Stockholmer Parlament: Schwedendemokraten stehen gut da

In Schweden zeichnet sich mit der bevorstehenden Reichstagswahl am 14. September eine politische Wende ab: Das regierende bürgerlich-liberale Lager verliert in Umfragen die Gunst der Wähler, Rot-Grün gewinnt kaum Stimmen hinzu. Das eröffnet den aufsteigenden Schwedendemokraten (SD) die Chance, drittstärkster Block im Parlament zu werden.

Die Stimmung im einstigen skandinavischen Musterstaat ist angespannt: Vor einigen Tagen beendete ein Einsatz berittener Polizei eine linke Demonstration. Selbst einfache Fahrzeugkontrollen lösten jüngst in südschwedischen Zuwanderungsbrennpunkten offene Gewalt gegen die Polizei aus. Die Kriminalitätsrate steigt in manchen Bereichen dramatisch. Die Herkunft der Täter, auf deren Konto die zunehmenden Vergewaltigungen gehen, ist ein kaum noch medial zu bemäntelndes Geheimnis. Nun rief Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt von der Moderaten Sammlungspartei angesichts massiver Zuwanderung und damit verbundener rapide steigender Kosten die Bürger auf, die „Humanitäre Großmacht Schweden“ zu stärken. Gleichzeitig sackte der Bildungssektor des Landes in der jüngsten Pisa-Studie ab, schlagen die von der Regierung vorgenommenen sozialen Einschnitte auf die Bevölkerung durch: Altersarmut entsteht.

Die Arbeitslosigkeit ist unter dem Bündnis von sechs auf acht Prozent gestiegen, die Jugendarbeitslosigkeit um fast vier Prozentpunkte auf knapp 24 Prozent. Mit Blick auf die von Schwedens Migrationsbehörde jetzt von 57000 auf 80000 nach oben korrigierte Zahl der für dieses Jahr erwarteten Zuwanderer kündigt Reinfeldt weitere Einschnitte an: „Es werden umfassende Kosten auf uns zukommen, um diese Menschen aufzunehmen. So umfassend, dass es weitere Restriktionen im Bereich dessen geben wird, was öffentlich finanziert werden kann. Deshalb verspreche ich in diesem Wahlkampf nichts, es wird dafür keine Deckung geben.“

Auch 100000 Zuwanderer sind dieses Jahr nach Expertenschätzungen möglich – bei einer Gesamtbevölkerung von rund 9,6 Millionen. Schwedens staatliche Migrationsbehörde hat dieses Jahr bereits eine Haushalt von 25 Milliarden Kronen, umgerechnet 2,7 Milliarden Euro, fordert aber zusätzliche 5,2 Milliarden Euro für die nächsten vier Jahre. Die etablierten Parteien sehen keine Alternative zu diesen exponentiell steigenden Ausgaben – 2006 betrugen die jährlichen Gesamtkosten noch umgerechnet 870 Millionen Euro. Die SD fordern hingegen eine Kehrtwende: Massenzuwanderung begrenzen und so bis 2018 rund 16,5 Milliarden Euro sparen. Das Geld soll für Renten und eine Reform der Arbeitslosenversicherung genutzt werden.

Während Schwedens Medien noch über den möglichen Einzug der Feministen über die Vier-Prozent-Hürde philosophieren und damit über neue Chancen für ein linkes Bündnis, gewinnen die SD laut einer Umfrage der schwedischen Meinungsforscher Novus vom 2. September am deutlichsten von allen Parteien hinzu: 10,6 Prozent der Stimmen (plus 1,7 im Vergleich zur letzten Umfrage) könnten sie erlangen. Sie kamen 2010 mit 5,7 Prozent der Stimmen ins Parlament und stellen dort 20 von 349 Abgeordneten. SV


Lähmendes Tabu
Freiburg leidet unter Ausländerkriminalität

Das südbadische Freiburg, das als Hochburg der Grünen schlechthin gilt, sieht sich einem regelrechten Realitätsschock ausgesetzt. Die Stadt unweit des Elsass und der Grenze zur Schweiz wird bereits seit geraumer Zeit von einer Welle der Kriminalität durch Jugendliche mit Immigrationshintergrund heimgesucht. Vor allem Nordafrikaner begehen auf offener Straße Überfälle, rauben von Passanten Geld und Handys, drohen mit körperlicher Gewalt und wenden diese auch an.

Als Folge breitet sich auch im beschaulichen Freiburg ein Phänomen aus, das sonst nur aus Großstädten bekannt ist. So gibt es inzwischen Stadtteile, sogenannte „No-Go-Areas“, die spätestens nach Einbruch der Dunkelheit von normalen Bürgern tunlichst gemieden werden. Polizei und Justiz scheinen der Kriminalitätsentwicklung weitgehend hilflos gegenüberzustehen, denn viele der Taten gehen auf minderjährige „Flüchtlinge“ aus dem nordafrikanischen Raum zurück, die nicht strafmündig sind und deswegen nicht belangt werden können.

Hinzu kommt das in der Öko-Vorzeigestadt („Grün, grüner – Freiburg“) vorherrschende Klima von Political Correctness. Etablierte Politiker wie auch ein beachtlicher Teil der Einwohner Freiburgs tun sich schwer damit, das Problem grassierender Ausländerkriminalität zur Kenntnis zu nehmen und auch als solches zu benennen. „Die Stadt, seit jeher geprägt von einem liberalen Selbstverständnis, wirkt wie paralysiert“, so die Einschätzung der „Badischen Zeitung“.

Als Folge steht Freiburg inzwischen in dem Ruf, der „kriminellste Flecken Baden-Württembergs“ zu sein. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl passieren in der südbadischen Stadt inzwischen fast 20 Prozent mehr Straftaten als in Städten wie Mannheim, Karlsruhe und Stuttgart. Zu befürchten ist unter diesen Bedingungen ein weiteres Anwachsen des Problems. Für viele Nordafrikaner, die aus Italien oder Frankreich kommen und nach Deutschland wollen, scheint das grenznahe Freiburg weiterhin eine bevorzugte Anlaufstation zu sein. N.H.


MELDUNGEN

Geflügelte Hilfe für den Irak

Frankfurt am Main – Die Hilfsorganisation „Luftfahrt ohne Grenzen – Wings of Help“ hat fünf Sattelzüge mit Hilfsgütern in den Irak entsandt. Damit erfüllt sie die Bitte des Bürgermeisters von Erbil um Zelte, Lebensmittel und Hygieneartikel. In der nordirakischen Stadt haben über 300000 Menschen Zuflucht vor der Terrormiliz IS gefunden. Die Flüchtlinge leben unter schlimmen Bedingungen in Garagen, Bauruinen, Rohbauten und sogar im Freien. Unter dem Motto „Wir breiten weltweit unsere Flügel aus, um Menschen in Not zu helfen“ hat sich der gemeinnützige Verein die Versorgung notleidender Menschen nach Natur- und humanitären Katastrophen sowie den Transport medizinischer Notfälle aus aller Welt nach Deutschland zur Aufgabe gemacht. J.H.

 

Gabriel holt Vertrauten

Berlin – Viele Beobachter hatten von Anfang an vermutet, dass SPD-Chef Sigmar Gabriel seinen Vertrauten Matthias Machnig nicht fallen lässt und nun bestätigte sich diese Annahme. Der Ende 2013 auf Druck der Öffentlichkeit von seinem Amt als Wirtschaftsminister in Thüringen zurückgetretene Soziologe wird zum 1. Oktober Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, das unter der Leitung von Gabriel steht. Bereits vor Jahren war Machnig Staatssekretär unter Gabriel, als dieser noch Umweltminister war. Aus dieser Zeit stammt auch der Stein des Anstoßes, der Machnig sein Amt in Thüringen gekostet hat. Er bezog nämlich neben seinem Ministergehalt auch noch Versorgungsbezüge aus seiner früheren Tätigkeit als Staatssekretär im Bundesumweltministerium. Und auch in den letzten Monaten hat Gabriel den 54-Jährigen nicht unversorgt gelassen, denn Machnig leitete für die SPD den EU-Wahlkampf. Bel


S. 3 Preussen/Berlin

Zuwanderer: Berlin kollabiert
Erstaufnahme wegen Ansturms tagelang geschlossen – Haushaltssperre in Kreuzberg

Durch unklare Positionen haben SPD, CDU und Grüne die Hauptstadt in eine katastrophale Zuwanderer-Notlage manövriert. Nun kapitulieren sie vor dem selbstgeschaffenen Ansturm und wollen das Problem weiterreichen.

Berlins Zuwanderungspolitik kollabiert: Der Senat hat die zentrale Erst­aufnahmestelle des Landes jetzt wegen des allgemeinen Andrangs von Zuwanderern geschlossen. Stillschweigend hofft Rot-Schwarz, der Zustrom werde auf benachbarte Bundesländer ausweichen, doch auch Brandenburg hat keine Kapazitäten mehr. Die Berliner Polizei muss das politische Versagen auffangen. Weil die Einsatzhundertschaften (EHus) sich um die Zuwanderer kümmern müssen, herrscht dort diese Woche „Stillstand“, ist also keine Verstärkung bei großen Razzien und Polizeieinsätzen möglich.

Das Nachgeben des Senats am Oranienplatz zahlt sich nicht aus. Seit Berlin mit Zusagen im April die dortige freiwillige Räumung des von Zuwanderern besetzten Platzes erkaufte, drängen immer mehr nach Berlin. Ende August hat die Stadt die „freiwillig“ gezahlte Sozialhilfe von 362 Euro an die einstigen Besetzer eingestellt, fordert 108 von ihnen zum Verlassen ihrer Wohnheime auf. Die Prüfung ihres Asylbegehrens in Berlin sei abgeschlossen und sie sollten in die Bundesländer zurückkehren, wo sie als Asylsuchende registriert seien, hieß es lapidar. Großeinsätze für die Polizei und neue Besetzungen mit Hungerstreik folgten. Ein an Tuberkulose erkrankter Zuwanderer hat in der Nacht zum vergangenen Sonntag das Dach eines besetzten Hostels in Berlin-Friedrichshain verlassen. Auf eigenen Wunsch wurde er im Krankenhaus behandelt. Die Momentaufnahme zeigt, welche falsche Hoffnung Berlins Politik unter Zuwanderern weckt. Die letzten Besetzer räumten am Sonntagabend das Hostel in der Gürtelstraße, wohnen jetzt bei einem Pfarrer. Der „Nervenkrieg“, wie der „Tagesspiegel“ es nennt, ist aber keineswegs vorbei.

Nur so lassen sich die völlig chaotischen Zustände erklären, die jetzt in der zentralen Erstaufnahmestelle des Landes herrschen. Statt wie erwartet 10000 Zuwanderer im ganzen Jahr, kamen dort 1000 binnen zweier Tage an. Mittwoch vergangener Woche schloss der Senat die Einrichtung überstürzt, ohne Vorkehrungen für Asylsuchende zu treffen. Laut Senator Mario Czaja (CDU) ist der Ansturm schuld: 1047 Asylanträge gab es im Juli, 1145 im August. „Die Mitarbeiter kommen an ihre Grenzen, die Anträge abzuarbeiten,“ so der Senator.

Mehr Personal hilft auch nicht. Czaja gab an, 19 neue Mitarbeiter seien 2014 eingestellt worden: „Aber selbst wenn alle Mitarbeiter des Lageso (Landesamt für Gesundheit und Soziales) sich nur noch mit diesem Thema beschäftigen, wäre es nicht möglich, die Flüchtlinge weiterzuleiten.“ Als Lösung denkt der Senat über leere Gewerbeflächen und Wohncontainer nach, doch bis Anfang dieser Woche blieb erst einmal niemand zuständig und die Erstaufnahmestelle dicht. Die Asylsuchenden sollten zu Freunden und Verwandten gehen, riet Silvia Kostner, Sprecherin des Lageso. Wer das steuern soll, darauf wissen weder sie noch der Senat eine Antwort. Mehrere Hilfsorganisationen schufen vergangenes Wochenende zusätzliche Notunterkünfte, weitere folgten in dieser Woche.

Berlins Zuwanderungspolitik steht vor dem Zusammenbruch: Erst nachgeben, dann doch abschieben macht keinen Sinn. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg verhängte jüngst eine Haushaltssperre, weil die Kosten der von Zuwanderern seit Monaten besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule nicht mehr beherrschbar seien. „Das ist extrem unangenehm für uns“, sagte Sascha Langenbach, Sprecher von Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne). Herrmann hatte durch Duldung der am Oranienplatz lagernden Zuwanderer die Lage zugespitzt. Die Bezirksgrünen müssen nun einräumen, dass „die immensen Kosten, die wegen der Betreuung der Flüchtlinge in der Gerhart-Hauptmann-Schule angefallen sind und immer noch anfallen“ keinen anderen Schritt als das Einfrieren des Haushalts erlaubten. Damit ist der Bezirk handlungsunfähig – ein hoher Preis für den gescheiterten Versuch, eine neue Asylpolitik zu erzwingen. Herrmann will nun die Schule zu einem vom Lageso finanzierten „Flüchtlingszentrum“ umetikettieren und zugleich „ökonomisieren“, also 140 statt bisher geplante 70 Zuwanderer unterbringen, wovon die bisherigen Bewohner freilich noch nichts wissen.

Auch auf Landesebene spitzt sich die Entwicklung zu, gärt der Konflikt, protestieren linke Unterstützer und zahlen Stadt und Bezirke, ohne dass sich an der rechtlichen Situation der Zuwanderer etwas ändert. Falsche Hoffnungen verbreiten sich. Vor dem Sozialgericht sind die meisten der Oranienplatzbesetzer nun gescheitert. Ihre Eilverfahren sind fast durchgehend erfolglos. Das teilte das Gericht mit.

In Brandenburg sieht es nicht besser aus: Die AfD hat jüngst Überlegungen der Landesregierung publik gemachte, eine frühere Kaserne in Doberlug-Kirchhain als Wohnheim und Außenstelle des überlasteten Erstaufnahmelagers in Eisenhüttenstadt einzurichten. AfD-Chef Alexander Gauland kritisierte, Asylverfahren würden in Brandenburg in die Länge gezogen, das Land brauche kein neues Heim. Abgelehnte Asylbewerber müssten konsequent abgeschoben werden. Die rot-rote Landesregierung will nichts davon wissen. „Die Kommunen werden völlig alleingelassen. Ich protestiere gegen diese Politik“, sagte auch der Märker CDU-Chef Michael Schierack. Brandenburg sieht sich nun den ohne Anlaufstelle bleibenden Zuwanderern aus Berlin entgegen. Sverre Gutschmidt


Berlin feiert
von Vera Lengsfeld

Am vergangenen Wochenende machte Berlin seinem Ruf als Partyhauptstadt wieder einmal alle Ehre. Es ging los am Freitagabend mit der Pyronale auf dem Maifeld am Olympiastadion, das in eine riesige Abschussrampe verwandelt wurde. Im Rhythmus der Musik entfalteten sich Farbenspiele und Figuren wie Kunstwerke am Berliner Himmel.

Der Berliner Wettkampf sei einzigartig, sagt einer, der es wissen muss. Einmal wegen der schieren Größe des Maifelds, zum anderen wegen der Vielfalt der Darbietungen. An jedem der beiden Tage zeigen drei Teams ihre Vorführung. Im Anschluss gibt es eine weitere große Show, außerhalb des Wettbewerbs.

Das Budget und die Farben sind vorgegeben, ebenso die Musik im Pflichtteil. Maximal 1200 Feuerwerkskörper darf ein Team abschießen. 9000 bis 10000 Effekte werden von jeder Gruppe erzeugt. Das überzeugte tausende Berliner, die für einen Stehplatz 23, für einen Sitzplatz auf der Tribüne 40 Euro zahlten. Wegen des Ansturms mussten zusätzliche S-Bahnen eingesetzt werden.

Im ICC fand gleichzeitig die IFA statt, die weltweit größte Elektronikmesse, die ebenfalls tausende Besucher anzog und die Verkehrssituation verschlimmerte. Aber die Berliner klagen nicht, wenn sie bei Ereignissen von Weltbedeutung dabei sein dürfen.

Zusätzlich zu den großen Veranstaltungen gab es jede Menge Straßenfeste in allen Teilen der Stadt. Im Berliner Rundfunk nahmen die Ansagen der Sperrungen und Umleitungen fast fünf Minuten in Anspruch. Am Ende der Durchsage fragte man sich, wo man sich überhaupt noch in gewohnter Weise bewegen konnte.

Auch meine Florastraße feierte das Florastraßenfest bereits zum zehnten Mal. Wenn man mir zu DDR-Zeiten gesagt hätte, dass ich einmal hier wohnen und mich wohlfühlen würde, hätte ich denjenigen für verrückt erklärt. Die Straße mit ihren schönen Gründerzeithäusern war total herunter­gekommen und galt als asozial.

Dank des Aufbaus Ost sind die Geschäfte, die leer standen, fast alle wieder geöffnet. Sie beherbergen Boutiquen, Feinkostläden, kleine Buchhandlungen und jede Menge Cafés oder Restaurants.

Der Florastraßenverein hatte bei seiner Gründung das ehrgeizige Ziel verkündet, die Bergmannstraße des Ostens zu schaffen. Das ist inzwischen fast erreicht, mit dem Unterschied, dass im Kreuzberger Pendant sich fast nur Touristen bewegen, während man bei uns die Nachbarn trifft.

Nach der Feierei kommt die Straßenreinigung bei der Beseitigung des Mülls wieder nicht nach. Eigentlich hätte am Sonnabend die große Aktion zur Verschönerung und Säuberung der Stadt durch ihre Bürger stattfinden sollen. Aber das ist in der Partylaune untergegangen.


Ärmer unter Rot-Rot
Mehr Brandenburger haben sehr wenig – CDU kritisiert Koalition

Eine neue Studie im Auftrag der CDU zum Armutsrisiko in Brandenburg sagt mitten im Landtagswahlkampf: Unter Rot-Rot ist das Risiko, arm zu werden, gewachsen. Das Papier stammt vom Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrum Berlin-Brandenburg, das in der Vergangenheit auch schon an einem Sozialbericht der Landesregierung mitgewirkt hat. Es zeigt wachsende Verarmung, besonders abseits der Zentren.

Ein Grund für den Anstieg des Armutsrisikos sei, dass hohe Einkommen schneller wüchsen als die niedrigen, erklärte Thomas Hanf von der betreuenden Forschungseinrichtung. Vor allem die Gegenden abseits des Speckgürtels um Berlin sind demnach von Armut betroffen.

Die CDU warf der Landesregierung aus SPD und Linke vor, das Armutsrisiko nicht gesenkt zu haben. Das Sozialministerium wies die Kritik zurück. Laut der Studie sind elf Prozent der Brandenburger über 18 Jahre als arm anzusehen. Hierzu zählt das Papier alle Berufstätigen, die mit weniger als 625 Euro im Monat auskommen müssen. Sieben Prozent haben weniger als 782 Euro monatlich (60 Prozent des Durchschnittslohns) zur Verfügung – hier sieht die Studie ein Armutsrisiko. 15 Prozent haben nur ein niedriges Einkommen, also weniger als 1043 Euro. Bei 31 Prozent ermittelte die Studie ein mittleres Einkommen, weniger als 1565 Euro. Über ein hohes Einkommen freuen sich 36 Prozent. Sie verdienen mehr als 1565 Euro pro Monat. Die Unterschiede nehmen laut Hanf allgemein zu. Unabhängig von der Entfernung zu Berlin zeigt die Studie auch lokale strukturelle Verwerfungen: In den drei kreisfreien Städten Brandenburg, Cottbus und Frankfurt ist die Zahl der als arm eingestuften Bürger mit 25 Prozent am höchsten. Auch in Gemeinden mit weniger als 1000 Einwohnern ist sie mit 18 Prozent hoch. Städte von 10000 bis 50000 Einwohner sowie die Landeshauptstadt sind hingegen weniger gefährdet. In Potsdam gelten nur vier Prozent der Bevölkerung als arm.

Eine Umfrage unter 1450 Brandenburgern durch das Institut ergab, dass allgemein 20 Prozent der Befragten sich als arm ansahen, 66 Prozent verneinten das, und 14 Prozent konnten ihre Situation nicht einordnen. Die ebenfalls eingeholten Antworten zu möglichen Auswegen zeigen Abwanderung mit 35 Prozent an der Spitze, gefolgt von einem Verzicht auf Kinder (18 Prozent) und „keine Lösung“ (14 Prozent). SG


Schwarz-Grün am Horizont
Berlins CDU wirft Fühler aus: Selbst bei Zuwanderung kein Dissens

Bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus 2011 erzielten die Koalitionäre der rot-schwarzen Koalition gut 51 Prozent. Bei der am 30. August 2014 veröffentlichten Umfrage kämen CDU und SPD sogar auf 53 Prozent. Allerdings haben sich in den vergangenen zwei Jahren die Gewichte zugunsten der CDU verschoben. Erhielten die Christdemokraten 2011 noch rund 23 Prozent, wären es jetzt 29. Dies lässt nunmehr eine fast schon vergessene Regierungs­option wieder in den Bereich des Möglichen rücken: Schwarz-Grün.

Kai Wegner, Generalsekretär der CDU und Bundestagsabgeordneter: „Wir wollen stärkste Kraft werden und mit Frank Henkel den Regierenden Bürgermeister stellen.“ Wegner weiß natürlich, dass die Partei dafür einen Koalitionspartner benötigen wird. Und da springen ihm die Grünen ins Auge, weshalb er vorsorglich verkündet: „Bei Koalitionen darf es keine Denkverbote geben.“ Dabei lobte er das Führungspersonal der Spree-Grünen.

Der Generalsekretär ist bei weitem nicht der einzige, der schwarz-grüne Phantasien kultiviert. Der eher links angesiedelte Berliner CDU-Justizsenator Thomas Heilmann äußerte sich im Interview mit dem RBB ähnlich: Falls es die CDU in die Regierung schaffen sollte, plädierte Heilmann dafür, sich offenzuhalten, mit wem sie koalieren will.

Auch ein Bündnis mit den Grünen sei eine Option. „Klar schließen wir Schwarz-Grün nicht aus, wir schließen gar nichts aus.“ Auch bei den Berliner Grünen scheinen Führungskader an die schwarz-grüne Option zu glauben. Der linksliberale Berliner „Tagesspiegel“ zitierte Grünen-Parlamentarier, die aber nicht genannt werden wollten: „Der aktuelle Stand der Dinge: Führende Politiker der CDU und der Grünen in der Stadt sehen keine prinzipiellen Gegensätze mehr zwischen ihren Parteien ... Besser, man redet miteinander, und zwar vertraulich“, schreibt das Blatt nebulös.

Tatsächlich scheinen CDU und Grüne selbst in der Frage der Aufnahme von Wirtschaftsimmigranten aus Nordafrika kaum noch unterscheidbar zu sein. Wegner: „Angesichts der weltweiten Krisen werden noch viele Flüchtlinge nach Europa, also auch nach Deutschland und Berlin kommen. Wir müssen sicherstellen, dass die Flüchtlinge würdig untergebracht werden.“ Von rascher Abschiebung unberechtigter Asylbewerber kein Wort. Theo Maass


S. 4 Hintergrund

Kränkelnd, aber nicht schwach
China betont trotz interner Probleme seine Stärken – Ukraine-Krise gibt neuen Aufwind

Deutschlands Exporte nach China legten im bisherigen Verlauf dieses Jahres um satte zehn Prozent zu, während sie im Gesamtdurchschnitt nur um 2,4 Prozent stiegen. Das illustriert die enorme Bedeutung des Reiches der Mitte für die Wirtschaft hierzulande gerade in den Zeiten der Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Umso mehr schrecken Negativmeldungen über die wirtschaftliche Lage Chinas.

Allein im ersten Halbjahr ging der Absatz deutscher Autos in Russland um 55000 Stück zurück; dafür konnten Audi, BMW, Mercedes und Co. im Vergleich zum Vorjahr 20 Prozent mehr Kraftfahrzeuge nach China verkaufen, wo sie jetzt ein knappes Viertel des Marktes abdecken. Insgesamt ist die Volksrepublik nunmehr der fünftgrößte Abnehmer deutscher Exportprodukte nach Frankreich, den USA, Großbritannien und den Niederlanden.

Dabei ist aber in China keineswegs alles eitel Sonnenschein. Zwar hat die schleppende Konjunktur dort gerade wieder etwas Fahrt aufgenommen: Im zweiten Quartal ging das Wirtschaftswachstum nicht mehr weiter zurück, sondern lag um 0,1 Prozent höher als in den ersten drei Monaten des Jahres. Allerdings handelt es sich bei diesem Mini-Erfolg um einen Aufschwung auf Pump, denn alleine im Mai und Juni vergaben die chinesischen Banken Kredite in Höhe von 233 Milliarden Euro, womit die gesamte öffentliche und private Verschuldung im Reich der Mitte nun fast 250 Prozent des Bruttoinlandsproduktes beträgt. Dazu kommen das allmähliche Zusammenfallen der Immobilienblase und die branchenweisen Überkapazitäten. Und es gibt auch Schwierigkeiten mit der geplanten kostengünstigen Gewinnung von Rohstoffen im eigenen Lande. So zerschlug sich erst kürzlich der Traum, 100 Milliarden Kubikmeter heimisches Schiefergas zu fördern. Dies alles bewog die BBC kürzlich zu dem Vorwurf, dass China seine wirtschaftliche Stärke nur vorgaukle und somit „die Welt betrüge“.

Andererseits aber sind viele dieser Probleme durch eine Annäherung an Russland lösbar. Wie diplomatische Beobachter feststellen, zeigt Peking in der Ukraine-Krise eine „russlandlastige Neutralität“. Und das honorierte der nördliche Nachbar bereits damit, dass er sich vertraglich verpflichtete, immense Mengen Erdgas zum Schnäppchenpreis bereitzustellen. Darüber hinaus nehmen die russischen Aufträge an chinesische Unternehmen deutlich zu: Mittlerweile stammen schon 17 Prozent der Importe, die Putins Reich benötigt, aus China. Damit liefert es Russland mehr als jedes andere Land der Welt beziehungsweise so viel wie die Bundesrepublik und die USA zusammen – Tendenz steigend. Dazu kommen die Erfolge bei der Etablierung des chinesischen Yuan als Weltwährung, woran Russland ebenfalls maßgeblichen Anteil hat, weil es beispielsweise bereit ist, im Rahmen des 30 Jahre laufenden Erdgasgeschäftes auch Yuan in Zahlung zu nehmen.

China gerät hierdurch nun immer mehr in die komfortable Rolle des lachenden Dritten, der massiv davon profitiert, dass die EU und die USA in einen neuen Kalten Krieg mit Russland schlittern. Deshalb kann Peking es sich auch leisten, seine asiatischen Nachbarn beziehungsweise Konkurrenten zu provozieren und zugleich noch die an den Grenzen ihrer Belastbarkeit agierenden USA herauszufordern. Jüngste Beispiele hierfür sind die Attacken chinesischer Abfangjäger gegen US-Luftaufklärer und die Herausgabe neuer Seekarten seitens der Streitkräfte Pekings, in denen das Südchinesische Meer bis fast bis zur Küste Malaysias und der Philippinen schon mal eben den Territorialgewässern des Reiches der Mitte zugeschlagen wurde.

Hieran kann man unschwer erkennen, was China beabsichtigt: Es will zur Hegemonialmacht im westpazifischen Raum aufsteigen und sich dabei von niemandem aufhalten lassen. Und die Zeichen stehen tatsächlich gut, dass dies trotz aller Probleme gelingt.

Wolfgang Kaufmann


Auf Masse folgt Klasse
Peking modernisiert seine Angriffswaffen

China ist nicht nur eine wirtschaftliche Weltmacht, sondern spielt auch militärisch in der obersten Liga mit. Erst im März dieses Jahres wurde der Wehr­etat wieder um 12,2 Prozent erhöht, nachdem es bereits 2012 und 2013 ähnliche Steigerungen gegeben hatte. Nunmehr lässt Peking sich die Volksbefreiungsarmee offiziell 801 Milliarden Yuan kosten – das sind rund 95 Milliarden Euro. Mehr wenden nur die USA für ihre Streitkräfte auf, wobei die realen Gesamtausgaben für das chinesische Militär wohl sogar bei 146 Milliarden Euro liegen.

Mit den Budgetsteigerungen soll vor allem die Anschaffung moderner Waffensysteme finanziert werden, denn es nutzt dem Reich der Mitte nur wenig, dass es mit 2,3 Millionen Soldaten die zahlenmäßig größte Armee der Welt hat, wenn die Ausrüstung der Truppe veraltet ist. So sollen die Luftstreitkräfte jetzt erstmals selbst entwickelte Tarnkappenbomber vom Typ Chengdu J-20 erhalten. Außerdem bestätigte Peking, dass der 2012 in Dienst gestellte Flugzeugträger „Liaoning“ drei Schwesternschiffe bekommt. Ebenso forciert die chinesische Marine den Bau neuer Atomunterseeboote: Die veralteten Einheiten der Han- und Shang-Klasse werden sukzessive durch solche der Jin-Klasse ersetzt. Das sind beeindruckende Kampfmaschinen, deren zwölf JL-2-Flugkörper nukleare Gefechtsköpfe tragen.

Um die Aufstockung des vorhandenen Arsenals bemühen sich darüber hinaus auch die Raketentruppen des Reiches der Mitte, welche derzeit über rund 75 Interkontinentalraketen der Typen Dongfeng 5, 31 und 41 sowie zahllose Mittelstreckenraketen verfügen, mit denen gleichfalls Atomsprengköpfe verschossen werden können. Hierbei kommt es mittlerweile zu einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen dem Militär und dem zivilen Raumfahrtsektor – ganz so, wie dies Präsident Xi Jinping kürzlich während seiner Visite im Oberkommando der Volksbefreiungsarmee gefordert hatte. Sichtbarster Ausdruck dieser Bemühungen sind die beiden Testflüge des Hyperschall-Gleiters WU-14: Der Flugkörper wurde in die Stratosphäre geschossen, wo er auf mehrere tausend Kilometer pro Stunde beschleunigte. Dabei zerbarst er zwar, aber das dürfte die Konstrukteure nicht davon abhalten, weiter an dem Projekt zu arbeiten, denn der WU-14 wäre hervorragend dazu geeignet, die Raketenabwehr von gegnerischen Flugzeugträgerverbänden zu unterlaufen.

Wie man erkennen kann, handelt es sich bei den neuen chinesischen Waffensystemen um Angriffswaffen, welche vor allem gegen den lokalen Konkurrenten Japan sowie die USA eingesetzt werden können. Und das ist Washington auch klar, weswegen es Luftaufklärer vor der chinesischen Küste patrouillieren lässt, um mehr über die neuen U-Boote der Jin-Klasse zu erfahren.

Russland hingegen, mit dessen Vorgängermacht Sowjetunion China schon in blutige Grenzkonflikte verstrickt gewesen war, steht offenkundig nicht mehr auf der Liste der Gegner. Sonst würde Peking nämlich auch die Modernisierung seiner Landstreitkräfte beschleunigen. Stattdessen aber schickt es die Volksbefreiungsarmee neuerdings zu gemeinsamen Manövern mit den Russen. W.K.


Afrika: Pekings Vorhof

Vom Westen weitgehend unbemerkt, hat China seinen Einfluss in Afrika während der letzten 15 Jahre über alle Maßen ausgeweitet. Dabei ist der Deal praktisch immer der gleiche: Peking bietet den chronisch klammen afrikanischen Staaten günstige Kredite und spendiert darüber hinaus teure Infrastrukturmaßnahmen. So bauten die Chinesen in Angola ein komplett neues Eisenbahnnetz einschließlich sämtlicher Bahnhöfe und legten dann noch eine Partie Diesellokomotiven drauf. Dafür erhält China Rohstoffe: Öl aus Nigeria, Eisenerz aus Mauretanien, Kupfer aus Sambia, Mangan aus Gabun, Holz aus dem Kongo, Uran aus Namibia und so weiter. Das Nachsehen haben die westlichen Staaten, welche aber dennoch weiterhin brav Entwicklungshilfe leisten.

Afrika stärkt die chinesische Wirtschaft jedoch nicht nur durch die Bereitstellung von Bodenschätzen, sondern bietet auch einen gigantischen Absatzmarkt, denn die afrikanischen Konsumenten greifen bevorzugt nach den preisgünstigen Produkten aus China. Derzeit stammen bereits neun von zehn verkauften elektronischen Geräten aus dem Reich der Mitte. Dadurch ist China nun zum größten Handelspartner Afrikas geworden. Zwischen 2000 und 2013 stieg das chinesisch-afrikanische Handelsvolumen von zehn auf 170 Milliarden US-Dollar.

Andererseits wird Kritik an der schlechten Qualität der chinesischen Produkte laut. Ebenso beklagen afrikanische Regierungen immer häufiger, dass die Dominanz der billigen Massenware aus China der Entwicklung der heimischen Industrien schade. Aber dennoch: Afrika macht lieber mit Peking Geschäfte als mit dem Westen, der „demokratische Reformen“ einfordert, ohne die Befindlichkeiten der postkolonialen Staaten zu berücksichtigen. W.K.


Zeitzeugen

Xi Jinping – Der 61-Jährige ist derzeit Staatspräsident und Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas sowie Vorsitzender der Zentralen Militärkommission, welche die direkte Befehlsgewalt über die Volksbefreiungsarmee hat, was ihn zum mächtigsten Mann des Reiches der Mitte macht. Und als solcher lässt er seit seinem Amtsantritt im Mai 2013 kaum eine Gelegenheit aus, die USA politisch, militärisch und wirtschaftlich zu provozieren.

Kuang Xianming – Für den Leiter des Wirtschaftsinstituts an der Chinesischen Akademie für Reform und Entwicklung (Hainan) steht fest, dass die kürzlich gesendete BBC-Dokumentation „How China Fooled the World“ (zu Deutsch: „Wie China die Welt betrügt“) in tendenziöser Weise Tatsachen verzerre und die massiven Reformbemühungen seit dem 2. Plenum des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas vom November 2013 unterschlage.

Samuel J. Locklear III. – Der Admiral ist seit Anfang 2012 Kommandeur des United States Pacific Command und warnte am 25. März im Militärausschuss des Senats vor den tödlichen Gefahren infolge des Ausbaus der chinesischen Atomunterseeboot-Flotte. Dabei hatte er im Vorjahr noch die globale Erwärmung als größte Bedrohung der Sicherheit der USA bezeichnet.

Yang Liwei – Am 15. Oktober 2003 startete der ehemalige Kampfpilot der Volksbefreiungsarmee mit dem Raumschiff „Shenzhou 5“ als erster Chinese ins All. Danach wurde er zum Generalmajor der Luftwaffe befördert sowie zum Stellvertretenden Direktor des nationalen Raumfahrerzentrums ernannt. Diese Personalie ist symptomatisch für die enge Verzahnung zwischen dem Militär und der zivilen Raumfahrtbehörde Chinas.

Wu Xinxiong – Im August musste der Direktor der Nationalen Energiebehörde Chinas (NEA) während einer Arbeitstagung zum Zwecke der Ausarbeitung des 13. Fünfjahresplans für Energie zugeben, dass es unmöglich sei, das Planziel von 100 Milliarden Kubikmeter Schiefergas zu erfüllen. Stattdessen werde man wohl trotz aller Mühen und Kosten des

Frackings nur ein Drittel dieser Menge fördern können.


S. 5 Deutschland

Sparen à la Schäuble
Um sein Ziel eines ausgeglichenen Haushalts 2015 zu erreichen, müssen Bundesbehörden und Infrastruktur leiden

Ein vor Kurzem gemeldeter Überschuss von 16,1 Milliarden Euro, den die öffentlichen Kassen im ersten Halbjahr erzielt haben, lassen für das Jahr 2015 einen ausgeglichenen Bundeshaushalt realistisch erscheinen. Schaut man sich das vermeintliche Haushaltswunder näher an, kehrt allerdings schnell Ernüchterung ein.

Erst im April hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) der Bundespolizei bescheinigt, „das Rückgrat für die öffentliche Sicherheit in Deutschland“ zu sein. Nicht einmal ein halbes Jahr später sieht sich die Behörde mit 38000 Beschäftigten und einem Gesamtetat von jährlich rund 2,5 Milliarden Euro rechnerisch als „zahlungsunfähig“. Wie die Tageszeitung „Die Welt“ berichtet, hält Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) derzeit nicht nur die Bundespolizei finanziell knapp, sondern auch Behörden wie den Zoll und das Umweltbundesamt. Beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe soll sogar ein Fünftel, dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) rund ein Drittel des Jahresbudgets weggestrichen worden sein. Hintergrund ist eine Drei-Milliarden-Lücke, die bei den abschließenden Haushaltsberatungen des Bun-destages im Juli aufgetreten ist und die wohl durch fehlende Einnahmen bei der Brennelementesteuer verursacht wurde. Da die schwarz-rote Koalition an dem von Finanzminister Schäuble verkündeten Ziel einer Haushaltskonsolidierung offenbar bedingungslos festhalten will, war das Ansetzen des Rotstifts bei den Bundesbehörden offensichtlich der einfachste Weg.

Eine fast schizophren zu nennende Entscheidung: Im Rahmen der Euro-Rettungspolitik sind im Hauruck-Verfahren Haftungsübernahmen im Volumen von hunderten Milliarden Euro beschlossen worden. Sogar in den Billionen-Euro-Bereich dürften die Risiken gehen, die durch die stillschweigend geduldeten Aktivitäten der Europäischen Zentralbank den deutschen Steuerzahlern drohen. Geht es aber wie aktuell um ausreichende Mittel für Bundesbehörden oder die zusehends verfallende deutsche Infrastruktur, dann hat die Schuldenbremse wieder oberste Priorität.

Daran, dass in Deutschland viel zu wenig investiert wird, herrscht längst parteiübergreifend Einigkeit. So fehlen nach Berechnungen einer Bund-Länder-Kommission allein 7,2 Milliarden Euro im Jahr für den Erhalt der Verkehrswege. Unter dem Druck der Schuldenbremse stellt der Bund aber nur zusätzlich fünf Milliarden Euro bereit – in der gesamten Legislaturperiode. Auch das, was die bisherigen Mautpläne von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) einbringen sollen, würde nicht reichen, um die Lücke zu schließen.

