24.04.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Folge 41/14 vom 11.10.2014

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

Heuchelei entlarvt
Asyllobby offenbart Verantwortungslosigkeit von historischen Ausmaßen

Der DGB-Bezirk Berlin-Brandenburg zeigt sich mit Asylbewerbern, die seine Zentrale besetzt hielten, überfordert, zieht daraus jedoch entlarvende Schlüsse.

Hilflosigkeit und vor allem Heuchelei prägen die Debatte um die neue Welle von Asylbewerbern. Kaum etwas hat die Misere so grell beleuchtet wie die jüngsten Vorfälle in der Zentrale des DGB-Bezirks Berlin-Brandenburg in der Hauptstadt. Das Haus war von rund 20 Asylbewerbern besetzt worden, nach einer Woche ließ der Gewerkschaftsbund das Gebäude von der Polizei räumen.

Wie DGB-Chefin Doro Zinke die Räumung begründet hat, spricht Bände. Wörtlich sagte sie in der RBB-„Abendschau“: „Wir schaffen’s einfach nicht mehr. Wenn dann von uns verlangt wird, wir sollen alles Elend dieser Welt beheben – das geht nicht, da sind wir einfach überfordert, das können wir nicht.“

Aufenthaltserlaubnis, Abschaffung der Residenzpflicht, Arbeitserlaubnis – diese Forderungen der Asylbewerber will der DGB aber dennoch weiterhin unterstützen. „Eigentlich sind wir Bündnispartner, und wir lassen uns nicht wie Gegner behandeln, das geht einfach nicht“, insistiert die Gewerkschaftschefin.

Zinkes Aussagen sind entlarvend. Sie will „Verbündeter“ sein, unbedingt auf der Seite der vermeintlich Guten stehen. Wird aber von ihr gefordert, auch die Folgen ihres „Gutseins“ zumindest ein klein wenig mitzutragen, weicht sie kleinlaut aus, denn „wir schaffen’s einfach nicht“.

Gleichzeitig hält man verbissen an einer Zuwanderungspolitik fest, die vorgibt, genau dies zu können: Alles Elend der Welt in Deutschland zu beheben, obwohl jedem klar ist, dass dieser Versuch in eine Katastrophe münden muss – für Einheimische wie für Zuwanderer.

Darin manifestiert sich, was hinter der Heuchelei steckt: eine Verantwortungslosigkeit von historischen Ausmaßen, mit historischen Folgen. Denn die ohnehin längst überforderte Integrationsfähigkeit Deutschlands wird so noch weiter überdehnt, Auseinandersetzungen zwischen ethnischen und religiösen Gruppen nehmen bereits deutlich zu. Zudem werden die Sozialsysteme bis zum Bersten überlastet.

Die Antwort kann nur in einem radikalen Umsteuern bestehen: Asyl und reguläre Zuwanderung sind streng zu trennen. Die Zahl der tatsächlich Asylberechtigten ist derart gering, dass Deutschland weiterhin jeden wirklich Verfolgten aufnehmen kann, ohne sich zu überheben. Zuwanderung dagegen hat sich nach den Bedürfnissen Deutschlands zu richten, nicht nach denen der Zuwanderungswilligen. So handhaben es alle erfolgreichen Einwanderungsländer. Die CDU hat diese Trennung vor wenigen Jahren übrigens noch vehement gefordert, heute hat sie das offenbar vergessen.

Scheitert die Politik an dieser Herausforderung, erweist sie sich als unfähig, den Schutz des deutschen Volkes zu gewährleisten, zu dem sich die Verantwortlichen beim Eid auf das Grundgesetz verpflichtet haben. Hans Heckel


Kalte Enteignung
EU-Hochwasserrichtlinie macht unzählige Grundstücke wertlos

Das von der EU erlassene Glühlampenverbot und die neuen Vorschriften für Staubsauger betreffen uns alle, die verbindliche Einführung von Reifendruckkontrollsystemen viele, die Hochwasserschutzrichtlinie dagegen nur wenige. Deshalb findet sie auch kaum öffentliche Beachtung. Für die Betroffenen kommt es aber knüppeldick. Denn zur Umsetzung der Richtlinie wurden bis Ende 2013 in Deutschland sogenannte Überschwemmungsgebiete ausgewiesen. Das sind solche Bereiche, in denen es nach Einschätzung der Behörden theoretisch zu einer Überschwemmung kommen könnte. Dabei spielt die Größe des Gewässers keine Rolle und auch nicht, ob es überhaupt schon einmal über die Ufer getreten ist. Die Faktoren, auf die die Behörden ihre Einschätzung gründen, sind rein statistischer Natur. Auf diese Weise wird auch ein seit Menschengedenken unauffällig vor sich hin plätscherndes Bächlein plötzlich zum potenziell gefährlichen Gewässer und zur Gefahr für Leib und Gut.

Für die in den festgesetzten Bereichen liegenden Grundstücke gelten äußerst restriktive Nutzungseinschränkungen. So dürfen diese Flächen nicht mehr bebaut werden, ja selbst das Setzen von Pflanzen und die „nicht nur kurzfristige Lagerung von Gegenständen“ ist verboten.

Für Bestandsgebäude gilt ein Veränderungsverbot, das An- oder Umbauten nur in begründeten Ausnahmefällen und unter strengen Auflagen zulässt. Auch ein Wiederaufbau eines Gebäudes nach einem Schadensfall würde nicht genehmigt werden.

Durch diese im Gesetzestext als „Schutzvorschriften“ deklarierten Regeln sind die betroffenen Flächen praktisch unverkäuflich und damit faktisch wertlos geworden. Betroffene Grundstücksbesitzer sprechen daher von einer Teilenteignung ohne erkennbare Notwendigkeit. J.H.

(siehe Seite 5)


Vertriebene ausgeladen
Festredner zum Tag der Heimat im Würzburger Rathaus unerwünscht

Die Stadt Würzburg hat einen für den 3. Oktober vorgesehenen Rathaus-Empfang für den Bund der Vertriebenen (BdV), anlässlich des Tages der Heimat „aufgrund aktueller Ereignisse“ abgesagt. Tatsächlicher Grund ist jedoch der Auftritt des Publizisten Michael Paulwitz als Festredner bei der Gedenkfeier des BdV. Paulwitz sei, so Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU), wegen seiner politischen und publizistischen Aktivitäten im Rathaus unerwünscht. Konkret bezieht er sich dabei auf Artikel, in denen sich Paulwitz kritisch mit der Asylpolitik auseinandersetzt. Auch verübeln ihm die Stadtväter seine Mitgliedschaft im baden-württembergischen Landesvorstand der „Republikaner“. Die Stadt Würzburg dagegen heiße Flüchtlinge willkommen und wolle „jede Verbindung zu ausländerfeindlichen Akteuren, Äußerungen oder Verhaltensweisen vermeiden“, hieß es aus dem Rathaus.

Wohl von Presseberichten über den „rechtskonservativen Redner“ beeinflusst, waren zuvor schon andere Politiker auf Distanz zu der Veranstaltung gegangen. So hatte Würzburgs Landrat Eberhard Nuß (CSU) seine Teilnahme abgesagt, und der SPD-Landtagsabgeordnete Volkmar Halbleib, vertriebenenpolitischer Sprecher seiner Fraktion und selbst Mitglied der Sudentendeutschen Landsmannschaft, hatte dem BdV in einem Schreiben vorgeworfen, mit der Einladung von Paulwitz den Anliegen der Vertriebenen einen Bärendienst erwiesen zu haben.

Da sich Würzburg mit dem Schicksal von Flüchtlingen und Vertriebenen „gestern, heute und in Zukunft“ verbunden fühle, hat Oberbürgermeister Schuchardt den BdV „herzlich zu einem Empfang zu anderer Zeit ins Rathaus“ eingeladen. Dieser werde unter dem Motto „Nie wieder Krieg und Vertreibung“ stehen. J.H.


Jan Heitmann:
Unvergessen

Die Nachricht kam zum Redaktionsschluss: Siegfried Lenz, einer der bedeutendsten und meistgelesenen Schriftsteller der deutschsprachigen Nachkriegs- und Gegenwartsliteratur, ist tot. Für eine ausführliche Würdigung bleibt nicht die Zeit, sie ist der kommenden Ausgabe dieser Zeitung vorbehalten. Im Jahre 1926 im ostpreußischen Lyck geboren, war Lenz ein Kind seiner Zeit, dementsprechend geprägt von den Zeitumständen mit all ihren Höhen und Tiefen. In vielen seiner Werke, vor allem aber in seinen Romanen „Deutschstunde“ und „Heimatmuseum“, ging er diesen selbst erfahrenen Umständen auf den Grund, ohne sich dabei wie ein Günter Grass als selbstgefälliger Ankläger seiner Zeitgenossen aufzuspielen. Wie dieser jedoch positionierte er sich auf der Seite der Sozialdemokratie und unterstützte öffentlich die Ostpolitik Willy Brandts, wodurch er in politischen Gegensatz zu vielen seiner ostpreußischen Landsleute geriet.

Der vielfach, unter anderem mit dem Kulturpreis der Landsmannschaft Ostpreußen, Ausgezeichnete war das, was man heute einen „Großschriftsteller“ nennt, und doch ein Mann der leisen Töne. In seinen Werken, vor allem aber als Mensch. Seiner geliebten Heimat Ostpreußen ist Lenz auf seine Weise stets treu geblieben. Seine Vorstellungen von einer Partnerschaft zwischen deutschen und jetzt polnischen Städten sind längst Teil der landsmannschaftlichen Arbeit als Basis für ein friedliches Miteinander geworden. Literatur war für Lenz „Speicher und Fundus unserer Welterfahrung. Aufbewahren, was du gesehen, erlebt, durchstanden hast: Erinnern, wenn Vergessen großgeschrieben wird“. Siegfried Lenz jedenfalls wird unvergessen bleiben.


S. 2 Aktuell

Nicht mehr Herr im eigenen Haus?
Kaum Akteneinsicht für NSA-Bundestagsuntersuchungsausschuss – Auch neue EU-Kommissarin gibt Rätsel auf

Ein halbes Jahr, nachdem der NSA-Bundestagsuntersuchungsausschuss seine Arbeit aufgenommen hat, mehren sich die Zweifel am Aufklärungswillen der Bun-desregierung. Vom Bundestag einhellig damit beauftragt aufzudecken, was die deutsche Regierung von der flächendeckenden Überwachung des US-Geheimdienstes NSA gewusst hat und wie viel der Bundesnachrichtendienst (BND) selbst überwacht, stoßen die Aufklärungsbemühungen auf immer neue Hindernisse.

Zu Beginn waren es vor allem umfangreiche Schwärzungen in angeforderten Akten, die in dem Gremium für Verärgerung sorgten. Wie weit diese Praxis geht, hat inzwischen Hans-Christian Ströbele vorgeführt, der für die Grünen im Ausschuss sitzt. Eigentlich zur Verschwiegenheit verpflichtet, konnte der Abgeordnete bedenkenlos aus einer von der Bundesregierung bereitgestellten Geheimakte zitieren. An Lesbarem enthielt das Schreiben nur die Worte: „Sehr geehrte Damen und Herren, in der obigen Angelegenheit teilen wir ihnen Folgendes mit …“ Es folgten vier geschwärzte Seiten und als Abschluss dann wieder unzensiert: „Mit freundlichen Grüßen“. Nach Angaben von „Linken“ und Grünen soll es ganze Ordner geben, die „zur Wahrung von Staatsinteressen“ nur aus derartigen Schwärzungen bestehen. Selbst der Union scheint diese Praxis der Bundesregierung zu weit zu gehen. „Das ist richtig viel, das ist so nicht haltbar, auch rechtlich nicht“, so der Ausschussvorsitzende Patrick Sensburg (CDU).

Inzwischen hat die Bundesregierung für zusätzliche Verärgerung gesorgt, indem sie die Einsicht in Hunderte Aktenordner sogar komplett verweigert. Angeführt wird, dass in den Dokumenten ausländische Interessen berührt seien, so dass die entsprechenden Staaten zuerst einmal um Erlaubnis gefragt werden müssten. Hintergrund ist, dass der BND offensichtlich eine Reihe von Vereinbarungen mit ausländischen Geheimdiensten über eine Zusammenarbeit getroffen hat. In bilateralen Geheimschutzabkommen ist festgelegt, wie gemeinsame Geheimnisse der Kooperation behandelt werden sollen. So wurde etwa mit Großbritannien vereinbart, dass die Regierung, sofern die andere Seite nicht schriftlich zugestimmt hat, „Verschlusssachen weder bekannt geben oder nutzen noch ihre Bekanntgabe oder Nutzung gestatten“ darf.

Die von der Bundesregierung angeführte Begründung weist allerdings eine entscheidende Schwachstelle auf: Bei dem Bundestagsausschuss handelt es sich keineswegs um eine „Öffentlichkeit“ im herkömmlichen Sinn, sondern um ein parlamentarisches Kontrollinstrument. Die beteiligten Abgeordneten sind zur Verschwiegenheit verpflichtet und dürfen selbst in Dokumente der höchsten Geheimhaltungsstufe Einsicht nehmen. Sollte sich die Bundesregierung mit ihrer Interpretation durchsetzten, droht der NSA-Untersuchungsausschuss als Farce zu enden. Leicht absehbar ist nämlich, wie die Antwort ausfällt, wenn bei der US-Regierung angefragt wird, ob die Bundestagsabgeordneten Zugang zu deutschen Akten mit NSA-Bezug erhalten dürfen.

Die Frage, wie weit der Einfluss Washingtons geht, stellt sich indessen nicht nur angesichts des Agierens der Bundesregierung in Sachen NSA-Aufklärung. So ist in Brüssel im Zuge der Zusammenstellung der neuen EU-Kommission der Vorwurf laut geworden, die bisherige EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström habe in der Vergangenheit versucht, im Einklang mit der US-Regierung die Reform des EU-Datenschutzes zu verwässern. Wie der „Spiegel“ berichtet, soll dieser Verdacht nicht nur auf eine E-Mail des US-Handelsministeriums vom 12. Januar 2012 gestützt sein. So soll eine anonyme Quelle aus der EU-Kommission Malmströms Nähe zu den Amerikanern bestätigt haben. Die Schwedin habe „alles versucht, die Datenschutz-Reform zu verzögern und abzuschwächen“. Auch EU-Abkommen mit den USA wie Swift oder die Vereinbarung über den Austausch von Fluggastdaten zur Terrorabwehr habe Malmström „ohne wirksame Sicherheiten für Europas Bürger auf die Schnelle begrüßt und einfach durchgewunken“.

Kein Wort verliert der „Spiegel“ indes darüber, dass Malmström mit einem anderen Thema noch sehr viel mehr aufgefallen ist: Wie kaum jemand anders in Brüssel hat sich die bisherige EU-Innenkommissarin für mehr Einwanderung nach Europa stark gemacht.

Laut geworden ist der Vorwurf, Malmström agiere faktisch als „Trojaner“ Washingtons vor dem Hintergrund, dass sie als designierte EU-Handelskommissarin bald für die sensiblen Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada zuständig sein soll. Die Marschrichtung, die Malmström in dieser Frage einschlagen will, ist inzwischen bei ihrer Anhörung im EU-Parlament deutlich geworden. Gegen den Wunsch der SPD sprach sich die Schwedin dagegen aus, die Freihandelsvereinbarung der EU mit Kanada noch einmal aufzuschnüren. Das Festhalten an dem umstrittenen Punkt Investorenschutz scheint Malmström sogar so wichtig zu sein, dass sie einen Konflikt mit dem neuen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker riskiert, der sich laut dem „Spiegel“, „ein klares Zitat gegen Investorenschutz“ wünscht. Norman Hanert


»... und sofort sind Sie ein Rassist«
Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln über die Folgen der islamischen Zuwanderung

Erfrischend und unterhaltsam war die Buchvorstellung von Heinz Buschkow-skys neuem Werk „Eine andere Gesellschaft“ in der Berliner Urania. Im Unterschied zur Vorstellung seines Erstlingswerks „Neukölln ist überall“ im Jahr 2012 ebenfalls in der Urania fehlten diesmal linke Krawallmacher vor der Tür. Der große Saal war gut gefüllt, allerdings nur mit vorwiegend älterem deutschen Publikum.

Das Gespräch auf der Bühne mit dem wackeren Neuköllner Bezirksbürgermeister und Sozialdemokraten führte diesmal die Fernsehjournalistin Düzen Tekkal. Sie ist in Hannover geboren, kurdisch-jesidischer Herkunft und hat sich bereits mehrfach in Fernsehbeiträgen ohne Scheuklappen mit Integrationsproblemen bei muslimischen Zuwanderern befasst. Titel ihrer Beiträge lauteten etwa „Schattenjustiz in Deutschland – wie sogenannte Friedensrichter bei Verbrechen unter Muslimen schlichten“, „Vielweiberei mitten in Deutschland – wie sich viele Migranten die Kosten ihrer Mehrfachehe über Hartz IV bezahlen lassen“ oder „Ehrenmord an homosexuellem Türken“. Kurz vor der Buchvorstellung mit Buschkowsky war Tekkal noch bei Dreharbeiten im syrisch-irakischen Grenzgebiet, um über das Morden der Terrormiliz Islamischer Staat und das Schicksal der Flüchtlinge zu berichten. Düzen Tekkal hat als drittes von elf Kindern („Meine Eltern haben tatsächlich eine Fußballmannschaft großgezogen“) den Universitätsabschluss geschafft. „Auch mein Ticket zur Freiheit war die Bildung“, erklärte sie in der Diskussion mit Buschkowsky über die Schulprobleme von Zuwandererkindern.

„Die andere Gesellschaft“ – dieser Buchtitel sei bewusst mehrdeutig, erklärte Buschkow-sky. „Die andere Gesellschaft kann die sein, die sich in den letzten Jahrzehnten in unserem Land ganz allgemein entwickelt hat. Die sich aber, wie ich finde, ein gehöriges Stück von der entfernt hat, die mich mit ihren Werten geprägt hat“, schreibt er in seinem Vorwort. Es könne sich aber auch auf die Gesellschaft anderer Ethnien beziehen, die mit ihren kulturellen, religiösen und zivilisatorischen Eigenheiten inzwischen auch unseren Alltag prägten. Womit Buschkowsky vor allem den Neuköllner Alltag meint, von dem die meisten Deutschen kaum etwas wissen, weshalb sie gerade sein Buch lesen sollten. „Neukölln ist näher als du denkst“, hatte er auch schon einmal gesagt.

„Als ich heute ins Büro fuhr“, schreibt er in dem neuen Buch, „kam mir auf dem Fußweg eine Frau entgegen. Sie schob einen Kinderwagen: An ihrer linken Hand lief ein drei- bis vierjähriges Mädchen. Nichts Außergewöhnliches eigentlich. Wenn da nicht das lange wallende Gewand und der Gesichtsschleier gewesen wären. Nur ein klitzekleiner Schlitz für die Augen gab der Frau die Möglichkeit, sich zu orientieren. Man konnte nur ahnen, dass es sich um ein weibliches Wesen handelt. Die Dame trug einen Niqab.“ Einige Zeit später habe er aus seinem Bürofenster geschaut: „Auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig liefen zwei Frauen mit Kinderwagen, die beide mit einer Burka vollverschleiert waren. Ich habe diese Situation als ausgesprochen symbolträchtig empfunden.“

Buschkowsky schreibt und redet ungeschminkt und mit Mutterwitz. Herzerfrischend klar und mit gesundem Menschenverstand benennt er die Probleme. Düzen Tekkal brauchte ihm auf dem Podium gar nicht viele Fragen zu stellen, denn Hauptdarsteller Buschkowsky taugte auch als Alleinunterhalter. Um „die andere Gesellschaft“ besser zu erkunden, hat er in Neukölln zahlreiche protokollierte Gespräche geführt, darunter mit Imamen, einem Intensivtäter, Sozialarbeitern, Lehrern, Islam-Experten und vielen Zuwanderern gerade aus dem „islamischen Kulturkreis“. 1500 eng beschriebene Seiten umfassten die Abschriften, erklärte eine Vertreterin des Ullstein-Verlages. Buschkowsky schildert die harte Realität und hält dabei mit seiner Meinung nicht hinterm Berg. Er nennt Daten und Fakten besonders zu Neukölln, angefangen von der demografischen Entwick-lung, der Arbeitslosen- und Kriminalitätsrate, der Schulsituation oder der häuslichen Gewalt. Auch das Versagen der Justiz in Berlin spart er nicht aus.

Für die besonders im Zusammenhang mit der islamischen Zuwanderung herrschende „Political Correctness“ hat er bissig-ironische Wendungen parat. Zugleich weist er auch auf das teils erhebliche Mobbing hin, dem kritische Stimmen ausgesetzt sind. Buschkowsky: „Hochkonjunktur hat im Moment der links definierte Rassismus. Nichts können Sie sich schneller verdienen als den Titel Rassist. Allein das Kaufen und Lesen dieses Buches macht Sie schon verdächtig.“

Michael Leh


MELDUNGEN

Bundestag soll mitreden können

Brüssel – Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CSU) hat der Generalsekretärin der EU-Kommission, Catherine Day, einen Protestbrief zukommen lassen, in dem er moniert, dass der EU-Fortschrittsbericht zur Türkei vorerst nur in Englisch veröffentlicht wird. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages müssten in der Lage sein, sich an der Diskussion zur möglichen EU-Beitrittsreife der Türkei beteiligen zu können. Da das Thema so komplex sei, könne man nicht erwarten, dass die deutschen Parlamentarier mit ihren normalen Englischkenntnissen den EU-Bericht komplett erfassen können. Zudem sei Deutsch die in der EU am häufigsten gesprochene Muttersprache, und somit sei es nicht hinnehmbar, dass wichtige EU-Papiere oft nur in englischer Sprache vorgelegt würden. Bel

 

Mehr Socken für Gefangene

Hamm – Ein Strafgefangener kostet den Steuerzahler je nach Bundesland bis zu 200 Euro am Tag. Das Oberlandesgericht Hamm hat mit einem Urteil dafür gesorgt, dass es noch mehr wird. Die Richter des 1. Strafsenats wiesen die Vollzugsbehörde an, einem klagenden Häftling auf sein Verlangen Unterwäsche und Socken für einen täglichen Wechsel bereitzustellen. Bis dahin hatte ihm die Justizvollzugsanstalt lediglich vier Garnituren Unterwäsche und zwei Paar Socken zugestanden, da mit dieser zur Verfügung gestellten Ausstattung Gesundheit und Hygiene Rechnung getragen sei. Das Gericht jedoch vertrat die Auffassung, dass der tägliche Wechsel von Unterwäsche und Socken heutzutage als gesellschaftliche Norm beziehungsweise zumindest als wünschenswert gelte. Eine andere Handhabung laufe auch dem vollzug-lichen Ziel zuwider, dem Gefangenen zu helfen, sich nach der Haftentlassung in das Leben in Freiheit einzugliedern. J.H.


S. 3 Preussen/Berlin

Berlin Alexanderplatz
von Vera Lengsfeld

An diesem warmen und sonnigen Oktoberanfang gab es am Alexanderplatz zwei Veranstaltungen, die gegensätzlicher nicht sein konnten. Auf einem Pappschild wurde verkündet, dass es sich bei der Ansammlung von Fress-, und Kitschbuden um ein „Oktoberfest“ handele. Warum man das größte Sauffest der Welt auch noch in Berlin nachäffen muss, ist unklar.

Nicht nur das Fehlen der feschen Dirndl und der Krachledernen lassen das Ganze schäbig erscheinen. Vor allem die zahlreichen Wohlstandsverwahrlosten, die sich schon seit dem Vormittag im Koma-Saufen üben, tragen zur Tristesse bei, die gewiss nicht sexy ist. Das scheinen auch die Besucher aus aller Welt so zu sehen, die, aus Richtung Schloss kommend, am Alexanderplatz wieder umkehren.

Dagegen bietet sich an der Weltzeituhr ein ungewohntes Bild. Hier haben sich zahlreiche Aktivisten der vergessenen Opfergruppen der DDR versammelt. Zwangsadoptierte Kinder, Mütter, die nach 30 Jahren immer noch auf der Suche nach ihren Kindern sind, die ihnen einst nach einem misslungenen Republikfluchtversuch weggenommen wurden. Heimkinder und Insassen von Jugendwerkhöfen, die auf ihr schweres Schicksal aufmerksam machen. Zählt man sie zusammen, kommt man auf einige Monate Dunkelhaft im Teenageralter.

Bisher sind diese Menschen übersehen worden, als es um die Rehabilitierung der politisch Verfolgten des SED-Regimes ging.

Waren die Jugendwerkhöfe nicht von Schwererziehbaren bevölkert, die auf den rechten Weg geführt werden sollten und die dort sogar eine Berufsausbildung machen konnten? Sind die Kinder nicht von verantwortungslosen Eltern beim versuchten Grenzübertritt einer tödlichen Gefahr ausgesetzt worden?

Hat es überhaupt Zwangsadoptionen gegeben, was die Verantwortlichen bis heute bestreiten? Ja, sagt eine Expertin der Stasiunterlagenbehörde, aber es seien nur wenige Fälle gewesen, eine vernachlässigbare Größe.

Nun stehen die Repräsentanten dieser vernachlässigbaren Größe auf dem Alex und klären über ihr schweres Schicksal auf.

Die Passanten sind geschockt. Für die meisten war, was sie hier hören und lesen konnten, ganz neu. Es melden sich aber auch ehemalige Jugendwerkhofinsassen und fragen, wohin sie sich wegen Unterstützung wenden können.

Dass diese beeindruckende Demonstration zustande kam, ist vor allem der Energie von Katrin Behr zu verdanken, selbst eine Zwangsadoptierte, die ihr Martyrium in dem Buch „Entrissen“ geschildert hat, und die jetzt anderen hilft, sich ebenfalls zu artikulieren. Ziel ist, dass die vergessenen Gruppen bei der Novellierung des Rehabilitierungsgesetzes berücksichtigt werden.


Nahostkonflikt erfasst Neukölln
Sunniten gegen Schiiten: Moslemische Hassprediger tragen Kriegsrhetorik nach Berlin

Längst trägt die Propaganda des Islamischen Staates (IS) auch in Berliner Problemvierteln mit hohem Moslem-Anteil Früchte. Dass den Hasspredigten auch hierzulande blutige Taten folgen, dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein.

Schon jetzt lässt sich der Berliner Bezirk Neukölln unschwer als künftiger Brennpunkt ausmachen. Wie der „Tagesspiegel“ berichtet, sind in Problemgebieten wie dem Rollbergviertel zwischen Hermann- und Karl-Marx-Straße die Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Sunnitische und schiitische Moscheen heizten die ohnehin vorhandene Stimmung an und vertieften die Spaltung weiter.

Ebenso unübersehbar sind die Versuche von Salafisten, Jugendliche in ihre Moscheen zu locken und für den „Heiligen Krieg“ zu begeistern. So berichten Sozialarbeiter, dass Jugendliche inzwischen immer öfter gezielt in Fitnessstudios oder auf Fußballplätzen angesprochen und „zum Tee“ in die Moschee eingeladen werden. Auch wenn bei Weitem nicht alle Moscheen hasspredigenden Salafisten zugerechnet werden können, so sind doch die Abgrenzung gegenüber der vermeintlich verdorbenen deutschen Gesellschaft und die Ablehnung demokratischer Werte auch in angeblich gemäßigten Moscheen weit verbreitet.

„Die Salafisten breiten sich aus wie eine Krake“, so Arnold Mengelkoch, der „Migrationsbeauftragte“ im Bezirk Neukölln. Als regelrechter Magnet für Salafisten hat sich die Neuköllner Al-Nur-Moschee etabliert. Dort predigt nicht allein der Imam Abdul Adhim Kamouss, der unlängst mit seinem Auftritt in der ARD-Talk-Sendung von Günther Jauch für Schlagzeilen sorgte. Das Neuköllner Haus diente auch schon einem aus Dänemark angereisten Iman als Podium, um in einer Predigt zur „Auslöschung“ Israels aufzurufen. Mit gutem Grund geben sich Staats- und Verfassungsschützer vor der Al-Nur-Moschee mittlerweile seit Jahren sprichwörtlich die Klinke in die Hand.

Ins Visier der Sicherheitsbehörden ist die Moschee unter anderem deswegen geraten, weil eine Gruppe von Islamisten, die 2009 in ein pakistanisches Terrorlager reiste, zuletzt in der Neuköllner Einrichtung verkehrt haben soll. Anlaufpunkt war die Al-Nur-Moschee ebenso für Denis Cuspert, der unter seinem Künstlernamen Deso Dogg als sogenannter Gangsta-Rapper in der Vergangenheit zu eher bescheidener Berühmtheit gelangt war. Bevor sich Cuspert 2010 dem salafistischen Islam zuwandte, war er durch Diebstähle, Einbrüche, Raub, Erpressung, Körperverletzung und sogar Totschlag ins Visier der Polizei geraten. In jenem Jahr suchte Cuspert Kontakt zu Salafisten-Gruppen in Berlin. Bei seinen regelmäßigen Besuchen in der Al-Nur-Moschee soll er unter anderem auf den Salafisten-Prediger Pierre Vogel getroffen sein. Inzwischen nach Syrien ausgereist, sorgt Deso Dogg mit martialischen Videobotschaften als eine Art Vorzeige-Dschihadist für Schlagzeilen. Nach Erkenntnissen des Berliner Verfassungsschutzes gehört der 38-Jährige mittlerweile zum engeren Kreis der Kämpfer des Islamischen Staates mit direktem Zugang zu dessen Führungskreisen.

Der Werdegang kann in gewisser Hinsicht als beispielhaft gelten. Mit Blick auf ein Missionierungsseminar für Jugendliche, das 2010 in der Al-Nur-Moschee angeboten wurde, urteilte das „Zentrum Demokratische Kultur“: Zwar wendeten sich Jugendliche von Kriminalität und Drogen ab, aber gleichzeitig werde ihnen eine antidemokratische und fundamentalistische Weltsicht verpasst. So wie Cuspert, alias Deso Dogg, sind nach Erkenntnissen des Berliner Landeskriminalamts inzwischen „Personen im mittleren zweistelligen Bereich nach Syrien ausgereist, um dort an Kampfhandlungen teilzunehmen oder den Widerstand in sonstiger Weise zu unterstützen“. Die inzwischen angelaufenen Luftschläge einer US-geführten internationalen Koalition gegen den Islamischen Staat scheinen diese Entwicklung nicht etwa abzuschwächen, sondern noch zu verstärken. Wie die israelische Zeitung „Haaretz“ berichtet, ist es dem Islamischen Staat gelungen, seit Anfang der US-geführten Luftangriffe 6000 neue Kämpfer zu rekrutieren. Ein Großteil der ausländischen Freiwilligen gelangten über das türkische Antalya nach Syrien, so „Haaretz“ in einem Bericht vom 19. September.

Nach Ansicht des Verfassungsschutzes geht zwar die größte Gefahr von den Islamisten aus, die aus den Kriegsgebieten Syrien und Irak nach Deutschland zurückkehren. Auf lange Sicht nicht unterschätzt werden sollte aber auch die Wirkung der Hass-Propaganda von Terrororganisationen wie dem Islamischen Staat oder der Al-Nusra-Front auf die hiergebliebenen islamistischen Jugendlichen. Als alarmierendes Zeichen kann etwa ein Mordaufruf durch den Sprecher des Islamischen Staates, Abu Mohammed al-Adnani, gelten. Bereits Ende September hatte er ganz offen zur Tötung von Bürgern der Staaten aufgefordert, die sich der internationalen Koalition gegen die Terrormiliz angeschlossen haben. Offenbar gezielt auf Einzeltäter kalkulierend wurde dazu aufgefordert, „ungläubige Amerikaner oder Europäer“ zu töten. Norman Hanert


Desinformation im RBB
Linke Propagandasendung zeichnet Görlitzer Park als Idyll

Ein Musterbeispiel linker Desinformation hat der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) am 27. September ausgestrahlt. „Mehr als Gras – der Görlitzer Park“ hieß die halbstündige Fernsehsendung der Autoren Simone Brannahl und Philip Rückriem.

„Der Park im Herzen von Kreuzberg, der oft nur mit Drogen und Kriminalität in Verbindung gebracht wird, ist für die meisten Anwohner ein wunderbarer Platz zum Erholen, Sport treiben, Spielen, Genießen, Abhängen und Feiern“, wurde der Film angekündigt. Ein Reporterteam habe das multikulturelle Treiben im Park 24 Stunden lang begleitet.

Wie der Görlitzer Park dann schönfärberisch als Idylle dargestellt wurde, wird kaum von Sendungen des chinesischen Staatsfernsehens über Tibet übertroffen. Dass im Kriminalitätsschwerpunkt „Görli“, einem weitgehend rechtsfreien Raum, mit Drogen gehandelt wird, konnten die Autoren natürlich nicht verschweigen. Doch wurde schon absichtlich nicht gezeigt – was für jeden Parkbesucher unübersehbar ist –, dass bereits an den Eingängen afrikanische Drogenhändler Spalier stehen, um Kunden anzusprechen. Ein Schwarzer konnte im Interview unwidersprochen erklären, dass er ohne Dealen ja in Deutschland nicht überleben könne.

Dass sich der Mann aus Gambia illegal in Berlin aufhält, weil er über Italien einreiste und deshalb dort einen Asylantrag stellen müsste, wollten die Autoren nicht kritisieren. Bewusst wurden nur solche Parkbesucher befragt, die – abgesehen vom Thema Drogenhandel – den „Görli“ in den schönsten Farben malen. „Es ist eine schöne Ecke“, erklärte einer. Ein anderer: „Der Görlitzer Park ist einfach ein Stück Freiheit in Berlin.“

Das RBB-Team zeigte Hasen, die über die Wiese hoppeln, und Frauen im Bikini. Ein älterer Herr, dem „nichts entgeht“, regte sich nur darüber auf, dass der Müll nicht immer richtig entsorgt werde. Ein Student freute sich, „dass es so einen tollen Park in dieser Stadt gibt“.

Komplett ausgespart wurde in der Sendung die erhebliche Gewaltkriminalität im und um den Görlitzer Park, der oft nicht erst nachts gefährlich ist. Pikanterweise wurde erst drei Tage vor Ausstrahlung der Sendung das Kamerateam eines Fernsehsenders – vielleicht sogar des RBB – im Park mit Flaschen und Pflastersteinen angegriffen.

Michael Leh


Stöß prescht vor
100-Punkte-Programm zu Wowereit-Nachfolge

Berlins SPD-Chef Jan Stöß will Noch-Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) nachfolgen. Der Jurist empfiehlt sich jetzt der Parteibasis, die noch diesen Herbst per Mitgliederentscheid den Kandidaten fürs Rathaus küren wird, mit einem 100-Punkte-Programm.

Das Papier wirbt für eine engere Partnerschaft mit Brandenburg. Stöß verspricht, die „Kooperation auf eine neue Grundlage zu stellen“, und rühmt sich eines guten Kontakts zu Dietmar Woidke, dem SPD-Ministerpräsidenten der Mark. Tatsächlich geht es ihm neben der eigenen Rolle in der Wowereit-Nachfolge vor allem um den Chaos-Flughafen BER. Die Kooperation beider Länder sei „Erfolgsbedingung“ für dessen Fertigstellung.

Die „Glückwünsche nach Brandenburg“ der Berliner Genossen an Woidke, die Stöß nach dessen Wahlsieg schon vor Tagen übermittelte, stoßen SPD-intern auf Kritik, weil sie wie eine voreilige Regierungserklärung klangen. Kurz zuvor hatte Stöß eine „Neukonstituierung“ des Senats gefordert. Der Senat habe die Bezirke „schlecht behandelt“, so der Politiker. Viele SPD-Landespolitiker klagen über Stöß’ ständigen Hang zur innerparteilichen Opposition.

Während der parteiinterne Konkurrent Raed Saleh sich mit einem Werbebrief eher unbeholfen an die Genossen wandte, muss Stöß aufpassen, nicht als Abwickler der Koalition wahrgenommen zu werden, die er laut dem Papier fortsetzen will. Die CDU wollte den Erhalt des 100-Punkte-Programms nicht bestätigen und auch Woidke sagte nichts zu dem Papier. Inhaltlich wärmt das Programm vor allem Beschlüsse des Senats auf. SV


»Gaza-Streifen« in Brandenburg

Der Fall einer Familie mit Kind, die in einem Brandenburger Regionalzug brutal von drei jungen Männern attackiert worden ist, hat bundesweit für Aufsehen gesorgt. Recherchen des „Spiegel“ haben allerdings ergeben, dass Gewalt in Brandenburgs Regionalzügen keine Ausnahme zu sein scheint. „Bei uns in Brandenburg gibt es ganze Streckenabschnitte, die wir intern nur noch den ,Gaza-Streifen‘ nennen“, so ein befragter Zugbegleiter, der bereits seit 24 Jahren in der Region Berlin-Brandenburg arbeitet. Ihm zufolge hat die Aggressivität in den Zügen so weit zugenommen, dass verbale und körperliche Angriffe mittlerweile an der Tagesordnung sind. Begleitende Sicherheitskräfte in den Zügen sind bereits vor einigen Jahren Sparmaßnahmen zum Opfer gefallen. Erwähnt wird in diesem Zusammenhang nicht nur, dass Zugbegleiter „immer wieder“ zusammengeschlagen werden, sondern auch die Häufung von Prügeleien zwischen Fahrgästen. N.H.


S. 4 Hintergrund

Peking vor neuer Herausforderung
Allein mit der Politik der harten Hand kann Chinas Führung in Hongkong nicht gewinnen

Die Demokratiebewegung in der Sieben-Millionen-Metropole Hongkong fordert das kommunistische Regime in Peking heraus. Dieses versucht, eine offen sichtbare Gewaltanwendung in dem Finanzzentrum zu vermeiden und die Oppositionsbewegung zunächst auf verdecktem Wege zu unterdrücken.

Wie der Leiter des China-Forschungsinstituts „Merics“ in Berlin, Sebastian Heilmann, erklärte, hat Peking seit 1997 ein umfassendes, im Alltag nicht sichtbares Informations- und Überwachungssystem in Hongkong aufgebaut. Dieses stütze sich auf eine große Zahl von Agenten, Informanten und womöglich auch Spezialeinsatzkräften in Zivil. Die verdeckt operierenden Kräfte würden versuchen, die Demonstrationsbewegung durch Agents provocateurs zu infiltrieren, zu spalten und durch gewaltsame Aktionen zu diskreditieren. Ein verdecktes Vorgehen habe für Peking den Vorteil, dass die eigene Rolle nicht unmittelbar nachweisbar sei. Heilmann betonte, Peking werde keinesfalls die Nominierung und Einsetzung eines KP-kritischen Hongkonger Verwaltungschefs dulden. In Hongkong ist auch eine Garnison der „Volksbefreiungsarmee“ stationiert.

Sobald in offiziellen Verlautbarungen Pekings die Begriffe „nationale Abspaltung“ und „Separatismus“ vorkämen, werde die Lage extrem gefährlich. Der Einsatz militärischer Gewalt würde dann sehr wahrscheinlich.

Derzeit hält es Heilmann für denkbar, dass Peking einen hochrangigen Sonderbeauftragten – etwa im Range eines stellvertretenden Ministerpräsidenten – entsendet, um mit der Verwaltung in Hongkong und Vertretern der Demonstranten zu verhandeln. „Dies wäre eine ungewöhnliche Konzession der Pekinger Regierung, die es nicht gewohnt ist, mit Demonstranten direkt zu verhandeln. Allerdings gibt es Erfahrungen mit solchen Verhandlungen auf Provinz- und Großstadtebene“, so Heilmann.

Ein Kompromiss könne vielleicht so aussehen, dass Peking die Hongkonger Bevölkerung Kandidaten für das Amt des Verwaltungschefs durch Unterschriftensammlung benennen lasse. Die Wahl des Verwaltungschefs selbst müsse aus Pekinger Sicht jedoch von einem kontrollierbaren Nominierungsausschuss vorgenommen werden.

Der Verwaltungschef Hongkongs, Leung Chun-ying, hat bislang erklärt, an den Vorschriften zur Wahl eines Amtsnachfolgers werde nichts geändert. Die Oppositionsbewegung fordert, dass ein Verwaltungschef ohne Vorauswahl durch ein Komitee gewählt werden dürfe. Im „Basic Law“, dem Grundgesetz Hongkongs, ist dabei in Artikel 45 zwar von „allgemeinen Wahlen“ bezüglich des Verwaltungschefs die Rede. Allerdings wird auch hier bereits von einem „weitgehend repräsentativen“ Nominierungskomitee gesprochen. Bestimmungen über dessen Zusammensetzung sicherten schon bisher ab, dass nur ein Peking genehmer Verwaltungschef amtiert.

Der „Ständige Ausschuss“ des Pekinger Volkskongresses hat gemäß Artikel 158 des „Basic Law“ das Recht, selbiges auszulegen. Am 31. August hatte der Ausschuss erklärt, für die Wahl des Hongkonger Verwaltungschefs müsse ein Nominierungskomitee „zwei bis drei“ Kandidaten aussuchen. Von dem Verwaltungschef wird auch verlangt, dass er „das Land“ – gemeint ist die Volksrepublik China – „und Hongkong liebt“. Peking-Kritiker können so auch als „unpatriotisch“ gebrandmarkt und als Kandidaten ausgeschlossen werden. (Siehe auch Kommentar Seite 8.)

