20.04.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Folge 48/14 vom 29.11.2014

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

Bürgern platzt der Kragen
Pegida, Hogesa, »Demo für alle«: Deutschland geht auf die Straße

Woche für Woche sind es mehr Demonstranten, doch Politik und große Medien reagieren mit Ignoranz oder Diffamierung.

Es tut sich etwas im Land. In immer mehr Städten gehen Bürger auf die Straße und äußern ihren Unmut auf Demonstrationen. Mal geht es gegen eine weitere Asylunterkunft in der Nachbarschaft, mal gegen Islamisierung.

In Dresden hat sich die Zahl der Montagsdemonstranten abermals verdoppelt und nach Angaben des Veranstalters Pegida 7000 erreicht, die Polizei will 5500 gezählt haben. Die Gegendemo eines „breiten Bündnisses“ aus Kirchen, Parteien et cetera lockte bloß ein paar hundert Menschen an, die skandierten: „Gegen Heimat, gegen Volk, gegen Vaterland“.

Kennzeichnend für die neue Bewegung ist, dass sie ausschließlich „von unten“ kommt, sprich: dass sie keinerlei Unterstützung etablierter Institutionen erfährt. Selbst die DDR-Opposition konnte noch auf den Beistand der Kirche bauen, und Westmedien sorgten dafür, dass die übrigen Bewohner der DDR erfuhren, was sich in ihrem Staat zusammenbraute.

Pegida und andere dagegen stehen allein, ob Kirchen und Gewerkschaften, etablierte Parteien oder sonstige Organisationen – sämtliche einflussreichen Kräfte im Staat stellen sich gegen die demonstrierenden Bürger. Das Verhalten der großen Medien trägt Züge obrigkeitlich gelenkter Propaganda: Nur in Lokalmedien wurde von den 7000 Montagsdemonstranten berichtet, ansonsten schwieg man sie tot. Das mag auch darauf zurückzuführen sein, dass (anders als bei Hogesa in Köln) die Pegida-Kundgebungen bislang völlig friedlich verlaufen sind. Auch ist es nicht gelungen, vereinzelte Rechtsextremisten unter den Teilnehmern zu sichten, um die ganze Veranstaltung zu diffamieren.

Was treibt die Menschen um? Allein die Furcht vor Islamisierung ist es gewiss nicht. Die schroffe Ablehnung aller etablierten Organisationen und großen Medien selbst gibt die Antwort.

Uferlose Zuwanderungspolitik, ein Euro, der per Negativzinsen die Ersparnisse aufzehrt, eine wachsende Kriminalität, der sich immer mehr Bürger schutzlos ausgeliefert sehen, aberwitzige Maßnahmen zum Schulunterricht („Demo für alle“ gegen Frühsexualisierung von Kindern), dazu ein Staat, der immer höhere Steuern verlangt, dafür aber immer weniger für seine eigenen Bürger zu leisten vermag – all das züchtet wachsenden Unmut.

Das Gefühl aber, von sämtlichen Institutionen überfahren oder alleingelassen und von allen großen Medien totgeschwiegen oder gar verunglimpft zu werden, das erst macht den Unmut explosiv. Nach der mutmaßlichen versuchten Tötung eines Hogesa-Aktivisten durch linksextreme Schläger drohen Hogesa-Anhänger an die Adresse der „Antifa“: „Ihr wollt Krieg? Ihr bekommt Krieg!“ In dieser Androhung von Selbstjustiz steckt die Botschaft, dass man von diesem Staat nichts mehr erhofft. Ein Alarmsignal, das wachrütteln sollte. Hans Heckel


Kittels Kopf gefordert
SFVV-Direktor ist manchen nicht politisch korrekt genug

Deutsches Leid und Verbrechen an Deutschen im und nach Ende des Zweiten Weltkriegs sind in Deutschland ein heißes Eisen. Politisch korrekt darf man sie nur „im Kontext“ thematisieren, also als zwangsläufige Folge des NS-Unrechts, den deutschen Angriff auf Polen und die während des Polen-und Russlandfeldzuges dort in deutschem Namen begangenen Ver­brechen.

Dem Direktor der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung (SFVV), Manfred Kittel, wird nun vorgeworfen, gegen diese politisch korrekten Verhaltensregeln verstoßen zu haben, was er mit seinem Kopf, sprich seinem Direktorenposten bezahlen soll. Konkret wird ihm vorgehalten, die griechische Ausstellung „Twice a Stranger“ nach Deutschland geholt zu haben. Bei einer griechischen Ausstellung ist das Risiko zwar relativ gering, dass die Vertreibung der Deutschen überrepräsentiert ist, doch fehlt den Kritikern, die nicht zuletzt im wissenschaftlichen Beraterkreis der SFVV sitzen, bei der Thematisierung der Vertreibung der Deutschen die „Kontextuierung“, sprich die Darstellung des Verbrechens als Reaktion auf das in deutschem Namen begangene NS-­Un­recht. Griechen sind mit der politischen Korrektheit in der Bundesrepublik halt nicht so vertraut.

Es geht den Kritikern jedoch nicht nur um die Ausstellung. Sie fordern vielmehr eine noch stärkere Relativierung der Verbrechen an den Deutschen. So moniert das Mitglied des Wissenschaftlichen Beraterkreises Matthias Stickler, dass die Stiftungsdirektion die Vertreibung der Deutschen zu dem und nicht nur zu einem Schwerpunkt der Arbeit der SFVV machen wolle, obwohl der Stiftungsrat als zuständiges Beschlussgremium bereits vor Längerem diese Scherpunktsetzung einstimmig beschlossen hat. Manuel Ruoff

(siehe Interview mit Bernd Fabritius auf Seite 5)


Finanzwelt blickt gen Bern
Schweizer stimmen am Sonntag über »Gold-Initiative« ab

Die kleine Schweiz lässt weltweit Notenbanken und Finanzwelt den Atem anhalten. Mit einer Volksabstimmung an diesem Sonntag entscheiden die Eidgenossen darüber, ob ihre Notenbank künftig verpflichtet werden soll, 20 Prozent ihres gesamten Vermögens in Gold zu halten, derzeit sind dies nur noch 7,4 Prozent. Zudem soll alles Gold in der Schweiz gelagert werden, ähnlich wie im deutschen Fall befindet sich derzeit ein Großteil der Reserven im Ausland. Schließlich soll die Zentralbank keinerlei Gold mehr verkaufen dürfen.

Ziel der Initiative, welche die Abstimmung erzwungen hat, ist es, die Vermehrung von Geld durch die Notenpresse zu begrenzen. Experten warnen seit Langem, dass die uferlose Geldvermehrung durch die Notenbanken langfristig zur Entwertung des Geldes und damit der Ersparnisse der Bürger führen müsse. Sei die Notenbank bei jeder Geldvermehrung gezwungen, Gold im Werte eines Fünftels der zusätzlichen Geldmenge zu kaufen, begrenze dies die Vermehrung von selbst, so die Befürworter der Initiative. Sie sprechen von einer „goldenen Bremse“.

Notenbanken und Finanzwirtschaft jedoch fürchten um ihre Macht über das Geld und haben in der Schweiz eine massive Kampagne gegen die Gold-Initiative gestartet. Wie es wenige Tage vor der Abstimmung schien, mit Erfolg: Hatte laut Umfragen zunächst eine Mehrheit der Eidgenossen die Initiative unterstützt, so zeichnete sich zuletzt eine Mehrheit für die Ablehnung des Antrages ab.

Hat die Gold-Initiative dennoch Erfolg, müsste die Schweizer Notenbank über fünf Jahre verteilt etwa 1500 Tonnen Gold am Weltmarkt aufkaufen. Fachleute erwarten jedoch nicht, dass dies allein starke Auswirkungen auf den Goldpreis hätte. H.H.


Jan Heitmann:
Ewiger »Soli«

Wenn etwas bereits Eingang in den Duden gefunden hat, zeugt das von großer Bedeutung und Bestand mit Ewigkeitsgarantie. Das gilt auch für den seit 1991 fast durchgängig erhobenen Solidaritätszuschlag. Er ist längst zu einer Dauerzusatzsteuer geworden und wird uns wohl nach dem Willen der Politiker aller Couleur für alle Zeiten erhalten bleiben. Dabei ist schon der wohlklingende Name irreführend, denn mit Solidarität hatte und hat die Zwangsabgabe ebenso wenig zu tun wie mit der „Bewältigung vereinigungsbedingter Lasten“. Die rund 15 Milliarden Euro Zusatzeinnahmen bekommt nämlich der Bund, der sie nie vollständig in die schon lange nicht mehr neuen Bundesländer hat fließen lassen.

Einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov von September 2013 zufolge ist eine überwältigende Mehrheit der Deutschen für die Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Die Politik jedoch will die Zusatzeinnahmen sichern, obwohl das Steueraufkommen ohnehin so hoch ist wie nie zuvor. Für eine Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern mag es gute Gründe geben, zumal sich arme und reiche Bundesländer nicht mehr so einfach geografisch unterscheiden lassen wie vor 20 Jahren. Wer den Solidaritätszuschlag jedoch einfach nur für einen Finanzausgleich nutzen und ihn trickreich in „Soli Ost-West“ oder „Infrastrukturabgabe“ umbenennen will, betreibt die gleiche Volksverdummung wie bei dessen Einführung. Und der Plan von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, ihn öffentlichkeitswirksam abzuschaffen, um ihn dann auf die Einkommensteuer aufzuschlagen, ist Volksbetrug.


S. 2 Aktuell

Lukrative Geschäfte mit »Flüchtlingen«
Private Anbieter nutzen Unterbringungs-Engpässe für Asylbewerber: Öffentliche Hand zahlt

Berlins Senator für Gesundheit und Soziales, Mario Czaja, ist unter Druck geraten. Hintergrund ist eine Affäre um den ihm unterstellten Chef des Landesamtes für Gesundheit und Soziales, Helmut Allert. Dieser soll Aufträge zum Betreiben mehrerer „Flüchtlings“-Unterkünfte an eine private Gesellschaft vergeben haben, die von seinem Patenkind geführt wird.

„Gierso“, so der Name des Unternehmens betreibt derzeit fünf Wohnheime in der Bundeshauptstadt. Das Geschäft mit den Asylbewerbern ist lukrativ. Der Senat zahlt den Betreibern Tagessätze, die in der Regel bei 30 bis 40 Euro pro Bewohner liegen. Abgesehen von dem im Raume stehenden Vorwurf der Vetternwirtschaft kooperiert „Gierso“ in der Hauptstadt mit der „Private Soziale Dienste GmbH“, deren Gesellschafter seinen Geschäftssitz kürzlich nach London verlegt hat, um nicht mit seinem Privatvermögen haften zu müssen. Eine andere Firma des Unternehmers weist laut Recherchen Berliner Medien derzeit eine bilanzielle Überschuldung aus. „Was passiert mit den Bewohnern, wenn so ein Unternehmen nicht mehr zahlen kann“, fragt die Präsidentin des gemeinnützigen Internationalen Bundes (IB), Petra Merkel. Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband äußert sich ebenfalls besorgt und fordert von der Politik „klare finanzielle Regeln und festgelegte Qualitätsstandards“.