Zu befürchten ist, dass unter diesen Bedingungen mit den Öffentlich-Privaten-Partnerschaften (ÖPP) ein Instrument wieder Auferstehung feiert, dass zu Recht eigentlich schon als erledigt galt. So hat etwa der Bundesrechnungshof in der Vergangenheit ganz klar vor den Mehrkosten gewarnt, wenn privaten Investoren Bau oder Sanierung und Betrieb öffentlicher Infrastruktur im Rahmen von ÖPP-Projekten übertragen wird. Nachdem die Bonner Behörde fünf von bisher sechs umgesetzten Projekte untersucht hatte, ergab sich unter dem Strich, dass die zunächst überschwänglich gefeierten ÖPP-Vorhaben für die Steuerzahler insgesamt um gut 1,9 Milliarden Euro teurer waren, als der herkömmliche Bau in staatlicher Regie und mit Bundesmitteln. Profitiert hatten nicht Staat und Steuerzahler, sondern Baukonzerne, Berater und Anwälte sowie beteiligte Banken. Entsprechende Konsequenzen hat vor Kurzem das Land Sachsen-Anhalt gezogen. „Vom Land wird es derzeit kein PPP (ÖPP) mehr geben“, so Finanzstaatssekretär Jörg Felgner (SPD) im August. Vorangegangen war wieder einmal massive Kritik vom Landesrechnungshof. Dieser sah in den Projekten keinen finanziellen Vorteil, sondern vor allem Risiken.

Eine völlig andere Richtung scheint die Entwicklung im Bundesverkehrsministerium unter Dobrindt zu nehmen. Medienberichten zufolge will der Verkehrsminister wieder verstärkt auf ÖPP-Projekte setzen – allen Erfahrungen zum Trotz. Rückendeckung erhält Dobrindt dabei ausgerechnet von Finanzminister Schäuble. Dieser will private Investoren dazu bewegen, sich bei Bau und Betrieb von Straßen im Rahmen von ÖPP stärker als bislang zu engagieren, so ein Bericht des „Spiegel“.

Dass trotz Warnungen von Rechnungsprüfern Politiker nicht die Finger von den ÖPP-Projekten lassen, dürfte eine einfache Erklärung haben. Die teils gravierenden Mehrkosten fallen erst mit einer zeitlichen Verzögerung an, was insbesondere mit Blick auf die Schuldenbremse ein verlockendes Argument für viele Politiker ist.

Auf eine nochmals ganz andere Dimension von Belastungen müssen sich die Bürger gefasst machen, wenn nun aufgekommene Forderungen nach Privatisierung schon bestehender Verkehrsinfrastruktur umgesetzt werden sollten. So hat im Streit um die Pkw-Maut das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) inzwischen den Vorschlag gemacht, Deutschlands Autobahnen zu privatisieren. DIW-Präsident Marcel Fratzscher zufolge seien für die privaten Autobahnen sowohl Nutzergebühren als auch staatliche Abgaben denkbar.

Derartige Ideen könnten schneller Realität werden, als vielen bisher bewusst ist. Fratzscher ist inzwischen zum Chef einer Expertenkommission ernannt worden, die im Auftrag der Bundesregierung neue Modelle „der Zusammenarbeit der öffentlichen Hand mit privaten Unternehmen“ erarbeiten soll.

Norman Hanert


»Todesurteil« für die FDP
Ausgetretene Mitglieder gründen in Hamburg neue liberale Partei

Wie ein Verdurstender in der Wüste schleppt sich die FDP von Wahl zu Wahl. Das Debakel bei der Bundestagswahl, die Niederlage in Sachsen und das absehbare Scheitern bei den Landtagswahlen in Brandenburg und Thüringen – die rettenden Oasen entpuppen sich stets als Fata Morgana. Ein Labsal hätte dagegen die Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft im kommenden Februar werden können. Denn hier ist die FDP seit 2011 mit 6,7 Prozent und damit mit ihrem besten Ergebnis seit Jahrzehnten vertreten. Das nährt Hoffnung auf einen Wiedereinzug ins Parlament, der von der Parteiführung schon fast zur Schicksalsfrage der gesamten FDP hochgeredet wird. Doch aus der Trendwende nach einer Serie von Wahlniederlagen dürfte nichts mehr werden, denn die Elbliberalen beschäftigen sich wieder mit dem, was ihnen zur Natur geworden zu sein schein: Seit vielen Jahren herrschen im Landesverband lähmende Machtkämpfe, offen zur Schau gestellte Animositäten und erbitterter persönlicher Streit.

Einen vorläufigen Höhepunkt erreichten diese Dauerquerelen Anfang September mit dem Parteiaustritt der Landesvorsitzenden Sylvia Canel. Es kommt aber noch schlimmer für die Hamburger FDP, denn die ehemalige Bundestagsabgeordnete hat angekündigt, Ende des Monats gemeinsam mit rund einem Dutzend ehemaligen FDP-Mitgliedern eine neue liberale Partei gründen zu wollen. Offiziell begründet Canel diesen Schritt mit Kritik an der Gesamtpartei. Tatsächlich dürfte dahinter ihre Niederlage im Machtkampf mit der Fraktionsvorsitzenden Katja Suding stehen. Denn Suding wurde Anfang Juli erneut zur Spitzenkandidatin für die Bürgerschaftswahl gekürt, eine Position, die Canel als Landesvorsitzende für sich beansprucht hatte. Doch so charmant Suding sonst rüberkommt, so kompromisslos trat sie in dieser Sache auf. Sollte Canel ebenfalls auf der Landesliste kandidieren, werde sie sich aus der Politik zurückziehen, ließ sie ihre Parteifreunde wissen. Das aber hätte die Partei nicht verkraftet, denn Suding galt und gilt als Hoffnungsträgerin nicht nur der Liberalen in Hamburg.

Es war 2011 ein kluger Schachzug des damaligen Landesvorsitzenden Rolf Salo gewesen, die junge, unverbrauchte und sympathische Suding als Spitzenkandidatin für die Bürgerschaftswahl ins Rennen zu schicken. Tatsächlich schaffte sie das Unwahrscheinliche und führte die FDP mit einem achtbaren Ergebnis und gegen den Bundestrend nach sieben Jahren in die Bürgerschaft zurück.

Suding hat also allen Grund, selbstbewusst in den Wahlkampf zu gehen. Dennoch ist es alles andere als sicher, dass sie an ihren Erfolg von 2011 anknüpfen kann. Aktuelle Umfragen sehen die FDP in Hamburg deutlich unterhalb der Fünfprozenthürde. Da ist noch viel Überzeugungsarbeit bei den Wählern zu leisten. Sollte jedoch die Canel-Truppe zur Bürgerschaftswahl antreten, dürfte auch das nicht reichen. Auch wenn die FDP-Bundesführung die Spaltung des liberalen Lagers als „regionale Erscheinung“ und „Auszug der Enttäuschten“ abtut, heißt es in Hamburger FDP-Kreisen ganz realistisch: „Das war’s dann wohl.“ So sieht es auch der Politologe Elmar Wiesendahl: „Die Spaltung ist ein Todesurteil für die FDP als ganze.“ An Phasen parlamentarischer Abstinenz ist die Hamburger FDP gewöhnt, doch diesmal würde eine Wahlniederlage wohl zum Menetekel für die gesamte Partei werden. Das Desaster der FDP könnte sich an der Elbe vollenden. J.H.


»Wir werden Erfolg haben«
AfD sieht den nächsten beiden Landtagswahlen gelassen entgegen

Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, sollte die AfD am 14. September den Einzug in die Landtage von Brandenburg und Thüringen verfehlen. Schon vor dem Wahlerfolg in Sachsen mit 9,7 Prozent lagen die Euro-Kritiker in Umfragen für Brandenburg und Thüringen bei sechs beziehungsweise fünf Prozent. „Der Erfolg in Sachsen hat die Partei zusätzlich motiviert, die Stimmung ist hervorragend, wir haben eine optimale Vorlage für die Parteifreunde in den beiden Ländern geschaffen“, zeigt sich die sächsische Landesvorsitzende Frauke Petry hoffnungsvoll.

Die Wahl in Sachsen hatten die Funktionäre zuvor zur „Schicksalswahl“ erklärt, ein Einzug in Brandenburg erscheint zwar wahrscheinlich, doch der Landesverband Thüringen gilt parteiintern als Sorgenkind. Bis heute zählt die AfD hier nur etwa 350 Mitglieder, was damit zusammenhängt, dass die Landesgliederung mit erheblichen Startschwierigkeiten zu kämpfen hatte. Der Gründungsvorsitzende Matthias Wohlfarth galt selbst intern als christlicher Fundamentalist und verärgerte zudem mit einem allzu forschen Führungsstil. Auf Druck der Bundesspitze verzichtete er schließlich auf eine Kandidatur zur Landtagswahl und legte den Vorsitz nieder. Mit Björn Höcke trat ein politisch unbeschriebenes Blatt an seine Stelle. Der 41-jährige Pädagoge, Vater von vier Kindern, arbeitet als Lehrer in Nordhessen und lebt unmittelbar hinter der Grenze im Eichsfeld. Bis dato völlig unbekannt schaffte es Höcke mit einer geschickten Medienpolitik bis auf die Titelseiten der Regionalpresse. Der smarte Pädagoge forderte ein neues „Berufs-ethos der Politiker“ und kündigte an, „den Sumpf im Landtag“ trockenlegen zu wollen. „Mit Populismus ins Parlament“, umschrieb die „Thüringer Allgemeine“ den Wahlkampf der AfD und konstatierte Höcke, „dass es ihm gelingt, sich lautstark in Szene zu setzen“.

Die Befürchtungen, die Partei könnte vom eigenen Erfolg überrollt werden und im Landtag eine schwache Figur abgeben, scheinen unbegründet zu sein. Neben Höcke finden sich mehrere Juristen, ein Ingenieur, eine Medizinerin sowie ein hauptamtlicher Kommunalpolitiker auf den aussichtsreichen Listenplätzen. Dennoch gesteht der Spitzenkandidat ein, „dass wir in Sachen Professionalität noch ein bisschen Nachholbedarf haben.“

Davon kann in Brandenburg keine Rede sein. Mit Alexander Gauland steht dort ein politisches Urgestein an der Spitze. Mehr als 30 Jahre war er Mitglied der CDU und fungierte als hessischer Staatskanzleichef des damaligen Ministerpräsidenten Walter Wallmann. Zwar hatte auch die märkische AfD die eine oder andere Geburtswehe zu überstehen, doch seitdem Gauland die Führung übernommen hat, zeigt die Tendenz nach oben. Rund 600 Mitglieder hat die Partei mittlerweile, bei den Kommunalwahlen im Mai erzielte sie zum Teil beachtliche Ergebnisse. Einer breiten Bevölkerung wurde Gauland als Chefredakteur der „Märkischen Allgemeinen“, der auflagenstärksten Regionalzeitung des Landes, bekannt. Der 73-Jährige, den selbst AfD-kritische Medien als „umgänglichen Konservativen“ bezeichnen, ist ein Mann der leisen Töne, scheut aber auch den Konflikt mit der Parteispitze nicht, wie letztens der Konflikt um die Russlandpolitik der Partei zeigte. Dem Wahlabend sieht er gelassen entgegen: „Wir werden Erfolg haben. Die Frage wird nur sein, wie groß er am Ende ist.“ Peter Entinger


MELDUNGEN

Von der Leyen als Sprachpanscher

Dortmund – Der Verein Deutsche Sprache hat Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen zum Sprachpanscher des Jahres 2014 gekürt. Obwohl zahlreiche Simultandolmetscher anwesend waren, hatte die Ministerin bei der 50. Münchener Sicherheitskonferenz Englisch gesprochen, während der ebenfalls anwesende Bundespräsident Joachim Gauck seine Rede auf Deutsch gehalten hat. „Wie soll man bei einem solchen Verhalten von Migranten Deutschtests verlangen, ehe sie einreisen dürfen“, kommentierte der Vereinsvorsitzende Walter Krämer, „wenn gleichzeitig immer wieder von hochrangigen Politikern verdeutlicht wird, dass die eigentlich wichtige Sprache in Deutschland Englisch ist?“ N.H.

 

Salafisten vor Gericht

Düsseldorf – Am 8. September begann vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf der Prozess gegen vier mutmaßliche Attentäter aus der Salafisten-Szene. Der Albaner Enea B., die beiden Deutsch-Türken Koray D. und Tayfun S. sowie der deutsche Konvertit Marco G. müssen sich wegen des missglück-ten Bombenanschlags auf den Bonner Hauptbahnhof sowie des Mordkomplotts gegen den „Pro NRW“-Vorsitzenden Markus Beisicht verantworten. Die Polizei konnte die Täter seinerzeit erst kurz vor dem Haus des Politikers stoppen. Allerdings hat die Bundesanwaltschaft verhindert, dass Beisicht, der selbst Rechtsanwalt ist, als Nebenkläger auftritt und Akteneinsicht erhält. Begründet wurde dieser extrem ungewöhnliche Schritt mit „Sicherheitsbedenken“. Beisicht hingegen meint hierzu: „Offenbar bin ich als islamkritischer Politiker ein Verbrechensopfer zweiter oder gar dritter Klasse.“ W.K.


S. 6 Ausland

Kiews Oligarchen nutzen den Krieg
Kampf mit Privatarmeen: Freiwillige kämpfen nun auf beiden Konflikt-Seiten

Trotz der in Minsk geführten Friedensgespräche zwischen Wladimir Putin und Pjotr Poroschenko bleibt die Lage in der Ost-Ukraine instabil. Zuletzt wurde die vereinbarte Waffenruhe in Mariupol immer wieder gebrochen. Es scheint, als hätten die beteiligten Mächte vor einer dritten Macht im Bunde kapituliert.

Nach monatelangem Beschuss wird die Lage in der Donezker Region für die verbliebene Bevölkerung immer bedrohlicher. In vielen Städten ist die Infrastruktur zerstört, Brücken, Eisenbahnlinien, Flughäfen, aber auch Schulen und Krankenhäuser wurden dem Erdboden gleichgemacht.

Allmählich begreifen beide Konfliktparteien, dass sie diesen Bürgerkrieg nicht gewinnen können. 57 Prozent der Ukrainer sind laut Umfragen der Meinung, dass man den  Krieg so schnell wie möglich beenden müsse, und sollen, will man den Umfragen glauben, sogar bereit sein, die Donezker Region aufzugeben.

Rund zwei Monate vor der vorgezogenen Parlamentswahl ist jedoch kein Ende des Konflikts absehbar. Zwar könnten Poroschenko und seine Unterstützer die Mehrheit gewinnen, sicher ist das aber noch nicht. 41 Prozent der Ukrainer stellen Poroschenkos Politik der Krisenbewältigung kein gutes Zeugnis aus. Sie halten ihn für zu schwach.

Es ist zudem mit Störfeuer seitens der Kommunisten und der Partei der Regionen zu rechnen, die nach der Wahl in der Rada nicht mehr vertreten sein dürften. Sie wurden vor allem in der Ostukraine gewählt. Janukowitschs Wahlkampf hatte der Oligarch und mit über 12 Milliarden Dollar Vermögen bisher der reichste Ukrainer Rinat Achmetow finanziert. Er war es auch, der die meisten Parlaments-Abgeordneten kontrolliert hatte.

Achmetow hat sich zwar wiederholt zur Einheit der Ukraine bekannt, als Unterstützer Janukowitschs und geschäftlich eng mit Russland Verbandelter, nimmt ihm das aber kaum jemand ab. Er steht mächtig unter Druck: Zum einen drohen die Separatisten damit, seine Fabriken zu „nationalisieren“, zum anderen wollen Konkurrenten, dass sein Imperium neu verteilt wird.

Die Spannungen mit Russland verändern die Balance zwischen den Superreichen in der Ukraine. Die ukrainische Presse bemerkt, dass Politiker immer öfter von einer mysteriösen „dritten Kraft“ sprächen, die immer dann zu neuen Eskalationen antreibe, wenn gerade eine Einigung in Sicht sei. Doch wer diese „dritte Kraft“ sein soll, wird nicht gesagt. Es stellt sich die Frage, wem die andauernden Kriegshandlungen nützen. Die noch verbliebene, ohne Strom und Wasser ausharrende Bevölkerung träumt wohl eher von einem Ende der Kämpfe.

In der Ostukraine agieren neben der offiziellen Armee auf beiden Seiten Freiwilligen-Armeen, die von Oligarchen finanziert werden. Zum Beispiel von Igor Kolomojskij, Großbanker und seit März Gouverneur der Maschinenbau- und Rüstungsprovinz Dnjepropetrowsk. In ihm sehen viele Ukrainer den neuen starken Mann. Der laut „Forbes“ 1,8 Milliarden Dollar reiche Oli-garch verlangt von Poroschenko eine Revision der Privatisierungen der letzten Jahre, deren Profiteur Achmetow war. Ein weiterer schwerreicher Oligarch, Sergej Taruta, wurde als Gouverneur in Donezk eingesetzt. Poroschenko, selber Oligarch, muss erhebliche Zugeständnisse in alle Richtungen machen: an Russland, den Westen, seine Armee, seine früheren Klassenbrüder, die Oligarchen.

Politisch lehnt er sich an Forderungen des Westens, vor allem Deutschlands, nach Dezentralisierung der politischen Macht an. Dafür erntet er in der Bevölkerung Kritik, da diese befürchtet, dass damit gerade die Macht der Oligarchen gestärkt wird, vor allem die Kolomojskijs. Der soll mit Millionen eine Privatarmee aufgebaut haben, so der ukrainische Oligarchenforscher Sergej Leschenko, mit der er prorussische Separatisten von der Industriestadt am Dnjepr ferngehalten habe und gegen die von Moskau unterstützten Söldner kämpfe. Es ist nicht auszuschließen, dass auch Achmetow und seine ehemaligen Mitstreiter des Janukowitsch-Clans Söldner unterhalten. Das könnte erklären, warum Moskau stets eine Beteiligung seiner Truppen am Konflikt bestreitet. Denn wer außer Oligarchen verfügt über genügend Mittel, um sowohl Legionäre als auch Gerät zu bezahlen? Die mit ihrer maroden Wirtschaft schwache Ukraine kostet jeder Tag Krieg ein Vermögen. Sie ist auf Hilfe aus dem Westen angewiesen. Auch Moskau ist an einem offenen Krieg nicht interessiert.

„Kolomojskij will Achmetow beerben“, schrieb das Kiewer Wirtschaftsblatt „Delowaja Stoliza“. Achmetow steht auch unter Druck seitens der Regierung, die seine Kokskohleförderung erstmals besteuert. Kolomojskij ist der im Kreml verhassteste ukrainische Oligarch. Moskau hat, nachdem seine Bankfilialen in Russland bereits geschlossen wurden, dessen Vermögen auf der Krim konfisziert.

Den ukrainischen Oligarchen steht ein radikaler Wandel bevor. Schwerindustrielle wie Achmetow und Pintschuk leiden unter Verlusten, während Agrar-Oligarchen aus dem Westen immer mächtiger werden. Sie haben trotz der angespannten Wirtschaftslage eine verlängerte Befreiung von der Gewinnsteuer durchgesetzt. Der Krieg im Donezkgebiet ist auch eine Schlacht der Oligarchen. Der Agrarsektor verfügt über immenses Ausbaupotenzial.

Manuela Rosenthal-Kappi


Strategie der Ablenkung
Umfassende Regionalreform soll in Frankreich Milliarden einsparen und sorgt zudem für heiße Debatten

Am 23. Juli war es soweit: die französische Nationalversammlung stimmte der monatelang heißdiskutierten Regionalreform zu. Diese tritt ab 1. Januar 2016 in Kraft. Staatspräsident François Hollande klammerte sich an das Großvorhaben wie an einen Strohhalm, sieht er in der Reform doch die Möglichkeit, die katastrophale Wirtschaftslage ebenso wie das desaströse Ergebnis seiner Sozialisten bei den jüngsten Kommunal- und Europawahlen aus dem Blickwinkel von Politik und Öffentlichkeit zu verdrängen.

Begründet wird die von ihm in enger Abstimmung mit Ministerpräsident Manuel Valls entwickelte und gegen vielerlei Widerstände durchgesetzte Fusion der bislang 22 Regionen (plus vier von den Plänen unbeeinflussten überseeischen Territorien) zu 13 größeren Einheiten vor allem mit Einsparungsmöglichkeiten in zweistelliger Milliardenhöhe. Diese sollen das Versprechen an die EU umzusetzen helfen, bis 2017 rund 50 Milliarden Euro zur Eindämmung der Staatsverschuldung zu kürzen.

Schon Charles de Gaulle hatte sich an einer Reform zur Stärkung der Regionen versucht, scheiterte damit jedoch 1969 in einem Referendum. Auch jetzt beschäftigte das Vorhaben nicht nur die Medien, sondern weite Teile der Bevölkerung, zumal die genaue Umsetzung immer wieder Anlass für Spekulationen lieferte. Letztlich blieb beispielsweise die eigentlich vorgesehene Zusammenlegung der Bretagne mit der Region Pays de la Loire unberücksichtigt, während an der Fusion des Elsass mit Lothringen (und seit Kurzem obendrein mit der Region Champagne-Ardenne), des Burgund mit der Franche-Comté, der Haute- und der Basse-Normandie, von Aquitanien mit Poitou-Charentes und Limousin, Nord-Pas-de-Calais mit der Picardie, der Auvergne mit Rhône-Alpes sowie der Region Midi-Pyrénées mit der Languedoc festgehalten wurde. Sowohl die mit über zehn Millionen Einwohner strukturell übermächtige Ile-de-France, also der Großraum Paris, bleibt dem Konzept folgend in ihrer heutigen Gestalt erhalten als auch die kleinste Region Korsika mit lediglich 250000 Einwohnern. Gleiches gilt für die Regionen Centre, Provence-Alpes-Côte d‘Azur und eben für die Bretagne und das Pays-de-la-Loire.

Während bei Korsika und der Bretagne neben den obligatorischen Ängsten um den Verlust politischer Posten kulturgeschichtliche Gründe gegen eine Neuordnung sprachen und die Vereinigung der Normandie künstliche Verwaltungsgrenzen beseitigt, ist im Falle des Elsass die Orientierung an gewachsenen Räumen offenbar nachrangig. Dort könnte die Zusammenlegung mit den Regionen Lothringen (das ja nur zu einem kleinen Teil aus dem deutsch geprägten Ost-Lothringen besteht) sowie Champagne-Ardenne die Identität des Grenzlandes erheblich beeinflussen. Vor allem die Autonomisten befürchten eine noch weitergehende Französisierung des elsässischen Selbstverständnisses.

Andrée Münchenbach, Obfrau der autonomistischen Partei „Unser Land“, erklärte: „Die einzig sinnvolle Fusion ist die, die letztes Jahr vorgeschlagen wurde und der 58 Prozent der Elsässer zustimmten [aber eine Mehrheit im Oberelsass ablehnte, weshalb die Initiative scheiterte; Anm. d. Verf.]: der Zusammenschluss der Bezirke Unterelsaß und Oberelsass mit der Region Elsass.“ Konkret wies sie darauf hin, dass die bestehenden Programme zur Förderung der angestammten deutschen Mundarten und der Zweisprachigkeit angesichts des „republikanischen Egalitarismus“ im Falle einer Vereinigung ebenso gefährdet sein könnten wie die Sonderregelungen des auf die reichsdeutsche Zeit zurück-gehenden elsässisch-(ost)lothringischen Landesrechts. Innerhalb kürzester Zeit sammelten besorgte elässische Aktivisten bereits über 40000 Unterschriften für eine Petition gegen die möglichen Folgen der Regionalreform.

Pikanterweise erhalten die eher auf der politischen Linken verorteten Anhänger einer größeren elsässischen Selbstbestimmung in ihrer Ablehnung auch Unterstützung durch Sympathisanten des traditionell anti-föderalistischen Front National. Parteichefin Marine Le Pen nannte die Pläne einen „Angriff auf die Einheit der Republik“, sprich auf das jakobinische Erbe der einen, unteilbaren Grande Nation.

Diese unfreiwillige Allianz von Regionalisten und Zentralisten irritiert und zeigt, wie schwierig eine Bewertung jenseits des zweifellos problematischen Sonderfalls Elsass ist. Wenn aus dem Elysée-Palast verlautete, die neuen Regionen würden „mehr Verantwortung“ beispielsweise in Wirtschafts- und Verkehrsfragen erhalten, so könnte dies auf eine zumindest ansatzweise Abkehr von der in vielerlei Hinsicht nachteiligen zentralistischen französischen Staatstradition hindeuten. Andererseits steckt eben kein klares Konzept hinter dem Ganzen. Hollandes sozialistischer Parteifreund Claude Gewerch, Präsident der Region Picardie, kommentierte die mitunter willkürlichen, nur in Teilen kulturhistorisch legitimierten Zusammenlegungen bezeichnenderweise mit den Worten, diese seien ungefähr so gelaufen wie die französische Fernsehsendung „Lass’ Dich überraschen“.

Die gleichzeitig zur Formung leistungsfähigerer Großregionen ursprünglich geplante Abschaffung der 101 Departements ist wegen der dafür erforderlichen verfassungsändernden Mehrheiten auf die lange Bank geschoben worden. Denn obwohl bis auf den elsässischen Regionalpräsidenten Philippe Richert alle amtierenden Regionalchefs der Sozialistischen Partei angehören, ist der Widerstand aus diesem Kreis gegen Veränderungen des verwaltungstechnischen Status Quo massiv. Ministerpräsident Valls kündigte nicht von ungefähr an, dass die „schwierige“ Regionalreform nach den Debatten in der Nationalversammlung „sicherlich noch weiterentwickelt“ werde. Mit anderen Worten: Die in der letzten Woche in Paris beschlossene Neuordnung bleibt im krisengeschüttelten Frankreich ein heißes Thema.

Martin Schmidt


Uni-Kooperation trotz Krise

Ungeachtet der politischen Spannungen zwischen Berlin und Moskau hat in der vergangenen Woche die erste deutsch-russische Hochschule ihre Arbeit aufgenommen. Das „Deutsch-russische Institut für innovative Technologien“ in der tatarischen Hauptstadt Kasan bietet zunächst vier ingenieurwissenschaftliche Studiengänge an. Die Unterrichtssprache ist Englisch. Langfristig soll aus dem Projekt eine ganze Universität entstehen. Die Lehrpläne wurden von den beiden deutschen Partneruniversitäten in Magdeburg und Ilmenau erarbeitet, die auch einen Teil des Lehrkörpers stellen. Russischer Kooperationspartner ist die Tupolew-Universität in Kasan. Das Bundeswissenschaftsministerium fördert die Hochschulgründung mit einer Million Euro, von russischer Seite fließen rund zehn Millionen.

Während Russland bei der Eröffnungsfeier in Kasan durch Rustam Minnichanow, den Präsidenten der autonomen Republik Tatarstan, hochrangig vertreten war, war von deutscher Seite wegen der Ukraine-Krise lediglich der Botschafter in der Russischen Föderation aus Moskau angereist. Die gemeinsame Hochschulgründung verstößt nicht gegen die westlichen Embargobestimmungen, da es sich hierbei nicht um eine wirtschaftliche Betätigung, sondern um wissenschaftlichen und kulturellen Austausch handelt. J.H.


MELDUNGEN

Ehefrau greift nach der Macht

Harare – Steht Simbabwe ein Machtkampf um die Nachfolge des 90-jährigen Präsidenten Robert Mugabe bevor? Diese Frage beschäftigt nicht nur ausländische Medien, sondern auch die allmächtige, von dem Diktator angeführte Regierungspartei des Landes, die Zanu-PF. Joice Mujuru, Vizepräsidentin des Landes, aber auch Finanzminister Patrick Chinamasa machten sich bereits Hoffnung, den seit 34 Jahren regierenden Mugabe zeitnah zu beerben. Doch nachdem die Frauensektion der Zanu-PF Mugabes erst 49-jährige Ehefrau Grace zu ihrer Vorsitzenden gemacht hat, wird befürchtet, dass die einstige Sekretärin des Staatslenkers und Mutter seiner Kinder, die bisher nur durch ihre exzessiven Einkaufstouren von sich reden gemacht hat, nach der Macht zu greifen versucht. Sollte sich der Eindruck bestätigen, droht dem immer mehr verarmenden Land auch noch ein Machtkampf. Bel

 

Saudis begrüßen IS

Riad – Laut einem Bericht des auf Islamfragen spezialisierten Internetblogs „Muslim-statistics“ hat eine Meinungsumfrage in Saudi-Arabien ergeben, dass 92 Prozent der befragten Saudis glauben, die in Syrien und im Irak agierende Organisation „Islamischer Staat“ stehe in Übereinstimmung mit den Werten und Gesetzen des Islam. Ebenfalls angeführte Medienberichte aus Saudi-Arabien lassen darauf schließen, dass die Terror-organisation insbesondere auf die saudische Jugend eine erhebliche Faszination ausübt. Angeführt wird unter anderem die Zunahme von Internetseiten, auf denen T-Shirts vertrieben werden, mit denen zum Dschihad aufgerufen oder der „Islamische Staat“ glorifiziert wird. N.H.


S. 7 Wirtschaft

Mehr als blinder Aktionismus
ABS-Aufkaufprogramm der EZB kommt überstürzt – Spielt der Stichtag 17. Oktober eine Rolle?

Angeblich treiben Deflationsängste und die schwache Konjunktur die Europäische Zentralbank (EZB) zum erneuten Tabubruch. Doch ist das wirklich so?

Brav beteten die meisten Medien die offizielle Begründung der EZB für ihr neues drastisches Maßnahmenpaket nach. Doch von den meisten deutschen Experten hagelte es Kritik. Ex-EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark, Ex-Bundesbankpräsident Axel Weber, Clemens Fuest vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung und ifo-Präsident Hans-Werner Sinn sind hierbei nur die renommiertesten Zweifler an dem von EZB-Präsident Mario Draghi ge­wählten Kurs. Bundesbankpräsident Jens Weidmann soll sogar mit mindestens zwei anderen Zentralbankkollegen der Euro-Zone im EZB-Rat gegen die Entscheidung gestimmt haben, doch die Mehrheit in dem Gremium folgte dem Italiener Draghi.

Dieser betont, dass das niedrige Wirtschaftswachstum in der Euro-Zone und vor allem die mit 0,3 Prozent extrem niedrige Inflation die EZB zum Handeln gezwungen hätten. Mit der Senkung des Leitzinses von zuvor nur 0,15 Prozent auf jetzt 0,05 Prozent und die Erhöhung des Strafzinses für Übernachtanlagen von Banken bei der EZB auf minus 0,2 Prozent wollte man die im Umlauf befindliche Geldmenge erhöhen und die Banken dazu bewegen, mehr Kredite auszugeben.

Da auch Draghi weiß, dass derartige Maßnahmen nur noch symbolischer Natur sind, da man sich schon fast ganz unten auf der Zinsskala befindet, gab es eine Neuerung, die belegen soll, dass die EZB zu allem bereit sei, wie der Italiener selbst immer wieder betont: die Ankündigung eines ABS-Aufkaufprogramms durch die EZB. Das ist in den Augen vieler Experten nicht nur ein Tabubruch, sondern kommt einem Dammbruch gleich. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass man Risiken in solchen gebündelten Wertpapieren perfekt verschleiern kann. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, befürchtet gar, dass die EZB zu einer Art Mülldeponie für problembehaftete Wertpapiere werden könnte. Es bestehe das Risiko, „dass die EZB zur zentralen Bad Bank der Euro-Zone wird“.

Mit dieser Einschätzung ist Wansleben nicht allein, zudem ist völlig unklar, wer dafür haftet, wenn die EZB zu ABS-Papieren gebündelte Einzelkreditforderungen europäischer Banken aufkauft. Angeblich sollen diese alle von guter und gleicher Bonität sein und so frisches Geld in die Kassen der Banken spülen, damit diese wieder mehr Kredite vergeben und so die Wirtschaft ankurbeln. Dass diese aber momentan genug damit zu tun hat, in der derzeit schwierigen Lage genug zu verdienen, um ihre Altkredite zu bedienen und auch angesichts der trüben Konjunkturaussichten keinerlei Ansporn hat, neue Investitionen zu wagen, blenden Draghi und seine Mitläufer aus.

Und als wäre die EZB-Entscheidung für Aufkäufe von ABS-Papieren aufgrund ihrer Historie nicht bereits zweifelhaft genug, schließlich gelten sie mit als Auslöser der Finanzkrise 2008, die in die jetzige Euro-Krise mündete, so hat sich die Zentralbank auch noch einen Partner für die Abwicklung dieser Geschäfte gesucht, der bei Experten Entsetzen auslöst: den US-Vermögensverwalter Blackrock. Dieses weltweit am Finanzmarkt dominante Investment-Unternehmen verwaltet mehrere Billionen US-Dollar und hat zahlreiche Eigeninteressen.

Doch die EZB betont, sie selbst verfüge nicht über die nötige Infrastruktur, um derartige Geschäfte selber abzuwickeln. Spätestens hier sollten jetzt die Alarmglocken läuten. Wieso handelt Draghi dann so überstürzt? Erst Anfang Juni hatte die Zentralbank bereits ein großes Maßnahmenpaket verabschiedet. Darunter war schon ein Tabubruch, nämlich die erstmalige Erhebung eines Strafzinses für Bankanlagen bei der EZB. Schon vor drei Monaten warnten deutsche Ökonomen davor, dass Draghi mit seiner Politik des lockeren Geldes Blasenbildung an den Börsen fördere. Dass billig zu kaufendes Geld zu Fehlinvestitionen verleite, habe man mehrfach erlebt, die daraus resultierenden Zusam­menbrüche seien folgenschwerer als die diffusen Deflationsängste der EZB. Die niedrige Inflation sei zudem Folge davon, so Experten wie Sinn und Fuest, dass Krisen-Länder wie Griechenland, Spanien und Portugal, um im Rahmen der Gemeinschaftswährung wettbewerbsfähiger zu werden, die Preise senken müssten. Zudem habe auch der bis vor Kurzem im Vergleich zum US-Dollar hohe Euro-Kurs dafür gesorgt, dass Rohstoffe billiger importiert werden konnten und so die Preise weiter sanken.

Der zuvor hohe Euro-Kurs bietet bereits die erste Erklärung für das überstürzte Handeln der EZB. Da die Juni-Maßnahmen den Kurs nicht massiv genug senken konnten, wie es Länder wie Frankreich erhofft hatten, um ihre sinkende internationale Wettbewerbsfähigkeit durch Währungsabwertung kaschieren zu können, folgte nun innerhalb kürzester Zeit das zweite Paket. Und der Erfolg war zumindest in dieser Hinsicht sofort erkennbar: Der Euro-Kurs rutschte ab.

Doch das ist nicht der einzige Hinweis darauf, dass es der EZB nicht um ein gesundes Wirtschaftswachstum geht. So soll das ABS-Aufkaufprogramm bereits im Oktober starten. Zwar gibt es noch keine Details, doch offenbar drängt die Zeit. Warum, zeigt ein Blick auf den Terminkalender der Zentralbank. Am 17. Oktober sollen die Ergebnisse des Banken-Stresstests veröffentlicht werden. Ist es also möglich, dass Draghi nur so überstürzt handelt, um den von der Pleite bedrohten Banken noch schnell faule Kredite abkaufen zu können? Rebecca Bellano


Bruderkampf
US-Bundesstaaten jagen sich Firmen ab

Rick Perry, Gouverneur von Texas, dessen dritte Amtszeit in diesem Jahr zu Ende geht, hat nur noch eines im Sinn: die US-Präsidentschaftswahl 2016 und seine Kandidatur um den lange erträumten Einzug ins Weiße Haus. Mit allen Mitteln versucht der machtbewusste Texaner, seinen einst glanzvollen Ruf in der Politik wiederherzustellen, nachdem er bei der letzten Wahl 2012 durch peinliche Fehler in den Debatten vom Hoffnungsträger der Republikaner zum be­lächelten Verlierer abgerutscht war.

Perrys stärkste Karte ist dabei die Wirtschaft. Dabei hat er sich in den letzten Jahren gezielt die historische Rivalität zwischen Kalifornien und Texas zunutze gemacht und versucht, Unternehmen vom „Goldenen Staat“ in seinen Bundesstaat zu locken. Zuletzt gelang ihm dies mit Toyota. Der japanische Konzern verlegte seine US-Konzernzentrale von Torrance bei Los Angeles ins texanische Plano bei San Antonio. Davor war der Öl-Gigant Occidental Petroleum nach Houston übergesiedelt, nachdem er fast 100 Jahre bei Los Angeles seine Firmenzentrale gehabt hatte.

Um Unternehmen anzulocken, hat Perry vor zehn Jahren den „Texas Unternehmensfonds“ ge­gründet, den er stolz „Job-Maschine“ nennt. Über 500 Millionen US-Dollar aus Steuergeldern vergab der Fonds bereits, um Neuansiedlungen durch direkte oder indirekte finanzielle Anreize wie Steuererleichterungen zu versüßen. Toyota erhielt 40 Millionen US-Dollar aus dem Fonds für die Schaffung neuer Arbeitsplätze.

Doch jetzt hat Kaliforniens Gouverneur Jerry Brown zurückgeschlagen. Der Demokrat, der mit Geschick die desaströsen Finanzen seines Staates sanieren konnte, hat jetzt ein eigenes Konkurrenzprogramm gestartet. Nicht in Gestalt von direkten Geldgeschenken wie in Texas, sondern von Steuererleichterungen, die aber nur ge­währt werden, wenn die zugesagten Arbeitsplätze auch wirklich entstehen. Direkte Angebote gingen an Samsung und Petco, die bereits in Kalifornien sitzen, aber gehalten werden sollen, sowie den Internetgiganten Amazon im US-Bundesstaat Washington, um den auch die Texaner werben.

Liselotte Millauer


Militär hilft Thailand wieder auf
Militärjunta bringt Wirtschaft des Landes erstaunlich schnell auf Wachstumskurs

Drei Monate nach seinem Putsch im Mai ließ sich General Prayuth Chan-ocha (60) von der neuen parlamentarischen Versammlung zum neuen Premier Thailands wählen. Er war der einzige Kandidat, und weil eine Überraschung nicht zu erwarten war, befand der General es auch nicht für nötig, bei seiner Wahl anwesend zu sein. Die 197 Mitglieder der Versammlung sind handverlesen. Die meisten sind aktive oder pensionierte Offiziere. Parteimitglieder wurden dabei nicht ernannt. Als reine Formsache segnete der 86-jährige und schwerkranke König Bhumipol schon am Folgetag die Wahl des Premiers ab.