Michael Leh


Weltstadt mit Privilegien
Hongkong: Einst britische Kronkolonie, heute Chinas Tor zur Welt

Hongkong besteht aus der gleichnamigen Hauptinsel, der Halbinsel Kowloon und den in deren Hinterland gelegenen New Territories sowie 236 zum größten Teil unbewohnten Inseln. Der Meeresarm zwischen der Hauptinsel und dem Festland ist einer der besten Naturhäfen der Erde. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts war Hongkong ein unbedeutendes Fischerdorf, bis britische Kaufleute den Ort als Handelsplatz für Opium erschlossen, das sie gegen chinesische Seide, Silber, Gewürze und Tee eintauschten. Das moderne Hongkong entstand nach dem Sieg Großbritanniens über die chinesische Qing-Dynastie während des ersten Opiumkrieges im Jahre 1842. Im Vertrag von Nanking wurde Großbritannien von China das „ewige Besitzrecht“ an der Insel Hongkong übertragen, wodurch der Weg Hongkongs zur britischen Kronkolonie im folgenden Jahr geebnet wurde. Später wurden auch Kowloon abgetreten und die New Territories sowie die vorgelagerten Inseln für 99 Jahre an die Briten verpachtet.

Verwaltet wurde die Kronkolonie von einem Gouverneur als Vertreter des britischen Monarchen. Nach Gründung der Kolonie erlebte Hongkong ein rasches Bevölkerungswachstum, das ab 1911 in Folge der politischen Umbrüche und Kriege in China kontinuierlich zunahm und nach dem Zweiten Weltkrieg und der Ausrufung der Volksrepublik China seinen Höhepunkt erreichte. Während des Krieges war Hongkong von japanischen Truppen besetzt und die britische Souveränität erst im August 1945 wieder hergestellt.

Hunderttausende chinesische Einwanderer etablierten in der durch den Krieg schwer zerstörten und innerhalb weniger Jahre vollkommen verarmten Kronkolonie die Textil- und Produktionsindustrie. Dies führte dazu, dass auch die Wirtschaft in der wieder aufstrebenden Stadt stetig wuchs. Durch die Handelsliberalisierungen entwickelte sich Hongkong zu einer wichtigen Freihandelszone in Ostasien und mit der nach dem Tod Maos erfolgten Öffnung der chinesischen Wirtschaft gegenüber dem Weltmarkt wuchs die Bedeutung von Hongkong als internationalem Handelsplatz mit traditionellen Verbindung zum Westen weiter. Waren „Made in Hongkong“ wurden weltweit zu einem Begriff. In den 1980er Jahren entwickelte sich Hongkong zu einem internationalen Finanzzentrum.

Im Jahre 1984 schlossen Peking und London eine Vereinbarung über die für 1997 vorgesehene Rückgabe ganz Hongkongs an China. Rein rechtlich hatte die Volksrepublik lediglich Anspruch auf Rückübertragung der 1898 verpachteten New Territories. Dass Großbritannien auch der Forderung nach der Insel Hongkong und Kowloon nachkam, hatte politisch-diplomatische Gründe. In dem britisch-chinesischen Abkommen wurde zudem festgelegt, dass das bisherige Wirtschafts- und Gesellschaftssystem nach der Rückübertragung noch mindestens 50 Jahre fortbestehen solle. Seit dem 1. Juli 1997 ist Hongkong eine Sonderverwaltungszone der Volksrepublik China mit einem hohen Maß an Autonomie. Jan Heitmann


Schatten über Chinas Paradies

Ein Land, zwei Systeme“. Unter diesem Motto genießt Hongkong einen Autonomiestatus mit weitreichenden Freiheiten und Rechten sowie Lebensumständen, von denen andere Chinesen sonst nur träumen können. In der „Sonderverwaltungszone der Volksrepublik China“ herrschen Rede- und Versammlungsfreiheit, Wahlrecht, Pressefreiheit, Handelsfreiheit, eine unabhängige Justiz und Selbstverwaltung in Binnenangelegenheiten. Die Wirtschaft floriert und gemessen am Pro-Kopf-Einkommen rangieren die sieben Millionen Bürger der Metropole auf Platz 25 der Welt, weit vor den Festlandchinesen. Die Stadt ist für Reisende aus den meisten Ländern frei zugänglich, die Währung frei konvertierbar. Neben Chinesisch ist Englisch noch immer Umgangssprache.

Trotz der im Vergleich zum chinesischen Festland geradezu paradiesischen Zustände sind die Hongkonger unzufrieden. Grund ist die weiter ansteigende Bevölkerungsdichte, denn immer mehr Festlandchinesen zieht es nach Hongkong. Dadurch ist Wohnraum knapp, die Mieten und Immobilienpreise schießen in die Höhe. Die Universitäten sind mit Studenten vom Festland überfüllt. Auch die Krankenhäuser sind überbelegt, weil Festlandchinesen sich wegen der höheren medizinischen Standards in Hongkong behandeln lassen.

Dadurch verschlechtert sich das ohnehin gespannte Verhältnis zwischen den Hongkongern, die durch die Rückübertragung ihre „Staatsbürgerschaft der Britischen Abhängigen Gebiete“ verloren haben, und den Festlandchinesen. Es ist der aufgestaute Unmut, der die Hongkonger auf die Straße treibt. Der Versuch Pekings, das Recht zur freien Wahl ihres Verwaltungschefs zu beschneiden, war nur der Funke, der den Brand entfacht hat. J.H.


Zeitzeugen

Margaret Thatcher – In der Hongkong-Frage hatte die von 1979 bis 1990 regierende britische Premierministerin vergeblich gehofft, dass die Politik der Öffnung in China dazu führen könnte, dass Peking die britische Herrschaft über das Gebiet akzeptiert. Schließlich stimmte die „eiserne Lady“ der Rückgabe nicht nur zu, sondern gab den Chinesen aus außenpolitischen Gründen sogar mehr, als diesen zustand.

Joseph Zen Zen-kiun – Der emeritierte Bischof von Hongkong machte sich als Verfechter der demokratischen und religiösen Bürgerinteressen Hongkongs einen Namen. Schon die Ernennung des Kritikers der chinesischen Politik und der Stadtregierung Hongkongs war ein Politikum und sorgte 2002 weltweit für Aufsehen. Bis heute rät er dem Papst von einer China-Reise ab.

Deng Xiaoping – Der als Vater der Reform, Öffnung und Modernisierung Chinas geltende Altkommunist war von 1979 bis 1997 der faktische Führer des Riesenreiches. Eines seiner wichtigsten Ziele war die Rückgabe Honkongs. Er erkannte jedoch, dass eine Eingliederung der Metropole in die Volksrepublik nicht so einfach möglich und aus wirtschaftlicher Sicht auch nicht im Interesse Pekings war. Deshalb entwarf er das Modell „Ein Land, zwei Systeme“ und begann 1982 Verhandlungen mit der britischen Regierung.

Chris Patten – Als letzter Gouverneur der Kronkolonie Hongkong holte der mehrmalige Minister am 1. Juli 1997 die britische Flagge ein. Acht Jahre zuvor war es an ihm gewesen, den Hongkongern mitzuteilen, dass sie nach der Rückgabe der Stadt an China trotz britischen Passes kein ständiges Wohnrecht im britischen Mutterland bekämen. Danach setzte eine erste Auswanderungswelle vor allem in die USA und nach Kanada ein.

Leun Chun-ying – Der in Hongkong geborene und im englischen Bristol ausgebildete Manager ist seit 1. Juli 2012 Verwaltungschef der Sonderverwaltungszone Hongkong. Im Wahlkampf kam heraus, dass der Befürworter eines harten Vorgehens gegen Demonstranten Mitglied der Kommunistischen Partei Chinas ist. Seitdem gilt er als Mann Pekings und nicht als Vertreter der Interessen Hongkongs. Seine Popularitätswerte sinken beständig.


S. 5 Deutschland

Teilenteignung per EU-Richtlinie
Hochwasserschutzregeln machen Grundstücke faktisch wertlos – Eigentümer sprechen von Willkür

Im Zuge der Umsetzung der EU-Hochwasserschutzrichtlinie sieht das deutsche Recht gravierende Nutzungseinschränkungen für bestimmte gewässernahe Flächen vor. Für zahllose Grundeigentümer bedeutet das faktisch eine Teilenteignung.

Ihr vollständiger Titel liest sich sperrig wie alles, was von den EU-Bürokraten kommt: „Richtlinie 2007/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken.“ Und wie bei vielen EU-Vorschriften ist auch der Nutzen dieser Richtlinie umstritten. Dennoch sind die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, die Hochwasserrichtlinie stufenweise bis spätestens Ende 2015 umzusetzen, um „einen Rahmen für die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken zur Verringerung der hochwasserbedingten nachteiligen Folgen auf die menschliche Gesundheit, die Umwelt, das Kulturerbe und wirtschaftliche Tätigkeiten in der Gemeinschaft“ zu schaffen. Was unter Hochwasser zu verstehen ist, hat die EU gleich mit festgelegt: die „zeitlich beschränkte Überflutung von Land, das normalerweise nicht mit Wasser bedeckt ist“.

In Deutschland wurde die EU-Richtlinie zum 1. März 2010 durch eine Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) in nationales Recht umgesetzt. Dadurch wurden die Bundesländer verpflichtet, bis zum Ablauf des vergangenen Jahres durch Rechtsverordnung „für jede Flussgebiets-einheit“ Gebiete mit Hochwasserrisiko festzulegen. Was damit gemeint ist, definiert die EU-Richtlinie so: „Hochwasserrisiko ist die Kombination der Wahrscheinlichkeit eines Hochwasserereignisses und der hochwasserbedingten potenziellen nachteiligen Folgen.“ Laut WHG handelt es sich um ein Risikogebiet, wenn dort „ein Hochwasserereignis statistisch einmal in 100 Jahren zu erwarten ist“. Es geht also um Wahrscheinlichkeit, um theoretisch mögliche Folgen und nicht um eine real existierende Hochwassergefahr. Auf diese Weise kann auch ein seit Menschengedenken unauffällig dahinfließender Bach durch die Behörden zum potenziell gefährlichen Gewässer und zur Gefahr für Leib und Gut erklärt werden.

Eine weitere Stufe der Umsetzung der EU-Richtlinie ist die Erstellung von Gefahrenkarten, welche das mögliche flächenmäßige Ausmaß einer Überschwemmung in den bezeichneten Gebieten darstellen, und von Risikokarten, die deren mögliche Folgen veranschaulichen. Die Karten nehmen dabei auf verschiedene Szenarien Bezug, die über ihre Eintrittswahrscheinlichkeit definiert werden: Hochwasser mit niedriger, mittlerer und hoher Wahrscheinlichkeit. Alle Pläne sind regelmäßig im Abstand von sechs Jahren „unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Auswirkungen des Klimawandels auf das Hochwasserrisiko“ zu überprüfen.

Wer in einem der ausgewiesenen Überschwemmungsgebiete Grundeigentum hat, muss erhebliche Eingriffe in seine Rechte hinnehmen, denn das WHG legt für diese Flächen äußerst restriktive Nutzungseinschränkungen fest. Nach diesen vermeintlich bürgerfreundlich als „besondere Schutzvorschriften“ bezeichneten Regeln darf dort so gut wie nichts mehr verändert werden. Dass die Ausweisung neuer Baugebiete untersagt ist, dürfte den Anwohnern sogar entgegenkommen. Auch dass die Umwandlung von Grünland in Ackerland nicht mehr erlaubt ist, dürfte nur wenige schmerzen. Dass auf ihren Grundstücken nicht mehr gebaut werden darf und dass für Bestandsgebäude ein Veränderungsverbot gilt, das An- und Umbauten nur im begründeten Ausnahmefall und unter strengen Auflagen zulässt, wiegt hingegen schwer. Auch der Wiederaufbau eines Gebäudes nach einem Schadensfall würde nicht genehmigt werden. Sogar die Gartengestaltung ist erheblichen Einschränkungen unterworfen, denn es dürfen weder Baum- noch Strauchpflanzungen vorgenommen, noch darf die Erdoberfläche erhöht oder vertieft werden. Das Errichten von Mauern, Wällen oder ähnlichen Anlagen ist ebenfalls untersagt. Da auch die „nicht nur kurzfristige Ablagerung von Gegenständen“, die fortgeschwemmt werden könnten, verboten ist, darf ein Grundeigentümer nicht einmal Sandsäcke vorhalten, um im Falle der rein statistisch möglichen Überschwemmung sein Haus vor eindringendem Wasser schützen zu können.

Durch diese Regeln sind die betroffenen Flächen nur noch eingeschränkt nutzbar, damit kaum noch verkäuflich und schlussendlich faktisch wertlos geworden. Betroffene Eigentümer sprechen daher von einer Teilenteignung ohne jede erkennbare Notwendigkeit. Letztere wird nicht einmal von denjenigen erkannt, welche die Maßnahmen umsetzen müssen. Ein Hamburger Behördenmitarbeiter sagt es gegenüber der PAZ dann auch ganz deutlich: „Für den Hochwasserschutz bringt das gar nichts. Aber wir müssen den Schwachsinn nun einmal durchziehen.“ Kritik weisen die Behörden mit Verweis auf die Rechtsverordnungen der Bundesländer zurück. Diese wiederum berufen sich auf das Wasserhaushaltsgesetz. Und der Bund zeigt nach Brüssel. Das sei nun einmal übergeordnetes EU-Recht, das umgesetzt werden müsse. Auf allen Ebenen heißt es also, einem seien wegen der Rechtslage die Hände gebunden.

Viele betroffene Grundeigentümer wissen indes noch gar nichts von ihrem Glück, denn die Verwaltungen kommen ihrer in der EU-Richtlinie festgeschriebenen Informationspflicht nur zögerlich nach. Vereinzelt haben sich Betroffene zu Initiativen zusammengeschlossen. Ihr Ärger über die hinter ihrem Rücken angeordneten Maßnahmen ist groß: „Wir wehren uns gegen diese Willkür. Außer dass man im Winter in unmittelbarer Ufernähe mal nasse Füße bekommen kann, hat es hier noch nie eine Überschwemmung gegeben. Man behandelt uns wie entmündigte Untertanen, die man vor vollen­dete Tatsachen stellt“, empört sich die Anwohnerin eines Baches, der gegenwärtig fast auf ganzer Länge nahezu vollständig trockengefallen ist, gegenüber der PAZ. Dass die Anwohnerinitiativen viel erreichen werden, ist nicht sehr wahrscheinlich – wie immer, wenn es um die Durchsetzung des Regelungswahns der Brüsseler Bürokraten geht.

Jan Heitmann


»Mehr als satt und sauber!«
Kinderbetreuung: Hehrer Anspruch der Politik nur leeres Gerede

Gute frühkindliche Bildung ist einer der entscheidenden Faktoren für mehr Chancengleichheit“, schreibt das Bundesministerium für Bildung und Forschung. „Auf den Anfang kommt es an. Denn nie wieder lernen wir so viel und so schnell wie in den ersten Jahren unseres Lebens. Deshalb ist eine gute frühkindliche Bildung so wichtig“, betont das Land Baden-Württemberg. Und der „Focus“ zitiert Vera Reiß (SPD), Staatssekretärin im Bildungsministerium des Landes Rheinland-Pfalz, mit den Worten „Keine Mutter kann ihrem Kind das bieten, was eine Krippe bietet“. Auf Bundes- wie Landesebene preisen Politiker jeglicher Couleur die Vorteile, die frühkindliche Bildung den Kindern verschaffe. Doch schaut man an, wie dieses Ideal gelebt wird, dann ist die Ernüchterung schnell groß.

Studien bescheinigen laut der Wochenzeitung „Die Zeit“ nur zehn Prozent der Krippen, die Kleinkinder im Alter von ein bis drei Jahren besuchen, eine sehr hohe Qualität. Bei den Kitas, die Kinder ab drei Jahren bis zur Einschulung betreuen, sieht die Lage eher noch schlechter aus. Daher läuft in Hamburger Krippen und Kitas derzeit die Unterschriftenaktion „Wir wollen mehr als satt und sauber!“ Die Hoffnung des Kita-Netzwerks Hamburg, Druck auf die Politik auszuüben und die Qualität der Kinderbetreuung so zum Thema für die Bürgerschaftswahlen am 15. Februar 2015 zu machen, hat sich bisher nicht erfüllt. Ob die geplante Demonstration am 30. Oktober genügend Druck aufbauen kann, ist derzeit noch nicht absehbar.

Der rote Hamburger Senat ist überzeugt, dass eine Vollzeitkraft auf 7,6 Krippen-Kinder beziehungsweise 12,5 Kita-Kinder genügt. Dass angesichts von Urlaubs- und Krankheitstagen sowie unbesetzten Stellen aufgrund von Erziehermangel dieses Verhältnis in der Realität jedoch deutlich schlechter aussieht, wird nicht berücksichtigt. In einem Brandbrief an den Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) machten Hamburgs Erzieher daher am 2. Oktober auf ihre Situation aufmerksam. Ihre Darstellungen machen deutlich, dass frühkindliche Bildung angesichts der Personalsituation überhaupt nicht möglich ist.

Auch für Hamburger Eltern sind die Kinderbetreuungseinrichtungen zumeist eher Verwahranstalten als Orte der Bildung. Doch erstaunlicherweise ist der Widerstand – wie auch in anderen Bundesländern, wo die Situation ähnlich ist – überschaubar. Viele sind froh, überhaupt einen Platz für ihr Kind zu haben. Die meisten haben sich offenbar daran gewöhnt, dass die Sonntagsreden von Politikern mit der Realität nichts zu tun haben. Zudem kosten bereits die jetzigen Einrichtungen den deutschen Steuerzahler Milliarden. Allein in Hamburg sind es in diesem Jahr 560 Millionen Euro. Und es werden mehr, da die Nachfrage nach Plätzen steigt. Die zunehmende Berufstätigkeit von Frauen sorgt mit dafür. Bel


MELDUNGEN

Kindergeld soll bald fließen

Nürnberg – Die Bundesagentur für Arbeit (BA) entschuldigt sich bei betroffenen Polen und Tschechen vielmals, dass sie zu spät auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom Juni 2012 reagiert und erst im Sommer dieses Jahres das Personal der ihr unterstehenden Familienkassen erhöht hat. Infolge der verspäteten Reaktion warten derzeit rund 30000 ausländische Antragsteller auf das ihnen vom EuGH gewährte Kindergeld. Das Gericht hatte entschieden, dass derjenige, der in Deutschland arbeitet und steuerpflichtig sei, auch ein Anrecht auf Kindergeld habe, egal wo der Nachwuchs lebt. Die BA hofft, die Masse der Anträge bis März 2015 abgearbeitet zu haben. Bel

 

Bundeswehr hat keine Alternative

Leipzig – Trotz Kritik von den Grünen und Vertretern der Regierungsparteien an der Kooperation der Bundeswehr mit der russisch-ukrainischen Ruslan Salis GmbH verhandelt das Bundesverteidigungsministerium derzeit über einen Folgevertrag mit dem Unternehmen. Dieses stellt der Bundeswehr seit 2006 Antonow-AN-124-Transportflugzeuge zur Verfügung, die diese zur Erfüllung ihrer Auslandseinsätze dringend benötigt. „Es besteht keine Alternative zur Charterung von AN-124-Luftfahrzeugen“, schrieb die Bundesregierung bereits 2008, als bekannt wurde, dass sich die Auslieferung des Großfrachters Airbus A400M um Jahre verzögert. Aber auch andere EU- und Nato-Länder sind Kunden bei Ruslan Salis, was angesichts der Spannungen anlässlich des Ukraine-Konflikts für Debatten sorgte. So kamen die Fragen auf, inwieweit eine russisch-ukrainische Firma im Krisenfall militärische Ausrüstung in die Region transportieren würde und welche Alternativen die Nato habe. Bel


S. 6 Ausland

Für Obama geht es um alles
US-Kongresswahlen von entscheidender Bedeutung – Unkalkulierbarer Wählerfrust trifft beide Parteien

Am 4. November gehen die US-Bürger an die Urnen, um – neben Gouverneuren und anderen bundesstaatlichen Amtsträgern – alle 435 Abgeordneten im Repräsentantenhaus und 36 der 100 Senatoren neu zu wählen. Beide Parteien, Demokraten und Republikaner, erwarten mit Höchstspannung das Ergebnis. Nachdem im Repräsentantenhaus bereits 2012 die Mehrheit an die Republikaner gefallen ist, könnte dies im Senat nun auch geschehen.

So warnte die Demokratin Nancy Pelosi, die nach den letzten Kongresswahlen 2011 entthronte Sprecherin des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten, dass „die Zivilisation, wie wir sie kennen, in Gefahr geraten könne“, sollte der Republikaner Mitch McConnell der Mehrheitsführer im Senat werden. Gemeint ist, dass radikale Republikaner dann die sozialpolitischen Forderungen der Demokraten wie Erhöhung des Mindestlohns, großzügige Lösung der Immigrationsfrage und Beibehaltung der Krankenversicherungspflicht konterkarieren könnten. Ein Alptraumszenario für US-Präsident Barack Obama und seine Partei. Nur sechs Sitze mehr als jetzt brauchen die Republikaner für eine Mehrheit, und um diese gibt es ein heftiges Ringen.

Doch ist der Kampf, der schon die Richtung für die Präsidentenwahl 2016 weist, wenn Obamas Amtszeit abläuft, für beide Seiten schwierig. Keine Partei hat bisher eine überzeugende nationale Agenda vorgelegt, in der die Wähler ein klares Ziel erkennen können. Viele Kampagnen behandeln lokale Probleme und Themen. So streitet man sich in Iowa, ob man Schweine kastrieren solle, in Georgia, ob der demokratische Kandidat einst zusammen mit Ex-Präsident George Bush senior Terroristen Geld hat zukommen lassen, und in Colorado über Geburtenkontrolle, Abtreibung sowie die Frage, wann ein Fötus ein menschliches Wesen wird. Zu letzterem bemerkte die „Denver Post“: „Wenn Colorados Wahlkampf um den Senat ein Film wäre, würde er in einer Gynäkologen-Praxis spielen.“

Daneben nehmen sich die beiden Parteien natürlich auch der wirtschaftlichen Situation an, vor allem jener der Mittelschicht, der es nach der Rezession nur langsam besser geht. Aber Lösungen bieten sie auch nicht. Die Grand Old Party (GOP), wie die Republikaner auch genannt werden, gibt dem Präsidenten, wie schon seit sechs Jahren, an allen Miseren die Schuld. Die Demokraten wiederholen bekannte Forderungen wie die nach Mindestlöhnen.

Die Republikaner sind gespalten in radikale Tea-Party-Konservative und gemäßigtere Establishment-Konservative wie den Pelosi-Nachfolger John A. Boehner. Sie haben keine einende charismatische Persönlichkeit als Führung. Die Demokraten hingegen stehen nicht voll hinter ihrem Präsidenten, nachdem Obamas Umfragewerte auf 42 Prozent Zustimmung gesunken sind. So wiederholte die Demokratin Alison Lundergan Grimes, die den oben erwähnten amtierenden Senator von Kentucky Mitch McConnell herausfordert, mehrfach: „Ich bin nicht Obama.“ Pure Verteidigung, denn die Senatssitze, welche die Partei braucht, um die Mehrheit zu behalten, liegen ausgerechnet in Staaten, die 2012 überwiegend für den GOP-Kandidaten Mitt Romney gestimmt hatten: Arkansas, Louisiana, North Carolina und Alaska.

Die Achillesferse der Republikaner ist wiederum die wachsende Latino-Wählerschaft, die vorrangig demokratisch wählt. Doch nachdem Obama die Lösung der wichtigen Immigrationsfrage bis nach der Wahl verschoben hat, wenn er freier von Rücksichten auf Wahlen agieren kann, gründete das nationale Organisationsgremium der Republikanischen Partei, das sogenannte Republican National Committee, schnell eine mit zehn Millionen US-Dollar ausgestattete Initiative, um in Florida und den Grenzstaaten zu Mexiko (Kalifornien, Nevada, Texas, Colorado und New Mexiko) lateinamerikanische Wähler auf die Seite der GOP-Partei zu ziehen. In Miami wurde eine großangelegte Beratungsstelle für Latinos eingerichtet. Und nach über zehn Jahren Abstinenz nahm eine republikanische Delegation an der traditionellen „Puerto Rico-Day“-Parade teil. Ob derartige Gesten helfen, ist zu bezweifeln. So verlor Romney 2012 die Präsidentschaftswahlen, obwohl er bei der weißen Bevölkerung 20 Prozentpunkte vor Obama lag. Und der Anteil der Lateinamerikaner an der US-Gesamtbevölkerung steigt dramatisch an, beispielsweise in Florida in den letzten vier Jahren um drei Prozentpunkte auf 17 Prozent. In den anderen südlichen US-Bundesstaaten sieht es ähnlich aus.

Von dem ewigen Parteiengezänk und der Pattsituation im Kongress durch die unterschiedlichen Mehrheitsverhältnisse in Repräsentantenhaus und Senat genervt, zeigen die umworbenen US-Bürger nicht die geringste politische Begeisterung. Laut Andrew Kohut, Präsident des Meinungsforschungsinstituts Pew Research Center, hat zwar der Obama-Enthusiasmus der Wähler nachgelassen, „aber sie mögen die Republikaner noch weniger als die Demokraten“. Eine Untersuchung des „Wall Street Journals“ und ABC News fand heraus, dass sich nur 13 Prozent der Wähler von den Zielen der Republikaner angesprochen fühlen, nicht mehr sagten dasselbe über die Ziele der Demokraten. 43 Prozent hatten keine Idee, warum und wofür sie überhaupt wählen sollten. Angesichts einer derartigen Stimmung wird trotz der Brisanz der politischen Lage bereits mit einer Art von „Wahl-Apathie“ gerechnet. Dies ließ in der Stadt Los Angeles, in der die Beteiligung an der letzten Bürgermeisterwahl ganze 23 Prozent betrug, die Idee aufkommen, Wähler mit einer Lotterie anzulocken, scherzhaft „Voteria“ genannt. Vielleicht hilft es. „Gebt den Menschen Brot und Spiele“, erkannten schon die alten Römer. Liselotte Millauer


Weiße leben in Angst
Südafrikaner suchen wegen rassischer Verfolgung Asyl in Kanada

Asyl, weil sie als Weiße in einem demokratischen Rechtsstaat rassisch verfolgt werden. Kaum vorstellbar und doch Realität. Der kanadische Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Asylantrag eines südafrikanischen Ehepaars von den Behörden bearbeitet werden muss, weil es in seiner Heimat wegen seiner Rasse der Gefahr der Verfolgung ausgesetzt sei. Damit haben die Richter die Republik Südafrika als unsicheren Staat für Menschen mit weißer Hautfarbe eingestuft.

Die Kläger Charl und Naira Nel hatten bei ihrer Einreise im Jahr 2010 erklärt, in Kanada bleiben und unter keinen Umständen in ihr Heimatland zurückkehren zu wollen. Sie und ihre Kinder seien selbst zwar noch nicht angegriffen worden, fürchteten sich aber wegen der gegen die Weißen gerichteten Hetze vor Vergewaltigung, Verletzung und Mord. Die kanadische Flüchtlingsbehörde sah darin keinen hinreichenden Asylgrund, musste sich nun aber von den Bundesrichtern eines Besseren belehren lassen. Ausgerechnet Südafrikas Staatspräsident Jacob Zuma lieferte diesen eine Begründung für ihren Urteilsspruch. Vor zwei Jahren hatte er bei einer Feier zum 100-jährigen Bestehen der Regierungspartei African National Congress (ANC) ein Kampflied der Schwarzen aus der Zeit der Apartheid einschließlich des Refrains „Shoot the Boers“ („Erschießt die Buren“) gesungen. Doch nicht nur der ANC macht Stimmung gegen die weiße Minderheit im Land. Die von dem ehemaligen ANC-Jugendfunktionär Julius Malema, der das erwähnte Lied ebenfalls gern in der Öffentlichkeit anstimmt, gegründete Partei Economic Freedom Fighters (EFF) wurde bei den Parlamentswahlen im Mai auf Anhieb drittstärkste Kraft. Die radikalen Linken treten, nach dem Vorbild des Nachbarlandes Simbabwe, für eine entschädigungslose Enteignung der Weißen ein, denen sie, so Malema, den Krieg erklärt haben. Die kanadischen Richter hielten die Furcht der asylsuchenden Familie daher für begründet.

Die international tätige, in Wa-shington ansässige Menschenrechts-organisation „Genocide Watch“ zählt Südafrika zu den Staaten mit einem hohen Genozid-Risiko. Ihren Angaben zufolge wurden seit dem Ende der Apartheid 1994 mehr als 7000 weiße Südafrikaner aller Altersgruppen ermordet, davon über 4000 Farmer. Die Zahl der überfallenen und misshandelten Weißen gehe in die Hunderttausende. Charl und Naira Nel sind nicht die einzigen, die sich vor diesem „White Genocide“ (weißer Genozid) fürchten und das Land verlassen. Auch Jani Allan, langjährige Kolumnistin der liberalen Johannesburger „Sunday Times“, die immer wieder über Gräueltaten an Weißen berichtet hatte, ist mittlerweile in die USA ausgewandert, weil sie am Kap um ihr Leben bangte. Aufsehen erregte vor einigen Jahren der Fall von Brandon Huntley, der zunächst erfolgreich um Aufnahme in Kanada nachgesucht hatte, nachdem er in Kapstadt siebenmal Opfer rassistisch motivierter Überfälle geworden und dabei dreimal durch Messerstiche verletzt worden war. Auf Druck der südafrikanischen Regierung ließ die kanadische Regierung die Entscheidung jedoch vom Bundesgerichtshof überprüfen, der das Gesuch ablehnte. Seit 2006 haben 151 Südafrikaner in Kanada Asyl beantragt, 23 davon bisher mit Erfolg.

In Südafrika leben 51 Millionen Menschen. Davon sind 79,5 Prozent Schwarze, neu Prozent Weiße, 2,5 Prozent Asiaten und neun Prozent sogenannte „coloureds“, also solche mit sowohl schwarzen wie weißen Vorfahren. J.H.


Das kleinere Übel
Letzter Besuch der Troika in Athen – Samaras setzt auf Milde

Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch.“ Dieses Sprichwort ist allerdings nicht exakt auf Griechenland zu übertragen, denn noch ist die „Katze“, also die aus dem Internationalen Währungsfonds, der EZB und der EU bestehenden Troika, die seit 2010 zusammen 240 Milliarden Euro Hilfsgelder nach Athen überwiesen hat, nicht vollständig aus dem Haus. Allerdings war sie dieser Tage zum vorletzten Mal in Griechenland, um die Reformfortschritte des Landes zu begutachten. Im November nach Veröffentlichung des EZB-Bankenstresstests erfolgt dann die letzte Reise, denn Ende des Jahres läuft das internationale Hilfsprogramm aus. Zwar könnte Athen noch eine dritte Kredittranche erhalten, doch das will die Regierung unter der Führung von Antonis Samaras auf jeden Fall verhindern, offenbaren die Prüfer von der Troika doch immer wieder, dass es mit der Reformfreude in Athen nicht zum besten steht.

Viel harscher als die Kritik vonseiten der aus politischen Motiven heraus sehr milde urteilenden Troika fällt jene der Griechen selbst aus. Wären jetzt Wahlen, bekäme die linksnationalistische Oppositionspartei Syriza 36 Prozent der Stimmen, während die konservative Nea Dimokratia nur noch auf 25 Prozent Zustimmung hoffen kann. Daher gibt Samaras auch den starken Mann und hebt immer wieder hervor, dass die Troika, die Athen als Gegenleistung für die geflossenen Hilfsgelder auf einen ungeliebten und vor allem unbequemen Sparkurs genötigt hat, Ende des Jahres nichts mehr zu sagen habe. Und um zu belegen, dass er dann wieder alle Freiheiten habe, hat er für 2015 ein breites Steuersenkungsprogramm angekündigt.

Dank eines für dieses Jahr erwarteten leichten Wirtschaftswachstums von einem Prozent setzt der griechische Premier auf Optimismus. Immer wieder betont er, dass der Staatshaushalt sogar Überschüsse erwirtschafte, jedenfalls wenn man die Zinszahlungen für den inzwischen rund 177 Prozent des Bruttoinlandsproduktes umfassenden Schuldenberg nicht berücksichtigt. Jede Firma wäre zwar bei diesen Zahlen insolvent, aber Samaras weiß, dass seine Geldgeber es scheuen, auf derartige Details hinzuweisen, und stattdessen in seine Lobeshymnen einstimmen. Im Grunde fürchten sie einen Machtverlust von Samaras noch viel mehr als er selbst, denn sollte die Syriza an die Regierung gelangen, wären alle bisherigen Rettungsmaßnahmen vergebens gewesen. Daher gab es auch keine Kritik an den Athener Steuer- und Zinssenkungswünschen und nur verhaltenden Tadel für den massiven Reformstau und die weiterhin hohe Arbeitslosigkeit.

Und weil derzeit nicht alles schlecht läuft in Athen, stufte die US-Ratingagentur S&P die Bonität Griechenlands Mitte September sogar um eine Stufe hoch. Kurz darauf veröffentlichte die gleiche Ratingagentur übrigens eine Studie, nach der die Bonität der Euro-Zone durch den Machtzuwachs der AfD in Deutschland gefährdet sei. Die Partei verlangt Reformen und Sparmaßnahmen von den Euro-Krisenländern. Dies ist aus Sicht von S&P schlecht für die Gemeinschaftswährung. Bel


MELDUNGEN

Amtsantritt mit Provokationen

Stockholm – Kaum im Amt, hat die neue rot-grüne schwedische Minderheitsregierung unter der Führung des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven gleich mehrfach provoziert. Mit dem Spruch „Ich bin eine Feministin“ stellte Löfven sein aus zwölf Frauen und zwölf Männern bestehendes Kabinett vor und teilte mit, dass er den Staatskonzern Vattenfall zum Vorreiter bei der Umstellung auf Erneuerbare Energien machen wolle. Zudem erklärte er seine Bereitschaft, einen unabhängigen Staat Palästina anzuerkennen, was dem schwedischen Botschafter in Tel Aviv die Einberufung ins israelische Außenministerium einbrachte. Das Thema Senkung der Zuwanderer, das vielen Schweden am Herzen liegt, ist Rot-Grün nicht wichtig. Bel

 

Vertreibung wurmt Tschechen

Pilsen – Der altstalinistische „Tschechische Bund der Freiheitskämpfer“ hat am 26. September am Pilsener Stadtrand den Grundstein für ein Denkmal gelegt. Es soll an 255000 „tschechoslowakische Bürger“ erinnern, die nach dem Münchner Abkommen vertrieben worden seien. So sagt es der Töpfer Stanislav Bukovsky, der für das Denkmal lautstark wirbt: „Es gibt noch keines im ganzen Land, während von der Vertreibung der [3,5 Millionen] Deutschen ständig geredet wird.“ Tschechische Vertriebene habe es nie gegeben, kontert hingegen der Historiker Tomas Krystlik, ein harter Kritiker tschechischer Geschichtslügen: „Der deutsche Staat hat niemanden vertrieben“, vielmehr „beantragten 100000 Tschechen die deutsche Staatsbürgerschaft“. Heute lögen selbsternannte Freiheitskämpfer, „gefördert vom Staat und Narren von Journalisten und Historikern“, so Krystlik. W.O.


S. 7 Wirtschaft

Gabriels Schein-Alternative
Wirtschaftsminister versucht, verärgerten Anwohnern Stromtrassenausbau mit Erdkabeln schmackhaft zu machen

Der Netzausbau gilt als ein zentraler Bestandteil der Energiewende. Doch fast überall regt sich Widerstand, da viele Bürger gegen neue Stromtrassen nahe ihren Wohngebieten sind. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) setzt nun auf Erdkabel als Alternative. Doch die sind nicht nur deutlich teurer, sondern bieten auch zahlreiche andere Nachteile.

Die Freude bei der „Initiative Pro Erdkabel NRW“ war groß, als bekannt wurde, dass die 11000 Einwohner zählende Gemeinde Raesfeld im Münsterland von den „Stahlkolossen“ verschont bleiben würde. Keine hässliche Überlandleitung direkt an der Ortsgrenze und somit auch kein nerviges Surren, kein Wertverlust der Häuser an der Strecke wegen möglichen Elektrosmogs, der mit Kopfschmerzen und Schlafstörungen in Verbindung gebracht wird. Alles schien gut zu werden. Bis die Bagger kamen.

Zwar ist bekannt, dass die Verlegung von Erdkabeln je Kilometer deutlich teurer ist – im Fall von Raesfeld sind es statt 1,4 Millionen Euro etwa acht Millionen Euro –, doch da die Mehrkosten vom Stromnetzbetreiber auf die Masse der Stromkunden umgelegt werden dürfen, sind die Anwohner nur geringfügig persönlich betroffen. Doch das war es auch schon mit den Nachteilen, die der Masse der Bevölkerung bewusst sind. Da bisher in Deutschland wenig Stromkabel mit einer derart großen Übertragungsleistung unterirdisch verlegt sind, ist selbst den zuständigen Ingenieuren nicht im Detail bekannt, welche Nachteile die Erdverkabelung insgesamt mit sich bringt. Sie arbeiten sich also in Raesfeld gerade in die Materie ein. Die dort zu verlegenden Hochleistungskabel, die den im Norden des Landes via Windkraft erzeugten Strom Richtung Industriezentren der Republik im Süden transportieren sollen, haben eine Kapazität von 3,5 Gigawatt und sollen 3,5 Millionen Haushalte versorgen. So wurden bei Raesfeld in den letzten Wochen 14 Leerrohre über eine Strecke von 3,4 Kilometern in zwei Metern Tiefe vergraben. Hierdurch werden demnächst 14 Zentimeter dicke Hochleistungskabel gezogen. Selbst wenn den Raesfeldern diese technischen Details vorab bekannt waren, so ahnten sie wohl nicht, dass Bagger für die Leerrohre 42 Meter breite Gräben ausheben mussten. Eine Schneise der Verwüstung zog sich also durch die anliegenden Felder, auf denen sich Kolonnen von Arbeitern tummelten. Zudem wurde an den Stellen, an denen die Kabel unter die Erde gehen beziehungsweise aus ihr herauskommen, Flächen mit den Maßen 60 mal 80 Meter planiert, um dort die Umspannwerke zu bauen, die durch die Erdverlegung technisch notwendig werden. Zwar werden immerhin die Gräben wieder zugeschüttet, doch noch kann niemand den Inhabern der Felder sagen, inwieweit dort wieder Mais und Weizen ertragreich wachsen werden, schließlich erzeugen die Erdkabel eine Wärme von bis zu 50 Grad. Um diese abzumildern, wurde zwar ein Gemisch aus Erde, Tonmineralien und Zement über die Rohre geschüttet, doch das Gemisch muss der Erdbeschaffenheit angepasst sein. Ob diese immer richtig eingeschätzt wird, kann keiner sagen, da die Erfahrungswerte fehlen. Zudem ist ungewiss, ob anlässlich der Bauarbeiten möglicherweise Dränagen zur Entwässerung der Felder zerstört wurden. Im Falle von Raesfeld mussten immerhin keine Wälder durchkreuzt werden, denn Bäume wachsen über den Schneisen aufgrund des Erd-Zement-Gemisches und der Wärme nicht mehr, zudem dürfen sie es auch gar nicht: Für den Fall von Reparaturen müssen die Erdkabel für Techniker leicht zugänglich sein.

Apropros Reparaturen: Langzeiterfahrungen mit der Technik gibt es keine. Daher kann keiner sagen, wie störanfällig und damit reparaturbedürftig Erdkabel sind und wie lange ihre Lebensdauer ist, bevor sie erneuert werden müssen. Bei Freilandleitungen wird mit 80 Jahren Haltbarkeit gerechnet, bei Erdkabeln schätzen Ingenieure, dass es höchstens halb so lange sein dürfte, aber auch hier gilt: Nichts Genaues weiß man.

Trotz all dieser Probleme versucht der Wirtschaftsminister derzeit, Anwohnern, die gegen Stromtrassen in ihrer Nähe sind, diese schmackhaft zu machen, indem er ihnen eine Erdverkabelung in Aussicht stellt. „Natürlich kann man mit viel Aufwand und viel Geld jede Anlage bauen, aber ob das sinnvoll ist, ist eine andere Frage“, so Klaus Kleinkorte, der technische Geschäftsführer des Netzbetreibers Amprion, der für die Verlegung der Stromtrasse in Raesfeld zuständig ist.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) greift derartige Aussagen derzeit gerne auf. Er ist gegen Stromtrassen in seinem Bundesland. Er betont, er könne nachvollziehen, warum die Bayern gegen Überlandleitungen seien und verhängte daher bereits im Februar eine Aussetzung des Netzausbaus für Bayern. Dies wiederum ängstigt die bayerische Wirtschaft. Denn spätestens wenn 2022 in Bayern das letzte Kernkraftwerk vom Netz geht, drohen in Bayern die Lichter auszugehen. Gabriel, der als Bundesminister bundesweit zu denken hat, will daher den überzähligen Windstrom aus dem Norden in den Süden leiten. Seehofer wiederum sieht nicht ein, norddeutsche Stromproduzenten zu bezahlen, wenn man den Strom auch vor Ort produzieren kann. Doch Bayern hat wenig windreiche Gegenden, Solaranlagen sind nicht effizient genug und dem teuren Biogas hat Gabriel gerade mit seiner Reform des Erneuerbaren Energiengesetzes (EEG) Grenzen gesetzt, so dass Bayern wenig Alternativen hat. Seehofer verlangt nun von Gabriel, konventionelle Gaskraftwerke wieder rentabel zu machen. Diese rechnen sich aufgrund des EEG nicht mehr, da Strom aus Erneuerbaren Energien bevorzugt behandelt wird. Das will der CSU-Chef nicht länger hinnehmen. Dieser Tage verhandelte er mit Gabriel. Am 23. Oktober soll Bayerns Energieministerin Ilse Aigner im Landtag die neue Energiepolitik vorstellen. Erdkabel sollen nur eine kleine Rolle spielen.