Bereits Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre hatte es Probleme bei der Unterbringung von Asylbewerbern gegeben. Damals stellte der Bund stillgelegte Bundeswehrkasernen und Sozialwohnungen zur Verfügung. Nach dem Asylkompromiss im Jahre 1993 verschwand das Thema von der Tagesordnung. Aus dem Heimen wurden moderne Wohnanlagen. Seit einigen Jahren jedoch schon sind die „Flüchtlings“-Zahlen in der Bundesrepublik wieder nach oben geschnellt. In Berlin gibt es inzwischen 48 Heime, in denen rund 12000 „Flüchtlinge“ wohnen. Der Staat wird der Flut an Asylbewerbern längst nicht mehr Herr. Das Bundesinnenministerium rechnet bis Jahresende mit rund 180000 „Flüchtlingen“, etwa zehn Prozent davon entfallen auf Berlin. 48 Unterkünfte, teilweise mit provisorischem Charakter, werden in der Hauptstadt betrieben. Etwa die Hälfte der Aufträge hat der Senat an gemeinnützige Organisationen wie den Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband oder den Internationalen Bund vergeben. Senator Czaja hatte in den vergangenen Monaten den Bau von sechs Container-Dörfern in Auftrag gegeben, das erste wird in der kommenden Woche eingeweiht und vom IB betrieben.

Dass viele Kommunen mit dem neuerlichen Anstieg der „Flüchtlings“-Zahlen überfordert sind, ruft findige (und windige) Geschäftemacher auf den Plan. So betreiben in Sachsen private Unternehmen mittlerweile drei Viertel aller Asylbewerberheime. Auch in den anderen mitteldeutschen Ländern sind die Zahlen hoch. Es gebe kaum vernünftige Infrastruktur der öffentlichen Hand, die man zur Verfügung stellen könne, heißt es. So kommt es immer häufiger vor, dass Inhaber von schlecht laufenden Hotels ihre Pforten für „Flüchtlinge“ öffnen und dafür Geld vom Staat kassieren. Und das Geschäftsmodell macht die Runde. In einem niederbayerischen Dorf setzte ein Pensionsbetreiber die Dorfgemeinschaft unter Druck. Entweder man zahle ihm eine Abstandssumme vom 1500 Euro pro Bewohner oder er verpachte an einen mitteldeutschen Unternehmer, der eine Unterbringung für 80 „Flüchtlinge“ sucht. Private Investoren suchen seit Monaten quer durch die Republik nach heruntergekommenen Hotels. Sie kaufen diese günstig auf und bieten sie dann für viel Geld den Kommunen zur Pacht oder zum Weiterverkauf an. Diese beauftragen dann – zeitlich oftmals stark unter Druck – externe Dienstleister mit der Unterhaltung der Wohnheime. In Nordrhein-Westfalen ist beispielsweise die Firma European Homecare (EHC) gut im Geschäft. Das Essener Unternehmen betreibt seit mehr als 25 Jahren Unterkünfte für „Flüchtlinge“ und verpflichtet sich dazu, die Heimbewohner rundum zu versorgen. Dazu gehören auch die Versorgung mit Essen sowie die Sicherheit der Bewohner. In einem Heim im Ruhrgebiet wurden kürzlich „Flüchtlinge“ durch das Wachpersonal misshandelt. EHC hatte einen Subunternehmer eingeschaltet.

„Die Grauzone ist sehr groß, niemand kontrolliert, wer welche Aufträge an wen auch immer vergibt“, moniert IB-Präsidentin Petra Merkel. Die ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete ist sauer auf die private Konkurrenz, welche die Preise drückt, und die Politik, die das zulässt. „Uns geht es um eine ordnungsgemäße und vor allem menschliche Unterbringung der Menschen. Wir wollen sie nicht nur mit einem Dach über dem Kopf versorgen, sondern ihnen auch eine Perspektive in Deutschland bieten“, erklärte Merkel. Die „finanzielle Ausstattung“ der „Flüchtlinge“ sei immer noch unzureichend, das bringe dubiose Anbieter auf den Plan. „Nicht selten lehnen angesehene Träger und Wohlfahrtsverbände es ab, sich für Aufträge zu bewerben, deren Rahmenbedingungen erkennbar keine fachlich verantwortbare Leistung ermöglichen“, heißt es in einer Pressemitteilung des IB.

Peter Entinger


Rentenzahlung nur in Polen
Petitionsausschuss bekräftigt Verzicht auf Entschädigung Deutscher

Seit vielen Jahren gehört die finanzielle Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter zu den politischen Forderungen der Landsmannschaft Ostpreußen. Die Bundesregierung vertritt bis heute die Auffassung, dass diese für Drittstaaten geleistete Zwangsarbeit Deutscher grundsätzlich nicht als ausgleichspflichtiges Unrecht, sondern als allgemeines, entschädigungslos hinzunehmendes Kriegsfolgeschicksal anzusehen sei.

Dass die deutsche Politik nicht bereit ist, das Sonderopfer der ehemaligen, überwiegend nach Kriegs­ende in Ostdeutschland aufgegriffenen Zwangsarbeiter zu würdigen und auf diplomatischem Wege dessen finanzielle Anerkennung zu erwirken, geht in bemerkenswerter Klarheit aus einer Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages an das Parlament hervor. Zuvor hatten sich einzelne Funktionsträger der Landsmannschaft Ostpreußen an das Eingabegremium gewandt, um eine Intervention der Bundesregierung namentlich bei den Regierungen Polens, Tschechiens und Russlands zu erreichen. Ohne die sonst in der Politikersprache üblichen Allgemeinplätze und Verklausulierungen heißt es in der Bundestagsdrucksache unmissverständlich: „Mit Blick auf die Verantwortung Deutschlands für den Zweiten Weltkrieg, der letztlich Auslöser auch für die Vertreibung deutscher Staatsangehöriger war, hat die Bundesregierung wiederholt erklärt, dass sie weder heute noch in Zukunft Fragen im Zusammenhang mit Vertreibung und entschädigungsloser Enteignung deutschen Vermögens aufwerfen wird.“ Die Bundesregierung habe bereits 1955 „in versöhnender Absicht“ mit dem Abschluss des Überleitungsvertrages „auf sämtliche Forderungen aus Krieg und Besatzung“ gegenüber den westlichen Siegermächten verzichtet. Für die ehemalige Sowjet-union gelte der Schriftwechsel zum Einigungsvertrag aus dem Jahre 1990, wonach die Rechtmäßigkeit der Besatzungsfragen nicht mehr in Frage gestellt werden dürfe. Gegenüber Polen und Tschechien habe die Bundesregierung 2004 eine völkerrechtlich bindende Verzichtserklärung abgegeben. Mit anderen Worten heißt das, die ehemaligen Zwangsarbeiter sollen, ohne eine individuelle Schuld daran zu tragen, für die Verfehlungen früherer deutscher Politik büßen und ihr Anliegen sei daher politisch nicht zu unterstützen.

Ungeachtet der beharrlichen Weigerung der Bundesregierung, bei den Regierungen der ehemaligen Feindmächte zu intervenieren, hat Polen im September 1999 von sich aus ein Gesetz zur Entschädigung von Zwangsarbeitern erlassen, das nicht nur polnische, sondern auch deutsche Staatsbürger einschließt. Allerdings ist der Bezug der Entschädigungszahlungen mit Hindernissen verbunden. Während deutsche Wiedergutmachungs- und Rentenleistungen selbstverständlich auch ins Ausland überwiesen werden, leistet Polen die Zwangsarbeiterentschädigung in Höhe von rund 1000 Euro nur auf polnische Bankkonten. Überweisungen auf deutsche Konten werden nur dann vorgenommen, wenn der Empfänger gleichzeitig eine Rente aus Polen erhält. Alle anderen, die von Deutschland aus die ihnen zustehende Entschädigungsleistung erhalten wollen, sind also gezwungen, bei einer polnischen Bank ein Konto zu eröffnen. Allerdings haben sie die Möglichkeit, ein Geldinstitut zu wählen, das eine Partnerbank in Deutschland hat, bei der man sich das Geld kostenlos auszahlen lassen kann. Das ist zwar aufwändig, aber kein unüberwindliches Hindernis. J.H.


Den Schleier lüften
Nur Erkennbare dürfen Kind aus Kita holen

Die Frage, wie mit einer vollverschleierten Mutter umzugehen ist, hat das Personal einer evangelischen Kindertagesstätten in der Ruhrgebietsstadt Essen in eine Zwick-mühle gebracht. Analog zur Regelung in städtischen Kindertagesstätten sieht der Betreuungsvertrag nämlich vor, dass die Person, die ein Kind abholt, für das Kita-Personal erkennbar sein muss, um die Übergabe an Unbekannte auszuschließen. Bei einer Mutter, die bei der Abholung des Kindes einen Niqab, einen Gesichtsschleier mit nur schmalen Sehschlitzen, trägt, ist das jedoch nicht gegeben.

Da für das Personal der evangelischen Kita die Forderung nach einer unverschleierten Abholung des Kindes keine Option gewesen zu sein scheint, ergab sich daraus ein Dilemma. Beschäftigt hat dieses Dilemma inzwischen nicht nur den evangelischen Kita-Verband Essen-West und Rüttenscheid mit seinen elf Einrichtungen, sondern auch der Kreissynodal-Verband hat sich mit der heiklen Causa bereits befasst. Wie die Essener Superintendentin Marion Greve mittlerweile angekündigt hat, ist für das Problem eine „liberale“ Lösung gefunden worden, die anscheinend der Praxis städtischer Kindertagesstätten entspricht: Die Kita bietet der muslimischen Frau an, das Kind in einem Nebenraum abzuholen. Dort soll die Muslima dann vor Kita-Erzieherinnen den Schleier lüften, um ihre Identität offenzulegen.

„Dieses Verfahren ist juristisch in Ordnung.“ Wie die Superintendentin des Weiteren betonte, sei es wichtig, dass der muslimischen Mutter „Toleranz, Wertschätzung und Respekt“ entgegengebracht werde. „Besonders wichtig ist für mich, dass wir im Dialog mit ihr stehen“, so Marion Greve gegenüber der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“.

Einige Nachbarländer handhaben die Sache weniger kompliziert. Dort gilt ein Vollschleier-Verbot. Aber diese einfache Lösung will die Superintendentin nicht kommentieren. N.H./PAZ


MELDUNGEN

Berlin zahlt zuerst

Brüssel – Der Vorschlag der EU-Kommission, Nachforderungen gegenüber Großbritannien in Höhe von 2,1 Milliarden Euro bis September 2015 zu stunden, könnte für Deutschland, das ähnlich wie Frankreich oder Polen durch die Neuberechnung der EU-Beitragszahlungen einen Anspruch auf Rückzahlung in Höhe von 780 Millionen Euro hat, bedeuten, erst einmal auf die Erstattung warten zu müssen. Erst nachdem die Briten ihren gestundeten EU-Betrag gezahlt haben, kann Berlin mit einer Zahlung aus Brüssel rechnen. Da im Mai 2015 auf EU-Ebene auch noch die Neuberechnung des sogenannten Briten-Rabatts ansteht, wird Deutschland aller Voraussicht nach sogar erst einmal selbst Geld nach Brüssel überweisen müssen, bevor es bis zum Herbst seine zu viel gezahlten Beiträge von der EU zurück erhält. N.H.