Das Programm der vierköpfigen Militärjunta, dem „Nationalen Rat für Frieden und Ordnung“, der weiter die Macht ausübt, besteht aus der erklärten Absicht, „dem Volk der Thai das Glück zurück-zubringen“. In der Tat gelang es den Generälen, die Investitionspläne der gestürzten Regierung von Yingluck Shinawatra, die wegen der Blockaden der Ministerien, Justizkampagnen und Boykotten der oppositionellen Blauhemden nicht ausgeführt werden konnten, schnell umzusetzen. So kommt der Bau dringend nötiger neuer Eisenbahnlinien und Schnellstraßen zügig voran. Ausländische Investitionen werden ebenfalls schnell positiv entschieden. Die Gehälter der Beamten wurden erhöht und zur allgemeinen Volksbeglückung Kinokarten landesweit kostenlos verteilt. Dazu brachte man die wilden Essensverkäufer in den Touristenzentren unter Kontrolle und zerschlug die Taxi-Mafia an den internationalen Flughäfen, die organisierte Bettelei und das illegale Holzfällen. Gleichzeitig wurden aber auch alle Wahlen verboten, selbst solche für Kommunalparlamente, die in Thailand schon seit über 100 Jahren stattfinden. Auch wurden 500 politische Aktivisten eingesperrt – die meisten allerdings nur vorübergehend.

Irgendwann, das haben die Militärs versprochen, soll auch eine Demokratie „nach Art der Thais“ wieder eingeführt werden. Es wird erwartet, dass die Generäle sich dann in einer neuen Verfassung eine Aufsichtsfunktion über Regierung und Parlament reservieren. Ohnehin glaubt die Bevölkerung, dass die Junta als Teil der nationalen Elite eher die Interessen der wohlhabenderen Blauhemden in Bangkok vertritt, die seit mehr als einem Jahrzehnt keine Wahlen mehr gewonnen haben, als jene der Rothemden Shinawatras, die von der armen Landbevölkerung des Nordens und Mittelthailands gewählt wurden. Nach zwölf Putschen seit 1932 und dem Ende der absoluten Monarchie in Thailand hat man einige Erfahrung mit der Herrschaft der Militärs. Ihre Politik war meist nicht besser oder schlechter als die der gewählten Politiker. Doch verließen sie ihre Posten angesichts der Versuchungen der unkontrollierten Macht ungleich reicher.

Über General Prayuth ist sehr wenig bekannt. Es gibt nicht einmal einen veröffentlichten Lebenslauf. Schlachten hat er nie geschlagen. Bei der von ihm organisierten Unterdrückung von Protesten in Bangkok im Jahr 2010 wurden mehr als 90 Menschen getötet. Seine jüngste Ernennung zum Premier kommt zeitgleich mit seiner gesetzlichen Zwangs­pensionierung aus dem Generalstab. So kann er in seiner neuen Funktion die Junta als Zivilist weiterführen.

Immerhin wuchs die Wirtschaft Thailands im zweiten Quartal wieder leicht, nachdem sie im ersten Halbjahr wegen der politischen Dauerkrawalle rückläufig war. Deutsche Unternehmen, die in Thailand produzieren, können endlich wieder aufatmen. Und VW hofft derzeit, von der Militärregierung die Genehmigung für den Bau eines Werkes nahe Ban-kok zu erhalten. Die Exporte erholen sich aber nur langsam. Die für Thailand wichtigen Besuche von Auslandstouristen haben um zehn Prozent abgenommen. Nur die Deutschen kommen weiter unverdrossen in neuen Rekordzahlen. Doch liegt die durchschnittliche Auslastung der Hotels gerade einmal bei 47 Prozent, einem Vierjahrestief. Im Vorjahr hatte sie noch bei 60 Prozent gelegen. Albrecht Rothacher


MELDUNGEN

Kreditausfälle belasten Zypern

Nikosia – Nach nun veröffentlichten Daten der Zentralbank Zyperns wurden mit Stand Ende Juni 46,5 Prozent aller in dem Euro-Mitgliedsland vergebenen Kredite nicht mehr ordnungsgemäß bedient. Bei lediglich 1,12 Millionen Einwohnern betrug das Volumen der sogenannten „non performing loans“ auf Zypern damit 27,81 Milliarden Euro. Mit 72 Prozent wies der Bausektor Zyperns die höchste Ausfallquote bei Krediten auf. N.H.

 

Athen will Steuern senken

Athen – Nachdem die griechische Wirtschaft in den letzten Monaten langsamer geschrumpft ist, ist Ministerpräsident Antonis Samaras überzeugt, dass in der zweiten Jahreshälfte erstmals nach 24 Quartalen Talfahrt ein Wirtschaftswachstum zu verzeichnen sein wird. Angesichts dieser Perspektive und der anstehenden Präsidentenwahl im Februar 2015 hat er nun ein breit angelegtes Steuersenkungsprogramm in Aussicht gestellt. Bel

 

US-Dominanz brechen

Berlin – Unter Leitung des früheren Deutschlandchefs der Rating-agentur Standard & Poor’s, Torsten Hinrichs, will sich das in Berlin ansässige Unternehmen Scope zu einer großen europäischen Ratingagentur etablieren. Da Scope im Gegensatz zu anderen europäischen Konkurrenten nicht nur einzelne, sondern eine Vielzahl von erfahrenen Rating-Spezialisten engagiert hat, geben laut einem Bericht der „Neuen Zürcher Zeitung“ Branchenexperten dem Versuch, den bisher marktbeherrschenden US-Agenturen Konkurrenz zu machen, ernsthafte Erfolgschancen. N.H.


S. 8 Forum

Altes Feindbild
von Manuela Rosenthal-Kappi

Na endlich ist die Welt wieder in Ordnung! Die Nato hat ein bewährtes Feindbild und damit ihre eigene Existenzberechtigung neu belebt. Als sich die Nato-Mitglieder vergangene Woche zu ihrem Gipfel in Wales trafen, war klar, dass das vordringliche Thema die „russische Aggression in der Ukraine“ sein würde. So einigte man sich auf die Bildung einer schnellen Eingreiftruppe und die Einrichtung von fünf neuen Militärbasen in Litauen, Lettland, Estland und Polen.

Einerseits kehrt die Nato damit zu ihrer eigentlichen Aufgabe als Militärbündnis zurück, andererseits kommen mit dem Beschluss und der Aufforderung von Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen an die Mitgliedsstaaten, ihre Militärausgaben zu erhöhen, wieder neue Kosten auf uns zu. Dies wird sich nicht vermeiden lassen.

Die Nato sollte sich aber auf ihre Aufgabe, die Grenzen zu sichern, beschränken und nicht darüber hinausgehen. Schon gar nicht sollte sie eine weitere Ausdehnung der Nato-Grenzen nach Osten betreiben, um die russischen Phobien nicht weiter anzuheizen. Der „starke Putin“ an der Spitze des Riesenreichs Russland bietet eine ideale Projektionsvorlage für das alte, neue Feindbild.


»Glaubensbrüder«
von Rebecca Bellano

Wie aufgeschreckte Hühner reagierten Deutschlands Politiker auf die Nachricht, dass in Wuppertal jetzt eine selbsternannte Scharia-Polizei unterwegs sei, die als Tugendwächter muslimische Passanten auf den Koran-konformen Weg bringe. Am Ende soll diese nun nur eine Art Scherz gewesen sein, wie es aus der dortigen Salfistenszene heißt, trotzdem steht dahinter eine ernstzunehmende Weltanschauung.

Diese sollte gar nicht zuerst uns Nicht-Muslime erschrecken, denn wir stehen – zumindest noch nicht – im Fokus der Salafisten. Derzeit versuchen sie überwiegend noch im Kreis der Muslime selbst, diese für ihre Ideen zu begeistern. Das heißt, es sind vor allem muslimische Familien, deren Söhne für den Dschihad angeworben werden, und es sind vor allem muslimische Gastronomen, denen die Salafisten die Kunden abspenstig zu machen versuchen. Schließlich gilt Alkohol im Islam als verboten, was muslimische Gastwirte nicht daran hindert, gutes Geld damit zu verdienen, ihren westlich orientierten Glaubensbrüdern diesen zu verkaufen.

Und noch eine Meldung der letzten Tage sollte in muslimsichen Kreisen eine Art Erweck-ungserlebnis erzeugt haben. Der ehemalige Berliner Rapper Deso Dogg, heute unter dem Namen Abu Talha Al-Almani einer der führenden Köpfe der Terroristenvereinigung Islamischer Staat, hat wieder zum Mikro gegriffen und singt, wem er als erstes mit einem stumpfen Schwert den Kopf abschlagen will: Muslimen, die sich dem westlichen Lebensstil angepasst haben. Es wird also spannend, wie lange sich diese noch derartiges bieten lassen.


Schotten stellen die Weichen
von Hans Heckel

Zum Ende steht es Spitz auf Knopf: Hatten lange Zeit die Gegner eines eigenständigen Schottland die Nase weit vorn, errangen die Separatisten zuletzt bei einer Umfrage einen leichten Vorsprung. Es scheint also angezeigt, sich über die Konsequenzen für Deutschland und Europa Gedanken zu machen, wenn die Schotten am kommenden Donnerstag Ja sagen zu einem eigenen Staat, zum „Weg von London“.

Eingedenk der Erfahrungen, etwa der feindseligen britischen Haltung zum deutschen Kaiserreich ebenso wie zur deutschen Vereinigung 1990, mag es vielen Deutschen durchaus gelegen kommen, wenn sich das Gewicht des britischen Staates durch eine Abtrennung des Nordens weiter reduziert. Und hatte das damals mächtige Britannien zunächst eine (von den Deutschen kaum verstandene) Gegnerschaft zu uns „Vettern auf dem Kontinent“ entwickelt, so machte es sich später zum Erfüllungsgehilfen der US-Politik. Auch Letzteres führte, etwa während des Irakkrieges 2003, zur Opposition gegen Berlin.

Nun könnte es allerdings passieren, dass die Anbindung an die USA nach einer Abtrennung Schottlands sogar noch stärker wird. Ohne den Norden läuft London nämlich Gefahr, aus der Riege der vier europäischen „Großen“, zu der neben Großbritannien noch Russland, Frankreich und Deutschland zählen, herauszufallen. Damit würde die Neigung, sich erst recht Washington zu unterwerfen, noch stärker werden. Nur mit den USA im Rücken, so die mögliche Kalkulation der Engländer, hätte London in Europa überhaupt noch eine Stimme.

Zudem wirkte eine schottische Unabhängigkeit als massive Ermutigung für andere Abspaltungsbewegungen: Katalonien, Korsika, Norditalien oder Flandern werden von starken Separatisten-Bewegungen erschüttert, ja selbst in Bayern wurden unlängst merkwürdige Planspiele in die Debatte geworfen. Dort fühlt man sich (zu Recht!) vom Länderfinanzausgleich benachteiligt. Auch schmerzt der gefühlte Bedeutungsverlust im Bund, der durch die deutsche Einheit und den relativen Niedergang der CSU eingeläutet wurde.

Wo soll das aber enden? „Wollen wir denn nur noch Fetzen sehen in Europa?“, fragte der jüngst verstorbene Peter Scholl-Latour anlässlich der Anerkennung eines unabhängigen Kosovo.

Ein weiter zerklüfteter Kontinent, der dereinst wie eine vergrößerte Wiederauflage des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation nach dem Dreißigjährigen Krieg anmutet, nützt entweder auswärtigen Konkurrenten, die mit den vielen kleinen Bällen ein weitaus leichteres Spiel hätten als mit verhältnismäßig großen europäischen Staaten. Oder er nützt dem nach immer mehr Macht strebenden EU-Zentralismus. Beides ist im Sinne Europas nicht zu wünschen.


Moment mal!
Die Friedensbombe
von Klaus Rainer Röhl

Als ich zehn Jahre alt war, streckte der „Führer“ dauernd seine Friedenshand aus. Täglich mehrere Male. Ich weiß das so genau, weil bei uns das Radio den ganzen Tag lief, wie in vielen amerikanischen Haushalten heute noch das Fernsehen. Die Schlager, die es damals auch gab, von Zarah Leander bis Marika Rökk gesungen, hörte man nur am Abend, ich bin mit Operettenmelodien von Millöcker und Franz Lehar groß geworden. Die Olympiade, ein wahres Fest des Friedens, hatte der „Führer“ schon erfolgreich geleitet. Trotzdem herrschte in der Welt Kriegsgefahr. Alle wollten Frieden, zu dem der „Führer“ ständig der Welt die Hand reichte. Es hätte auch fast geklappt, Chamberlain und Daladier, die englischen und französischen Staatslenker, ergriffen die Friedenshand und gaben ein Stück nach dem anderen der Länder, in denen sowieso Deutsche wohnten, dem „Führer“ zurück, und die Deutschen kamen dahin, wohin sie schon immer wollten: Heim ins Reich.

Kommt Ihnen das auch irgendwie bekannt vor, wenn Sie heute die Nachrichten sehen? Wir Danziger, die in dem im Versailler Vertrag 1919 neu geschaffenen „Freistaat Danzig“, in dem fast nur Deutsche lebten, wollten auch wieder ins Reich. Noch hatten wir als Währung den Gulden, und das Kleingeld, mit dem wir Kinder den Kuchen um die Ecke kauften, hieß Groschen. Aber im Radio kam immer wieder die Sache mit dem Frieden. Nur unterbrochen vom „Land des Lächelns“ und seinem „Dein ist mein ganzes Herz“. Und die Friedenshand des Führers, die ausgestreckt blieb. Bis seine Geduld auch mal zu Ende war. Und der Zweite Weltkrieg begann, bei uns in Danzig, obwohl die Franzosen keine Lust hatten, für Danzig zu sterben. „Mourir pour Danzig?“,fragten sie sich. Aber sie wurden nicht lange gefragt. Der Zweite Weltkrieg begann. Er forderte rund 60 Millionen Tote.

Hat sich seitdem viel verändert? Immer noch streckt jemand die Friedenshand aus, und die anderen schlagen sie aus. 75 Jahre sind vergangen, aber die Friedenshand des großen Führers ist immer noch ausgestreckt. Diesmal heißt er Putin und will auch nur das heimholen, was eigentlich zu seinem Reich gehört – und in seinen Radio- und Fernsehsendern wird täglich die Friedenshand ausgestreckt.

„Nie wieder Krieg!“, riefen wir als Studenten und wurden sofort als Kommunisten verschrien, so lange, bis ich eines Tages wirklich Kommunist wurde. Eine Kinderkrankheit, die ansteckend ist, aber heilbar. Das macht immun gegen weitere Anfälle von monokausalen Erklärungen und Verehrung von großen Männern. Stalin hatte nach dem Krieg in der Sowjetischen Besatzungszone einen eigenen Staat eingerichtet, in dem die Kommunisten regierten. Zusammen mit der nicht ganz ohne Drohungen mit dem Schlimmsten zustande gekommenen Vereinigung der SPD mit der KPD. SED nannte sich die neue Partei, und die gibt es heute noch. Sie heißt jetzt „Die Linke“ und die Mitglieder, die nicht gestorben sind, sind heute noch drin. Die Kommunisten hatten nach dem Krieg in der russischen Zone einen neuen Staat errichtet, hatten auch eine gewisse Freiheit, die aber durch den Geheimdienst der sowjetischen Besatzungsmacht kontrolliert wurde. Der Chef dieses Geheimdienstes – dreimal dürfen sie raten – hieß Wladimir Putin, er kennt Deutschland gut, spricht fließend Deutsch. Und weil der Agentenchef so tüchtig war in Deutschland, wurde er bald nach ganz oben befördert und ist, wie durch ein Wunder, zu einem „lupenreinen Demokraten“ geworden, meinen jedenfalls seine deutschen Verehrer. Er mag nur keine Schwulen, Rapmusiker und Nichtstuer.

In der Zeit, an die sich viele ältere Mitglieder der Linkspartei immer noch gern erinnern, nannten sich die SED-Mitglieder auch nie Kommunisten, sondern „Friedensfreunde“. Die „Friedensfreunde“ in der Bundesrepublik gingen ab 1957 massiv auf die Straßen und protestierten – gegen Atomwaffen. Die Herren in Ostberlin hatten 1962 mit Genehmigung der sowjetischen Kontrolleure auch eine eigene Partei gegründet und die hieß eben … na? „Friedensunion“. „Deutsche Friedensunion“ (DFU). Da kenne ich mich gut aus, weil ihre Chefin, Renate Riemeck, die Pflegemutter meiner Frau Ulrike Meinhof war. „Frieden schaffen ohne Waffen.“ Sie hatten nur ein Problem: dass die Sowjets auch Atomwaffen besaßen, und mit Hilfe tüchtiger deutscher Erfinder, die man bei Kriegsende gleich einkassiert hatte, auch die zum Einsatz nötigen Raketen. Was also sagen zu den sowjetischen Atomwaffen? Mehr oder weniger offen wurde verbreitet, dass die sowjetischen Atomwaffen nur dem Frieden dienten. Eine Behauptung, die niemand nachprüfen konnte. Die russischen Atombomben waren also sozusagen – allen Ernstes – Friedensbomben! Die Lösung leuchtete nur sehr einfachen Gemütern ein, die auch heute noch nicht ausgestorben sind.

Inzwischen war KGB-Chef Putin, den wir ganz aus den Augen verloren haben, in Russland ganz nach oben aufgestiegen. Und als er sich umsah und zusammenrechnete, was durch Gorbatschow und seine Perestroika dem großen Russland verloren gegangen war, entschloss er sich, die durch unglückliche Umstände und Fehler seiner Vorgänger abhanden gekommenen Gebiete wieder einzusammeln und ihre Bewohner heim ins Reich zu holen, also zuerst den Kaukasus, Georgien und schließlich auch die strategisch wichtige Krim. Nun haben seine Anhänger, unterstützt von „Urlaubern und Soldaten, die sich in die Ukraine verirrt“ hatten, die größten und industriell wichtigen Teile der Ostukraine besetzt, und Putin nennt dieses Gebiet Neu-Russland. Nur dieses eine noch, mehr will er nun wirklich nicht mehr heim ins Reich holen. Versprochen! Er stiftet erst mal einen Waffenstillstand, und nie vergisst er, vorher und nachher die Friedenshand weit auszustrecken. Nur – wer ihm die Hand gibt, zähle seine Finger.

Meinetwegen ist der Westen zu schwach, um unterhalb der Schwelle eines neuen Krieges etwas gegen die völkerrechtswidrige Besetzung fremder Territorien zu unternehmen. Schwach ja, aber doch nicht auch noch blöd.

Fassen wir zusammen, was unstrittig ist: Es gibt ein Abkommen mit der Ukraine, das ihre Grenzen garantieren sollte. Dafür bekam Russland die dort stationierten Atomwaffen. Die Ukraine hat daran nicht gerüttelt, sie hat nur ihre Fühler nach dem Westen und der EU ausgestreckt, wozu sie von westlichen Staatsmännern, allen voran unserem Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, massiv ermuntert wurde. Die sogenannte Volksabstimmung auf der Krim – gegen die Mehrheit der Krimtataren – war eine reine Propagandaschau, nicht einmal besonders geschickt inszeniert, so kam es an einzelnen Stellen zu Ja-Stimmen von 123 Prozent. Die abenteuerlich kostümierten „Freiwilligen“ hat inzwischen selbst Putin als Russen bezeichnet, dem es an offenem Zynismus ja nicht mangelt, wie die Bemerkung, er könnte in 14 Tagen, wenn er nur wolle, in Kiew einmarschieren.

Sind wir nun dabei, auf die russische Propaganda in der Bundesrepublik reinzufallen und von allzu bereitwilligen Putin-Verstehern zu Putin-Anhängern zu werden? Dann ohne mich.


S. 9 Kultur

In der Geschichtsfabrik
Zwischen Walzlagern und Dampfhämmern − Industriemuseum in Oberhausen geht in mehreren Standorten der Arbeitswelt nach

Oberhausen ist einer der Orte, an denen die Industrialisierung des Ruhrgebietes ihren Anfang nahm. Hier gab es − wie auch in Ober­schlesien − die ersten Zechen und Eisenhütten. Dieses geschichtliche Erbe soll heute bewahrt werden.

Das LVR-Industriemuseum hat seinen Sitz in Oberhausen. Es handelt sich um ein dezentrales Museum mit Standorten in sechs Kommunen des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR).

Geplant wurde das Museum in den 1970er Jahren durch das Rheinische Amt für Denkmalpflege sowie das Rheinische Muse­umsamt. Am 10. Mai 1984 gründete der Landschaftsverband Rheinland das Museum. Es trägt den Untertitel „Rheinisches Landesmuseum für Industrie- und Sozialgeschichte“. Unterstützt wurde der Aufbau von der Landesregierung NRW, aus der Denkmalpflege, von den beteiligten Städten und durch Fördervereine an den jeweiligen Standorten.

Der Slogan des Museums lautet: „Sechs Schauplätze, ein Muse­um“. In denkmalgeschützten, teils noch komplett erhaltenen Fabriken werden nicht nur die technischen Aspekte der Arbeitswelt des Industriezeitalters dargestellt, sondern auch gesellschaftliche, soziale und geschichtliche Bereiche museal aufbereitet. Insofern unterscheidet sich das Konzept dieses Museums deutlich von anderen Technik- oder Freilichtmuseen. Textil, Metall, Papier und Elektrizität zeigen als Schwerpunkte typische Zweige der rheinischen Industrielandschaft auf.

„Die Industriegeschichte ist ein integrierter Bestandteil der Ge­schichte“, sagt Burkhard Zeppenfeld, der kommissarische Leiter der Zinkfabrik Altenberg in Oberhausen. „Schlösser und Burgen haben natürlich ihren eigenen Reiz. Unsere Gesellschaft ist aber ohne die Industrialisierung nicht zu denken.“

Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckten Investoren aus Frankreich und Belgien die Region nördlich der Ruhr als zukunfts­trächtigen Industrieraum. 1853 kaufte die belgische Société anonyme des Mines et Fonderies de Zinc de la Vieille-Montagne (Aktiengesellschaft für Bergbau und Zinkhütten vom Alten Berg) aus Lüttich ein Grundstück auf der Lipper Heide in Oberhausen, um dort ein Zinkwalzwerk zu errichten. Der Standort war preisgünstig und außerdem gut gelegen: Sowohl in unmittelbarer Nähe zur Köln-Mindener Bahnstation als auch zur Zeche Concordia. Der Zollverein der deutschen Staaten hatte zur Abwehr von Importen Zollschranken eingeführt, so dass sich die Einfuhr von belgischen Produkten nicht mehr lohnte. Da die Gesellschaft Standorte in Mülheim-Eppinghofen, Essen-Borbeck und nun auch in Oberhausen besaß, galt sie als einheimisches Unternehmen. 1855 wurde das Walzwerk in Betrieb genommen. Anschließend begann der Bau einer Röstanlage, dieser wurde 1857 abgeschlossen. Die Anfänge der Produktion verliefen allerdings nicht problemlos. Die Société, von den Oberhausenern „Filimontang“ genannt, hatte zunächst Schwierigkeiten, Ar­beitskräfte zu finden beziehungsweise diese an sich zu binden. Dafür gab es mehrere Gründe. Zum einen war die Arbeit in der Zinkfabrik ein harter Knochenjob. Daher führte das Unternehmen soziale Anreize ein: eine betriebliche Krankenkasse, eine Invaliden- und Pensionskasse sowie den Bau von Arbeiterwohnraum. Die Umweltprobleme konnten mit der damaligen Technologie noch nicht eingedämmt werden.

Zum Werksgelände hinter dem Oberhausener Hauptbahnhof gehören mehrere Gebäude. In der Walzhalle fand die eigentliche Produktion statt. Die Halle wurde in Stahlskelettbauweise errichtet und erstreckt sich über dreiviertel des Werksgeländes: 156 Meter lang, 36 Meter breit, neun bis 15 Meter hoch mit einer Nutzfläche von 3500 Quadratmetern. Im westlichen Bereich der Halle blieb ein Schwungrad erhalten, im östlichen ein Schmelzofen mit dazugehörigem Gießkarussell.

Heute befindet sich dort das eigentliche Museum mit der Dauerausstellung „Schwerindustrie“. Im Magazin wurden Arbeitsmaterialien gelagert. Außerdem befanden sich dort die Pförtnerloge und Sozialräume für die Belegschaft. Heute sitzt dort die Museumsverwaltung. Das Kesselhaus wurde aus Ziegeln gebaut. Dort wurde Dampf zur Energiegewinnung erzeugt. In der Elektrozentrale wurde mithilfe von Gleichstromgeneratoren Strom erzeugt beziehungsweise später umgewandelt. Jetzt wird dort die Ausstellung „Stadtwerk“ gezeigt.

Walzenlager (1909), Eisenlager (1952), Schmiede und Schlosserei (ab 1904), Klempnerei (1952), Fertigungshalle (1950/71) sowie Schreinerei und Lager (1951) kommen hinzu. Auf einem parkähnlichen Gelände ne­ben der Gesamtanlage befindet sich die zweieinhalbgeschossige Villa des Fabrikdirektors. Dort saßen auch die Betriebskrankenkasse und das Personal- und Lohnbüro.

Die Gebäude auf dem Gelände stellen ein Ensemble unter­schiedlicher Einzelelemente dar: Je nach Baujahr und Funktion unterscheiden sich die Gebäude stark voneinander in Größe, formaler Er­scheinung, Raumangebot und Erhaltungszustand.

1981 wurde die Zinkfabrik Altenberg geschlossen. Mit ein Grund dafür waren auch die Umweltprobleme. Dementsprechend fand die Stadt Oberhausen nach dem Erwerb des Werksgeländes eine stark kontaminierte Brachfläche vor. Der Boden und die Gebäude wiesen hohe Belastungen mit Blei, Cadmium und Schwefelverbindungen auf. Die Sanierungskosten beliefen sich am Ende auf seinerzeit 13 Millionen D-Mark.

1983 kam erstmals die Idee von einem Industriemuseum des Landschaftsverbandes Rheinland in der Zinkfabrik Altenberg in der Öffentlichkeit auf. Am 19. August 1997 eröffnete das LVR-Industriemuseum Oberhausen nach um­fangreichen Renovierungsarbeiten sowie umweltverträglicher Aufbereitung seine Pforten.

Die Dauerausstellung „Schwerindustrie“ erzählt vom Alltag von Männern und Frauen, die in der Eisen- und Stahlindustrie „ma­lochten“, von der Macht der Industriebarone und von einer Region, die sich in wenigen Jahrzehnten vom Ackerland in das größte Industriezentrum der Welt verwandelte.

Museen sind nach den Worten des Museumsleiters Zeppenfelds ein „Archiv für Dinge“. Dementsprechend werden mögliche Ausstellungsgegenstände gezielt hinzugesammelt. Man arbeite auch firmengeschichtlich. So konnte beispielsweise die Firma MAN in der St. Anthony-Hütte seine Historie vorstellen.

Die Gesenkschmiede Hendrichs in Solingen, die Textilfabrik Cromford Ratingen, die Tuchfabrik Müller in Euskirchen, die Baumwollspinnerei Ermen & Engels in Engelskirchen und das Papiermuseum Alte Dombach sind weitere Standorte des Industriemuseums.

Rund 40000 Besucher kommen durchschnittlich im Jahr in die Ausstellung in Oberhausen. Rund 45 Prozent davon sind Schulklassen. „Wir sind außerschulischer Lernort“, betont Zeppenfeld. Ganz egal, ob Familie, Rentnergruppe oder Besucher aus den Niederlanden – ganz gemischt sind die Besuchergruppen, die in das Museum kommen.

Die St. Anthony-Hütte, die Arbeitersiedlung Eisenheim sowie ein Museumsgleis auf dem nahegelegenen Oberhausener Hauptbahnhof komplettieren die Ausstellung. Andreas Rüdig


Weidmanns Heil
Vor 100 Jahren starb Hermann Löns im Krieg

Zwischen Walsrode und Fallingbostel befindet sich im Tietlinger Wacholderhain das Hermann-Löns-Grab. Unter ei­nem Findling liegen die Gebeine, die dem Naturschriftsteller gehören sollen. Sicher ist das nicht. Denn Löns, der sich als

48-Jähriger gegen Ende August 1914 freiwillig an die Kriegsfront gemeldet hatte, fiel nur vier Wochen später am 26. September bei seinem ersten Sturmangriff in der Marneschlacht. Als ein Bauer 1933 beim Pflügen seines Ackers bei Loivre in der Champagne ein Skelett und daneben Löns’ Erkennungsmarke entdeckte, wurden die Ge­beine in die Lüneburger Heide überführt und mit einer Urkunde Hitlers in der steinernen Grabkammer beigesetzt.

Die Nationalsozialisten hatten damit einen Pilgerort für einen Autoren geschaffen, den sie als „Blut-und-Boden-Dichter“ verehrten. Eine Bezeichnung, gegen die sich Löns zu Lebzeiten mit Sicherheit gewehrt hätte. Denn der 1866 im westpreußischen Kulm geborene Sohn eines Gymnasiallehrers hat sich weder als Journalist in Hannover oder Bückeburg noch als Heimatdichter in der Lüneburger Heide mit nationalen oder völkischen Themen befasst. Der Begriff „Heimatdichter“ reicht im Fall von Löns allein aus, um ihn bis heute als Autor an den rechten Rand zu schieben. Einzig private Äußerungen, in denen er sich antisemitisch äußerte, dienten als Grundlage, um auch sein literarisches Werk anzufeinden.

Dabei hat der passionierte Weidmann in seinen Tier-, Wald- und Jagdgeschichten präzise Naturbeobach­tungen geliefert, die − angereichert mit einer Prise Witz und einer Portion Plattdeutsch in der Dialogsprache von vermenschlichten Mümmel­männern oder Füchsen − jenseits aller politisch-ideologischen Verdächtigungen liegen. Tatsächlich ist es sein Verdienst, die bis dahin touristisch kaum bekannte Lüneburger Heide literarisch ähnlich wirkungsvoll auf die Landkarte gesetzt zu haben, wie es nach 1945 nur noch dem Bargfelder Autor Arno Schmidt gelang. H. Tews


Zum Abschalten!
Fernsehen während des Sommers war zum Abgewöhnen − Eine TV-Kritik

Am Ende fast jeder RTL-Werbepause plärrte es in den letzten Wochen: „Sommer gut, alles gut.“ Das freilich stimmte weder in Bezug auf das regnerische Wetter noch mit Blick auf das Fernsehprogramm. Vielmehr mussten die geplagten Zuschauer auch in diesem Jahr wieder erleben, wie die Sender ihnen an den langen Tagen des Jahres „Unterhaltungskunst“ zu­muten, die eigentlich nur noch zu einem taugt, nämlich den vielbeschworenen „Untergang des Abendlandes“ zu bezeugen.

Dabei verschwimmen die Un­terschiede zwischen dem öffentlich-rechtlichen und damit reichlich vom Bürger alimentierten „Qualitätsfernsehen“ und den Privaten immer mehr. Das erstere scheint nämlich offenbar aus Quotenangst bloß noch die Grundversorgung mit Krimis, Sport, Volksmusik und Liebesschnulzen absichern zu wollen.

Überhaupt: das Herz-Schmerz-Programm! Das beschränkt sich längst nicht mehr nur auf Rosamunde-Pilcher- und Inga-Lindström-Verfilmungen, sondern um­fasst zugleich all die unzähligen Seifenopern am Nachmittag und Vorabend, in denen die Zahl der Quotenschwulen und -migranten genauso schnell zunimmt wie in den übrigen Unterhaltungssendungen. Verschwörungstheoretiker könnten hier einen geheimen Umerziehungsauftrag wittern, zumal es ja ebenso noch die dreisten, aber politisch korrekten Manipulationen bei „Ranking-Shows“ wie „Deutschlands Beste“ gab.

Andererseits sind die Öffentlich-Rechtlichen auch nicht komplett unfähig, Qualität zu produzieren, jedoch verstecken sie die­se aus Angst vor der eigenen Courage auf Sendeplätzen um Mitternacht oder es erfolgt eine Auslagerung zu Arte und Phoenix.

Unabhängig vom Inhalt nerven außerdem natürlich die zahllosen Wiederholungen: So stammt mittlerweile ein Drittel des Sommerprogramms von ARD und ZDF aus dem Archiv. Die Entschuldigung dafür lautet, dass die Zu­schauerzahlen zwischen Juni und September ja um 25 Prozent sinken. Allerdings stellt sich hier die Frage nach der Ursache: Liegt dies wirklich am jahreszeitlichen Desinteresse der Fernsehkonsumenten, von denen immerhin nur die knappe Hälfte zu einer Urlaubsreise aufbricht, oder trägt nicht vielleicht doch das Niveau des Sommerprogramms die Schuld?

Die Privatsender wiederum traktierten ihre Opfer gleichfalls mit Konservenware, wozu unter anderem die „Sommer-Specials“ zählen, also jene unsäglichen Zu­sammenschnitte aus Sendungen, die schon im Urzustand niemandem vom Stuhl ge­rissen haben.

Daneben gab es aber auch frische Kost, wie das August-„Highlight“ namens „Promi Big Brother“, das nach folgenden Schema ablief: Allseits bekannte Persönlichkeiten (zu nennen wären hier eine Ex-Pornodarstellerin, ein beim Sex mit dem Pop-Titanen Dieter Bohlen ertapptes und deswegen bekannt gewordenes „Teppichluder“ und der Adoptivprinz Mario-Max zu Schaumburg-Lippe) wurden für zwei Wochen in einem mehr oder minder verlotterten Häuschen unter Dauerbewachung der Kameras von Sat1 gestellt. Heraus kamen dann so geschmacklose Szenen wie die, in der ein gealterter Musikant na­mens Hubert Kah vor drei Millionen Zuschauern an seinen Unterhosen schnüffelt, um den Grad der Verschmutzung zu eruieren.

Keine Schlüpfer oder ähnliche Accessoires benötigte hingegen das „Sozialexperiment“ „Adam sucht Eva. Gestrandet im Paradies“, mit dem wohl sämtlichen Spannern der Nation die Gelegenheit gegeben werden sollte, sich von der RTL-„Bachelorette“ Anna zu erholen, welche so enttäuschend spröde aufgetreten war, dass einige der 25 Herren, die um die Gunst der Dame buhlen sollten, zum alten Trick des „Schöntrinkens“ greifen mussten.

Und nach der Nackt-Kuppel-Show, welche allerdings so seicht blieb wie das Wasser der Lagune der Trauminsel, auf der die entblößten Probanden sichtlich desorientiert herumstolperten, folgte dann gleich noch „Was wäre wenn?“, die „Comedy-Show, die wehtut“. Hier hat der Sender ausnahmsweise nicht zu viel versprochen. Spätestens als der „Humorist“ Jan Böhmermann mit einem Hitlerbärtchen durch die Kölner Innenstadt zog und im Asia-Im­biss „Nazi-Goreng“ orderte, wa­ren die versprochenen Schmerzen tatsächlich da. W. Kaufmann


S. 10 Geschichte

Das unbewusst gesteuerte Wesen
Der vor 75 Jahren gestorbene Psychoanalytiker Sigmund Freud veränderte das Denken über den Menschen

Wenn ein Name als Synonym für eine Wissenschaft gilt, dann ist es der Sigmund Freuds für die Psychologie. Der Begründer der Psychoanalyse war einer der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts.

Das Thema der Dissertation, mit der Sigmund Freud zum Doktor der Medizin promovierte, hatte so gar nichts mit seiner späteren Lebensaufgabe zu tun. Er hatte das Rückenmark niederer Fische untersucht. Von dort war es ein weiter Weg zur Psychoanalyse, zur Erforschung des Unterbewusstseins und unserer Träume, als deren Vorreiter der Neurologe gilt. Er hat das Denken über das menschliche Verhalten verändert. Vor 75 Jahren starb Sigmund Freud am 23. September 1939 in London.

Die Erkenntnisse Sigmund Freuds sind immer umstritten gewesen, sie sind es bis heute. Kritiker werfen ihm vor, seine Theorien nicht ausreichend wissenschaftlich begründet zu haben, sie könnten empirisch nicht belegt werden. Gleichwohl wurden und werden seine Erkenntnisse weiter entwickelt, teilweise entfernt sich die moderne Psychoanalyse dabei von den Theorien Freuds. Bei aller Anerkennung des Lebenswerkes begleiteten Freud diese Auseinandersetzungen, seit er seinen ersten wissenschaftlichen Vortrag über die Hypnose gehalten hatte. Der Mann, der frühkindlichen Erfahrungen eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der Persönlichkeit zuschrieb, wurde am 6. Mai 1856 in Freiberg (Mähren) in die Familie des jüdischen Wollhändlers Kallamon Jacob Freud geboren. Der Vater war zum Zeitpunkt der Geburt 40 Jahre alt, in dritter Ehe verheiratet, zwei Halbbrüder waren 20 Jahre älter. Weitere sieben Geschwister wurden nach Sigmund geboren.

Die 1857 vom Zusammenbruch einer Bank in New York ausgehende Krise der Weltwirtschaft ruinierte den Wollhändler Freud. Verarmt zog die Familie nach Leipzig, bald darauf nach Wien. Die Schule schloss Sigmund Freud mit Auszeichnung ab. An der Universität Wien nahm er das Studium der Medizin auf. Nach dessen Abschluss arbeitete er im Wiener Allgemeinen Krankenhaus im Laboratorium für Gehirnanatomie. In jenen Jahren waren Experimente mit Drogen ziemlich angesagt. Freud war dabei. Er untersuchte die Wirkung von Kokain, dessen Wirkung noch weitgehend unbekannt war. Freud experimentierte mit Selbstversuchen. Der Versuch, einen morphiumsüchtigen Freund und Kollegen mittels Kokain von seiner Abhängigkeit zu heilen, ging gründlich daneben, der Freund wurde kokainsüchtig.

Nach ersten Erfahrungen mit der Hypnose forschte Freud einige Zeit auf diesem Gebiet, um den „Zensor“ auszuschalten. Als „Zensor“ bezeichnete er die Hemmung des wohlerzogenen Patienten, unangenehme Erfahrungen wie Kränkungen, Ekel oder Gewalt auszusprechen. Allerdings machte er dabei die Erfahrung, dass sich seine Patientinnen in Trance in ihn verliebten. Das ließ ihn von dieser Behandlung Abstand nehmen. Er versuchte nun auf andere Weise, unter anderem durch Traumdeutung, in das Unterbewusstsein vorzudringen.