Rebecca Bellano


Wird die Arktis schiffbar?
Temperaturanstieg lässt manche von neuen Seewegen träumen

In der Arktis steigen die Temperaturen derzeit schneller als im Weltdurchschnitt. Damit werden künftig Gebiete für Schiffe befahrbar, die ihnen bislang wegen des Eisgangs verwehrt waren. Die Schifffahrt stellt dort wegen der unruhigen See und der langen polaren Nächte ganz besonders hohe Anforderungen an die Schiffsbesatzungen. Aber die Route hat ihre Vorteile, denn sie verkürzt die Strecke zwischen Europa und Asien von 21100 auf 15900 Kilometer. Obendrein umgeht sie die von Piraterie betroffenen Gebiete rund um Indonesien oder am Horn von Afrika. Angesichts solcher Vorteile sprechen einige Medien bereits von neuen Handelswegen im Norden.

Es ist eine Euphorie, die Lawson Brigham, Professor für Geografie und Arktis-Politik an der Universität von Alaska in Fairbanks, nicht teilt. Er hält es für überzogen, die Nordwestpassage durch Nord-Kanada oder die Nordostpassage an der russischen Eismeerküste als neuen Panama- oder Suezkanal zu sehen. „Wer so denkt berücksichtigt nicht, dass es in der Arktis auf absehbare Zeit immer noch Eis geben wird“, sagte Brigham am Rande der Fachkonferenz „Arctic Shipping“ in Montreal. „Auch im Sommer.“ Und monatelang ist es dort völlig dunkel.

Norwegische Ingenieure entwickeln jedoch bereits einen neuen Schiffstyp, den sie „Arctic Ship“ nennen und der bereits in wenigen Jahren in den Gewässern rund um den Nordpol unterwegs sein soll. Schiffe in dem Fahrtgebiet sind weitgehend auf sich gestellt, denn sie können in einem Notfall wegen der großen Entfernungen zu menschlichen Siedlungen und ihrer Infrastruktur keine Hilfe beispielsweise von Hubschraubern erwarten. Deshalb entwickelten die norwegischen Ingenieure spezielle Rettungssysteme aus einer Kombination von Rettungsboot und Kettenfahrzeug sowie ausgeklügelte Elektronik für die Navigation in der Nähe des Nordpols.

Dazu sagt Henrik O. Madsen von der Geschäftsleitung der Unternehmensgruppe DNV GL, die im vergangenen Jahr aus dem Zusammenschluss der beiden Klassifikationsgesellschaften Norske Ve-ritas und Germanischer Lloyd entstanden ist: „In der Arktis gibt es keinen Spielraum für Fehler. Die Ent- wicklung muss Schritt für Schritt gehen und akzeptable Sicherheitslevels in meereisfreien Gebieten präsentieren, bevor man sich langsam in immer herausforderndere Gebiete vorwagt.“

Erste Havarien waren bereits zu verzeichnen. Im Juli 2010 kollidierten vor den Neusibirischen Inseln zwei Tanker, die im Verband mit einem Eisbrecher unterwegs waren. Das vorausfahrende Schiff musste wegen schweren Eisgangs die Geschwindigkeit reduzieren. Beide Tanker hatten 13300 Tonnen Diesel geladen. Eigel Wiese


Weniger als erhofft
Mütterrente häufig geringer, da Witwenrente angerechnet wird

Mit großem Brimborium hat die Politik zum 1. Juli dieses Jahres eine Verbesserung von Zeiten der Kindererziehung für Kinder, die vor dem 1. Januar 1992 geboren wurden, in der Rentenversicherung realisiert. Die „Mütterrente“ entspricht bei Versicherten, die schon eine Rente beziehen, gerade einmal einer Steigerung von 28,14 Euro pro Kind im Westen und 25,74 Euro im Osten monatlich. Versicherte, die noch keine Rente beziehen, erhalten einen Entgeltpunkt gutgeschrieben. Dabei entspricht die bessere Bewertung gerade einmal einem einzigen zusätzlichen Versicherungsjahr. Es bleibt zudem weiter eine Ungleichbehandlung zwischen Müttern (oder Vätern), die ihre Kinder vor und nach 1992 bekommen haben, letzte erhalten drei statt zwei Rentenpunkte.

Die Erwartungshaltung der Rentner ist groß. Viele bombardieren die Versicherungsträger mit Anfragen, wann sie endlich ihre Mütterrente bekommen würden. Die Versicherungsträger wickeln die Neuberechnung der Renten maschinell ab. Man hofft darauf, dass bis Jahresende jeder Rentner seine Neuberechnung bekommt. Die seit Juli angefallenen höheren Zahlbeträge werden nachgezahlt. Aber wenn dann der Bescheid über die Neuberechnung im Briefkasten liegt, sind manche Rentner enttäuscht. Die höhere Rentenleistung unterliegt gegebenenfalls dem Abzug von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung. Dazu kommen Steuern.

Richtig schwerwiegend sind die „Kürzungen“ bei der Neuberechnung für solche Rentenbezieher, die zusätzlich zu ihrer eigenen Rente noch eine Hinterbliebenenrente beziehen. Deren eigenes Einkommen – und dazu zählen auch Renten – wird auf die Witwenrente angerechnet. Viele Kleinrentner liegen bisher unterhalb des Freibetrages von 755,30 Euro in den alten Bundesländern und im Beitrittsgebiet von 696,70 Euro. Besonders enttäuscht sind Rentner, die mit der Neuberechnung ihrer Versichertenrente durch die „Mütterrente“ nun erstmals den Freibetrag übersteigen und damit mit einer Kürzung ihrer Witwenrente rechnen müssen. Das ist neben einer geringeren als der erwarteten Rentensteigerung auch mit einer Wartezeit verbunden. Die Neuberechnung der Witwenrente kann vom Versicherungsträger nicht „automatisch“ erfolgen, sondern erfordert ein Einschalten der Sachbearbeitung. In derartigen Fällen wird die Neuberechnung zwar durchgeführt, aber die aufgelaufene Nachzahlung für die zurückliegenden Monate einbehalten.

Sie wird dann mit der bei der Neuberechnung der Hinterbliebenenrente angefallenen Überzahlung verrechnet. Das bedeutet, dass die Betroffenen eine geringere Rentenerhöhung als erwartet erhalten und die Abrechnung der Nachzahlung dauern kann. Die Ankündigung der Politik hat bei den betroffenen hohe Erwartungen geweckt. Gelegentlich wurde der Eindruck erweckt, es handele sich um einen eigene „Extrarente“. Die Realität ist damit nicht in Einklang zu bringen. Zudem warten Eltern von vor 1992 geborenen Kindern nach wie vor auf eine Gleichbehandlung mit Eltern von Kindern, die später geboren wurden.

Theo Maass


MELDUNGEN

RWE in höchsten Nöten

Essen – Dem Energieversorger RWE steht das Wasser bis zum Hals. 30 Milliarden Euro Schulden und das Wegbrechen des Geschäftsmodells, der Stromproduktion mit Großkraftwerken, infolge der Energiewende veranlassten RWE-Chef Peter Terium, seine Führungskräfte zur „Revolution“ aufzurufen. Zudem verkauft der Konzern seine Firmenzentrale an einen US-Immobilienfonds. Bel

 

Deflation nur Blendwerk

Köln – Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln hält die von der EZB geschürten Deflationsängste, mit denen diese ihre jüngste Leitzinssenkung begründete, für nicht gerechtfertigt. Rechne man den aus der ausgeweiteten Öl- und Gasförderung resultierenden Preisverfall in diesem Bereich aus der aktuellen Inflationsrate heraus und berück-sichtige zugleich die niedrigen Lebensmittelpreise aufgrund guter Wetterbedingungen und des russischen Importstopps, dann lägen die langfristigen Inflationserwartungen bei 1,9 Prozent. Also nur knapp unter dem Zwei-Prozent-Ziel der EZB. Bel

 

Genfood: Druck auf Brüssel

Brüssel – Während von der EU die Zusicherung gegeben wurde, im Rahmen der Freihandelsverträge mit den USA und Kanada werde es keine Aufweichung der europäischen Standards bei genmodifizierten Lebensmitteln geben, wächst laut einem Bericht der britischen Tageszeitung „The Guardian“ der Druck von Lobbyisten auf Brüssel. Demzufolge bemühen sich nordamerikanische Geschäftsgruppen intensiv um die Abschaffung der EU-Vorschriften zur Rückverfolgung und zur Kennzeichnung von Lebensmitteln mit genmodifizierte Inhaltsstoffen. N.H.


S. 8 Forum

Nicht zu glauben
von Jan Heitmann

Fast wie zur Bestätigung, dass die Kritik des ARD-Fernsehrates an der einseitigen Ukraine-Berichterstattung der durch Zwangsgebühren finanzierten öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten vollauf gerechtfertigt ist (siehe PAZ 40/2014), mussten die ARD-„Tagesthemen“ einen Bericht „zurückziehen“. Der skandalöse Grund: Er hat die Wahrheit genau ins Gegenteil verkehrt. Im Mai hatte der Moskau-Korrespondent Udo Lielischkies aus Kransnoarmeysk über den angeblich von ukrainischen Separatisten verschuldeten Tod zweier Einwohner berichtet. Tatsächlich waren die Täter jedoch Angehörige eines ukrainischen Freiwilligenbataillons. Ausländische Medien hatten zeitgleich korrekt über den Vorfall berichtet. Hätten nicht aufmerksame Zuschauer dagegen protestiert, wäre der die Wahrheit verfälschende Bericht noch immer in der Mediathek abrufbar.

Statt ein schlechtes Gewissen zu zeigen, rechtfertigen die Verantwortlichen die Fehlleistung auch noch, indem sie von der Kriegsberichterstattung als „einer der größten Herausforderungen im Journalismus“ schwadronieren. Da seien Fehler „nun einmal möglich“. „Tagesthemen“-Moderator Thomas Roth bat die Zuschauer um Verständnis. Verständnis wofür? Für grottenschlechte Recherche oder gar für bewusste Desinformation? Lielischkies sollte als Korrespondent seine Koffer packen. Ihm kann man sowieso nicht mehr glauben.


Ohne jedes Mandat
von Rebecca Bellano

Erst sah es so aus, als würde der Plan des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, durchkreuzt, Banken Kreditverbriefungen, sogenannte ABS-Papiere, abzukaufen. Denn neben dem deutschen Bundesbankpräsidenten Jens Weidmann und seinen Amtskollegen aus Finnland und den Niederlanden hatte sogar der französische Notenbankchef Christian Noyer sein Missfallen kundgetan. Auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte vorab deutlich gemacht, dass er von dem Aufkauf der riskanten Papiere nichts hält.

Doch Draghi setzte sich durch, und in wenigen Tagen beginnt die EZB, selbst offiziell als Ramschpapiere bezeichnete ABS-Pakete unter bestimmten Voraussetzungen den Banken abzukaufen. Für die so in die EZB-Bilanz gelangten Risiken haften die Euro-Mitgliedsländer, darunter Deutschland mit 27 Prozent.

Im Grunde sind sich zumindest alle deutschen Wirtschaftskommentatoren und die meisten Ökonomen einig: Die EZB überschreitet ihr Mandat. Doch nichts passiert. Wie kann es sein, dass der deutsche Steuerzahler für etwas haften muss, was sich seiner Einflussnahme entzieht? Und all das geschieht letztendlich, um notleidenden Banken faule Kredite abzukaufen, so das Fazit der meisten Beobachter. Doch da offenbar keiner eine bessere Idee hat, um weitere Ban-kenpleiten zu verhindern, lässt man Draghi gewähren und die Zombiebanken vorerst weiterleben.


Leuchtturm Hongkong
von Michael Leh

Die Demokratiebewegung in Hongkong ist großartig und bewundernswert. Zehntausende junger Menschen zeigen Mut und demonstrieren tapfer für Rechte, wie sie für uns selbstverständlich sind. Jedes Jahr versammeln sich auch in Hongkong am Jahrestag des Massakers auf dem Tiananmen Tausende Menschen zum stillen Gedenken. Auf dem übrigen Gebiet der Volksrepublik China, die Mao Zedong, einer der großen Massenmörder der Geschichte, vor 65 Jahren ausrief, versucht man die Erinnerung an das Jahr 1989 auszulöschen.

Dass auch Chinesen Demokratie können, hat längst die freie und demokratische Republik China – so lautet bis heute der offizielle Staatsname Taiwans – bewiesen. Unter großen Opfern hält Taiwan bis heute gegenüber der Diktatur auf dem Festland stand. Auch Taiwan wird von Peking mit dem Trugwort „Ein Land, zwei Systeme“ umworben. Zugleich sind hunderte Raketen auf die Insel gerichtet. Wenig bekannt ist, dass der frei und demokratisch gewählte Präsident Taiwans nicht in Deutschland oder die Europäische Union einreisen darf, nicht einmal für einen kurzen Privatbesuch. Dasselbe gilt für den Vizepräsidenten, den Außen- oder Verteidigungsminister Taiwans. So tief geht längst bei uns der Kotau vor den roten Herrschern in Peking. So viel zu den gern in Sonntagsreden bei uns oder in Brüssel zitierten „europäischen Werten“. Es wird noch nicht einmal versucht, dieses Einreiseverbot zu lockern. Den kommunistischen Kaisern und Prinzlingen aus Peking, die neben unzähligen anderen politischen Gefangenen auch den Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo gefangen halten sowie in Tibet und Xinjiang mit mörderischer Härte vorgehen, wird jederzeit bei uns der rote Teppich ausgerollt und zugeprostet, gerade diese Woche wieder bei den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen in Berlin oder dem „Hamburg Summit“, bei dem es nur um Wirtschaftsfragen geht.

Wegen der Protestbewegung in Hongkong machen inzwischen zehntausende Zensoren in der Volksrepublik China Überstunden, damit die Menschen möglichst nicht erfahren, was in Hongkong vor sich geht. Ganz wird sich das Leuchtfeuer der Demokratie aus der Hafenstadt jedoch nicht ersticken lassen. Sorge bereitet seit Beginn der Demonstrationen, ob es noch zu schweren gewaltsamen Zusammenstößen kommt. Der Hongkonger Regierungssitz liegt direkt neben einer Kaserne der chinesischen Volksbefreiungsarmee. Der frühere Bischof Hongkongs, Kardinal Joseph Zen, der stets Mut gegenüber Peking bewies, forderte die Demonstranten auf, nunmehr die Straßen wieder zu verlassen. Sie hätten bereits „eine starke und klare Botschaft“ vermittelt. Jetzt sollten keine weiteren Zwischenfälle und Provokationen mehr riskiert werden, so der Kardinal.

Der deutsche China-Experte Sebastian Heilmann erklärte, die Sonderverwaltungszone sei durch einen internationalen Vertrag, nämlich die „Gemeinsame Erklärung“ zwischen Großbritannien und der Volksrepublik China, völkerrechtlich geschützt. Der Schutz der Sonderrechte und Sonderbedingungen für Hongkong müsse gerade von Großbritannien eingefordert werden.


Moment mal!
Dämmt den Dämmungswahn!
von Klaus Rainer Röhl

In Deutschland bestimmt eine Minderheit über das Leben der Mehrheit. Unabhängig von der Großen Koalition in Berlin. Die Minderheit: Das sind die Linken und Linksgrünen, die Zuwanderer mit einem deutschen Pass und ein paar Naive, die Gutmenschen. Die Mehrheit, das sind wir, die Rest-Deutschen, deren Meinung von den etablierten Parteien nicht vertreten wird. Die Minderheit besteht aus den selbsternannten „Verbesserern“. Weltverbesserern, Umweltverbesserern, Wirtschaftsverbesserern, Besser-Wissern. Sie bestimmen über die Gesellschaft, die Wirtschaft und uns, die Steuerzahler: die Rest-Deutschen. Die müssen sich, in den Augen der Besserer, der sogenannten „kritischen Bürger“, erst mal bewähren. Die Rest-Deutschen sind ein Volk, das schwer zu erziehen ist. Manchmal möchten die Besserer schier verzweifeln, aber das können sie nicht, sie haben ja die Verantwortung für die Zukunft, die Nachkommen. Das heißt für sie und für alle, die noch Nachkommen wollen: Zuwanderer aus aller Herren Länder. Transportiert von Schleusern und Drittstaaten. Kommt her zu uns, alle, die ihr mühselig und beladen seid. Hier bitte abladen.

Die Restdeutschen müssen hierfür zahlen, ob sie wollen oder nicht. Viele Aufgaben, die bisher von den kommunalen Behörden, dem Bundesland oder dem Staat, also von Steuergeldern bezahlt wurden, oder von den Bewohnern eines Hauses in Eigenregie wahrgenommen wurden, werden zu Gemeinschaftsaufgaben erklärt, die man um der „nachhaltigen“ Zukunft willen zu erfüllen hat. Zahlen muss der Bürger. Kanal-Dichtheitsprüfungen, die bisher Aufgabe der Behörden waren, müssen die Anwohner selber bezahlen, das kostet oft fünfstellige Summen. Kann die jemand nicht aufbringen, oder fehlt ihm das Geld für die Sanierung der Heizung, so hat er Pech gehabt – er muss ausziehen. Energiesparen ist nicht mehr Privatsache oder eine Kostenfrage, die jeder selber entscheiden kann, sondern bereits Pflicht für viele Hausbesitzer. Selbstverständlich für Neubauten. Aber es ist sogar schon im Gespräch, dass auch Altbauten „modern“, das heißt energiesparend ausgerüstet werden sollen. Dazu gehört vor allem die Wärmedämmung!

Dämmung ist in diesen Wochen Gegenstand einer täglich zur besten Sendezeit in der ARD betriebenen Kampagne unter Mitwirkung des ehemaligen Fernseh-Nachrichten-Chefs Ulrich Wickert. Der zieht jetzt Abend für Abend über unsere Fernsehschirme mit seiner Botschaft „Dämmen lohnt sich!“ und „Häuser sind wie Menschen!“

Dämmen lohnt sich ganz sicher – fragt sich nur, für wen? Mit Wärmedämmung wird momentan das große Geschäft gemacht. Für die Inhaber von Firmen, welche die Häuser mit dicken Dämmplatten aus Styropor bis zur Unkenntlichkeit verpacken, sind gute Zeiten angebrochen. Konzerne und deren Lobbyisten haben hier ein enormes Geschäft gewittert und ausgebaut. Da können noch so viele Sachverständige warnen: Diese Dämmungen können vielerlei Probleme mit sich bringen. Unter anderem sind sie baubiologisch problematisch. Man hüllt sich in einen Plastiksack ein und schirmt zum Teil das natürliche Energiefeld der Erde ab.

Hinzu kommen falsche Versprechungen: Die tatsächlichen Energieeinsparungen liegen oft weit unter den versprochenen Werten. Auch wird die Sonne ausgesperrt. Die von außen kommende Strahlungswärme wird abgeschirmt. Auch kann die Dämmung feucht werden, dann sinkt der Dämmwert. Und um Schimmel und Algenbildung zu vermeiden, werden den Putzwerkstoffen Gifte beigemengt (Fungizide, Pestizide, Biozide!). Diese werden mit der Zeit ausgewaschen und gelangen in die Umwelt. Schimmel und Algen bilden sich an der Fassade. Falls die Isolation durchnässt ist, wird auch das Mauerwerk feucht, und es kann auch in den Wohnräumen zu Schimmelbildung kommen.

Sogar bei sorgsamer Ausführung können aufgrund der Bauweise von Wärmeverbundsystemen im Laufe der Zeit Risse an Wänden und Fensterverkleidungen entstehen (Wasserschäden und Gefrierschäden). Je nach Ausführung muss man davon ausgehen, dass die meisten Dämmungen schon lange vor der Amortisationszeit saniert oder erneuert werden müssen. Im Brandfall (beispielsweise bei Zimmerbrand) kann die Dämmung in der Fassade den Brand beschleunigen und ihn so im Haus verteilen.

Die massive Dämmung löst auch ein Müllproblem aus: Allein die Herstellung des Dämmmaterials selbst ist problematisch und ein umweltschädigender Prozess. Die verbauten Wärmedämmungen sind vermischte Problemstoffe, die in der bereits verbauten Menge heute schon auf keiner unserer Deponien Platz hätten. Bereits jetzt kleben auf Deutschlands Häusern 800 Millionen Quadratmeter Dämmplatten. Trotz der Brandgefahr des Styropors, des Schimmelrisikos und der Verschandelung ganzer Straßenzüge und Stadtteile. Volkswirtschaftlich sei die ganze „energetische Sanierung rausgeworfenes Geld“, sagt der Berliner Ökonom Harald Simons, Chef des Wirtschaftsinstituts „Empirika“, „wir erleben eine Geldschneiderei mit Heiligenschein!“

Doch die Dämm-Lobby mit ihrem Verein „Qualitätsgedämmt e.V.“ hat inzwischen einen besonders potenten Verbündeten, die Dena, die Deutsche Energie-Agentur, im Anfang eine staatliche Gründung, wird sie seit Jahren mit Millionen Steuergeldern gefördert. Heute hält der Bund nur noch 76 Prozent der Dena-Anteile, den Rest haben Allianz und Deutsche Bank unter sich aufgeteilt.

Und die scheußlichen Dämmplatten sind inzwischen überall im Land zu sehen. „Deutschland ist ein Volk der Abdichter und Wärmedämmer geworden“, schreibt die „Neue Zürcher Zeitung“, die in der freien Schweiz den Dämmungswahn natürlich nicht kennt.

Begonnen hat das Ganze, wie so viele andere Schelmenstücke, in Gerhard Schröders Hannover, als Rot-Grün den Plan entwickelte, die Atomkraftwerke einmal ganz auszuschalten. Stattdessen sollte man Energie sparen. Unter anderem durch Dämmen. Da wurde die Dena gegründet, die heute 185 Angestellte beschäftigt.

Wer steckt eigentlich noch hinter der ganzen Dämm-Lobby? Wir haben uns im Internetportal der „FAZ“ kundig gemacht. Das Ergebnis liest sich wie ein schlechter, weil unglaubwürdiger Krimi: Chef der Deutschen Energie-Agentur ist ein gewisser Stephan Kohler, der aus dem Freiburger Öko-Institut kommt. Das Ferienhaus teilt er sich – ein Schuft, wer sich etwas dabei denkt – mit seinem Duz-Freund Frank Walter Steinmeier, seine Frau hat früher das Büro von Sigmar Gabriel geleitet! Eine schöne Gesellschaft, die um unser Wohl besorgt ist. Sie alle werden sich freuen, dass Ulrich Wickert weiter zur besten Sendezeit für das Dämmen wirbt.

Müssen wir das alles schlucken? Weiterhin wird im ganzen Land Meter für Meter und Haus für Haus mit Styropor zugemüllt. Wann dämmert es den „Rest-Deutschen“, wem der Dämmungswahn nützt?

Gegen die stillschweigende Erschleichung der Macht einer Minderheit von „Besserwissern“ über die Mehrheit der Bevölkerung hilft nur Gegenwehr: Dämmt den Dämmungswahn ein! Solange ihr noch könnt.


S. 9 Kultur

Piratenschiff an der Spree
Die Wikinger sind da! − Faszinierende Ausstellung im Martin-Gropius-Bau begeistert nicht nur die Berliner

Die Berliner Wikinger-Ausstellung sorgt bundesweit für Furore. Noch nie wurden die Nordmannen so umfassend präsentiert.

„Tauchte ein Langschiff am Horizont auf, hatte man gerade noch Zeit wegzurennen“, sagt Matthias Wernhoff, Kurator der Ausstellung „Die Wikinger“ und Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte zu Berlin. „Niemandem gelang es“, so Wernhoff, „schnell eine Verteidigung aufzubauen, wenn da 100 Mann aus dem Boot sprangen.“

In Zusammenarbeit mit dem Dänischen Nationalmuseum Ko­penhagen und dem British Museum in London präsentiert das Berliner Museum im Martin-Gropius-Bau neue Einblicke in das Wikingerleben. Gleich beim Betreten des Lichthofes fesselt einen der Anblick eines 37 Meter langen Schiffes.

Langschiffe dieses Ausmaßes waren meistens in der Hand des Königs. Die „Roskilde 6“, das bisher größte erhaltene Wikingerboot, war ein Kriegsschiff. Das Wrack wurde 1997 in der dänischen Stadt Roskilde aufgefunden und restauriert. Ein Viertel der Planken und Holzteile ist vom Original erhalten geblieben. Das aufgeblähte Rahsegel, ein schon in der Antike bekanntes recht­eckiges Segeltuch, erhebt sich majestätisch bis zur Decke.

Wer ein Wikingerschiff auf dem Meer gesehen hat, vergisst es sein Leben lang nicht, heißt es. Laut Wernhoff verbreitete das Segel nach dem Ausrollen eine Weile den Geruch des Meeres im ganzen Museum. Kein Wunder, gehört es doch zur Ausstattung des größten originalgetreuen Nachbaus eines Wikingerschiffes.

Die 30 Meter lange, in Roskilde gebaute „Havhingsten fra Glendalough“, also „Seehengst von Glendalough“, konnte im September als eine Art Botschafter der Ausstellung besichtigt werden. Auf der Spree, am namentlich so passenden Schiffbauerdamm, lag es vor Anker und zog die Passanten magisch an.

Die aus dem Norden Europas stammenden Menschen bauten geniale Schiffe. Schnell und beweglich, für die Hochsee ebenso geeignet wie für Flachwasser wegen des niedrigen Tiefgangs und mit genügend Platz für Mannschaft und Beute.

Mangels Sägen wurde das Holz nur mit Äxten bearbeitet. Das Geheimnis: Die Holzfasern blieben so beim Spalten intakt, was den Schiffen Stärke und Ge­schmeidigkeit verlieh. Der Rumpf bestand aus überlappenden Planken. Diese Art „Klinkerbauweise“ machte die Schiffe leichter und stärker. Obwohl sich die Waffen der Wikinger nicht von denen ihrer Zeitgenossen unterschieden, waren ihre Boote einzigartig und ihr stärkstes Kampfgerät. Mit Drachenköpfen und kupferner Wetterfahne versehen, er­stürmten sie Europas Küsten und verbreiteten Angst und Schrecken.

Wikinger waren Menschen, die sich zu Schiffsgemeinschaften zu­sammenschlossen, um „auf Vi­king zu fahren“, also auf Raubzüge. Schiffe waren für sie Statussymbole, Gefährten ins Jenseits und natürlich Kriegswaffen. Bis zu 159 Seemeilen am Tag konnten sie damit zurücklegen. Oft mit dem Ziel, auf Beutefahrt zu gehen. Aber nicht nur: Die Nordmannen waren auch erfolgreiche Händler, Kaufleute und Entdecker. So ist belegt, dass der erste Europäer auf dem amerikanischen Kontinent ein Wikinger war. Leif Eriksson nannte das Land, das er im Jahr 1001 erstmals betrat, „Vinland“. Zuvor hatte sein Vater Erik der Rote Grönland entdeckt.

Ende des 8. Jahrhunderts er­schienen sie auf der Weltbühne. Plötzlich und unerwartet, im Juni 793 tauchten ihre Langboote vor Englands Küste auf. Grausam und gnadenlos überfielen sie das Kloster Lindisfarne. Sie töteten die Mönche und Inselbewohner, plünderten die Kirche, raubten Gold und Edelsteine und legten Feuer. Das war der Anfang. Alsbald erkannten sie, dass man durch Raubzüge schneller Reichtum anhäufen konnte. 200 Jahre lang versetzten die Krieger besonders die Küstenregionen der britischen Inseln, der Normandie und Bretagne in Panik.

Nicht immer gingen sie als Sieger aus dem Kampf hervor, was ein 2009 in Weymouth, in der südenglischen Grafschaft Dorset, aufgefundenes Massengrab deutlich macht. Die rund 50 Toten sind wahrscheinlich einer Massenhinrichtung zum Opfer gefallen. Sie wurden enthauptet und entkleidet, die Köpfe gesondert verscharrt. Untersuchungen ergaben, dass es sich um Skandinavier handelte. Eine ganze Schiffsmannschaft scheint hier im 11. Jahrhundert durch rechtzeitige Abwehr niedergemetzelt worden zu sein.

Im Raum „Krieg und Eroberung“ steht der Besucher vor dem nachgebildeten Massengrab aus England, kann Skelettteile betrachten, die noch heute die zugefügten Verletzungen zeigen. Man staunt über angeschliffene Zähne an einem Totenschädel. Bei den Wikingern war es Mode, sich die Zähne zu feilen und zu färben. Im Hintergrund laufen filmische Kampfszenen. So könnte es sich abgespielt haben damals.

Die ausgestellten Waffen sind zum Teil zusammengerollte Schwerter. Sie wurden unbrauchbar gemacht, wenn der Krieger starb, damit er im Jenseits nicht weiter kämpfen musste. Mehr als 200 Schwerter, Äxte, Schilde und Lanzen sind zu sehen. „Dort stehen die berühmten Ulfberht-Schwerter“, sagt Wemhoff. Der Name eines Schmiedes, eingearbeitet als Markenname.

Als herausragendes Symbol der Wikingerzeit bildet die „Roskilde 6“ das Zentrum der Berliner Ausstellung. Wie in einem Hafen vor Anker liegend kann man sich ihr auf Stegen nähern. Sie konnte 100 Mann Besatzung transportieren, die auf 76 Ruderplätzen die mittelalterliche Welt bereisten. Vom Schiff ausgehend begibt man sich in vier Themenräume. Der Bereich „Kontakt und Austausch“ zeigt die vielschichtigen sozialen Verflechtungen der Nordmänner im kriegerischen, aber auch friedlichen Umgang mit fremden Zivilisationen.

Ihr bedeutendster Handelsplatz war das heute in Schleswig-Holstein liegende Haithabu, das am Ende eines Meeresarmes lag. Sie trieben lebhaft Handel mit Edelmetallen, Gewürzen, Honig, Tierfellen, Bernstein, Seide, Kochtöpfen aus Speckstein, Mühlsteinen und Waffen. Aber auch mit Menschen, die sie unterwegs raubten und als Sklaven bis in den Orient verkauften. Ein weiteres Faszinosum bietet der Themenbereich „Glaube und Ritual“. Neben einer Welt mit vielen Göttern, anschaulich gemacht durch Ausstellungsstücke in einem waldigen Raum, steht man plötzlich vor einer Nachbildung des Jellingsteins. Der Ru­nenstein, den man heute als Abbildung in jedem dänischen Pass finden kann, gilt als die Tauf­urkunde Dänemarks. In Jelling in Jütland führte König Harald Blauzahn seinen Königshof. Warum man ihn so nannte, ist ungewiss. Vielleicht färbte er sich der Mode entsprechend die Zähne. Der Runenstein trägt eine Botschaft. Die Leistungen des Königs werden gewürdigt, unter dem das Christentum Einzug hielt in die nordischen Reiche. Aus diesen bildeten sich schließlich die skandinavischen Staaten.

Der Bereich „Macht und Herrschaft“ erhellt das Leben der Könige und Herrscher zur Wikingerzeit. Hier finden sich auch die Schätze des Königs. Unter anderem der 1872 bei einer Sturmflut aus dem Sand aufgetauchte „Schatz von Hiddensee“ aus der Zeit Harald Blauzahns. Es ist kostbarstes Geschmeide aus Gold, dessen Verzierungen eine Verquickung heidnischer und christlicher Symbole aufweisen.

Die Wikinger bereisten den Globus, entdeckten neues Land, gründeten Siedlungen, hatten Handelsbeziehungen bis ins By­zantinische Reich. Waren aber auch einfache Bauern, die ihre Felder bestellten, um die Familien zu ernähren. Sie nur als räuberische Piraten darzustellen, greift etwas zu kurz. Die mit 800 Exponaten lockende Ausstellung in Berlin beweist es.

Hörnerhelme gehören ins Reich der Sagen. Richard Wagner ließ im „Ring des Nibelungen“ seine Helden so auftreten. Archäologen fanden nur einen Helm aus der Wikingerzeit. Und der war ohne Hörner. Silvia Friedrich

„Die Wikinger“: Martin-Gropius-Bau, Berlin, 10. September bis 4. Januar 2015, täglich außer dienstags von 10 bis 19 Uhr. Eintritt: 12 Euro.


Kostbares Waffenlager
»Reichsgeschichte auf höchstem Niveau« − Die Prunkwaffen von Dresden

Ab dem Zeitpunkt seiner Thronbesteigung im Jahre 1553 begann der sächsische Kurfürst August (1526–1586) als einer der wenigen europäischen Herrscher des 16. Jahrhunderts damit, einen umfangreichen Staatsschatz anzusparen. In diesem Zusammenhang legte er auch den Grundstein für die noch heute existierende Sammlung wertvoller Hieb- und Stichwaffen. Möglich wurde dies durch die reichlich sprudelnden Einnahmen aus dem erzgebirgischen Silberbergbau und der Auflösung kirchlicher Besitztümer infolge der Reformation.

Die aufwendig gefertigten und reichlich mit Gold und Edelsteinen verzierten Waffen kamen dabei nie zum Einsatz, sondern dienten ausschließlich Repräsentationszwecken, so wie das auffällig große Kurschwert, welches sich August 1566 anlässlich der zeremoniellen Belehnung mit der Kurwürde durch seinen Freund Kaiser Maximilian II. (1527–1576) selbst zum Geschenk machte.

Mit dem wachsenden Reichtum Sachsens gerieten die Schwerter, Galanteriedegen, Rapiere und Zierdolche bald immer preziöser, da nun die berühmtesten Waffenschmiede Europas wie der Spanier Pere Juan Poch für die Wettiner arbeiteten. Die größten Zuwächse erlebte die Sammlung zweifellos unter August dem Starken (1670–1733). Der nämlich wurde 1697 zum polnischen König gewählt und sah sich daraufhin zu einer Prachtentfaltung ohnegleichen veranlasst. Es dauerte nicht lange, da befanden sich an die 2000 einzigartige Blankwaffen in der kurfürstlich-königlichen Rüstkammer innerhalb der „Geheimen Kriegskanzlei“ des Residenzschlosses in Dresden, darunter auch der dekorative Felddegen des russischen Zaren Peter der Große (1672–1725). Allerdings be­kam sie dort kaum jemand zu sehen, weshalb Friedrich August I. schließlich 1728 Order gab, die wertvollsten Stücke in sein legendäres Schatzkammermuseum Grünes Gewölbe zu verbringen, wo sie dann im sogenannten Juwelenzimmer innerhalb der aus neun Räumen bestehenden „Wunderkammer“ gezeigt wurden – und zwar nach detaillierten persönlichen Vorgaben des Herrschers.

Im Grünen Gewölbe, das be­reits seit 1724 öffentlich zugänglich war, verblieben die Klein­odien der Waffenschmiedekunst bis ins erste Kriegsjahr 1914. Dann kam es auf Initiative des Direktors des nunmehrigen Historischen Museums Dresden, Jean Louis Sponsel (1858–1930), zu einer Rückführung in den Bestand der Rüstkammer.

Das 100. Jubiläum dieser Aktion veranlasste die Staatlichen Kunstsammlungen, kürzlich eine Son­derschau im Neuen Grünen Gewölbe des Residenzschlosses zu veranstalten, in der eine Auswahl der bedeutendsten Prunkwaffen der sächsischen Kurfürsten ausgestellt war. Darunter befanden sich nicht nur die bereits erwähnten Objekte, sondern auch das mit einem römischen Adler verzierte Schwert, welches der Sohn August des Starken 1734 bei seiner Krönung zum polnischen König in Krakau trug. Deshalb war es berechtigt, als Dirk Syndram, der Direktor des Grünen Gewölbes, davon sprach, dass hier „Reichsgeschichte auf höchstem Niveau“ gezeigt werde. W. Kaufmann


Ein Dichterrebell
Vor 200 Jahren geboren: Michail Lermontow

Als Russlands Nationaldichter Puschkin 1837 an den Folgen eines Duells starb, wurde Michail Lermontow mit einem Gedicht auf den Getöteten schlagartig be­rühmt. In 72 harschen Versen klagte er die „Henkersknechte“ und die „Lasterbrut“ am Zarenhof an, die für den Tod verantwortlich gewesen seien. Eine sofortige Verbannung nach Sibirien konnte nur seine resolute Großmutter verhindern, die den vor 200 Jahren, am 15. Oktober 1814, in Moskau geborenen und elternlos aufgewachsenen Dichterrebellen großgezogen hat.

Nach seinem Puschkin-Gedicht galt Lermontow als die nächste große romantische Dichterhoffnung Russlands. Dies erst recht nach der Veröffentlichung seines Romans „Ein Held unserer Zeit“, der in Russland eine ähnliche Sogwirkung entfaltete wie Goethes „Werther“ in Deutschland. Der Held des schmalen Romans, ein junger Offizier namens Petschorin, gibt sich nach dem gewaltsamen Tod seiner Geliebten ganz dem Weltschmerz hin. Dieser alter ego Lermontows verkörpert den seinerzeit in der aristokratisch geprägten russischen Bildungsschicht gepflegten Ennui, die Langeweile. Statt Leidenschaft und Aufbäumen bleibt er seiner Rolle als Dandy und adeliger Offiziersstutzer treu, der andere erniedrigt.

Die Zerrissenheit dieses Zeithelden zwischen einer lieben und einer bösartigen Seele hat die spätere Schriftstellergeneration um Gontscharow, Tolstoi und Dostojewski zu ih­ren großen Romanen angeregt. Dass Lermontow nicht ganz auf einer Stufe mit Puschkin steht, liegt auch daran, dass er als noch unreifer Autor dasselbe Schicksal wie sein väterliches Dichtervorbild erlitt: Im Kaukasus, wohin er wegen seines Puschkin-Gedichts in ein Dragonerregiment letztlich strafversetzt wurde, starb er 26-jährig nach einem Pistolen-Duell. H. Tews


S. 10 Geschichte

Beschwiegene Verbrechen
Die Massenvergewaltigungen deutscher Frauen und Mädchen durch die Roten Armee sind kein öffentliches Thema

Als ich beim Deutschlandtreffen der Ostpreußen in Kassel mein Buch „,Frau, komm!‘ Die Massenvergewaltigungen deutscher Frauen und Mädchen 1944/45“ signierte, flüsterte mir eine ältere Frau zu: „Mir ist das als Elfjähriger widerfahren.“ Was sagt man in einem solchen Augenblick zu einem solch schrecklichen Bekenntnis? Mir ist leider in dieser unvorhergesehenen Situation kein passendes oder tröstendes Wort eingefallen. Ich habe diesem Opfer von Gewalt nur die Hand ge­drückt. Das war nicht viel.

Dagegen war es viel, dass jene Frau überhaupt – wenn auch nur in einem einzigen Satz – über ihre Vergewaltigung gesprochen hat; denn es gibt kein Verbrechen, das so beschwiegen wird, wie die massenhaften Vergewaltigungen, die 1944/45 vor allem in Ostpreußen, aber nicht nur dort, geschehen sind. Wie ist diese Sprachlosigkeit zu erklären? Die Opfer schweigen vermutlich aus Scham, obwohl kein Grund vorhanden ist, sich für das an ihnen begangene Verbrechen zu schämen. Nicht die Opfer, sondern die Täter müssen sich schämen. Aber die Täter schweigen: Eine wehrlose Frau oder ein elfjähriges Kind zu vergewaltigen war keine Heldentat.

Zuzugeben ist allerdings auch: Wer heute in Russland über die von sowjetischen Soldaten begangenen Vergewaltigungen sprechen oder schreiben wollte (wie dies Lew Kopelev und Alexander Solschenizyn eindrucksvoll getan haben), müsste Mut aufbringen; denn Präsident Putin hat am 5. Mai ein Gesetz unterzeichnet, das unter anderem „die öffentliche Verbreitung wissentlich falscher Informationen über die Tätigkeit der UdSSR während des Zweiten Weltkrieges“ mit Geldstrafe in Höhe von bis zu 300000 Rubel (rund 6000 Euro) oder mit Freiheitsentzug bis zu drei Jahren bestraft (Art. 315 Abs. 1 Strafgesetzbuch). Die Stoßrichtung ist klar und von Putin unmissverständlich vorgegeben: Laut einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Ria Novosti hat Putin erklärt, Russland werde auch künftig Widerstand dagegen leisten, die Geschichte zu fälschen „sowie das Andenken und den guten Namen der Helden und Befreier zu diffamieren“. Otto Luchterhandt, Professor für Ostrecht und einer der besten Kenner der russischen Gesetze, hat dazu festgestellt, dass eine Analyse des erwähnten neuen Straftatbestandes die Befürchtungen bestätigt, „dass diese Vorschrift ohne Schwierigkeiten dafür instrumentalisiert werden kann, politische unerwünschte Kritik an den dunklen Seiten des Sowjetregimes während des Zweiten Weltkrieges strafrechtlich zu verfolgen. Eine einschüchternde Vorwirkung der Strafrechtsänderung ist schon längst spürbar.“

In Russland darf also über die „Helden“-Täter nicht gesprochen werden, und damit auch nicht über deren Opfer. In Deutschland darf gesprochen werden, aber das Thema findet nicht die Aufmerksamkeit, die es verdient. Zu der Konferenz „End Sexual Violence in Conflict“, die im Juni in London stattfand, schickten die USA und Großbritannien ihre Außenminister und die Vereinten Nationen Angelina Jolie als Sonderbotschafterin. Die Bundesrepublik Deutschland hielt sich, wie in einem Pressebericht zu lesen war, „mit einer Abteilungsleiterin im Hintergrund“; in Berlin sorge man sich, dass die von sexueller Gewalt Betroffenen „zu sehr als Opfer gesehen werden“ – eine merkwürdige Sicht. Im Schulbuch „Kursbuch Geschichte“ lesen die Abiturienten deutscher Schulen: „Die Rote Armee verhielt sich barbarisch in den von ihr eingenommenen Gebieten, aber die Sowjets verübten keinen Völkermord“ und: „Die Rote Armee eroberte im März zunächst das eingeschlossene Ostpreußen, überquerte die Oder und umzingelte schließlich Berlin“ – die Massenvergewaltigungen sind offenbar nicht wichtig genug, um Schüler darüber zu informieren. In dem von Aleida Assmann und Jan Assmann, den Befürwortern der Erinnerungskultur, herausgegebenen Sammelband „Schweigen“ (München 2013) wird auf 300 Textseiten und in vielen hundert Anmerkungen nicht ein einziges Mal das Beschweigen der Massenvergewaltigung deutscher Frauen und Mädchen auch nur erwähnt.