 

Gurlitt-Bilder nach Bern

Bern – Der Stiftungsrat des Kunstmuseums Bern hat entschieden, die Sammlung Gurlitt anzunehmen. Mehrere hundert Bilder indes verbleiben bis zur Klärung ihrer Herkunft in Deutschland, denn „über die Schwelle des Kunstmuseums Bern kommen keine Werke, die sich als Raubkunst erweisen oder die mit hoher Wahrscheinlichkeit Raubkunst sind“, so der Stiftungsratspräsident Christoph Schäublin. Dieser Lösung waren monatelange Verhandlungen zwischen dem Museum, dem Bundesland Bayern und dem Bund über den Umgang mit dem Nachlass vorausgegangen. Darin hat sich die deutsche Seite verpflichtet, die Kosten für die Restitution von Bildern zu übernehmen. Der im Mai verstorbene Cornelius Gurlitt hatte die Kunstwerke einst von seinem Vater vermacht bekommen und das Schweizer Museum zu seinem Alleinerben bestimmt. Eine Cousine Gurlitts hat am Freitag vergangener Woche überraschend Anspruch auf den Nachlass erhoben. J.H.


S. 3 Preussen/Berlin

Kein Ende der Geduld
Jugendkriminalität: Die von Kirsten Heisig geschilderten Probleme bestehen unverändert fort

Das Buch der Jugendrichterin Kirsten Heisig „Das Ende der Geduld“ erschien 2010. Jetzt hat die ARD den gleichnamigen Spielfilm auf der Grundlage des Sachbuchs ausgestrahlt. An den von Heisig geschilderten Verhältnissen in Berlin hat sich nichts wesentlich geändert.

Noch vor Erscheinen ihres aufrüttelnden Werkes „Das Ende der Geduld“ war Richterin Kirsten Heisig tot aufgefunden worden. Der Spielfilm „Das Ende der Geduld“ mit Martina Gedeck in der Hauptrolle setzt ihr ein filmisches Denkmal. Im Mittelpunkt des Films stehen eine brutale arabischstämmige Jugendbande und das Bemühen der Richterin in Neukölln, den Straftaten aus erzieherischen Gründen schneller Sanktionen folgen zu lassen.

Schon 2012 hat der WDR die Dokumentation „Tod einer Richterin“ von Güner Balci und Nicola Graef ausgestrahlt. Darin kommt Heisig im Originalton zu Wort. So erklärt sie unter anderem, wie die Brutalität junger Täter in Neukölln zugenommen habe: „Die wetten, wie viele Zähne das Opfer wohl verlieren wird bei diesem Schlagring. Die Tat wird gefilmt. Der, der der Chef der Bande ist, der vielleicht am dichtesten dran war bei der Wette, wie viele Zähne das Opfer verloren hat, der bekommt das Recht, die gefilmte Tat weiter zu versenden mit einem geraubten Handy an seine Kumpels.“

Zur Verrohung in den Schulen erklärte sie: „Wenn man zur Lehrerin sagt ,Du alte Pute‘, ist das was anderes, als wenn man sagt ,Ich scheiße auf Deutschland, du hast mir nichts zu sagen und du bist Dreck unter meinen Schuhen‘. Das nimmt die Lehrerin mehr mit.“

Heisig musste sich gegen wissenschaftliche Theoretiker zur Wehr setzen, die pauschal erklären, die Jugendkriminalität gehe zurück. Heisig: „Die Brutalisierung steigt bei der Kriminalitätsbegehung, da können die Kriminologen erzählen, was sie wollen.“ Wenn es auch in absoluten Zahlen stimmen möge, dass die Kriminalität zurückgehe, so treffe das nicht für die sozialen Brennpunkte zu und „für die Intensität der Straftaten stimmt es schon mal überhaupt nicht“.

Heute wird das Wirken der verstorbenen Richterin allenthalben gelobt und die Beschleunigung bestimmter Strafverfahren, das sogenannte Neuköllner Modell, als ihr Vermächtnis bezeichnet. Der Bezirksbürgermeister von Neukölln, Heinz Buschkowsky, erinnerte in der Dokumentation aber auch daran, welche Steine ihr in den Weg gelegt worden seien: „Einmal war ich selbst dabei, wie ein Sprecher der Jugendrichter sie vor versammelter Mannschaft und vor der politischen Ebene der Stadt, der Polizeiführung, madig machte. Dass das alles überhaupt nicht erforderlich sei, dieser Wirbel, den sie veranstaltet mit den beschleunigten Verfahren. Dass das alles längst bekannt und gute Übung in der Stadt sei, und sie da so richtig in die Pfanne gehauen hat.“

Heisig eckte schon an, indem sie öffentlich betonte, dass die meisten Täter, mit denen sie es zu tun habe, aus arabischen Ländern oder der Türkei stammten. Gegenüber dem Berliner „Tagesspiegel“ kritisierte sie 2008 anhand eines Falles offen die Ungleichbehandlung von Angeklagten durch die Justiz: „Wenn ein türkischer Staatsangehöriger sagt, man müsse die Deutschen vergasen, ist das eine Beleidigung. Wenn ein Deutscher so über Türken redet, ist das eine Volksverhetzung. Die wird härter bestraft und macht sich schlechter im Strafregister.“

In ihrem Buch nannte sie Fakten und Zahlen, die heute nicht viel anders sind. Als Intensivtäter gelten in Berlin nur solche Täter, die binnen eines Jahres mindestens zehn Straftaten von einigem Gewicht oder schwere Raub-, Rohheits- oder besondere Eigentumsdelikte begangen haben. Laut Oberstaatsanwalt Rudolf Hausmann werden derzeit in Berlin 483 Intensivtäter in der gemeinsamen Liste von Polizei und Staatsanwaltschaft geführt. Hinzu kämen noch 77 sogenannte Schwel­lentäter; solche haben mindestens fünf schwerere Straftaten pro Jahr begangen. Ferner 308 sogenannte kiezorientierte Mehrfachtäter. 31 Prozent der Intensivtäter haben einen türkischen, 43 Prozent einen arabischen Immigrationshintergrund (Stand vom 30. Juni 2014). Heisig hatte in ihrem Buch 2010 noch erklärt, dass es deutsche Viel­fachtäter in Neukölln kaum gebe und sie auch außerhalb des Bezirks quantitativ keine nennenswerte Rolle spielten.

Auch heute eckt man noch leicht an, wenn man die hohe Zahl von Gewalttätern aus dem „islamischen Kulturkreis“ benennt. Sofort treten die Relativierer auf den Plan, welche die Gewalttaten als „sozial bedingt“ retuschieren oder mit einer mangelnden Integration begründen wollen, an der wieder vor allem die deutsche Gesellschaft schuld sei.

Wie bei einem Pawlowschen Reflex wurde auch der sehr gute Spielfilm „Das Ende der Geduld“, dem auch künstlerische Freiheit zuzubilligen ist, von Rezensenten politisch korrekt niedergemacht. So war eine Kritik im Nachrichtenmagazin „Focus“ überschrieben mit „Wie ein ARD-Film Toleranz gegenüber Ausländern abwürgt“. Der Film sei eine „eklatante Schwarz-Weiß-Malerei“ bezüglich Migrantenkindern, beklagte die Rezensentin. Eine TV-Kritik der Tageszeitung „Die Welt“ über die „Anne-Will“-Talkshow nach Ausstrahlung des Spielfilms trug die vorwurfsvoll-unsinnige Überschrift „Der Ausländer ist natürlich der Kriminelle“. Dabei hatte sich niemand in der Gesprächsrunde so geäußert. Allerdings kam notwendigerweise der hohe Anteil arabisch- und türkischstämmiger Gewalttäter in Berlin zur Sprache. Michael Leh


Rechtsfreie Räume
von Theo Maass

Anwohner, die Hunde im Park ohne Leine ausführen, Falschparker oder Selbständige, die Steuervorauszahlungen zu leisten haben, erfahren die volle Härte des Rechtsstaates. Das Land Berlin ist allgegenwärtig, um den Bürgern den letzten Cent abzunehmen.

Gleichzeitig entwickeln sich rechtsfreie Räume, die der Staat mit Gleichmut wachsen lässt. Es geht nicht nur um den Unwillen der staatlichen Autoritäten, abgelehnte Asylbewerber (immerhin mehr als zwei Drittel der Bewerber) dorthin zurück zu schaffen, wo sie hingehören. Es geht auch nicht mehr nur um die Drogenszene am Görlitzer Park. Dort ist das Versagen des Berliner Innensenators Frank Henkel (CDU), Recht und Ordnung durchzusetzen, zu besichtigen. Immer dreister belästigen zumeist schwarzafrikanische Drogendealer auch Passanten. Selbst Kinder werden dort bedrängt, den „Flüchtlingen“ Drogen abzukaufen. Längst jammert sogar die grüne Bezirks-Bürgermeisterin Monika Hermann über die Zustände, an deren Schaffung sie maßgeblich beteiligt war.

Kriminalität, Mord und Totschlag unter den „Flüchtlingen“ finden verständnisvolle Richter in Berlin. Nfamara J., ein 41-jähriger Asylbewerber aus Gambia, hatte im April einen 29-jährigen Marokkaner wegen eines Streits erstochen. Ganze sechs Jahre Haft wegen Totschlags lautet das wenig beachtete Urteil. Wesentlich mehr öffentliche Beachtung fand hingegen dieser Tage ein Fall von Selbstjustiz am Görlitzer Bahnhof. Der türkische Besitzer einer Shisha-Bar wollte es nicht länger hinnehmen, dass die Polizei nichts dagegen unternahm, dass seine Gäste von den schwarzafrikanischen Drogendealern bedrängt wurden. 70 Mal hatte der Mann nach eigenen Angaben erfolglos die Polizei gerufen, bis er zur Selbsthilfe schritt. Der Barbesitzer und ein Freund stachen zwei 16- und 17-jährige Jugendliche aus Guinea nieder. Nun ermittelt der Staatsanwalt gegen sie wegen versuchten Totschlags. Derweil rottet sich die schwarzafrikanische Drogenszene zusammen und hat bereits mehrere Male das Lokal des Türken überfallen. Es ist nicht das erste Mal, dass langjährig in Berlin lebende Türken sich rechtlose Zustände zu ihrem Nachtteil nicht bieten lassen und zur Selbsthilfe greifen.

Währenddessen schwillt der Zustrom überwiegend unberechtigt um Asyl nachsuchender Personen weiter an. Bürgerprotest gegen immer neue Asylantenunterkünfte in der Nachbarschaft wird von der politischen Nomenklatura unter Verweis auf die Teilnahme einiger NPD-Mitglieder als rechtsextrem diffamiert. Aber das wird auf Dauer nicht helfen. Dauerhaft droht sich dagegen der Vertrauensverlust der Bürger gegenüber dem Rechtsstaat festzusetzen.


Droht zweites BER-Debakel?
Berliner Schloss: Wowereits Gedankenspiele schockieren Planer

Andeutungen von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) haben die Furcht vor der Wiederholung eines Chaos wie beim Großflughafen BER aufkommen lassen. Mit einem Auftritt vor dem Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses hatte Wowereit nämlich Spekulationen entfacht, dass das Land Berlin womöglich den Ausstieg aus dem Wiederaufbau des Berliner Schlosses plane.

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, so Wowereit vor dem Kulturausschuss, habe als Hauptnutzer des künftigen Humboldt-Forums Interesse, mehr Fläche zu bekommen, weshalb Berlin nicht ausgeschlossen habe, auf die Präsentation der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) in dem Gebäude zu verzichten. „Es hat aber kein Angebot des Bundes gegeben, unsere Flächen zu übernehmen“, so der Bürgermeister weiter.

Zumindest bisher ist vorgesehen, dass Berlin im wiederaufgebauten Schloss 4000 Quadratmeter für eine Abteilung der ZLB nutzen wird. Als Gegenleistung ist die Zahlung von 32 Millionen Euro vereinbart. Zusätzlich steuert Berlin einen Teil des Grundstücks bei, auf dem das Schloss steht.