Aus den dabei gemachten Erfahrungen leitete Freud das Modell einer dreiteiligen Psyche des Menschen ab. Er unterschied zwischen dem „Es“, dem „Ich“ und dem „Über-Ich“. Das „Es“ steht für den Trieb (Hunger, Sex), der die meisten Handlungen des Menschen unbewusst steuere. Das „Ich“ ist jener bewusste Bereich, der zum selbständigen Denken und Handeln befähigt. Das „Über-Ich“ wird gesteuert durch Erziehung und Einfluss der Umwelt, wesentliche Faktoren sind Moral und Gewissen. Nach diesem Modell wird laut Freud der weitaus größere Teil aller Entscheidungen unbewusst gesteuert. Aus dem unbewussten Konflikt zwischen dem triebhaften „Es“ und dem unnachsichtigen „Über-Ich“ wird der Konflikt im menschlichen Verhalten wesentlich beeinflusst. Das gilt nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für ganze Gesellschaften. Freud arbeitete lange nach diesem Ansatz, ehe er 1896 die Methode erstmals als „Psychoanalyse“ bezeichnete.

Obwohl manches an Freuds Auslegungen mehr Glaubenssache als empirisch belegt war, hatte er sich selbst vom Glauben abgewandt. Er bezeichnete sich nicht nur als Atheisten, sondern als Feind der Religion „in jeder Form und Verdünnung“. Den Wunsch der Menschen, „Glücksversicherung und Leidensschutz“ in der Religion zu finden, bezeichnete er als „Massenwahn“: „Den Wahn erkennt natürlich niemals, wer ihn selbst noch teilt.“

Den größten Teil seines Lebens verbrachte Freud in Wien. Zur Hochzeit mit Martha Bernays reiste er 1886 nach Wandsbek, das damals noch eine selbständige preußische Stadt bei Hamburg war. Fünf Jahre später bezog die Familie eine Wohnung in Wien, in der Freud 47 Jahre lang lebte und arbeitete. 1902 wurde ihm der Titel eines „außerordentlichen Titular-Professors“ zuerkannt. Eine seiner Patientinnen, Baronin Marie von Ferstel, hatte ein gutes Wort für ihn beim zuständigen Minister eingelegt und ein Kunstwerk als Geschenk obendrauf gepackt. Die Ernennung zum ordentlichen Professor erfolgte erst 1920.

Freud war ein starker Raucher, der über Jahrzehnte täglich etwa 20 Zigaretten rauchte. 1932 wurde bei ihm Gaumenkrebs diagnostiziert, ein Jahr später mussten ihm der rechte Oberkiefer und der Gaumen entfernt und eine Prothese eingesetzt werden. Es blieb nicht bei diesem Eingriff. Insgesamt folgten 33 weitere Operationen. Nachdem die Nationalsozialisten in Deutschland die Regierung übernommen hatten, wurden auch die inzwischen zahlreich erschienen Bücher des Juden Sigmund Freud Opfer der Bücherverbrennung. Dennoch sah sich Freud in Österreich nicht gefährdet. Das änderte sich, als nach dem Anschluss Österreichs 1938 seine Tochter Anna durch die Gestapo verhört wurde. Freud emigrierte mit dem größten Teil seiner Familie nach London. Zuvor hatte er die „Reichsfluchtsteuer“ gezahlt und ein Schriftstück unterzeichnet, wonach er gut behandelt worden sei.

Trotz der vielen Eingriffe konnte der Krebs nicht gestoppt werden. Freud vermochte kaum noch zu sprechen. Ein Jahr nach seiner Ankunft in London beendete er sein Leben durch Selbstmord. Er starb am 23. September 1939 an einer tödlichen Dosis Morphin.

Klaus J. Groth


Peter der Große: Der Star unter den russischen Zaren
Vor 325 Jahren übernahm der Herrscher aus der Romanow-Dynastie die Regierung – Aufbau eines Staates nach europäischem Vorbild

Wer einmal nach Russland reist, wird ein Phänomen beabachten, das widersprüchlicher nicht sein könnte: Im postsowjetischen Russland erleben die russischen Zaren eine teils verklärte Verehrung, die zu Sowjetzeiten noch undenkbar war. Spätestens seit 2008, als der letzte Romanow-Zar, Nikolaus II., rehabilitiert und die Gebeine der 1917 auf Befehl Stalins ermordeten Familienmitglieder umgebettet wurden, ist man in Russland wieder stolz auf die Geschichte der Zaren.

Der Reichtum der Romanows spiegelt sich in der Pracht ihrer Residenzen wider. Viele Mythen und Legenden ranken sich um diese Herrscherfamilie. Scharenweise pilgern Touristen zu den Zaren­schlössern vor den Toren Moskaus und St. Petersburgs, deren Eintrittsgelder und Souvenirverkauf Geld in die Kassen des Staates spülen.

Der Star unter den Zaren ist zweifelsohne Peter der Große, der vor 325 Jahren, 1689, offiziell in den Kreml einzog. Er gilt heute als einer der bedeutendsten Herrscher Russlands. Viele Denkmäler zeichnen Peter mit feinen Zügen, aber er war zwei Meter groß und eher grobschlächtig. Ihm wird unflätiges Benehmen und grausame Härte gegen seine Feinde nachgesagt.

Der spätere Herrscher, der am 30. Mai 1672 in Moskau geboren wurde, wuchs auf Wunsch seiner Mutter vor den Toren der Hauptstadt auf. Dort genoss er eine leidliche Bildung, interessierte sich aber sehr für Geometrie und Physik. Im Alter von zehn Jahren, als er gemeinsam mit seinem schwachsinnigen und blinden Halbbruder Iwan V. auf den Thron gesetzt wurde, kam es zum blutigen Aufstand der Strelitzen (kaiserliche Privatarmee). Es heißt, das Massaker, das der junge Peter mitansehen musste, habe zu einer lebenslangen Abneigung gegen Mos-kau geführt. .Als offizielle Regentin aus dem Aufstand ging Peters Halbschwester Sophia hervor. 1689 war Peter schließlich erwachsen genug, um die Regentschaft zu übernehmen. Er verbannte Sophia in ein Kloster und zog in den Kreml ein.

Um die Regierungsgeschäfte kümmerte sich jedoch seine Mutter Natalja, während er sich in der Moskauer deutschen Kolonie umsah. Er sah, dass die dort lebenden Ausländer den Russen an Bildung, Kultur und technischen Fertigkeiten überlegen waren.

Nach dem Tod seiner Mutter (1694) und dem Iwans V. (1696) übernahm er allein die Regierungsgeschäfte. Die Idee, Russlands Isolation von Europa zu beenden und sich einen Zugang zum Meer zu verschaffen, nahm Gestalt an. Zunächst führte Peter der Große Krieg gegen die Türken, um sich den Zugang zum Schwarzen Meer zu erkämpfen. Erst in einem zweiten Versuch konnte er 1696 Asow erobern. 1698 gründete Peter offiziell die erste Marinebasis in Taganrog. Während er sein Reich ausbaute, kam es 1698 zu einem zweiten Strelitzenaufstand. Die Strelitzen stellten das größte Risiko für Peters Macht dar. So erklärt sich sein brutaler Vernichtungskampf gegen sie. Tausende starben, der Rest wurde nach Sibirien verbannt.

Zuvor schon, 1696, hatte Peter eine Delegation junger Adeliger in den Westen geschickt. Sie sollten dort Techniken der modernen Kriegführung, Wirtschaft und Staatenlenkung erlernen. Im März 1697 machte er sich schließlich selbst auf den Weg. Seine Reise in den Westen, die „Große Gesandtschaft“, dauerte bis zum Sommer 1698. Er reiste inkognito über Königsberg und Berlin nach Amsterdam. Unter dem Pseudonym Peter Michaijlow arbeitete er auf einer holländischen Werft als Zimmermann. Er besichtigte westeuropäische Werften, Manufakturen, Krankenhäuser und Schulen. Neben Geräten, Waffen und Werkzeugen nahm Peter auch menschlichen Sachverstand mit nach Russland. Er warb hunderte von Fachleuten, darunter Offiziere, Techniker, Ingenieure, Facharbeiter, Köche und Ärzte ab. Peter erlernte selbst das Uhrmacherhandwerk und besuchte Vorlesungen über Ingenieurkunst und Mechanik.

Nach seiner Rückkehr begann er sofort mit dem Umbau Russlands. Männern befahl er unter Strafandrohung, ihre orthodoxen Bärte abzuschneiden. Sie hatten sich nach deutscher und französischer Mode zu kleiden. Dass dies der Kirche nicht gefiel, kann man sich unschwer vorstellen. Die orthodoxe Kirche galt als größte Opposition gegen Peters Moderniserungsmaßnahmen.

Doch Peter war von seiner Vision, ein Russland nach dem absolutistischen Vorbild Westeuropas zu bauen, besessen. Er führte religiöse Toleranz, Verwaltungsreformen, eine Adelsrangtabelle, Verwaltungsbezirke und eine Beamtenhierarchie ein. Daneben förderte er aktiv Industrie, Bergbau, Handwerk und die Textilindustrie. Er installierte den julianischen Kalender und führte die kyrillische Schrift ein. Er richtete Gymnasien nach deutschem Vorbild ein, ließ Zeitungen drucken und Bibliotheken bestücken. Zahlreiche Baumeister aus Italien und Wissenschaftler aus ganz Europa lockte der Zar an, die ihm bei der Verwirklichung seiner Vision halfen. Was zu dessen Glück noch fehlte, waren ein eisfreier Zugang zum Meer und eine neue Hauptstadt. Peter ließ insgesamt 380 Kriegsschiffe bauen. Nach der Umgestaltung der Armee und der Gründung der russischen Flotte gelang es Peter im Großen Nordischen Krieg (1700–1721) nach anfänglichen Misserfolgen die Schweden 1709 bei der Schlacht um Poltawa vernichtend zu schlagen. An der Stelle einer schwedischen Festung gründete Peter 1703 St. Petersburg. Beim Bau der Stadt ging er über Leichen. Schlechte Ernährung und Kleidung, das Sumpffieber und miserable Unterkünfte in morastigem Gebiet kosteten zahlreiche Menschen das Leben. Der Bau St. Petersburgs verschlang Unsummen, doch mit seinen Reformen ebnete Peter der Große Russland den Weg zu einer Großmacht.

Der heutige Kremlherr Wladimir Putin greift gerne auf die Symbolik von Russlands Größe zurück und besinnt sich auch in Symbolen auf die Tradition der Romanows: Die Flagge, die heute auf dem Dach des Kreml weht, brachte einst Peter der Große aus Holland mit.

Ist Peter der Große derjenige Zar, dem heute die größte Verehrung gilt, so war er 1725, als er im Alter von 52 Jahren starb, bei seinen Untertanen verhasst.

Manuela Rosenthal-Kappi


S. 11 Preussen

Erst Freund, dann Kontrahent Bismarcks
Vor 200 Jahren wurde der preußische Diplomat und Politiker Karl Friedrich von Savigny geboren

Vor 200 Jahren wurde Karl Fried­rich von Savigny geboren, der zu einem der führenden preußischen Politiker des 19. Jahrhunderts aufsteigen sollte und sich vom Vertrauten Bismarcks zum entschiedenen Widersacher des „Eisernen Kanzlers“ wandelte.

Die wohlhabende Hugenotten-Familie derer von Savigny stammt aus Lothringen und leitet ihren Namen von der Burg Savigny bei Charmes im Tal der Mosel ab. Im Laufe der Jahrhunderte diente sie verschiedenen Herren wie dem Herzog von Pfalz-Zweibrücken und den Fürsten von Nassau-Weilburg beziehungsweise Isenburg, bis dann Friedrich Carl von Savigny (1779–1861) Mitte 1810 nach Berlin wechselte, wo er es schlussendlich bis zum preußischen Justizminister und Großkanzler brachte.

Sein Sohn Karl Friedrich, der am 19. September 1814 am neuen Wohnort der Savignys das Licht der Welt erblick­te, sollte ebenfalls die Juristenlaufbahn einschlagen und studierte daher in Berlin und München Rechtswissenschaften, wonach er 1836 in den preußischen Staatsdienst eintrat. Ein Jahr später lernte er während eines Referendariats im Regierungspräsidium Aachen Otto von Bismarck (1815–1898) kennen, der seinerzeit vorrangig durch diverse Skandale auffiel. Im Gegensatz dazu verlief Savignys Karriere geradezu bilderbuchmäßig, vor allem nachdem er 1840 ins Diplomatische Corps Preußens gewechselt war. Innerhalb von acht Jahren stieg der junge Adelsspross vom Legationssekretär zum Wirklichen Legationsrat und Vortragenden Rat in der Politischen Abteilung des Auswärtigen Amtes auf. In dieser Zeit verfestigten sich seine streng konservativen Ansichten, wofür insbesondere die Pariser Revolution von 1848 verantwortlich war, deren Exzesse Savigny hautnah miterleben konnte, weil er zu dieser Zeit als preußischer Geschäftsträger in der französischen Hauptstadt weilte.

Von 1849 bis 1864 fungierte Karl Friedrich von Savigny dann als Gesandter in Karlsruhe, Dresden und Brüssel, bis ihn Bismarck zum Gesandten Preußens beim Bundestag des Deutschen Bundes in Frankfurt am Main ernannte. Der Freund aus alten Jugendtagen war nämlich inzwischen zum Außenminister sowie Ministerpräsidenten avanciert und benötigte einen fähigen Vertrauten, der ihn dabei unterstützte, die Macht und den Einfluss Preußens zulasten Österreichs auszuweiten. In dieser neuen Rolle erklärte Savigny dann am 14. Juni 1866, dass Wien den Bundesvertrag gebrochen habe, womit der selbige ebenso erloschen sei wie der Bund insgesamt. Auslöser hierfür war der österreichische Antrag auf Mobilisierung von Bundestruppen gegen Preußen wegen dessen eigenmächtigen Einmarsches in Holstein.

Im nachfolgenden Deutschen Krieg behielt Preußen die Oberhand und konnte nach Friedensschluss darangehen, den Norddeutschen Bund unter Ausschluss Österreichs und der süddeutschen Staaten zu schmieden. Hieran war Savigny ganz maßgeblich beteiligt: zuerst als Beauftragter Bismarcks für die Verhandlungen im Vorfeld der Gründung des Norddeutschen Bundes und dann als Vorsitzender der Regierungskonferenz, welche die Verfassung des ersten deutschen Bundesstaates ausarbeitete. Dies nährte in Savigny die Hoffnung auf das Amt des Bundeskanzlers – und tatsächlich machte Bismarck ihm auch eine entsprechende Zusage.

Dann jedoch traten Differenzen zutage: Savigny war bestrebt, an die Traditionen des eher losen Deutschen Bundes von 1815 anzuknüpfen, während Bismarck einen sehr viel engeren Zusammenschluss der norddeutschen Staaten unter preußischer Hegemonie wollte und zu diesem Zweck massiv in die Ausarbeitung der Bundesverfassung eingriff. Durch die Bismarckschen Änderungen ergab sich dann auch eine Stärkung der Position des Bundeskanzlers, was den preußischen Ministerpräsidenten schließlich dazu bewog, das Amt selbst zu übernehmen. Für Savigny blieb damit nur noch die Vizekanzlerschaft, die er jedoch verärgert ablehnte, wonach er 1868 in den einstweiligen Ruhestand ging und schließlich 1871 ganz aus dem Staatsdienst ausschied.

Allerdings blieb Karl Friedrich von Savigny weiterhin politisch aktiv, denn seine Mandate als Abgeordneter der Freikonservativen im Norddeutschen Reichstag und dem Preußischen Abgeordnetenhaus, welche er seit 1867 innehatte, legte er nicht nieder. Vielmehr engagierte er sich für eine Stärkung des politischen Katholizismus im protestantischen Preußen beziehungsweise Norddeutschland, der durch den Wegfall der Schutzmacht Österreich stark in die Defensive geraten war. In diesem Zusammenhang gründete Savigny am 13. Dezember 1870 zusammen mit 57 weiteren Mitgliedern des preußischen Abgeordnetenhauses die Fraktion „Zentrum (Verfassungspartei)“. Dem folgte am 21. März 1871 ein analoger Zusammenschluss von 62 Parlamentariern im neugewählten Reichstag. Vorsitzender beider Fraktionen wurde Karl Friedrich von Savigny.

In den vier Lebensjahren, die ihm danach noch verblieben, zählte der Ex-Diplomat zusammen mit Ludwig Windthorst, Peter und August Reichensperger sowie Hermann von Mallinckrodt zu den wichtigsten Personen in der Führungsspitze des „Zentrums“, wobei er besonders durch sein Geschick auffiel, zwischen den Verfechtern unterschiedlicher Positionen innerhalb von Fraktion und Partei zu vermitteln. Zugleich entwickelte sich Savigny nunmehr zu einem dezidierten Gegenspieler seines früheren Freundes und jetzigen Reichskanzlers von Bismarck, der 1871 den „Kulturkampf“, also die Machtprobe zwischen Preußen beziehungsweise dem Reich und der katholischen Kirche, eröffnet hatte, was ihn in eine absolute Kontraposition zum Zentrum brachte.

Ansonsten betrieb der zeitlebens äußerst wohlhabende Savigny ab 1861 auch noch den Ausbau des Familiensitzes auf dem Hofgut Trages unweit von Hanau, wozu insbesondere die Errichtung eines Schlosses im neobarocken Stil gehörte.

Der Tod ereilte Karl Fried­rich von Savigny jedoch nicht hier – vielmehr starb der Träger des Großkomturkreuzes des Hohenzollernschen Hausordens am 11. Februar 1875 in Frankfurt am Main. Allerdings wurde er hernach in der Familiengruft der kleinen Kapelle inmitten des Schlossparks von Trages bestattet.

Wolfgang Kaufmann


Hofiert, verschleppt und hochgeehrt
Der vor 100 Jahren geborene Ingenieur Werner Albring konstruierte auf Basis der deutschen A4 die ersten sowjetischen Trägerraketen

Nicht nur das amerikanische, sondern auch das sowjetische Weltraumprogramm basierte auf der Indienstnahme deutscher Raketenexperten. Einer davon war der vor 100 Jahren geborene Werner Albring, der 1946 in die UdSSR verschleppt wurde. Dort entwickelte er bis 1951 grundlegende Konstruktionsprinzipien, nach denen selbst noch die „Sojus“-Raketen gebaut sind, welche heute zur Internationalen Raumstation ISS fliegen.

Werner Albring wurde am 26. September 1914 in Schwelm, einer Kreisstadt der preußischen Provinz Westfalen, geboren. Sein Vater galt dort als Reformpädagoge mit sozialistischen Attitüden und musste deshalb 1933 das städtische Gymnasium verlassen. Das bewog Albring, auf die eigentlich anvisierte Laufbahn als Verwaltungsjurist zu verzichten und stattdessen ein politisch unverfängliches Maschinenbaustudium zu beginnen. Dieses been­dete er 1939 mit großem Erfolg, was ihm eine Assistentenstelle an der Technischen Hochschule Hannover eintrug. Hier promovierte er 1941 über „Kraftmessungen am schwingenden Tragflügel“. Anschließend arbeitete Albring an derselben Einrichtung als Stellvertretender Direktor des Institutes für Aeromechanik und Flugtechnik. Dabei befasste er sich mit der strömungstechnischen Optimierung von Torpedos und Strahlflugzeugen sowie der Flugbombe Fi 103 und der A4-Rakete, die ab 1944 als V1 beziehungsweise V2 gegen England eingesetzt wurden. Aufgrund dieser kriegswichtigen Beschäftigung musste Albring keinerlei Dienst an der Waffe zu leisten.

Ende 1945 wechselte der Raketenfachmann dann von Hannover nach Bleicherode bei Nordhausen. Dorthin waren Anfang des Jahres die Forschungs- und Fertigungsabteilungen der Heeresversuchsanstalt Peenemünde verlegt worden. Allerdings befand sich das Test- und Produktionszentrum im örtlichen Kalibergwerk, dem die Weiterentwicklung der Raketen A4 und C2 „Wasserfall“ obliegen sollte, noch im Aufbau, als die Amerikaner am 11. April 1945 in das Gebiet um Nordhausen einrückten und nachfolgend 110 komplett einsatzbereite A4 sowie auch einige Modelle der Flugabwehrrakete C2 in die USA verschifften. Dadurch wiederum standen die Sowjets, die am 1. Juli 1945 die Kontrolle über Thüringen erlangten, mit ziemlich leeren Händen da – zumal sich die USA auch noch der Dienste eines Großteils der deutschen Raketenkonstrukteure um Wernher von Braun (1912–1977) versichert hatten. Aus diesem Grund erging am 25. Juli 1945 der Beschluss zur Etablierung des Institutes RABE (Raketenbau und -entwicklung), welches kooperationswilligen deutschen Spezialisten Spitzengehälter von 600 bis 1400 Mark sowie üppige Verpflegungsrationen und eine angemessene Unterkunft bot. Daraufhin meldete sich unter anderem von Brauns Assistent Helmut Gröttrup, in dessen Team dann auch Albring einstieg und zum Abteilungsleiter für Aerodynamik avancierte.

Es folgte eine arbeitsintensive Zeit. Zunächst wurden die Unterlagen über das deutsche Raketenprogramm analysiert und ins Russische übersetzt, dann kam es zu einer Fortsetzung der Forschungsarbeiten. Dies alles natürlich jetzt unter der Aufsicht sowjetischer Experten wie Sergej Koroljow, Boris Tschertok, Wassili Mischin und Walentin Gluschko, welche die Deutschen in maximaler Weise abschöpften und dann später als Mitglieder oder Direktoren des legendären „Experimental-Konstruktionsbüros 1“ große Karrieren in der UdSSR-Raumfahrt machten.

Erhebliche Dynamik erhielt das Programm ab dem 13. Mai 1946. An diesem Tag entschied Stalin, dass eine sowjetische Version der A4 geschaffen und die „Wasserfall“ zur Serienreife geführt werden solle. Daraufhin explodierten die Mitarbeiterzahlen: Im Herbst 1946 arbeiteten in den nunmehrigen „Zentralwerken Bleicherode“ bereits an die 6000 Deutsche und 1000 sowjetische Militärs und Zivilisten. Diesen gelang es, insgesamt 15 neue A4-Raketen zu fertigen, die dann zur Erprobung in die UdSSR geschafft wurden.

Allerdings war es den Sowjets durch das Potsdamer Abkommen verboten, Rüstungsgüter in ihrer Besatzungszone zu produzieren. Deshalb beschlossen sie, die A4 künftig im eigenen Land zu bauen und zugleich 150 der wichtigsten deutschen Raketenkonstrukteure aus Bleicherode in die UdSSR zu deportieren. Dies geschah am 22./23. Oktober 1946 in der Nacht-und-Nebel-Aktion „Ossoawiachim“, für die der sowjetische Geheimdienst NKWD verantwortlich zeichnete. Dessen Agenten sorgten beispielsweise dafür, dass die Thüringer A4-Experten am Vorabend kräftig unter Alkohol gesetzt wurden, damit sie möglichst wenig Widerstand zu entwickeln vermochten.

Drei Wochen später fand sich Albring als Leiter der Aerodynamischen sowie der Entwurfsabteilung auf der Insel Gorodomlja inmitten des Seligersees wieder, wo jetzt auch Koroljows neues Konstruktionsbüro residierte. Seine erste Aufgabe war die Unterstützung des Nachbaus der A4 unter sowjetischen Bedingungen, welcher auch gelang. Am 17. Oktober 1948 erfolgte der erste Start des nunmehr R-1 genannten Flugkörpers (Nato-Codename: SS-1A Scunner) vom Kosmodrom Kapustin Jar an der Wolga. Danach erhielten die Deutschen den Auftrag, Fernraketen mit immer größerer Reichweite zu konzipieren. Dabei entwickelten sie Ideen, wie die Bündelung von jeweils vier Triebwerken zu einer größeren Einheit, die später in den Modellen umgesetzt wurden, mit denen 1957 der erste „Sputnik“ und 1961 dann auch Juri Gagarin (1934–1968) ins Weltall flogen. Letztendlich funktioniert sogar die heute immer noch eingesetzte „Sojus“-Rakete nach diesem Prinzip. Die Erfolge der UdSSR-Raumfahrt basierten also in nicht unwesentlichem Maße auf den Vorarbeiten von Männern wie Albring.

Anfang der 50er Jahre gelangte der nunmehrige Chefkonstrukteur Koroljow zu der Ansicht, dass man das „lebende Reparationsgut“ nicht mehr länger benötige. Daraufhin wurden die deutschen Raketenspezialisten zunächst mit fachfremden Aufgaben wie der Entwicklung von Landmaschinen betraut und dann repatriiert. Albring entschied sich dabei für die DDR und traf im Juni 1951 in Dresden ein, wo er sofort eine Professur an der Technischen Universität erhielt. Des Weiteren fungierte Albring bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1979 als Direktor des TU-Instituts für Angewandte Strömungslehre. In diesen beiden Eigenschaften trat er stets als überzeugter Vertreter des DDR-Systems auf, was nicht zuletzt mit dem Nationalpreis für Wissenschaft und Technik honoriert wurde. Werner Albring starb am 21. Dezember 2007 in Dresden. W.K.


S. 12 Leserforum

Leserforum

Bombardement als Beweismittel

Zu: Vor den Russen kamen die Engländer (Nr. 34)

Was bewog die Engländer, gerade zu diesem Zeitpunkt, Ende August 1944, Königsberg zu bombardieren? In dem Artikel heißt es, die Zeichen hätten damals auf Sieg für die Alliierten gestanden und die Schweden würden auf Verletzungen ihrer Neutralität nicht reagieren. Aber ich entsinne mich, vor Jahren in der Preußischen Allgemeinen gelesen zu haben, dass Stalin Entlastung an seiner Westfront haben wollte und die Westalliierten drängte, Finnland mit einem Bombardement zu drohen.

Die Finnen zweifelten die Reichweite der Royal Air Force an. Um ihnen das Gegenteil zu beweisen, flogen die Engländer Ende August die Angriffe auf Königsberg. Tatsächlich verständigte Marschall Freiherr Carl Gustav Mannerheim am 2. September 1944 Hitler über den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zum Dritten Reich. Am 4. September trat Waffenruhe an der finnisch-sowjetischen Front ein, und zwei Tage darauf reiste eine finnische Delegation nach Moskau, wo am 19. September ein Waffenstillstandsvertrag unterzeichnet wurde.

Prof. Dr. Burkhard Hofmeister, Bad Reichenhall

 

 

Verdächtiges Verhalten der USA im Fall des Absturzes von MH17

Zu: Informationskrieg nicht erkannt (Nr. 32)

Im Artikel wird vergessen zu erwähnen, dass es sich bei dem auf YouTube zu sehenden Interview mit dem kanadischen OSZE-Sprecher Michael Bociurkiw, der von einem Abschuss der malaysischen Passagiermaschine MH17 durch Kampfjets spricht, sich um einen Mitschnitt von CBC-News handelt. Dieser ist immerhin der größte Nachrichtensender in Kanada und sicherlich nicht verdächtig, ein Hort von Verschwörungstheoretikern zu sein. Bociurkiw wird von CBC-News übrigens nicht als Sprecher, sondern als OSZE-Investigator, also Ermittler, bezeichnet. Aus dem gezeigten Interview, geführt von der CBC-Auslandskorrespondentin Susan Ormiston, geht auch hervor, dass Bociurkiw als einer der Ersten an der Absturzstelle war und dort weiterhin über viele Tage im Einsatz war.

In der CBC-Reportage beschränkt man sich allerdings nicht nur auf die Aussage von Bociurkiw, sondern zeigt auch Flugzeugteile mit einer Vielzahl von Einschuss- und Austrittslöchern an Flugzeugteilen der MH17. Auch für den Laien sehr gut zu erkennen, der nach innen gebogene Rand bei den Eintrittslöchern und der nach außen gebogene unregelmäßigere Rand bei den Austrittslöchern. Die von einer SU-25 verwendete Munition ist darauf ausgelegt, Panzer zu zerstören, so dass es nicht verwunderlich ist, wenn Projektile mit großer Leichtigkeit die Außenhaut des Flugzeugs durchschlugen und auf der anderen Seite wieder austraten.

Wenn man jetzt noch bedenkt, dass bis zum heutigen Tag die Funkgespräche im Tower vor dem Absturzzeitpunkt geheim gehalten werden und die US-Amerikaner ihre angeblichen Beweise, sprich Satellitenaufnahmen, welche eine Verwicklung der prorussischen Rebellen nahelegen sollen, nicht der Öffentlichkeit vorliegen und desweiteren Beobachtungen von Bewohnern bezüglich zweier Kampfjets welche die MH17 begleiteten, nicht nachgegangen wird, sieht es aller Wahrscheinlichkeit danach aus, dass die US-Marionetten und Putschisten in Kiew für den Absturz mittels eines oder gar zweier seiner Kampfjets (SU 25) verantwortlich ist. Dass dies ohne die Zustimmung Washingtons geschah, halte ich für wenig plausibel, ist man doch vonseiten der Kiewer Putschisten zu sehr auf das Wohlwollen der USA angewiesen.

Thomas Wagner, Sao Paulo/Brasilien

 

 

Hoffnungsträger

Zu: Entfremdung schreitet voran (Nr. 36)

Die AfD hat sich zu einem politischen Hoffnungsträger für alle entwickelt, die das Gefühl haben, dass die etablierten Parteien wesentliche Erscheinungen des Zeitgeschehens nur ungenügend in ihr Denken und Handeln einbeziehen. Das mag aus Unkenntnis resultieren. Welcher Durchschnittspolitiker vermag schon Hintergründe und Auswirkungen der Finanz- und Euro-Krise wirklich zu überblicken? Die AfD hat ein Führungspersonal, das schon dank seiner beruflichen Kenntnisse das Empfinden vermittelt, dass es weiß, wovon es redet. Bemerkenswert ist, dass die Unterstützer der AfD aus allen politischen Lagern kommen − ein sicheres Zeichen dafür, dass die AfD Probleme erkennt und thematisiert, die alle gründlicher denkenden Menschen dieses Landes bewegen.

Lorenz M. Spiewok, Berlin

 

 

Woher stammt Lotte Laserstein?

Zu: Vertriebene verunglimpft (Nr. 36)

Nicht nur in der „Apotheken Umschau“ gibt es einen fragwürdigen Umgang mit der ostpreußischen Vergangenheit. Deutsche Realität im Sommer 2014 sieht auch so aus:

Kürzlich war ich in dem von mir geschätzten Lenbachhaus in München und habe mir eine Son­derschau über die Neue Sachlichkeit angesehen. Bei einem Bild der Malerin Lotte Laserstein blieb ich stehen und las verwundert und auch etwas entsetzt die biografischen Daten: „geboren 1898 nahe Kaliningrad/Königsberg“.

Was mag den Kurator denn da geritten haben? Die Malerin ist am 28. November 1898 in Preußisch-Holland geboren, dabei noch „nahe Königsberg“ zu schreiben mag auf mangelnde geografische Kenntnisse hindeuten, denn eigentlich läge die berühmte Handelsstadt Elbing ja mit 18 Kilometer viel näher.

Aber im Jahre 1898 als erstes vom erst 1946 umbenannten Kaliningrad zu sprechen ist meines Erachtens ein starkes Stück, eine immense Geschichtsverzerrung und zeugt von einer maßlosen Unverfrorenheit und Unkenntnis! Als erstes Kaliningrad zu nennen, für das Jahr 1898, und Königsberg als quasi erklärenden Zusatz mit anzufügen, hat mich sehr verärgert und sprachlos werden lassen.

Dabei hat das Lenbachhaus zum Beispiel in der gleichen Ausstellung dem Maler Max Radler seinen Geburtsort Breslau ohne jegliche Zusätze zugebilligt.

Es wäre ein leichtes gewesen, mehr über die Malerin zu erfahren, im Internet gibt es mehrere Verweise, und auch bei dem sonst auch manchmal kritisch zu betrachtenden Wikipedia gibt es eine ausführliche Darstellung. Seit 2003 gab es mehrere Ausstellungen über Lotte Laserstein, unter anderem in Berlin, Stockholm und Uppsala.

Christoph Stabe, München

 

 

Die alte Leier

Zu: Sprengsatz für den Euro (Nr. 35)

Natürlich können die Probleme Frankreichs, welche im Wesentlichen Wettbewerbsprobleme infolge des Euro sind, für Deutschland folgenschwer sein. Und zwar so oder so. Wenn Deutschland jetzt wieder zahlt, gefährdet dieses das Rating Deutschlands – mit allen mittelfristigen Folgen. Zahlt Deutschland nicht, dann muss Frankreich länger und härter arbeiten. Oder Deutschland, das seine Währung nicht aufwerten kann, verschlechtert seine Wettbewerbsfähigkeit.

Die alte Leier. Denn das haben die Engländer schon 1906 von Deutschland gefordert mit der Begründung, Deutschland nähme den britischen Unternehmern die Aufträge weg.

Jürgen Kunz, Buchen

 

 

Islamisierung Europas von der Türkei aus

Zu: Der ideale Strohmann (Nr. 35)

Mit einem „grandiosen“ Sieg hat der bisherige Regierungschef der Türkei die Wahl zum Präsidenten gewonnen. Geschickt und zielbewusst setzt er fort, was ihn seit elf Jahren antreibt: die Islamisierung seines Landes. Dies klingt nicht besonders beunruhigend, lässt man das übrige Geschehen rund um den Globus, besonders im Bereich des Nahen Ostens und im Norden und in der Mitte Afrikas unbeachtet. Doch inzwischen scheint der Westen auf dem Weg zu sein, sich der Gefahren bewusst zu werden, die mit der sich fortsetzenden Einkreisung an Bedrohung immens zunimmt.

Hat der humangestimmte We­sten bisher „den Menschen geholfen“, sich von herrschenden Diktaturen zu befreien, so müssen wir inzwischen feststellen, dass die nachfolgenden Systeme nicht nur den Menschen in deren Machtbereich übel zusetzen. Sie bedrohen in bisher unbekanntem Ausmaß auch die Länder, die mit dem Islam ihrer Prägung „nichts am Hut“ haben. Die Bedrohung erreicht nicht nur die Gebiete, die sich um den aktuellen „Islamischen Staat“ herum befinden, auch wir in Europa sind betroffen. „Unsere“ islamistisch geprägten „integrierten“ Mitbewohner reisen in die kriegführenden Länder, um sich ausbilden zu lassen und kampfbereit als künftige Märtyrer zurückzukehren.

Damit sind wir nicht allein. Sogar der Friedensnobelpreisträger Barack Obama sieht sich zu Militärmaßnahmen gezwungen aus Furcht von dem, was wir wohl alle in unseren Köpfen haben, jedoch aus Angst nicht auszusprechen wagen. Die Russen kämpfen bisher vergebens gegen die seit dem Ende der Sowjetunion in ihren Nachbarstaaten und im eigenen Land fanatisch agierenden Anhänger einer Religion, die sich selbst als „dem Willen Allahs“ untergeordnet bezeichnet.

Im fernen Osten haben die Chinesen seit der Herrschaft Maos ebenfalls in deren Westen ihr stets heißer werdendes Problem. Als in Afghanistan eingegriffen wurde, hielten sie still, denn es bedeutete für sie eine Unterbrechung der Zuwanderung an islamistischen Kämpfern. Auch dort nehmen die Übergriffe durch dem Islam zugehörige Menschen zu, freilich wird in einem immer noch diktatorischen System mit brutaleren Mitteln dagegen gehalten.

Jetzt also rückt die Türkei nicht nur weiter von Europa weg, was uns wohl eher gelegen kommt, aber sie scheint auch auf dem Weg zu sein, sich in die gleiche Richtung zu bewegen, wie alle nachfolgenden Systeme der Staaten, denen wir mit unserer „Hilfe“ einen Weg aus vorhergehenden Diktaturen zu ebnen halfen.

Ich sehe eine zunehmende Einkreisung aller Länder, die sich nicht dem radikalen Islamismus unterwerfen wollen. Selbst in Staaten, die islamischen Glaubens sind, deren Ausrichtung jedoch nicht absolut identisch ist mit dem der „Glaubensbrüder“ im „Islamischen Staat“, ist Angst eingekehrt. „Und willst du nicht mein Bruder sein, so schlag ich dir den Schädel ein!“

Fanatismus lässt sich offenbar am leichtesten mit Hilfe eines Glaubens erreichen. Unsere Vorfahren erlebten es im europäischen Mittelalter, nun kommt die zweite Welle.

Gerhard Hahl, Altenholz

 

 

Was Scheil sagt

Zu: Als in Warschaus Straßen gefeiert wurde (Nr. 35)

Im Artikel heißt es: „Am 31. August [1939] lieferte der inszenierte Überfall auf den Sender Gleiwitz die von Hitler gewünschte Rechtfertigung für einen militärischen Schlag gegen Polen.“ Dabei ist dem Autor wohl entgangen, dass der Historiker Stefan Scheil in mehreren Publikationen nachgewiesen hat, dass Hitler diesen Vorfall in keiner Weise propagandistisch als Grund für einen Angriff auf Polen genutzt hat.

Die Gründe für einen Schlag gegen Polen lagen vielmehr in der jahrelangen polnischen Aggression gegen Deutsche und in der obstinaten Verweigerung, auf Hitlers weitgehende Friedensangebote einzugehen.

Brigitte Bean-Keiffenheim, Frankfurt

 

 

Politische Klageweiber sollten nicht nur die alten, sondern auch die neuen Zustände beklagen

Zu: Gaucks unappetitliche Rede (Nr. 32)

Die Rede des Bundespräsidenten Joachim Gauck im elsässischen Hartmannsweilerkopf ist nur eine aus einer langen Reihe von Ansprachen – der Tenor ist immer gleich. Für einen informierten Bürger kostet es eine Menge an Selbstbeherrschung, hierauf nicht in ebenfalls unappetitlicher Form zu reagieren.

Gauck und andere Amtsträger erschöpfen sich im pausenlosen Lamento über vergangene Ka­tastrophen, wobei unweigerlich Formulierungen gefunden werden, das eigene Land, also Deutschland, als den alleinigen Kriegsverursacher darzustellen und die damaligen Widersacher als uneigennützige Wohltäter zu glorifizieren. Ein solches Verhalten ist destruktiv.