Das Land Hessen hat die Einführung eines Gedenktages „für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation“ beschlossen, in Sachsen gibt es einen Gedenktag für die deutschen „Opfer von Flucht, Vertreibung und Zwangsumsiedlung“. Auch Bayern und neuerdings der Bund stehen mit Gedenken und Mahnung an Flucht und Vertreibung nicht abseits. Dies sind gute – eigentlich längst fällige – Beschlüsse, auch wenn das Stichwort Vergewaltigung fehlt. Zu hoffen ist nur, dass dieses Thema an den Gedenktagen nicht ausgegrenzt wird. Auch die Bundeszentrale für politische Bildung und die Landeszentralen sollten sich diesem Teil der deutschen Geschichte mehr als bisher widmen. Last but not least: Der Bundespräsident, der schon so häufig über viele Opfer von Krieg und Gewalt gesprochen hat, bleibt aufgerufen, das Schicksal der Vergewaltigungsopfer von 1944/45 zu würdigen, dies – bitte – nicht nur in einem Nebensatz. In einer Verlagsankündigung des von Martin Knechtges und Jörg Schenuit herausgegebenen Buches „Öffentliches Schweigen“ heißt es: „Man kann nicht nicht kommunizieren, so hallt es durch die virtuellen und belebten Foren des 21. Jahrhunderts … Wir leben im Kommunikationszeitalter, in dem alles besprochen und verständlich gemacht werden kann – und muss.“ Das öffentliche Beschweigen der Massenvergewaltigungen deutscher Frauen und Mädchen steht zu diesen Feststellungen in einem eklatanten Widerspruch. Wie ist diesem Missstand des Beschweigens eines der schrecklichsten Verbrechen des Zweiten Weltkrieges abzuhelfen? Wie ist das Beschweigen in Darübersprechen und in Darüberschreiben aufzulösen?

Wenn von Politikern und Zeit­historikern zu diesem Thema nichts oder jedenfalls nur wenig zu hören ist, dann können nur die Opfer, sofern sie noch leben, dieses Schweigen brechen; sie – die Opfer – sollten deshalb immer wieder ermuntert werden, ihre Erlebnisse aufzuschreiben und damit vor dem Vergessenwerden zu bewahren. Aber auch die Kinder der Opfer oder der von Vergewaltigung bedroht gewesenen Frauen sollten ihre Erfahrungen mitteilen, wie dies zum Beispiel die aus dem Kreis Bartenstein stammende Ilsa Langanke in ihrer Lebenserinnerung „Und die Sehnsucht bleibt. Eine ostpreußische Biographie“ (2007) ergreifend beschrieben hat: „Meine Mutter rief, wir sollten schreien, damit die Russen uns in Ruhe ließen und abzögen. Warum wir schreien mussten, hatten wir Kinder zunächst nicht begriffen. Aber die Angst vor den Russen und unser eigenes Geschrei versetzten uns immer wieder in Panik. Diese Angst steckte tief in mir und hat mich noch lange be­drückt.“ Ilsa Langanke war damals fünf Jahre alt; erst im Erwachsenenalter hat sie die damaligen Zusammenhänge verstanden. Ingo von Münch


Fast ein Heimatfilm
Mit dem eher banalen Hintergrund Fußball transportiert »Landauer – Der Präsident« ein Stück Zeitgeschichte

Eigentlich wäre es eine intelligente Frage für die Quizsendungen, mit denen das Fernsehen seit Jahren das Programm inflationiert: Wer war Kurt Landauer? Wenn dann in den zur Auswahl gegebenen Antworten „Erfinder einer offenen Kutsche“ oder „Präsident des FC Bayern München“ stünde, würden die meisten Kandidaten – Namen wie Beckenbauer, Hoeneß, Rummenigge im Hinterkopf – vermutlich auf den „Kutscher“ tippen. Die ARD holt Kurt Landauer am 15. Oktober ab 20.15 Uhr mit einem 90-Minuten-Film aus dem Vergessen. Das Bayerische Fernsehen schließt um 22 Uhr mit einer Dokumentation und um 22.30 mit einer Talkrunde an.

Wer war dieser Kurt Landauer? Er war Spieler und Mitgründer des heute international so erfolgreichen Fußballclubs Bayern München. Wahrlich eine legendäre Figur der Stadt an der Isar, aber nur eingefleischte Bayern-Fans werden von ihm wissen.

Geboren 1884 als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Plan­egg, spielte Kurt Landauer schon 1901 in einer Mannschaft des Bayernclubs. Der war gerade ein Jahr vorher im Schwabinger Cafe Gisela gegründet worden. 1913 wurde Landauer zum ersten Mal Präsident des Clubs; zwischen 1919 und 1933 war er es ein zweites Mal. Im Ersten Weltkrieg diente der Jude Landauer im deutschen Heer, bekam das Eiserne Kreuz. Sein größter sportlicher Erfolg: die Deutsche Fußballmeisterschaft 1932. In Nürnberg siegten die Münchner gegen Frankfurt. Kurt Landauer soll einen Ball mitgebracht haben, für dessen Leder eine oberbayerische Kuh ihr Fell gegeben hat, heißt es.

Ein Jude als Präsident – die Münchner sprachen gar von einem „jüdischen Verein“, obwohl doch nur der geringste Teil der Mitglieder einen jüdischen Hintergrund hatte. 1933, die „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten hatte bereits stattgefunden, wurde Landauer nicht wiedergewählt und verlor auch seine Stellung als Anzeigenleiter bei den „Münchner Neuesten Nachrichten“. Nach der Progromnacht und anschließender kurzer Inhaftierung im KZ Dachau floh er 1939 in die Schweiz.

Mit Landauers Rückkehr aus dem Exil 1947 beginnt der Film, für den der Autor und Historiker Dirk Kämper das Drehbuch schrieb. Eine stampfende alte Lok rollt ins Bild. Regisseur Hans Steinbichler nutzt diesen Anfang vieler Filme, wenn es gilt, unmittelbares 1947er-Umfeld zu schaffen. Bilder vom zertrümmerten Münchner Hauptbahnhof werden eingeblendet. Im Waggon spricht Landauer mit dem Rabbi, der ihm Schiffspassagen nach Amerika zusichert: „Auf ’nen Schafskopf in New York!“ Aber auch Antisemitismus, der immer wieder wesentliche Szenen des Films bestimmt, wird spürbar – ob der im Nachkriegs-München so handfest zutage trat (der Rabbiner wird niedergeschlagen) sei dahingestellt.

In München sieht Landauer die Wiese wieder, auf der er Kicken lernte; eine Frau jätet am Rand eines Spielfeldes Gemüse („Wir brauchen kein Stadion!“). Immer wieder werden wie eine Fermate zwischen die erzählenden, manchmal auch saftigen Dialoge Szenen mit bolzenden Jungen eingeblendet. Alle tragen sie Schiebermützen und Kniehosen mit Hosenträgern – es wirkt belächelnswert uniformiert. Überhaupt arbeitet der Film streckenweise mit vielen Klischees. So muss es damals gewesen sein. War es so?

Eigentlich wollte Kurt Landauer in München nur sein Visum für die Vereinigten Staaten von Amerika abholen – und erkennt doch seine Mission: In München soll wieder Fußball gespielt werden. Jungen rufen ihm zwar „Jude“ nach, aber er weiß auch um seinen Vorteil. Er trotzt den (im Film ständig mit Jeeps herumkutschierenden) US-amerikanischen Besatzungsoffizieren die Vereinslizenz ab; er versöhnt sich mit dem Rivalen 1860 München; er lässt ein Stadion bauen. Die Münchner jubeln wieder: Hoch lebe Landauer! Nebenbei wird eine mit Prüfungen belastete Liebesgeschichte erzählt.

Mit Josef Bierbichler als dem gewichtigen Landauer, mit Herbert Knaup als treuem Freund und mit Jeanette Hain als Geliebte, die sich gegen ihren Bruder, einen verbohrt gebliebenen ehemaligen SS-Angehörigen, wehren muss, sind die Hauptrollen überzeugend besetzt.

Die Dialoge, um der Authentizität willen, größtenteils bayerisch gefärbt, werden nördlich der Mainlinie leider nicht leicht verständlich sein. Überhaupt ist es trotz der zusätzlichen Finanzhilfen aus Nord­rhein-Westfalen und Baden-Württemberg und mit Drehorten in Fürth und Düsseldorf ein urbayerischer Film. Fast ein Heimatfilm; besonders in Szenen, in denen Landauer seine Spieler ins Trainingslager im Voralpenland karrt, damit sie bei Blasmusik „etwas zwischen die Rippen kriegen“.

Kurzum: „Lan­dau­er – Der Präsident“ ist kein filmisches Meisterwerk, das Cineasten feiern werden. Bemerkenswert bleibt jedoch, dass mit dem eher banalen Hintergrund Fußball ein Stück Zeitgeschichte transportiert wird.

Karlheinz Mose


S. 11 Preussen

Der Ludendorff der letzten Einigungskriege
Theophil von Podbielski fungierte in den Kriegen von 1866 und 1870/71 an der Seite Moltkes als Generalquartiermeister

Als Generalinspekteur der Artillerie führte Theophil von Podbielski nach den Einigungskriegen die Trennung der Feld- von der Festungsartillerie durch und organisierte die Neubewaffnung der Feldartillerie. Vor 200 Jahren, am 17. Oktober 1814, kam der General der Kavallerie in Cöpenick bei Berlin zur Welt.

Podbielski ist der Name eines Geschlechts mit Stammhäusern in Podbelice im Bezirk Warschau und Groß-Podbiele im Land Nur, das auf den im 16. Jahrhundert lebenden Stanislaus Podbyelski zu­rück­geht. Die Familie wird zum preußischen Adel gezählt, weil die Brüder Nikodemus (1776–1844) und Anton von Podbielski (1780–1841) Ende des 18. Jahrhunderts in königlich-preußische Dienste traten und anschließend als Kavalleristen Karriere machten.

Anton von Podbielskis ältester Sohn, Theophil Eugen von Podbielski, fühlte sich ebenfalls zur Reiterei hingezogen und trat nach dem Besuch der Ritterakademie von Liegnitz im Alter von nur 17 Jahren in das 1. Ulanen-Regiment ein, in dem auch sein Vater diente. Zwei Jahre später, am 9. Februar 1833, erfolgte die Beförderung zum Secondelieutenant, nachdem von Podbielski junior das Offizierexamen „mit Allerhöchster Belobigung“ bestanden hatte. Danach kamen der Besuch der Allgemeinen Kriegsschule und die Ernennung zum Brigade- beziehungsweise Divisionsadjutanten sowie schließlich 1855 die Versetzung in die Führung des III. Armee-Korps in Berlin. 1858 wiederum erhielt der nunmehrige Major das Kommando über das thüringische Husarenregiment Nr. 12 in Merseburg, das er Anfang 1863 abgab, um an die Spitze der 16. Kavallerie-Brigade in Trier zu wechseln – zu diesem Zeitpunkt war von Podbielski bereits Oberst.

Als nächster großer Karriereschritt folgte im Dezember 1863 die Ernennung zum Oberquartiermeister der königlich-preußischen Truppen unter Generalfeldmarschall Friedrich Heinrich Graf von Wrangel (1784–1877), die an der Bundesexekution gegen Holstein und Lauenburg beziehungsweise Dänemark mitwirkten. In dieser Eigenschaft nahm von Podbielski auch am sich anschließenden Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 teil und verblieb nach dessen Ende als Chef des Stabes bei dem in den Elbherzogtümern stationierten Truppenkontingent des Generalleutnants Edwin Rochus Freiherr von Manteuffel (1809–1885), letzteres ab dem 18. Juni 1865 im Range eines Generalmajors. Im Jahr darauf bekam Theophil von Podbielski dann den Posten des Direktors des Allgemeinen Kriegs-Departements im preußischen Kriegsministerium übertragen, bevor er mit Ausbruch des Deutschen Krieges zum Generalquartiermeister der gesamten Armee und somit zur rechten Hand des legendären Generalfeldmarschalls Helmuth von Moltke (1800–1891) avancierte.

Für seinen Einsatz im Kampf gegen Österreich und dessen Verbündete erhielt von Podbielski am 18. September 1866 den Pour le Mérite verliehen; dazu kam am 20. Dezember 1867 die Beförderung zum Generalleutnant. Außerdem wurde der verdiente Offizier erneut ins Kriegsministerium beordert, wo er nun sowohl für den Ausbau der preußischen Armee als auch des Norddeutschen Bundesheeres verantwortlich zeichnete, was ihn de facto zum zweitwichtigsten Mann nach dem Ressortchef Albrecht von Roon (1803–1879) machte.

Mit Beginn des Deutsch-Französischen Krieges stand von Podbielski dann aber wieder an der Seite Moltkes und fungierte erneut als Generalquartiermeister. Dabei erlangte er mit seinen offiziellen Verlautbarungen über den Verlauf der Kampfhandlungen, die in einem überaus lakonischen Stil abgefasst waren, weltweite Popularität: das Ausland zeigte sich sehr beeindruckt davon, dass der bis dahin nur Wenigen bekannte preußische General keine bombastischen Siegesmeldungen verbreitete, sondern oftmals bloß die unterkühlte Formel „Nichts Neues vor Paris“ verwendete.

Zwei Jahre nach Kriegsende ging Kaiser Wilhelm I. (1797–1888) dann das Wagnis ein, den gestandenen Kavalleristen von Podbielski, der wegen seiner Verdienste inzwischen auch eine Dotation in Höhe von 100000 Talern erhalten hatte, zum Generalinspekteur der Artillerie zu ernennen. Der bisher in jeder Situation souverän auftretende Mustersoldat entsprach erneut allen Erwartungen und trieb die Modernisierung des Artilleriewesens mit äußerster Energie und bemerkenswerter Weitsicht voran. So verfügte er unter anderem die Trennung von Feld- und Festungsartillerie sowie die Neuausrüstung der ersteren. Dabei machte sich von Podbielski allerdings nicht nur Freunde, weil seine Personalentscheidungen manchmal ziemlich unbequem ausfielen, was er gegenüber einigen aufgebrachten Beschwerdeführern mit dem knappen Satz kommentierte: „Gnade zu üben, sei dem Kriegsherrn vorbehalten!“

Trotzdem stieß der ebenso geradlinige wie integere Podbielski, der 1873 auch noch zum General der Kavallerie befördert wurde, auf breite Zustimmung und Anerkennung von Seiten des Militärs und der Politik. Um so größer war deshalb der allgemeine Schock, als der verdiente Truppenführer der Einigungskriege urplötzlich an einem Herzanfall verstarb, der ihn am 31. Oktober 1879 an seiner Wirkungsstätte in Berlin ereilte und aller Wahrscheinlichkeit nach aus der permanenten Überlastung des 65-Jährigen resultierte: Der Generalinspekteur war ja „ganz nebenher“ auch noch Präses des General-Artillerie-Komitees, Mitglied der Landesverteidigungskommission und Erster Kurator der Vereinigten Artillerie- und Ingenieurschule.

Wolfgang Kaufmann


Nicht nur großer Präsidentenbruder
Vor 60 Jahren starb Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Friedrich Wilhelm Lübke

Während sein jüngerer Bruder, der Bundespräsident Heinrich Lübke, dem Binnenland erhalten blieb, zog es den am 25. August 1887 im sauerländischen Enkhausen geborenen Friedrich Wilhelm Lübke schon früh zur See. Das ist nicht ungewöhnlich, herrschen doch oft fernab von den Meeren die romantischsten Vorstellungen von der Seefahrt. Lübke wartete noch nicht einmal das Abitur ab, sondern verließ bereits mit 14 Jahren das Gymnasium, um Seemann zu werden. Dem Steuermannspatent folgte 1913 das Kapitänspatent für Große Fahrt.

Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges diente der Handelsschiffsoffizier bei den Seestreitkräften. Der Leutnant kam bei der 1. U-Boot-Flottille zum Einsatz.

Im Diktat von Versailles wurde Lübkes Vaterland die Handelsflotte genommen und so wurde der Handelsschiffsoffizier nolens volens Landratte. Doch Norddeutschland blieb er treu. Der Sohn eines Schuhmachers, der im Nebenerwerb Landwirtschaft betrieben hatte, wurde Landwirt. Er bewirtschaftete einen Hof in Augaard im Landkreis Flensburg. Alsbald betätigte er sich verbandspolitisch für Kleinbauern wie ihn. Insbesondere die Siedlungsarbeit war sein Metier. So wirkte er maßgeblich bei der Erstellung von 500 bäuerlichen Siedlungen mit.

Im Zweiten Weltkrieg diente Lübke wieder bei den Seestreitkräften. Beim Oberkommando der Kriegsmarine wurde ihm die Leitung der Seetransportstelle Aarhus übertragen.

Angesichts der Tatsache, dass der aus dem Sauerland zugewanderte Lübke zur katholischen Minderheit in Schleswig-Holstein gehörte und bereits in der Weimarer Zeit verbandspolitisch aktiv gewesen war, verwundert es kaum, dass er nach dem Krieg zu den Gründern der CDU im meerumschlungenen Land zwischen Nord- und Ostsee gehörte. 1946 wurde er Landrat seines Heimatkreises Flensburg. Unter ihm kam es in Schleswigs größter Stadt zur Neugründung des Vereins für Erwachsenenbildung und Büchereiwesen. Er übernahm auch den Vorsitz des heutigen Deutschen Grenzvereins, dessen traditionelles Ziel es ist, die deutsche Kultur in Schleswig südlich wie nördlich der deutsch-dänischen Grenze zu stärken. Der Seefahrer, Landwirt und Politiker Lübke war auch Kulturschaffender. Die Seefahrt war das Thema von belletristischen Veröffentlichungen wie „Kap Sidney Head oder Hölle in 60 Tagen“ „Männer auf Tiefwasserfahrt“, „Matrosen segeln um die Welt“, „Hoch am Wind im Pazifik“ und „Ekke Nekkepenn“, die im Zweiten Weltkrieg und der Nachkriegszeit erschienen.

Im Jahre 1951 wurde Lübke Nutznießer eines CDU-internen Machtkampfes zwischen dem Parteivorsitzenden Carl Schröter und dem Mini­sterpräsidenten Walter Bartram. Am 23. Juni des Jahres wurde Lübke auf einem außerordentlichen Parteitag in Rendsburg Schröters Nachfolger als CDU-Landeschef und zwei Tage später Bartrams Amtsnachfolger als schleswig-holsteinischer Regierungschef. Da die Regierungskoalition am Ende der Ära Bartram durch den Austritt des Bundes der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE) die absolute Mehrheit verloren hatte, wurde Lübke nur mit relativer Mehrheit gewählt. Ihm gelang es jedoch, den BHE für eine erneute Zusammenarbeit in einer bürgerlichen Koalition aus CDU, FDP und Deutscher Partei (DP) zu gewinnen und damit die Zeit der Minderheitsregierung zu beenden. Am 13. August konnte er ein neues Kabinett vorstellen, das nun auch BHE-Minister einschloss.

Lübkes bedeutendstes Werk als Landesvater des damals – ähnlich wie heute Mecklenburg-Vorpommern – sehr strukturschwachen Schleswig-Holstein ist sicherlich das sogenannte Programm Nord. Es enthielt Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur, der Verkehrserschließung und des Küstenschutzes. Lübke gelang es dabei, den Bund finanziell mit in die Pflicht zu nehmen.

Bei der Landtagswahl 1954 wurde seine Regierungsarbeit vom Wähler bestätigt. Lübkes Partei gelang ein Sprung um 12,4 Punkte auf 32,2 Prozent. Zwar verbesserte sich auch die SPD um 5,7 Punkte auf Kosten der Koalitionspartner der CDU, doch konnte Lübkes bürgerliche Regierung ihre Arbeit fortsetzen.

Lübke konnte sich dieses Erfolges des September 1954 allerdings nur kurzer Zeit erfreuen. Keinen Monat nach der Landtagswahl musste der Ministerpräsident aus gesundheitlichen Gründen zu­rück­treten. Sein Nachfolger wurde Kai-Uwe von Hassel. Wenige Tage nach dem Amtswechsel, am 16. Oktober 1954, starb Friedrich Wilhelm Lübke auf seinem Hof in Augaard. Manuel Ruoff


Schmieriger Teufel
Günther Ungeheuer hatte seine Paraderolle

Wohl kein anderer populärer Mime überzeugte wie er in der Mischung aus schmierigem Gentleman-Ganoven und Inkarnation des Bösen. Die „Frankfurter Allgemeine“ formulierte es anlässlich seines Todes vor 25 Jahren wie folgt: „Bei Günther Ungeheuer bekam das Böse Charakter, und noch das Liebenswürdige hatte einen Zug ins Aasige.“

Bereits in seinem ersten Film, dem Klassiker „Hunde, wollt ihr ewig leben“ aus dem Jahre 1959 spielte er einen fiesen Soldaten. Vier Jahre später verkörperte er einen KZ-Aufseher und Gegenspieler von Götz George in „Mensch und Bestie“. Und seinen wohl berühmtesten Auftritt hatte er als ebenso eleganter wie skrupelloser rachsüchtiger und schließlich triumphierender Gegenspieler eines Revierbeamten in Jürgen Rolands Spielfilm aus dem Jahre 1964 „Polizeirevier Davidswache“.

Günther Ungeheuer war auf Kriminalfilme abonniert. Wenn er nicht den Täter spielte, dann zwielichtige Typen, die den Verdacht des Zuschauers erregen sollten. Diese Rolle hatte er in Straßenfegern wie „Ein Mann namens Harry Brent“ ebenso wie in unzähligen Folgen von Krimiserien wie „Der Kommissar“, „Derrick“ und „Tat­ort“.

Wie viele (ältere) Filmschauspieler kam auch Ungeheuer von der Bühne. Schon als Kind interessierte sich der am 15. Dezember 1925 in Köln geborene Ingenieurssohn für die Bretter, die angeblich die Welt bedeuten. Mit 17 begann er eine Ausbildung an der Schauspielschule der Städtischen Bühnen seiner Geburtsstadt. Kriegsdienst und

-gefangenschaft unterbrachen seinen Berufsweg, aber bereits ab 1945 spielte er in Köln und Bonn Theater. Zu seinen weiteren Stationen gehörten Bad Hersfeld, Trier, Münster, Oberhausen und Göttingen.

Dank seiner markanten Stimme stand er jedoch nicht nur auf der Bühne und vor der Kamera, sondern synchronisierte auch und machte in Hörspielen mit. Der Genießer von Tabakwaren und Alkohol starb keine 64 Jahre alt am 13. Oktober 1989 in einem Krankenhaus in Bonn an Lymphdrüsenkrebs. M.R.


S. 12 Leserforum

Leserforum

Wenn die Asyl-Lobby die Trommel rührt

Zu: Grenze erreicht; Mit dem Rücken zur Wand (Nr. 38) und Ungebremst ins Desaster (Nr. 39)

Der Artikel rief bei mir unangenehme Erinnerungen wach, als ich in den 1990er Jahren in der hiesigen Gemeinde für die Unterbringung und Betreuung von Migranten beziehungsweise Asylanten eingesetzt wurde, und zwar an vorderster Front.

Das war kein Zuckerschlecken. Die der Gemeinde zugewiesenen Zuwanderer kamen aus den Ländern Ex-Jugoslawiens. Ständige Forderungen und Beschwerden, die ich nicht erfüllen konnte, hielten mich in Atmen. Mir waren quasi aufgrund beschränkter Finanzmittel die Hände gebunden.

Ich wurde unter anderem massiv bedroht und musste um Polizeischutz nachsuchen. So zeichnet sich zurzeit die größte Einwanderungswelle nach Deutschland seit dem Krieg ab. Da ein Ende nicht in Sicht ist, wird unser Land die Einwandererwelle auf Dauer nicht schultern können. Alle geflohenen Iraker und Syrer können jeweils berechtigte Asylgründe vorbringen. Eine einflussreiche Asyl-Lobby rührt ständig die Trommel und erinnert uns daran, welch ein reiches Land wir seien. Außerdem wäre es unsere Pflicht, hier eine entsprechende Willkommenskultur zu pflegen.

Die hier auch gelesene größte Hamburger Zeitung berichtet seit Monaten, dass man bezüglich der Unterbringung der Zuwanderer nicht mehr Herr der Lage sei. Hamburg wendet jetzt „Polizeirecht“ an. Der Bürger wird das bald persönlich zu spüren bekommen, wenn die Zwangsmaßnahmen des Staates Anwendung finden. So konnte man dann noch in der Illner-Talk-Runde vom 25. September zur Kenntnis nehmen, dass Deutschland schon einmal 13 Millionen Flüchtlinge aus den Ostgebieten des Deutschen Reiches aufgenommen habe. Außerdem benötige die Industrie und Wirtschaft dringend eine Zuwanderung, um die fehlenden Arbeitskräfte zu ersetzen.

Die deutschen Heimatvertriebenen mussten um Leib und Leben bangen. Und für die Besetzung der freien Arbeitsplätze fehlt den allermeisten Ankommenden die entsprechende Qualifikation. Gnade uns der Himmel, wenn das von Dr. Ulfkotte in seinem Buch „Der Krieg in unseren Städten“ ausgemalte Szenario wahr wird.

Bernd Dauskardt, Hollenstedt

 

 

Klares Wort

Zu: Ungebremst ins Desaster (Nr. 39)

Der von mir hochverehrte Hans Heckel spricht in seinem Artikel über die deutsche „Flüchtlingspolitik“ ungewöhnlich humorlos von der gewaltigsten „Flucht und Vertreibung der Menschheitsgeschichte ... die Deutschen aus dem Osten.“ Der Spaß ist ihm wohl vergangen – mir auch.

Und jetzt droht der Dritte Weltkrieg mit Terror, Vertreibung und Landraub weltweit, weil sich das immer noch so prima lohnt und sogar nachträglich noch von der Uno sanktioniert wird, in der auch Vertreiberstaaten politisch korrekt teilweise sogar mit Veto- Recht abstimmten.

Die Vereinten Nationen sollten meiner Ansicht nach andere Staaten nicht politisch korrekt zu Kriegen verleiten, sondern schlicht und ergreifend die allgemeinen Menschenrechte durchsetzen.

Heinz-Dietrich Koske, Köln

 

 

Wer klagt die Vertreibungstäter an?

Zu: Deutsche zählen kaum (Nr. 36)

Beim künftigen jährlichen Gedenken des 20. Juni wird es auf Dauer nicht gelingen, mit dem Hinweis auf den „Kontext“ im Zusammenhang des Zweiten Weltkrieges auf die angebliche Eigenschuld für die verbrecherische Vertreibung von 15 Millionen Deutschen zu verweisen. Denn die Verantwortung für die völkerrechtswidrigen Taten liegt hauptsächlich bei den Tätern Stalin, Roosevelt und Churchill, die sich in Geheimabkommen ihre kriminellen Handlungen ohne Rück­sicht auf die Völker ausdachten und mit rund drei Millionen Vertriebenenopfern grausame Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt hatten.

Völkerrechtlich gibt es keine Verantwortung der Deutschen an der Vertreibung aus ihrer östlichen Heimat in den westlichen Teil Deutschlands. Keiner unserer vielen Politikerjuristen hat den Mut, die wirklichen Täter der Vertreibung am künftigen Gedenktag beim Namen zu nennen. Sie handeln nur aus Eigennutz. So war die Vertreibung der Deutschen für die vielen bis heute andauernden ähnlichen Taten in aller Welt eine Art Vorbild, weil die Täter ab 1945 von einem unabhängigen Gericht bis heute nicht zur Verantwortung gezogen wurden.

Die Nachahmungstäter müssen gemäß ihren Vorbildern der „Siegermächte“ ebenfalls nur Sieger bleiben und ihre Rechtswidrigkeiten den Opfern als rechtmäßig eintrichtern. Es bleibt zu hoffen, dass sich das Gericht eines wirklich demokratischen Staates in Zukunft sich dieser völkerrechtlich bis heute ungeklärten Angelegenheit annimmt. Dieser Staat könnte in Zukunft Russland heißen, da sich andere Staaten im westlichen Europa immer mehr einer zentralistisch gesteuerten Diktatur aus Brüssel beugen müssen.

Siegfried Neckritz, Osnabrück

 

 

PAZ wird zum Erweckungserlebnis

Zu: Gutmenschen am Ende (Nr. 35)

Es war mir schon vor einigen Monaten ein Bedürfnis, Ihre Wochenzeitung zu loben und Ihnen ein großes Kompliment auszusprechen. Woche für Woche freue ich mich auf die sehr ehrliche, nicht polemisierende und mit sehr viel Hintergrundinformation versehene Zeitung. Da hebt sich dieses Blatt deutlich vom üblichen und langweiligen „Einheitsbrei“ ab.

Es ist wohltuend, dass bei allem kritischen Hinterfragen genug Raum bleibt, Lösungsansätze aufzuzeigen und Verbindendes, Versöhnliches zu suchen. Diese Dialektik scheint leider unmodern. Umso wohltuender ist eine solche Ausnahme. Dafür ein großes Dankeschön.

Die Zeitung liegt – dank meiner Selbstständigkeit verteilt sich das Lesevergnügen in der Hauptsaison eines Gästehauses über die gesamte Woche – somit für alle Hausgäste sichtbar auf meinem Schreibtisch. Zumeist werde ich darauf angesprochen. Und nahezu immer mit der sinngemäßen Fragestellung: „Was ist das denn? Etwas für Ewiggestrige?“ Das tut nicht weh, sondern verschafft mir die Möglichkeit, diejenigen eines Besseren zu belehren. Einfach mal in die Hand gedrückt und schon passiert Bemerkenswertes. Hintergrund, Erklärendes, Verbindendes, Lösungsansätze und der positive Blick auf das heutige Miteinander im Osten. Das ganze Gegenteil von revanchistischem, rückwärtsgewandtem Gedusel. An erstgenannten anfänglichen Reaktionen ist leicht zu erkennen, welch´ einer Gehirnwäsche man den Großteil der Bevölkerung bereits unterziehen konnte. Kurzum: Die Zeitung, der Inhalt führt zu Überraschung, Interesse und guten Diskussionen.

Als Kind zweier Ostpreußen habe ich natürlich ein innigeres Verhältnis zur Heimat meiner Vorfahren. Und der dortigen Entwicklung heute. Dennoch vermag ich auch dem mit weniger persönlichen Bezug ausgestatteten Gast das Blatt nahezubringen. Soll heißen: Auch mein Lebenspartner und ich konnten einige Gäste zum Abschluss eines Abonnements bewegen. Dies nachweislich. Dies ist ein kleiner Beitrag, welchen wir im Rahmen auch einer vorwärtsgewandten Erinnerungskultur und politischen Aufklärung leisten können.

Natürlich kann man nicht jedem Beitrag zustimmen. Das wäre auch konträr zum oben Gesagten. Dennoch wiederhole ich einen Gedanken, welcher mich seinerzeit schon zu einer E-Mail bewegte: Ich folge oft und sehr gern den Gedanken und Auffassungen von Herrn Röhl. Sicherlich manchmal gedanklich zugespitzt, jedoch ehrlich und aktuell. Bei seinem Beitrag in der PAZ-Ausgabe Nr. 35 überfiel mich dann aber doch ein persönliches Unbehagen. Kritiklos „Einheitsbrei“ und „Gleichmacherei“ hinzunehmen − das will auch ich nicht.

Ich wurde in der DDR erwachsen und kann eigene Beispiele anbringen. Der Satz im zweiten Absatz: „Alle Menschen sind gleich, auch wenn manche einen ein bisschen bedepperten Eindruck machen, schwul sein ist normal, transsexuell sein auch“, stößt bei mir unerfreulich auf. Vielleicht kann man es missverstehen, vielleicht auch eindeutig.

Ein Großteil der Schwulen will nicht ob seiner Sexualität definiert werden. Ich meine, die Mehrheit der Schwulen und Lesben ist in einer aufgeklärten und modernen Gesellschaft integriert und möchte auch nicht wichtiger genommen werden als jeder andere Mensch.

So normal wir uns empfinden, so normal sollte in einer Darstellung auf missverständliche Anmerkungen verzichtet werden. Der Satz, „den hier mus ein jeder nach Seiner Fasson Selich werden!“, war von Friedrich dem Großen auf einen konkreten Sachverhalt bezogen. Es hat aber als eine der positiven preußischen Errungenschaften Einzug gehalten. Somit bleibt die Frage: Was soll eine solche, vielleicht missverständliche Aussage im Artikel?

Die zweitstärkste Gruppe unserer Urlaubsgäste nach Kranken- und Altenpflegern sind im Übrigen Lehrer, Pädagogen und Erzieher. Die meisten von ihnen fassen sich genauso an den Kopf, wenn es Ambitionen von Kultusministern gibt, die Normalität von sexuellem Anderssein als wesentlichen und übersteigerten Schulstoff zu implementieren. Auch wir empfinden dies als unnützen Quatsch und unnötige Hervorhebung, welches am Ende nur neues Ungemach bringt.

Man sollte im 21. Jahrhundert in einer aufgeklärten, modernen Gesellschaft diese Dinge einmal so nehmen, wie sie sind. Normal, vorhanden und integraler Bestandteil einer Gesellschaft.

Wichtig ist, was der einzelne leistet. Für sich, die Seinen und die Gesellschaft. Daran ist alles zu messen. Und daher ist auch Schwulsein normal und meines Erachtens nicht geeignet, damit Polemik zu betreiben. „Ausreißer“ gibt es wie überall im Leben – dies will ich gern akzeptieren.

Wir jedoch nehmen alle Formen des Zusammenseins ernst. Verteufeln nichts. Bevorzugen nichts. Propagieren nichts. Familie ist etwas Wunderbares, zu Schützendes. Nicht alles aber geht. Und das ist einzusehen.

Ich würde mir wünschen, dass die Thematik Homosexualität den Stellenwert auch in Ihrer Zeitung einnimmt, was sie ist: nichts Besonderes. Und damit auch nichts zu Missbrauchendes und Unverständliches.

Torsten Schurr, Zapel

 

 

Ein zweites Versailles

Zu: Achse des Bösen (Nr. 38 )

Deutschland wie im Dritten Weltkrieg? Wenn man den Wochenrückblick auf der letzten Seite der PAZ liest, stockt einem der Atem und eine Wut ballt sich in einem zusammen, welche man nicht beschreiben kann. Hier kann man nur noch zu der Schlussfolgerung kommen, dass Deutschland der Dritte Weltkrieg erklärt wurde. Der Kriegstreiber ist die EU mit ihren selbstherrlichen Kommissaren Juncker und Schulz. Die anstehenden Maßnahmen sind für Deutschland ein zweites Versailles und der Untergang einer Nation.

Nun muss man aber unterscheiden: Die eine Seite fordert, und die andere Seite, in diesem Fall Deutschland, muss zustimmen. Es ist einfach unvorstellbar, wenn führende Politiker Deutschlands dem finanziellen und sozialen Untergang der Deutschen Nation zustimmen. Dies wäre ein Verbrechen und etwas Einmaliges in der Weltgeschichte.

Man sollte berücksichtigen, dass das Deutsche Reich in den Jahren von 1888 bis 1914 das modernste Land der Welt war. Das deutsche Bildungswesen waren weltweit vorbildlich und die Wirtschaft eine der stärksten weltweit. Die deutsche Technik und Wissenschaft war praktisch auf allen Feldern weltweit führend. Die deutsche Kunst (Musik, Literatur, Malerei) war neben der Frankreichs führend in der Welt geworden. Deutschland war, auch nach einer seinerzeit im Ausland verbreiteten Meinung, der bestverwaltete Staat der Welt. Diese Fakten brachten Neid und Missgunst hervor. Eine Kontinentalmacht Deutschland wollte man niemals akzeptieren.

Die Knebelverträge von Versailles mussten früher oder später zum Zweiten Weltkrieg führen. Das Dritte Reich unter Hitler hatte Polen, Frankreich und England viele Friedensvorschläge angeboten. Alle wurden abgeschmettert, man wollte den Krieg gegen Deutschland, koste es, was es wolle. Wie ein Phoenix aus der Asche hat sich Deutschland, nach zwei verlorenen Weltkriegen, mit Fleiß und Willenskraft zu einem der führenden Wirtschaftsstaaten emporgearbeitet und entwickelt. Man kommt zu der Annahme, dass dieses den ehemaligen Siegermächten jetzt schon wieder ein Dorn im Auge ist.

Jetzt versucht man es eben ein drittes Mal. Mit der anstehenden Maßnahme, mittels derer Deutschland finanziell ausgeblutet werden soll, und der Masseneinwanderung von „Experten und Fachleuten“ aus aller Welt dürfte dies auch wahr werden. Für die am Horizont erscheinende Fata Morgana Europa ist die deutsche Politik bereit, alles aufzugeben und Deutschlands Niedergang in Kauf zu nehmen. Man wird sich erst zufrieden geben, wenn der deutsche Genius ausgerottet und wir auf einem Niveau stehen, das mit dem heutigen Albanien oder der Ukraine vergleichbar ist.

Die Brüsseler Beamtenmafia hat es wieder einmal geschafft: Die wichtigsten und einflussreichsten Ressorts wurden an Staaten vergeben, welche im eigenen Land schon große Probleme haben. Hier seien nur Frankreich und Italien genannt. Polens Regierungschef Donald Tusk und die italienische Außenministerin Mogherini haben die besten Posten von Jean-Claude Juncker erhalten. Fast ein Aprilscherz ist, dass ausgerechnet Frankreich für das Finanzressort verantwortlich ist. Deutschland mit seinem Vertreter Oettinger wurde ein Trostpreis zugestanden. Kanzlerin Merkel begrüßte lauthals die Entscheidung von Juncker. Ein Tollhaus, diese gesamte Europäische Union!

Der gesunde Menschenverstand sollte aber denken: Wer das meiste Geld einzahlt, sollte auch die wichtigsten Posten erhalten. In der Wirtschaft hat der das Sagen, der die Mehrheit des Aktienkapitals von 51 Prozent besitzt. In Brüssel und Luxemburg gehen die Uhren scheinbar genau anders herum: Die Problemstaaten wie Frankreich und Italien stehen an der Spitze der EU, und Deutschland erhält einen Posten, welcher ohne Einfluss und relativ unbedeutend ist.

In Brüssel kann der größte Unsinn erdacht werden, doch wir Deutsche finden alles gut und bedanken uns. In einem Panoptikum kann der Irrsinn nicht besser gestaltet werden. Weil die AfD auf dieses politische Harakiri hinweist, ist sie bei den etablierten Parteien wie SPD, CDU und Grünen verhasst.

Der kürzlich verstorbene Peter Scholl-Latour hat schon vor Jahren prognostiziert, in 20 Jahren werde es kein Deutschland und auch keine Deutschen im eigentlichen Sinn mehr geben. Egal, was wir machen – in den Augen der Welt und vor allem Europas sind wir immer an allem Schuld. Wenn man damit noch das Ergebnis einer Umfrage in Augenschein nimmt, wonach Kanzlerin Merkel und Bundespräsident Gauck die beliebtesten Politiker sind, die nur um unser aller Wohlsein besorgt seien, fehlen einem die Worte.

Wenn das politische Waterloo zum Tragen kommt, dann hat die deutsche Bevölkerung große Schuld auf sich geladen. Desinteresse und gänzlich blinde Vertrauensseligkeit in Politik und Medien führen in den gemeinsamen Untergang.

Wolfgang Rohde, Sigmaringen


S. 13 Das Ostpreußenblatt

Neue Attraktionen für die Promenade
Cranz bietet seinen Gästen neben einem barrierefreien Strandabschnitt auch eine elektronische Bibliothek

Cranz’ Promenade bietet ihren Besuchern nennenswerte Neuerungen. Viele neue Cafés wurden eröffnet, Pavillons mit verschiedenen Waren für den Strand und fürs Wasser sind entstanden. Die Badegäste werden mit Attraktionen angelockt und nach dem Sonnenuntergang gibt es Freiluftkino.

Doch auch mit technologischen Neuheiten könnten die Urlauber ihre Freizeit ausfüllen. Es gibt einen kostenfreien Internetzugang und ganz brandaktuell eine elektronische Bibliothek. Der W-Lan-Bereich fürs Internet reicht sogar einige Hundert Meter weit.

Zu den neuen Attraktionen zählt auch die nach Königin Luise benannte Mineralwasser-Trinkhalle ganz in der Nähe des Strandes. Geht man auf der Strandpromenade ein wenig weiter Richtung Kurische Nehrung, trifft man auf ein buntes Rondell. Man kann es nicht verfehlen. Die Besucher bleiben stehen und lesen mit Interesse die Aufschriften. Es handelt sich um eine sogenannte elektronische Bibliothek, die einen sofortigen Zugriff auf Dutzende klassische Werke bietet. Dabei sind die virtuellen Bücherregale nicht mit echten Büchern bestückt, sondern mit QR-Codes. Auf dem Rondell findet man genauere Anweisungen, wie man die Texte der Bücher aus dem Internet herunterladen kann. Wer will, kann sein Lieblingsbuch mithilfe des QR-Codes auf seinen Tablet-PC oder sein Mobiltelefon per Wifi oder in 3G-Geschwindigkeit direkt an der Strandpromenade herunterladen. Das macht jungen Leuten oder Menschen, die das klassische Buch durch elektronische Lektüre ersetzt haben, den Strandurlaub noch bequemer.