Wie die „Berliner Zeitung“ berichtet, soll es bereits vor Monaten hinter den Kulissen zu Gesprächen über einen möglichen Ausstieg Berlins gekommen sein. Allerdings erwarte das Land dafür bis zu 83 Millionen Euro vom Bund. Neben dem vereinbarten Baukostenzuschuss von 32 Millionen wären das weitere 51 Millionen für das Grundstück, das bisher von Berlin kostenlos ins Projekt eingebracht worden war. Dem Bericht zufolge soll der Bund die Forderungen bisher als „undenkbar“ zurückgewiesen haben.

Auf Seiten der Bauverantwortlichen haben die bekannt gewordenen Gedankenspiele zum Ausstieg Berlins wie eine Hiobsbotschaft gewirkt. Immerhin liegt das Projekt bisher sowohl im Zeitplan als auch im Kostenrahmen und ist obendrein weit fortgeschritten. „Wer am fast fertigen Rohbau noch gravierende Änderungen vornehmen will, bekommt einen zweiten Flughafen BER“, so die Warnung von Bernhard Wolter, Sprecher der Stiftung Berliner Schloss. Fatale Folgen für das Projekt fürchtet auch Manfred Rettig, Chef der Stiftung Humboldt-Forum: „Wir können nicht einfach eine Bibliothek durch ein Museum ersetzen“, so der erfolgreiche Schlossbau-Manager, der inzwischen sogar mit Rücktritt gedroht hat, falls Berlin tatsächlich die bisherigen Planungen nochmals umschmeißt. N.H.


Autos verbannt
Ideologie statt Entwicklung am Bahnhof Zoo

Der Hardenbergplatz, ein zentraler Ort im Westen Berlins am Bahnhof Zoo, soll grundlegend umgestaltet werden. Bereits vor vier Jahren gab es unter der Federführung des damaligen Baustadtrats für Charlottenburg-Wilmersdorf, Klaus Dieter Gröhler (CDU), Pläne hierzu. Ihr Kern bestand im Bau einer Tiefgarage mit bis zu 470 Plätzen und eines 200 Meter großen Hochhaus. Die Garage hätte Kraftfahrern ermöglicht, die westliche Innenstadt besser zu erreichen; das neue Hochhaus hätte zusätzlichem Gewerbe und Wohnquartieren Raum gegeben.

Nun wurden diese Pläne radikal umgeschrieben, ja geradezu ins Gegenteil verkehrt. Nicht nur die Tiefgarage ist gestrichen, zur „Verkehrsberuhigung“ sollen sogar zwei Drittel der bestehenden Parkplätze beseitigt werden. Von dem Hochhaus ist auch nicht mehr die Rede. Die Zufahrt von der Hardenbergstraße soll schmaler werden und nur noch von Bussen und Taxen genutzt werden dürfen.

Dass die AG City als Vertretung der Geschäftsleute weiter eine Tiefgarage fordert, stört die Planer wenig; sie sei „unwirtschaftlich“, heißt es. Zuständig für die Umgestaltung ist jetzt auch nicht mehr ein CDU-Baustadtrat, sondern Marc Schulte von der SPD. Ulrich Becker vom „Projektsteuerer Urbanplan“ will mit dem Vorhaben die „Bewegungsfreiheit der Fußgänger“ vergrößern. Dazu sollen sogar Bushaltestellen schrumpfen und der bekannte Imbisspavillon im Westen des Platzes weggeräumt werden. Kritiker sehen hierin ein Beispiel von ideologischer, autofeindlicher Verkehrspolitik. Hans Lody


Potsdam streicht Geschichte

Auch in Brandenburg soll der Geschichtsunterricht in der fünften und sechsten Klasse gestrichen werden, ähnlich wie im Saarland und in Berlin. Geschichte wird demnach mit anderen Fächern zu „Gesellschaftswissenschaften“ zusammengelegt. Von Klasse sieben bis neun soll laut rot-roter Landesregierung nur eine Wochenstunde Geschichte reichen. Der Verband der Geschichtslehrer protestiert gegen die Pläne. Zusammenhängendes werde so besser erkannt, hält die Landesregierung dagegen. Es fällt auf, dass die Schaffung der fachlich vage umrissenen „Gesellschaftswissenschaften“ mit der Einstellung vieler Quereinsteiger in den Lehrberuf zusammenfällt. Gerade für die Randgebiete Brandenburgs haben „abgespeckte“ Lehrpläne aus Sicht der Bildungsverwaltung einen Vorteil. Während qualifizierte Lehrer ins Berliner Umland drängen, können Quereinsteiger mit der Verbeamtung auch in die Uckermark oder Lausitz gelockt werden. SG


S. 4 Hintergrund: Deutsche Raumfahrt

International und vielfältig
Wichtige Raumfahrtprojekte setzen auf Wissen und Technik »Made in Germany«

Deutschlands Raumfahrt ist international. Sie stellt Astronauten, Sonden zu fernen Welten, Wettersatelliten, Sensorplattformen zur Erforschung unserer Heimatwelt, aber auch ganze Weltraumteleskope. Die Gesamtmission steht dann oft unter europäischer oder auch US-amerikanischer Leitung.

Dafür ist die „Rosetta“-Mission zum Kometen mit dem schwierigen Namen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko ein gutes Beispiel. „Rosetta“ ist nicht einfach eine Raumsonde. An Bord war auch die Landekapsel „Philea“, die am 12. November 2014 auf dem Kometenkopf, also der der Sonne zugewandten Seite, landete. Dieser ersten Landung auf einem Kometen überhaupt war ein monatelanges Anflug- und Anpassungsmanöver vorangegangen, bei dem „Rosetta“ mehrmals um den Kometen kreiste und dabei die möglichen Landezonen kartierte. „Rosetta“ startete im März 2004 und erreichte den Kometen nach rund zehn Jahren.

Die Kometensonde steuert das Europäischen Raumflug-Kontrollzentrum (ESOC) in Darmstadt, die Landekapsel das Nutzerzentrum für Niederschwerkraft-Experimente des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln. „Rosetta“ wurde in Friedrichshafen von EADS Astrium gebaut, während „Philea“ als internationale Kooperation unter Federführung des DLR entstand. Auf dem Orbiter fliegen optische Instrumente aus Deutschland mit; auch Teile wie das Landegestell, die Harpunen, mit denen sich die Sonde am Kometen verankerte, und chemische Analy­seinstrumente kommen aus Deutschland.

Ähnlich ist das DLR bei „Mars Express“ aufgestellt, der ersten rein europäischen Mission zum Roten Planeten. Auch diese Mission umfasst einen Orbiter und eine britische Landekapsel. Sie startete im März 2003 von Baikonur aus und erreichte nach sechs Monaten den Mars. Der Lander ging verloren, aber „Mars Express“ sendet bis heute. Die Spezialkamera an Bord des Orbiters ist eine DLR-Entwick-lung.

Den bisher weitesten Flug machte die multinationale „Cassini-Huygens“-Mission zum Saturn, wiederum eine Kombination aus Instrumentenplattform und Lander. „Huygens“ landete allerdings nicht auf dem Saturn, sondern auf dessen größtem Mond Titan. Titan hat eine dichte Atmosphäre, die die Oberfläche völlig verhüllt. „Huygens“ lieferte zum ersten Mal Daten von dort. Das DLR steuerte einen Detektor für kosmischen Staub auf der „Cassini“-Sonde bei, die noch bis 2017 senden soll.

Mit dem Navigationssystem „Galileo“ will sich Europa vom US-amerikanischen System GPS abkoppeln. Von geplanten 30 Satelliten fliegen bisher sechs. Lieferant der orbitalen Signalgeber ist das deutsche Unternehmen OHB Systems. „Deutschland ist mit rund 20 Prozent an Galileo beteiligt“, sagt René Kleeßen, zuständiger Programm-Manager beim DLR. Erste Dienste sollen 2015 zur Verfügung stehen und wesentlich genauere Daten als GPS liefern.

Rein deutsch sind dagegen die zivilen Erderkunder TerraSAR-X und TanDEM-X. Beide liefern mit ihren Radarsystemen ein dreidimensionales Konturenbild der Erde in bisher unerreichter Qualität sowohl für die Forschung wie für kommerzielle Abnehmer. TerraSAR-X fliegt bereits seit 2007, der zweite Satellit folgte 2011. Sie kreisen in rund 500 Kilometern Höhe und fliegen dabei in wenigen hundert Metern Abstand voneinander. Die internationale Orientierung deutscher Raumfahrtaktivitäten ist nicht politischer Rücksichtnahme geschuldet. Tatsächlich lassen sich die hohen Kosten gerade wissenschaftlicher Missionen nur international tragen. Selbst die USA und Russland gehen diesen Weg. Friedrich List


Bis in ferne Welten
Deutsche Forschungssonden seit Jahrzehnten im All

Oft betrachtet man die deutschen Raketenprojekte aus der Spätphase des Zweiten Weltkriegs als Einstieg ins Weltraumzeitalter. Aber tatsächlich dachte man erst, als der Wiederaufbau nach dem Krieg einigermaßen abgeschlossen war, in den beiden deutschen Staaten ernsthafter an Forschung im All.

In den frühen 50er Jahren bildeten sich in der Bundesrepublik die ersten privaten Studiengruppen. Aber erst die Pariser Verträge von 1955 ebneten dem jungen Staat den Weg für eigene Projekte oder zu internationalen Vorhaben. 1954/55 etablierte sich an der TH Stuttgart das erste Institut für Raketenforschung. In der DDR gingen 1957 die Akademien der Wissenschaft von Sowjetunion und DDR erste Kooperationen ein. Ab 1961 arbeiteten dann DDR, UdSSR und anderen Staaten des sozialistischen Lagers projektweise zusammen. So entstand am 13. April 1967 der Forschungsverbund „Interkosmos“.

Die Sowjetunion stellte Plattformen, Trägerraketen und Kommunikationsmittel kostenlos bereit und erhielt dafür Zugriff auf die Forschungsdaten der anderen Teilnehmerländer. Auf dem Satelliten Interkosmos 1, der im Oktober 1969 startete, flogen zum ersten Mal DDR-Instrumente mit.

In der Bundesrepublik begannen 1961 die ersten Planungen für eine eigene Satellitenmission. Die Forschungssonde „Azur“ startete am 8. November 1969. Die unbemannte Raumfahrt nahm Fahrt auf – mit reinen Forschungsflügen, so den deutschen Atmosphäreforschungs-Sonden Aeros-A und Aeros-B, aber auch den ersten europäischen Kommunikations- und Wettersatelliten. Westdeutschlands 1967 gegründete Raumfahrtagentur, die Deutsche Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DFVLR), setzte dabei kaum auf nationale Projekte, sondern suchte von Anfang die Kooperation mit Ländern wie Frankreich und den USA oder auf der damals noch westeuropäischen Ebene. 1975 gründeten die Westeuropäer die Raumfahrtagentur ESA.

In den 70er Jahren flogen die beiden Helios-Sonden als erste Raumfahrzeuge überhaupt in extreme Sonnennähe und bewegten sich sogar innerhalb der Merkur-Bahn. Obwohl nur für 18 Monate ausgelegt, lieferten beide wesentlich länger Daten, Helios-1 bis 1986. Ihr Annäherungsrekord von 43 Millionen Kilometern an die Sonne steht bis heute.