Diese schon seit Jahrzehnten beharrlich verfolgte Praxis zerstört unendlich viel von dem, was unsere normale Bevölkerung seit der Kapitulation 1945 an freundschaftlichen, nachbarlichen Beziehungen zu den Menschen in den umliegenden Staaten aufgebaut hat. Als besonders positives Beispiel von vielen nenne ich die Tätigkeit und Kontaktpflege in den früheren deutschen Ostregionen durch die Vertriebenenverbände und der Ostpreußischen Landsmannschaft – uneigennützig, offenherzig und hilfsbereit.

Darüber hinaus hat die allgemeine, freizügige Reisemöglichkeit seit Kriegsende individuelle internationale Freundschaften entstehen lassen. Unsere Familie verfügt übrigens auch über viele erfreuliche persönliche Kontakte in verschiedenen Ländern in Europa und Übersee – offen, unkompliziert und unbelastet von altem politischen Ballast. Das sehe ich durch unsere Politiker und Medien akut gefährdet.

Das Verhalten unserer politischen Amtsträger ist abscheulich. Sie wälzen sich in der eigenen geschichtlichen Vergangenheit und beklagen längst überwundene Schrecken. Die alten Kriege waren schlecht, aber die jetzigen, neuen sind angeblich gut? Ein solcher Schwachsinn wird den Menschen nun schon seit Jahrhunderten in die Ohren geblasen. Das ist kontraproduktiv und stört die gesunde Entwicklung der Gegenwart.

Wenn Gauck sich selbst zum Klageweib umfunktioniert − was ihm im Zeichen der Gleich­berechtigung durchaus zusteht −, erwarte ich, dass er nicht die alten, sondern die neuen, heutigen Zustände beklagt und sich für deren Beseitigung einsetzt. Die einzigartige Chance, sich aktuell im Osten als Friedensstifter und helfende Hand zu beweisen, haben Europa und Uno kläglich versäumt. Die an vielen Stellen nahe an russischen Grenzen systematisch vom Westen errichtete waffenstarrende Wand kann von den Russen nur als unerträgliche Bedrohung angesehen werden. Ohne die Friedfertigkeit der Russen wäre längst die nächste Katastrophe ausgebrochen.

Die Rolle der USA in diesem Spiel ist entsetzlich. Schon während der US-amerikanischen Kommunismus-Psychose in den 1960er Jahren konnte die Kubakrise nur durch russische Toleranz friedlich gelöst werden, wie Bill Bryson in seinem Buch „Mein Amerika“ ausführte; die USA waren entschlossen, das russische Waffenarsenal auf Kuba gewaltsam zu beseitigen. Bereits damals strotzten die Berichte der CIA von Lügen. Das setzt sich seitdem in den unterschiedlichen Konstellationen andauernd fort. Das heutige Chaos im Irak entstand ebenfalls durch Lügen der CIA.

Am 29. Juli lief auf Arte mit „Amerikas geheimer Krieg in Laos“ eine TV-Dokumentation über den ehemaligen, heute völlig ignorierten US-Krieg gegen das ostasiatische Land. Der organisierte Mord an den dortigen Zivilisten wurde darin als das größte gegen ein Volk gerichtete Verbrechen der Neuzeit bezeichnet, das aber nicht verfolgt wird. Der US-Bombenterror in Laos, von der CIA organisiert, dauerte von 1965 bis 1973. 2,1 Millionen Tonnen Bomben wurden über das Land ausgeschüttet – mehr als über Japan und Deutschland im Zweiten Weltkrieg zusammen.

Unsere politischen Klageweiber haben eine gigantische Aufgabe vor sich, wenn sie dem Weltfrieden dienen wollen. Das würde Respekt und Anerkennung bringen; das jetzige Verhalten dagegen ist abstoßend. Was uns hier unablässig „vorgegauckelt“ wird, hören leider viele Leute und plappern es unsortiert und uninformiert nach. Ich bemühe mich, es nicht zur Kenntnis zu nehmen und wende mich „in Trauer und Scham“ ab – allerdings aus Gründen, die Gauck vermutlich nie begreift.

Hans-Jürgen Bothmann, Hamburg


S. 13 Das Ostpreußenblatt

»Freund und Feind vereint im Tod«
Deutsche und Polen erinnerten in Hohenstein an den 100. Jahrestag der Schlacht bei Tannenberg

Ende August hatten der Verband der deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren und die Gesellschaft der Freunde von Hohenstein zur Konferenz „100. Jahrestag der Schlacht bei Tannenberg“ eingeladen.

Am 30. August fanden im Ausstellungssalon des Hohensteiner Freilichtmuseums Vorträge statt, und im Keller der dortigen Burg wurde die Ausstellung „Der Erste Weltkrieg in Ostpreußen – Triumph und Tragik“ eröffnet. Eine Exkursion zu den Friedhöfen mit den Gefallenen der Schlacht rundete am Sonntag das Programm ab.

Betrachtet man die Plätze, zu denen die Teilnehmer der Konferenz fuhren, wird die Wahl des Veranstaltungsortes verständlich. Die Friedhöfe in Orlau, Lahna, Skottau und Waplitz sowie bei Hohenstein liegen an Orten heftiger Gefechte während der Schlacht – und alle nahe bei Hohenstein. Darüber hinaus wurden während der Kämpfe in der Stadt selbst viele Gebäude beschädigt, so der Historiker Rafał Betkowski aus Allenstein. Er wies auch auf ein kaum behandeltes Kapitel hin: „Zu den Leiden der Zivilbevölkerung durch die Schlacht wird noch wenig geforscht. Da sie aber zum größten Teil aus Hohenstein geflohen war, waren hier zivile Opfer zum Glück kaum zu beklagen.“

Eine Selbstverständlichkeit war der Besuch des Geländes, auf dem einmal das Tannenbergdenkmal gestanden hatte. Der farbenfrohe Sonnenuntergang unterstrich die Wirkung der leeren Fläche, denn oberhalb des Bodens ist im Grunde nichts mehr zu sehen. Die wichtige Rolle des Denkmals in der Politik und für den Tourismus in der Region, aber auch seinen späteren Verfall beleuchtete Bogumił Kuzniewski in seinem Referat. Als ortskundiger Historiker war der Vorsitzende der Gesellschaft der Freunde von Hohenstein der Reiseführer der Gruppe zu den Gedenkstätten. Er erläuterte auch die Pläne für einen Europäischen Park der Geschichte und Erinnerung, der neben dem Ort des Denkmals auch das Gebiet des Stalags IB und des dazu gehörenden Friedhofs aus dem Zweiten Weltkrieg umfassen soll. Eine Erinnerung an die Geschehnisse ist wichtig, denn das Stichwort „Tannenberg“ bietet mehrere historische Mythen. Sebastian Mierzynski vom Museum für Ermland und Masuren in Allenstein sprach von dreien: der Nutzung der Schlacht von Grunwald für das polnische Nationalgefühl, ein regionales Gefecht von 1945, das die Sowjetunion zu einer „dritten Schlacht bei Tannenberg“ aufbauschen wollte, und dem von Hindenburg gestalteten Mythos einer „Vergeltung für 1410“. Dadurch prägte er die Rezeption der Schlacht im Deutschen Reich. Das gelang ihm, obwohl oder gerade weil sie „weit entfernt von der Realität der Schützengräben wie in Verdun war und das traditionelle Bild des Krieges darstellte“, so Ralf Meindl in seinen Ausführungen.

Kenntnisse über die lokalen Ereignisse vermittelt die Ausstellung „Der Erste Weltkrieg in Ostpreußen – Triumph und Tragik“, die am 30. August eröffnet wurde. „Sie ist ein umgestalteter Ausschnitt aus der von uns konzipierten gleichnamigen Ausstellung im Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen, umfasst aber dennoch auch die anderen damaligen Schlachten in Ostpreußen“, erklärte Direktor Wolfgang Freyberg. Von einem weiteren Beispiel erfuhren die Teilnehmer auf dem Friedhof in Skottau. Ein historisch interessierter Warschauer hat ein Gelände von mehreren Hektar um ihn herum erworben und im Juli dieses Jahres die Schlacht nachspielen lassen. Daraus soll laut Bogumił Kuzniewski eine regelmäßig stattfindende Veranstaltung werden.

Wolfgang Thüne, Vorstandsmitglied der Landsmannschaft Ostpreußen, die die Konferenz finanziell unterstützte, hatte in seinem Grußwort beim Blick auf die Ursachen des Ersten Weltkriegs eine Warnung für heute gesehen: „Übertriebener Nationalismus bot damals den idealen Nährboden für Kriegsideen, die dann Wirklichkeit wurden. Ähnlichen Tendenzen heute muss man frühzeitig entgegenwirken“. Ein Beitrag dazu war die Konferenz, die von den Teilnehmern durchwegs positiv aufgenommen wurde. Betkowski lobte die gut ineinander greifenden Themen, die ein abgerundetes Ganzes ergaben. Für Monika Krzenzek, Studentin aus Lindenort, bot die Exkursion eine besondere Entdeckung: „Ich wusste fast nichts über die Schlacht. Und auf einmal sehe und höre ich, dass auf dem Friedhof in Lahna Jäger aus Ortelsburg liegen, deren Namen ich auf den Tafeln in der Kirche gelesen habe.“ Bernard Gaida, der Vorsitzende des Verbandes der deutschen sozialkulturellen Gesellschaften in Polen, sah eine andere Tatsache sehr positiv: „Hier sind Russen und Deutsche nebeneinander beerdigt; auf einer Tafel auf einem anderen Friedhof in Masuren habe ich einmal die Worte gelesen ´Freund und Feind im Tod vereint´ – das sind deutliche Signale dafür, dass trotz des Krieges die Feinde als Menschen gesehen wurden.“

Uwe Hahnkamp(siehe auch Seite 20)


Abschleppen als neue Geschäftsidee
Königsberg geht gegen Falschparker vor – Trotz hoher Strafen: Autofahrer stellen ihre Fahrzeuge in Einfahrten ab

Die von der Stadt Königsberg beauftragte Firma „Städtische Spezialparkplätze“ hat viel zu tun, um Königsbergs Straßen von illegal geparkten Autos zu befreien.

Trotz höherer Strafen für Falschparken und eines Verbots von Auslandsreisen für säumige Zahler von Geldstrafen, verstoßen immer noch viele Autofahrer gegen die Straßenverkehrsordnung. Statt auf vorgeschriebenen Parkplätzen stellen sie ihre Fahrzeuge auf Bürgersteigen, in Hofeinfahrten und auf Grünstreifen vor Mehrfamilienhäusern ab. Die Bewohner der Häuser sehen sich gezwungen, Sperren mit Schlössern anzubringen, um ihre Einfahrt vor Falschparkern zu schützen. Doch auch das hilft nicht immer, da renitente Autofahrer diese einfach wegreißen oder mit Brecheisen oder Vorschlaghammer zerstören.

Die Regionalregierung hat in den vergangenen Jahren einen Gesetzentwurf erarbeitet, um Falschparkern den Garaus zu machen. Nach der Verabschiedung des Gesetzes dauerte es jedoch noch ein weiteres Jahr, bis die Höhe der Strafen festgesetzt und ein Abschleppunternehmen beauftragt worden war.

Nur ein einziges Unternehmen nahm an der Ausschreibung teil, es war die im April 2013 gegründete Firma „Städtische Spezialparkplätze“. Gründer und Chef des Unternehmens ist Ilja Katschalin. Gerüchten zufolge vertritt er die Interessen einer Reihe von Stadtabgeordneten.

Die Firma verlangte einen Preis in Höhe von 70 Euro für das Abschleppen, aber die Behörden legten 43 Euro fest.

Allein im ersten Monat der Einführung der Strafen wurden über 1000 Autos abgeschleppt. Und das waren nur die, welche auf Straßen falsch geparkt wurden. Mit den auf Grünflächen oder in Hauseinfahrten abgestellten Autos dürfen sich vorerst die Bewohner selbst befassen. Bis jetzt gibt es in Königsberg nur fünf Abschleppwagen. Die konfiszierten Wagen werden auf zwei extra eingerichtete Plätze gebracht, einen auf der Robert-Koch-Straße [Strelezkoj] mit 57 Parkplätzen und einen auf der Straße Heumarkt/-Lange Reihe [Barnaulskoj] mit 113 Plätzen. Um zu erfahren, wohin das abgeschleppte Auto verbracht wurde, müssen die Fahrzeugführer sich an den örtlichen TÜV wenden.

Zunächst muss der Fahrer sich an die staatliche Autoinspektion wenden, wo ihm eine Kopie des Protokolls über eine Ordnungswidrigkeit ausgestellt wird, dann kann er zu dem Sammelparkplatz fahren, um sein Auto abzuholen. Hier muss er eine Anzahlung für die Kosten der Lagerung des Fahrzeugs leisten.

In Cranz sind rund um die Uhr Abschleppwagen eingesetzt, während sie in Königsberg nur zur Kernarbeitszeit zum Einsatz kommen. In Cranz ist das Abschleppen besonders während der Badesaison lukrativ, da die Parkplätze nicht ausreichen und die Autofahrer ihre Autos einfach irgendwo abstellen.

Viele Königsberger hatten von den Abschleppwagen, die es zuvor jahrelang nicht gegeben hatte, zunächst überhaupt keine Notiz genommen. Nachdem die ersten ihre Pkws vermissten, riefen sie die Polizei an, um den Diebstahl ihres Fahrzeugs anzuzeigen.

Dass solche Unannehmlichkeiten das Verhalten von notorischen Falschparkern beinflusst, ist in der Gebietshauptstadt bislang noch nicht bemerkbar.

Jurij Tschernyschew


MELDUNGEN

Granatenfund in Kleinangerapp

Kleinangerapp – Ein Einwohner von Kleinangerapp hat unweit der Straße eine Granate gefunden. Nach der Benachrichtigung des Grenzschutzes wurden insgesamt 136 Granaten aus dem Zweiten Weltkrieg ausfindig gemacht. Die Blindgänger wurden bereits entschärft. E.G.

 

Reggae-Festival in Osterode

Osterode – Diesen Monat fand zum 14. Mal das Reggae-Festival in Osterode statt. Auf drei Bühnen traten Musiker aus dem In- und Ausland auf. Eine der Bühnen befand sich in der sogenannten roten Kaserne. Das Festival ist schon seit Jahren eine gute Werbung für die Stadt und lockt viele Touristen und Musikfreunde an. Mehr unter: www.ostrodareggae.com/ E.G.

 

Festival der Nationen

Osterode – Vergangenen Monat fand im Osteroder Amphitheater das 8. Festival der Nationen mit dem Titel „Unter dem gemeinsamen Himmel“ statt. Das Festival wurde vom Verband der deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren sowie dem Verband der Ukrainer in Polen organisiert. Auf der Bühne traten deutsche, ukrainische, polnische, tatarische sowie Roma-Künstler auf. Mehr unter: www.zsnwim.eu E.G.

 

Störungen des Verkehrs

Straße Nr. S7: Verkehrsknoten: Elbing Ost [Elblag Wschód], Baustelle. Straße Nr. S7j: Hohenstein [Olsztynek] – Paulsgut [Pawłowo], Baustelle. Straße Nr. S22: Brücke auf der Passarge, Renovierung. Straße Nr. 15: Rakowitz im Kreis Neumark [Rakowice], Straßenumbau. Straße Nr. 16: Nagladden [Naglady] – Hohenstein [Olsztynek], Baustelle; Erlenau [Olszewo] – Eichendorf [Dabrówka], Baustelle; Kreuzdorf [Krzyzewo] – Reiffenrode (Prawdziska), Baustelle, Lyck (Ełk) – Dreimühlen (Kalinowo), Baustelle. Straße Nr. 16c: Allenstein [Olsztyn] – Wartenburg [Barczewo], Baustelle. Straße Nr. 22: Elbing [Elblag] – Rehfeld [Grzechotki], Baustelle. Straße Nr. 57: Klein Schöndamerau [Trelkówko] – Eichtal [Debówko], Baustelle; Ortelsburg [Szczytno], Renovierung der Straßen. Straße Nr. 58: Kurken [Kurki], Brückenbau, einspurig. Straße Nr. 63: Primsdorf [Prynowo], Renovierung der Brücke; Angerburg [Wegorzewo], Baustelle; Milken [Miłki], Baustelle. Straße Nr. 65: Schlöppen [Slepie] – Lyck [Ełk], Baustelle; Treuburg [Olecko] – Lyck, Ortschaft: Herzogskirchen [Gaski], Baustelle; Treuburg – Lyck, Ortschaft: Wittenwalde [Oracze], Baustelle; Prostken [Prostki] – Bogusze, Baustelle. E.G.


S. 14 Ostpreussische Familie

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

im Allgemeinen halte ich von Leitsprüchen nicht viel, weil sie zu Fehldeutungen und Gemeinplätzen führen können – im Besonderen finde ich aber so manches Wort eines klugen Menschen durchaus anwendbar. Und dies Besondere trifft auf einen Ausspruch des römischen Redners Cicero zu, der da lautet: „All das, was uns verbindet, ist ja nicht erloschen, es wird vielmehr ständig genährt und vertieft durch mein Zurückdenken an das, was war!“ Wenn wir hierfür den Plural anwenden und „unser“ statt „mein“ sagen, dann haben wir ein Leitmotiv für unsere Ostpreußische Familie, wie man es besser nicht formulieren könnte. Danke, Cicero!

Denn ist es nicht so? Die Heimat, die uns verbindet, ist ja nicht erloschen, sie bleibt lebendig durch unser gemeinsames Erinnern, das durch jedes Mitdenken, Mithelfen, Mitsuchen ständig genährt und vertieft wird. Und wenn heute in der Kirche von Seegertswalde [Zajezierze] bei Maldeuten im Oberland die Gedenktafel mit den Namen von 15 Gefallenen des Ersten Weltkrieges hängt, dann beweist dies, dass wir den Cicero-Spruch für uns Vertriebene, die wir dem Gedenken an die verlorene Heimat immer neue Impulse geben, ruhig übernehmen können. Ja, sie hat nun ihren angestammten Platz wieder gefunden, die Tafel, und zu verdanken ist das vor allem einem Mann, der sie vor sechs Jahren durch Zufall entdeckt hatte und seitdem nicht ruhte, bis sie wieder an ihrem Platz war. Ein Blick zurück: In Folge 32/2013 veröffentlichten wir ein Bild der inzwischen restaurierten Gedenktafel mit den Namen der Gefallenen, zu deren Findung unsere Ostpreußische Familie damals beigetragen hatte. Hierzu schreibt uns ihr Entdecker, Herr Siegfried Neckritz aus Osnabrück: „Die Tafel wurde in kommunistischer Zeit durch eine Frau aus dem Abfall gerettet und in einer Garage gelagert. Nach der Wende wurde sie dem Museum Osterode übergeben. Nachdem ich sie dort im Jahr 2008 hinter einem Schrank entdeckt hatte, wurde sie mir ein Jahr später zur Restauration ausgehändigt und Anfang Juni 2013 dem Direktor des Museums restauriert zurückgegeben. Die ursprüngliche Absicht, sie wieder in der Kirche Seegertswalde anzubringen, unterstützten der Vorsitzende der Deutschen Minderheit Herr Hoch, der Direktor des Museums Osterode, der Pfarrer der evangelischen Kirche in Osterode und der katholische Pfarrer in Maldeuten, der für die Kirche in Seegertswalde zuständig ist. Die Einweihung fand am Sonntag, 22. September 2013, in der 1886 errichteten Kirche, die sich in einem sehr guten Zustand befindet, im Zuge des Gottesdienstes durch den katholischen Pfarrer aus Maldeuten statt. Die Besucher des bis auf den letzten Platz gefüllten ehemaligen evangelischen Gotteshauses wurden durch den Pfarrer über die wieder angebrachte Gedenktafel informiert, die an der rechten Innenseite des Kircheneinganges angebracht wurde. Die Namen der Gefallenen und ihre Heimatorte, wie sie auf der Tafel vermerkt sind: Wilhelm Behnke, Alfred Kahle, Otto Beyer und Emil Collmorgen aus Zöpel. Rud. Friedrich, Alfred Mater, Gottfried Tagusch, Bernhard Tobs und Rud. Gleibs aus Maldeuten. Hermann Zokoll, Friedrich Lunkwitz, August Gottschau, Gotth. Tagusch und Karl Böhnke aus Seegertswalde. Wilhelm Neckritz aus Eichwerder“.

Soweit der Bericht von Siegfried Neckritz, der nun noch einmal unsere Ostpreußische Familie um Mithilfe ersucht. Er meint, dass außer dieser Gedenktafel für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges keine weiteren in ostpreußischen Kirchen vorhanden sind. Das heißt, er vermutet es: Sollte Lesern der Ostpreußischen Familie Gegenteiliges bekannt sein, möchten sie ihm dies bitte mitteilen. Aber hallo, hat man unsere Familienseite nicht gelesen? Ich kann auf eine wundervoll restaurierte Ehrentafel hinweisen, die schon öfter in unserer Kolumne erwähnt wurde, das letzte Mal in Folge 27 anlässlich der Einweihung der neuen Orgel in der Patronatskirche von Coadjuthen im Memelland, über die uns Günter Uschtrin berichtete. Er kann diese Gedenktafel bildlich belegen, denn sie ist in seinem Buch „Wo liegt Coadjuthen?“ abgebildet. Es sind sogar zwei Gedenktafeln, die dort an der Kirchen-Empore hängen, denn neben der für „die im Kriege 1914–1918 gefallenen Helden zu Dank und Ehren“ erinnert eine weitere an die Gefallenen, „die aus diesem Kirchspiel im Jahre 1813/1814 für König und Vaterland starben“. Übrigens war die erstgenannte Tafel für den nachgeborenen Coadjuther der Auslöser für seine dann so erfolgreiche Tätigkeit für das Gotteshaus: Als er auf ihr seinen Familiennamen las – ein Wilhelm Uschtrin gehörte zu den im Ersten Weltkrieg Gefallenen –, da wurde ihm erst die bis dahin nur unterschwellig gespürte Verbindung zu seiner Väterheimat voll bewusst. Vielleicht geht es manchem nachgeborenen Oberländer auch so, wenn er bei einem Heimatbesuch in der Kirche von Seegertswalde einen Namen aus seiner Familie liest. Wer kann Herrn Neckritz noch mit weiteren Hinweisen dienen? (Siegfried Neckritz, Anhalter Weg 10 in 49088 Osnabrück, Telefon: 0541/15856.)

In den Kreis Mohrungen führt ein neuer Suchwunsch zurück, den uns Frau Gabriela Kühn aus Neuengörs übermittelt. Sie ist eine geborene Ruh und betreibt seit einiger Zeit Ahnenforschung, die in diesem Fall in das südliche Ostpreußen führt. Die Familie Ruh stammt aus dem oberländischen Karneyen, sie soll dort in einem eigenen Haus gewohnt haben. Die Familiengeschichte ist reichlich verworren, es fehlen Daten oder sie differieren, so dass die hier aufgeführten Personen nicht leicht einzuordnen sind. Also da ist zuerst einmal Hermann Ruh, der auf dem Gut Podangen/Karneyen als Kutscher gearbeitet haben soll. Ein 1912 in Karneyen geborener August Ruh, der im April 1945 bei Salzwedel fiel, müsste ein Verwandter von Hermann gewesen sein. Es ist zu vermuten, dass August der Vater der 1941 (oder 1944, hier driften die Angaben der Auskunftsstellen auseinander) in Karneyen geborenen Erika Ruh war, die dann nach der Flucht bei Hermann Ruh und seiner Lebensgefährtin Anna in Vorpommern lebte. So kommt nun die wohl ebenfalls aus Karneyen stammende Familie Neumann ins Spiel, mit der die Familie Ruh eng befreundet oder sogar verwandt gewesen sein muss. Anna Neumann, die nach 1945 mit Hermann Ruh zusammen lebte, hatte eine Tochter, Gertrud, *1924 in Karneyen, die bis zur Flucht auf dem Gut als Köchin tätig gewesen sein soll. Gertrud Neumann soll die kleine Erika großgezogen haben, sie verstarb 1990 in Thurow/Gemeinde Züssow, Vorpommern. Anna Neumann kam aus der Landwirtschaft, sie hatte in Karneyen auf dem Gut gearbeitet, so betrieb sie nach der Flucht gemeinsam mit Hermann Ruh in Oldenburg/Gemeinde Ranzin eine Landwirtschaft. Dort verstarb Anna am 24. September 1974, Hermann Ruh folgte ihr am 31. Dezember 1978. Anna soll noch Verwandte bei Osnabrück und Redefin (Mecklenburg/Vorpommern) gehabt haben. Vielleicht führen diese hier veröffentlichten Angaben auf der Suche nach Angehörigen oder Bekannten aus dem Lebenskreis der Genannten etwas weiter. Wir hoffen mit Frau Gabriela, die in ihrer Ahnenforschung von ihrem Mann unterstützt wird, dass sie aus unserem Leserkreis brauchbare Informationen erhalten kann, zumal wir ja aufmerksame Leserinnen und Leser in Mecklenburg/Vorpommern haben. (Gabriela und Sebastian Kühn, Eitzredder 2 in 23818 Neuengörs/Ot Altengörs, Telefon: 04550/985653, E-Mail: seb.kuehn@freenet.de)

Es ist schon eigenartig mit unseren Suchfragen. Von manchen glaubt man, dass sich auf die Veröffentlichung hin sofort einige Leserinnen und Leser melden, die brauchbare Informationen geben können – und dann herrscht Funkstille. Andere wiederum sind schwer zu vermitteln, und man hat das Gefühl, dass die Suche im Sande verlaufen wird. Und dann kommt ein Anruf, der das kaum Glaubhafte bestätigt: Es hat geklappt. Auf Anhieb und mehr als zufrieden stellend. So geschehen vor einigen Tagen, als sich Frau Dagmar Gumpert aus Holzminden meldete, deren Stimme schon zu entnehmen war, dass sie mir Erfreuliches mitteilen konnte. In Folge 32 hatten wir ihren Wunsch veröffentlicht, der ihre Mutter und Großmutter betraf, deren Leben sie durchleuchten wollte. Die Familie stammte aus einem Ort in der heutigen Ukraine und musste mitten im Ersten Weltkrieg nach ihrer Ausweisung eine neue Bleibe suchen, die sie in dem masurischen Dorf Sulimmen bei Lötzen fand. Dort wuchs Frau Gumperts 1915 geborene Mutter Mathilde in der Obhut ihrer Großmutter auf, denn ihre Mutter war bereits kurz nach der Umsiedlung verstorben. Die Tochter wollte nun der Kindheit und Jugendzeit ihrer Mutter nachgehen, fand aber weder in Sulimmen noch in Lötzen konkrete Spuren. Frau Gumpert wandte sich nun an uns mit der Bitte, nach ehemaligen Bewohnern von Sulimmen zu suchen, die ihre Urgroßmutter Anna Rosine Fechner – in zweiter Ehe Paruschkewitz – gekannt hatten. Ich war etwas skeptisch, weil es sich hier um eine Familie handelte, die ihre Wurzeln nicht in Ostpreußen hatte und es sich nur um einen begrenzten Zeitzeugenkreis handelt konnte. Aber da hatte ich mich getäuscht, denn was Frau Gumpert mir mitteilen konnte, erfüllte schon den wichtigsten Teil ihres Wunsches: Es hatte sich prompt eine Leserin aus Osnabrück gemeldet, die aus Sulimmen stammte und die das Haus, in dem Anna Rosine Fechner mit ihrer Enkelin gewohnt hatte, gut kannte. Frau L. lebte noch bis 1976 in dem kleinen Ort und konnte Frau Gumpert also sehr viel über Sulimmen und das Schicksal seiner Bewohner erzählen. Sie will nun auch noch ihre ältere Schwester befragen, so dass sich aus dieser Verbindung noch mehr Wissenswertes für Frau Gumpert ergeben wird. Wir bleiben am Ball.

Noch einmal komme ich auf den Eingangsspruch zurück, auf „mein Zurückdenken an das, was war“. Auch mein Königsberger Landsmann Gerhard Thal aus Unterreichenbach denkt an sein Kinderland am Pregel zurück, das vor 70 Jahren durch die Bombenangriffe zerstört wurde, und vor allem daran, wie der 13-jährige Junge dem Inferno entkam. Am späten Nachmittag des 29. August 1944 hatte sich die Familie Thal entschlossen, mit dem Fahrrad von ihrem Wohnhaus Holzstraße Nr. 5 nach Juditten zu radeln, um in ihrem Schrebergarten zu übernachten. In dieser Nacht wurde seine Kinderheimat am Pregel in Schutt und Asche gelegt. „Gnade und Bewahrung, aber auch Auftrag, nie zu vergessen“, schreibt der heute 83-Jährige. In Zusammenhang mit diesem Gedenken äußert Gerhard Thal einen schon lange gehegten Wunsch: Er sucht das Buch „Die Grenzen der Sowjetmacht“ von Prof. Starlinger, der noch nach der russischen Okkupation in Königsberg als Arzt tätig war. Und da er schon einmal beim Wünschen ist, schließt er ein zweites Anliegen an, für das er nur einen Satz benötigt: „Und wo sind die Nachkommen vom Opa Gustav Siebert und Oma vom Beydritter Weg Nr. 5/7?“ Es wäre ja auch wieder ein Wunder, wenn auch ein kleines, sollten wir in unserer Ostpreußischen Familie fündig werden. Es wäre unserem so heimattreuen Landsmann zu wünschen, dem ich auch für seine anerkennenden Worte für unsere Arbeit danken möchte. (Gerhard Thal, Landhausstr. 53 in 75399 Unterreichenbach, Telefon: 07235/9756124.).

Eure Ruth Geede


Die Odyssee der Trakehner Remonten
Aus dem geretteten Treck-Tagebuch der Bereiterin Margarete Koller: Ein kaum bekanntes Kapitel deutscher Militärgeschichte

Der Bereiterin Frau Margarete Koller von der Wehrkreisreit- u.-fahrschule I, z. Zt. Demmin/Pommern, wird hiermit bescheinigt, dass ihr der größte Teil der militärischen und privaten Bekleidungsstücke sowie Wertsachen und Dokumente auf dem Fußmarsch von Skandau/Ostpr, nach Demmin in Verlust geraten ist. Der Verlust wurde durch militärische Maßnahmen bedingt, die durch den Kommandierenden General des Panzer-Korps Hermann Göring angeordnet wurden. Diese Maßnahmen bestanden darin, dass der Wehrkreisreit- u. -fahrschule I nur gestattet wurde, mit 5 Fahrzeugen den Weitermarsch fortzusetzen, sodass eine größere Anzahl beladener Fahrzeuge in der Unterkunft Wogau bei Pr. Eylau stehen bleiben musste. Mit einer Wiedererlangung der Stücke ist infolge des Russeneinfalls nicht zu rechnen“.

Diese im Februar 1945 von einem Oberst unterzeichnete „Verlustbescheinigung“ fand Frau Christa Möller aus Bienenbüttel im Nachlass ihrer Mutter Margarete Koller, und ein Beweisstück für ihre Flucht aus Lyck als Bereiterin der dortigen Wehrkreisreit- und fahrschule dazu: Die Satteltasche, die sie auf dem Fluchtweg mit ihrem Trakehner nie aus den Augen ließ, und die nun ein Beweis dafür ist, was ostpreußische Frauen als Bereiterinnen der Remonten geleistet haben. Ein Kapitel deutscher Militärgeschichte, das kaum bekannt ist. Mit Frau Christa Möller haben wir eine authentische Chronistin, die aus den Tagebuchaufzeichnungen ihrer Mutter einen Kurzbericht verfasste, um das Thema in den Raum zu stellen, das sicher großes Interesse bei unseren Lesern und Leserinnen finden wird, für die Frau Koller keine Unbekannte sein dürfte: In Folge 23 brachten wir die von ihrer Tochter übermittelte heitere Geschichte, wie Margarete als Fünfjährige bei ihrem Großvater reiten lernte und von da an ewig den Pferden verbunden blieb. Diese Liebe zu ihren Trakehnern führte wohl auch zu ihrer Verpflichtung als Bereiterin für Remonten in Lyck. Frau Christa Möller schreibt: „Wer weiß noch etwas über die Ausbildung der Trakener Remonten an der Wehr-Kreis-Reit- und Fahrschule in Lyck, Kaserne? Ich will versuchen, einen Bericht über die dort für die zwölfmonatige Ausbildung der dreijährigen Trakener für den Fronteinsatz eingestellten Bereiterinnen zusammenzufügen, denn zu ihnen gehörte auch meine Mutter Margarethe Koller geb. Borowski. Die Idee kam mir, als ich im Ostpreußischen Landesmuseum (OL) in Lüneburg war. Der Grund: Ich besaß noch eine originale Satteltasche meiner Mutter, die in Ostpreußen extra für das Militär angefertigt wurde. Diese hat den Marsch, der Anfang Januar 1945 in Lyck begann, über Lisken, Skandau bis nach Demmin, Soltau, Dägeling bei Itzehoe überstanden. In dem Tagebuch meiner Mutter ist zu lesen: ,Dass es ein Abschied für immer wurde, ahnten wir nicht. Bei Sturm, Schnee, Eis und Kälte bis Minus 30 Grad ritten und führten wir am Tage, Futterpausen inbegriffen. Nachts provisorische Un-terkünfte, die meiste Zeit kaum abgesattelt, weil die Lage zu gefährlich. Gewaltmarsch über das Frische Haff Zwölf Kilometer, über die Nehrung. Anfang März in Demmin/Pommern, nächsten Halt Soltau…’ Beim Übersetzen über die Elbe wurde meine Mutter an der Schulter verletzt. Die Reit- und Fahrschule in Soltau war noch nicht Endstation: Am 10. Mai wurde der letzte verbliebene Trupp von den Engländern in Dägeling eingenommen. Dreizehn Trakehner waren verblieben, die gleich nach England abgeführt wurden. Im Tagebuch meiner Mutter sind 47 Wagen, je zwei Pferde und die Bereiterinnen, je ein Handpferd mit Betreuer aufgeführt. Zu diesen gehörten russische Gefangene, aber auch Italiener und Ungarn, mit denen sie anscheinend große Mühe hatten. Mit dem Treck gingen nicht nur die ausgebildeten Trakehner, sondern auch noch 80 ukrainische Wallache, die noch „ganz roh“ waren – so steht es im Tagebuch meiner Mutter“.