Darüber hinaus gab es in diesem Jahr erstmals am Ende der Promenade einen barrierefreien Strandabschnitt für Behinderte. Dieser Abschnitt des Strandes ist über eine Rampe für Rollstuhlfahrer zugänglich. Am Strand gibt es spezielle Sonnenliegen, die Druck­stellen verhindern sollen, sowie spezielle Rollstühle zum Schwimmen. Für diesen Strand wurden acht italienische Sonnenliegen mit Spezialmatratzen gekauft sowie zwei Schwimm-Rollstühle. Daneben gibt es spezielle Unterstände als Sonnenschutz und einen geräumigen Umkleideraum. Diese Spezialeinrichtung hat anderthalb Millionen Rubel (fast 30000 Euro) gekostet. Das regionale Ministerium für Tourismus und die Entwicklung des Sozialen Tourismus hat 1,3 Millionen Rubel (knapp 26000 Euro) beigetragen, die restlichen 200000 Rubel steuerte die Gemeinde Cranz bei.

Dank dieser Innovationen in die Cranzer Promenade ist der Kurort erstmals seit Jahren wieder interessant geworden. Jurij Tschernyschew


Film ab im »Helios«
Deutsche Kinowoche in Allenstein

Vom 14. bis 18. Oktober wird das Kino „Helios“ in Allenstein zum Zentrum der Freunde des deutschen Films. Nach drei Jahren Pause gibt es wieder eine Deutsche Kinowoche. Die ursprünglich in der gesamten Republik Polen vom Institut für Auslandsbeziehungen in Stuttgart in Zusammenarbeit mit den regionalen Gruppen der deutschen Volksgruppe organisierte Veranstaltung sollte mit neuen deutschen Filmen ein lebendiges und facettenreiches Deutschlandbild vermitteln und ihre polnischen Nachbarn für sie interessieren.

Das 2011 eingestellte Projekt war besonders im südlichen Ostpreußen ein Erfolg, weshalb Joanna Black, die Leiterin des Büros des Verbandes der deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren, eine Reaktivierung auf regionaler Ebene anregte: „Das Publikum fragte früher bereits zum Ende einer Deutschen Kinowoche, ob und wann eine nächste Ausgabe stattfinden wird. Ein neuer Versuch könnte sich also lohnen.“ Gemeinsam mit einem Team, in dem unter anderem Partner von der Universität Ermland-Masuren (Uniwersytet Warminsko-Mazurski, UWM), die Föderation sozialer Organisationen FOSa und die Landsmannschaft Ostpreußen (LO) vertreten waren, gelang es ihr, unter dem Arbeitstitel „Ausgeschlossen – aufgeschlossen“ ein interessantes Programm auf die Beine zu stellen.

Eine Filmvorführung mit Dis­kussion und Workshop ist am Lehrstuhl für Germanistik der UWM vorgesehen, fünf Abendfilme mit unterschiedlichem thematischen Schwerpunkt werden im Kino „Helios“ gezeigt, an drei Tagen läuft dort vormittags als Schulfilm der Film „Die Welle“ aus dem Jahr 2008. Bereits in der Woche davor soll er in Zusammenarbeit mit den deutschen Gesellschaften in Mohrungen, Sensburg und Heilsberg präsentiert werden. „Nicht alle Menschen haben die Möglichkeit, nach Allenstein zu fahren. Also kommen wir zu ihnen“, erklärt Joanna Szymanska, die Direktorin der FOSa, die bereits 2009 bei der Deutschen Kinowoche mitgearbeitet hat. Abgerundet wird die Veranstaltung durch abendliche Diskussionstreffen und die Abschlussparty im „Qznia“ am Allensteiner Schloss.

Zur Eröffnung am 14. Oktober um 19.30 Uhr werden Ehrengäste und Vertreter der Förderer und Partner erwartet. Unterstützung gibt es vom Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Danzig, der Stadt Allenstein und der Landsmannschaft Ostpreußen. Uwe Hahnkamp


Mit Pulverdampf
Lebendige Ausstellung im Danziger Rathaus

Vor 280 Jahren standen sich im Polnischen Erbfolgekrieg Frankreich, das den polnischen Adeligen Stanisław Bogusław Leszczynski unterstützte, sowie Österreich und Russland, deren Unterstützung dem säch­sischen Kurfürsten Friedrich August II. galt, gegenüber. Im Zuge dieses Krieges kapitulierte am 9. Juli 1734 Danzig. Vorausgegangen war eine mehrmonatige Belagerung durch eine russisch-sächsischen Armee, weil Danzig Leszczynski aufgenommen hatte.

Aus Anlass des 280. Jubiläums hat das Danziger Historische Museum in Zusammenarbeit mit der Botschaft Frankreichs eine Ausstellung er­ar­beitet, die Leszczynski und dessen Beziehungen zu Danzig vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse in Europa zum Thema hat.

Das Konzept der Ausstellung über den späteren Herzog von Lothringen schließt den Innenhof des Rathauses ein, in dem ein Entlastungsangriff französischer Soldaten auf russische Stellungen szenisch dargestellt wird. Die Besucher bewegen sich auf dem Schlachtfeld, hören die Schüsse und riechen das Schießpulver.

In den einzelnen Räumen erfährt der Besucher mehr über die politische Situation zu dieser Zeit in Europa im Allgemeinen und Polen im Besonderen, die Hintergründe des Erbfolgestreits sowie die sozialen Folgen der militärischen Belagerung Danzigs im Jahre 1734.

Karten, Pläne und Zeichnungen der am Konflikt beteiligten Parteien sind neben Gemälden der einzelnen Befehlshaber, wie des am 27. Mai 1734 in der Nähe der Festung Weichselmünde getöteten Franzosen Louis Robert Hippolyte de Bréhan, zu sehen. Darüber hinaus werden das Abwehrsystem von Danzig mit seiner mächtigen Festung Weichselmünde und die Rolle, die diese während der Belagerung spielte, vorgestellt. Der letzte Teil der Aus­stel­lung ist der Person Stanisław Bo­gusław Leszczynskis gewidmet, der von Danzig nach dem preußischen Königsberg wei­ter­floh und von Frankreich schließlich fallen gelassen wurde. Im Frieden von Wien, der den Polnischen Erbfolgekrieg 1738 beendete, er­kannte Ludwig XV. den sächischen Kurfürsten als polnischen König an. Leszczynski erhielt als kleine Entschädigung die Herzogtümer Lothringen und Bar. mef/PAZ

Die Ausstellung des Historischen Museums Danzig im Rechtstädtischen Rathaus in der Langgasse ist noch bis zum 2. November dienstags bis sonnabends ab 10 Uhr und sonntags ab 11 Uhr bis zum Nachmittag geöffnet.


Neue Pregelbrücke

Der Stadtteil Selma im Norden von Königsberg wächst Jahr für Jahr und gilt als einer der sich am rasantesten entwickelnden. Es entstehen neue Hochhäuser, Straßen, Geschäfte, soziale Infrastruktur, es gibt den gleichnamigen Supermarkt „Selma“, den Komplex „Bernstein“, eine der größten geschlossenen Konzert- und Sporthallen im Königberger Gebiet. Ein Problem war viele Jahre die schlechte Verkehrsanbindung des neuen Stadtteils. Um die Kapazität der Gorkijstraße, die von der Innenstadt nach Selma führt, zu erhöhen, wurden zunächst die Straßenbahnschienen entfernt, auf der lange Jahre die Linie 6 fuhr, so dass der Straßenverkehr durch die verbreiterte Fahrbahn besser lief.

Obwohl der Stadtteil Selma nur etwa vier Kilometer vom Königsberger Zentrum entfernt ist, standen Menschen eine Stunde und länger im Stau, wenn sie mit dem Auto oder auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs waren. Es kam nicht selten vor, dass Fahrgäste einen Busfahrer baten, sie auf der Strecke aussteigen zu lassen, weil sie zu Fuß schneller vorankamen. Die Gorkij- und die Narwastraße sind die einzigen, die Selma mit dem Stadtzentrum verbinden.

Die Stadtabgeordneten hatten eine gute Idee, wie man das Problem des Verkehrsstaus auf dem Weg nach Selma lösen könnte. An der Kreuzung Gajdar/Tschelnokowa wurden eine neue Brücke und ein Kreisel für den öffentlichen Verkehr freigegeben, die den Tilsiter Prospekt mit Selma verbinden. Es ist erstaunlich, dass die Bauarbeiten noch vor dem Ende der angesetzten Frist fertiggestellt wurden. Die Kosten beliefen sich auf über zwei Milliarden Rubel (rund 40 Millionen Euro).

Die neue Brücke hat zwei Fahrspuren in jeder Richtung, sie führt über Gleisanlagen Richtung Küste. Ein Kreisverkehr war zwar in der ursprünglichen Planung nicht vorgesehen, wurde aber später zur Entlastung der Kreuzung Tschelnokowa/Gajdar, die zu einem Supermarkt führt, aufgenommen.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Durch die Brücke und den neuen Kreisverkehr ist der Stadtteil Selma über den Tilsiter Prospekt nun in weniger als zehn Minuten zu erreichen und die Nebenstraßen werden darüber hinaus entlastet. Bislang nutzen noch nicht alle Autofahrer die neue Route, da sie noch an jene über die Gorkijstraße gewöhnt sind, aber es wird nicht lange dauern, bis sich die Verkehrsströme umverteilen werden.

Die Autofahrer, die schon die neue Brücke benutzt haben, sind zufrieden, da sie nun schneller vorankommen. Betrug die Durchschnittsgeschwindigkeit auf der Narwastraße bisher fünf Kilometer pro Stunde, kommt man jetzt mit 30 voran, da sich die Staus auf der Gorkijstraße schneller auflösen. J.T.


MELDUNGEN

Engere Zusammenarbeit

Allenstein – Der Umweltminister von Sachsen-Anhalt, Hermann Onko Aeikens, und der Vizemarschall von Ermland und Masuren, Jaroslaw Sloma, haben in Allenstein ein Dokument unterzeichnet, dem zufolge das Bundesland und die Woi­wodschaft auf den Gebieten Landwirtschaft, regionale Erzeugnisse und Erneuerbare Energien enger zusammenarbeiten wollen. Der Unterzeichnung wohnte der deutsche Generalkonsul in Danzig, Hans Peter Utsch, bei. PAZ

 

Störungen des Verkehrs

Allenstein – Straße Nr. 16: Bergfriede–Wirwajdy, Baustelle; Nikolaiken, Baustellen. Straße Nr. 16c: Allenstein–Wartenburg, Baustelle. Straße Nr. 51: Hermenhagen–Lauterhagen, Baustelle; Heilsberg, Baustelle. Straße Nr. 53: Ortelsburg, Baustelle. Straße Nr. 57: Klein Schöndamerau–Eichtal, Baustelle. Straße Nr. 58: Kurken, Brückenbau, einspurig; Niedersee–Johannisburg–Bialla, Baustelle. Straße Nr. 58b: Johannisburg, Czernieckiego- und Klementow­skiegostraße, Baustelle. Straße Nr. 59: Rhein, Baustelle. Straße Nr. 63: Angerburg, Erneuerung der Bürgersteige; Eisenwerk–Eisermühl, Baustelle; Johannisburg–Wincenta, Baustelle. PAZ


S. 14 Ostpreussische Familie

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

wenn die Erinnerung nach einem langen Leben einen weiten Weg in die Kindheit zurücklegen muss, dann ist es doch erstaunlich, welche Eindrücke noch abrufbar sind. Das sind für uns Vertriebene vor allem die Ereignisse, die sich bei der Flucht abspielten, aber auch die letzten Jahre in der Heimat haben untrügliche Spuren hinterlassen. Da ist es nicht nur das Familienleben, das uns auch in der Rückschau noch immer Nestwärme vermittelt, sondern auch die Schule, die den Kleinen das Fenster zur großen, weiten Welt öffnete, Lernbegier und Wissbereitschaft erweckte und ein Gemeinschaftsgefühl schuf, das noch heute spürbar ist. Auch in unserer Ostpreußischen Familie, wenn uns aus dem Leserkreis die Suchbitten nach ehemaligen Schulgefährten erreichen. Und dass sich die Freunde von einst auch heute noch finden und ein Dreivierteljahrhundert einfach ausgelöscht zu sein scheint, beweist so mancher Freudenbericht in unserer Kolumne.

Bei der Suchfrage, mit der Frau Ulrike Erling aus Clenze an uns herantritt, handelt es sich aber nicht um alte Schulkameraden, sondern um ehemalige Schüler ihres Großvaters Helmut Winkelmann aus dem Kreis Treuburg. Im nächsten Frühjahr – am 27. März 1915 – will die Familie anlässlich seines 100. Geburtstages des leider 1998 verstorbenen Rektors gedenken und möchte den Lebenslauf bis in die frühesten Stationen seiner beruflichen Tätigkeit zurückverfolgen. Und das waren einige Landschulen in Ostpreußen, vor allem in seinem Heimatkreis Treuburg. Deshalb wendet sich die Enkelin an uns, denn sie meint, in unserem Leserkreis die erwarteten Zeitzeugen zu finden, die sich an den damaligen Junglehrer erinnern können. Das klingt hoffnungsvoll, denn die Latte für den Erinnerungswert an Lehrerinnen und Lehrer an kleinen Dorfschulen liegt schon deshalb hoch, weil es sich um Respektspersonen handelte. Im Falle von Helmut Winkelmann muss man aber einige Einschränkungen machen, weil er von 1936 bis 1939 als Lehramtsanwärter in einer Vielzahl von Gemeinden tätig war und so sein Verbleib auf der jeweiligen Schule sich nur auf eine gewisse Zeit beschränkte. Dieser dauernde Wechsel kann sich zwar im Hinblick auf die Vielzahl an ehemaligen Schulkindern günstig auf die Resonanz der Suchfrage auswirken, auf der anderen Seite haben diese kurzen „Gastspiele“ aber keinen hohen Erinnerungswert.

Helmut Winkelmann hatte nach dem Besuch der Grundschule in Kowahlen/Reimannswalde, Kreis Treuburg und des Gymnasiums in Treuburg 1934 ein Studium an der Hochschule für Lehrerbildung in Elbing begonnen, das er 1936 abschloss. Seine erste Station als Lehramtsanwärter war die Schule in Garbassen, dann folgten die Schulen in Borken, Kowahlen, Sokolken, Dombrowsken, Wielitzken, Kiöwen, alle im Kreis Treuburg gelegen. Nach drei Jahren war diese wechselhafte Tätigkeit durch den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges beendet. Helmut Winkelmann wurde eingezogen und leistete seinen Kriegseinsatz in Polen, Norwegen und an der Ostfront. 1940 legte der 25-Jährige während eines Fronturlaubes seine Zweite Lehramtsprüfung ab. Es gilt also, noch ehemalige Schülerinnen und Schüler von Helmut Winkelmann in den genannten im Kreis Treuburg gelegenen Orten zu finden. Aber auch andere Personen, die mit dem Junglehrer Kontakt hatten und sich an ihn erinnern, sind gefragt, jede noch so kleine Aussage über ihren Großvater ist der Enkelin willkommen. Das betrifft auch sein Leben nach dem Krieg, denn nach der Vertreibung konnte der Pädagoge nach seinem Einsatz als Hilfsarbeiter schon 1946 die Lehrtätigkeit wieder aufnehmen. Bis Februar 1947 war Helmut Winkelmann im Schuldienst in Löwenstedt bei Husum, anschließend fand er dann ein neues Zuhause – in beruflicher wie familiärer Hinsicht – in der Lüneburger Heide. Nach dem Lehrerdienst an den Landschulen in Rätzlingen und Halligdorf, Kreis Uelzen fand der Pädagoge sein endgültiges Tätigkeitsfeld als Rektor der Mittelpunktschule in Suhlendorf, wo Helmut Winkelmann 1978 mit dem Eintritt in den Ruhestand seinen beruflichen Werdegang beendete. In dieser Zeit hat sich der Ostpreuße auch sehr um das Wachhalten der Erinnerung an seine Heimat bemüht und eine Ortschronik geschrieben. Als Großvater nahm er seine kleine Enkelin mit nach Düsseldorf zum Ostpreußen-Treffen, das für Frau Ulrike Erling unvergessen blieb. Sie hofft nun auf Zuschriften von Leserinnen und Lesern, die ihm auf einer der vielen Stationen seines Lebensweges begegnet sind, um eine möglichst reichhaltige Biographie ihres Großvaters zu seinem 100. Geburtstag der Familie vorlegen zu können. (Ulrike Erling, Klein Sachau 4 in 29459 Clenze, Telefon 05844/9711888, E-Mail: ulrike.erling@gmx.de)

Als ich noch ein Kind in Königsberg war, bot der Herbst so viel Schönes für mich, dass ich ihn zu meiner liebsten Jahreszeit erkor. Es waren nicht nur die knackigen Austäpfel und saftigen Grauchen oder die Gelböhrchen und Rotkäppchen – aus dem Ostpreußischen übersetzt: Pfifferlinge und Birkenpilze –, die, mit Speckspirkeln und Schmand geschmort, alle anderen Lieblingsgerichte übertrafen. Nein, die größte Freude bereitete die erste rotbraun glänzende Kastanie, die einem beim Durchstreifen der Wallanlagen vor die Füße fiel, denn jetzt war unsere Sammlerleidenschaft entfesselt. Körbevoll schleppte man nach stundenlanger Suche die Beute nach Hause, wo sie dann langsam an Blänkrichkeit und Bräune verlor und schließlich im Müll landete. Am schönsten aber waren die frühen Abende, wenn wir der Mutter ein Dämmerstundchen auf der Ofenbank erbetteln konnten. Dann begann sie zu erzählen, Geschichten, Sagen und Märchen, und meine kleine Kinderwelt wurde so weich und reich.

Diese Märchen meiner Mutter, aus dem Fundus ihrer Familie kommend, bis dahin nie aufgeschrieben, sondern von Generation zu Generation weitererzählt, blieben für mich unvergessen. Ich habe sie bewahrt, schon mit 19 Jahren schrieb ich sie auf, und sie erschienen im Verlag Holzner in Tilsit unter dem Titel „De Lävensstruuts“ in plattdeutscher Sprache, so wie meine Mutter – die sonst nie Platt sprach – sie erzählt hatte. Und jetzt, nach 80 Jahren, beschert mir dieser Frühherbst eine Überraschung, die mir niemand, aber auch wirklich niemand vorausgesagt hätte: Mein plattdeutscher „Lebensstrauß“ ist von einem jungen russischen Kulturwissenschaftler übersetzt worden – man bedenke: vom Plattdeutschen ins Hochdeutsche, dann ins Russische – und sieht seiner Herausgabe entgegen. Nun sandte mir Ilja Spesivtzev eine „goldene Herbst-Kunde aus der Heimat“. Das Vorwort für diese Märchensammlung hat der Inhaber des Lehrstuhls für Theorie und Praxis der Übersetzung der Baltischen Föderalen Immanuel-Kant-Universität in Königsberg, Professor Ivan Koptsev, geschrieben. Ich will nur hier und heute auf dieses ausführliche Vorwort soweit eingehen, dass es nicht nur mein Leben und Wirken in meiner Heimatstadt Königsberg, sondern auch meine aktuelle Arbeit in der Landsmannschaft Ostpreußen mit Schwerpunkt „Ostpreußische Familie“ behandelt. Mit solch einer goldenen Herbst-Kunde kann man sich schon gerne überraschen lassen, zumal sie nicht die einzige in der langen E-Mail von Ilja ist. Es gibt noch viel zu berichten, und ich werde es auch tun – schließlich erscheint ja die PAZ in jeder Woche.

Unsere plattdeutschen Märchen kommen aus dem nördlichen und mittleren Ostpreußen und werden deshalb von den Landsleuten nur schwer verstanden, die nicht in den Sprachgebieten beheimatet waren, in denen unser Platt, das Niederpreußische, gesprochen wurde, von Nichtostpreußen überhaupt nicht. Es ist schade, dass wir sie nur hin und wieder bringen können, denn es sind ganz besondere Märchen, die tief im urpreußischen Brauchtum verwurzelt sind und die enge Verbindung zwischen Mensch und Natur bekunden. Das Besinnen auf dieses Volksgut hat Frau Ilse Conrad-Kowalski veranlasst, mir drei Märchen zu übersenden, die ihr vor über 60 Jahren von einer Ostpreußin übergeben wurden. Im damals noch jungen Ostpreußenblatt hatte Ilse Kowalski die Leser aufgefordert, ihr Wissen von der Heimat rechtzeitig an die junge Generation weiter zu reichen. Zwei Leserinnen reagieren prompt, die eine mit der Übersendung eines alten Sagenbuches, die andere mit drei Volksmärchen, die sie aus dem Gedächtnis aufgeschrieben hatte. Die Älteren unter uns werden sich noch an dieses oder jener Märchen erinnern, denn sie standen in einigen plattdeutschen Sammlungen, auch in Lesebüchern, und wurden gerne erzählt oder gelesen: Von de „lewe Schwienkes“ und warum sie in der Erde wühlen, vom „Diewel em Flass“ und vom „Kriezknopp“. Diese im Jahr 1950 von Frau Marg. Eggert aufgeschriebenen Volksmärchen hat Frau Conrad-Kowalski bis heute bewahrt und mir dankenswerterweise zugesandt. Ich lege sie zum Standardschatz unseres ostpreußischen Märchengutes, auf das ich nun aus einem weiteren Grunde zu sprechen komme.

Eine der großen Bewahrerinnen unseres ostpreußischen Märchengutes war die 1883 geborene Hertha Grudde, die vor allem in den Spinnstuben den Erzählungen der älteren Frauen lauschte und sie aufschrieb, wie sie gesprochen wurden. Dadurch entstand eine ganz eigene Literaturform, über die 1939 der Königsberger Germanistikprofessor Dr. Walther Ziesemer schrieb: „Unliterarische Menschen, die wenig zu lesen und zu schreiben gewohnt sind, erzählen hier von den Geheimnissen ihres Lebens, von den Märchen, die sie von ihren Ahnen gehört haben, und zwar erzählen sie in so knapper, geschlossener Form, ohne zu wissen, wie künstlerisch ihre Erzählungen gestaltet sind, dass man immer wieder von dem inneren Reichtum und dieser geistigen Schöpferkraft überrascht und beglückt ist.“ Hertha Grudde hat dies erkannt und dieses bis dahin kaum dokumentierte Volksgut in die Literaturgeschichte unserer Heimat eingebracht, einiges zusammen mit Gustav Granas. 15 Veröffentlichungen zählt der Nachlass der leider viel zu früh verstorbenen Ostpreußin. Als Todestag wird der 25. Februar 1945 angegeben. Über diese in aller Stille wirkende Frau, die nie die Öffentlichkeit suchte und der ich in meinen Königsberger Schriftstellerjahren nicht wissentlich begegnet bin, konnte ich deshalb Herrn Dr. Christian Tilitzki wenig berichten, als er mich nach dem ostpreußische Literaturleben der 30er Jahre befragte. Der in diesem Jahr von der Landsmannschaft Ostpreußen ausgezeichnete Wissenschaftshistoriker ist also auf Informationen aus unserem Leserkreis angewiesen, denn er möchte Leben und Wirken von Hertha Grudde so informativ wie möglich in seine Arbeit einbringen. Vielleicht gibt es ja noch jemanden aus unserem Leserkreis, der Hertha Grudde gekannt hat, der ihr in ihrer Tätigkeit begegnet ist, aber auch über sie als Mensch etwas aussagen kann. Herr Dr. Tilitzki benötigt auch noch Angaben über zwei weitere Schriftstellerinnen, die sich in der Ostpreußischen Literatur der 20/30er Jahre einen Namen gemacht hatten. Es handelt sich dabei um die Roman­autorinnen Maria Schade und Clara Hansen, deren Spur sich in den Wirren des Russeneinfalls in Königsberg verliert. (Dr. Christian Tilitzki, Kaiserin-Augusta-Allee 29 in 10553 Berlin, Telefon 030/3451770.)

Eure Ruth Geede


Der Wächter von Szillen blies Mitternachtsstund’
Krieg und Vertreibung werden in dieser Sage visionär vorausgesagt

Manchmal ist es nur ein einziger Satz in einem kurzen Schreiben, der zur Initialzündung wird. Wie der einer Leserin, die ihre Frage nach einem Gedicht in diesen Satz packte: „Ich hätte gerne gewusst, wann Charlotte Wüstendörfer ,Der Wächter von Szillen‘ veröffentlicht hat.“ Nichts leichter als das – dachte ich. Denn ich hatte die Königsberger Schriftstellerin in meinen jungen Jahren nicht nur gut gekannt, sondern auch viel über sie geschrieben und gesprochen. Deshalb besaß ich genügend Quellenmaterial und hatte zu meiner eigenen Verwunderung feststellen müssen, dass Charlotte Wüstendörfer dieses Gedicht bereits 1912 geschrieben hatte, so stand es jedenfalls in einem Sammelband. Ich hatte immer geglaubt, dass die 1892 geborene Königsbergerin dieses dramatische Gedicht, in dem Krieg, Flucht und Verlust der Heimat auf visionäre Weise vorausgesagt werden, bereits während des Ersten Weltkrieges oder in den frühen 20er Jahren verfasst hätte. Das teilte ich auch unserer Leserin in einem Anruf mit, und sie war ebenfalls erstaunt, dass das Gedicht noch vor dem Ersten Weltkrieg entstanden sein sollte. Aber dann kamen mir doch Bedenken, ob ich nicht vielleicht einer Fehlinformation unterlegen war. Und die wuchsen und ließen mich noch einmal mein eigenes und weiteres Material überprüfen. Was dabei herauskam, ist doch wert, einmal die Geschichte dieses bekanntesten Gedichtes der Dichterin aufzuzeichnen, das auf einer Sage beruht, die in dem Marktort Szillen im Kreis Tilsit-Ragnit spielt. Nun pflegen Sagen und Legenden in längst vergangenen Zeiten zu spielen – diese ist aber erst zu Beginn des vorigen Jahrhunderts entstanden, sie kam 1913 in Szillen auf, sozusagen aus dem Nichts, zuerst von einem Unbekannten irgendwann und irgendwo erdacht und von anderen auf ihre Art erzählt und weitergeleitet. Sie beruht auf den visionären Eindrücken eines einfachen Menschen, des Wächters von Szillen. Damals machte noch in vielen Kirchorten nächtens der Nachtwächter die Runde und der Bürger konnte nach dem Ertönen des Kuhhorns beruhigt weiter schlafen.

Was sich nun in einer Nacht im Jahr 1913 zugetragen hat, ist in dem ostpreußischen Standardwerk „Wir Ostpreußen“ in einer Kurzfassung enthalten, die sich auf von Professor Ziesemer im Institut für Heimatforschung gesammeltes Material bezieht. Die Sage ist dort „Ein Nachtwächter pfeift 13“ betitelt, und man hat sie so aufgezeichnet, wie sie „im Volksmund“ erzählt wurde:

„Es war im Jahre 1913 in der Gegend von Memel. Als da einmal der Nachtwächter in der Nacht die Mitternachtsstunde anpfiff, trat aus dem Schatten ein kleines Männchen zu ihm und sagte: ,Pfeif doch 13!‘ Der Nachtwächter lachte und sagte: ,Das gibt es doch gar nicht!‘ Da verschwand das Männchen. In der nächsten Nacht kam es wieder und bat ihn diesmal viel eindringlicher: ,Pfeif doch 13!‘ Der Wächter wies es wieder ab. Aber die Sache kam ihm doch merkwürdig vor, und er ging am nächsten Morgen zum Amtsvorsteher und erzählte ihm alles. Der riet ihm: ,Wenn das Männchen wieder kommt, dann pfeif ruhig einmal 13!‘ In der dritten Nacht tat es der Nachtwächter wirklich. Da sah er drei Särge vor sich stehen. Und das war eine Vorausahnung des Krieges. In dem ersten Sarg, da war das viele Blut, das fließen sollte. In dem zweiten waren die Tränen, und der dritte bedeutete das arme, leere Ostpreußenland, das die Russen ausplündern würden.“

Das Geschehen ist hier also auf die denkbar einfachste Form gebracht, selbst der Ort, der später Schillen hieß, wird nicht genannt. Der bekam erst mit der Bearbeitung der Sage durch Charlotte Wüstendörfer den hohen Bekanntheitsgrad, der sich dann schon im Titel zeigte: „Der Wächter von Szillen“. Es war ja auch wirklich ein im wahrsten Sinne „sagenhafter Stoff“, der einen Schriftsteller reizen konnte, ihn in eine literarische Form zu bringen. Es könnte sein, dass sie durch den Professor Walther Ziesemer, der sie später bei der Erarbeitung ihres in ostpreußischer Vorzeit spielenden Romans „Patulne und Tyrune“ unterstützte, auf diese Sage aufmerksam gemacht wurde. Charlotte Wüstendörfer wählte die Form des balladesken Gedichtes, Dr. Meinhard Mühlpfordt reiht es sogar in die deutsche Balladendichtung ein und stellt die Dichterin in die vordere Reihe zu Theodor Fontane und Börries von Münchhausen. Charlotte Wüstendörfer hält die Vorgeschichte kurz – „Der Wächter von Szillen blies Mitternachtsstund’“ – sie konzentriert sich dann auf den Inhalt der drei Särge. „Der erste, der war vom Blut so rot, der zweite, der war voll Wasser rein, der dritte war so leer, war nichts zu sehn …“ Und sie erklärt, was das zu bedeuten hat: Krieg, Kampf, Tod, Vernichtung allen Hab und Guts sowie schließlich die große Flucht: „Und du selbst wirst heimatlos nach Westen betteln geh’n.“ Hatte man bis in die 30er Jahre die Sage auf den Ersten Weltkrieg bezogen, so bekam sie nach der großen Vertreibung noch einen weitaus größeren Sinngehalt: Es hatte sich alles auf bitterste Weise erfüllt, was das Männlein dem Wächter voraus gesagt und was Charlotte Wüstendorfer in dichterische Sprache umgesetzt hatte. Deshalb ist sie in vielen Heimatbüchern enthalten und wird noch heute auf den Veranstaltungen der Vertriebenen vorgetragen. Wann Charlotte Wüstendörfer das Gedicht geschrieben hat, ist nicht einwandfrei zu belegen, es muss aber schon sehr früh gewesen sein, denn es wurde bereits nach 1914 von Ferdinand Avenarius in seinem „Kunstwart“ veröffentlicht. Ich selber kann mich erinnern, dass sie in meinem Lesebuch stand, und ich sehr beeindruckt war, als ich der Dichterin zum ersten Mal begegnete. Dieser stillen, bescheidenen Frau, die der ostpreußischen Literatur so viel gegeben hat, auch über ihren frühen Tod hinaus: Die 52-Jährige verstarb im Sommer 1945 in Stralsund in einem Zug, der die Geflüchtete in die Heimat zurückbringen sollte. Er kam nie an. R.G.


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 99. GEBURTSTAG

Gawriesch, Kurt, aus Dreifelde, Kreis Johannesburg, am 13. Oktober

Herrmann, Erika, geb. Budzinski, aus Grunau, Kreis Heiligenbeil, am 14. Oktober

Riehl, Henny geb. Biesemeier, aus Treuburg, am 16. Oktober

ZUM 98. GEBURTSTAG

Wiskandt, Helene, geb. Rade, aus Rauschen, Kreis Samland, am 15. Oktober

ZUM 97. GEBURTSTAG

Bollack, Marianne, geb. Wenck, aus Ostseebad Cranz, Kreis Samland, am 12. Oktober

ZUM 95. GEBURTSTAG

Armbruster, Herta, geb. Piechottka, aus Prostken, Kreis Lyck und Krupinnen, Kreis Treuburg, am 12. Oktober

Gehle, Elisabeth, geb. Mohrlang, aus Lank, Kreis, Heiligenbeil, am 16. Oktober

Merkel, Herta, aus Loye, Kreis Elchniederung, am 16. Ok­tober

ZUM 94. GEBURTSTAG

Mohr, Georg, aus Bürgersdorf, Kreis Wehlau, am 17. Oktober

Neumann, Horst, aus Gnottau, Kreis Insterburg, am 15. Ok­tober

Wietoska, Otto, aus Lyck, am 17. Oktober

Wirth, Edith, geb. Herbig, aus Ortelsburg, am 14. Oktober

ZUM 93. GEBURTSTAG

Glagau, Erika, aus Pobethen, Kreis Samland, am 16. Oktober

Marohn, Eva, geb. Moeck, aus Rosenberg, Kreis Heiligenbeil, am 12. Oktober

Metzdorf, Gerda, geb. Borbe, aus Guhsen, Kreis Treuburg, am 16. Oktober

Naudszus, Gertrud, geb. Holzke, aus Mohrungen, am 14. Ok­tober

Petersen, Hildegard, geb. Liedtke, aus Balga, Kreis Heiligenbeil, am 13. Oktober

Schaible, Frieda, geb. Bartsch, aus Kingitten, Kreis Samland, am 13. Oktober

ZUM 92. GEBURTSTAG

Friedritz, Gertrud, aus Tilsit-Ragnit, am 15. Oktober

Graner, Gretel, geb. Steinke, aus Moterau, Kreis Wehlau, am 15. Oktober

Mai, Margarete, geb. Kackschies, aus Brittanien, Kreis Elchniederung

Meinert, Hildegard, aus Lyck, Bismarckstraße 47, am 14. Oktober

Niederstrasser, Otto, aus Kassuben, Kreis Ebenrode, am 14. Oktober

Paschink, Liebtraut, geb. Biernat, aus Bolzhagen, Kreis Elchniederung

Rutkowski, Erna, geb. Hoffmann, aus Quehnen, Kreis Preußisch Eylau, am 15. Ok­tober

Stilla, Elisabeth, geb. Lindenberg, aus Pillau, Kreis Samland, am 16. Oktober

Taulien, Erna, aus Heiligenbeil, am 17. Oktober

ZUM 91. GEBURTSTAG

Bargmann, Gertrud, geb. Lundschien, aus Dünen, Kreis Elchniederung, am 15. Oktober

Barwinski, Ella, geb. Karschewski, aus Königsberg, am 14. Oktober

Göffert, Gera, geb. Waselewski, aus Scharfeneck, Kreis Ebenrode, am 15. Oktober

Heidbrede, Eva, geb. Grigat, aus Widminnen, Kreis Lötzen, am 13. Oktober

Hipler, Elfriede, aus Gedwangen, Kreis Neidenburg, am 11, Oktober

Hipler, Elfriede, aus Willenber, Kreis Ortelsburg, am 11. Ok­tober

Krüger, Eva, geb. Schakat, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 17. Oktober

Liebelt, Alfred, aus Rhein, Kreis Lötzen, am 12. Oktober

Malkus, Margarete, geb. Danielzik, aus Grünwalde, Kreis Ortelsburg, am 11. Oktober

Meya, Alice, geb. Heinrich, aus, Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 13. Oktober

Neufeind, Eva, geb. Karwonski, aus Lyck, am 14. Oktober

Schulze, Margarete, geb. Doerck, aus Milken, Kreis Lötzen, am 12. Oktober

Wedler, Betty, geb. Rosenwald, aus Perkuhnen, Kreis Elchniederung, am 15. Oktober

Zimmek, Otto, aus Lindenort, Kreis Ortelsburg, am 12. Ok­tober

ZUM 90. GEBURTSTAG

Budszinski, Irene, aus Neidenburg, am 11. Oktober

Brückner, Anna, geb. Tschujan, aus Schanzenort, Kreis Ebenrode, am 17. Oktober

Eniß, Ruth, geb. Jährling, aus Goldbach, Kreis Wehlau, am 11. Oktober

Gemballa, Walter, aus Adlersdorf, Kreis Lötzen, am 17. Ok­tober

Horn, Christel, geb. Hübner, aus Tiefen, Kreis Lötzen, am 12. Oktober

Ketterkat, Kurt, aus Jägerhöh, Kreis Elchniederung, am 14. Oktober

Kunst, Gertrud, geb. Braczko, aus Kölmersdorf, Kreis Lyck, am 14. Oktober

Menger, Frieda, geb. Krause, aus Osterode, Kreis Neidenburg, am 15. Oktober

Obersteller, Gerd, aus Labiau, am 29. September

Rose, Erika, geb. Wochnowski, aus Thalheim, Kreis Neidenburg am 14. Oktober

Sambill, Fritz, aus Funken, Kreis Lötzen, am 11. Oktober

Scheffel, Helga, geb. Sommer, aus Treuburg, am 15. Oktober

Zoellner, Johannes, aus Holländerei, Kreis Wehlau, am 15. Oktober

ZUM 85. GEBURTSTAG

Beier, Liesbeth, geb. Appelbaum, aus Powayen, Kreis Samland, am 14. Oktober

Brömstrup, Eva, geb. Rosegeit, aus Königsberg, am 9. Ok­tober

Bublies, Erich, aus Kischen, Kreis Elchniederung, am 14. Oktober

Fahl, Hans, Worlack, Kreis Preußisch Eylau, am 16. Oktober

Dominik, Elfi, aus Alt Keykuth, Kreis Ortelsburg, am 15. Ok­tober

Dusella, Robert, aus Funken, Kreis Lötzen, am 15. Oktober

Elwert, Oskar, aus Rauchken, Kreis Ortelsburg, am 13. Ok­tober

Enzenbach, Reingard, geb. Willuhn, aus Iwenheide, Kreis Elchniederung, am 13. Ok­tober

Galensa, Irma, aus Garbassen, Kreis Treuburg, am 14. Ok­tober

Gastner, Gerhard, aus Gedwangen, Kreis Neidenburg, am 12. Oktober

Glowwatz, Werner, aus Mulden, Kreis Lyck, am 17. Oktober

Gorzolke, Waltraut, geb. Fischer, aus Goldbach, Kreis Wehlau, am 11. Oktober

Grund, Rosemarie, geb. Dittkuhn, aus Thomaten, Kreis Elchniederung am 11. Oktober

Habeschautzki, Heinz, aus Ebenrode, am 17. Oktober

Jacholke, Werra, geb. Ritzkowski, aus Wangnicken, Kreis Samland, am 15. Oktober

Hampel, Edith, geb. Buttgereit, aus Hochmühlen, Kreis Ebenrode, am 15. Oktober

Koch, Hans, aus Gedwangen, Kreis Neidenburg, am 16. Ok­tober

Lichatz, Ottokar, aus Stahnken, Kreis Lyck, am 17. Oktober

Mertins, Günter, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 16. Oktober

Neumann, Gerhard, aus Ostseebad, Cranz, Kreis Samland, am 13. Oktober

Palfner-Rathke, aus Insterburg, geb. am 14. Oktober

Reinke, Alfred, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 16. Ok­tober

Seliger, Hildegard, aus Dellgienen, Kreis Samland, am 13. Oktober

Skowronnek, Reinhold, aus Wallen, Kreis Ortelsburg, am 15. Oktober

Stümpert, Gertraud, geb. Krischek, aus Eckwald, Kreis Ortelsburg, am 11. Oktober

Sulz, Brigitte, geb. Palluck, aus Kölmersdorf, Kreis Lyck, am 13. Oktober

Wasselowski, Klara, geb. Krause, aus Goldbach, Kreis Wehlau, am 17. Oktober

Zachow, Helga, geb. Enskat, aus Hellbrunn, Kreis Ebenrode, am 11. Oktober

ZUM 80. GEBURTSTAG

Dahl, Käte, geb. Melle, am 12. Oktober

Elwitz, Traute, geb. Krolzik, aus Pupen, Kreis Ortelsburg, am 13. Oktober

Gester, Hildegard, geb. Murach, aus Wallen, Kreis Ortelsburg, am 15. Oktober

Giszas, Erwin, aus Neufelde, Kreis Elchniederung, am 12. Oktober

Glagau, Edith, geb. Becker, aus Groß Ponnau, Kreis Wehlau, am 13. Oktober

Grille, Irmgard, geb. Kohs aus Saiden, Kreis Treuburg, am 12. Oktober

Hausmann, Gisela, geb. Nieswand, aus Schakendorf, Kreis Elchniederung, am 16. Ok­tober

Kenzler, Heinrich, aus Wehlau, am 11. Oktober

Kirschbaum, Elfriede, geb. Preuß, aus Wilhelmsdorf, Kreis Ortelsburg, am 16. Ok­tober

Kleinfeld, Ingrid, geb. Butzko, aus Kreuzborn, Kreis Lyck, am 17. Oktober

Krischek, Helmut, aus Kleinheidenau, Kreis Ortelsburg, am 13. Oktober

Lehmann, Martin, aus Preußisch Eylau , am 17. Oktober

Maletz, Edith, geb. Krafzik, aus Roggen, Kreis Neidenburg, am 15. Oktober

Maibaum, Kurt, aus Groß Dirschkeim, Kreis Samland, am 14. Oktober

Michalk, Christel, geb. Symanzik, aus Buttken, Kreis Treuburg, am 17. Oktober

Mohr, Dr. Hans-Joachim, aus Burgkampen, Kreis Ebenrode, am 13. Oktober

Müller, Hubertus, aus Lyck, am 12. Oktober

Oltersdorf, Renate, geb. Strücker, aus Lank, Kreis Heiligenbeil, am 17. Oktober

Prengel, Horst, aus Rodental, Kreis Lötzen, am 14. Oktober

Syska, Gerhard, aus Willenberg, Kreis Ortelsburg, am 13. Ok­tober

Skrzypek, Herbert-Oskar, aus Grabnick, Kreis Lyck, am 11. Oktober

Steinke, Ruth, geb. Thomas, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 13. Oktober

Steinkraus, Bernard, aus Neidenburg, am 15. Oktober

Sterna, Horst, aus Narzym, Kreis Neidenburg, am 11. Ok­tober

Thater, Theodor, aus Neudiems, Kreis Rößel, am 17. Oktober

Tucholski, Manfred, aus Eibenau, Kreis Treuburg, am 13. Oktober

Warich, Heinz, aus Liebenberg, Kreis Ortelsburg, am 17. Ok­tober

ZUM 75. GEBURTSTAG

Brandt, Volkmar, aus Eichen, Kreis Wehlau, am 11. Oktober

Buttler, Friedhelm, aus Lindenort, Kreis Ortelsburg, am 16. Oktober

Growe, Jürgen, aus Lötzen, am 11. Oktober

Hartwich, Manfred, aus Brassendorf, Kreis Lötzen, am 15. Oktober

Ilgen, Christa, geb. Demczenko, aus Sonnenmoor, Kreis Ebenrode, am 15. Oktober

Kays, Waltraut, geb. Brzesinski, aus Wallen, Kreis Ortelsburg, am 11. Oktober

Kirchner, Dieter, aus Nickelsdorf, Kreis Wehlau, am 14. Oktober

Kuschmierrz, Elfriede, geb. Gwiasda, aus Baldenofen, Kreis Neidenburg, am 13. Ok­tober

Reimer, Siegfried, aus Schönwiese, Kreis Elchniederung, am 17. Oktober

Radzimanowski, Klaus, aus Freidorf, Kreis Neidenburg, am 16. Oktober

Rattay, Joachim, aus Rogonnen, Kreis Treuburg, am 15. Ok­tober

Renner, Irmgard, geb. Goetzke, aus Lehmbruch, Kreis Elchniederung, am 11. Oktober

Sauff, Gisela, geb. Bigalk, aus Allenburg, Kreis Wehlau, am 14. Oktober

Schmidt, Horst, aus Damerau, Kreis Ebenrode, am 15. Ok­tober

Schwotzer, Elfriede, geb. Zillius, aus Urfelde, Kreis Ebenrode, am 16. Oktober

Sommer, Sieglinde, geb. Dorss, aus Treuburg, am 15. Oktober

Stenzel, Siegfried, aus Pierlawken, Kreis Neidenburg, am 12. Oktober

Diamantene Hochzeit

Post, Helmut, aus Baringen, Kreis Ebenrode und Elisabeth, geb. Depecke, aus Baringen am 8. Oktober

Goldene Hochzeit

Gollan, Paul, aus Neudims, Kreis Rössel und Brigitte geb. Steffen aus Süßenthal, Kreis Allentstein am 12. Oktober


S. 16-17 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Landesgruppe – Mittwoch, 29. Oktober, 18 Uhr, Haus der Heimat, Großer Saal, Stuttgart, Schloßstraße 92: Dritter Vortrag in der Reihe Wintervorträge 2014.