Die ersten interplanetaren Flüge fallen in diese Jahre, so an Bord der Mars-Sonden Viking 1 und 2 sowie der beiden Voyager-Sonden, die mittlerweile das Sonnensystem verlassen haben. Mitte der 80er Jahre fliegt die europäische Giotto-Sonde zum ersten Mal nahe an einem Kometen vorbei. Dann folgte mit Galileo eine spektakuläre Jupitermission, die bis 2003 ein breites Spektrum an Daten über Jupiter und seine zahlreichen Monde lieferte.

Dornier baute die „Faint-Object-Camera“ für das Weltraumteleskop Hubble. Eine der Sternstunden bildete der Start des Umweltsatelliten „Envisat“ am 1. März 2002. Trotz seiner kurzen Betriebsdauer ist dieser Satellit mit acht Tonnen Gewicht der bis heute größte Forschungssatellit Europas. F.L.


Beschwerlicher Weg zum ersten Satelliten

Pläne für einen deutschen Wissenschaftssatelliten gab es bereits in den frühen 60er Jahren. Der Weg zum Start der „Azur“-Mission am 8. November 1969 war jedoch streckenweise beschwerlich. So bekamen die Planungsarbeiten erst nach dem Amtsantritt der Großen Koalition 1966 die nötige Unterstützung.

„Azur“ sollte den Sonnenwind und seine Wechselwirkung mit dem Erdmagnetfeld und die Polarlichtzone untersuchen. Insgesamt waren sieben verschiedene Versuchsanordnungen an Bord, die vorher auf Forschungsraketen getestet worden waren. Diese Raketen stiegen auf ballistischen Bahnen bis in 1000 Kilometer Höhe auf. Für das Entwicklungsprogramm verantwortlich war Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB), heute EADS. Außerdem wurde eigens für „Azur“ das heute noch bestehende Raumfahrt-Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen errichtet. Für die deutsche Industrie war „Azur“ eine große Herausforderung, denn die Entwickler hatten keine Erfahrungen, auf die sie hätten zurückgreifen können. Auch die Forscher, welche die wissenschaftliche Ausrüstung lieferten, betraten Neuland. So stiegen die Kosten auf mehr als das Doppelte an: Sie wuchsen von geplanten 30 Millionen Mark auf rund 80 Millionen Mark an.

Ein deutsches oder gar europäisches Weltraumzentrum wie Kourou in Französisch-Guayana gab es nicht. Also startete „Azur“ an Bord einer US-amerikanischen „Scout“-Trägerrakete vom Startgelände auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Vandenberg an der kalifornischen Küste. Der Satellit sollte ein Jahr lang Daten zur Erde funken, aber der Funkkontakt brach bereits nach 233 Tagen im All ab. Die Sonde lieferte trotz des frühen Verlusts wertvolle Daten und ebnete den Weg für spätere Missionen. F.L.


Zeitzeugen

Helios 1 und 2 – Die beiden von MBB gefertigten Sonden dienten zur Sonnenforschung. Helios 1, die erste nicht von den großen Weltraummächten gebaute Forschungssonde, startete 1974, Helios 2 1976 mit US-Raketen von Cap Canaveral. Helios 2 näherte sich der Sonne bis auf 43 Millionen Kilometer. Der Rekord steht bis heute. Helios 1 blieb bis 1986 aktiv.

CoRot – Das Weltraumteleskop war ab 2006 im All. Gebaut unter der Ägide der französischen Raumfahrtbehörde, suchte es bis zum Ausfall 2012 nach extrasolaren Planeten. Aus Deutschland kam speziell die Steuersoftware. Außerdem arbeiteten deutsche Astronomen an der Auswertung mit. CoRot-Daten führten zur Entdeckung von 14 Exoplaneten. Darunter waren mehrere Planeten von annähernder Erdgröße.

Rosat – Mit rund 2,4 Tonnen einer der größten in Deutschland gebauten Satelliten. Er startete 1990 und lieferte Daten bis Anfang 1999. Das Röntgenteleskop an Bord war das größte seiner Zeit und lieferte die erste und bisher einzige vollständige Durchmusterung aller Röntgenquellen am Himmel. Das sind über 100000 Objekte im All – Sterne und Supernova-Reste unserer Milchstraße sowie ferne Galaxien.

Bepi-Colombo – Europas erste eigenständige Mission zum Merkur. Der Start ist für Juli 2016 geplant. 2024 soll Bepi-Colombo in den Merkurorbit eintreten und ein Jahr lang senden. Die Mission besteht aus zwei Sonden. Eine erkundet die Oberfläche, die andere das Magnetfeld. Deutschland liefert einen Laser-Entfernungssensor und baut sowohl Orbiter als auch Gesamtvehikel. Die Magnetfeld-Sonde kommt dagegen aus Japan.

SARah – Hinter der Abkürzung verbirgt sich ein System von drei Radaraufklärungs-Satelliten plus zwei Bodenstationen für die Bundeswehr. Es soll ab 2019 das zurzeit genutzte System SAR-Lupe aus fünf Satelliten ablösen. Die Flugkörper liefern auch bei Nacht durch dichte Wolken Daten. Allerdings steht das neue System wegen Kostensteigerungen bis auf 971 Millionen Euro in der Kritik.


S. 5 Deutschland

»Kritik an Stiftungsdirektor unbegründet«
Interview mit dem BdV-Vorsitzenden über die aktuelle Diskussion um Manfred Kittel und die SFVV

Im gegenwärtigen Streit um den Direktor der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung (SFVV), Manfred Kittel, geht es auch um die Rolle der Vertreibung der Deutschen sowie der deutschen Vertriebenen in der Arbeit der SFVV und um deren Zukunft. Die PAZ sprach darüber mit Bernd Fabritius, Präsident des Bundes der Vertriebenen und Mitglied des SFVV-Stiftungsrates.

PAZ: Nach Zeiten ruhigeren Fahrwassers ist nun die Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ wieder in den Medien. Der Stiftungsdirektion werden Fehler vorgeworfen. Gibt es eine Krise, steht die Stiftung vor dem „Aus“?

Bernd Fabritius: Keinesfalls. Es ist zu einem Vorwurf der Ungenauigkeit bei Durchführung einer Leihausstellung gekommen. Dem Stiftungsdirektor wird vorgeworfen, bei der Leihausstellung „Twice a Stranger“ den wissenschaftlichen Beraterkreis umgangen zu haben. Ja, es ist zu kleinen inhaltlichen Fehlgriffen gekommen. Wo man arbeitet, kann das passieren. Aber Stiftungsdirektion und Beraterkreis haben diese Fehler gemeinsam gemacht. Dass der Beraterkreis umgangen worden sein soll, werte ich als dessen unnötige Schutzbehauptung und ist erwiesener Maßen unzutreffend. Die besagte Ausstellung wurde der Stiftungsdirektion von dem Vorsitzenden des Beraterkreises selbst bereits Anfang des Jahres 2012 als „vielversprechend“ angetragen. Die Initiative kam nachweislich vom Vorsitzenden des Beraterkreises. Dieser sollte nun nicht so tun, als ob er nichts gewusst hätte und sogar umgangen worden wäre. Der inhaltliche Fehler wurde berichtigt. Von einer Krise kann keine Rede sein. Ein auf breitem politischen Konsens beruhendes Projekt wird doch nicht durch eine solche Einzelepisode gefährdet.

PAZ: Wesentliche Teile der Ausstellung wurden aber kurzfristig aus dem Programm genommen. Nach öffentlicher Mitteilung des Vorsitzenden des Beraterkreises, Professor Stefan Troebst, soll es deswegen ein Krisengespräch mit Staatsministerin Grütters gegeben haben, in welchem die Ablösung des Stiftungsdirektors beschlossen worden sei. Wörtlich sprach er „von einer Kuh, die vom Eis ist, jetzt überlasse ich es Ihrer Phantasie, wer die Kuh ist und wo das Eis sich befindet“. Ist der Stiftungsdirektor die Kuh und das Eis im Gesamtprojekt?

Fabritius: Diese Aussagen des Vorsitzenden des wissenschaftlichen Beraterkreises sind sehr befremdlich und inakzeptabel. Eine derartige Kollegenschelte ist unwürdig und die Kritik an Kittel einseitig und in diesem konkreten Punkt unbegründet. Es gab wohl Ungenauigkeit in der Leihausstellung. Es ist bedauerlich, dass Stiftungsdirektor und wissenschaftliche Berater diese nach Empfehlung durch Professor Troebst nicht mehr genauer geprüft haben. Das hätte nicht passieren dürfen. Die Kritik gegen Kittel ist aber einseitig und trifft auf die Berater, von denen die Empfehlung kam, genauso zu. Befremdlich ist auch die Art und Weise, in welcher der Beraterkreis hier agiert hat. Entscheidungsgremium im Stiftungskonzept ist einzig und alleine der Stiftungsrat. Aufgabe der wissenschaftlichen Berater ist – wie schon der Namen sagt – den Stiftungsrat zu beraten. Das geschieht intern und keinesfalls via öffentlicher Debatte in den Medien. Ein Beraterkreis, der das zu beratende Gremium umgeht und Positionen – und seien diese noch so berechtigt – stattdessen in die Öffentlichkeit trägt, ist untauglich.

PAZ: Ein weiterer Berater, Dr. Mathias Stickler, wirft der Stiftungsdirektion vor, das Konzept der Dauerausstellung verraten und die Vertreibungsgeschichte der Deutschen zu zentral positioniert zu haben. Es dürfe sich damit nur um „einen“ und nicht um „den“ Schwerpunkt handeln. Deswegen müsse man darüber noch reden. Ist das Konzept überarbeitungsbedürftig?

Fabritius: Gewiss nicht. Das Stiftungskonzept wurde in vielen Sitzungen des überparteilich besetzten Stiftungsrates lange besprochen, mit dem wissenschaftlichen Beraterkreis vertieft beraten und dann 2012 letztlich einvernehmlich und mit zustimmendem Votum des Beraterkreises beschlossen. Es regelt zu dieser Frage wörtlich: „Die Dauerausstellung präsentiert einem breiten Publikum Ursachen, Ablauf und Folgen von ethnischen Säuberungen in Europa, wobei Flucht, Vertreibung und Integration der Deutschen den Schwerpunkt bilden.“ Diese Festlegung regelt genau, was Kontext, was Entstehungshintergründe und letztlich was Hauptschwerpunkt sein soll. Das ist und bleibt gut und richtig. Berater, die sich zu derart zentralen Fragen uninformiert zeigen, befremden daher ebenfalls. Hier wird im Stiftungsrat als Entscheidungsgremium eher zu überlegen sein, ob solche Berater zu einer konstruktiven Beförderung eines so wichtigen und von einem großen Konsens getragenen Projektes noch geeignet sind.

PAZ: Und wie geht es nun weiter?

Fabritius: Ich bin mir sicher, dass die Stiftung ihre gute Arbeit unter Beachtung des beschlossenen Konzeptes – wie bisher – fortsetzen wird. Unser gemeinsames Ziel ist es doch, Ort und Inhalt der Dauerausstellung zeitgerecht fertig zu stellen, damit auch das Schicksal der Vertreibung der Deutschen – einschließlich der gesamten Kausalkette und der Entstehungsgeschichte als Kontext – seinen Platz in der Gesamtkonzeption der Gedächtnisstätten in Berlin bekommt. Daran wollen wir mit vereinten Kräften arbeiten. Auftretender Dissens inhaltlicher Art zu einzelnen Fragen wird hoffentlich weiterhin – wie bis vor Kurzem – mit dem wissenschaftlichen Beraterkreis inhaltlich beraten und dann vom Stiftungsrat unter Beachtung der internationalen Expertise, die im wissenschaftlichen Beraterkreis zweifellos vorhanden ist, entschieden. So war es gedacht und so sollte es bleiben.