Dieses Tagebuch dürfte wohl eine einmalige Dokumentation über eine Odyssee sein, in der Reiterin und Pferd auf Gedeih und Verderb miteinander verbunden waren. Wir sind dankbar, dass es Frau Möller für uns geöffnet hat, und das ist wohl ganz im Sinn ihrer 1987 mit 78 Jahren verstorbenen Mutter. Die Aufzeichnungen werden durch Fotos ergänzt, Aufnahmen, die bisher noch nicht veröffentlicht wurden. Hier hat unsere Ostpreußische Familie Präferenz, auch dafür danken wir Frau Möller. Und wir reichen ihre Frage weiter, denn sie möchte noch mehr über die Wehrkreis Reit- und Fahrschule in Lyck wissen. Die gut erhaltene Satteltasche hat übrigens ihren Platz im OL gefunden. (Christa Möller, Am Krummbach 9 in 29553 Bienenbüttel)


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 104. GEBURTSTAG

Domnick, Gertrud, geb. Arndt, aus Bladiau, Kreis Heiligenbeil, am 17. September

ZUM 101. GEBURTSTAG

Kruska, Erika, aus Ulrichsee, Kreis Ortelsburg, am 14. September

ZUM 100. GEBURTSTAG

Lorenz, Rosa, geb. Juske, aus Pillau, später Königsberg/Goldschmiede, Heisterweg 15, am 15. September

ZUM 99. GEBURTSTAG

Leiskau, Ingeborg, geb. Kempas, aus Ebenrode, am 19. September

ZUM 98. GEBURTSTAG

Müller, Otto, aus Schellendorf, Kreis Ebenrode, am 19. September

ZUM 97. GEBURTSTAG

Jonsek, Frieda, geb. Ludzay, aus Farienen, Kreis Ortelsburg, am 13. September

Prawdzik, Karl, aus Zielhausen, Kreis Lyck, am 18. September

ZUM 96. GEBURTSTAG

Koslowski, Lydia, geb. Olschewski, aus Auglitten, Kreis Lyck, am 16. September

Kowalewski, Emilie, geb. Jankowski, aus Lyck, Bismarckstraße 56, am 19. September

Schubert, Elisabeth, geb. Kloß, aus Weißensee, Kreis Wehlau, am 17. September

Voigt, Ursula, geb. Moehrke, aus Zimmerbude, Kreis Samland, am 18. September

ZUM 95. GEBURTSTAG

Czerwinski, Wilhelm, aus Millau, Kreis Lyck, am 19. September

Flachsberger, Heinz, aus Grünlinde, Kreis Wehlau, am 18. September

Hohnsbein, Frieda, geb. Weylo, aus Klein Lasken, Kreis Lyck, am 18. September

Rhinow, Meta, geb. Alzuhn, aus Rehwalde, Kreis Elchniederung, am 18. September

Sandrock, Martha, geb. Metzdorf, aus Moschnen, Kreis Treuburg, am 17. September

Stegat, Max, aus Klein Friedrichsgraben, Kreis Elchniederung, am 17. September

Topeit, Erich, aus Alt Seckenburg, Kreis Elchniederung, am 16. September

Wunderlich, Hedwig, geb. Baginski, aus Willuhnen, Kreis Neidenburg, am 14. September

ZUM 94. GEBURTSTAG

Czichowski, Emma, geb. Siegmund, aus Scharnau, Kreis Neidenburg, am 15. September

Günther, Horst, aus Wildwiese, Kreis Elchniederung, am 17. September

Herzog, Hedwig, geb. Patz, aus Fröhlichshof, Kreis Ortelsburg, am 19. September

Jeschke, Fritz, aus Grünfließ, Kreis Neidenburg, am 16. September

ZUM 93. GEBURTSTAG

Erdmann, Elsbeth, aus Lötzen, am 18. September

Holaschke, Hildegard, geb. Michalzik, aus Lyck, Morgenstraße 4, am 18. September

Rehberg, Emil, aus Balga, Kreis Heiligenbeil, am 14. September

Sanio, Christel, geb. Rosinski, aus Treuburg, am 18. September

ZUM 92. GEBURTSTAG

Carle, Helene, geb. Czylwik, aus Hansbruch, Kreis Lyck, am 19. September

Czychi, Willy, aus Widminnen, Kreis Lötzen, am 19. September

Dehring, Herta, geb. Homp, aus Großheidekrug, Kreis Samland, am 14. September

Frischkorn, Botho, aus Neukuhren, Kreis Samland, am 19. September

Funk, Bruno, aus Grunau, Kreis Heiligenbeil, am 15. September

Gosziniak, Paul, aus Lyck, Kaiser-Wilhelm-Straße 87, am 14. September

Grenningloh, Willi, aus Groß Ponnau, Kreis Wehlau, am 15. September

Krause, Hans, aus Genslack, Kreis Wehlau, am 13. September

Matzeit, Erich, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 18. September

Meyhöfer, Prof. Wolfgang, aus Wehlau, am 13. September

Radtke, Paul, aus Klein Steegen, Kreis Preußisch Eylau, am 16. September

Schliem, Emma, geb. Hebmüller, aus Steinhalde, Kreis Ebenrode, am 18. September

Schliwinski, Gerhard, aus Neidenburg, am 14. September

Szipl, Margarete, geb. Saloga, aus Goldensee, Kreis Lötzen, am 19. September

Vierling, Hildegard, geb. Piaßeck, aus Prostken, Kreis Lyck, am 14. September

ZUM 91. GEBURTSTAG

Bromisch, Ruth, aus Petersgrund, Kreis Lyck, am 17. September

Dicks, Gertraud, geb. Kolwe, aus Goldensee, Kreis Lötzen, am 13. September

Eisenhuth, Renate, geb. Friedrich, aus Lyck, Morgenstraße 15, am 16. September

Gundlach, Ruth, aus Lyck, am 19. September

Jankowski, Gertrud, geb. Welz, aus Weitenruh, Kreis Ebenrode, am 13. September

Krüger, Bernhard, geb. Kackschies, aus Groß Friedrichsdorf, Kreis Ebenrode, am 16. September

Marhofen, Christel, geb. Brenk, aus Königsberg, am 18. September

Prüß, Elise, geb. Klein, aus Quednau, Kreis Samland, am 13. September

Rohde, Ingeborg, geb. Teschendorf, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 18. September

Taube, Elfriede, geb. Kruschewski, aus Mostolten, Kreis Lyck, am 18. September

ZUM 90. GEBURTSTAG

Amon, Christian, aus Trenk, Kreis Samland, am 17. September

Bokemeyer, Marianne, geb. Wolff, aus Paterswalde, Kreis Wehlau, am 15. September

Borowski, Arnold, aus Preußwalde, Kreis Tilsit-Ragnit, am 19. September

Czudnochowski, Waltraut, geb. Langkeit, aus Seebrücken, Kreis Lyck, am 13. September

Eichenauer, Ruth, geb. Schossadowski, aus Altkirchen, Kreis Ortelsburg, am 18. September

Friedrich, Margrete, geb. Gamser, aus Treuburg, am 16. September

Haake, Gerda, geb. Kledtke, aus Gilgetal, Kreis Elchniederung, am 19. September

Habel, Elly, geb. Wiechmann, aus Ebenrode, am 13. September

Hinz, Margarete, geb. Grabeck, aus Groß Stürlack, am 14. September

Hofmann, Erna, geb. Ollech, aus Ittau, Kreis Neidenburg, am 14. September

Ignée, Sigrid, aus Neidenburg, am 13. September

Kampmann, Brigitte, geb. Neumann, aus Fließdorf, Kreis Lyck, am 18. September

Knies, Grete, aus Lyck, am 18. September

Kobbe, Ruth, geb. Ruppenstein, aus Noiken, Kreis Elchniederung, am 14. September

Moskwa, Paul, aus Thalheim, Kreis Neidenburg, am 16. September

Nautsch, Margot, aus Pillau, Kreis Samland, am 14. September

Neumann, Magdalene, aus Rostken, Kreis Lyck, am 19. September

Ollech, Emma, geb. Beber, aus Scheufelsdorf, Kreis Ortelsburg, am19. September

Pommereit, Ernst, aus Eibenau, Kreis Treuburg, am 18. September

Quednau, Dr. Hans-Otto, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 16. September

Rabis, Frieda, geb. Pirdschun, aus Scharfeneck, Kreis Ebenrode, am 13. September

Scherhans, Frieda, geb. Kornatzki, aus Prostken, Kreis Lyck, am 14. September

Spiralke, Ruth, geb. Müller, aus Rhein, Kreis Lötzen, am 13. September

ZUM 85. GEBURTSTAG

Barsch, Anni, geb. Baumann, aus Herzogsmühle, Kreis Treuburg, am 16. September

Ebert, Annemarie, geb. Bacher, aus Rauhdorf, Kreis Ebenrode, am 18. September

Freitag, Ingeborg, geb. Pagel, aus Lyck, Yorkstraße 11, am 18. September

Giovannini, Rita, geb. Possekel, aus Rauschen, Kreis Samland, am 14. September

Göbel, Manfred, aus Adlig Linkuhnen, Kreis Elchniederung, am 15. September

Gusek, Bruno, aus Grabnick, Kreis Lyck, am 17. September

Hoffmann, Erika, geb. Tarnowsky, aus Friedrichsdorf, Kreis Wehlau, am 15. September

Holstein, Margarete, geb. Rekindt, aus Craam, Kreis Samland, am 15. September

Konopasek, Lilly, geb. Schweitzer, aus Hohenwalde, Kreis Heiligenbeil, am 18. September

Krämer, Claus, aus Motzfelde, Kreis Elchniederung, am 19. September

Lindner, Waltraud, geb. Neumann, aus Dachsrode, Kreis Wehlau, am 15. September

Naujokat, Helmut, aus Dürrfelde, Kreis Ebenrode, am 17. September

Nielsen, Brunhilde, aus Neuendorf, Kreis Lyck, am 14. September

Peters, Sieghardt, aus Treuburg, am 16. September

Püscher, Ilse, geb. Soboll, aus Bobern, Kreis Lyck, am 16. September

Regge, Erhard, aus Neuendorf, Kreis Treuburg, am 15. September

Reinert, Heinz, aus Neidenburg, am 16. September

Rinio, Heinz, aus Rogallen, Kreis Lyck, am 15. September

Schöttke, Erika, aus Zimmerbude, Kreis Samland, am 13. September

Senkbeil, Gerhard, aus Eichensee, Kreis Lyck, am 18. September

Spieckermann, Hans-Jürgen, aus Ortelsburg, am 17. September

Timas, Ursula, geb. Pasternak, aus Wehlau, am 15. September

Uhlich, Elisabeth, geb. Sender, aus Paterschobensee, Kreis Ortelsburg, am 14. September

Vödisch, Ingeborg, geb. Dolenga, aus Ulrichsfelde, Kreis Lyck, am 16. September

Weist, Gisela, aus Prostken, Kreis Lyck, am 17. September

Wenzelewski, Ernst, aus Bartkengut, Kreis Neidenburg, am 16. September

ZUM 80. GEBURTSTAG

Andes, Heinz, aus Deumenrode, Kreis Lyck, am 14. September

Breitenbach, Käthe, geb. Marzischewski, aus Walden, Kreis Lyck, am 18. September

Buttkus, Liesbeth, geb. Gresdat, aus Wenzbach, Kreis Ebenrode, am 13. September

Falk, Ulrich, aus Elchdorf, Kreis Samland, am 16. September

Hahn, Helmut, aus Neukirch, Kreis Elchniederung, am 19. September

Kaiser, Anna, aus Kischken, Kreis Ebenrode, am 19. September

Kraft, Dieter, aus Lindenort, Kreis Ortelsburg, am 16. September

Krahm, Wally, geb. Ochs, aus Saten, Kreis Wehlau, am 19. September

Kukawka, Fritz, aus Millau, Kreis Lyck, am 17. September

Mattke, Günter, aus Rauschen Kreis Samland, am 15. September

Mohr, Dr. Hans-Joachim, aus Burgkampen, Kreis Ebenrode, am 13. Oktober

Radzuweit, Günter, aus Reichenbach, am 13. September

Reglin, Helga, aus Paterswalde, Kreis Wehlau, am 15. September

Scherlies, Alfred, aus Ostseebad Cranz, Kreis Samland, am 17. September

Stodt, Ruth, geb. Jucknies, aus Kreuzingen, Kreis Elchniederung, am 16. September

Strahlendorf, Christel, geb. Neumann, aus Schuggern, Kreis Ebenrode, am 18. September

Ullrich, Gisela, geb. Broszio, aus Milken, Kreis Lötzen, am 15. September

Volmari, Ursula, geb. Wrobel, aus Reinkental, Kreis Treuburg, am 18. September

Walendy, Helga, aus Seliggen, Kreis Lyck, am 14. September

Wiegmann, Gisela, geb. Gollub, aus Treuburg, am 14. September

ZUM 75. GEBURTSTAG

Barsuhn, Manfred, aus Ossafelde, Kreis Elchniederung, am 19. September

Block, Waltraut, geb. Blank, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 19. September

Chilla, Anneliese, geb. Worff, aus Seenwalde, Kreis Ortelsburg, am 19. September

Frey, Irmgard, geb. Konopka, aus Wilhelmshöhe, Kreis Ortelsburg, am 15. September

Drawe, Wolf-Rüdiger, aus Allenberg, Kreis Wehlau, am 19. September

Grundwald, Klaus, aus Canditten, Kreis Preußisch Eylau, am 18. September

Hanau, Barbara, geb. Schmaling, aus Groß Budlacken, Kreis Wehlau, am 16. September

Hartwich, Kurt, aus Pomedien, Kreis Wehlau, am 16. September

Kortz, Christian, aus Wehlau, am 19. September

Kreuzahler, Wolfgang, aus Lennep-Renscheid, am 13. September

Kuta, Ingelore, geb. Ziefus, aus Lötzen, am 15. September

Liebebberg, Edith, geb. Gayk, aus Reuschwerder, Kreis Neidenburg, am 17. September

Lüttin, Renate, geb. Mertins, aus Biothen, Kreis Wehlau, am 13. September

Rehme, Dieter, aus Wehlau, am 15. September

Schwanz, Edelgard, geb. Lippick, aus Kleschen, Kreis Treuburg, am 17. September

Struwe, Dieter, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 14. September

Worbs, Margot, geb. Döllermann, aus Obrotten, Kreis Samland, am 15. September

Zagromski, Siegfried, aus Malschöwen, Kreis Neidenburg, am 16. September

Zagromski, Siegfried, aus Ortelsburg, am 14. September


S. 16-18 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Landesgruppe – Landesdelegiertentagung: Sonnabend, 20. September, Hotel Wartburg, Langestraße 49, Stuttgart, Beginn 10 Uhr, mit Berichten aus der Arbeit des Landesvorstands, Kassenbericht, und Entlastung.

Landeskulturtagung: Sonnabend, 20./Sonntag, 21. September, Hotel Wartburg, Stuttgart, Langestraße 49, Beginn 14 Uhr. Mit einem Vortrag von Stefan Hein, (Bundesvorsitzender BJO) „Landschaft erleben – Geschichte entdecken – Gemeinschaft erfahren ...“. Der BJO ist sowohl in der Bundesrepublik als auch in Ostpreußen mit Seminaren, Freizeiten, Bildungsveranstaltungen und Begegnungen, sowie in der Kriegsgräberfürsorge in Ostpreußen aktiv. Verbindendes Element sind die gemeinsamen Fahrtenerlebnisse und Interesse am historischen deutschen Osten, an seinem ideellen Erbe und seiner einzigartigen Kulturlandschaft. Ab 16 Uhr Lesung: Gerda Hildbrand, V.-Schwenningen, „Ein Leben – Zwei Seiten Schicksal einer Gutsbesitzer-Familie aus Ostpreußen“. Ella Brümmer, eine mutige Ostpreußin, die mit ihrer Heimat untrennbar verbunden war, hat nach ihrer Flucht in den Westen ihre Lebenserinnerungen zu Papier gebracht (1882–1949). Ab 19 Uhr kultureller Heimatabend mit Sketchen und Vertellchen der Teilnehmer, am Klavier: Ralph Demski. Sonntag, 21. September, 8.30 Uhr: Fortsetzung der Landeskulturtagung im Hotel Wartburg. Irma Barraud, Lahr: „Wort zum Sonntag“. Anschließend Vortrag von Uta Lüttich „Kampf um Ostpreußen – Der Mythos Tannenberg – Ostpreußen unter russischer Herrschaft 1914“. Delegierte und Gäste sind an beiden Tagen herzlich eingeladen. Übernachtung im Hotel Wartburg. Anmeldungen an Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart.

Sonntag, 21. September, 11 Uhr: Tag der Heimat in Stuttgart-Bad Cannstatt, Gedenkfeier am Vertriebenendenkmal im Kurpark. Die Feier wird von der LM Ostpreußen ausgerichtet mit dem BdV-Chor der LO Ulm, Leitung Alexander Diehl. Ansprache Uta Lüttich. Ab 14 Uhr Liederhalle, mit festlichem Programm. Festredner Regierungspräsident Johannes Schmalzl.

Heidelberg – Sonntag, 14. September, 15 Uhr, Hotel Leonardo, Bergheimerstraße 63: Treffen der Landsmannschaft zu einem Filmvortrag über Danzig, den Franz Pitronik, Vorsitzender des BdV Heidelberg zeigen wird. Er wird durch diese westpreußische Stadt führen, in der sich am Ende des Krieges so viel Flüchtlingselend und Dramen abgespielt haben. Gäste sind herzlich willkommen. – Sonntag, 28. September, 14 Uhr, Hotel Marriott, Vangerowstraße 16: Tag der Heimat.

Ludwigsburg – Mittwoch, 24, September, 15 Uhr, Kronenstuben, Kronenstraße 2: Stammtisch.

Ulm/Neu-Ulm – Sonnabend, 13. September, Bürgerhaus Allmendingen: Tag der Heimat. 14.30 Uhr Totengedenken am Ehrenmal auf dem Friedhof Allmendingen, 15.10 Uhr Festakt im Saal des Bürgerhauses. Hierzu wird herzlich eingeladen. – Sonnabend, 20. September, 1430 Uhr, Ulmer Stuben: Monatliches Treffen. Sonntag, 21. September, Stuttgart: Zentraler Tag der Heimat für Baden-Württemberg. 11 Uhr Gedenkfeier am Denkmal im Kurpark Bad Cannstatt, 14 Uhr Festakt in der Liederhalle.

Weinheim – Am Mittwoch, 10. September hat sich um 14.30 Uhr die Frauengruppe im Café Wolf getroffen. Thema des Nachmittags war: „Und die Meere rauschen, den Choral der Zeit, Elche steh’n und lauschen in die Ewigkeit.“ Die Memelniederung, von urwüchsiger verzauberter Schönheit, das Land der Elche.

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Ansbach – Freitag, 26. September, 19 Uhr, Gasthof Hotel Krone, Gunzenhausen: Gemeinsames Essen „Schlesische Bratwürste“. Anschließend Filmvorführung „Jokehnen“ von Arno Surminski.

Bamberg – Mittwoch, 17. September, 15 Uhr, Hotel Wilde Rose: Vortrag „Königsberg in den Jahren 1945–1948“. – Sonntag, 21. September, 15 Uhr, Harmoniesaal Bamberg: Festveranstaltung zum Tag der Heimat.

Ingolstadt – Sonntag, 14. September, 14.30 Uhr, Gasthaus Bonschab, Münchener Straße 8: Monatliches Heimattreffen.

Landshut – Dienstag, 16. September, 12 Uhr, Gasthaus Zur Insel: Mittagessen.

München – Sonnabend, 20. September, 14.30 Uhr, Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, 81669 München: Erntedankfest mit herbstlicher Dekoration. Zuvor gemeinsame Kaffeetafel.

Jeden Montag, 18 bis 20 Uhr, Haus des Deutschen Ostens: Ostpreußischer Sängerkreis. Kontakt: Dr. Gerhard Gräf, Offenbachstraße 60, 85598 Baldham, Telefon (08106) 4960.

Nürnberg – Dienstag, 23. September, 15 Uhr, Haus der Heimat, Nürnberg-Langwasser, Imbuschstr. 1 (Endstation der U 1): Die Arbeit des Volkbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Landesgruppe – Kulturtag der Landsmannschaften, Rathaus Schöneberg – Am Sonnabend, den 20. September, finden eine Reihe kultureller Veranstaltungen im Rathaus Schöneberg, John-F.-Kennedy-Platz 1 statt. Darüber hinaus werden sich alle Landsmannschaften mit Informationsständen, an denen auch kulinarische Besonderheiten aus den Regionen angeboten werden, vorstellen. Programm: 10 Uhr, Willy Brandt-Saal: Geistliches Wort, Pfarrer Edgar Kotzur, St. Matthias. Im Anschluss Eröffnung, Rüdiger Jakesch, Vorsitzender des BLV. 10.20 Uhr: Ostdeutsches Liedgut, Polizeichor Berlin. 11 bis 12.30 Uhr: Folkloreprogramm „Buntes aus den Dörfern der alten Heimat“, Mädchentanzgruppe aus Rummelsburg [Miastko], Hinterpommern, Pommersche Volkstanzgruppe, Oberschlesische Volkstanzgruppe. 12.30 bis 14 Uhr, Brandenburghalle: Begegnungen und Gespräch. Landsmannschaften stellen sich vor. 14 bis 15.30 Uhr, Willy-Brandt-Saal: Das Autorenporträt. Lesung Jenny Schon, geb. 1942 in Trautenau, seit 1961 in Berlin, liest aus ihrem Roman „Der Graben“ und aus ihren Erzählungen „Rheinisches Rondeau“. In der Brandenburghalle des Rathauses Schöneberg befinden sich das Café Pommern der Pommerschen Landsmannschaft (Öffnungszeiten 10 bis 14.30 Uhr) sowie weitere Informationsstände der Landsmannschaften. Änderungen vorbehalten. Informationen: Berliner Landesverband der Vertriebenen e.V., Forckebeckstraße 1, 14199 Berlin, Telefon (030) 2547345. E-Mail: info@bdv.de

Angerburg/Darkehmen/Goldap – Donnerstag, 18. September, 14 Uhr, Restaurant Oase Almera, Borussiastraße 62, 12102 Berlin: Erntedank in Ostpreußen und Berichte über Ostpreußen. Anfragen bei Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

 

BRANDENBURG

Vorsitzender: Elard v. Gottberg, Rothes Buschhaus 12, 04928 Schraden.

Oranienburg – Tag der Heimat am Sonnabend, 4. Oktober Einlass ab 9 Uhr, Beginn 10 Uhr, Ende zirka 15 Uhr, Speisesaal der Takeda Pharma GmbH, Dr. Heinrich-Byk-Straße 1/Ecke Lehnitzstraße (ehemals Pharmasaal). Öffentlicher Parkraum ist vorhanden. Nur zirka fünf Minuten Fußweg vom S-Bahnhof Oranienburg. Die Flüchtlinge, Vertriebenen und Deportierten sowie Spätaussiedler (Deutsche aus Russland) aus Stadt und Kreis Oranienburg, unabhängig ob sie im Bund der Vertriebenen oder einer Landsmannschaft organisiert sind oder nicht, begehen diesen Tag der Erinnerung gemeinsam mit ihren Gästen aus breiten Kreisen der Gesellschaft. Alle Interessierten sind hierzu herzlich willkommen. Ist doch mindestens jede dritte bis vierte deutsche Familie mit diesem Thema in der Vergangenheit in Berührung gekommen und bleibt dieses Thema sowie die Ächtung von Krieg und Vertreibung auch weiterhin in unserer gesamten Gesellschaft aktuell. Erster Teil: Forum zum Thema „Menschenrechte – Recht auf Heimat“. Ist das in der Charta der Vertriebenen von 1950 proklamierte Recht auf Heimat heute noch aktuell? Referentin: Prof. Dr. Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte Berlin.

Nach der Mittagspause erfolgt im zweiten Teil der Veranstaltung ein festliches Kulturprogramm mit dem Männerchor „Quartettfreunde“ und den Bläsern aus Sachsenhausen, zwei Gastsolisten aus Rostock sowie Folkloregruppen aus Berlin.

Veranstalter: Bund der Vertriebenen Kreisverband OHV e.V. Das Forum wird in Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stiftung Potsdam durchgeführt. Um Anmeldung zur Teilnahme wird gebeten unter Telefon (033055) 22 971 (AB) täglich ab 19 Uhr oder per E-Mail: speckmann24@web.de.

 

BREMEN

Vorsitzender: Helmut Gutzeit, Telefon (0421) 25 09 29, Fax (0421) 25 01 88, Hodenberger Straße 39 b, 28355 Bremen. Stellvertrende Vorsitzende: Marita Jachens-Paul, Ratiborer Straße 48, 27578 Bremerhaven, Telefon (0471) 86176. Landesgeschäftsführer: Jörg Schulz, Am Anjes Moor 4, 27628 Uthlede, Telefon (04296) 74 77 01.

Bremerhaven – Freitag, 26. September, 14.30 Uhr, Barlachhaus: Heimatnachmittag zur Erntedankfeier. Gäste aus den anderen ostdeutschen Landsmannschaften sind herzlich willkommen.

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Kippingstr. 13, 20144 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Fried-rich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

LANDESGRUPPE

Sonnabend, 13. September, 15 Uhr, Finnische Seemannskirche, Dietmar-Koel-Straße 6, 20459 Hamburg: Ökumenischer Gottesdienst des Landesverband der vertriebenen Deutschen (L.v.D.) zum Tag der Heimat mit dem Ostpreußenchor Hamburg. – Sonntag, 14. September, 15 Uhr, Gemeindehaus (Bachsaal), Hauptkirche St. Michaelis, Krayenkamp 4, 20459 Hamburg (S1, S2, S3 Haltestelle Stadthausbrücke, U3 Haltestelle Rödingsmarkt, Bus 37 Haltestelle Michaeliskirche). Tag der Heimat. Einlass ab 14.30 Uhr. – Sonnabend, 27. September, 10 bis 17 Uhr, Gerhart-Hauptmann-Platz, Mönckebergstraße (gegen­über Karstadt): 29. Heimatmarkt der ost- und mitteldeutschen Landsmannschaften mit vielen Angeboten heimatlicher Spezialitäten. Der Ostpreußenstand ist auch dabei. Für Unterhaltung sorgt die „Power-Band 93“ des SV Bergedorf-West von 1971 e.V.

KREISGRUPPE

Elchniederung – Mittwoch, 17. September, 14 Uhr, Haus Lackemann, Hamburg-Wandsbek: Treffen der Gruppe zum Plachandern und Schabbern über Ernte und Herbst. Gäste sind herzlich willkommen.

Gumbinnen – Sonnabend, 18. Oktober, 14 Uhr, Restaurant Lackemann, Litzowstieg 8 (Nähe Einkaufs-Center Quarree, Pkw-Parkhochhaus vorhanden), U1 bis Wandsbek-Markt; dann fünf Minuten Fußweg durch Hausdurchgang. Anmeldung erforderlich bis 15. Oktober bei Schriftführerin Hilde Jansen-Kaydan, Rathenaustraße 53, 22297 Hamburg, Telefon (040) 517931: Gemeinsames Treffen mit der Heimatkreisgruppe Heiligenbeil mit gemeinsamen Programm. Siehe auch Inserat der Heimatgruppe Heiligenbeil. Der Vorstand freut sich auf ein Wiedersehen. Gäste sind herzlich willkommen.

Heiligenbeil – Sonnabend, 18. Oktober, 14 Uhr, Restaurant Lackemann, Litzowstieg Ecke Hinterm Stern: Die Kreisgruppe feiert ihr Herbstfest. Hierzu sind alle Mitglieder und Freunde der Gruppe herzlichst eingeladen, bei Kaffee und Kuchen wollen die Teilnehmer einige gesellige und fröhliche Stunden miteinander verbringen mit einem Vortrag der Polizei Hamburg über seniorenbezogene, kriminalpräventive Themen wie zum Beispiel: „Enkeltrick, Trickbetrug an der Haustür usw. Enkeltrick? Kenne ich. Falle ich nicht drauf rein! Trickbetrüger an meiner Haustür? Ich bin doch nicht blöd!“ Die Meinung der Gesellschaft über die Opfer dieser Straftaten ist oft nicht positiv. Und doch kann es grundsätzlich jedem passieren! Warum ist das so? Wie gehen die Täter vor und wie kann ich mich schützen? Ein Vortrag im Dialog und zum Verständnis für Senioren. Da dies in letzter Zeit wieder ein ganz aktuelles Thema ist, konnte die Gruppe das Kriminalpräventive Team der Polizei Hamburg mit der für einen Vortrag erhalten. Anmeldung bei Ldm. Konrad Wien, Telefon (040) 53254950, bis 15. Oktober 2014. Das Restaurant Lackemann ist erreichbar über den Durchgang Hinterm Stern zwischen Wandsbek Quarree und Hotel Tiefenthal, gegenüber der U-Bahnstation Wandsbek Markt.

Insterburg – Die Gruppe trifft sich jeden 1. Mittwoch im Monat (außer Januar und Juli) mit Liedern und kulturellem Programm um 12 Uhr, Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123–125. Kontakt: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg. Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

Osterode – Sonnabend, 11. Oktober, 14 Uhr, Café Prinzess, Alsterdorfer Straße 572, unmittelbar am U- und S-Bahnhof Ohlsdorf: Erntedankfeier. Nach der gemeinsamen Kaffeetafel singen die Teilnehmer Lieder zum Erntedank. Eine Spende für den Erntetisch wird gerne entgegengenommen. Gäste sind willkommen. Eintritt frei.

Sensburg – Sonnabend, 13. September, 14 Uhr, Café Prinzess, Alsterdorfer Straße 572, Hamburg-Ohlsdorf: Gemütliches Beisammensein. Erstes Treffen nach der Sommerpause.

BEZIRKSGRUPPE

Harburg/Wilhelmsburg – Montag, 29. September, 15 Uhr, Waldquelle, Meckelfeld, Höpenstraße 88 (mit Bus 443 bis Waldquelle): Bunter Nachmittag.

 

HESSEN

Vorsitzender: Eberhard Traum, Wächtersbacherstraße 33, 63636 Brachtal, Telefon (06053) 708612.

Darmstadt-Dieburg – Sonnabend, 13. September, 15 Uhr, Bürgersaal, Darmstadt-Neu-Kranichstein: Treffen der Gruppe. Nach der Kaffeetafel stellen Hannelore Neumann und Gerhard Schröder das Leben und Werk des ostpreußischen Dichters Ernst Wiechert anlässlich seines 100. Todestages vor.

Dillenburg – Mittwoch, 24. September, 15 Uhr, Café Eckstein, Königsberger Straße: Monatsversammlung. Bernd Kohlhauer spricht über den gebürtigen Ostpreußen Joachim Gottfried Herder, und zwar über sein Wirken an der Stadtkirche in Weimar. Gäste sind wie immer herzlich willkommen. – Das Thema der August-Monatsversammlung war „St. Joachimsthal – die Stadt der Silbertaler“. Darüber sprach Lothar Hoffmann. Dieser Ort im Erzgebirge war im Jahre 1516 nur eine kleine Waldgemeinde, die sich aber durch die Silberfunde in der Gegend in wenigen Jahren zu einer Bergmannssiedlung entwickelte und im Jahre 1520 bereits 5000 Einwohner zählte. Die Stadt wurde zur freien königlichen Bergstadt erhoben und erhielt den Namen St. Joachimsthal, in Anlehnung an einen anderen Erzgebirgsort, Annaberg. Anna und Joachim gelten als die Eltern Marias, der Mutter Jesu. Innerhalb eines Jahrzehnts wuchs die Stadt auf eine Größe vergleichbar mit der Prags, Bolognas und Paduas. Die Einwohner bezeichneten sich selbst als „Thaler“. Diese Bezeichnung erhielten auch die dort geprägten Silbermünzen, die es bald in vielen Ländern gab: vom deutschen Reichstaler, dem niederländischen Daalder bis zum amerikani­schen Dollar. Der weltberühmte Arzt Georg Bauer, der sich nach damaliger Sitte latinisiert „Agricola“ nannte, schrieb in lateinischer Sprache das erste Lehrbuch über den Berbau, das „Bergwerksbuch“, in dem in vielen Kup­ferstichen die Arbeit der Bergleute dargestellt wurde. In Joachimsthal haben auch der Lutherfreund und Prediger Johannes Malthesius und der Kantor Nikolaus Hermann gelebt, dessen Lieder in vielen Gesangbüchern stehen. Am Ende des 16. Jahrhunderts wurde kaum noch Silber gefunden und die Bergleute hatten keine Arbeit und keinen Verdienst mehr. Dazu kam im 17. Jahrhundert noch der 30-jährige Krieg. Da führte Barbara Uttmann das Klöppeln ein, so dass mit den Klöppelspitzen wieder Geld verdient werden konnte. St. Joachimsthal blieb aber bis in die heutige Zeit eine Bergstadt, nur dass nicht mehr Silber, sondern Uran abgebaut wird. Nach 1946 wurde in der gesamten Erzgebirgsregion auf sowjetischen Befehl Uran gefördert, das nach Hiroshima an Bedeutung gewonnen hatte, um Atombomben zu bauen. Das Uran war schon seit langer Zeit als „Pechblende“ bekannt, nur wusste man anfangs nicht, wie gefährlich die Bergleute lebten, die ohne Schutzkleidung arbeiteten. Aber die „Wismut“ zahlte hohe Löhne, und es gab zahlreiche Vergünstigungen. Es gab Fälle von Staublunge (Silikose) und Lungenkrebserkrankungen. Die Gegend um Annaberg und Johanngeorgenstadt wurde Sperrzone mit eigenen Ausweisen, eigenen Krankenhäusern und Kraftfahrzeugkennzeichen. Bis zur Wiedervereinigung Deutschlands 1990/91 lieferte die Wismut AG über 220000 Tonnen Uran in die Sowjetunion. Dann wurde der Abbau eingestellt. St. Joachimsthal war zwar als Heilbad bekannt, doch die kommunistischen Tschechoslowaken hatten rund um die Stadt mehrere Konzentrationslager eingerichtet, mit Baracken, Stacheldraht, Appellplätzen und Wachtürmen, Über dem Eingang eines dieser Lager stand „Durch Arbeit zur Freiheit“. Leute, die durch eigenständiges Denken auffielen, kamen zur Umerziehung in diese Lager. Wer besonders bestraft werden sollte, wurde in die Urangruben geschickt, was fast einem Todesurteil gleichkam. Bereits im Jahre 1898 hatte das Physiker-Ehepaar Curie die Wirkung des Radiums in der Pechblende im Kurort St. Joachimsthal, vor allem seine Gefährlichkeit, erkannt, wofür sie 1903 den Nobelpreis erhielten. In St. Joachimsthal sowie in anderen Kurorten des Erzgebirges wird aber auch die heilende Wirkung bei Erkrankungen des Bewegungsapparates mit Rhodon-Sole-Bädern genutzt.

Wiesbaden – Sonntag, 14. September, 10 Uhr, Eingangshalle des Hessischen Landtags (Eingang Grabenstraße): Hessischer Gedenktag für die Opfer von Flucht und Deportation, und Zentraler Tag der Heimat 2014. Ansprachen: Volker Bouffier (hessischer Ministerpräsident), Stefan Grüttner (hessischer Minister für Soziales und Integration), Siegbert Ortmann (Vorsitzender des BdV-Landesverbandes Hessen. Platzkonzert ab 9.30 Uhr. – Donnertag, 18. September, 12 Uhr, Gaststätte Haus Waldlust, Ostpreußenstraße 46, Wiesbaden-Rambach, (ESWE-Busverbindung Linie 16, Haltestelle Ostpreußenstraße): Stammtisch. Serviert wird „Falscher Hase“. Es kann auch nach der Speisekarte bestellt werden. Wegen der Platz- und Essensdisposition bitte unbedingt anmelden bis spätestens 12. September bei Irmgard Steffen, Telefon (0611) 844938. – Sonnabend, 27. September, 15 Uhr, Haus der Heimat, Großer Saal, Friedrichstraße 35: Feier des Erntedankfestes. Wer durch Geld- oder Sachspenden mithelfen möchte, den Erntetisch zu bereichern und zu verschönern, teile dies bitte Irmgard Steffen unter Telefon 844938 oder Helga Kukwa Telefon 373521 mit. Allen Spendern herzlichen Dank.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Buxtehude – Sonntag, 5. Okto­ber: Theaterfahrt zur Dittchenbühne in Elmshorn. Gespielt wird „Der Hauptmann von Köpenick“. Busabfahrt: 13 Uhr Stade/Hahle, 13.30 Uhr Horneburg/B73, 13.45 Uhr Buxtehude Stader Straße (Waldburg und Denkmal), 13.55 Buxtehude Bahnhofstraße/Marktkauf, 14 Uhr ZOB Buxtehude, 14.15 Uhr Neu-Wulmstorf/B73/Hauptstraße. Einsteigestellen zwischen Stade und Buxtehude mit Uhrzeit werden bei der Anmeldung angesagt. Die Kosten für Busfahrt, Kaffeegedeck und Eintritt betragen 26 Euro pro Person. Anmeldung bis spätestens 26. September bei Wolfgang Weyer, Telefon (04161) 3406.

Osnabrück – Freitag, 19. September, 15 Uhr, Gaststätte Bürgerbräu, Blumenhaller Weg 43: Treffen der Frauengruppe. – Dienstag, 23. September, 16.30 Uhr, Hotel Ibis, Blumenhaller Weg 152: Kegeln. – Donnerstag, 25. September, 15 Uhr, Gaststätte Bürgerbräu, Blumenhaller Weg 43: Literaturkreis. – Sonntag, 28. September, 15 Uhr, Parkhotel: Erntedanknachmittag. Anmeldung bis zum 18. September bei Gertrud Franke, Telefon 67479 oder Else Tober, Telefon 1393614, erbeten.

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Bielefeld – Donnerstag, 18. September, 15 Uhr, Wilhelmstraße 13, 33602 Bielefeld: Literaturkreis.

Bonn – Sonnabend, 20. September, 16 Uhr, Remigiuskirche, Brüdergasse: Ökumenischer Gottesdienst. – Sonntag, 21. September, Marktplatz vor dem Alten Rathaus Bonn: Ostdeutscher Markttag.

Detmold – Mittwoch, 17. September, 15 Uhr, Stadthalle Detmold: Herbstveranstaltung der Kreisgruppe Lippe. Im Mittelpunkt der Veranstaltung steht der Vortrag: „Das nördliche Ostpreußen – Einblick in das Heute“. Hans-Jürgen Schalinski, Asendorf. Aller Ostpreußen und Freunde sind herzlich eingeladen.

Dortmund – Montag, 15. September, 14.30 bis 16.45 Uhr, Heimatstube, Eingang Märkische Straße/Landgrafenschule: Treffen der Gruppe.

Düsseldorf – Jeden Mittwoch, 18.30 bis 20 Uhr, GHH/Eichendorff-Saal, 1. Etage: Chorprobe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft. – Mittwoch, 17. September, 18 Uhr, GHH/Eichendorff-Saal/Raum 312: 65. Chorjubiläum der Düsseldorfer Chorgemeinschaft Ostpreußen-Westpreußen-Sudetenland. – Donnerstag, 18. September, 19 Uhr, GHH/Raum 312 „Schlesien“: Vortrag Dr. Margret Ott, Verein für Düsseldorfer Familienkunde: „Vorstellung des Pommerschen Greif e.V. und der Forschungsmöglichkeiten für Pommern im Internet“. – Sonntag, 21. September, 8.30 Uhr: Tagesausflug zur Hengstparade in Warendorf. – Mittwoch, 24. September, 19 Uhr, VHS Düsseldorf: Vortrag von Professor Johannes Fried: „Karl der Große, Gewalt und Glaube“. – Donnerstag, 25. September, 19 Uhr, GHH/Konferenzraum: Buchpräsentation mit Dr. Walter Engel und Dr. Stefan Sienerth: „Das Banat im Blick“. – Donnerstag, 25. September, 20 Uhr, GHH/Raum 412 „Ostpreußen“: Lesung mit Dr. Katja Schlenker und Volker Neupert: „Nachrichten aus dem Menschenschlachthaus. Der Erste Weltkrieg in Feldpostbriefen“. – Sonntag, 21. September, 8.30 Uhr: Tagesausflug zur Hengstparade nach Warendorf. – Mittwoch, 24. September, 19 Uhr, VHS Düsseldorf: Vortrag von Professor Johannes Fried: „Karl der Große, Gewalt und Glaube“. – Donnerstag, 25. September, 19 Uhr, GHH/Konferenzraum: Buchpräsentation mit Dr. Walter Engel und Dr. Stefan Sienerth: „Das Banat im Blick“. – Donnerstag, 25. September, 20 Uhr, GHH/Raum 321 „Ostpreußen“: Lesung mit Dr. Katja Schlenker und Volker Neupert: „Nachrichten aus dem Menschenschlachthaus. Der Erste Weltkrieg in Feldpostbriefen“.

Gütersloh – Sonnabend, 13. September: Pfarrfest Bruder-Konrad-Gemeinde Spexard. Das diesjährige Pfarrfest in der katholischen Kirche in Spexard steht ganz unter dem Oberschlesischen und ostpreußischen Motto. Nach der heiligen Messe um 18.30 Uhr gibt es im Pfarrheim Live-Musik mit dem bekannten Trio „Kampari-Band“ aus Leverkusen sowie Spezialitäten aus Ostpreußen und Oberschlesien: Barschtsch, Bigos und „heiße Oppelner“, Schlesier sowie Grützwurst vom Grill. Außerdem Schmalz, Bärenfang, Gozka Zoladkowa und Debowa. Zur späten Stunde gibt es Kaffee und Mohnkuchen. Alle sind herzlich eingeladen. Informationen bei Marianne Bartnik, Telefon (05241) 29211.

Köln − Dienstag, 17. September, 14.30 Uhr, Bürgerzentrum Köln-Deutz, Tempelstraße 41–43: Die Ostpreußenrunde trifft sich zur monatlichen Versammlung. Für Neueinsteiger sei gesagt, dass diese Versammlungen an jedem dritten Dienstag des Monat stattfinden und mit den Linien 3 und 4, der KVB, von der Haltestelle Suevenstraße, und den Linien 1 und 7 von der Deutzer Freiheit in wenigen Minuten erreicht werden können.