Ludwigsburg – Dienstag, 21. Oktober, 15 Uhr, Krauthof, Beihinger Straße 27: Herbstfest.

Stuttgart – Dienstag, 21. Okto­ber, 14.30 Uhr, Haus der Heimat, Kleiner Saal, Schloßstraße 92: Heimatnachmittag mit Uta Lüttich. „Herbst und Erntedank“ mit kleinem Erntetisch. Gäste sind herzlich eingeladen.

Ulm/Neu-Ulm – Sonntag, 12. Oktober, 14.30 Uhr, Ulmer Stuben: Erntefest der Ost- und Westpreußen. Es gibt einen Erntetisch, besinnliche und heitere Vorträge, Lieder des BdV-Chors und Lieder zum Mitsingen. Gäste sind herzlich willkommen. – Sonnabend, 18. Oktober, 14.30 Uhr, Ulmer Stuben: Monatliches

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Altmühlfranken – Freitag, 10., bis Sonntag, 12. Oktober: Gemeinsamer Jahresausflug nach Warendorf und Lüneburg. Besuch des Ostpreußischen Landesmuseums und des Kaiserbades Bad Pyrmont.

Freitag, 31. Oktober, 18. Uhr, Gemeinsames heimatliches Essen „Brathering mit Kartoffelsalat“. Fortsetzung des Filmabends „Jokehnen“ nach Arno Surminski im Gasthof „Hotel Krone“ in Gunzenhausen.

Ansbach – Sonnabend, 18. Oktober: Jahreshauptversammlung des Bundes der Vertriebenen. Busfahrt zum Ostlandkreuz bei Bad Windsheim, anschließend nach Ipsheim, dort Jahreshauptversammlung und Weinprobe.

Bamberg – Mittwoch, 15. Ok­tober, 15 Uhr: Erntedankfeier.

Ingolstadt – Sonntag, 19. Ok­to­ber, 14.30 Uhr, Gasthaus Bonschab, Münchner Straße 8: Monatliches Heimattreffen.

Kitzingen – Freitag, 17. Okto­ber, 14.30 Uhr, im Bären, Kleinlangheim: Erntedankfeier. Fahrt dorthin nicht mit dem Bus, sondern es werden Fahrgemeinschaften gebildet, deshalb unbedingt anmelden unter Telefon (09321) 4405.

Landshut – Dienstag, 21. Ok­to­ber, 14 Uhr, Insel: Zusammenkunft der Gruppe. Kleine Philosophie über den ostpreußischen Humor.

München – Sonnabend, 25. Oktober, 14.30 Uhr, Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, 81669 München: Rückblick auf das Ostpreußentreffen in Kassel im Mai von Hansjürgen Kudczinski. Zu Beginn gemeinsame Kaffeetafel.

Außerdem jeden Montag, 18 bis 20 Uhr, im Haus des Deutschen Ostens: Ostpreußischer Sängerkreis. Kontakt: Dr. Gerhard Graf, Offenbachstraße 60, 85598 Baldham, Telefon (08106) 4960.

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Heilsberg/Rößel – Sonnabend, 11. Oktober, 15 Uhr, Seniorenfreizeitstätte „Maria Rimkus Haus“, Gallwitzallee 53, 12249 Berlin: Erntedankfeier. Anfragen für Heilsberg bei Benno Boese, Telefon (030) 7215570, für Rößel bei Ernst Michutta, Telefon (05624) 6600.

Königsberg/Samland/Labiau – Freitag, 14. November, 14 Uhr, Johann-Georg-Stuben, Johann-Georg-Straße 10, 10709 Belrin: Treffen der Gruppe. Informationen bei Prof. Wolfgang Schulz, Telefon (030) 2515995.

Pillkallen/Stallupönen – Donnerstag, 16. Oktober, 14 Uhr, Haus des Älteren Bürgers, Werbellinstraße 42, 12053 Berlin: Treffen der Gruppe. Anfragen bei Helga Rieck, Telefon (039888) 529000.

Rastenburg – Sonntag, 12. Okto­ber, 15 Uhr, Restaurant Stammhaus, Rohrdamm 24 B, 13629 Berlin: Erntedankfest. Anfragen bei Martina Sontag, Telefon (033232) 188826.

Tilsit-Ragnit/Tilsit-Stadt – Sonnabend, 18. Oktober, 15 Uhr, Ratskeller Charlottenburg, Otto-Suhr-Allee 102, 10585 Berlin: Treffen der Gruppe. Anfragen bei Hermann Trilus, Telefon (03303) 403881.

 

BREMEN

Vorsitzender: Helmut Gutzeit, Telefon (0421) 25 09 29, Fax (0421) 25 01 88, Hodenberger Straße 39 b, 28355 Bremen. Stellvertrende Vorsitzende: Marita Jachens-Paul, Ratiborer Straße 48, 27578 Bremerhaven, Telefon (0471) 86176. Landesgeschäftsführer: Jörg Schulz, Am Anjes Moor 4, 27628 Uthlede, Telefon (04296) 74 77 01.

Bremen – Im April nächsten Jahres plant die Gruppe eine Fernreise für ihre Mitglieder und Freunde nach Namibia, dem früheren Deutsch-Südwestafrika. Nach einem Direktflug mit der Condor ab Frankfurt nach Windhuk beginnt eine Rundreise zu allen wichtigen Sehenswürdigkeiten, insbesondere auch in die Nationalparks, dem Etoscha-Nationalpark, die Walfischbucht, das Ovamboland und in die Region um den Waterberg. Die Unterbringung erfolgt in der Regel in sehr gut eingerichteten Lodges mit Halbpension. Die Reise findet vom

9. bis 21. April 2015 statt. Telefonische Nachfragen zur Reise sind an den Vorsitzenden der Gruppe, Heinrich Lohmann, unter der Rufnummer (04231) 62626 zu richten (ab 19 Uhr).

Das Deutsche Kulturforum östliches Europa, der Verein „Informationszentrum Baltische Staaten e.V.“ (Infobalt), die Landsmannschaft Ostpreußen und Westpreußen e.V. Bremen, der Bürgerverein Borgfeld und die Stadtbibliothek Bremen laden ein zur Präsentation der Buchausgabe „Chronik der Schule zu Nidden“ am Dienstag, 14. Oktober, 15 Uhr, in der Schützenhalle (Hamfhofsweg 4, 28357 Bremen-Borgfeld) und um 19 Uhr in der Stadtbibliothek Bremen, Wallsaal (Am Wall 201, 28195 Bremen). Unsere Gäste sind: Dr. Gitanas Nausėda, Ökonom (Herausgeber), Dr. Gabriele Žaidytė, Kulturattaché der Litauischen Botschaft in Deutschland, und Dr. Klaus Harer, Deutsches Kulturforum Östliches Europa.

Der vom Litauischen Institut für Geschichte in Wilna herausgegebenen Veröffentlichung liegt die handschriftliche, mit historischen Fotos versehene Chronik der Schule zu Nidden zu Grunde. Die vor 90 Jahren von dem Niddener Lehrer Henry Fuchs begonnene und von seinen Nachfolgern bis 1944 fortgeführte Chronik dokumentiert in eindrucksvoller Weise die wechselvolle Geschichte dieses einzigartigen Ortes auf der Kurischen Nehrung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Durch einen glücklichen Zufall wurde die im Zweiten Weltkrieg in den Westen gelangte Chronik auf einer Auktion in Berlin entdeckt und erworben.

Die bibliophil ausgestattete Buchausgabe enthält neben dem vollständigen Text der handschriftlich überlieferten Schulchronik ausgewählte faksimilierte Seiten des Manuskripts sowie eine Bildergalerie mit Niddener Fotos aus der Sammlung Froese. Ein Sachkommentar und eine biografische Skizze zu Henry Fuchs, dem Niddener Lehrer und Chronisten, ergänzen diese prächtige Ausgabe.

Anfang September wurde die stellvertretende Landesvorsitzende der Landesgruppe, Marita Jachens-Paul, von Bundespräsident Joachim Gauck mit der Einladung zum Bürgerfest im Berliner Schloss Bellevue für ihr ehrenamtliches Engagement geehrt. Jachens-Paul arbeitet seit 1981 im Vorstand der Landsmannschaft Ost-/Westpreußen und des Heimatkreises Elbing.

Bremerhaven – Am 17. Oktober findet ab 14.30 Uhr das 88. Stiftungsfest der Bremerhavener Gruppe statt. Als Gäste haben sich der Landesvorsitzende Herr Helmut Gutzeit und der Stadtverordnetenvorsteher Herr Artur Beneken angemeldet. Neben einem kleinen Rückblick wird auch auf die 60-jährige Partnerschaft zwischen Elbing und Bremerhaven hingewiesen, die seit dem 16. Mai 1954 besteht und die in diesem Jahr mit einem Gedenkgottesdienst und einer Feierstunde gewürdigt wurde.

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Kippingstr. 13, 20144 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Fried-rich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

LANDESGRUPPE

Donnerstag, 23. Oktober, 15 Uhr, Haus der Heimat, Saal, Teilfeld 8: Gruppenleitertreffen.

KREISGRUPPE

Gumbinnen – Sonnabend, 18. Oktober, 14 Uhr, Restaurant Lackemann, Litzowstieg 8 (Nähe Einkaufs-Center Quarree, Pkw-Parkhochhaus vorhanden), U1 bis Wandsbek-Markt; dann fünf Minuten Fußweg durch Hausdurchgang. Anmeldung erforderlich bis 15. Okto­ber bei Schriftführerin Hilde Jansen-Kaydan, Rathenaustraße 53, 22297 Hamburg, Telefon (040) 517931: Gemeinsames Treffen mit der Heimatkreisgruppe Heiligenbeil mit gemeinsamen Programm. Siehe auch Inserat der Heimatgruppe Heiligenbeil. Der Vorstand freut sich auf ein Wiedersehen. Gäste sind herzlich willkommen.

Heiligenbeil – Sonnabend, 18. Ok­tober, 14 Uhr, Restaurant Lackemann, Litzowstieg Ecke Hinterm Stern: Die Kreisgruppe feiert ihr Herbstfest. Hierzu sind alle Mitglieder und Freunde der Gruppe herzlichst eingeladen, bei Kaffee und Kuchen wollen die Teilnehmer einige gesellige und fröhliche Stunden miteinander verbringen mit einem Vortrag der Polizei Hamburg über seniorenbezogene, kriminalpräventive Themen wie zum Beispiel: „Enkeltrick, Trickbetrug an der Haustür. Enkeltrick? Kenne ich. Falle ich nicht drauf rein! Trickbetrüger an meiner Haustür? Ich bin doch nicht blöd!“ Die Meinung der Gesellschaft über die Opfer dieser Straftaten ist oft nicht positiv. Und doch kann es grundsätzlich jedem passieren! Warum ist das so? Wie gehen die Täter vor und wie kann ich mich schützen? Ein Vortrag im Dialog und zum Verständnis für Senioren.

Da dies in letzter Zeit wieder ein ganz aktuelles Thema ist, konnte die Gruppe das Kriminalpräventive Team der Polizei Hamburg für einen Vortrag gewinnen. Anmeldung bei Lm. Konrad Wien, Telefon (040) 53254950, bis 15. Oktober 2014. Das Restaurant Lackemann ist erreichbar über den Durchgang Hinterm Stern zwischen Wandsbek Quarree und Hotel Tiefenthal, gegenüber der U-Bahnstation Wandsbek Markt.

Insterburg – Die Gruppe trifft sich jeden 1. Mittwoch im Monat (außer Januar und Juli) mit Liedern und kulturellem Programm um 12 Uhr, Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123–125. Kontakt: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg. Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

Osterode – Sonnabend, 11. Oktober, 14 Uhr, Café Prinzess, Alsterdorfer Straße 572, unmittelbar am U- und S-Bahnhof Ohlsdorf: Erntedankfeier. Nach der gemeinsamen Kaffeetafel singen die Teilnehmer Lieder zum Erntedank. Eine Spende für den Erntetisch wird gerne entgegengenommen. Gäste sind willkommen. Eintritt frei.

BEZIRKSGRUPPE

Hamburg/Wilhelmsburg – Montag, 27. Oktober, 15 Uhr, Waldquelle, Meckelfeld, Höpenstraße 88 (mit Bus 443 bis Waldquelle): Heimatnachmittag unter dem Motto „Bunt sind schon die Wälder“, herbstliches Ost- und Westpreußen.

SALZBURGER VEREIN

Sonnabend, 11. Oktober, 13 Uhr, Hotel „St. Raphael“ in Hamburg, Adenauerallee 41: Treffen der Gruppe mit Bildvortrag von Christoph. Hinckelmann, Ostpreußisches Landesmuseum Lüneburg: „Glanzlichter aus der Natur Ostpreußens“. Gäste sind herzlich willkommen.

 

HESSEN

Vorsitzender: Eberhard Traum, Wächtersbacherstraße 33, 63636 Brachtal, Telefon (06053) 708612.

Darmstadt/Dieburg – Sonnabend, 11. Oktober, Luise- Büchner-Haus, Grundweg 10, Darmstadt-Kranichstein: Erntedankfest. Alle Mitglieder sind herzlich eingeladen. Auch Gäste sind, wie immer, recht herzlich willkommen. Begleitet wird dies musikalisch, bei Kaffee und Kuchen, vom Weiterstädter Seniorensingkreis.

Gelnhausen – Sonntag, 12. Oktober, 10 Uhr, Martin Luther Kirche, Bad Orb: Heimatgottesdienst. Wenn die Glocken die Einwohner und Kurgäste zum Sonntagsgottesdienst rufen, werden auch zahlreiche Vertriebene, Flüchtlinge und Spätaussiedler anreisen. Besonders für unsere Landsleute aus Ostpreußen und Schlesien ist es ein besonderer Tag, indem sie an das gemeinsame Schicksal mit den Glocken gedenken. Im Krieg 1944 wurden die Glocken aus ihrem Heimatturm brutal herausgerissen, mit dem Ziel, sie nach dem Einschmelzen zu Munition umzugestalten. Nach dem Neuaufbau des im Krieg durch eine Fliegerbombe ausgebrannten Kirchturms der Martin Luther Kirche in Bad Orb wurden im Jahre 1953 die aus Reichenstein (Schlesien) und Pillkallen (Ostpreußen) stammenden Glocken aufgehängt. So fanden die schon auf dem „Glockenfriedhof“ in Hamburg stehenden Glocken eine neue Heimat, wie viele unserer Heimatleute auch. Der besondere Augenblick ist das einzelne Läuten „ihrer Glocken“ sowie das Singen des Ostpreußen-Liedes „Land der dunklen Wälder“.

Wiesbaden – Dienstag, 14. Oktober, 15 Uhr, Haus der Heimat, Wappensaal, Friedrichstraße 35: Treffen der Frauengruppe zur Erntedankfeier. – Donnerstag, 16. Oktober, 12 Uhr, Gaststätte Haus Waldlust, Ostpreußenstraße 46, Wiesbaden-Rambach: Stammtisch. Serviert wird Grützwurst. Es kann auch nach Speisekarte bestellt werden. Wegen der Platz- und Essensdisposition bitte unbedingt anmelden bis spätestens 10. Oktober bei Irmgard Steffen, Telefon (0611) 844038.

Im Programm der Landsmannschaft zählt die Feier des Erntedankfestes zu den Höhepunkten des Jahres. König Friedrich II. hatte den Erntedanktag 1773 in Preußen eingeführt und zum festen Feiertag erklärt. Und so blieb es bis heute. Den herbstlich dekorierten Erntetisch mit vielerlei Gemüse, Früchten und Blumen − darunter Königsberger Marzipan und hausgemachte Marmelade − schmückten Spenden heimischer Bauern, Gärtnereien und eines Handelshofs. In der Mitte des Tisches „ostpreußische Tomaten“: aus Ostpreußen hatte ein Mitglied Samen von dort gepflanzten Früchten mitgebracht und ihn hier ausgesät. Alle gespendeten Gaben durften die Besucher am Schluss der Feier mit nach Hause nehmen. Vorsitzender Dieter Schetat dankte den Geld- und Sachspendern, zugleich aber auch den mehr als 100 Besuchern für ihre Verbundenheit mit der Landsmannschaft. „Wir gehören zusammen“, rief er ihnen zu „denn Sie alle tragen dazu bei, dass die Erinnerung an unsere Heimat lebendig bleibt und das kulturelle Erbe weitergetragen wird.“ So durchzogen die Feier dann auch Geschichten und Gedichte von Erntedank in der verlassenen Heimat, die Lieselotte Paul und Margitta Krafczyk vortrugen. Der Frauenchor unter Leitung von Liesl Zekert umrahmte das Programm mit Liedern zur Herbst- und Erntezeit. Besinnliche Worte zum Erntedank sprach wieder Pfarrer Dr. Holger Saal von der Wiesbadener Marktkirche. Der Dank für das tägliche Brot im christlichen Gebet sollte wörtlich nicht allein für Essen und Trinken verstanden werden, sondern auch in alle anderen Bereiche unseres Lebens einfließen. Dies brachte das anschließend gemeinsam gesungene Lied „Danke für diesen guten Morgen“ nochmals zum Ausdruck. Zu Gast dieses Erntedank-Nachmittags, der mit dem Ostpreußenlied „Land der dunklen Wälder und kristall’nen Seen“ ausklang, waren auch die Mitglieder des Hessischen Landtags Astrid Wallmann und Horst Klee, sowie Stadtverordnetenvorsteher Wolfgang Nickel und Stadtverordnete Ingrid Reiß.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Buxtehude – Freitag, 17. Okto­ber, 14.30 Uhr, Inselrestaurant, Stade: „Ostdeutsche Dichter und Denker“. Die Gruppe erinnert mit Liedern, Lesungen und Gedichten an die Geistesgrößen der Heimat. Die Kosten für Eintritt und Kaffeegedeck betragen zehn Euro pro Person. Das Inselrestaurant ist vom Stader Bahnhof in sechs Minuten Fußweg zu erreichen. Anmeldung bitte bei Wolfgang Weyer, Telefon (04161) 3406.

Hannover – Freitag, 17. Okto­ber, 14 Uhr, Ihmeblick: Treffen mit den Heimatfreunden der Pommerngruppe zum kleinen Erntedankfest. Um Anmeldung wird gebeten unter Telefon (05101) 2530.

Holzminden – „Störche kennen keine Grenzen“. Unter diesem Thema wird Frau Luise Wolfram aus Hannover im „Felsenkeller“ Holzminden am Donnerstag, 23. Oktober, um 15 Uhr über ihre Arbeit im Gemeindeaufbau der Bevölkerung im nördlichen Ostpreußen berichten. Gäste sind wie immer herzlich willkommen.

Osnabrück – Freitag, 17. Okto­ber, 15 Uhr, Gaststätte Bürgerbräu, Blumenhaller Weg 43: Treffen der Frauengruppe. – Dienstag, 21. Oktober, 16.30 Uhr, Hotel Ibis, Blumenhaller Weg 152: Kegeln. – Donnerstag, 30. Oktober, 15 Uhr, Gaststätte Bürgerbräu, Blumenhaller Weg 43: Literaturkreis.

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Bad Godesberg – Sonntag, 12. Oktober: traditionelles Erntedankfest. Die Veranstaltung beginnt um 15 Uhr mit einem gemeinsamen Kaffeetrinken. Im Anschluss findet ein festliches Programm statt. Gäste sind herzlich willkommen.

Bielefeld – Donnerstag, 16. Ok­tober: Heimatliteraturkreis. Alle Veranstaltungen beginnen um 15 Uhr in der Wilhelmstraße 13, 33602 Bielefeld.

Dortmund – Montag, 20. Ok­to­ber, 14 bis 17 Uhr, Heimatstube, Landgrafenschule, Eingang Märkische Straße: Monatstreffen der Gruppe.

Düsseldorf – Jeden Mittwoch, 18.30 bis 20 Uhr, GHH/Eichendorff-Saal, 1. Etage: Chorprobe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft.

Ennepetal – Sonnabend, 11. Oktober, 15 Uhr (Einlass ist um 14 Uhr), Restaurant Rosine, Ennepetal Voerde, Eingang Berg­straße 4−6: Traditionelles Erntedankfest mit Essen, Tanz und Tombola. Eintrittspreis fünf Euro. Als Gast ist der stellvertretende Bürgermeister Manfred Drabent eingeladen. Es singt der Ostdeutsche Heimatchor Hagen unter der Leitung von Ingrid Struck. Um Tanz und zur musikalischen Unterhaltung spielt Arnold Kubitza aus Hagen. Anmeldungen erbeten bei Gerhard Sadlowski, Kampershausweg 10, Telefon (02333) 75137, oder M. Gräf, Dr. Siekermann-Weg 28, Telefon (02333) 5766. Eine große Tombola wartet auf glückliche Gewinner. Präsente für die Tombola werden gerne entgegen genommen. Gäste sind willkommen.

Donnerstag, 16. Ok­tober, 18 Uhr, Heimatstube, Archivgebäude Kirchstraße 52 (Grundschule Harkort): Monatsversammlung.

Essen − Am 17. Oktober feiert unsere Kreisgruppe um 15 Uhr in der Gastronomie St. Elisabeth, Dollendorfstraße 55, 45144 Essen, das Erntedankfest.

Gütersloh – Sonnabend, 11. Ok­tober, 20 Uhr (Einlass 19 Uhr), Spexarder Bauernhaus, Lukasstraße 14: Herbstfest. Eintritt 7/10 Euro. Wer möchte, kann in Dirndl, Tracht oder Lederhose kommen. Infos unter marianne.bartnik@­t-online.de oder telefonisch unter (05241) 29211.

Köln − Am Dienstag, 21. Okto­ber, trifft sich die Ostpreußenrunde um 14,30 Uhr im Bürgerzentrum Köln-Deutz, Tempelstraße 41–43 zur monatlichen Versammlung. Für Interessierte, die unsere Gruppe noch nicht kennen, sei gesagt, dass die Versammlungen an jedem dritten Dienstag des Monats stattfinden und mit den Linien 3 und 4 der KVB von der Haltestelle Suevenstraße sowie den Linien 1 und 7 von der Deutzer Freiheit in wenigen Minuten erreicht werden können. Für den November möchten wir im Voraus bekannt geben, ist eine interessante Reportage über eine Masurenreise im vergangenen Sommer geplant.

Mülheim – Dienstag, 14. Ok­tober, 15 Uhr, Bürgergarten: Mitgliederversammlung mit einem Referat der Vorsitzenden. Abschluss wird das traditionelle Königsberger-Klopse-Essen sein.

Wesel – Sonnabend, 11. Okto­ber, 17 Uhr, Heimatstube, Kaiserring 4: Erntedankfest mit verschiedenen Darbietungen. Die beliebte Tombola steht natürlich auch auf dem Programm. Für das leibliche Wohl ist gesorgt. Anmeldungen bis zum 30. Septemberbei Paul Sobotta, Telefon (0281) 45657 erbeten.

Witten – Montag, 20. Oktober, 15 Uhr, Evangelisch-Lutherische Kreuzgemeinde, Lutherstraße 6–10: Erntezeit in Ostpreußen (Mohn und Leim). Königsberger-Klopse-Essen.

 

RHEINLAND-PFALZ

Vors.: Dr. Wolfgang Thüne, Wormser Straße 22, 55276 Oppenheim.

Mainz – Jeden Freitag, 13 Uhr, Café Oase, Schönbornstraße 16, 55116: Die Gruppe trifft sich zum Kartenspielen. – Sonnabend, Oktober, 15 Uhr, Mundus Residenz, Große Bleiche 44, 55116 Mainz: Erntedankfest. Gaben für den Erntetisch werden gern entgegengenommen. – Donnerstag, 23. Oktober, 15 Uhr, Treffpunkt vor dem Restaurantschiff am Rheinufer Mainz-Kastel: Spaziergang am Kasteler Ufer mit Einkehr in das Schiffsrestaurant.

 

SACHSEN

Vorsitzender: Alexander Schulz, Willy-Reinl-Straße 2, 09116 Chemnitz, E-Mail: alexander.schulz-agentur@gmx.de, Telefon (0371) 301616.

Hoyerswerda – Zum Tag der Heimat 2014 trafen sich die Landsleute aus den verschiedensten Vertreibungsgebieten und viele prominente Gäste in der Lausitzhalle Hoyerswerda. Die Vorsitzende der Gruppe Gisela Lossack hatte mit fleißigen Helfern und sehr viel Liebe diesen Tag vorbereitet. Es war ein wunderbarer, sonniger Spätsommertag und schon die Hinfahrt wurde ein besonderes Erlebnis. Zur Eröffnung dieses Festtages spielten die Philharmoniker unter der Leitung von Torsten Vogel. Nach diesem feierlichen Auftakt wurden wir herzlich begrüßt von Frau Lossack.

Vertreter vieler Organisationen der Stadt waren der Einladung gern gefolgt. So konnte Dr. Jens Baumann vom Innenministerium Dresden, Sup. in R. Friedhard Vogel, sowie Maria Michalk MdB und der Bürgermeister der Stadt Lauter, Herr Ruhland auf das Herzherzlichste begrüßt werden, um nur Einige zu nennen. Grußworte der Ehrengäste wurden den Heimatvertriebenen überbracht durch Herrn Dr. Baumann vom SMI. Seine Worte berührten die Herzen der Anwesenden. Frau Lossack bedankte sich für die Hilfe und Unterstützung sowie für die guten ergreifenden Worte zu diesem Ehrentag.

Gute Wünsche und Grüße überbrachte auch der Bürgermeister der Nachbarstadt Lauter Herr Ruhland. Für die vielen guten Wünsche bedankte sich Lossack bei allen Gästen im Namen aller Teilnehmer. Die Totenehrung sprach Sup. i. R. Friedhard Vogel. Er gedachte an alle Opfer des Krieges und auch der von uns gegangenen Landsleuten aus unseren eigenen Reihen. Die Landsleute gaben den Toten die Ehre im Gedenken. Er erinnerte auch an die vielen Menschen, die heute noch vertrieben werden.

Die Festrede hielt Maria Michalk, sie ist Mitglied des Bundestages. Ihr Mitgefühl und ihre Verbundenheit klangen aus ihren Worten und erreichten somit die Anwesenden. Sie dankte Herrn Frank Hirche für seinen Einsatz im Sächsischen Landtag und den Erfolg endlich einen Ehrentag für die Heimatvertriebenen in Sachsen beschlossen haben. Ein schöner Anlass gemeinsam zu feiern.

Der Männerchor aus Lohsa erfreute uns an diesem Nachmittag mit einem bunten Strauß von Heimatmelodien. Gisela Lossack rezitierte in ostpreußischer Mundart ein Gedicht. Die schlesische Heimatfreundin, Roesemarie Börner, trug ein lustiges Gedicht vor in schlesischer Mundart. Nun hörten wir mit großer Freude die Philharmoniker unter der Leitung von Torsten Vogel. Herr Vogel sprach über die Entstehung der Hymnen und es war für uns alle neu, wissenswert und oft auch teilweise lustig. Gemeinsam sangen wir die Nationalhymne. Das Schlusswort sprach Gisela Lossack, und sie bedankte sich ganz herzlich für das zahlreiche Erscheinen. Der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt. Anschließend begann eine kurze Pause zur Stärkung mit Kaffee und Kuchen.

Dieser herrliche, niveauvoll ausgestaltete Nachmittag wurde nur möglich durch die Unterstützung des sächsischen Innenministeriums, herzlichen Dank dafür. Dieser wunderbare Tag wird uns noch lange in sehr guter Erinnerung bleiben. Anschließend um zirka 17 Uhr folgte an der Kriegsgräberstätte Nardt/Elsterhorst eine Kranzniederlegung mit Sup. i. R. Friedhard Vogel und den Philharmonikern mit Torsten Vogel statt. In heimatlicher Verbundenheit die herzlichsten Grüße von Hannelore Kedzierski

Limbach-Oberfrohna – Sonnabend, 11. Oktober, 14 Uhr, Eschemuseum: Die Kreisgruppe feiert ihr traditionelles ostpreußisches Erntedankfest. Zu diesem Fest werden schon gemeinsam Vorbereitungen getroffen. Mit Freude und guten Ideen will die Gruppe einen Tag vorbereiten, der allen noch lange in Erinnerung bleiben soll. Der gemischte Chor „Langenberg“ wird im kulturellen Teil unterhalten und die Teilnehmer dürfen fröhlich mitsingen. Eine Kindergruppe von der Gerhart-Hauptmann-Schule führt durch ein abwechslungsreiches Programm. Es ist hausgeschlachtete Wurst im Angebot. Alle Landsleute und Gäste sind herzlich eingeladen.

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle, Telefon privat (0345) 2080680.

Gardelegen – Freitag, 17. Ok­tober, 12 Uhr, Waldgaststätte Lindenthal: Erntedank- und Schlachtefest.

Magdeburg – Sonntag, 12. Ok­to­ber, 14 Uhr, Sportgaststätte Spielhagenstraße: Erntedank. – Freitag, 24. Oktober, 15 Uhr, TuS, Zielizter Straße: Treffen des Singekreises. – Dienstag, 28. Oktober, 13.30 Uhr, Immermannstraße: Treffen der Stickerchen.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner. Geschäftsstelle: Telefon (0431) 554758, Wilhelminenstr. 47/49, 24103 Kiel.

Burg/Fehmarn – Dienstag, 14. Oktober, 15 Uhr, Haus im Stadtpark: „Erntedank – der Dank an Gott für die Ernte“. Unter diesem Motto feiert die Landsmannschaft in Burg das Erntedankfest. Ein gemütliches Beisammensein bei Kaffee und Kuchen an herbstlich geschmückten Tischen, wobei hier jeder durch Beiträge zum Gelingen des Nachmittags beitragen kann. Hierzu sind alle Mitglieder und Freunde der Gruppe herzlich eingeladen.

Mölln – Am 22. Oktober treffen sich die Ost- und Westpreußen des Ortsverbandes Mölln zur monatlichen Zusammenkunft in den Quellenhof in Mölln. Im September feierten wir in unserem Vereinslokal unser diesjähriges Erntedankfest mit einer großen Beteiligung von Mitgliedern und Gästen. Sehr einfühlsame Worte zum Erntedank sprach unser Mitglied Herr Probst Erwin Horning. Er ging besonders auf das Lied von Matthias Claudius „Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land“ ein. Weiter wurden von einzelnen Mitgliedern Gedichte und Geschichten vorgelesen, und es wurde viel gesungen. Der Höhepunkt kam am Ende der Veranstaltung.

Der Vorstand der Landsmannschaft hat einen Erntedankgabentisch aufgebaut mit allem Essbaren was im Garten wächst, und jeder durfte sich von diesem Gabentisch etwas mit nach Hause nehmen. Es war ein wunderschöner Nachmittag. Zu unserem Vereinstreffen im Oktober haben wir Christoph Hinkelmann vom Ostpreußischen Jagd- und Landesmuseum eingeladen. Hinkelmann ist in diesem Museum Wissenschaftlicher Mitarbeiter in Naturkunde, Land und Forstwirtschaft, und Jagd- und Fischereikunde. Er wird uns einen Vortrag über die Besonderheiten der Natur in Ostpreußen und einen Farbdiavortrag mit dem Thema Ostpreußen vor 1945 halten. Wir freuen uns sehr auf diesen Vortrag. Gäste sind herzlich willkommen.

Pinneberg – Sonntag, 12. Okto­ber, 12 Uhr: Preußische Tafelrunde mit Vortrag. Informationen unter Telefon (04101) 62667 oder (04101)73473.

 

THÜRINGEN

Vors.: Edeltraut Dietel, August-Bebel-Straße 8 b, 07980 Berga an der Elster, Tel. (036623) 25265.

Eisenach – Sonnabend, 11. Ok­tober, 14 Uhr, Insterburger Heimatgruppe Thüringen, Rot-Kreuz-Weg 1: Filmvortrag über Ostpreußen. – Dienstag, 14. Oktober, 14 Uhr, Rot-Kreuz-Weg 1: Heimatnachmittag der Ost- und Westpreußen.

Jena – Freitag, 24. Oktober, 14 Uhr, Gruppentreffen mit Lichtbildvortrag „Ostpreußen“ zusammen mit der LM Pommern/Westpreußen in der Panorama Gaststätte Schlegelsberg, Oskar-Zachau-Straße 6, 07749 Jena. Alle Landsleute sind willkommen!


S. 18 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

INSTERBURG − Stadt und Land

Vorsitzender Stadt & Land: Reiner Buslaps, Am Berg 4, 35510 Butzbach-Kirch-Göns, Tel.: (06033) 66228, Fax (03222) 3721953, E-Mail: R.Buslaps@t-online.de. Kreisgemeinschaft Insterburg Stadt & Land e. V., Geschäftsstelle, Am Marktplatz 10, 47829 Krefeld, Postfach 111 208, 47813 Krefeld, Tel.: (02151) 48991, Fax (02151) 491141, E-Mail: info@insterburger.de, Internet: www.insterburger.de, Bürozeiten: Montag – Freitag von 8 bis 12 Uhr.

Sonnabend, 25. Oktober um 14 Uhr: Treffen der „Insterburger Teutonen“ in der Gaststätte „Bürgerbreu“, Osnabrück, Blumenhaller Weg 43, zu einem gemütlichen Zusammensein. Gäste sind herzlich willkommen.

 

KÖNIGSBERG–STADT

Stadtvorsitzender: Klaus Weigelt. Patenschaftsbüro: Karmelplatz 5, 47049 Duisburg, Telefon (0203) 2832151.

Unser Schultreffen fand diesmal vom 29. bis 31. August statt. Wie immer im Hotel Rennschuh, das von allen Teilnehmern als sehr angenehm und familiär empfunden wird. Schon am Vortag traf sich die Mehrzahl der Teilnehmenden zu einem gemütlichen Beisammensein im Restaurant Eisenpfanne. Am Freitag, den 29. August, konnte dann das eigentliche Treffen beginnen. Leider nagt der Zahn der Zeit an uns allen, und so waren wir nur noch 23 Getreue. Nichtsdestotrotz wurde es eine fröhliche und unterhaltsame Zusammenkunft, die wir rege nutzten, um Gedichte und Anekdoten zu hören und aufzufrischen. Schöne Beiträge lieferten, Ingrid Nowakiewitsch, Edith Hillmann, Gerda Müller und Ursel Graduszewski. Gedanklich ließen wir die vielen Jahre in Göttingen Revue passieren und kamen zu dem Schluss: So schnell lassen wir nicht von einander. Der Geist unserer Hans-Schemm-Schule ist in uns lebendig geblieben. Wir wollen die Erinnerung an unsere Heimatstadt Königsberg hoch halten und auch unseren Kindern und Enkeln nahe bringen. Es wurde erzählt, gesungen und gelacht, und beim Abschied haben wir wieder unser Ostpreußenlied gesungen, das uns immer wieder aufs Neue tief bewegt. Leider verstarben im letzten Jahr: Elfriede Weiß geb. Johnen, Jutta Volkert geb. Warstat, Inge Hölscher geb. Glandien, Helga Swat geb. Laskowsky und Klaus Klebusch, unser Jüngster in der Gruppe. Wir werden ihr Andenken in Ehren halten. Und so geht es nächstes Jahr geht’s weiter: So Gott will treffen wir uns wieder vom 28. bis 30. August 2015 in Göttingen. Ich danke allen Teilnehmern für ihr Kommen, das ja von Jahr zu Jahr beschwerlicher wird. Vielleicht schaffen wir ja auch noch das 25. Treffen? Mit diesem Gedanken möchte ich meinen Bericht schließen. Edith Cyrus

Treffen der Balliether Heimatfreunde und der ehemaligen Ottokar-Schüler in Fulda vom 11. bis 14. September. Ich fange genauso an zu berichten wie letztes Jahr: Wir erlebten wieder ein interessantes drittes Treffen in Fulda. Nur die Sonne hatten wir nicht eingeladen, es war kühl und nass. Aber stellt Euch vor, fast alle unserer Balliether Heimatfreunde und ehemaligen Ottokar-Schüler waren wieder dabei. Insgesamt waren wir 16 Personen. Lieber Ulrich Busch, wir danken Dir ganz herzlich. Wir haben beschlossen, uns im nächsten Jahr vom 17. bis 20. September 2015 wieder in Fulda zu treffen.

Am nächsten Tag in Fulda, also am Freitag, warteten wir auf den bestellten Bus und unsere Reiseleiterin, Frau Ingrid Bachmann von der Tourist-Information, erklärte uns während der Fahrt die Reiseroute in den Naturpark Hoher Vogelsberg, er liegt in Hessen. Die beiden höchsten Erhebungen sind der Hoherodskopf mit 763,8 Metern und der Taufstein mit 773 Metern (Rhein-Weser-Wasserscheide). Der Vogelsberg ist Europas größter Vulkan. Aus den entstandenen Rissen quoll Lava, die schließlich eine Fläche von 2500 Quadratkilometer bedeckte. Der Vulkan erhielt seine riesenhaften Ausmaße durch die Verschiebungen der Erdkruste im Jungtertiär. Seit sieben Millionen Jahren ist es ruhig geworden im Inneren, doch haben Eiszeit, Erosion und Verwitterung das äußere Bild verändert, die schroffen Kanten der durch die Vulkantätigkeit entstandenen Basaltblöcke abgeschliffen und die, für die Region so typischen, Täler mit kleinen Wasserläufen geschaffen. Aluminium-, Eisen- und Titanoxyde lösten sich heraus und reicherten sich an vielen Stellen an. Dort, wo Menschen durch Basaltabbau die Schlote aufgeschlossen haben, zeigen sich auch für den Laien interessante geologische Formen – etwa die typischen Fünf- oder Sechskantsäulen des Voglesberger Basaltes. (Auszug aus dem Internet „Naturpark Hoher Vogelsberg“) Das Gebiet heißt auch „Das Land der offenen Ferne“. Die Menschen hier betreiben Waldwirtschaft. Im Herbst gibt es viele Hirsche und Damwild. Auch Blaubeeren und Pilze kann man finden. Interesssant ist auch, dass der Vogelsberg Windräder hat, während es in der Rhön, da es ein Biosphärenreservat ist, keine gibt. Wir kamen an Ober-Moos vorbei, in dessen Kirche – wegen der Akustik – Orgelkonzerte stattfinden. In diesem Gebiet werden wieder Störche angesiedelt, es wurden bereits 36 Paare gezählt.

Im Gasthaus „Burg Post“ im Schloss Eisenbach haben wir Mittagspause gemacht und fürstlich gegessen. Das Schloss liegt etwa 4 km südlich von Lauterbach. Da es anfing zu regnen fuhren wir weiter nach Lauterbach. Im Flüsschen Lauter, welches durch die Stadt fließt, liegen Schrittsteine. die ermöglichen an einer seichten Stelle die Überquerung der Lauter zu Fuß. Wahrscheinlich stammen die ersten Schrittsteine bereits aus dem 12. Jahrhundert. Früher dienten die Schrittsteine vor allen Dingen als Abkürzung, um einen zentralen Trinkwasserbrunnen zu erreichen. Hier wurde dem „Lauterbacher Strolch“ ein Denkmal gesetzt. Das Denkmal zeigt einen lockigen Jungen, der zwar mit Regenschirm, aber einem nackten Fuß unterwegs ist. Seine Entstehung verdankt der „Strolch“ dem Lauterbacher Strumpflied „In Lauterbach hab’ ich mein’ Strumpf verlor’n“. Die spätbarocke Evangelische Stadtkirche wurde 1768 eingeweiht. Im Inneren: mehrere Epitaphe der Riedesel Frh. zu Eisenbach aus dem 16. Jahrhundert und eine stehende Muttergottes aus Stein aus dem 14. Jahrhundert.