Freibrief für Kriminelle
Alle Verfahren gegen Tino Brandt endeten mit Freispruch

Nachdem die Staatsanwaltschaft Gera gegen den ehemaligen V-Mann Tino Brandt Anklage wegen des Verdachts auf Kindesmissbrauch gestellt hat, muss sich der Thüringer Verfassungsschutz die Frage gefallen lassen, welch zweifelhafte „Vertrauensleute“ in der Vergangenheit von ihm rekrutiert worden sind. Wie der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) berichtet, wirft die Anklage dem langjährigen V-Mann schweren sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen sowie Förderung der Prostitution und sexueller Handlungen von Minderjährigen vor. Insgesamt gehe es dabei um 157 Fälle. In 45 Fällen soll Brandt männliche Minderjährige für sexuelle Handlungen an Erwachsene vermittelt und dafür Geld genommen haben. Ergeben hatte sich der Verdacht im Zuge von Ermittlungen wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs gegen Brandt. Er und zwölf Personen aus seinem Umfeld sollen mit fingierten Arbeitsunfällen von Versicherungen Beträge in Millionenhöhe ergaunert haben.

Wegen Kindesmissbrauchs wird eine Person vor Gericht stehen, die als wichtigste Figur der Thüringer Neonazi-Szene der 90er Jahre gilt. Der bereits 1994 als V-Mann angeworbene Brandt war einerseits eine zentrale Figur im NSU-Umfeld, Gründer des „Thüringer Heimatschutz“ und Vize-Landeschef der NPD – gleichfalls aber auch eine hochgeschätzte Quelle der Thüringer Verfassungsschützer. Bis zu seiner Enttarnung im Jahr 2001 kassierte Brandt als „Vertrauensmann“ über 200000 D-Mark Honorar vom Verfassungsschutz, dass heißt wöchentlich etwa 800 D-Mark. Während seiner V-Mann-Karriere hat es der mittlerweile 39-Jährige erstaunlich oft mit der Justiz zu tun bekommen. Wie aus einer parlamentarischen Anfrage der „Linke“-Landtagsfraktion aus dem Jahr 2012 hervorgegangen ist, wurde in 35 teilweise schwerwiegenden Fällen gegen Brandt ermittelt, während er für das Landesamt für Verfassungsschutz gearbeitet hat. Zu den vom Innenministerium aufgezählten Delikten gehören unter anderem Volksverhetzung, Landfriedensbruch, Sachbeschädigung, Betrug und Bildung einer kriminellen Vereinigung. Die Mehrzahl der Verfahren wurde eingestellt, lediglich achtmal wurde Brandt angeklagt – am Ende stand immer ein Freispruch. „Hier drängt sich der Verdacht auf, dass da jemand nachgeholfen hat“, so der Innenexperte der Thüringer Grünen Dirk Adams bereits im Jahr 2012. Inzwischen sind tatsächlich Hinweise darauf aufgetaucht, dass der Thüringer Verfassungsschutz seine schützende Hand über seinen V-Mann „Otto“ gehalten hat. Laut Bericht der „Berliner Zeitung“ aus dem Jahr 2012 wurden Ermittlungsmaßnahmen der Polizei gegen Brandt durch die Verfassungsschützer sabotiert. In mehreren Fällen sollen dabei observierende Polizeibeamte ihrerseits durch Mitarbeiter des Verfassungsschutzes beschattet worden sein. Brandt selbst sagte während des Münchner NSU-Prozesses aus, dass er vom Verfassungsschutz vor Polizei-Durchsuchungen gewarnt worden sei. Vor diesem Hintergrund und der Masse an fruchtlosen Ermittlungsverfahren drängt sich die Frage auf, ob der Thüringer Verfassungsschutz angesichts der Aktivitäten Brandts wirklich nur beide Augen zugedrückt hat. Durchaus denkbar ist nämlich, dass Brands steiler Aufstieg zu einer Führungsfigur der Neonaziszene in den 90er Jahren mit seiner massiven Erpressbarkeit zusammenhängt. N.H.


MELDUNGEN

Goslar will mehr Zuwanderer

Goslar – Während andere niedersächsische Stadtoberhäupter warnen, wegen der vollkommen erschöpften Unterbringungskapazität keine weiteren Zuwanderer mehr aufnehmen zu können, will Oliver Junk, Oberbürgermeister der Stadt Goslar im Harz, sie anderen Städten sogar abnehmen, um den Bevölkerungsschwund in der Region zu stoppen. In den vergangenen vier Jahren ist fast jeder zehnte der rund 50000 Einwohner weggezogen. „Das einfachste Programm für Goslar heißt Zuwanderung“, lautet die Losung des CDU-Politikers. Die Stadt würde von den Fremden profitieren, denn diese seien jung, gut ausgebildet und wertvolle Kräfte für den Arbeitsmarkt. „Die ethnische Vielfalt ist eine Chance für unser Land. Was also spricht dagegen, wenn wir in Goslar, wo viele Wohnungen leer stehen, Flüchtlinge aufnehmen, die in umliegenden Städten nicht unterkommen?“, so Junk weiter. J.H.

 

Weihnachtsfeiern droht das Aus

Berlin – Die Bundesregierung plant Änderungen bei der lohnsteuerlichen Behandlung von Betriebsveranstaltungen. Dabei sollen Zuwendungen des Arbeitgebers nur dann nicht als Arbeitslohn versteuert werden müssen, wenn ihr Wert 150 Euro (bisher 110) nicht überschreitet. Die Freigrenze soll für bis zu zwei Veranstaltungen im Jahr gelten, allerdings sollen auch die Gemeinkosten wie Miete, Technik und Musik den Arbeitnehmern als Zuwendung anteilig angerechnet werden und nicht nur wie bisher Speisen und Getränke. Die Bundesregierung will mit der Änderung eine Anpassung an EU-Recht und die Sicherung des Steueraufkommens erreichen. Unternehmen, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbände befürchten das Aus für Weihnachts- und Betriebsfeiern, sollte der Bundestag zustimmen. U.M.


S. 6 Ausland

Deutschstämmige auf Erfolgskurs
Helen Zille bekämpft mit ihrer Demokratischen Allianz in Südafrika Arbeitslosigkeit und Klientelwirtschaft

Noch sitzt der Afrikanische Nationalkongress (ANC), der Südafrika seit 30 Jahren regiert, fest im Sattel. Allerdings mehren sich die Anzeichen dafür, dass dies möglicherweise nicht mehr lange der Fall sein wird. Zu rufschädigend wirken mittlerweile die wilden internen Machtkämpfe sowie das korrupte Verhalten der ANC-Funktionäre, allen voran der Parteivorsitzende und Staatspräsident.

Gegen Jacob Zuma sind derzeit bereits über 700 Klagen wegen persönlicher Bereicherung, Begünstigung, Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Betrug anhängig. Dabei machte in letzter Zeit besonders der Umbau von Zumas Privathaus Schlagzeilen, der den südafrikanischen Steuerzahler 246 Millionen Rand (17 Millionen Euro) kostete. Ein weiteres Negativbeispiel ist der Vizepräsident und stellvertretende ANC-Chef Cyril Ramaphosa – selbiger scheffelte im Rahmen seiner dubiosen wirtschaftlichen Aktivitäten über 700 Millionen US-Dollar zusammen. Wegen der so immer stärker zutage tretenden Volksferne hat die einflussreiche Metallarbeitergewerkschaft NUMSA dem ANC jetzt die Zusammenarbeit aufgekündigt. Das alles stärkt natürlich die Opposition in Südafrika, an deren Spitze die Demokratische Allianz (DA) steht, die ihren Stimmenanteil bei den Wahlen zur Nationalversammlung von 12,4 Prozent im Jahre 2004 auf 22,2 Prozent im Mai 2014 steigern konnte.

Diesen Erfolg verdankt die DA in wesentlichem Maße der charismatischen Parteivorsitzenden Helen Zille, deren Einsatz für die „Chancengerechtigkeit aller in Südafrika lebenden Menschen“, also auch der Weißen, jetzt mit dem Freiheitspreis der Friedrich-Naumann-Stiftung gewürdigt wurde. Zille, ein Kind jüdischer Emigranten aus Deutschland, das väterlicherseits von dem legendären Berliner Milieumaler Heinrich Zille abstammt, engagierte sich in der Apartheidzeit für die Rechte der Schwarzen und deckte dabei unter anderem den Mord an dem Bürgerrechtler

Steve Biko auf. Später trat die Politikjournalistin der Demokratischen Allianz bei und avancierte zur Stellvertreterin des Parteichefs. 2006 wiederum forderte sie bei der Kommunalwahl die Kapstädter Bürgermeisterin Nomaindia Mfeketo vom ANC heraus – und gewann. Das war allerdings noch nicht der Höhepunkt der Karriere der weißen Politikerin im schwarzen Südafrika. Im April 2009 siegte die Demokratische Allianz dann auch bei den Wahlen in der Provinz Western Cape, die sich immerhin über ein Zehntel des Landes erstreckt. Damit konnte Zille, die am 6. Mai 2007 zur neuen Vorsitzenden der DA gewählt worden war, nun sogar Premierministerin am Kap der Guten Hoffnung werden, was insofern ein Novum darstellte, als der ANC bislang noch nie eine Provinz an die Opposition verloren hatte.

Seitdem mutierte Western Cape zu einem „Musterländle“ südafrikanischer Prägung: Die Infrastruktur entwickelte sich schneller als anderswo, Wirtschaftsunternehmen verlegten ihren Sitz von Johannesburg nach Kapstadt, das Investitionsvolumen nahm zu und die Arbeitslosenquote sank. Deshalb drängen derzeit nicht mehr nur Südafrikaner, sondern auch qualifizierte Zuwanderer aus anderen afrikanischen Staaten in die Kap-Provinz. Möglich wurde dieser Aufschwung insbesondere durch die konsequente Zerschlagung der Klientelnetzwerke des ANC, wie Zille sie schon in Kapstadt betrieben hatte – so erfolgte unter anderem eine Reform des Systems der Vergabe von Staatsaufträgen.

Wegen des hierdurch bewirkten Verlustes zahlreicher liebgewordener Pfründe begegnete die Zuma-Partei der Deutschstämmigen mit blankem Hass: Bald nach ihrer Ernennung zum Bürgermeister kündigte der ANC-Provinzchef James Ngculu großspurig an, das „GodZilleMonster“ wieder aus dem Amt zu jagen; kurz darauf bewarfen ANC-Anhänger ihre erklärte Feindin Nummer Eins mit Stühlen und verletzten sie dabei am Kopf. Zudem schmiedeten einige Wirrköpfe in Kapstadt ein Mordkomplott. Und natürlich wurde immer wieder auch die Frage der Hautfarbe ins Spiel gebracht. So titulierte der ANC-Jugendfunktionär Senzeni Mphila Helen Zille im März 2012 als weiße „Rassistenschlampe“ und wiederholte damit die beleidigenden Äußerungen anderer Mitglieder der ANC Youth League wie Julius Malema, Floyd Shivambu und Andile Lili während des Wahlkampfes von 2009.

Zille konterte, indem sie sich vorrangig schwarze Verbündete suchte, allen voran die DA-Fraktionsvorsitzende Lindiwe Mazibuko sowie die Millionärin Mamphela Ramphele, womit die Umfragewerte der Partei auch sofort um acht Prozent nach oben schnellten. Allerdings wurde sie am Ende von beiden im Stich gelassen: Mazibuko ging zum Studium in die USA und Ramphele kandidierte für eine andere Partei.