Neuss – Sonnabend, 13. September: Tag der Heimat. 14 Uhr: Kranzniederlegung am Ostdeutschen Gedenkstein Oberstraße.15 Uhr: Im Anschluss Feierstunde im Zeughaus. Programm: Musikvortrag: Quartettsverein Sängerbund 1859 Büderich (Dirigent Dr. Winfrid S. Küttner). Willkommensgruß: Peter Pott, Kreisvorsitzender. Grußworte: Bürgermeister oder Stellvertreter. Musikvortrag: Quartettsverein Sängerbund 1859 Büderich (Dirigent Dr. Winfrid S. Küttner). Gedenkrede: Hans-Jürgen Petrauschke, Landrat. Musikvortrag: Quartettsverein Sängerbund 1859 Büderich (Dirigent Dr. Winfrid S. Küttner). Dankes- und Schlussworte: Dr. Sigrid Bießner, stellvertretende Kreistagsvorsitzende. Nationalhymne. – Donnerstag, 25. September, 15 bis 18 Uhr, Ostdeutsche Heimatstube, Oberstraße 17: Tag der offenen Tür mit Kaffee und Kuchen. Das Programm wird in der örtlichen Presse bekannt gegeben.

Viersen – Sonnabend, 13. Deztember, 14 Uhr, Evangelisches Gemeindehaus Willich-Anrath, Jakob-Krebs-Straße 121: Einladung zum diesjährigen Tag der Heimat unter dem Motto „Deutschland geht nicht ohne uns“. Programm: 14 Uhr Gottesdienst, 15 Uhr Gemeinsame Kaffeetafel, 15.30 Uhr Gedenkstunde. Mitwirkende: Rolf Füsgen (Lieder aus der Heimat), „de Leddschesweäver“ (Leitung: Dr. Christoph Carlhoff), Festredner Werner Jostmeier, MdL, Mitglied des Haupt- und Europaausschusses, Frauenchor 1986 Anrath e.V., Leitung: Gabriele Köhler. Anschließend gemütliches Beisammensein, Feier zum 65-jährigen Bestehen.

Witten – Montag, 15. September, Evangelisch-Lutherische Kreuzgemeinde, Lutherstraße 6–10: Ostpreußisch Platt. Vorträge von Bruno Romeiks.

Wuppertal – Sonntag, 14. September, 14 Uhr, Breuer Saal, Auer Schulstraße in Wuppertal-Elberfeld: Tag der Heimat.

 

RHEINLAND-PFALZ

Vors.: Dr. Wolfgang Thüne, Wormser Straße 22, 55276 Oppenheim.

Mainz – Jeden Freitag, 13 Uhr, Café Oase, Schönbornstraße 16, 55116: Die Gruppe trifft sich zum Kartenspielen. – Sonntag, 14. September: Tag der Heimat, zusammen mit dem Hessischen Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation im Foyer des Landtags Wiesbaden. – Donnerstag, 18. September: Besuch des Otto-Schwabe Heimatmuseums Hochheim am Main, anschließend Einkehr in eine Weinwirtschaft. Treffpunkt: 14 Uhr, Mainz, Bahnhofsvorplatz 2.

 

SACHSEN

Vorsitzender: Alexander Schulz, Willy-Reinl-Straße 2, 09116 Chemnitz, E-Mail: alexander.schulz-agentur@gmx.de, Telefon (0371) 301616.

Limbach-Oberfrohna – Sonnabend, 11. Oktober, 14 Uhr, Eschemuseum: Die Landsleute der Kreisgruppe feiern ihr traditionelles ostpreußisches Erntedankfest. Zu diesem Fest werden schon gemeinsam Vorbereitungen getroffen. Mit Freude und guten Ideen will die Gruppe einen Tag vorbereiten, der allen noch lange in Erinnerung bleiben soll. Der gemischte Chor „Langenberg“ wird im kulturellen Teil unterhalten und die Teilnehmer dürfen fröhlich mitsingen. Eine Kindergruppe von der Gerhart-Hauptmann-Schule führt durch ein abwechslungsreiches Programm. Es ist hausgeschlachtete Wurst im Angebot. Alle Landsleute und Gäste sind herzlich eingeladen.

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle, Telefon privat (0345) 2080680.

Magdeburg – Sonntag, 14. September, Sportgaststätte Spielhagenstraße: Tag der Heimat. – Dienstag, 16. September, 13.30 Uhr, Immermannstraße: Treffen der Stickerchen.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner. Geschäftsstelle: Telefon (0431) 554758, Wilhelminenstr. 47/49, 24103 Kiel.

Bad Malente – Sonntag, 5. Okto­ber, 15 Uhr, Maria-Magdalenen-Kirche: Erntedankfeier. Die Anmeldung ist bis zum 29. September im Blumenhaus Franck (Inhaber R. Dluzak) in der Bahnhofstraße 26 vorzunehmen. Um zahlreichen Besuch wird gebeten. Gäste sind herzlich willkommen. Im Anschluss findet im Haus der Kirche, Janusallee 5, ein gemütliches Beisammensein bei Kaffee und Kuchen statt, wobei jeder durch Beiträge (Lesungen, Lieder und anderes) zum Gelingen des Nachmittags beitragen kann.

Pinneberg – Sonntag, 14. September, 15 Uhr: „Nordostpreußen“. Dia-Multi-Visions-Show, zweiter Teil. Informationen unter Telefon (04101) 62667 oder (04101) 73473.

Schönwalde am Bungsberg – Sonntag, 14. September, 945 Uhr, Kirche: Tag der Heimat.

 

THÜRINGEN

Vors.: Edeltraut Dietel, August-Bebel-Straße 8 b, 07980 Berga an der Elster, Tel. (036623) 25265.

Eisenach – Dienstag, 16. September, 14 Uhr, Rot-Kreuz-Weg 1: Heimatnachmittag der LM-Gruppen Ost- und Westpreußen.


S. 19-20 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

ELCH-NIEDERUNG

Kreisvertreter: Manfred Romeike, Anselm-Feuerbach-Str. 6, 52146 Würselen, Telefon/Fax (02405) 73810. Geschäftsstelle: Barbara Dawideit, Telefon (034203) 33567, Am Ring 9, 04442 Zwenkau.

Es war schon im Jahr 2013 geplant worden, einen Gedenkstein zur Erinnerung an die früheren Bewohner der Elchniederung vor der Kirche in Heinrichswalde aufzustellen. Nachdem unser Museumsleiter Herr Kent ein besonders schönes Exemplar gefunden hatte, begannen die Überlegungen und Planungen durch unseren leider viel zu früh verstorbenen Geschäftsführer Hartmut Dawideit. Er stimmte mit der Verwaltung von Heinrichswalde den Wortlaut auf der Tafel des Steins auf Deutsch und Russisch ab und verhandelte mit einem Steinmetz aus Heinrichswalde über die erforderliche Arbeit und die Kosten hierfür. Es wurde schließlich für folgenden Text entschieden: „Unvergessene Heimat Ostpreußen. Zum Andenken an die hier früher lebenden Bewohner der Elchniederung“. Am Freitag, dem 1. August um 16.30 Uhr wurde nun die Stein-Enthüllung und Einweihung vorgenommen. Es waren hierzu von russischer Seite erschienen: Der Verwaltungs-Chef Herr Artjukow, der Landrat Herr Lawrikeitis und der Bürgermeister Herr Malakow; die deutsche Seite war vertreten durch unseren Kreisvertreter Manfred Romeike und unseren Kirchspiel-Vertreter Peter Westphal mit seiner ganzen Bus-Gesellschaft. Es waren zwar kein Pfarrer, kein Chor und keine Veteranen gekommen, aber viele der jetzigen Bewohner von Heinrichswalde [Slawsk]. Nach einer Gedenkminute für Hartmut Dawideit wurde der noch mit der Elchniederungs-Fahne verhüllte Stein eingeweiht. Es wurde anschließend ein Kranz niedergelegt. Dann sprachen Herr Artjukow und Manfred Romeike über die Bedeutung des Gedenksteins und die Geschichte der Elchniederung. Die beiden Ansprachen wurden jeweils in Deutsch und Russisch übersetzt. Zum Schluss wurde das Ostpreußen-Lied von vielen der Anwesenden mitgesungen. Anneliese Romeike

 

KÖNIGSBERG–STADT

Stadtvorsitzender: Klaus Weigelt. Patenschaftsbüro: Karmelplatz 5, 47049 Duisburg, Telefon (0203) 2832151.

Die ehemaligen Sackheimer Mittelschüler aus Königsberg treffen sich mit ihren Angehörigen und Freunden in der Zeit von Freitag, 25., bis Montag, 29. September, in Koblenz im Diehls-Hotel. Das Schultreffen in diesem Umfang wird es nicht mehr geben. Wohl bleibt es in Zukunft bei dem Jahrestreffen in Düsseldorf.

Veranstaltungsort: Diehls Hotel, Rheinsteigufer 1, 56077 Koblenz, Telefon (0261) 9707-0. Auskunft erteilen Margot Pulst, Telefon (02104) 2145, und Heinz Gegner, Telefon (02631) 26108.

 

LÖTZEN

Kreisvertreter: Dieter Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg. Geschäftsstelle: Ute Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg, Telefon (040) 6083003, Fax: (040) 60890478, E-Mail: KGL.Archiv@gmx.de

Sonnabend, 20. September 2014: Das Lötzener Heimatmuseum, Sudetenlandstraße 18H (Böcklersiedlung) in der Patenstadt Neumünster hat von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Gelegenheit, die Dauerausstellung und die Sonderausstellung „Mein Hauptweg, meine Nebenwege“ der Künstlerin Elena Steinke (Königsberg, Breklum) zu besuchen. Um 16.15 Uhr Beginn des Vortrags des Historikers Dr. Manuel Ruoff „Vor 100 Jahren der Beginn des Ersten Weltkrieges – was war da los in Ostpreußen?“ Eintritt frei.

 

LYCK

Kreisvertreterin: Bärbel Wiesensee, Diesberg 6a, 41372 Niederkrüchten, Telefon (02163) 898313. Stellvertr. Kreisvertreter: Dieter Czudnochowski, Lärchenweg 23, 37079 Göttingen, Telefon (0551) 61665. Karteiwart: Siegmar Czerwinski, Telefon (02225) 5180, Quittenstraße 2, 53340 Meckenheim.

Das Zusammentreffen beim diesjährigen 60. Hauptkreistreffen in Hagen nutzten der Vorstand und die Mitglieder für ihre jährlichen Sitzungen. Am Freitag, 29. August, trafen der Kreisausschuss (im Archiv) und am Sonnabend, 30. August, die Ortsvertreter und der Kreistag (im Sitzungssaal des Rathauses), zusammen.

In der öffentlichen Sitzung wurden unter anderem der verstorbenen Mitglieder gedacht, außerdem berichtete die Kreisvertreterin Bärbel Wiesensee von den über das Jahr verteilten Aktivitäten, wie Kreisvertreterversammlung, Seminar „Kulturelles, gesellschaftliches Leben in Lyck“, LO-Ehrenzeichen an Anorthe Nilson, Ostpreußentreffen in Kassel, Homepage der KG-Lyck aktualisiert, Arbeitswoche in Lyck, Antrittsbesuch beim Oberbürgermeister von Hagen, Vorbereitung der Sitzungen und so weiter. Alle Kreisausschussmitglieder gaben einen kurzen Bericht ihrer umfangreichen Tätigkeiten für die KG-Lyck ab. Geehrt wurden Armin Bellmann mit dem Ehrenschild der KG-Lyck und Ingeborg Vödisch mit dem Verdienstabzeichen der KG-Lyck. Marc Mader hat die Aufgabe des Redakteurs für den Hagen-Lycker-Brief von Uwe Faesel übernommen. Ebenso wurde der Unterzeichnung des Zusammenarbeitsvertrages mit dem Historischen Museum in Lyck und der Kreisgemeinschaft Lyck ohne Einwände zugestimmt. Weitere Themen waren die Errichtung einer Gedenkstätte in Zielhausen (hier wurde ein Zuschuss bewilligt) sowie Informationen zur geplanten Lyck-Reise vom 11. bis 18. Juni 2015. Wie in jedem Jahr stand obligatorisch der Haushaltsplan, das diesjährige Kreistreffen und die Festlegung des Termins für das Hauptkreistreffen 2015 (29./30. August) zur Debatte.

Im Anschluss hat ein Bus eine kleine Delegation Lycker Landsleute zu den in einem sehr sauberen Zustand befindlichen Gedenksteinen im Stadtgarten gebracht. In einem kleinen feierlichen Rahmen, mit musikalischer Begleitung und Beiträgen von Pater Eduard Prawdzik und dem Bürgermeister der Stadt Hagen, Dr. Hans-Dieter Fischer, wurde mit der Kranzniederlegung der Heimat Ostpreußen, des Kreises Lyck und der verstorbenen Verwandten und Landsleuten gedacht. Diese Gedenkminuten gaben allen Teilnehmern ein besonderes Gefühl der Zusammengehörigkeit. Zu gleicher Zeit wurde von vielen interessierten Besuchern das Archiv aufgesucht und zu eigenen Recherchen genutzt, bevor der Abend bei lebhaften Gesprächen mit dezenter musikalischer Untermalung im Sinfoniumfoyer der Stadthalle sich dem Ende neigte.

Der Sonntag beinhaltete ein Novum, denn erstmals nach vielen Jahren fand die Feierstunde, auf Grund sinkender Teilnehmerzahlen, in einer neuen Umgebung statt. Im gut besuchten Sinfonium eröffnete Herr Mook, Fachbereich des Oberbürgermeisters in Hagen, als Moderator die Veranstaltung mit dem gemeinsamen Singen des Ostpreußenliedes. Es folgte die Begrüßung durch die Kreisvertreterin Bärbel Wiesensee. Der Schwerpunkt ihrer Rede war die Zusammenarbeit zwischen deutschen und polnischen Europäern. Sie sah dieses als einen richtungsweisenden Weg in die Zukunft an. Anschließend hörten wir das Grußwort des neuen Oberbürgermeisters Erik O. Schulz sowie kurze spontane Beiträge zweier Mitglieder des Deutschen Bundestages, von Cemile Giousouf und René Röspel.

Nach zwei Gesangsbeiträgen des Ostdeutschen Heimatchores, unter Leitung von Ingrid Struck, folgte die Festansprache von Werner Jostmeier, Mitglied des Landtages und CDU-Beauftragter für Vertriebene, Aussiedler und deutsche Minderheiten. Seinen eindrucksvoll vorgetragenen Ausführungen folgten alle Teilnehmer sehr aufmerksam, welches mit lang anhaltendem Beifall gewürdigt wurde. Mit der Europahymne „Ode an die Freude“ klang die Feierstunde aus und die ersehnten Gespräche begannen. Den Nachmittag lockerte der bekannte Hamburger Film- und Bühnenschauspieler Herbert Tennigkeit mit heiteren und besinnlichen Geschichten und Gedichten, in Form einer Lesung in ostpreußischer Mundart, auf.

Am Ende des Treffens wurden schon für das 2015 stattfindende Ereignis zur 60-jährigen Patenschaft der Stadt Hagen die ersten Gedanken gebündelt.

Allen an dieser bedeutenden Veranstaltung Beteiligten sprechen wir hiermit unseren allerherzlichsten Dank aus.

 

RÖSSEL

Kreisvertreter: Reinhard Plehn, Georg-Büchner-Straße 66, 40699 Erkrath, Tel. (0211) 253274 Reinhard.Plehn@online.de. Redaktion Rößeler Heimatbote: Gisela Heese-Greve, 23562 Lübeck, Tel. (0451) 58249090.

Am Sonnabend, 20., und Sonntag, 21. September, findet in der Aula des Berufsbildungswerkes, Hammfelddamm 2, 41460 Neuss, das 31. Hauptkreistreffen der Kreisgemeinschaft Rößel e.V. statt, das zudem ganz im Zeichen unserer 30-jährigen Patenschaft mit dem Rhein-Kreiss Neuss stehen wird. Programm: Sonnabend, 20. September: 11.30 Uhr Ordentliche Kreistagssitzung in der Aula des Berufsbildungszentrums, Hammfelddamm 2, 41460 Neuss. Mit Berichten des Kreisvertreters über die Arbeit im Jahre 2013/2014, des Schatzmeisters Lm. Siegfried Schrade und der Redakteurin des Rößeler Heimatboten, Gisela Heese. Die Sitzung ist öffentlich, Gäste sind herzlich willkommen. 12.30 Uhr Gelegenheit zum Mittagessen. 13.30 Uhr Busfahrt von der Aula zur Besichtigung des Braunkohletagebau Garzweiler 2 in Jackerath. Führung durch Dipl.-Ing. Harald Siebert. 16.30 Uhr Gelegenheit zum Kaffeetrinken. 17.30 Uhr Festlicher Heimatabend in der Aula. Mit Tanz, Tombola und einer Tanzdarbietung der Stepptanzgruppe „Klapperschlange“ unter der Leitung von Frau Weinert. Zum Tanz spielt das bewährte Duo Alfred und Joachim auf.

Sonntag, 21. September: 10.30 Uhr Festlicher Gottesdienst mit Weihe der neuen Fahne in der Kapelle des Klosters der Augustinerinnen, Augustiniusstraße 46, 41460 Neuss (fünf Gehminuten von der Aula), Zelebrant der Heiligen Messe ist Konsitorial Prodekan der Ermländer, Pastor i.R. Lic.jur.can. Msgr. Clemens Bombeck. 12.30 Uhr Feierstunde in der Aula/30 Jahre Patenschaft mit folgendem Programmablauf: Die Feierstunde wird festlich umrahmt durch den „Quartettverein Sängerbund 1859“, Leitung: Dr. Winfried Küttner, Chor: „Land der dunklene Wälder“/weiterer Liedbeitrag. Begrüßung durch den Kreisvertreter Reinhard Plehn. Gedanken zur Heimat, Waltraud Wiemer. Chor: „Mein Ermland will ich ehren“/weiterer Liedbeitrag. Totenehrung: Paul Thiel, stellvertretender Kreisvertreter. Festvortag zum 30-jährigen Jubiläum. Stellvertretender Landrat des Rhein-Kreis Neuss, Dr. Hans-Ulrich Klose. Ehrung durch den Kreisvertreter. Schlussworte des Kreisvertreters. Zum Abschluss: Alle gemeinsam „Einigkeit und Recht und Freiheit“, dritte Strophe der Nationalhymne. 13.30 Uhr Gelegenheit zum Mittagessen. Anschließend Treffen mit den Landsleuten aus den Heimatorten aus dem Kreis Rößel an den einzelnen beschilderten Kirchspieltischen. 15 Uhr Gelegenheit zum Kaffeetrinken mit selbstgebackenem Kuchen. 17 Uhr Ausklang des diesjährigen Haupkreistreffens.

 

SCHLOSSBERG(PILLKALLEN)

Kreisvertreter: Michael Gründling, Große Brauhausstraße 1, 06108 Halle/Saale. Geschäftsstelle: Renate Wiese, Tel. (04171) 2400, Fax (04171) 24 24, Rote-Kreuz-Straße 6, 21423 Winsen (Luhe).

Bericht über die öffentliche Kreistagssitzung anlässlich des Ostpreußentreffens 2014, erstellt von Ch.-Jörg Heidenreich an Hand des Sitzungs-Protokolls von Peter Gnaudschun. Hier Auszüge der unsere Leser interessierenden wichtigsten Tagesordnungspunkte: Die öffentliche Kreistagssitzung fand statt im Rahmen des Ostpreußentreffens 2014 am 25. Juli in der Stadthalle Winsen (Luhe). Beginn 16.05 Uhr und Ende der Sitzung 18.10 Uhr.

Der stellvertretende Kreisvertreter (KV), Joachim Löwe, später auch zum Versammlungsleiter gewählt, eröffnete die Sitzung und teilte mit, dass KV Michael Gründling sich wegen dienstlicher Verpflichtungen für diesen Tag entschuldigen lässt.

Geschäftsführerin Renate Wiese berichtete über ihre Tätigkeiten im zurückliegenden Jahr, überschattet durch ihren Unfall und die anschließende Reha-Maßnahme. Wörtlich: „Dennoch hat sie mit ihrem bekannten Eifer alle anliegenden Aufgaben mit Bravur erfüllen können! Während ihrer Abwesenheit hatte sie tatkräftige Unterstützung durch ihren Ehemann, das Ehepaar Hubert, KV Michael Gründling und Stellvertreter Ch.-Jörg Heidenreich sowie vom Landkreis (LK) Harburg durch Frau Steinhoff und Herrn Schmidt. Dafür bedankte sich Frau Wiese recht herzlich!“

Der Doppelhaushalt des LK Harburg wurde verabschiedet und damit sind auch die Zuschüsse an die KG Schloßberg gesichert. Der HB 52 mit einer Auflage von 3200 Exemplaren konnte rechtzeitig vor Weihnachten an unsere Landsleute zum Versand gebracht werden. Die Rücksendungen sind mit 95 Stück rück­läufig. Zur Wahl des Kreistages gab es die Anregung, diese rechtzeitig im HB bekannt zu geben, um allen Schloßbergern die Chance zu geben, sich für die Wahl zu bewerben bzw. Kandidaten-Vorschläge einzubringen.

Mehrere Veranstaltungen und Sitzungen haben in der Heimatstube stattgefunden, die organisiert werden mussten. Eine Vorbesprechung für den Empfang zum 60-jährigen Patenschaftsjubiläum am 25. Oktober in der Heimatstube ergab, dass bis zu 40 Personen eingeladen werden. Für die Kinderfreizeit konnte Frau Wiese von der Stadt Winsen ein Taschengeld für die russischen Kinder entgegennehmen. Im Mai wurde ein neuer Landrat gewählt, der sein Amt Mitte September 2014 antreten wird. Zu ihrem 25-jährigen Dienstjubiläum beim LK Harburg erhielt Frau Wiese im Rahmen einer kleinen Feier eine Urkunde.

Das Bundestreffen der Landsmannschaft Ostpreußen im Mai in Kassel fand, wohl aus Mangel an Platz in der Messehalle, ohne Beteiligung der KG Schloßberg statt. Der Gedenkstein vor dem Haus der Heimatstube wurde von Steinmetzmeister Georg David aus Winsen (Luhe) kostenlos gereinigt. (David hatte bereits Anfang der 90er Jahre, mit reichlich Säcken heimischem Zement bewaffnet, den Obelisk zum Gedenken der Gefallenen der Krieges 70/71 in Schloßberg aufwendig restauriert).

Frau Wiese stellte fest, dass die Aufgaben in der Geschäftsstelle und Heimatstube von einer Person nicht mehr bewältigt werden können. Wer möchte Frau Wiese bei ihrer interessanten Aufgabe ehrenamtlich unterstützen? Die anwesenden Mitglieder dankten Frau Wiese für ihre über das Soll hinaus geleistete Arbeit.

Der Heimatbrief HB 53 wird von Redakteur Ch.-Jörg Heidenreich trotz längerem Aufenthalt in der Uni-Klinik Kiel von dort aus erarbeitet. Zusammen mit seinem neuen, für das Layout zuständigen Mitstreiter, hofft Heidenreich auf eine gelungene und rechtzeitige Fertigstellung. Die Ostpreußenreise 2014 startet vom 5. bis 17. September. 32 Mitreisende werden stellvertretend für Heidenreich von seinem Schwiegersohn, Thomas Gads, als Reiseleiter die gesamte Reise über betreut. Eine von Heidenreich erarbeitete, bis ins kleinste Detail führende Regieanweisung, soll dabei helfen. Zur Jugendarbeit: Am Kinderferienlager nahmen in diesem Jahr zehn russische und elf deutsche Kinder teil – zwei davon aus dem LK Harburg, drei Russlanddeutsche und zwei Urenkel Schloßberger Vorfahren. Eine Jugendbegegnung soll im nördlichen Ostpreußen stattfinden mit finanzieller Unterstützung durch die Rajonverwaltung Krasnoznamensk.

Der 65. Hilfstransport soll am 9. September starten. Initiator und Kreistagsmitglied Norbert Schattauer berichtete in Abwesenheit schriftlich über immer größer werdende Schwierigkeiten an der russischen Grenze bzw. bei den Zollkontrollen. Der Hilfstransport führt unter anderem Rollstühle, Rollatoren und Blindenstöcke mit. Spendengelder werden dort für den Einkauf notwendiger Güter verwendet.

Keine Einigung konnte darüber erzielt werden, bei der Traditions-Veranstaltung der Schülergemeinschaft FWO im Rahmen unseres Ostpreußentreffens ein Eintrittsgeld zu erheben. Seit 25 Jahren organisiert und leitet Ulla Gehm nun die Schülergemeinschaft und bringt alljährlich den umfangreichen Schülerbrief heraus. 2016 besteht die Schülergemeinschaft 80 Jahre und die Patenschaft mit dem Gymnasium Winsen (Luhe) 50 Jahre. Die Verleihung der Alberten an die Abiturienten durch Ulla Gehm wird sehr gut angenommen. OStD Haun wird in den wohlverdienten Ruhestand gehen.

Am jeweils letzten Wochenende im August findet alljährlich das Winsener Schützenfest statt, wo auch der Pillkaller Schützenkönig ausgeschossen wird. Obervorsteher Manfred Kalcher hofft auf noch lange Fortsetzung dieser Tradition.

Zu den Chroniken berichtete Chronist Martin Kunst in Abwesenheit schriftlich, dass die 5. Auflage, Band 2 (Kussen), fertiggestellt und über die Geschäftsstelle wieder zu beziehen ist. Er dankte besonders Herrn Prof. Spehr und dem Ehepaar Kraemer, Hamburg, für die konstruktive Mitarbeit. Die Erarbeitung der Chroniken der Kirchspiele Mallwen und Haselberg wird unter Mithilfe der oben genannten Mitstreiter fortgeführt. Wer kann weiterhin helfen und unter anderem dazu Ortspläne erstellen? In der Heimatstube geht mit tatkräftiger Unterstützung von Kreistagsmitglied Tanja Schröder die Archivierung der Unterlagen, Dokumente, Fotos und Ausstellungsstücke voran. Fehlendes, unter Umständen bei Mitarbeitern lagerndes Material, soll der Heimatstube zwecks Archivierung zugeführt werden.

Die Gründung der Stiftung hat sich offensichtlich bewährt. Schatzmeister Hubert appelliert an die Landsleute, kräftig für die Heimatstube, den Heimatbrief und in die Stiftung Spendengelder einzuzahlen. Die Überlassung ostpreußischer Nachlässe und Gedankengut sind für die Heimatstube von hohem Wert.

 

SENSBURG

Kreisvertreterin: Gudrun Froemer, In der Dellen 8a, 51399 Burscheid, Telefon (02174) 768799. Alle Post an: Geschäftsstelle Kreisgemeinschaft Sensburg e.V., Stadtverwaltung Remscheid, 42849 Remscheid, Telefon (02191) 163718, Fax (02191) 163117, E-Mail: info@kreisgemeinschaftsensburg.de, www. kreisgemeinschaftsensburg.de

Aus den Wahlen 2014 zum Sensburger Kreistag sind folgende Kandidatinnen und Kandidaten hervorgegangen: für Aweyden Gerd Sacknieß; für Eichmedien Gerhard Zielinski; für Hoverbeck Christine Birkner. Burgundel Ursula Kisza für Niedersee; Falk Möllenhoff für Nikolaiken; Horst Wiberny für Peitschendorf; Klaus Schütz, Bruno Teuber für Ribben; Wolfgang Dabrowski für Schmidtsdorf; Heinz Eckhoff für Seehesten; Manfred Bojahr, Helga Dzubiella für Sensburg-Stadt; Gudrun Froemer, Bernd-Udo Moyzyczyk, Hans Jürgen Katzenski für Sensburg-Land; Helmuth Tomscheit, Hartmut Waschke für Sorquitten; Manfred Buchholz, Werner Albrecht für Ukta; Rolf W. Krause, Friedhelm Hoffmann für Warpuhnen; Alfred Thiel Ehrenmitglieder: Johannes Schmidt, Gerhard Terner, Adalbert Teuber.


»Geschichte ist irreversibel«
100 Jahre Tannenbergschlacht: Rede Wolfgang Thünes beim Seminar in Hohenstein

Am Wochenende vom 30./31. August fand in Hohenstein ein Seminar anlässlich des 100. Jubiläums der Schlacht von Tannenberg statt (siehe Seite 13). Dr. Wolfgang Thüne, Mitglied des Bundesvorstands der Landsmannschaft Ostpreußen, hielt die Festrede, welche die PAZ nachfolgend abdruckt:

Zunächst möchte ich im Namen der Landsmannschaft Ostpreußen meinen Dank dem Dachverband Ostpreußen, insbesondere dessen Vorsitzenden Heinrich Hoch, für die Organisation wie die Durchführung dieses Seminars aussprechen. Die „Tannenbergschlacht“ vom 26. bis 30. August 1914 war in der Tat von ganz entscheidender Bedeutung für den weiteren Kriegsverlauf, nicht nur für die Provinz Ostpreußen. Ohne den Sieg des Generalfeldmarschalls Paul von Hindenburg hätte der Kriegsablauf einen völlig anderen Verlauf genommen.

Wir alle wissen, Geschichte ist irreversibel, wie alles im Leben unumkehrbar. Geschichte lässt sich wie Wetter nicht rückgängig, ungeschehen machen. Geschichte kennt keinen Konjunktiv. Aber lassen Sie mich dennoch im Konjunktiv fragen: Was wäre geschehen, wenn Paul von Hindenburg verloren und General Alexander Samsonow gewonnen hätte? Um eine plausible Antwort zu finden, genügt ein Blick auf die damalige Grenze, die nach Napoleons Niederlage beim Wiener Kongress mit der „Wiener Schlussakte“ vom 9. Juni 1815 gezogen wurde. Wie sah die Landkarte aus? Kongress-polen war ein Protektorat Russlands. Staatsoberhaupt war der Zar von Russland. Polen war als Staat nicht existent und spielte bei dem russisch-französischen Bündnis nicht die geringste Rolle. Deutschland und Russland hatten eine gemeinsame Landgrenze, die zu Dreiviertel Ostpreußen umschloss und von Memel bis Thorn reichte. Bei einer Niederlage hätten die russischen Truppen einen freien Weg bis Berlin gehabt. Der Freiheitstraum der Polen wäre ausgeträumt gewesen. Die „bolschewistische Oktoberrevolution“ hätte nicht stattgefunden.

Insbesondere Polen profitierte von dem Sieg über die russischen Armeen. Die Polen begehrten zwar 1830 und 1863 gegen den Wiener Friedensschluss und gegen Russland auf, aber erfolglos. 1837 wurde seine Teilsouveränität aufgehoben und das russische Regierungssystem etabliert, und nach dem zweiten Aufstand wurde es 1867 eine russische Provinz. Der russische Statthalter wurde durch den Generalgouverneur von Warschau ersetzt. Dieser Zustand ging bis 1916, nachdem die Mittelmächte Deutschland und Österreich-Ungarn Kongresspolen von russischen Truppen befreit und die Wiedererrichtung eines polnischen Staates verfügt hatten.

Dieses historische Geschehen verbietet mir, nach dem amerikanischen Diplomaten George F. Kennan den Ersten Weltkrieg als „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ zu bezeichnen. In der Geschichte haben Pauschalurteile nichts zu suchen. Für vier Reiche trifft dies zu. Sie verschwanden von der politischen Landkarte: die Kaiserreiche Deutschland, Österreich-Ungarn, Russland sowie das Osmanische Reich. Doch für viele Völker war die Katastrophe ein Segen. Sie wurden von der Fremdherrschaft befreit. Ich nenne nur einige: Finnland, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Ungarn, Ukraine, die Tschechoslowakei. Sie profitierten von der Tapferkeit der 8. Armee unter Hindenburg und Ludendorff. Russland verlor etwa ein Viertel seines europäischen Territoriums. So abwegig es ist, den Ersten Weltkrieg pauschal als „Urkatastrophe“ zu bezeichnen, so abwegig ist es auch, die europäischen Mächte pauschal als „Schlafwandler“ zu bezeichnen, wie es der Historiker Christopher Clark aus Australien getan hat. Zum Beweis des Gegenteils möchte ich kurz die Bündnispolitik Otto von Bismarcks nach Gründung des „Deutschen Kaiserreichs“ 1871 skizzieren. Da ist zuerst das im Schloss Schönbrunn in Wien am 22. Oktober 1873 als Konsultativpakt ratifizierte „Dreikaiserabkommen“. In der Balkankrise 1876–1878 zerbrach das Abkommen. Doch Bismarcks Bemühungen führten am 18. Juni 1881 der „Dreikaiserbund“, dessen Zweck es war, den damals in Europa herrschenden Friedenszustand zu befestigen und gegen Erschütterungen zu sichern. Dieser wurde bis zum 27. März 1884 verlängert, aber schon bei der Bulgarienkrise 1885 bis 1886 zerbrach er wieder.

Zur Kompensation schloss Deutschland mit Russland am 18. Juni 1887 einen auf drei Jahre befristeten „Rückversicherungsvertrag“. Als Russland im Jahr 1890 auf eine Verlängerung drängte, weigerte sich Kaiser Wilhelm II. Daraufhin wandte sich Russland an Frankreich und schloss mit ihm am 17. August 1892 eine geheime Militärkonvention ab. Daraus wurde am 4. Januar 1894 ein festes Bündnis. Deutschland steckte in der Zange. Dazu kam noch am 8. April 1904 die „Entente Cordiale“ zwischen dem Vereinigten Königreich und Frankreich. Dieser trat 1907 Russland bei und machte daraus eine „Triple Entente“. Damit war die Koalition für den Ersten Weltkrieg fertig. Kann man dieses zielstrebige Vorgehen als „Schlafwandeln“ bezeichnen?

Auf der einen Seite standen England, Frankreich und Russland, auf der anderen Deutschland und Österreich-Ungarn. Alle europäischen Mächte hatten ihre nationalen Interessen im Auge und suchten sich danach ihre Verbündeten aus. Als Sprengsatz für das „Dreikaiserabkommen“ erwies sich der „Balkan“, von dem aus durch das Attentat von Sarajevo am 28. Juni 1914, dem Mord am Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand samt Gemahlin, der Erste Weltkrieg ausgelöst wurde. Es gibt in der Geschichte Automatismen, die ihrer eigenen Logik folgen und außer Kontrolle geraten und stets mehr Unheil als Segen bringen.

Keiner konnte ahnen, dass nach dem Ersten Weltkrieg ein „Zeitalter der Extreme“ begann, angefangen mit dem Bolschewismus in Russland, dann dem Faschismus in Italien und schließlich dem Nationalsozialismus in Deutschland. Diese Tendenz zum Extremismus ist weiter virulent, auf vielen politischen wie gesellschaftlichen Ebenen. Die Worte mit einem „ismus“ am Ende nehmen erschreckend zu. Der globale „Ökologismus“ bedroht uns mit „grünen Fesseln“. Seien wir wachsam und auf der Hut, damit nicht eines Tages unsere Enkel uns als „Schlafwandler“ bezeichnen.

Wolfgang Thüne


S. 21 Lebensstil

Im sozialen Grün
Hamburg feiert 100 Jahre Stadtpark: Die Anlage galt als revolutionäre Errungenschaft der Volksparkbewegung

Kurz nach Kriegsbeginn 1914 wurde mit dem Hamburger Stadtpark eine Friedens- und Freizeit­oase eröffnet. Er war ein Meilenstein moderner Stadtplanung.

An lauen Spätsommerabenden ist im Hamburger Stadtpark ein interessantes Naturphänomen zu beobachten. Dann bilden sich Rauchschwaden, die wie eine dünne Wolkendecke nahezu un­beweglich nur einige Meter über der großen Festwiese schweben. Genährt werden sie von unzähligen Holzkohlefeuern, mit denen die Grillmeister ihr kulinarisches Können unter Beweis zu stellen versuchen. Das trendige Grillen macht vor nichts halt. Aus der Festwiese wird manchmal bis in die letzten warmen Herbsttage hinein eine lärmige Partywiese mit mal größeren, mal kleineren Grillgruppen von zumeist jungen Leuten.

Einfach mal in der luftverschmutzen Großstadt durchatmen können − das war eigentlich die Idee, als Hamburgs grüne Lunge vor 100 Jahren eingeweiht wurde. Den Hamburgern, so hat es den Anschein, ist eine graue Raucherlunge lieber. Am vergangenen Wochenende gesellten sich zu den Grill- auch noch Abgasschwaden von Autos. Seit 1999 findet an zwei Tagen im September ein Oldtimer-Rennen statt, bei dem hunderte historische Sportwagen und Motorräder ihren Lärm- und Abgaspegel testen. Das Revival ist die Neuauflage des Hamburger Stadtparkrennens, das 1934 mit internationaler Beteiligung erstmals ausgetragen und 1952 nach einem Unfall, bei dem drei Zuschauer zu Tode kamen, eingestellt wurde.

Wenn sich die Rauchschwaden verzogen haben, gehört der Stadtpark wieder ganz den unzähligen Joggern, welche die knapp sechs Kilometer lange Runde um den Park laufen, den Wasserfreunden, die im Sommer im Stadtparksee baden oder auf Kanus und Tretbooten über einen Alsterkanal kommend im Park anlegen, sowie den Spaziergängern, die in den Gartenanlagen flanieren. Es war ja auch im Sinne der Parkerfinder, ein soziales Grün für alle Bevölkerungsgruppen zu schaffen.

Als Hamburg 1892 von einer schweren Choleraepidemie be­troffen war, gerieten die heutigen Öko-Themen Gesundheit, Hygiene und saubere Luft erstmals politisch in den Blickpunkt. Den innerstädtischen Arbeiterfamilien, die in engsten Wohnverhältnissen lebten, sollte in der dichtbebauten Stadt ein großer öffentlicher Garten zur Verbesserung der Lebensqualität geboten werden. Dazu kaufte der Senat ein privates Gehölz, das der Großgrundbesitzer Adolph Sierich als Jagdrevier nutzte. Damals noch am nördlichen Stadtrand gelegen, war es Ausgangslage des heute vollständig von mehreren Stadtteilen umschlossenen Parks.