Weiter fuhren wir nach Schlitz. Die evangelische Stadtkirche, ehemals St. Margarethen, ist eine der ältesten steinernen Sakralbauten, die außerhalb des Fuldaer Klosterbezirks errichtet wurden. Der Hinterturm hat eine Höhe von 36 Metern. Er wurde mit einem Fahrstuhl ausgestattet und ist heute beliebter Aussichtspunkt auf Schlitz und Umgebung. In der Adventszeit erstrahlt der Turm als „größte Kerze der Welt“. Der Turm war Gefängnis und Verlies. Seit alters her besteht in Schlitz die Leinenweberei, deren Erzeugnisse damals wie heute überall begehrt sind. Heute gilt das zusätzlich auch noch für die Produkte der Schlitzer Kornbrennerei. Der Abend klang mit Pizzaessen und Fotos von den letzten Treffen aus.

Am Sonnabend führte uns Renate Christ von der Tourist-Information durch das nach Renovierung wieder eröffnete Stadtschloss. Das stattliche barocke Schloss zeigt, dass die Äbte des Klosters mittlerweile zu bedeutenden Landesfürsten geworden waren und dies auch zeigen wollten. Es bildet den Mittelpunkt unter den barocken Bauwerken Fuldas. Die bekannten Sammlungen Fuldaer und Thüringer Porzellane sind ebenfalls im Schloss ausgestellt (mit Auszügen aus diversen Prospekten und dem Internet). Auf der breiten Treppe zur Orangerie im Schlossgarten entstand das Gruppenfoto der diesjährigen Teilnehmer.

Den Nachmittag konnte jeder verbringen wie er wollte. Es war wieder ein erlebnisreiches und ausgefülltes Treffen. Als wir gemütlich am Frühstückstisch saßen, sagte Lena Loos: „Na, so langsam merke ich aber, dass ich älter werde.“ Sie wird im Dezember 97 Jahre alt und hat mir erlaubt, diesen Satz in meinen Bericht aufzunehmen. Sie kommt mit dem Zug von Berlin nach Fulda und fährt auch mit dem Zug wieder nach Hause. Schon heute möchte ich ihr – auch im Namen aller Teilnehmer – die herzlichsten Segenswünsche aussprechen. Da mein Bericht auch im Königsberger Bürgerbrief und in der Preußischen Allgemeinen Zeitung erscheint, hoffe ich, dass es doch noch Balliether und Ottokarschüler gibt, die gerne bei unseren Treffen – einmal im Jahr im September – dabei wären. Meldet Euch bitte bei Ulrich Busch in Hamburg telefonisch oder per Fax unter (040) 6049544 oder per e-Mail (ulrbusch@arcor.de). Marianne Imhof

 

LÖTZEN

Kreisvertreter: Dieter Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg. Geschäftsstelle: Ute Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg, Telefon (040) 6083003, Fax: (040) 60890478, E-Mail: KGL.Archiv@gmx.de

Sonnabend, 18. Oktober: Das Lötzener Heimatmuseum in der Sudetenlandstraße 18 H (Böcklersiedlung) in der Patenstadt Neumünster hat von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Gelegenheit, die Dauerausstellung über „die Perle Masurens“ zu besuchen und die Sonderausstellung „Mein Hauptweg, meine Nebenwege“, Kunstwerke von Elena Steinke (Königsberg, Breklum), zu sehen.

Um 16.15 Uhr beginnt die Veranstaltung anlässlich des 50. Todestages von Agnes Miegel: „Na, man ist nicht ungestraft Deutsche.“ Eine Annäherung an Leben und Werk (durch Ute Eichler) und die Darstellung persönlicher Erinnerungen an die Dichterin (von Eberhard Steinke, Breklum). Der Eintritt ist frei.

 

ORTELSBURG

Kreisvertreter: Dieter Chilla, Bussardweg 11, 48565 Steinfurt, Telefon (02552) 3895, Fax (02552) 996905, E-Mail: kontakt@kreisgemeinschaft-ortelsburg.de. Geschäftsführer: Hans Napierski, Heinrichstraße 52, 45701 Herten, Telefon (0209) 357931, Internet: www.kreis-ortelsburg.de

„Nie wieder Krieg!“ Dieses Resümee zog Bürgermeister Erwin Leichner aus dem Schicksal der über 8000 Mitglieder der Kreisgemeinschaft Ortelsburg, von denen sich über 600 im Kulturzentrum der Patenstadt Herne zu ihrem diesjährigen Hauptkreistreffen versammelten. Eine vorbildliche Rolle im Rahmen ihrer Integration − so Staatssekretärin Ingrid Fischbach aus dem Bundestag in ihrer Grußbotschaft − haben die Menschen aus dem früheren Ostpreußen gespielt. Seit 1996 ist Domherr André Schmeier aus Allenstein [Olsztyn] für die Seelsorge an den dort lebenden Menschen der deutschen Minderheit in Ermland und Masuren zuständig. In seiner Festansprache beschrieb er differenziert und sensibel das Leben der Menschen seines Seelsorgebezirks, der die heutigen Regionen Ermland und Masuren umfasst: „Wir haben mittlerweile ein ausgezeichnetes menschliches Miteinander zwischen Polen und Deutschen, ich selbst wurde in selbstverständlicher Weise vom dortigen polnischen Bischof zum Priester geweiht. Dennoch haben deutschsprachige Gottesdienste dort auch noch heute ihren Stellenwert. Religion geht nur in der Muttersprache unter die Haut.“

Von ähnlichen menschenverbindenden Erfahrungen berichtete sein evangelischer Amtsbruder Alfred Borski, der seit einem Jahr Gemeinden im Kreis Ortelsburg (Szczytno) betreut, dabei um materielle Unterstützung für die zum Teil erheblich renovierungsbedürftigen Dorfkirchen bat. Arkadiusz Leska, Vorsitzender des „Kulturvereins Heimat“ in Ortelsburg, gab einen Überblick über die Aktivitäten seines Vereins, wobei er vor allem die Durchführung einer überregionalen sportlichen Spartakiade in den Mittelpunkt stellte.

Der Kreisvorsitzende Dieter Chilla ging in seiner Ansprache auf die Erfahrungen der Ortelsburger in und nach zwei Weltkriegen ein: „Beide Kriege erreichten die Heimat unserer Vorfahren. Die Kreisgemeinschaft Ortelsburg, die ursprünglich ein Kreis der Selbsthilfe, der Erinnerungen und des therapeutischen Erzählens war, hat seine Aufgabenbereiche deutlich erweitert und ein existenziell wichtiges Thema zum Schwerpunkt gemacht: Völkerverständigung!“

Für langjährige besondere Verdienste wurde Alfred Denda mit dem Goldenen (siehe Laudatio auf Seite 19) und seine Schwester Irmgard Denda mit dem Silbernen Ehrenzeichen der Landsmannschaft Ostpreußen ausgezeichnet. Die Wichtigkeit der Erinnerung für die Zukunft betonte der Ehrenvorsitzende Edelfried Baginski in seinem Schlusswort und eröffnete ein unterhaltsames Miteinander, das sich bis in den späten Abend erstreckte und Gelegenheit zu zahlreichen Gesprächen bot, vor allem auch mit den Gästen aus Polen.

 

TREUBURG

Kreisvertreterin: Ingrid Meyer-Huwe, Heinrich-Heine-Straße 51, 30173 Hannover, Telefon/Fax (0511) 884928, E-Mail: eusebius@kabelmail.de. Stellvertreterin: Eva Knierim, Kaiserstraße 38, 58300 Wetter, Telefon (02335) 846853. e-knierim@t-online.de. Geschäftsführerin: Irmgard Klink, Schlehdornweg 30, 47647 Kerken, Telefon (02833) 3984 (Fax: 3970), iklink@gmx.de. www.treuburg.de. Ansprechpartnerin in Ostpreußen: Hannelore Muraczewska, Wisniowa 1, PL 19-400 Olecko, Telefon (0048) 875203180.

Am 14. Juni tagte im Ostheim, Tagungsstätte der Landsmannschaft Ostpreußen, in Bad Pyrmont eine außerordentlichen Sitzung des Kreistages, in welcher einige Positionen neu besetzt wurden. Der aktuelle Vorstand besteht aus: Ingrid Meyer geb. Huwe als Kreisvertreterin, Eva Knierim geb. Debinski (Mutter geb. Strümper) als Stellvertretende Kreisvertreterin, Irmgard Klink geb. Meißner als Geschäftsführerin. Sie ist seit 18 Jahren Vorstandsmitglied.


Zeitlos schönes Ostpreußen
Reise in ein Land, das sich im Aufbruch befindet

Die Kreisgruppe der Ostpreußen, Westpreußen und Pommern e.V. unter der sachkundigen und erfahrenen Führung von Rosemarie Sieglinde Winkler lud ein zu einer zehntägigen Reise in die Heimat ein.

Geweckt von Heimatverbundenheit, Wiedersehenssehnsucht und Neugier formierte sich eine größere Reisegesellschaft. Darunter waren manche, die diese Reise schon mehrfach mitgemacht haben, wohl mit dortigen Wurzeln, und Neuankömmlinge, die dieses Land „erfahren“ wollten. Vielleicht spielten Namen eine Rolle wie Kant, Copernicus, Herder, Schopenhauer oder Günter Grass, Siegfried Lenz und Marion Gräfin Dönhoff, vielleicht der Deutsche Ritterorden, die Back­steingotik oder einfach die Geschichte des Zweiten Weltkriegs.

Die Reise startete in Buchen und sammelte die letzten Mitreisenden in Bad Mergentheim ein. Von dort ging es zügig über Bayreuth, Frankfurt/Oder, in Küstrin über die Oder und die Grenze nach Polen. In der Festung Küstrin saß Friedrich II. in Haft und musste der Hinrichtung seines Freundes Katte zusehen. Der Zweite Weltkrieg machte Küstrin zum Pompeji des Ostens.

Alleen, rechts und links riesige Getreidefelder und deutlich weniger Besiedelung prägen die Landschaft. In Schneidemühl war die erste Übernachtung in Polen.

Der zweit Tag führte über Gnesen nach Thorn, eine ehemalige Hansestadt, auch „Königin der Weichsel“ genannt, und die Stadt wird diesem Namen gerecht. Die Kirche, die Stadttore, das Rathaus sind Backsteingotik vom Feinsten, nicht zu vergessen, die restaurierten Patrizierhäuser.

Über hügeliges Land ging es nach Osterode zur Kaffeepause bei der Deutschen Gesellschaft. Die Situation der Landbevölkerung und der Deutschen im Besonderen ist schwierig. Man freut sich über deutsche Besucher, darüber, im Westen nicht vergessen zu sein und natürlich über einen Obolus oder den Verkauf ausgelegter Handarbeiten zur Verbesserung ihrer Lage. Der Besuch macht bewusst, wie gut es uns im Westen geht.

Nach der Übernachtung in Heilsberg stand am nächsten Tag Königsberg auf dem Programm. Der Grenzübergang nach Russland ist nicht ganz so streng wie der in die USA, aber wir verlassen eben die EU. In Russland kommt eine Stadt- und Reiseleiterin an Bord, die die Reisegruppe durch den russischen Teil Ostpreußens führt. Von ihr gibt es sachkundige Informationen zur Kultivierung der Landschaft und zur Geschichte der Stadt Königsberg (es werden die deutschen Namen genannt, Gräfin Dönhoff würde sich freuen). Die Stadt war nach dem Krieg zu 60 Prozent zerstört; die restlichen 40 Prozent hätten gerettet werden können. Was von Nutzen sein konnte, wurde jedoch nach Russland abtransportiert, zum Beispiel zum Wiederaufbau von Leningrad.

Die neuangesiedelte sowjetische Bevölkerung konnte mit dem erbeuteten Gebiet wenig anfangen, im Gegensatz zu Polen. Der Königsberger Dom wurde originaltreu wieder aufgebaut, mit sehr viel Geld, auch aus Deutschland. Er ist jedoch keine Kirche mehr, sondern eine ökumenische Begegnungsstätte und Konzertsaal. Im Dom befinden sich die Grabstätten von Immanuel Kant und Herzog Albrecht von Preußen mit zwei Gemahlinnen. Das Königsberger Stadtbild vermittelt zwiespältige Gefühle – Prunkstücke wie der Dom und gläserne Bank- und Bürotürme, die goldenen Kuppeln einer nagelneuen orthodoxen Kathedrale einerseits, andererseits slumartige Wohnwolkenkratzer und junge Menschen, die sich mit dem Verkauf von Postkarten oder Wodka über Wasser halten.

Im Königstor erwartete die Gruppe eine Gesangsdarbietung von fünf Damen und Klavierbegleitung mit einem Repertoire von Bach über Mozart, Beethoven bis zum Grünen Kaktus. Es sind Stimmen vom sonoren Alt bis zum hellklaren Sopran, vom fast unhörbaren Anfang wie aus der Weite kommend bis zum stimmgewaltigen Ende gegen die Weite des Landes ansingend. Eventuell sind die Damen auch einmal bei uns zu hören.

Der nachfolgende Tag gehörte der Kurischen Nehrung. Die fast 100 Kilometer lange Landzunge aus Sand und einer hauchdünnen Humusschicht trennt das Haff von der Ostsee. Ziel war das Fischerstädtchen Nidden, verewigt in Agnes Miegels Ballade „Die Frauen von Nidden“ und ein Muss für deutsche Besucher wegen des Thomas-Mann-Hauses, heute Museum. Das Arbeitszimmer und die Terrassen um das Ferienhaus bieten einen überwältigenden Blick über das Haff. Leider konnte Thomas Mann dieses himmlische Fleckchen Erde nur drei Jahre genießen.

Der Weg führte weiter über Insterburg zum Gestüt Georgenburg (die Vorlage für den Roman „Die Barrings“ von William von Simpson), eine Anlage in sehr gutem Zustand von international bestem Ruf. Pferde sind nicht viele zu sehen, es war Sommer, da sind sie auf der Weide − schade.

Über Gumbinnen gelangten die Teilnehmer nach Trakehnen. In Trakehnen gibt es kein Gestüt mehr, doch stehen das schöne Eingangstor und das Landstallmeisterhaus wieder in gutem Zustand da. In dem darin eingerichteten kleinen, aber überaus interessanten Museum durften die Gäste alte Filmausschnitte anschauen. Und als Erfolg des Trakehner-Verbandes steht seit letztem Jahr wieder der Bronzeabguss (das Original wurde 1945 nach Mos­kau verbracht) des legendären Hengstes „Tempelhüter“ auf seinem bisher leeren Sockel. Die Gruppe erreichte bald wieder die russisch-polnische Grenze, die Reiseleiterin verabschiedete sich.

Rechts und links weiteten sich endlose Kornfelder aus, eine zauberhafte Landschaft tat sich auf: Masuren. Die ausgiebige Seefahrt auf dem großen Mauersee von Lötzen nach Steinort brachte die Reiseteilnehmer zum ehemals Lehndorff‘schen Landbesitz. Im Schloss wurde gearbeitet – gut, dass man es erhalten will.

Nicht weit davon befindet sich die Wolfsschanze. Es sind nur noch Bunkerruinen zu sehen, aber von gewaltigen Ausmaßen. Gebaut wurde sie schon 1941 und Hitler verbrachte hier angeblich die meiste Zeit. Das Attentat Stauffenbergs am 20. Juli 1944 fand hier statt – es jährt sich zum 70. Mal; der Ort des Geschehens ist immer noch bedrückend. Die Betroffenheit wich im Wallfahrtsort Heilige Linde bei einem wunderbaren Orgelkonzert.

Umgeben von Wald steht das majestätischste der noch erhaltenen Schlösser Ostpreußens: Schloss Döhnhoffstedt. Seine imposante Größe ließen die Reisenden erstaunen und den Glanz längst vergangener Tage erahnen. Auch hier waren Anfänge von Restaurierung zu erkennen. Übernachtet wurde in einem wieder hergerichteten Herrenhaus in Treuburg, sehr stilvoll – wie alle diesem Zweck zugeführten Häuser.

Weiter in Richtung Westen gen Danzig bot ein Abstecher nach Mohrungen einen Besuch bei Johann Gottfried Herder im Schloss derer zu Dohna und nach Quittainen, von wo Gräfin Dönhoff ihren Ritt im Treck nach Westen begann. Das ehemalige Gutshaus wartet noch auf Restaurierung. Ostpreußen versöhnt immer wieder mit seiner Landschaft und einem Storchenparadies, das seinesgleichen sucht.

Vorbei an Elbing am Frischen Haff gelangte man nach Frauenburg, wo Copernicus 30 Jahre lang gewirkt hat und auch beigesetzt ist. Der Dom, wunderschöne Backsteingotik, war ein Höhepunkt der Reise. Eine weitere Sehenswürdigkeit ist gegen Ende der Reise Danzig. Die Stadt feierte gerade Sommerfest, und Stadt und Umgebung waren bei strahlendem Wetter auf den Beinen.

Trotz Trubel in den Gassen richtete sich der Blick unverwandt auf die schmucken Fassaden und Giebel. Die Altstadt war bei der Einnahme durch die Sowjets systematisch platt gemacht worden. Dank kluger Voraussicht hatte man Pläne, Stiche und Fotos in Sicherheit gebracht und konnte so die Stadt sehr schnell originalgetreu aufbauen. Polen hat in dieser Hinsicht, natürlich mit finanzieller Unterstützung, sehr viel geleistet – das verdient Anerkennung.

Etwas anderes war die nächste Übernachtung in einer richtigen Burg. Auf dem Weg zurück nach Deutschland kommt man an einem Besuch von Varzin, dem ehemals Bismarck‘schen Anwesen, nicht vorbei. Die sachkundige Führung ließ die Weltgeschichte zur Zeit des Eisernen Kanzlers realitätsnah aufleben.

Nach zehn Tagen voller nachhaltiger Eindrücke ging die Reise durch Ostpreußen, Westpreußen und Pommern zu Ende. Es bleibt die Erkenntnis: Das besuchte Land ist Vergangenheit, Erinnerung an stille Seen und einsame Dörfer, an Flucht und Vertreibung. Es ist aber auch Gegenwart: nämlich von Menschen, die Frieden und Versöhnung suchen, von Städten und Dörfern im Aufbruch und Wandel und von zeitlos schönen Landschaften, die Ruhe schenken. Karin Schwarz


S. 19 Heimatarbeit

Heimaterde bleibt
Kulturtagung endete erfolgreich

Unter der Leitung von Uta Lüttich, Vorsitzende der Landesgruppe Baden-Württemberg, wurde auch die diesjährige Delegierten- und Kulturtagung sehr zahlreich und äußerst positiv angenommen.

Stefan Hein, Bundesvorsitzender des Bund Junges Ostpreußen, referierte über den Aufbau sowie über die mannigfachen Arbeiten und Aufgaben des BJO. Schonungslos offen wurden jedoch auch Schwierigkeiten angesprochen, wie die Integrierung der Jugend in die LO und die nahezu gänzlich fehlende mittlere Generation. So resümierte Hein am Ende, dass die LO nur überlebensfähig sei, wenn sie sich den heutigen Lebensbedingungen der Menschen anpasse sowie feste Vereinsstrukturen eventuell überdacht und verändert würden.

Gerda Hildbrand faszinierte die Anwesenden mit der Lesung aus ihrem Buch „Ein Leben – Zwei Seiten − Schicksal einer Gutsbesitzerfamilie aus Ostpreußen“. Sie schilderte hierin eindringlich, die akribisch genau festgehaltenen Lebenserinnerungen der Ella Brümmer, ihrer Großmutter, einer mutigen Ostpreußin, die mit ihrer Heimat untrennbar verbunden war. Das Leben und gleichzeitig harte Schicksal dieser Frau und ihrer Familie, wurde stellvertretend für etliche Vertriebene und Flüchtlinge, herzzerreißend festgehalten. Die Lebenserinnerungen sind gleichzeitig Zeitgeschichte von 1882 bis 1949 und enden mit den Worten: „Die Geschlechter kommen und gehen, aber die Heimaterde bleibt und ein anderes Geschlecht wird den Dienst an ihr tun.“

Die Landesvorsitzende selbst referierte, 100 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkrieges, über den „Kampf um Ostpreußen 1914“. Beleuchtet wurde der Mythos der Schlacht von Tannenberg, sowie die furchtbare, wenngleich kurze Schreckensherrschaft der Russen. Ungemein fesselnd schilderte Lüttich über die Flucht von 800000 Ostpreußen schon im Ersten Weltkrieg, welche heute nahezu in Vergessenheit geraten ist. Manche Ostpreußen flüchteten bis zu dreimal. Das mehrmalige Hin und Her der Front ließ Rück­kehrversuche scheitern.

Natürlich durfte auch der kulturelle Heimatabend, mit Sketchen und Vertellchen der Teilnehmer, nicht fehlen. Nach der Gedenkfeier am Vertriebenendenkmal in Bad Cannstatt, welche von der Landsmannschaft Ostpreußen ausgerichtet wurde, rundete die Teilnahme am „Tag der Heimat“ die zweitägige Delegierten- und Kulturtagung ab. Andreas Praß


»Wer schreibt, der bleibt«
Goldenes Ehrenzeichen für Schriftleiter des »Ortelsburger Heimatboten«, Alfred Denda

Alfred Denda kam 1936 in dem ostpreußischen Dorf Groß Schöndamerau (Kreis Ortelsburg) als erstes von zwei Kindern des Schneiders Rudolf Denda und seiner Ehefrau Ottilie geb. Sagromski zur Welt. In dem idyllischen masurischen Dorf, zum Teil in der Schneiderwerkstatt seines Vaters, verlebte er eine ruhige Kindheit, die ein jähes Ende fand, als sein Vater im Oktober 1944 an den Folgen von Schussverletzungen verstarb, die er an der Ostfront erlitten hatte. Im Januar 1945 flüchtete Alfred Denda mit seiner Mutter und seiner jüngeren Schwester Irmgard und erlebte bei der Überquerung des Frischen Haffs das Inferno der Flucht.

Bis 1948 hielt sich die Familie in Salzwedel in der Altmark auf und verschwand dann im Sommer dieses Jahres „schwarz“ über die innerdeutsche Grenze zu Verwandten nach Dortmund.

Nach Schulbesuch und Lehre ließ sich Denda in Abendkursen zum Konstrukteur fortbilden. Anschließend arbeitete er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1994 als Fachmann für Düngemittel bei einer Dortmunder Firma. Im Rahmen dieser Tätigkeit reiste er unter anderem nach Südafrika, Ägypten und Indien, wo er am Aufbau von Fabriken maßgeblich beteiligt war. 25 Jahre lang war Denda als Presbyter für die evangelische Kirchengemeinde in Dortmund-Eichlinghofen tätig. En­gagement im Posaunenchor, Wandern, Skifahren, und das Vorbereiten und Durchführen von Fahrradtouren gehören zu seinen bevorzugten Freizeitbeschäftigungen.

Im Sommer 1978 sah er sein heimatliches Dorf Groß Schöndamerau wieder. Seine Mutter konnte ihm auf dieser Fahrt wichtige Orte der Familiengeschichte zeigen. Jahre später nahm er Kinder und Enkelkinder auf Fahrten nach Masuren mit und machte sie mit der Heimat ihrer Vorfahren vertraut.

In den 1990er Jahren begann Alfred Denda mit großem Engagement damit, die Kreisgemeinschaft auf unterschiedlichen Gebieten aktiv und spürbar zu unterstützen. Bis zum heutigen Tag ist er als Mitglied des Kreisausschusses ein außerordentlich wichtiger Mitarbeiter der Kreisgemeinschaft Ortelsburg. So zeigt er bei der Vorbereitung und Durchführung verschiedener Treffen großen Einsatz. Er koordinierte und vertiefte die Familienforschung der Kreisgemeinschaft, digitalisierte Datenbestände und ließ den genealogischen Bereich zunehmend auch für die jüngere Generation attraktiv werden. Auf diesen Gebieten ist er bis heute aktiv.

Bei der Auszahlung der Bruderhilfe knüpfte er mit den heute im Heimatkreis lebenden Menschen gute und nachhaltige Kontakte. Die evangelische Kirche in Passenheim/Pasym wurde für notwendige Renovierungsarbeiten von der Kreisgemeinschaft Ortelsburg wiederholt mit finanziellen Zuwendungen bedacht. Bei diesem sakralen Baudenkmal handelt es sich um die älteste Backsteinkirche im südlichen Ostpreußen.

Alfred Denda stellte federführend umfängliche und komplexe Anträge an das Innenministerium der Bundesrepublik Deutschland und koordinierte diese Arbeit zielführend mit polnischen Einrichtungen. Das Innenministerium würdigte nach Abschluss der Antragstellungen Alfred Dendas präzise und kompetente Leistung.

Alfred Dendas besonderes Engagement lag in seiner 16-jährigen Tätigkeit als Schriftleiter des Ortelsburger Heimatboten, die er 2013 in jüngere Hände gab. Er erweiterte die inhaltliche Bandbreite dieses Jahrbuches, indem er neben die Erlebnisberichte auch verstärkt Darstellungen aus der südostpreußischen Alltagsgeschichte stellte, Abhandlungen über den psychologischen Hintergrund von Flucht und Vertreibung einfügte, den Umfang der Fotos aus den unterschiedlichsten Bereichen deutlich erweiterte. Sein Engagement ging weit über den Bereich redaktioneller Administration hinaus, es erfasste zwischenmenschliche Kommunikation in umfassender Bandbreite: Das Telefon ist für Alfred Denda zu einem wichtigen Werkzeug geworden. Im Zusammenhang mit der Arbeit am Heimatboten erreichten ihn zahlreiche Anrufe aus dem In- und Ausland. Alfred Denda besitzt die seltene Gabe des aktiven Zuhörens. Dadurch ermutigte er viele Anrufer, ihre Erinnerungen und Ideen zu Papier zu bringen. Bis zum heutigen Tag ist er zahlreichen Menschen ein kompetenter und geduldiger Ansprechpartner, wenn es um Fragen bezüglich Ostpreußen geht. So konnte er die Auflagenhöhe des Heimatboten bis auf 12000 Exemplare steigern. Auch heute noch, nachdem zahlreiche Landsleute verstorben sind, hat dieser Jahresband mit 7000 Exemplaren (und etwa 20000 Leserinnen und Lesern) eine vergleichsweise hohe Auflage.

Der Ortelsburger Heimatbote wird an Universitäten und historischen Fachinstituten weltweit gelesen, verarbeitet und archiviert. Alfred Denda hat durch seine Tätigkeit als Schriftleiter Grundlagen geschaffen, die zahlreichen Folgegenerationen Quellenmaterial und Orientierung geben werden, wenn sie Informationen über die Lebensweise ihrer Vorfahren aus dem Kreis Ortelsburg suchen werden.

Wer schreibt, der bleibt. Dieser Satz gilt in besonderer Weise im Hinblick auf Alfred Denda und für sein Engagement um seine ostpreußische Heimat. Alfred Denda hat sich in hervorragender Weise für Ostpreußen verdient gemacht.

In Würdigung seiner außergewöhnlichen Leistungen und seines vielfältigen Einsatzes für Ostpreußen verleiht die Landsmannschaft Ostpreußen Herrn Alfred Denda das Goldene Ehrenzeichen. Dieter Chilla


S. 20 Heimatarbeit

Tücken des Lesens
Alte Prussia-Akten werden erschlossen

Die Spuren ostpreußischer Archäologen verfolgen derzeit zwei Mitarbeiter des Berliner Museums für Vor- und Frühgeschichte. Aus Aktenbeständen, die ursprünglich aus dem bis 1945 im Königsberger Schloss ansässigen Prussia-Museum stammen, wollen Heidemarie Eilbracht und Horst Junker ein vergessenes Kapitel der Kulturgeschichte der ehemaligen Provinz Ostpreußen in die Gegenwart zurückholen.

35000 der im Prussia-Museum einst akribisch zusammengetragenen Briefe, Tagebücher, Berichte, Fotos und Zeichnung wurden unlängst digitalisiert. Es ist ein erster Schritt, um die Dokumente über eine Online-Datenbank zu erschließen.

Viele der alten Dokumente sind handschriftlich abgefasst. Gebräuchlich war damals die sogenannte deutsche Kurrentschrift. Immer weniger Menschen jedoch können die heute noch lesen. Für die Berliner Museumsleute ein Problem. Denn in Sachen Lesen und Transkribieren setzen sie auf ehrenamtliche Helfer, meist Ruheständler und Pensionäre.

Doch zunehmend fehlt es an „Nachwuchs“. Zehn Jahre hat man sich in Berlin Zeit gegeben, um die Archivalien des Prussia-Museums zu erschließen und online zu stellen. Angesichts der Zahl der zu sichtenden Dokumente auch mit Unterstützung ehrenamtlicher Helfer ist das ein ehrgeiziges Vorhaben. Horst Junker


Vor der Versteigerung bewahrt
Das Ostpreußische Landesmuseum Lüneburg feiert sensationelle Neuerwerbung von deutschbaltischen Sammlungsstücken

Zahlreiche Porträtgemälde deutschbaltischer Familien über acht Generationen, Mobiliar aus Rokoko, Empire, Biedermeier und Historismus, edle Tafelkultur aus Porzellan und Silber, persönliche Korrespondenz und Akten aus mehreren Jahrhunderten, Berge an Fotografien: das Ostpreußische Landesmuseum konnte durch großes Glück und Unterstützung der Thure P. und Dr. Andrea von Wahl-Stiftung einen spektakulären Bestand der deutschbaltischen Familien von Münnich und von Nolcken für die Wissenschaft und Öffentlichkeit retten. Der Zugang erfolgte äußerst kurzfristig, da Zwangsräumung und -versteigerung drohten.

Die Deutschbalten als bedeutende, deutschsprachige Minderheit prägten über Jahrhunderte das politische, kulturelle und gesellschaftliche Leben im heutigen Estland und Lettland. Auch in russischer Zeit nach der Eroberung durch Zar Peter den Großen blieben ihre Privilegien erhalten, vielfach errangen sie in russischen Diensten höchste Ämter. Nach dem Ersten Weltkrieg mit Gründung der unabhängigen Republiken wurden die Ländereien der großen Güter mit prächtigen Herrensitzen enteignet. Schon vor der Umsiedlung der Deutschbalten im Herbst 1939 nach dem Hitler-Stalin-Pakt hatten daher zahlreiche Familien ihre oftmals jahrhundertealte Heimat verlassen. So auch in diesem Fall.

Die Familie von Nolcken, Eigentümer und Erbauer des auch heute noch beeindruckenden Schlosses Allatzkiwwi (heute: Alatskivi), wanderte 1920 nach Deutschland aus und ließ sich in Schloss Pöring in Pitzling (Landsberg am Lech) nieder. Dort wurde das mitgebrachte Inventar von der Familie bewahrt und zusammengehalten, bis nun nach dem Tod einer Nachfahrin dieser einzigartige Bestand auseinandergerissen und verkauft werden sollte.

Allatzkiwwi wurde 1880−86 im damals russischen Gouvernement Livland (heute Estland) von Arved Freiherr von Nolcken (1845−1909) nach dem Vorbild des schottischen Schlosses Balmoral im neogotischen Stil erbaut und spiegelt somit die Kultureinflüsse wieder, die Deutschbalten von ihren Reisen in Europa in die damals russischen Ostseeprovinzen mitnahmen. Das unweit von Tartu (Dorpat) und zugleich nahe am Peipussee liegende markante Schloss ist restauriert worden und wird heute von einer Stiftung als Hotel und Museum genutzt.

Es ist mehr als ungewöhnlich, dass sich über nahezu 100 Jahre ein solcher Nachlass erhalten hat. Das Bemerkenswerte und zugleich wissenschaftlich Einmalige ist der Umstand, dass er sich nachweisbar zuvor in großen Teilen auf dem Familiensitz in Allatzkiwwi befand. Somit handelt es sich um einen der ganz wenigen, geschlossen aus dem Baltikum überführten Nachlässe.

Eine spektakuläre Note erhält der Nachlass u. a. auch durch die verwandtschaftlichen Bezüge der von Nolckens zur Familie von Münnich von Gut Lunia (Livland). Zu deren Besitzern, von denen sich auch persönliches Kulturgut in diesem Nachlass befindet, gehört der berühmte russische Staatsmann, Ingenieur und Militär Burchard Christoph Reichsgraf von Münnich. Aus dem Oldenburgischen stammend erbaute er unter Zar Peter dem Großen den Ladoga-Kanal. Unter der Zarin Anna Ivanovna wurde er Generalfeldmarschall in den Türkenkriegen auf der Krim und war später entscheidend an der Krönung von Anna Leopoldowna beteiligt. Daraufhin erfolgte 1740 seine Erhebung zum Premierminister Russlands. 1742 wurde von Münnich in die Verbannung nach Sibirien geschickt und kehrte 1762, begnadigt durch Peter III., aus dem Exil zurück. Unter Pe­-

ter III. und Katharina II. diente er fortan als kaiserliches Ratsmitglied und Generaldirektor der baltischen Kanäle und Häfen. Sein Sohn Ernst Johann von Münnich gilt als Mitbegründer der Ermitage in St. Petersburg.

Über 200 Gemälde und Möbel sowie zahlreiche Alltagsgegenstände wie Tafelsilber und persönliche Erinnerungsstücke sind dem Ostpreußischen Landesmuseum nun für seine Deutschbaltische Abteilung und der damit verbundenen länderübergreifenden Kulturarbeit übereignet worden. Hierzu ist eine intensive Kooperation mit Estland, der Stadt Tartu (Partnerstadt von Lüneburg), den dortigen Museen und Archiven sowie natürlich den heutigen Nutzern von Schloss Alatskivi vorgesehen, das auch über ein Museum verfügt. Zunächst ist eine umfangreiche Restaurierung des teilweise stark beschädigten Kulturguts vonnöten. Der archivalische Nachlass wird am Herder-Institut in Marburg bearbeitet, dessen Dokumentensammlung bereits über 1500 laufende Regalmeter Baltica umfasst.

Als von der Bundesregierung institutionell geförderte Einrichtung ist das Ostpreußische Landesmuseum inzwischen von dieser beauftragt, über eine Deutschbaltische Abteilung die Kulturgeschichte der früheren deutschen Minderheit in den historischen Regionen Kurland, Livland und Estland zu sammeln, zu bewahren, zu erforschen und über Präsentationen zu vermitteln. Der gesetzliche Auftrag erstreckt sich dabei wesentlich auch auf einen länderübergreifenden kulturellen Dialog mit Wissenschafts- und Kultureinrichtungen in diesen Ländern.

Seit vielen Jahren organisiert das Museum daher mehrsprachige Ausstellungs- und Katalogprojekte im ehemaligen Ostpreußen, das heute zu Polen, Russland und Litauen gehört. Zukünftig er­streckt sich diese Kooperation auch auf Institutionen in Estland und Lettland, mit denen bereits einige bedeutende Projekte (zum Beispiel „Glanz und Elend. Mythos und Wirklichkeit der Herrenhäuser im Baltikum“) realisiert wurden.

Das Museum wird zu diesem Zweck derzeit baulich erweitert und komplett umgestaltet. Anfang 2015 wird es für einige Monate zur Modernisierung seiner Dauerausstellung sowie Errichtung einer Deutschbaltischen Abteilung schließen. Die Neueröffnung ist für Ende 2015 geplant. PAZ/OL


S. 21 Lebensstil

Die Widerstandskämpfer von Sylt
Im Norden formiert sich Protest − Insulaner kämpfen gegen ihre »Vertreibung« durch die Millionäre

Bald wird es keine Sylter mehr geben. Jedenfalls keine gebürtigen. Nachdem die Westerländer Nordseeklinik keine Geburtshilfe mehr leistet, müssen schwangere Insulanerinnen auf dem Festland entbinden. „Echte“ Sylter werden zunehmend durch die Herrschaft der Reichen verdrängt.

Sylt galt als Insel der Reichen und Schönen. Das sind endlose Strände, Dünen, Heideduft, Wind und vor allem jede Menge Urlauber aus ganz Deutschland. Und wer was auf sich hält, wohnt unter seinem eigenen Reetdach. Ständig wird auf der Insel gebaut. Aber meist für Touristen – oder gleich für Millionäre. Das treibt nicht nur die Mieten und Immobilienpreise in die Höhe, sondern verändert auch drastisch das soziale Gefüge auf Deutschlands nördlichster Insel. Schulen droht die Schließung, den freiwilligen Feuerwehren fehlt der Nachwuchs und die Einheimischen werden durch die astronomischen Immobilienpreise und Lebenshaltungskosten aufs Festland gedrängt. Doch nun formiert sich Widerstand unter den verbliebenen Insulanern.

Morgens halb neun Unhr am Ortsschild Hörnum auf Sylt. Der schwarze Porsche Cayenne Ge­ländewagen gleitet mit aufheulendem Motor sportlich vorbei an den Kindererholungsheimen links und rechts der Straße in den kleinen Ort an der Südspitze von Deutschlands nördlicher Insel.

Vor Kurzem fand an einem sonnigen Sonabend ein sogenanntes „Weltevent“ statt. Der „Beach Polo Welt-Cup Sylt“ lockt die Prominenten aus aller Welt an. Direkt am Hafen, mit VIP-Zelt und entschlossen blickenden Sicherheits-Mitarbeitern, warten Tierarzt, Polo­pferde und von weit angereiste Zuschauer auf den Beginn des Spektakels im tiefen Nordseesand. Der Parkplatz füllt sich rasch mit Luxuskarossen, ihnen entsteigen betont sportlich gekleidete Herren in Begleitung junger hübscher Damen oder Damen, die jung aussehen.

Im einst verschlafenen Hörnum an der Südspitze der Insel, das bis vor wenigen Jahren geprägt war von Militär sowie Schulland- und Erholungsheimen, vollzieht sich nach der Eröffnung eines Luxushotels und dem vierten Golfplatz der Insel auf einem geebneten ehemaligen Kasernengelände ein Wandel besonderer Art.

Bislang ist diese Veranstaltung noch einer der wenigen Höhepunkte, mit denen es Hörnum schafft, Deutschlands höchste Porschedichte aufzuweisen. Für die Strandbar Sansibar in den nahen Rantumer Dünen, wo im Sommer Kreuzfahrer vor Anker gehen, deren betuchte Passagiere mit bestellter Prominenz am Strand Champagnerpartys feiern, sowie für Sylts heimliche Insel- und Promihauptstadt Kampen mit den höchsten Immobilienpreisen der Republik, stellt Hörnum noch keine ernst zu nehmende Konkurrenz dar, da Betuchte gerne unter ihresgleichen verweilen. Als neues Lockmittel dienen hier nun der Golfplatz mit dem Fünf-Sterne-Wellness-Hotel „Budersand“ und unter Tierschützern umstrittene Veranstaltungen wie der „Beach Polo Welt-Cup“.

Montag, halb neun Uhr am Bahnhof Westerland: Ankunft der „Sylt-Vertriebenen“. Doreen Schweikert putzt Ferienwohnungen. Auch ihr Mann pendelt in die alte Heimat – er mäht jetzt Rasen auf einem Golfplatz.

Früher haben sie selbst auf der Insel gelebt. Doch der Wohnraum wurde ihnen zu teuer. Sie nehmen immer den Zug mit den Servicekräften – die Handwerker fahren schon eine Bahn früher. Alltag für Sylt-Pendler, man kennt sich, war früher Nachbarn, bei vielen fährt der Frust mit.

Andreas Hilmer, Reporter der NDR-Sendung „Menschen und Schlagzeilen“, recherchiert über das Thema „Sylt-Flucht der Insulaner“, fragt: „Fühlen Sie sich auch so ein bisschen vertrieben und würden am liebsten da leben?“ Doreen Schweikert: „Ja, natürlich. Durch die ganzen Touristen fühlt man sich vertrieben. Weil, man möchte gerne da bleiben, wo man’s gewohnt ist, man kann es nicht, weil andere Leute dort Urlaub machen wollen.“

Da Sylt im Gegensatz zum strukturschwachen Festland Nordfrieslands ein Überangebot an Arbeitsplätzen aufweist, pendelt ein Großteil der Arbeitnehmer, zirka 3000 Personen, täglich vom Festland per Zug und Fähre auf die Insel; somit wirkt sich die Wirtschaftskraft der Insel auch auf das angrenzende Festland aus.

Die große Wirtschaftskraft zieht nicht nur Arbeitnehmer an. Sie ist gleichzeitig Grund für einen stetigen Wegzug von Sylter Familien auf das benachbarte Festland, da die extrem hohen Grund­stücks- und Immobilienpreise sowie die höheren Lebenshaltungskosten für viele Sylter nicht mehr tragbar sind. Dieser Prozess wird als Gentrifizierung bezeichnet.

Insofern sind viele Sylter aufs Festland „ausgewandert“. Sie arbeiten zwar nach wie vor auf der Insel, wo ja vor allem der Tourismussektor mit allen damit verbundenen Nebengewerben regelrecht aufblüht, pendeln aber jeden Tag über den Hindenburgdamm auf die Insel.

Seit bald 20 Jahren schon gebe es das Problem der steigenden Mieten und Immobilienpreise, in letzter Zeit habe es sich aber noch einmal zugespitzt, sagt der stellvertretende Bürgermeister der Gemeinde Sylt, Carsten Kerkamm. Er macht die Finanzkrise mitverantwortlich. In unsicheren Zeiten wollen Menschen in sichere Anlagen investieren, wie eben in Immobilien auf Sylt.

Doch die Einheimischen können mit dieser Preisentwicklung oft nicht mithalten. Eine Doppelhaushälfte mit 152 Quadratmetern für 3,3 Millionen Euro oder ein Friesenhaus für 5,9 Millionen – nach oben hin scheint es kaum Grenzen zu geben. Für den kleinen Geldbeutel sieht das Angebot dagegen mager aus.