Das animierte den ANC dazu, wieder Morgenluft zu wittern, verhinderte aber trotzdem nicht den erneuten Wahlsieg der Demokratischen Allianz im Mai 2014: Deren Stimmanteil in Western Cape stieg sogar noch von 51,4 auf 59,4 Prozent – und das bei einer Wählerschaft, die zu über 80 Prozent aus Farbigen bestand. Offenbar hatten aber doch viele von denen erkannt, dass „ihr“ ANC keinesfalls mehr die beste Option ist, und für die DA votiert, obzwar dieser wegen der Führungsrolle Zilles nach wie vor das Image einer „weißen“ Partei anhaftet. Wolfgang Kaufmann


Rückfall in die 90er?
Serbischer Radikalenführer Šešelj wettert gegen EU und Nato

Dieser Mann ist ein Zwerg, eine Marionette. Ein Spielball des Westens“, giftete der Gründer und Vorsitzende der Serbischen Radikalen Partei (SRS) Vojislav Šešelj kürzlich während einer Kundgebung in Belgrad. Adressat der Tiraden des Juristen und Hochschullehrers war kein Geringerer als der serbische Staatspräsident Tomislav Nikolic. Dabei waren sie einst Freunde. „Er war mein Ziehsohn, bis er mich verraten hat“, tobte Seselj. Vor mehr als zehn Jahren galt der heute 60-Jährige als gefährlichster Mann Europas. Mit seiner SRS erzielte er mehr als 30 Prozent der Stimmen. Und das UN-Kriegsverbrechertribunal ermittelte gegen ihn wegen der Beteiligung an Gräueltaten während des Jugoslawienkriegs. 2003 begab er sich in UN-Gewahrsam nach Den Haag und tönte siegessicher, dass er als Held zurück-kehren werde.

Die Parteiarbeit übergab er an Tomislav Nikolic und den heutigen Ministerpräsidenten Aleksandar Vucic. Aus der Gefängniszelle befehligte er seine Mannen, bis ihm die Partei entglitt. 2008 kam es zur Spaltung, Nikolic und Vucic näherten sich dem Westen an, ihre „Serbische Fortschrittspartei“ wurde zum angesehenen Partner der EU-Staaten.

Šešelj geriet in Vergessenheit, ein Urteil wurde bislang nicht gesprochen. Da der neue UN-Richter mehr Zeit braucht, um sich in die komplizierte Aktenlage einzulesen, wurde er aus „gesundheitlichen Gründen“ von der Haft beurlaubt, er leidet an einem Leberkarzinom. Dabei macht er einen durchweg vitalen Eindruck. Kaum in der Heimat angekommen, zog er über die Marktplätze. Mehrere zehntausend Menschen kamen, viele Modernisierungsverlierer, die der EU nicht trauen: „Ich bin gekommen, um dieses Land zu regieren. Wer glaubt, dass ich sterben werde, liegt ganz falsch. Die Zeit der Abrechnung ist gekommen“, rief er unter dem Jubel seiner Anhänger.

Politische Beobachter befürchten nun einen Rückfall in die frühen 90er Jahre. In der vergangenen Woche wurde der Millionär Milan Beko von Unbekannten in Belgrad angeschossen und schwer verletzt. Das Attentat weist Parallelen zu Dutzenden Morden an Geschäftsleuten und Politikern in den 90er Jahren auf, die oft vom Staat in Auftrag gegeben wurden. Bis heute ungeklärt ist der Mord an dem ehemaligen serbischen und pro-westlich orientieren Ministerpräsidenten Zoran Djindjic am 12. März 2003. Zwar wurde der mutmaßliche Todesschütze gefasst, über mögliche Auftraggeber schweigt er bis heute. Auch Šešelj galt als möglicher Drahtzieher, beweisen konnte man ihm dies aber nie. Es täte ihm nicht leid, dass Djindjic umgebracht worden sei, dieser „Verräter und Nato-Söldner“, schimpfte der Jurist und er kündigte an, „dass nun Köpfe rollen werden“. Manch einer scheint dies bereits wörtlich genommen zu haben. Am Tag des Beko-Mordes war ein bewaffneter Ex-Soldat vor dem Regierungssitz erschienen, kurz zuvor war der Bruder von Aleksandar Vucic von Polizisten verprügelt worden. Der Ministerpräsident wurde im Oktober in einen Unfall verwickelt, dessen Hintergründe bis heute unklar sind. Für die Regierung in Belgrad, die sich mitten in den Beitrittsverhandlungen mit der EU befindet, ist die Lage prekär. Jeder dritte Serbe ist arbeitslos, die wirtschaftliche Entwicklung beängstigend. Und nun ist auch Šešelj wieder da. „Hier bringt mich keiner mehr weg“, schrie er seinen Anhängern entgegen. Peter Entinger


Mittelasien unter Druck
Ukrainekrise trifft Gastarbeiter in Russland hart

Sanktionen wirken sich nicht nur auf die unmittelbar daran beteiligten Staaten aus, sondern können weitreichendere Folgen haben, unter denen auch Dritte zu leiden haben. Beklagen Russland und die EU bereits deutliche Wirtschaftseinbußen infolge der Ukrainekrise, so geraten nun auch die drei mittelasiatischen Länder Kirgisien, Tadschikistan und Usbekistan wirtschaftlich unter Druck.

Die ehemaligen Sowjet-republiken, die sich auch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Einflussbereich Russlands befanden und sowohl Wirtschaftsbeziehungen zu ihrem einstigen Bruderland wie auch zum Westen unterhielten, leiden zunehmend unter der Stagnation der russischen Wirtschaft, einhergehend mit dem Wertverfall des Rubel. Handelsvolumen und Kapitalflüsse gingen zurück, die Inflationsrate steigt. Wegen der Rubelabwertung verlieren auch zentralasiatische Währungen an Wert. In Usbekistan beispielsweise verteuerte sich der Dollar von 2202 Som auf 2396 (3300 Som kostet ein Dollar auf dem Schwarzmarkt), in Tadschikistan fiel der Kurs der Landeswährung Somoni um 15 Prozent. Ein sprunghafter Anstieg der Inflation ist in allen drei Ländern zu beobachten, am höchsten fällt die Inflationsrate in Usbekistan mit elf statt der prognostizierten sieben bis acht Prozent aus.

Sollten der Ukrainekonflikt und die Wirtschaftsflaute in Russland anhalten, droht ein wichtiger Kapitalfluss, nämlich die Transferleistungen der in Russland arbeitenden Gastarbeiter aus Zentralasien, zu versiegen. Bislang bildeten die Überweisungen von Angehörigen in ihre Heimatländer eine wichtige Stütze, trugen sie doch einen Großteil zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. In Kirgisien kam ein Drittel, in Usbekistan ein Viertel und in Tadschikistan sogar die Hälfte des BIPs von im Ausland tätigen Angehörigen.

Die übliche Transferpraxis sah bisher so aus, dass in russischen Ballungszentren tätige Mittelasiaten, ihren Lohn in Rubel erhalten, diesen in Dollar umtauschen und ihn dann nach Hause schicken. Infolge der Rubelabwertung werden die Beträge immer kleiner. Da die Transferleistungen aber einen Großteil zum BIP der Länder beitragen, können diese in der Folge weniger investieren oder importieren.

Darüber hinaus wächst die Gefahr, dass von den offiziell elf Millionen registrierten Gastarbeitern in Russland, von denen ein Großteil Usbeken sind, ihre Arbeit verlieren könnten. Mit Beginn der Ukrainekrise haben die ohnehin am schlechtesten geschützten Arbeitnehmer Konkurrenz von ukrainischen Flüchtlingen bekommen, die auf den Arbeitsmarkt strömen. Russische Arbeitgeber bevorzugen Ukrainer aufgrund ihrer Sprachkenntnisse, aber auch wegen ihrer höheren Qualifikation.

Für Tadschikistan besteht Hoffnung auf eine engere Zusammenarbeit mit der EU. Es wurde ein Programm für Zentralasien für die Jahre 2014 bis 2020 erarbeitet, das Hilfen auch für die anderen zentralasiatischen Staaten vorsieht. In die Wirtschaft Tadschikistans will die EU insgesamt 250 Millionen Euro in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Landwirtschaft investieren. Das Land mit einem Prokopf-BIP von durchschnittlich 141 Euro ist eines der ärmsten weltweit, verfügt jedoch über Reserven an Erdöl, Erdgas und Braunkohle. Seit Jahren versucht Moskau, Tadschikistan zum Beitritt zur Eurasischen Wirtschaftsunion zu bewegen.

Manuela Rosenthal-Kappi


MELDUNGEN

»Team Stronach« vor dem Aus?

Wien – Interne Machtkämpfe, Parteiaustritte und ein selbstherrlich agierender Parteigründer haben die erst vor zwei Jahren von dem Industriellen Frank Stronach ins Leben gerufene wirtschaftsliberale und eurokritische Bewegung in schwere Existenznot gebracht. Nach Anfangserfolgen bei drei Landtagswahlen und dem Einzug mit elf Abgeordneten in den Nationalrat befindet sich „Team Stronach“ im freien Fall. In aktuellen Umfragen liegt die Partei bei nur noch bei einem Prozent, so dass politische Beobachter mit ihrem raschen Zerfall rechnen. Dies führen sie auf das Fehlen einer ideologischen Basis, fähiger Persönlichkeiten und des innere Zusammenhalts zurück. J.H.

 

Schweden sind hoch verschuldet

Stockholm – Nicht nur in den südlichen EU-Krisenländern, auch im vermeintlich stabilen Schweden hat sich laut „Wirtschaftswoche“ eine gefährliche Blase am Markt für Wohnimmobilien aufgebaut. Die Häuserpreise haben sich demnach in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt, die für Eigentumswohnungen sogar verdreifacht. In den Ballungsräumen sei die Entwicklung noch weit dramatischer. Das Problem: Viele Schweden hätten ihre Immobilie zu 100 Prozent fremd finanziert, und zwar zu variablen Zinsen. Bei Steigerungen des Marktpreises könnten sie den Kredit sogar noch aufstocken. 40 Prozent zahlten keinerlei Tilgung, nur Zinsen. Die Banken rieten sogar von Tilgungen ab. Resultat: Schwedens Privathaushalte sind mit insgesamt 175 Prozent des verfügbaren Jahreseinkommens verschuldet (Deutschland: 86 Prozent). Sinken die Immobilienpreise, geriete ein erheblicher Teil der schwedischen Haushalte in beträchtliche Schwierigkeiten. H.H.


S. 7 Wirtschaft

Deutsche Stiftungen in Not
Wegen lang andauernder Niedrigzinsphase schrumpft das Kapital – Große profitieren

Die anhaltende Niedrigzinsphase auf dem Geldmarkt bringt nicht nur die Sparer zunehmend tiefer in die Bredouille, sondern auch viele deutsche Stiftungen. Immer öfter muss aus Geldmangel die Förderung gemeinnütziger Projekte gestrichen werden.