Das Revolutionäre am Konzept eines sozialen Grüns war es, dass es dem in der Kaiserzeit aufkommenden Volksparkgedanken Rechnung trug. In Anlehnung an die großen US-Parks wie New Yorks Central Park oder dem Grant Park in Chicago sollte diese öffentliche Fläche mehr einem praktischen Zweck dienen, als nur einen gartenähnlichen Zierwert besitzen. Der Berliner Gartenarchitekt Ludwig Lesser beschrieb das 1927 folgendermaßen: „Als Volkspark kann nur diejenige Parkanlage bezeichnet werden, die … nicht nur den gelegentlichen Spaziergängen dient, sondern den größeren Volksmassen und allen Kreisen der Bevölkerung zu allen Jahreszeiten genügend Raum und Gelegenheit bietet zum Aufenthalt im Freien, zum Sichausleben in Spiel und Sport ebenso wie zum beschaulichen Ausruhen.“

Die endgültige Ausgestaltung eines solchen Spiel-, Spaß- und Sportparks oblag dem bedeutenden Hamburger Stadtplaner Fritz Schumacher, der dem Stadtpark einen architektonischen Feinschliff verlieh. Vom Wasserturm am westlichen Ende, der unter seiner Kuppel heute ein multimedial ausgestattetes und viel besuchtes Planetarium beherbergt, führt die zentrale Hauptachse des Parks über die große Spiel- und Liegewiese zum Stadtparksee mit seinem Modellbootbecken am östlichen Ende. Früher stand hier eine große von Schumacher entworfene Stadthalle, die im Krieg ebenso zerstört wurde wie ein beliebtes Café mit einer Terrasse direkt am See.

Auch wenn solche Attraktionen bis heute nicht ersetzt wurden, tummeln sich im Sommer tausende Menschen im Stadtpark. Bei Größenvergleichen protzen die Hamburger gerne damit, dass in ihren Park mit null Einwohnern der Stadtstaat Mo­naco mit 36000 Einwohnern hineinpasst. Dabei ist in Hamburg der 1920 eröffnete, zwei Quadratkilometer große Altonaer Volkspark im Westen der Stadt um rund ein Viertel größer als der Stadtpark, dafür aber weniger attraktiv. Noch größer sind in Deutschland der Tiergarten und der Tempelhofer Park in Berlin, der Englische Garten in München sowie Hannovers Stadtwald Eilenriede.

Doch kaum ein Park bietet so viele Freizeitmöglichkeiten wie der Hamburger Stadtpark. An nur ei­nem Tag ist Folgendes zu beobachten: Auf der Festwiese sind neben Sonnenanbetern, Joggern, Radlern und Grillern einige Drachenflieger zu sehen. Allerdings dürfen die Drachen nicht höher als 50 Meter steigen, da an manchen Tagen direkt über den Köpfen der Parkbesucher hinweg die Flugzeuge den nahen Flughafen in Fuhlsbüttel anfliegen. Im Kreisrunden Planschbecken kreischen und quietschen die Kinder vor Vergnügen. Schachfreunde versuchen die kindsgroße Königsfigur matt zu setzen. Pétanque-Spieler werfen ihre Boule-Kugeln zielgenau auf einen Punkt. Und beim nahen Tennis- und Hockeyklub sowie auf der Rugby-Anlage ap­plaudieren Zuschauer frenetisch den Heimmannschaften zu.

Auf dem See hält unterdessen eine Gruppe von Stehpaddlern die Ba­lance auf wackeligen Surfbrettern. Poppig-bunt gekleidete Schlagerfans strömen zu einem Konzert, das die singende Fönwelle Dieter Thomas Kuhn auf der Freilichtbühne am nordöstlichen Ende gibt. Und Klassikfreunde pilgern ins Planetarium, wo es neben der Betrachtung des Sternenhimmels auch Kammermusikkonzerte zu hören gibt.

Geht die Sonne unter, gleicht die Parkanlage manchmal einer Müllhalde. Das Partyvolk rund um die Würstchengrills ignoriert gerne die Müllcontainer, die inzwischen notgedrungen überall im Park aufgestellt sind, die aber das Konzept Schumachers von einem harmonischen Ganzen optisch verschandeln wie übrigens auch die Hindenburgstraße, die quer den Park durchschneidet. Aber die Straße ist vor einem Jahr politisch angeblich sauberer in Otto-Wels-Straße umbenannt worden. Harald Tews


Katholische Truppen auf dem Vormarsch
Breitenbrunn legt den Dreißigjährigen Krieg neu auf − Oberpfälzer Ort ist Kulisse des historischen Tillyfests

An vielen Orten wirkte Johann ’t Serclaes Graf von Tilly in seinem 73 Jahre währenden Leben von 1559 bis 1632. Geboren auf Schloss Til­ly im heuten belgischen Brabant, aufgewachsen und erzogen auf einer Kölner Jesuitenschule, er­lernte er bei den Spaniern das Kriegshandwerk durch Alexander Farnese beim Aufstand der Nie­derlande. Da­nach trat er in den lothringischen und ab 1598 in den kaiserlichen Dienst ein. Im Juni 1609 gewann ihn Kurfürst Maximilian I. von Bayern für sich und verpflichtete ihn zur Reorganisierung des bayerischen Heeres. Im Dreißigjährigen Krieg war der Heerführer Tilly für viele Siege der katholisch-kaiserlichen Seite verantwortlich, weshalb ihn der Kaiser 1623 in den Adelsstand erhob und der bayerische Kurfürst ihm ein Jahr später das Lehen Breitenbrunn mit Schloss Breitenegg verlieh.

An dieses Ereignis knüpft der im Landkreis Neumarkt gelegene Markt Breitenbrunn mit der Organisation des weit über die Orts- und Landkreisgrenzen hinaus bekannten Tillyfestes an. Basis war im Jahr 1989 ein einfaches Kulturfest mir nur einheimischen Besuchern und Schaustellern, wo erstmals die Person Tilly auftauchte. Diesmal werden auf zwei Tage verteilt etwa 12000 Besucher bei dieser Veranstaltung erwartet.

Bisher lag das Augenmerk zum einen auf den Aktivitäten in den rund 20 Lagern, zum anderen auf den Hauptpersonen Graf Tilly und der letzten Vertreterin des Geschlechtes der Tilly, Maria Anna Katharina Theresia von Tilly-Montfort. Beim Festzug mit vielen Gruppen und Spielmannszügen bilden Tilly und Gräfin Tilly-Montfort den Mittelpunkt.

Natürlich wirken Graf und Gräfin auch in diesem Jahr am Sonntagnachmittag beim Festzug mit. Doch nach dem 25-jährigen Jubiläum im vergangenen Jahr hat sich ein Tillyfest-Team gebildet, um die Veranstaltung etwas aufzufrischen. „Der historische Cha-rakter soll im Vordergrund stehen! Wir wollen eine größere Bandbreite dieser Zeit des Dreißigjährigen Krieges zeigen“, erläutert Christian Braun, aus dem Organisationsteam des Festes, das am 13. und 14. September stattfindet.

Ein wichtiger Punkt war, den Besuchern per Flugblatt einen kulinarisch-gastronomischen Führer durch das Tillyfest mit an die Hand zu geben. Bei diesem „Lageplan mit Kulinarium“ sieht der Gast sofort, wo die einzelnen Heerlager sind und was diese in Sachen Essen und Trinken zu bieten haben.

Die wichtigste Neuerung ist aber die Neuinszenierung konkreter historischer Ereignisse in möglichst authentischer Weise, um so Geschichte facettenreich erlebbar werden zu lassen. Umgesetzt wird dies unter anderem mit Gruppen von Musketieren, Pikenieren (Spießträgern) und Kanonieren, die in der Szene in Europa als Elite gelten und zum Teil auch aus Film und Fernsehen bekannt sind. Plätze vor Ort und ein großes Heerlager entführen die Besucher in die frühe Neuzeit und nehmen sie mit auf eine überwältigende Zeitreise. So können die Gäste Teil eines großen Ge­schichts-Erlebnisses werden.

Entsprechend geht das Tillyfest an diesem Sonnabend um 13 Uhr mit einem Paukenschlag los: Mit der Marktplatzerstürmung durch die Protestanten und die Schweden wird der Ort belagert und er­obert. Dabei stellen die Darsteller historische Fakten nach – wie etwa Gasthausbesetzungen, Einquartierungen, Abgabenforderungen der Besatzer. Gezeigt werden eine offene Feldschlacht sowie die Tyrannei der Besatzer im Ort.

Weitere neue Elemente sind die Darstellung eines Gefechts wie in der frühen Neuzeit (Sonnabend um 18 Uhr und Sonntag um 11.30 Uhr) und ein Bogenschießturnier für Klein und Groß (Sonnabend um 16 Uhr und Sonntag nach dem Festzug). Markus Bauer


S. 22 Neue Bücher

Lust auf mehr Lesen
Autorinnen vorgestellt

Namen wie Mary Shelley, Astrid Lindgren oder Virginia Woolf sind bekannt, aber was ist mit Anna Achmatowa, Sylvia Plath oder Zeruya Shalev? Auszüge aus ihren Biografien und Bibliografien sind in Stefan Bollmanns Buch „Frauen, die schreiben, leben gefährlich“ nachzulesen.

Frauen in früheren Tagen hatten es schwer, ihrer Kreativität oder ihrem politischen Engagement Ausdruck zu verleihen; dabei kam die Gefahr nicht nur von außen, sondern auch von innen, wenn Schriftstellerinnen mit der Zerrissenheit zwischen „Konzession und Rebellion, zwischen Willfährigkeit und Auflehnung“ konfrontiert wurden. Und somit hat auch die Überschrift dieser Zusammenstellung von Lebensläufen schreibender Frauen, die in Kapiteln wie „Die Karte der Liebe“ oder „Auf exzentrischen Bahnen“ gegliedert sind, ihre Berechtigung.

Bollmann geht chronologisch vor und beginnt mit einer der bemerkenswertesten Gestalten des 12. Jahrhunderts, nämlich mit Hildegard von Bingen. Dass sie als Frau in diesem Zeitalter überhaupt schreiben durfte, verdankt sie der Berufung zur Prophetin. „Aus dem Glanz erscholl eine himmlische Stimme, die sprach zu ihr ‚Gebrechlicher Mensch …, sage und schreibe, was du siehst und hörst!‘“ Als sie sich dagegen sträubte, wurde sie krank. Erst als sie dem Ruf folgte, gesundete Hildegard wieder und fand so die Berechtigung zum Schreiben, und wir – bald 1000 Jahre später – haben das große Glück, noch heute in ihren Schriften lesen zu können. Wie viel ärmer wären die Medizin, die Musik und unser Verständnis vom Hochmittelalter ohne eine schreibende Hildegard von Bingen?

In weniger klösterlichem Leben stand neben der Tatsache, dass es Frauen nicht zugetraut wurde, gute Literatur zu schreiben oder sich politisch zu engagieren, das große Problem der Familienstrukturen und Rollenbilder im Raum. Ist es möglich, zur alltäglichen Hausarbeit und der Erziehung der Kinder und oft auch noch der Pflege von Angehörigen, den eigenen Geist zu entfalten und ihm Ausdruck zu verleihen? In abgeschwächter Form trifft dies heutzutage immer noch zu, besonders aber auf die Zeit, in der Virginia Woolf (1882–1941) lebte. Mit 59 Jahren nahm sie sich das Leben, weil sie die Angst nicht mehr aushielt, dass andere in ihren Texten keinen Sinn erkennen könnten, und sie eher für verrückt denn brillant halten könnten.

Über den Roman „Erinnerungen des Kaisers Hadrian“ sprach Thomas Mann „von einer bis zur Vexation gehenden Echtheit der Fiktion“, die wissenschaftlich sehr fundiert sei. Die Autorin Marguerite Yourcenar wurde als erste Frau – nicht ohne Widerstand – in die Académie fran­çaise gewählt. Auch sie kämpfte dauernd gegen gesellschaftliche Widerstände, die sie anders als andere Autorinnen oftmals einfach ignorierte.

Die Eingliederungen, die Bollmann vornimmt, begründet seine Auswahl an Autorinnen und Texten. Doch weder dieses noch das Vorwort von Elke Heidenreich stellen einen Mehrgewinn für dieses Buch dar. Die Zusammenfassung Bollmanns ist hingegen in­teressant, da er sich hier intensiver mit den Autorinnen auseinandersetzt. Letztlich macht sein Buch aber Lust aufs Lesen. Es stellt einen guten Literaturkanon von Frauen dar, die nicht nur für Frauen geschrieben haben. Es gibt also Anlass, sein Bücherregal mit sehr guter Literatur zu bereichern.

C. Rinser-Schrut

Stefan Bollmann: „Frauen, die schreiben, leben gefährlich“, Insel Verlag, Berlin 2014, broschiert, 144 Seiten, 9,95 Euro


Krieg gegen das Volk
Wie die Demokratie mehr und mehr von Politikern verraten wird

Er ist verantwortlicher Re-dakteur bei der „Welt“-Gruppe und verfolgt daher schon von Berufswegen die Entwicklungen in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft. Nun hat Günther Lachmann in dem Buch „Verfallssymptome. Wenn eine Gesellschaft ihren inneren Kompass verliert“ Bilanz gezogen. Dies sei nötig, so der 1961 Geborene, um auszuloten, wo wir stehen und um festzumachen, in welche Richtung wir künftig wollen. „Wir müssen uns dessen, was wir verlieren, und dessen, was wir retten wollen, bewusst werden“, so der Autor.

Was vielversprechend beginnt, wird jedoch zu einer ermüdenden Aufzählung dessen, was in den letzten Jahrzehnten schiefgelaufen ist. Natürlich ist eine Auflistung der Probleme nötig, um Bilanz zu ziehen, aber da er alles schwarz malt, teilweise auch ein wenig überzeichnet, schlägt das Dargestellte auch aufs Gemüt. Zudem sieht man nirgendwo Licht am Horizont, wird allerdings wieder hellwach, wenn Lachmann zu diesem Fazit kommt: „Aber was können die Bürger tun, wenn egal, wen sie wählen, die gleiche Politik herauskommt?“ Personifiziert wird für ihn diese Politik durch den neuen EU-Kommissaren Jean-Claude Juncker. Dessen Verständnis von Politik sei nicht die Umsetzung der Interessen derer, die die Repräsentanten gewählt haben, sondern die Umsetzung eigener oder mächtigerer Interessen gegen das Volk.

Der Leser erfährt, wie die Politik über die Jahrzehnte das Vertrauen der Bürger verloren hat, wie die Familie als Ideal zerstört wurde, welche Belastungen durch die alternde Gesellschaft auf Deutschland zukommen, wie in Deutschland infolge der Entvölkerung ländlicher Gebiete jeden Tag ein Stück Heimat stirbt, wie die Moral in Politik und Wirtschaft abhanden gekommen ist, die Gerechtigkeit verschwunden ist und die Kirche ihre Bedeutung verloren hat.

Doch Lachmann setzt weiter auf die Demokratie: „In Verruf sind nur all jene geraten, die mit falschen Beweisen den Irak überfielen und ins Chaos stürzten, die bis heute nicht erklären können, warum so viele Soldaten in Afghanistan sterben mussten, die Parlamente entmachten, die Millionen Europäer mit drakonischen Sparvorgaben ins soziale Elend stürzen und die sich so sehr vor der eigenen Bevölkerung fürchten, dass sie ihre Geheimdienste anweisen, sie mit den perfidesten Mitteln bis in die intimste Privatheit auszuspionieren.“ Wer so handele, vergehe sich an den Grundrechten und schere sich einen Teufel um die Würde des Menschen, so das Urteil des Autors. Auch hält er es für bezeichnend, dass es vorwiegend ausgerechnet Parlamentarier waren, die sich 2009 gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum deutschen Begleitgesetz des Lissabon-Vertrages aussprachen. Dieses Urteil sprach Bundesrat und Bundestag und somit ihnen, den Volksvertretern, mehr Rechte zu, und sie waren dagegen?

Gegen Ende des Buches bilanziert Lachmann also nicht nur, sondern klagt direkt an. Im ersten Moment stehen einem sogar die Haare zu Berge, wenn er die von EU und Internationalem Währungsfonds lancierte Übernahme der italienischen Regierung durch den nichtgewählten Ex-Goldman-Sachs-Banker Mario Monti als „Kriegsführung mit anderen Mitteln“ bezeichnet. Später erscheint diese Sichtweise jedoch durchaus nachvollziehbar. Sogenannte „Expertenregierungen“ seien nicht die Lösung, betont Lachmann, auch sei politisches Handeln in einer wahren Demokratie nie „alternativlos“, dann sei es keine Demokratie, denn Demokratie sei Vielfalt und der Wettbewerb verschiedener Positionen.

Am Schluss meint Lachmann, dass, auch wenn man noch nicht wisse, wo man hin wolle, sprich die große Idee am Horizont noch nicht aufgetaucht sei, man sich auf das besinnen solle, was bisher für die Menschen gut war, um es neu mit Leben zu füllen. Was wie eine einfache schlüssige Lösung klingt, kommt jedoch angesichts der zuvor vom Autor geschilderten, verfahrenen Gemengelage schon fast dem Aufruf zur Revolution gleich. Rebecca Bellano

Günther Lachmann: „Verfallssymptome. Wenn eine Gesellschaft ihren inneren Kompass verliert“, Europa Verlag, Berlin 2014, geb., 254 Seiten, 18,99 Euro


Nicht unterzukriegen
Geschichte, Tradition und Zukunftsperspektive der Sorben auf einen Blick

„Z bozej pomocu“ (mit Gottes Hilfe) lautete die sorbische Formel, die im Mai 2008 Stanislaw Tillich seinem Amtseid als sächsischer Ministerpräsident hinzufügte. Mit dem zweisprachigen Eid erinnerte der Sorbe Tillich daran, dass in Deutschland Sorben leben, die keine „Minderheit“ sind, weil es nirgendwo eine sorbische „Mehrheit“ gibt, sondern eine vollwertige slawische Nation. Ihre 60000 Angehörigen sind „vom großen Baum der Slawen der kleinste Zweig“, wie der Dichter Jurij Brezan sang.

Was die ethnische Miniatur der Sorben (Wenden) ausmacht, hat dieses Kulturlexikon in beeindruckender Vielfalt erfasst: 230 Stichwörter, doppelt so viele Bilder. Hier können Leser Grundkenntnisse erwerben zur Geschichte (seit dem 7. Jahrhundert verbürgt), Siedlungsgebiet (Lausitz), Ethnizität und Sprache (Ober- und Niederlausitz mit eigenen Varietäten des westslawischen Sorbisch), Brauchtum (Osterreiter), Kultur, Literatur, Trachten oder Volksmusik. Es fehlt nichts!

Das Buch kreist um die Trias, dass im Zusammenleben von Völkern drei Modelle denkbar sind, „Unterdrückung, Duldung oder Förderung“. Vormals sprach man von „Assimilierung, Dominanz, Koexistenz“, wobei erstere zwei von früheren Königen, Führern und Generalsekretären praktiziert wurden. Die NS-Gewaltigen wollten die Sorben „nach dem Endsieg“ ins polnische Generalgouvernement abschieben – die rohstoffarme DDR zerstörte durch Braunkohleförderung große Teile der Lausitz, wobei über 100 sorbische Ortschaften „in die Grube fuhren“.

Der Verlust war mehrfach spürbar und ist es in Teilen weiterhin: Ein Deutscher kann in andere Regionen ausweichen und dort Deutscher bleiben – ein Sorbe kann seine sorbische Identität nur in der Lausitz bewahren. W. Oschlies

Franz Schön, Dietrich Scholze (Hrsg.): „Sorbisches Kulturlexikon“, Domowina-Verlag, Bautzen 2014, geb., 579 Seiten, 49 Euro


Von Mehrheit abgelehnt
Zeitzeugen über Reichspogromnacht 1938

Was will heute ein „zeitgenössischer Bericht“, der sich mit einem Ereignis befasst, das schon 76 Jahre zurückliegt, der damals in englischer, französischer und schwedischer Sprache erschienen ist, nicht aber auf Deutsch, obwohl der Verfasser ein deutscher Journalist gewesen ist? Nun, das Ereignis, von dem da die Rede ist, ist Teil jener Geschichte, die bis heute nicht vergangen ist und Deutschland sowie die Deutschen auch fernerhin belastet. Da ist jede glaubwürdige Veröffentlichung zu begrüßen, die geeignet ist, das Geschichtsbild der historischen Wirklichkeit anzupassen. Dies ist hier der Fall.

Konrad Heiden (1901–1966) war ein Münchner Journalist, der SPD nahestehend. Er hat den Aufstieg Hitlers und der NSDAP kritisch beobachtet. Um nicht in einem Lager zu landen, floh er bereits 1933 nach Frankreich, von wo aus er die Entwicklung in seiner Heimat weiter verfolgte. Als Quelle dienten ihm insbesondere die Bekundungen der Menschen, die nach ihm Deutschland verlassen mussten. So auch, als es zu der Bluttat gekommen war, die die Reichspogromnacht auslöste.

Was er über diese lange Nacht zu berichten weiß, ist nichts überraschend Neues. Aber die Schilderungen sind bestens belegt. Er schreibt: „Das Buch wünscht, objektiv zu sein.“ An dieser Absicht zu zweifeln gibt es keinen Anlass. So wenn er zusammenfasst: „Jedenfalls die Nacht vom 9. auf den 10. November war eine Nacht der Zerstörung und Misshandlung, doch nicht eine Nacht des planmäßigen Mordens.“

Deutlich arbeitet er den Widerspruch heraus zwischen der NS-Propaganda, die den „berechtigten Volkszorn“ lobte, und der Tatsache, dass keiner der Schreibtischtäter die Verantwortung für diese „Großtat“ übernehmen wollte, auch nicht Joseph Goebbels.

Heidens Resultat lautet kurz und klar: „Das bleibt ein Trost in den Gräueln dieses Novembers. Die Mehrheit des deutschen Volkes empfand diese Gräuel so, wie die übrige Welt sie empfand.“ Und an anderer Stelle: „Eine Fülle von Zeugnissen spricht es aus. Die breiten Massen des deutschen Volkes haben sich an den Verbrechen des 9. und 10. November – von örtlichen Ausnahmen abgesehen – nicht beteiligt.“ Selbst Hitlers Parteigenossen verurteilt er nicht pauschal: „Wenn man von den Nationalsozialisten, ihrer Herrschaft über Deutschland und von ihrem unerbittlichen Willen zur Vernichtung spricht, sollte man nie an jene Millionenschar durchschnittlicher Parteigenossen denken, unter denen sich … gerechte und ungerechte …, anständige und weniger anständige Zeitgenossen befinden.“ Sind derlei Sätze der Grund, warum eine Veröffentlichung in deutscher Sprache so lange auf sich warten ließ? Was auch immer die Ursache war, jetzt ist der Text jedermann zugänglich.

Der Kommentar, 294 Anmerkungen, füllt 27 Seiten. Weitere 38 Seiten Text machen den Leser mit Leben und Werk des Autors vertraut.

Konrad Löw

Konrad Heiden „Eine Nacht im November 1938. Ein zeitgenössischer Bericht“, Wallstein, Göttingen 2013, geb., 190 Seiten, 19,90 Euro


S. 23 Rautenberg Buchhandlung

Rautenberg Buchhandlung


S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Immer die anderen / Wie wir die AfD doch noch stoppen wollen, wie die Grünen die Bio-Bauern zur Strecke bringen, und wo das Geld herkommt

Zum Schluss mussten noch mal alle ran, ein regelrechter Volkssturm wurde mobilisiert, um das scheinbar Unvermeidliche doch noch abzuwenden: den Einmarsch der AfD in zwei weitere Landtage. Die „Lindenstraße“ zog ebenso mit in den heroischen Endkampf wie die „Heute-Show“, die Gewerkschaften liegen ohnehin schon seit vielen Monaten erschöpft im Schützengraben. Nun tauchte auch noch Mitteldeutschlands evangelische Landesbischöfin Ilse Junkermann an der Panzersperre auf und warnte per Radio-Interview vor der neuen Partei.

So viel Mut, so viel Tapferkeit war selten. Es steht aber auch einiges auf dem Spiel. Die „Alternative“ will nicht nur am Euro-System rütteln, sie will auch Einwanderungskontrollen und stellt sich sogar gegen die grüne Energiewende, für die doch heute alle sind. Alle? Na ja, fast alle.

Dass grau-grimmelige Atombonzen, Kohlekraftqualmer oder Russengas-Agenten an der Energiewende herummäkeln, daran haben wir uns gewöhnt. Denen hört sowieso keiner mehr zu. Doch plötzlich vernehmen wir irritierende Störgeräusche aus einer ganz anderen, völlig unerwarteten Richtung.

Aus Eckernförde hören wir, dass dort der erste Bio-Hof vor dem Ruin steht und zwar wegen – Sie glauben es nicht – der grünen Energiewende! Wie das? Die Sache ist ebenso simpel wie grotesk: Aufgrund der märchenhaften Einspeisevergütung stiegen konventionelle Landwirte massenhaft auf den Anbau von „Energie-Mais“ um. Die Mais-Monokulturen verschandeln bereits großflächig die einst vielfältigen Agrarflächen. Die Ernte wird nicht wie früher als Silage ans Vieh verfüttert, sondern zur Biogasproduktion benutzt.

So ein Energie-Bauer kann ordentlich Geld verdienen, weshalb er viel höhere Pachtzinsen zahlen kann. So jagten die Nachbarn dem Bio-Bauern nach und nach das Pachtland ab, auf dem er 1986 in die grüne Zukunft aufgebrochen war. Nun ist Essig, denn der Bio-Bauer kann den öden Industrie-Mais selber nicht anbauen, dann wäre er ja kein Bio-Bauer mehr.

Seine Frau ist sich sicher, dass die Grünen das bestimmt nicht gewollt haben. Und die in Kiel mitregierende Partei beeilt sich denn auch klarzustellen, dass das „Erneuerbare Energien-Gesetz“ (EEG) ein Bundesgesetz sei.

Ja, das ist es wirklich. Aber welche Partei war dort vor anderthalb Jahrzehnten mit an der Macht und hat das EEG damals auf den Weg gebracht? Ja? Genau: die Grünen.

Mittlerweile haben sich die Berliner Parteien darauf geeinigt, das EEG wie einen peinlichen Bekannten zu behandeln. Niemand will mit dem in der Öffentlichkeit gesehen werden, nicht einmal der zuständige Minister Sigmar Gabriel. Der ließ sich unlängst mit den Worten vernehmen: „Die Energiewende steht kurz vor dem Aus. Die Wahrheit ist, dass wir auf fast allen Feldern die Komplexität der Energiewende unterschätzt haben. Für die meisten anderen Länder in Europa sind wir sowieso Bekloppte.“

Das hat er bei einem Treffen von Solarfirmen erzählt, ganz schön harter Tobak. Mutig? Wie man’s nimmt. Mit dem Zitat im Rücken kann sich der listige Gabriel später wunderschön herausmogeln, wenn uns die „Energiewende“ so richtig um die Ohren fliegt und wir im Dunkeln sitzen: „Seh’n Se, hab ich doch damals schon gesagt!“

Die Grünen haben es da nicht ganz so leicht. Sie haben aber dennoch einen Weg gefunden, wie sie Abstand zwischen sich und ihr Geschöpf bringen. Nicht die grüne Energiewende sei schuld am heraufdämmernden Desaster, behaupten sie, sondern deren „mangelhafte Umsetzung“. Umsetzung durch die anderen, versteht sich.

Auch nicht schlecht. An solch durchtriebenen Wendungen kann man ablesen, dass altgediente Grüne wie Jürgen Trittin ihr Handwerk nicht auf der Klippschule gelernt haben, sondern in den beinharten Kaderschmieden westdeutscher Kommunistengruppen. Die Kommunisten haben nicht bloß reiche Erfahrung darin, wie man eine Volkswirtschaft planwirtschaftlich an die Wand fährt. Sie wissen auch, wie sie die Verantwortung für das Fiasko jedes Mal gewitzt auf andere schieben. Bei ihnen waren das dann immer die „Imperialisten“, die „Kapitalisten“ oder, bei Stalin sehr beliebt, „trotzkistische Verschwörungen“.

Diese Taktik bewahrt die Roten nicht nur davor, für die Folgen ihres Tuns haftbar gemacht zu werden. Es befreit sie überdies von der Qual, aus eigenen Fehlern auch nur irgendetwas lernen zu müssen. Und siehe da: Die grüne Energiewende ist erneut ein durch und durch planwirtschaftliches Projekt. Sie folgt also genau jenem Muster, mit welchem die einst weltweit führenden Technologieregionen Mitteldeutschlands bis 1989 in modernde Industrieruinen verwandelt wurden.

Für die armen Bio-Bauern wäre es die Rettung, wenn man die übermäßigen Milliarden-Subventionen für die Einspeisung Erneuerbarer Energien einfach wegschmölze, denn am freien Markt konnten sie mit den Konventionellen noch halbwegs konkurrieren. Doch wer so denkt, hat das mit den Kaderschmieden nicht auf dem Schirm. Dort hat man für jedes von der Planwirtschaft geschaffene Problem auch eine planwirtschaftliche „Lösung“. Die Grünen in Kiel überlegen, die staatlichen Subventionen für Bio-Landbau anzuheben. So hat man das in der DDR auch gemacht: Wenn’s nicht mehr weiterging, wurden eben mehr Mittel hineingepumpt, statt zu lernen und die ganze Richtung in Frage zu stellen. Am Ende waren alle Mittel erschöpft.

Nichts lernen kann übrigens richtig Spaß machen: Auch um die Deutschen zu ärgern, hat Frankreichs Präsident Hollande seinen erbärmlich gescheiterten Ex-Finanzminister Pierre Moscovici nun für das Amt des EU-Währungskommissars nominiert. Der Erzsozialist Moscovici glaubt, man müsse nur genug Schulden machen, dann springe die Wirtschaft von allein an. Schulden hat er gemacht, in atemberaubendem Tempo und monströser Höhe. Resultat: Die französische Wirtschaft ist noch tiefer in den Keller gesaust. Wer ist schuld? Die Deutschen natürlich, wegen ihres „Spardiktats“, sagt Moscovici.

Spardiktat? Wenn’s das gegeben hat, hat sich der rote Franzose einen feuchten Dreck drum geschert. Wie kann aber etwas, das man gar nicht gemacht hat, Folgen haben? Egal: Die anderen sind schuld, in diesem Fall die Deutschen. Moscovici ist eben ein echter Sozialist.

Also noch mehr Schulden machen, weil wir durchs Schuldenmachen schließlich in die Krise geraten sind und es daher doch auf der Hand liegt, dass nur weitere Schulden uns da wieder heraushelfen können. So die Logik.

Spinnen die denn völlig? Nicht ganz: Moscovici und Genossen glauben nämlich, dass sie die Schulden zwar machen, die Deutschen sie aber später zurückzahlen. So wird denn doch wieder ein Schuh draus.

Andere Ökonomen gehen indes längst einen Schritt weiter. Sie schlagen vor, dass EZB-Präsident Mario Draghi jedem EU-Bürger einfach zehntausend Euro schenkt, frisch aus der Notenpresse. Bislang ging die Kohle ja immer an die Banken, und die haben sie derart gehortet, dass jetzt eine Bank der anderen sogar Strafzinsen aufbrummt, wenn die ihr was leiht.

Ja, das wäre doch schön, zehntausend für jeden! Das gäbe eine Party! Mahner warnen, dass das nur ein Strohfeuer entzünde, nach kurzer Zeit wäre alles vorbei. Na und? Dann pumpt Draghi eben die nächsten zehntausend hinterher. Haben wir 1923 doch auch so gehalten. Bald waren alle Deutschen Billionäre. Andere Bedenkenträger warnen indes, die „Geld aus dem Zylinder“-Aktion könnte den Menschen ersichtlich machen, dass ihr „Geld“ nur Klopapier ist, das man beliebig von der Rolle ziehen kann. Das sollten wir in der Tat lieber nicht riskieren. Solche Wahrheiten müssen unter Verschluss bleiben.


MELDUNGEN / ZUR PERSON

»Araber Boy« wird Polizist

Berlin – Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt ist in Polizeikreisen und darüber hinaus in die Kritik geraten, weil ein ehemaliger Intensivtäter zur Polizei-Ausbildung zugelassen wurde. Fadi Saad war Mitglied der Jugendbande „Araber Boys 21“ und stand als Schläger und Straßenräuber mehrfach vor Gericht. Später nahm ihn Kanzlerin Merkel als Beispiel für gelungene Integration auf eine Paris-Reise mit. Zuletzt arbeitete Saad als „Quartiersmanager“ in Berlin. H.H.

 

Immer mehr Nichtschwimmer

Hannover – Immer mehr Grundschüler können nicht schwimmen, wie die DLRG Niedersachsen meldet. Noch vor zehn Jahren war ein Drittel der Viertklässler Nichtschwimmer, heute ist es die Hälfte. Kinder in Städten und Ausländerkinder sind demnach besonders oft nicht schwimmfähig. Ein Grund: Immer mehr Bäder werden geschlossen, neue „Wellness“-Anlagen haben keine Lehrschwimmbecken mehr. H.H.

 

Putin-Freund wird Nato-Chef

Seit seinem besonnenen Verhalten nach dem Massaker, das der rechtsextreme Attentäter Anders Breivik im Juli 2011 in Norwegen verübt hatte, ist Jens Stoltenberg auch im Ausland hoch angesehen. Als damaliger norwegischer Ministerpräsident trat er gegen Rachegelüste und für mehr statt weniger Demokratie ein.

Nach seiner Abwahl als Regierungschef vor einem Jahr musste er nicht lange warten, bis er in ein Amt auf internationaler Ebene berufen wurde. Es war Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Stoltenberg, dessen Vorfahren vermutlich im 17. Jahrhundert von Holstein aus nach Norwegen ausgewandert sind, für die Nachfolge des Dänen Anders Fogh Rasmussen als Nato-Generalsekretär vorschlug. Relativ schnell konnte sie die Bündnispartner Frankreich, England und USA von der Personalie überzeugen. Beim Treffen des Nato-Rats Ende März wurde er ohne Widerstände gewählt, am 1. Oktober tritt er sein Amt an.

Gilt Rasmussen als Scharfmacher, der in der Ukraine-Krise verbal gegen Russland schoss, so hat Stoltenberg während seiner insgesamt zehnjährigen Amtszeit als Ministerpräsident stets die Annäherung an Putin gesucht. Wenn man dem 55-jährigen zweifachen Familienvater Antipathien vorwerfen kann, dann eher gegenüber den USA. So wird kolportiert, dass er als Student mit Steinen auf die Osloer US-Botschaft eingeworfen haben soll. Wenn es stimmt, soll er so gegen die Vietnampolitik der Amerikaner protestiert haben, obgleich dieser Krieg längst beendet war, als er nach dem Besuch einer Osloer Rudolf-Steiner-Schule sein Studium der Wirtschaftswissenschaften aufnahm. In seinen Sturm-und-Drang-Jahren als junger Sozialdemokrat forderte er sogar einmal den Austritt Norwegens aus der Nato. So ändern sich die Zeiten. H. Tews


MEINUNGEN

Der ehemalige Bundeskanzleramtschef Bodo Hombach (SPD) wundert sich im „Handelsblatt“ vom 2. September über die Reaktion der Politik auf die Nachricht, Gasgewinnung via Fracking könnte bald komplett giftfrei sein:

„Im Berliner Umweltministerium wurde diese Verheißung nicht etwa als Gefahrenabwehr und Glanzleistung der Wissenschaft begrüßt, sondern löste Sorgen aus. Leitende Ministerialbeamte schlugen Alarm. Wenn das Argument möglicher Gifte in der Fracking-Flüssigkeit demnächst falle, solle man vorsorglich und schnell andere bereitlegen ... Bei solchen Vorgängen sollten alle Sicherungen rausspringen und sollte der Alarm flackern. Hier schlägt die Qualität der Debatte um. Sie verlässt die logische Ebene der Wahrheitssuche und betritt diejenige der Gesichtswahrung und verworrener Politinteressen.“

 

 

Uli Dönch sieht den Euro als Ursprung von sozialem Elend und der Vernichtung unserer Ersparnisse. Im „Focus (9. September) schreibt er:

„Der Währungs-Wahnsinn vernichtet nicht nur Geld. Er ist auch ein Verrat an der nachfolgenden Generation: Millionen junger Menschen in Italien, Spanien und Portugal finden keine Jobs ... Und was hat das mit dem Euro zu tun? Alles! ... Denn diese Länder brauchen dringend wieder eine eigene Währung, die sie abwerten können, um wieder international wettbewerbsfähig zu werden.“

 

 

Holger Steltzner stört es in der „FAZ“ (7. September), wie der Euro immer mehr zum Spaltpilz in Europa wird und als Vehikel für dreiste Lügen herhalten muss:

„Mal sehen, wie lange Bundeskanzlerin Merkel (CDU) ihre Linie noch durchhalten kann, Draghi stillschweigend immer mehr Risiken zu Lasten der Steuerzahler sozialisieren zu lassen ... In Rom ... setzen Leute wie der frühere Ministerpräsident Prodi Deutschland auf die Anklagebank und fordern mit dem dreisten Lügenmärchen, Italien habe die Wiedervereinigung mitfinanziert, noch mehr Solidarität (sprich Übernahme von Italiens Staatsschuld) von Deutschland. So wird mit dem Euro Zwietracht gesät.“

 

 

Bettina Röhl bezeichnet das Gerangel um den Ukraine-Konflikt als übertrieben, denn die Krisen im arabisch-islamischen raum seien weitaus gefährlicher. Um diese zu lösen, müsse der Graben zu Russland wieder zugeschüttet werden, fordert sie in der „Wirtschaftswoche“ vom 9. September:

„Eins steht fest: Die aus den Fugen geratene Weltordnung kann Amerika sinnvollerweise nicht allein lösen. Die Nato ist ein schickes Bündnis, mehr auch nicht. Sie kann Amerika unterstützen, ist aber auch in der aktuellen Situation kein homogenes Bündnis. Die höhere Vernunft gebietet es, dass Obama zu Größe aufläuft und Putin, den er eben noch bekämpft hat, ins Boot holt. Russland muss zu einem engen Verbündeten des Westens gemacht werden. Denn das Land hat ähnliche Probleme wie der Westen. Russland ist Teil der westlichen Geschichte und eigentlich nur artifiziell durch die kommunistische Revolution aus Europa herausgefallen.“