„40 bis 60 Prozent der Häuser sind im Winter dunkel“, sagt Kerkamm. Es gebe auch keine Kinder mehr, in List gibt es bereits seit 2005 eine Zwangsfeuerwehr. Zweimal in der Woche gibt die Sylter Tafel Lebensmittel an Be­dürftige aus – Insulaner, die ihre Heimat nicht verlassen wollen, aber durch steigende Mieten und Lebenshaltungskosten in die Armut gedrängt werden.

Jedoch formiert sich unterdessen kämpferischer Widerstand einiger couragierter Insulaner. Knapp 50 Sylter waren dem Aufruf von Katinka Gosselaar und Lars Schmidt von der Bürgerinitiative „Zukunft.Sylt“ gefolgt, die sich erstmals im September 2011 unter dem Motto „Wir haben genug von zu wenig Wohnraum“ trafen.

„Wir haben bewusst das Englische Kino als Treffpunkt gewählt, um auf das freie Gelände mit enormem Entwicklungspotenzial aufmerksam zu machen“, sagte Schmidt damals. Wohnraum für bis zu 5000 Sylter könnten auf dem ehemals militärisch genutzten Gebiet entstehen. „Dieser Ort hat Symbolcharakter und dabei geht es nicht nur um Wohnraum, wir wollen, dass Sylt konkurrenzfähig bleibt und lebenswert für uns, die hier leben und arbeiten“, ergänzte Gosselaar. Eine Plattform wollen die beiden bieten, für die, die etwas verändern wollen.

Das Englische Kino gehört zu einem einst gut erhaltenen Kasernenkomplex auf dem Fliegerhorst Westerland, der im Dezember 2005 von der Bundeswehr ge­räumt und an die Gemeinde Sylt übergeben wurde. Diese be­schloss, alle Gebäude, bis auf die neue Sporthalle, abzureißen und das Gelände zu renaturieren. Möglicherweise will die Insel-Verwaltung die Wiederholung des Politikums verhindern, das sich Jahre zuvor um die Kaserne in Hörnum abspielte.

In den im Jahr 1994 von der Bundeswehr geräumten und zu­vor aufwendig sanierten Standort sollten Saisonarbeiter, ein Hotel und eine Klinik einziehen. Alle Konzepte scheiterten jedoch an Politik und Verwaltung, die Bauten wurden im Jahr 2008 für den Golfplatz „Budersand-Hörnum“ abgetragen. Dies ist nur ein Beispiel gescheiterter Konversion und beispielloser Wertvernichtung, dessen Wiederholung sich vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Neuausrichtung der Bundeswehr von einer Verteidigungs- in eine In­terventionsarmee und den zu erwartenden Kasernenschließungen bundesweit fortsetzen könnte.

Ein ähnliches Drama bahnt sich eventuell in List an: Dort lässt der Investor in der von der Bundeswehr übernommenen Ma­rineversorgungsschule alle Bautätigkeiten ruhen, seit sich vor zwei Jahren seine Idee des Eliteinternats „Nordsee-Col­lege“ für Sprösslinge gutbetuchter Eltern nicht umsetzen ließ.

Unter dem Motto: „Stoppt den Abriss!“ traf sich die Initiative je­den Freitag am Tor des Fliegerhorsts zur Mahnwache. Anlass ist der Mangel an Dauerwohnraum, der nach Ansicht der Initiative nur noch durch Um­wandlung des Fliegerhorstes in eine Bürgerstiftung mit entsprechender Überplanung und Erhalt der Gebäude erreicht werden kann.

Immer mehr Internetnutzer unterstützen die Facebook-Seite „Englisches Kino Sylt“, auf der sie ihr Bedauern ausdrücken, dass das Gebäude − wie alle anderen auf dem alten Fliegerhorst − abgerissen werden soll. Astrid Hansen, Oberkonservatorin im Landesamt für Denkmalpflege und für öffentliches Bauwesen zuständig, sagte, dass sie bereits ihr Veto gegen den Abriss eingelegt habe: „Das Englische Kino ist ein Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung und im Denkmalbuch des Landes Schleswig-Holstein eingetragen.“ Es dürfe nur abgerissen werden, wenn es baufällig sein sollte oder öffentliche Interessen dem Erhalt entgegen stünden.

Petra Reiber, die noch bis Frühjahr 2015 amtierende Bürgermeisterin der Gemeinde Sylt, drohte den Aktivisten mit einer Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs und erklärte, dass das Englische Kino wie alle anderen Gebäude auf jeden Fall abgerissen wird − mit oder ohne Veto der Denkmalschutzbehörde. „Die Renaturierung des Geländes ist im Regionalplan festgeschrieben und steht über dem Denkmalschutz.“

Bei einer Nutzung der Gebäude müsste die Gemeinde „marktübliche Preise“ an den Bund bezahlen. Wohnungsbau auf dem Fliegerhorst hält sie für eine „Utopie“, die Gemeinde habe bereits bessere Flächen für Dauerwohnraum ausgemacht. Reiber: „Zum Beispiel den Bastianplatz in Westerland, wo wir so schnell wie möglich anfangen wollen zu bauen.“ Der Bastianplatz ist bislang ein Sportplatz inmitten des dicht bebauten Alt-Westerland.

Der Sylter CDU-Bundestagsabgeordnete Ingbert Liebing verkündete: „Der Abriss ist eine au­tonome Entscheidung der Ge­meinde, ich wüsste nicht, was ich oder meinetwegen auch der Mi­nister­präsident da machen könn­ten − am Tor anketten werde ich mich jedenfalls nicht.“ Zurück bleibt ein Urlauberparadies, voll mit Gä­sten, aber mit immer weniger In­sulanern. Sylt ohne Sylter – weil jeder irgendwie mitverdienen will. Wenn der Ausverkauf so weitergeht, dann ist in der Ne­bensaison auf Sylt mit den dann vielen verwaisten Geisterhäusern nur noch tote Hose. Thilo Gehrke


Schon wieder abgeschrieben

Spätestens seit den höchst schmachvollen Rücktritten von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und Bildungsministerium Annette Schavan aufgrund der Aberkennung ihrer unredlich erworbenen Doktortitel weiß die deutsche Öffentlichkeit, dass so mancher Verfasser von Dissertationen mogelt, was das Zeug hält.

Weniger bekannt – weil von den Mainstream-Medien nach wie vor konsequent verschwiegen – ist dahingegen, in welch starkem Ausmaß gerade die Nachwuchswissenschaftler mit Migrationshintergrund oder aus dem Ausland als Betrüger agieren: Nahezu 50 Prozent der in letzter Zeit entlarvten akademischen Plagiatoren sind nichtdeutscher Herkunft. Dabei wird deren parasitärer Arbeitsstil oft als „kulturell bedingt“ entschuldigt.

Die wirkliche Ursache liegt aber wohl sehr viel eher in mangelnden Deutschkenntnissen sowie einer allgemeinen fachlichen Nichteignung der Aspiranten, über welche die Betreuer aus dem Professorenstand aber äußerst großzügig hinwegsehen, weil sie entweder selbst aus einem anderen Kulturkreis stammen oder aber von der weit verbreiteten Sucht nach internationaler Anerkennung und Vernetzung getrieben sind. Dazu kommt die Angst, von hyperaktiv-denunziatorischen Studentenvertretern oder missgünstigen Kollegen als „rechts“ angeschwärzt zu werden, wenn man den ausländischen Gästen oder Migranten nicht kritiklos den Roten Teppich zum Titel ausrollt.

Deutsche wiederum betrügen in letzter Zeit verstärkt, um einen Anteil aus den zunehmend dichter umlagerten Fördertöpfen zu ergattern, denn bei der trotz aller Sonntagsreden immer noch ausnehmend jämmerlichen Grundfinanzierung der Hochschulen geht kaum noch etwas ohne Drittmittel. Deshalb müssen möglichst schnell möglichst spektakuläre Forschungsergebnisse her.

Dabei wird allerdings zumeist nicht komplett gelogen und mit so dreisten Fälschungen oder Plagiaten gearbeitet wie im Falle des griechischen Mediziners Georgios Triantafyllou, dessen Münsteraner Dissertation als 100-prozentige Kopie einer anderen Arbeit daherkommt. Stattdessen unterdrücken die Betreffenden sämtliche unerwünschten Fakten, schönen Zahlen mittels statistischer Tricks oder passen die Forschungshypothese nachträglich an die Ergebnisse an. In anonymen Befragungen gab immerhin ein Drittel der Wissenschaftler zu, so etwas schon getan zu haben.

Der Gipfel der Unredlichkeit ist allerdings eine andere Praxis: Wer gefördert werden will, muss Projektanträge stellen und legt damit natürlich gegenüber den Gutachtern seine Ideen und Pläne offen, bevor er die Möglichkeit hat, die Urheberschaft gegenüber der Fachwelt nachzuweisen. Das nutzen einige Gutachter, um die Anträge jüngerer und naiverer Kollegen erst abzulehnen und kurz darauf selbst als „Entdecker“ und Bearbeiter des Themas in Erscheinung zu treten. Spätestens dann verwandelt sich die universitäre Welt endgültig in ein Haifischbecken, in dessen Ökosystem die altmodischen Plagiate à la zu Guttenberg und Schavan fast noch zu den lässlichen Sünden gehören. Wolfgang Kaufmann


S. 22 Neue Bücher

Wo einst ein Schloss stand
Auf den Spuren des Herzogs

Das Herzog Anton Ulrich-Museum in Braunschweig zählt zu den herausragenden Kunstmuseen Deutschlands. Zu seinen Beständen gehören Gemälde von Rubens, Vermeer, Rembrandt, Cranach, dazu unter anderem die größte Sammlung italienischer Majolika nördlich der Alpen. Das Museum verdankt die Werke Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Lüneburg (1633–1714), einem großen Förderer von Kunst und Bildung, der für sein Lustschloss Salzdahlum eine Kunstsammlung von unschätzbarem Wert zusammentrug.

Seit März dieses Jahres gedenkt man in Braunschweig und Wolfenbüttel mit einer Reihe von Veranstaltungen des barocken Herrschers, der vor 300 Jahren starb und über den seinerzeit der gesamte europäische Adel staunte oder sich mokierte. Aus demselben Anlass erschien bei C.H. Beck eine neue Ausgabe von Hans Pleschinskis charmanter Erzählung über das verschwundene Schloss Salzdahlum mit dem Titel „Der Holzvulkan“, die erstmals 1986 veröffentlicht wurde. Der Text der neuen Ausgabe mit einem Nachwort von Gustav Seibt wurde leicht bearbeitet.

Pleschinskis Ich-Erzähler, ein amerikanischer Germanistikstudent, wandelt – wohl gemerkt: in den 1980er Jahren – auf den Spuren des außerhalb Niedersachsens wenig bekannten Fürsten, und zwar wortwörtlich auf freiem Feld, nämlich dort, wo bis 1813 der Palast mit seinen weitläufig, in Fachwerkbauweise errichteten Gebäuden stand. Im strömenden Regen und in Begleitung eines kundigen Bibliothekars, dessen Person ebenso wie das gleichsam aus den Nebeln der Vergangenheit auftauchende „Luftschloss“ der Vorstellungskraft des Erzählers geschuldet ist, erkundet der Student „mit großen Schritten übers Feld die unterschiedlichsten Attraktionen (der Anlage), zum Beispiel ein Miniaturschiff, in dem Anton Ulrich seinen Mittagsschlaf zu halten beliebte“. Dabei wendet er sich an einen Freund namens Charles in Berkeley, Kalifornien, den er mit allerlei Anekdoten über den gelehrten, galanten, kunstbesessenen Herzog Anton Ulrich, seinen Palast und dessen Erbauung unterhalten und auch verblüffen möchte. Mit dem Bibliothekar dürfte Gottfried Wilhelm Leibnitz gemeint sein, den Anton Ulrich selbst an der Wolfenbütteler Herzog August Bibliothek eingestellt hat. Das Schloss mit Barockgarten, darin einen Wald von Statuen, sowie Wasserkünsten ließ der Herzog von 1688 bis 1694 zwischen Braunschweig und Wolfenbüttel im Dorf Salzdahlum als Sommerresidenz errichten. Offenbar war er bestrebt, damit Schloss Ver-sailles zu übertrumpfen. 1733 feierte in Salzdahlum Friedrich der Große seine Vermählung mit Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern.

Herzog Anton Ulrich nahm es in Kauf, dass sein grandioser Märchenpalast zu baldigem Untergang verurteilt war, so der Klap-pentext des Büchleins. Unter der Regierung des von Napoleon eingesetzten Königs Jérôme von Westfalen wurde der Palast abgebrochen, seine Sammlungen wurden teilweise nach Frankreich verschleppt, das Inventar zum Teil versteigert.

„Genießen wir dieses erzählerische Juwel, als heitere Belehrung über eine ferne Vergangenheit und als Zeugnis einer jüngeren Vergangenheit (gemeint sind die 1980er Jahre), in der wir alle noch mit dem Schlimmsten rechneten und kurz danach mit der Überraschung einer besseren Möglichkeit beschenkt wurden.“ Die Empfehlung von Seibt wird hiermit weitergeleitet. D. Jestrzemski

Hans Pleschinski: „Der Holzvulkan“, C.H. Beck, München 2014, broschiert, 95 Seiten, 12,95 Euro


Getarnte Propaganda
Warum Wikipedia mit Vorsicht zu genießen ist

Drei Viertel aller Deutschen mit Internetzugang nutzen Wikipedia zumindest gelegentlich, wobei sie derzeit auf reichlich 1,7 Millionen Artikel zugreifen können, welche ausgedruckt 7000 Bücher mit jeweils 1000 Seiten Umfang füllen würden. Dabei sind sich allerdings die wenigsten darüber im Klaren, wie viele gravierende Mängel diese freie Online-Enzyklopädie aufweist. Deshalb war es höchste Zeit für das Aufklärungsbuch „Die Akte Wikipedia. Falsche Informationen und Propaganda in der On-

line-Enzyklopädie“ des Wirtschaftsjournalisten Michael Brückner, das deutlich zeigt, dass die Informationsplattform keinesfalls von der vielbeschworenen „Schwarmintelligenz“ profitiert. Die meisten Beiträge stammen nämlich von einer hyperaktiven, aber keineswegs besonders kompetenten „Elite“ aus Schülern und Studenten sowie Frührentnern, was zum einen dem erklärten Grundsatz widerspricht, dass die Autorenschaft möglichst heterogen sein sollte, und zum anderen auch nicht gerade für Qualität bürgt. Aber da Wikipedia als grundsätzlich lobenswertes, weil altruistisches Projekt gilt, wird über solche Mängel großzügig hinweggesehen.

Wie die US-Forscher Shane Greenstein und Feng Zhu 2011 anlässlich einer Analyse von 70000 wikipedia-Artikeln feststellten, enthielten 40 Prozent davon tendenziöse Aussagen, wobei die Tendenz in den meisten Fällen eindeutig nach links wies. Für diesen ideologischen Drall sind natürlich zunächst erst einmal die Verfasser selbst verantwortlich. Ein Übriges tun darüber hinaus aber auch die mit Sonderrechten versehenen Administratoren, die sich aufgrund ihrer dogmatischen Weltsicht als Gesinnungspolizisten gerieren und Artikel nach Gutsherrenart verändern oder gar löschen.

Ein typisches Beispiel hierfür ist der Brite William Connolley, der mehrmals für die englischen Grünen kandidierte und 5428 Wikipedia-Artikel zum Klimawandel manipulierte; dazu kam die Sperrung von 2000 sogenannten „Klimaskeptikern“ sowie die Totallöschung von 500 Texten, in denen angezweifelt wurde, dass es einen menschengemachten Klimawandel gibt. Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, schrieb Connolley schließlich sogar noch die Wikipedia-Biografien von Meinungsgegnern um, damit sie als wissenschaftliche Scharlatane dastehen. Leider findet gerade dieser aufsehenerregende Fall keine Erwähnung in Brückners Buch, dem es auch sonst etwas an prägnanten, konkreten Beispielen mangelt.

Dafür zeigt der frühere Chefre-dakteur des Wirtschaftsmagazins „Europa“ außerdem noch, dass sich bei wikipedia nicht nur idealistische Weltverbesserer tummeln, sondern ebenso professionelle Meinungsmacher, welche unter anderem im Dienste von Firmen, Geheimdiensten, politischen Parteien und Interessenverbänden stehen.

Wikipedia wird also von allen möglichen linkslastigen Eiferern und gewieften PR-Managern als Indoktrinations- und Werbeinstrument missbraucht. Deshalb steht die Online-Enzyklopädie mittlerweile eher für Propaganda und geistige Beschränktheit als für kollektive Intelligenz. Und das dürfte dann auch der Hauptgrund dafür sein, dass die Fachspezialisten zunehmend Abstand halten – insgesamt ist die Zahl der Mitwirkenden seit 2007 um ein Drittel geschrumpft.

Zum Schluss geht Brückner dann noch der interessanten Frage nach, wer Wikipedia eigentlich finanziert. Dabei verweist er insbesondere auf Großspender wie Microsoft und Google sowie die Ford- und Stanton-Stiftung, die zum Teil Millionenbeiträge beisteuern, was gleichfalls zur Vorsicht gemahnen sollte.

Es gibt also genügend Gründe für den kritischen Internetnutzer, dem Informationsmulti mit dem laxen Verhältnis zu Wahrheit und meinungsmäßiger Ausgewogenheit den Rücken zu kehren und sich über andere Kanäle schlau zu machen. Doch genau hierzu bietet Brückners Buch leider keine brauchbaren Alternativen an. Wolfgang Kaufmann

Michael Brückner: „Die Akte wikipedia. Falsche Informationen und Propaganda in der Online-Enzyklopädie“, Kopp-Verlag, Rottenburg 2014, geb., 128 Seiten, 12,95 Euro


Ordinär statt originell
Neuübersetzung des Soldaten Schwejk enttäuscht

Schwejk, Pilsener Bier und Eishockey sind laut zahllosen Umfragen die drei Dinge, die aller Welt zuerst einfallen, wenn von Tschechien die Rede ist. Schwejk ist der Held des wohl witzigsten Romans der Weltliteratur, vor 90 Jahren von Jaroslav Hašek verfasst und umgehend von der Deutschen Grete Reiner in einer Brillanz übersetzt, die den Welterfolg des Romans begründete. Überall war man begeistert von der Habsburger Armeekarriere dieses Hundediebs, seinen Eskapaden in Prag, seinem Parcours über die k.u.k.-Heeresbürokratie, seinen Märschen durch Böhmen und Ungarn, immer in der typischen „Philosophie“, die der deutsche Feuil-letonist Alfred Polgar so beschrieb: „Sein Gehorsam ist tödlich für die Befehle. Seine unbedingte Anerkennung der Autorität untergräbt diese. Er ist die leibhaftige gute Miene zum bösen Spiel.“

Das Duo Hašek-Reiner schien unübertrefflich und Reclams derzeitige Neuübersetzung ist ein kühnes Wagnis, das durch die Willkür des Übersetzers Antonin Brousek zur herben Enttäuschung gerät. Er tilgt schon im ersten Band Reiners Vorwort und Hašeks Epilog, wirft die weltberühmten Karikaturen von Josef Lada bis auf eine Handvoll hinaus. Eine Unverschämtheit begeht er auf Seite 888, lässt den Text abrupt enden, denn Hašek „starb am 3. Januar 1923“. Aber Schwejk lebte weiter, zwei Bände lang, in denen der Autor Karel Vanek Hašeks Werk vollendete.

Brousek prahlt in Klappentext und Nachwort, Reiners „böhmakelnde“ Übersetzung „entschlackt“ zu haben, gleich im Titel, wo er aus Reiners weltberühmtem „braven“ einen „guten Soldaten“ macht. Das klingt nach Hašek, aber Brousek fehlt dessen Sinn für Sprache und Witz. Wer Hašek, Reiner und Brousek parallel liest, wie es der Rezensent tat, erleidet Qualen, etwa durch Brouseks Vorliebe für Fäkalsprache, wobei er Grete Reiners Zurückhaltung hier als „Fehler“ rügt. Fehler liegen allein bei ihm, der originell sein will und ordinär ist, wenn er den Germanismus „hajzle“ („Häusle“, das heißt Klosett) falsch mit „Scheißhaus“, „Scheißkerl“ wiedergibt oder „hovado“ („Vieh“) mit „hovno“ („Kot“) verwechselt, was für vulgäre Flüche wie „Arschloch“ herhält, die Hašek und Reiner nicht nutzen.

Wo Brouseks Übersetzung gut ist, hat er bei Reiner abgeschrieben, während seine „Entschlackung“ ihrer Sprache groteske Resultate zeitigt. Aus „hlava“ (Hašek) oder „Kopf“ (Reiner) macht er „Deetz“, aus „Vernachlässigung“ (Reiner) „Gammelleben“, aus „sycaci“ (Hašek) beziehungsweise „Saukerle“ (Reiner) „Gesocks“, aus „Krimskrams“ (Reiner) „Kinkerlitzchen“ und endlos so weiter, nicht völlig falsch, aber niemals das verheißene „moderne und unauffällig-umgangssprachliche“ Deutsch, das er stets verfehlt.

Irgendwo ist Brouseks Haufen Papier ein „Schwejk“, erträglich für jene Minderheit, die den klassischen „braven Soldaten“ nicht kennt. Gibt es die wohl? Wolf Oschlies

Jaroslav Hašek: „Die Abenteuer des guten Soldaten Schwejk“, Reclam, Stuttgart 2014, geb., 1007 Seiten, 29,95 Euro


Kaltlassende Liebesgeschichte statt Biografie
Porträt der letzten Zarin ist alles andere als rund – Historische Entwicklungen nur beiläufig erwähnt

Begann mit dem Ersten Weltkrieg vor 100 Jahren auch der Anfang vom Ende der russischen Zarenfamilie? Auf jeden Fall beschleunigten die militärischen Niederlagen und die durch den Krieg zusätzlich schlechtere Versorgungslage der russischen Bevölkerung das Ende der Monarchie in Russland. Doch mit derartigen Fragen befasst sich Gunna Wendt, studierte Soziologin und Psychologin, in ihrem neuen Buch „Alexandra – die letzte Zarin“ kaum. Der 1953 geborenen Schriftstellerin geht es vor allem darum, die Liebesgeschichte der deutschen Prinzessin Alix von Hessen-Darmstadt (1872–1918) mit Zar Nikolaus II. (1868–1918) nachzuzeichnen. Hier greift sie viel auf Zeitzeugenberichte und auf Briefe der beiden historischen Figuren zurück. Da die Autorin jedoch noch unpolitischer zu sein scheint als die von ihr beschriebenen Personenund deshalb nur wenig auf das politische und gesellschaftliche Umfeld der Liebenden eingegangen wird, fällt es dem Leser schwer, die Entwicklung der Ereignisse nachzuvollziehen.

Wendt beginnt im Jahr 1884, als die zwölfjährige Alix auf dem Weg in Richtung St. Petersburg ist, wo ihre ältere Schwester Elisabeth, genannt Ella, den Großfürsten Sergej heiraten soll, den Bruder des Zaren Alexander III. Erfreulicherweise befinden sich am Ende des Buches die Stammbäume von Alexandra und Nikolaus, so dass man immer wieder nachschauen kann, wer wie mit wem verwandt war. Alix, Tochter einer Tochter der britischen Queen Victoria, war über ihre Tante Viktoria mit dem deutschen Kaiser Wilhelm II. verwandt, der wiederum über eine andere Linie auch mit Nikolaus verwandt war. Umso mehr verwundert es, dass Alix, die im Kaiserreich aufwuchs und regelmäßig ins Vereinigte Königsreich reiste, also soziale Reformen und liberale Ansichten sozusagen mit der Muttermilch aufnehmen musste, als russische Zarin später auf die Beibehaltung des autokratischen Regimes pochte und sich damit selbst ihr eigenes Grab schaufelte.

Aber derartiges thematisiert die Autorin nicht. Sie ist darauf fixiert, die Kindheit von Alix darzustellen, die im Alter von sechs Jahren bereits ihre Mutter verlor, daher von der Queen aus der Ferne heraus erzogen wurde und die bei der Hochzeit ihrer Schwester sich in den Sohn des 1884 regierenden Zaren verguckte. Doch die Großmutter und auch die Eltern von Nikolaus waren gegen eine Beziehung. Zwar wird in diesem Zusammenhang erwähnt, dass die Queen den russischen Zarenthron als instabil betrachtete, aber wieso sie dies so sah, erklärt Wendt nicht, stattdessen geht sie detailliert darauf ein, warum Alix und Nikolaus so lange nicht zusammenkamen.

Immer wieder zitiert die Autorin aus den Briefen ihrer Protagonisten. Selbst bis zu ihrer Ermordung 1918 einschließlich aller ihrer fünf Kinder scheinen beide sich sehr geliebt zu haben. Manchmal fragt man sich, auch angesichts der romantischen Formulierungen und sexuellen Anspielungen, was Nikolaus in seiner scheinbar so spröden Gattin gesehen hat und diese wiederum in ihrem von Politik gelangweilten Gatten. Warum haben die beiden nicht, als noch Zeit dafür war, auf den Thron verzichtet, wo sie doch offenbar mehr aneinander als an den mit der Krone verbundenen Gestaltungsmöglichkeiten interessiert waren? Oder erwähnt Wendt einfach nicht die für das tiefere Verständnis notwendigen Fakten? Ihren Ausführungen zufolge ging es Alexandra vor allem um die Bewahrung des Erbes für ihren Sohn, der allerdings Bluter war, und daher sowieso wenig Chancen hatte, den Zarenthron zu übernehmen.

Im Grunde bietet Wendt also eine Liebesgeschichte, die hin und wieder auch etwas über die Zeit, in der das Liebespaar lebte, verrät. So dürften nur wenige gewusst haben, dass die Hochzeit der beiden eher eine Trauerfeier war und die Krönungsfeierlichkeiten ähnlich endete wie die „Loveparade“ in Duisburg 2010, allerdings mit deutlich mehr zu Tode Getrampelten. Und auch auf die fatale Beziehung zwischen dem Zarenpaar und dem Möchtegern-Mönch Rasputin geht die Autorin ein, ist jedoch davon überzeugt, dass dieser seinen schlechten Ruf nicht verdient habe. Rebecca Bellano

Gunna Wendt: „Alexandra – die letzte Zarin“, it, Berlin 2014, broschiert, 212 Seiten, 10,99 Euro


S. 23 Rautenberg Buchhandlung

Rautenberg Buchhandlung


S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Hass ist machbar! / Warum ein Islamist nicht arbeiten muss, wie uns so etwas zum Kochen bringen soll, und wieso das alles kein Zufall mehr sein kann

Der Autor Rolf Bauerdick zitiert in seinem lesenswerten Buch „Zigeuner. Begegnungen mit einem ungeliebten Volk“ einen ungarischen Roma-Aktivisten, der den Begriff „Konfrontationismus“ geprägt hat. Der kluge Mann hat eine Technik linker Ultras ausgemacht, die alles daran setzen, dass es um die Zigeuner in seinem Land einen möglichst heißen Konflikt gibt.

Das geht so: Zunächst sorgen die linken Ultras dafür, dass kriminelle und asoziale Elemente der Roma-Gemeinschaft möglichst ungestraft treiben können, was sie wollen. Jede Gegenwehr diffamieren sie als „Diskriminierung“ und „Rassismus“ und schämen sich nicht einmal, selbst problematische Verhaltensweisen von Zigeunern als schützenswertes Kulturgut zu verbrämen.

Das schürt den „Volkszorn“, der in abscheulichen, europaweit bekanntgewordenen Übergriffen eine entsetzliche Fratze gezeigt hat. Der Zorn richtete sich dabei nicht gegen gewisse kriminelle Elemente, sondern auf alle Zigeuner.

Darauf haben die linken Ultras nur gewartet. Denn nun können sie sich als Beschützer der verfolgten Roma in Szene setzen und harte Maßnahmen gegen jeden durchsetzen, der ihnen nicht in den Kram passt. Am Ende könnten sie sogar die Meinungsfreiheit mit dem Argument kürzen, man müsse Hass-Schürern Einhalt gebieten, die ihre Meinungsfreiheit nur „missbrauchen“.

Öffentlich reden die Ultras zwar immerzu von „Dialog“ und „friedlichem Miteinander“. In Wahrheit provozieren sie Hass und Streit. Ein schmutziges Spiel, aber offensichtlich dermaßen erfolgreich, dass man in Deutschland auf den Geschmack gekommen ist. Anders sind gewisse Meldungen der vergangenen Tage nicht zu erklären. Es hat den Anschein, als solle die Wut der Deutschen ganz gezielt hochgekocht werden.

Da ist beispielsweise der Islamist aus Essen. Weil Tayfun S. nicht arbeiten wollte, hatte er Streit mit seinem Vater und forderte vom deutschen Staat daher eine eigene Wohnung. Dem Jobcenter gab er an, dass er als strenggläubiger Moslem fünf Mal am Tag in die Moschee zum Beten müsse, was sich mit der Aufnahme einer Arbeit leider nicht vertrüge.

Spinnt der? Na, die werden ihm aber den Marsch geblasen haben, diesem durchgeknallten Faulpelz, was?

Meinen Sie! Weit gefehlt: Das Jobcenter hat ihm nicht bloß eine Wohnung auf Kosten der Steuerzahler besorgt, es übernimmt sogar die Kosten für die Miete, ebenso für die Kaution, die Renovierung (selber machen geht nicht, schließlich muss er ja fünf Mal am Tag ...) und eine schicke Erstausstattung.

Mitten in dem Genehmigungsverfahren platzte der Staatsschutz herein, der die Jobcenter-Mitarbeiter in Kenntnis setzte, dass der 24-Jährige verdächtig sei, an der Planung von Terrorakten beteiligt gewesen zu sein, darunter ein Bombenanschlag im Bonner Hauptbahnhof und ein Mordanschlag auf einen rechten Politiker.

Das war dem Jobcenter egal, man beschloss, den Fall trotzdem wie „jeden anderen“ abzuwickeln. Mittlerweile sitzt Tayfun S. in Untersuchungshaft.

Köcheln Sie schon? Dann wissen Sie, wie „Konfrontationismus“ funktioniert. Also munter weiter auf dem Ritt zum Siedepunkt.

Seit Wochen hören wir von nach Deutschland geflohenen orientalischen Christen, die sich hier in Sicherheit wähnten. Stattdessen mussten sie vor islamistischen Mitbewohnern aus Asylheimen flüchten, so sehr wurden sie von denen drangsaliert. Derweil salbadern Politiker sowie Staats- und Konzernmedien weiter munter pauschal von „Flüchtlingen“, wenn es um illegale Zuwanderer geht, denn die würden ja alle in ihrer Heimat „verfolgt“. Tatsächlich lassen sie nicht bloß die Verfolgten, sondern auch gleich noch deren fanatische Verfolger mit ins Land, damit die ihr abartiges Treiben hier fortsetzen können.

Als nun die koptische Kirche von Berlin Ziel eines Brandanschlags wurde, sinnierten die Medien umgehend über die Möglichkeit einer „fremdenfeindlichen Tat“. Der Pater der Kirche berichtet dagegen, dass er schon zuvor von muslimischen Bewohnern eines nahen Asylheims beschimpft worden sei.

Wo sind Sie jetzt? 70 Grad? Reicht noch nicht, weiter auf der Quecksilbersäule. In Bremen terrorisieren 15 jugendliche Asylbewerber die Stadt, es werden ihnen bereits rund 250 Straftaten zur Last gelegt. Das alles hat die Behörden kaum weiter aufgeregt, schließlich sind es ja „Verfolgte“, die ganz bestimmt „Furchtbares durchgemacht“ haben.

Vor wenigen Tagen indes stach einer der 15 einen Mitverfolgten nieder, woran der fast gestorben wäre. Da hat es dann doch ein wenig Aufregung gegeben. Doch der Sprecher der Bremer Sozialbehörde wiegelt ab. Die Jugendlichen würden allesamt fachgerecht betreut. Allerdings könne man nicht kontrollieren, wann sie aus dem Heim gingen. Oder wo sie sich tagsüber aufhielten. Oder was sie dort trieben. Oder wann sie ins Heim zurückkehrten. Eine Rund-um-die-Uhr-Begleitung wäre ja wie eine „Fußfessel“, und das komme ja schon mal gar nicht infrage. Schließlich sollten sie sich ihrer neuen Umgebung „öffnen“.

Auf die Frage, ob nicht die Abschiebung dieses kriminellen Mobs die einzig angemessene Antwort auf solcherlei Verhalten sei, ging der Sprecher erst gar nicht ein. Das ist außerhalb seiner Vorstellungskraft.

80 Grad? Gut, auf zum Nächsten: Schon wieder sind Islamisten auf Jesiden losgegangen, diesmal in Celle, davor war es schon in NRW passiert. Wie die Christen aus dem Orient müssen auch die Jesiden miterleben, wie ihnen ihre Verfolger als „Flüchtlinge“ getarnt ins scheinbar sichere Deutschland hinterherjagen, um sie weiter bedrängen zu können. Und wer schützt die Opfer? Gute Frage.

Mittlerweile machen sich Geheimdienstberichten zufolge sogar die Kopfabschneider vom IS auf den Weg nach Deutschland, wo sie als „Flüchtlinge“ herzliche Aufnahme finden werden, um auch hier bei uns Köpfe abzuschneiden.

Haben Sie gemessen? 90 Grad schon erreicht? Dann bringen wir den Kessel jetzt zum Pfeifen: Der Autor Akif Pirinçci berichtet, dass er von der Bonner Staatsanwaltschaft zum „Verhör“ geladen worden sei. Ein Staatsanwalt habe ihn angezeigt, weil er im Juli den Islam mit ziemlich deftigen Worten attackiert hat. Tatsächlich hat Pirinçci in einem Facebook-Eintrag dem Islam alle Ansprüche streitig gemacht: Er sei keine Religion, Mohammed kein Prophet und so weiter. Daher müsse sich Deutschland von dieser gefährlichen „Sekte“ und ihren Protagonisten trennen, sonst landeten wir eines Tages in einem islamischen Gottesstaat, in dem wir die Sklaven sein würden.

Starker Tobak, aber was soll daran strafbar sein? Wer behauptet, Jesus sei nicht der Sohn Gottes und das Christentum keine Religion, sondern eine riskante „Sekte“, weshalb wir diese Veranstaltung loswerden sollten, dem passiert doch auch nichts? Es herrscht Meinungsfreiheit, die uns auch frei stellt, jede Religion zu lieben oder zu hassen, zu glauben oder für gefährlichen Hokuspokus zu erklären – „jeder nach seiner Fasson“.

Stimmt nicht mehr so ganz: In Nordrhein-Westfalen hat die rot-grüne Regierung mit Unterstützung der „Piraten“ ein Gesetz erlassen, dass den Islam unter besonderen Schutz stellt. Wir dürfen also das Christentum weiter nach Freuden attackieren, beim Islam dagegen sollten Sie, so sie in NRW leben, künftig vorsichtig sein. Man könnte Sie wegen „Hasskriminalität“ in den Kerker werfen. Im Grunde wie in einem islamischen Land, wo auch nur der Islam, aber natürlich nicht das Christentum, den „besonderen Schutz“ des Staates genießt.

Geben Sie es zu: Nun fliegt Ihnen tatsächlich die Tülle weg, denn wer jetzt nicht kocht, der ist schon vor langer Zeit vertrocknet. „Konfrontationismus“ ist das Feuer, das sogar den Allerfriedlichsten zum Brodeln bringt. Wir merken: Hass ist machbar!


MELDUNGEN / ZUR PERSON

Steuergeld für Auswanderung

Cagliari – Das sardische Städtchen Elmas zahlt ab sofort jedem Bürger, der unter 50 ist und mindestens drei Jahre im Ort wohnt, die Abwanderung ins Ausland. Weil alle Programme zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gescheitert sind, spendiert die Gemeinde über das Programm „Adesso parto“ („Ich gehe jetzt weg“) jedem Interessierten die Reise ohne Rückfahrkarte, einen Englischkurs und die erste Zeit des Aufenthalts im Ausland. H.H.

 

Kruzifixe müssen weg

Saarlouis – Laut Beschluss des saarländischen Oberverwaltungsgerichts in Saarlouis müssen alle Kruzifixe aus Verwaltungsgerichtssälen des Saarlands entfernt werden. Damit hatte die Klage des früheren „Linke“-Politikers Gilbert Kallenborn Erfolg, der sich als Jude von dem christlichen Symbol diskriminiert fühlt. Kallenborn will nun erreichen, dass christliche Symbole aus allen Gerichtssälen des Bundeslandes verschwinden. H.H.

 

Verloren und doch gewonnen

Dass Angela Merkel Schwierigkeiten im Umgang mit Messer und Gabel hat, Christian Wulff „eine Null“ ist und Wolfgang Thierse „ein Volkshochschulhirn“ hat, sind Erkenntnisse von Helmut Kohl. Dem Publizisten Heribert Schwan ist es zu verdanken, dass die Öffentlichkeit der Gedanken des Altkanzlers teilhaftig wird, auch wenn der das gar nicht mehr will. Der 1944 geborene Schriftsteller und Fernsehautor Schwan hat als dessen Auftragsschreiber bereits drei biographische Bände über Kohl vorgelegt und sich zudem als Autor und Co-Autor unter anderem an Richard von Weizsäcker, Helmut Kohl, Johannes Rau, Oskar Lafontaine, Wolfgang Schäuble und Roman Herzog abgearbeitet. Und nun kommt das „Kohl-Material“, der Ertrag von 200 Kassetten mit 630 Stunden Gesprächen zwischen Schwan und dem Altkanzler.

Das eigentliche Metier des promovierten Germanisten und Politikwissenschaftlers sind Fernsehdokumentationen und Beiträge vornehmlich zu kulturellen, gesellschaftlichen und historischen Themen, von denen er im Laufe der Jahre mehrere hundert verantwortet hat. 20 Jahre lang war Schwan auf diesem Gebiet das Zugpferd des WDR. Für seine Dokumentationen erhielt er zahlreiche nationale und internationale Preise.

Seit seiner Pensionierung im Jahre 2009 arbeitet er nach eigenen Angaben als „Historiker und Publizist“. In dem Rechtsstreit mit Kohl um die Herausgabe der Tonbänder hat er in zwei Instanzen verloren. Davon unbeeindruckt, hat Schwan die „Kohl-Protokolle“ nun veröffentlicht. Dass er mit Kohl weiter im Clinch liegt, der möglicherweise vor dem Bundesgerichtshof ausgetragen wird, dürfte seiner Publizität und damit dem Absatz seines Buches gewiss nicht schaden. Selbst wenn er auch letztin­stanzlich gegen Kohl verlieren sollte, hat er schon jetzt gewonnen. J.H.


MEINUNGEN

Roland Tichy kritisiert auf seiner Internetseite „Tichys Einblicke“ (27. September) Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) heftig:

„Die Ministerin ist zwar dafür nicht allein verantwortlich, das haben ihre Vorgänger schon verbockt. Aber statt dieses Thema anzugehen, hat sie sich hervorgetan mit Kinderkrippen und mit der Beschaffung von Flachbildschirmen für die Kasernen. Die Bundeswehr hat besseres verdient als eine Ministerin, die sie als Kulisse für schöne Fotos benutzt.“

 

 

Investoren-Legende Marc Faber macht in der „Wirtschaftswoche“ (1. Oktober) die Notenbanken für die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich verantwortlich:

„Über die wachsende Ungleichheit schreibe ich seit Jahren! Das ist ja ein Effekt der Gelddruckerei der Zentralbanken ... Die Reichen kommen immer besser durch eine Inflation. Das war in den 20er Jahren in Deutschland oder auch später in Argentinien nicht anders ... Die Gelddruckerei führt zu einer Erosion der Mittelschicht.“

 

 

Der deutsch-ägyptische Autor Hamed Abdel-Samad nimmt in der „Welt“ (6. Oktober) die Behauptung aufs Korn, dass „99,9 Prozent der Muslime friedfertig“ seien und Gewalt ablehnten:

„Die friedliche Mehrheit der Muslime bleibt irrelevant, wenn sie Fehlentwicklungen in den eigenen Reihen allenfalls anspricht, aber nicht aktiv dagegensteuert. Sie wird sogar kontraproduktiv, wenn sie die Probleme kleinredet und Menschen, die diese Probleme thematisieren, reflexartig als islamophobe Hetzer bezeichnet.“

 

 

Der bekannte Autor Akif Pirinçci („Deutschland von Sinnen“) wurde von einem Bonner Staatsanwalt wegen „Hasskriminalität“ angezeigt, weil er den Islam attackiert hat. Am 2. Ok­tober reagiert er auf Facebook fassungslos auf die Anschuldigung:

„Hätte man mir so etwas vor 30 Jahren erzählt, ich hätte es für einen surrealen Alptraum gehalten ... Wenn man einmal damit anfängt, mit dem Volksverhetzungsparagrafen und dessen deformiertem Schatten namens Hasskriminalität bei jeder nicht ins politische Bild passenden Meinungsäußerung um sich zu ballern, so wird dieser Staat in einer Diktatur enden, meiner bescheidenen Meinung nach in einer islamischen.“

 

 

Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher wirft den europäischen Regierungen in der „Welt am Sonntag“ (2. Oktober, online) eine völlig verfehlte Russland-Politik vor:

„Für mich ist klar, dass Europa eine Chance verpasst hat. Als Putin in seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag eine gemeinsame Freihandelszone von Lissabon bis Wladiwostok in Aussicht gestellt hat, wurde er mit Standing Ovations verabschiedet. Nur hat ihn niemand beim Wort genommen. Die Annäherung der Ukraine an die Europäische Union hätte eine völlig andere Reaktion in Mos­kau ausgelöst, wenn sie von Verhandlungen mit Putin über diese Freihandelszone begleitet worden wäre.“