Stark betroffen ist etwa die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Aufgrund fehlender Zinseinnahmen können Bildungsprojekte inzwischen oftmals nicht mehr mit Förderung rechnen. Laut deren Ratsvorsitzendem Markus Meckel ist das Kapital der Bundesstifung – 75 Millionen Euro aus dem ehemaligen SED-Vermögen – „konservativ“ angelegt. Das Problem dabei ist, dass Wertpapiere des Bundes, wie sie die Stiftung hält, zwar als sichere Anlageform gelten, durch die forcierte Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank deren Verzinsung und damit auch die Erträge der Stiftung allerdings drastisch zurückgegangen sind. Während die Zinseinnahmen in früheren Jahren bei rund zweieinhalb Millionen Euro lagen, sind die Erträge laut Stiftungschef Meckel mittlerweile auf 1,5 Millionen Euro jährlich geschrumpft. In der Folge muss die Bundesstiftung, die in diesem Jahr noch fast 150 Bildungsprojekte finanziert, Förderzuschüsse zusammenstreichen oder sogar komplett aus der Förderung einzelner Projekte aussteigen.

Die Bundesstiftung ist kein Einzelfall. Das anhaltende Zinstief ist vor allem für kleinere Stiftungen zu einem Problem geworden, das die Arbeit gefährdet. Aus Sicherheitsgründen wird das Vermögen meist in traditionellen Anlageformen wie etwa Festgeldern oder Bundesanleihen gehalten. Bei dem aktuellen Zinsniveau kommen dabei allerdings meist nur rund zwei Prozent Ertrag auf das Stiftungskapital heraus. Gerade einmal ausreichend, um die Inflationsrate auszugleichen – allerdings zu wenig, um Verwaltungsarbeit und Projektförderung wie gewohnt zu gewährleisten. Tatsächlich ist der bürokratische Aufwand, den die Stiftungen betreiben müssen, beachtlich. So muss eine Stiftung einen Vorstand besetzen und einen Jahresabschluss vorlegen. „Je länger die Niedrigzinsphase dauert, desto größer sind die Probleme“, so die Warnung von Hans Fleisch, dem Generalsekretär beim Bundesverband der Stiftungen. Laut einer Mitgliederbefragung hat bereits jede fünfte Stiftung ihre Ausgaben reduzieren müssen, jede zwölfte Stiftung musste sogar Vermögensverluste erleiden.

Unabhängig von der aktuellen Zinsentwicklung sieht der Hamburger Notar und Stiftungsexperte Peter Rawert bei vielen deutschen Stiftungen ein generelles Problem. Unter dem Titel „Die notleidende Stiftung“ hat Rawert in einem Aufsatz darauf hingewiesen, dass eine fehlende Regelung zum minimalen Einstiegsvermögen und Änderungen im Steuerrecht zu einem regelrechten Stiftungsboom in den vergangenen Jahren geführt haben. So gibt es im Steuerrecht mittlerweile 25 als gemeinnützig anerkannte und somit steuerbegünstigte Zwecke. Bis zur Höhe von einer Million Euro können Zu-Stiftungen als Sonderabgaben vom steuerpflichtigen Einkommen abgezogen werden. Bei Ehepartnern verdoppelt sich der Freibetrag sogar. Die Höchstgrenze liegt bei beachtlichen 20 Prozent der Einkünfte. Entstanden sind vor diesem Hintergrund viele „unterkapitalisierte“ Stiftungen, so das Fazit des Hamburger Experten. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 75 Prozent aller deutschen Stiftungen weniger als eine Million Euro Stiftungskapital besitzen. Vor allem diese kleinen Stiftungen sind es nun, die in finanzielle Not kommen, da ihnen nicht alle Anlageoptionen offenstehen. Immobilieninvestments oder Aktiengeschäfte, die mehr abwerfen, sind für kleine Stiftungen oft zu risikoreich. Einen Ausweg versprechen Stiftungsfonds, die mittlerweile von einigen Banken und Sparkassen angeboten werden. Dabei handelt es sich um individuelle Stiftungsvorhaben innerhalb einer Dachstiftung. Das Geld wird separat verwaltet und nach den Vorgaben der Stifter eingesetzt. Als Vorteil fällt der Verwaltungsaufwand einer eigenen Stiftung weg.

Deutlich besser sieht die Lage immer noch bei den großen deutschen Stiftungen aus, die ihr Vermögen breiter streuen können. Nach Angaben des Stiftungsverbands existiert in Deutschland ein Stiftungsvermögen von rund 100 Milliarden Euro. Dieses verteilt sich auf mehr als 20000 Stiftungen, wobei sich die wirklich großen Summen auf einige wenige bekannte Namen konzentrieren. So stehen die zehn größten deutschen Stiftungen – darunter die Robert-Bosch-Stiftung und die Volkswagenstiftung – für fast ein Drittel des gesamten Stiftungskapitals.

Der Einfluss, den einige dieser Großstiftungen mittlerweile entwickelt haben, könnte demnächst noch für reichlich Diskussionsstoff sorgen. Wie der Berliner „Tagesspiegel“ berichtet, soll es bei den Stiftungen von Bertelsmann, Bosch und Telekom Überlegungen geben, über einen zu gründenden Nationalen Bildungsrat mehr Einfluss auf die Bildungspolitik zu nehmen. Der Versuch, von privater Seite via Stiftungen Einfluss auf die politische Agenda zu nehmen, ist ein politisch brisantes Unterfangen. Bislang ist die Bildungspolitik eine der letzten Domänen, bei denen die Bundesländer noch wirklich eigene Gestaltungkompetenz haben. Norman Hanert


Neue Hoffnung für Jade-Weser-Port
Kaffeekonzern Tschibo will wegen Stauzeiten im Hamburger Hafen auf Wilhelmshavener Terminal ausweichen

Alle Containerbrücken recken ihre Ausleger beschäftigungslos in die Höhe, kein Lkw rollt auf die Abfertigungsgates zu, an der mehr als einen Kilometer langen Kaimauer liegt kein einziges Schiff. Es ist unübersehbar, im Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven herrscht Umschlagflaute. Dabei sollten dort den Planungen zufolge eigentlich im ersten vollen Betriebsjahr 700000 Standardcontainer (TEU) über die Kaikanten gehen. Tatsächlich aber waren es weniger als 80000. Ausgelegt ist der neu geschaffene Hafen für 2,7 Millionen TEU pro Jahr. Diese Planungen wurden allerdings vor der Schifffahrtskrise gemacht, die 2008 begann und bis heute nicht überwunden ist.

Als Folge musste im März 2013 für 400 Beschäftigte Kurzarbeit angemeldet werden. An der Küste machte sich Häme breit. Denn der Tiefwasserhafen hatte schon mit Pannen begonnen. So gab es 2007 Streit um die Vergabe der Bauaufträge, in den schließlich Gerichte eingreifen mussten. Von Korruptionsverdacht bei der Vergabe der Aufträge war die Rede. Dass es Widersprüche gegen den Ausbau der Eisenbahnverbindung gab, wurde schon fast als Normalität bei einem so großen Bauvorhaben betrachtet. Als aber schon 2012 Bauschäden an den neu gerammten Spundwänden festgestellt wurden, reihte man dies wieder in die Serie von Pannen ein.

Auch umweltpolitisch spielte der Hafen eine Rolle: So forderte die Umweltorganisation WWF die Eingliederung des Wilhelmshavener Tiefwasserhafens in ein gesamtdeutsches Seehafenkonzept. Der Jade-Weser-Port sei ökologisch nur zu rechtfertigen, wenn Elbe und Weser nicht weiter für große Containerschiffe ausgebaggert würden. Doch die Warenwege der Logistik folgen eigenen Gesetzen. Ein Drittel der in Europa ankommenden Güter sind für osteuropäische Binnenländer wie Tschechien bestimmt und da liegt Hamburg unübertroffen günstig. Ein weiteres Drittel verbleibt unmittelbar im Hamburger Einzugsbereich. So laufen die großen Containerschiffe weiterhin die Hansestadt an.

Nun aber gibt es Hoffnung für den Hafen an der Jade. Und sie kommt ausgerechnet aus Hamburg. Der Kaffee- und Handelskonzern Tchibo hat begonnen, den Wilhelmshavener Terminal für den Import von Containerladungen zu testen. Damit drückt das Unternehmen eine deutliche Kritik an den Straßen- und Schienenverbindungen der konkurrierenden Nordseehäfen Hamburg und Bremerhaven aus. „Die etablierten Seehäfen verfügen zwar über eine gute Infrastruktur, allerdings ist die Zuverlässigkeit aufgrund der Engpässe nicht mehr garantiert. Wir benötigen eine staufreie Transportkette“, sagte Tchibo-Logistikmanager Marc-Stephan Heinsen. „Daher müssen wir Alternativen prüfen. In Wilhelmshaven gibt es solche Infrastrukturengpässe nicht.“

Vor allem rund um den Hamburger Hafen haben die Engpässe auf der Straße in jüngerer Zeit so zugenommen, dass Verbände der Straßentransportwirtschaft schon damit drohten, von ihren Kunden Aufschläge für Stauzeiten zu fordern. Auch rund um die Bremerhavener Umschlaganlagen stauen sich immer wieder Lkw. Wer sich die Leere auf dem und rund um das Hafengelände in Wilhelmshaven anschaut, sieht auf den ersten Blick, dass solche Zustände dort noch lange nicht zu befürchten sind.

Und ein weiterer Hoffnungsschimmer: Die weltgrößte Linienreederei Maersk will vom kommenden Jahr an den Tiefwasserhafen zweimal wöchentlich mit Schiffen aus Asien anlaufen. Wie viele Container dann über die Kaikante gehen sollen, steht aber noch nicht fest.

Eigel Wiese


Gulden-Plan in der Schublade

Wie mit zwei Jahren Verzögerung nun bekannt geworden ist, gab es im Jahr 2012 auf dem Höhepunkt der Eurokrise im niederländischen Finanzministerium weitgehende Planungen für eine Rückkehr zu einer eigenen Währung. „Die Niederlande hatten bereits ein Szenario fertig, um den Gulden wieder als Zahlungsmittel einzuführen“, so das niederländische TV-Magazin „Argos Medialogica“ unter Berufung auf Informanten aus dem Finanzministerium. Demzufolge war das Krisenszenario zur Rückkehr zum Gulden in Den Haag mit dem Codenamen „Florijn“, dem altholländischen Name für Gulden, benannt worden. Wie aus den Recherchen des Fernsehmagazins hervorgeht, waren die Vorbereitungen so weit gediehen, dass im Falle eines Auseinanderbrechens der Eurozone die Niederlande umgehend ihre frühere Währung wieder als Zahlungsmittel in Umlauf hätten bringen können. „Das Drehbuch für die Wiedereinführung des Guldens war fix und fertig“, so ein ranghoher Beamter aus dem Haager Finanzministerium, der in der TV-Reportage anonym zitiert wurde. „Wir haben uns auf alles vorbereitet, aber auch darauf, dass der Euro diese Krise überleben wird.“ Zumindest indirekt bestätigt wurden die Notfallpläne für ein Ende des Euros durch Jan Kees de Jager, der von 2010 bis November 2012 niederländischer Finanzminister war. Es sei „über viele Szenarien nachgedacht“ worden, so der Christdemokrat.

Die niederländische Zentralbank soll an den Vorbereitungen zur Wiedereinführung des Guldens beteiligt gewesen sein. Deren Chef Klaas Knot gibt mittlerweile zumindest indirekt zu, dass innerhalb seines Hauses im Jahr 2012 über Notfallpläne zur Wiedereinführung des Guldens nachgedacht worden ist. „Es gab Momente, in denen wir Vorbereitungen für bestimmte Szenarios trafen“, so Knot.

Aus deutscher Perspektive besonders interessant ist eine Aussage de Jagers, der zufolge es angesichts der sich im Jahr 2012 zuspitzenden Eurokrise auch sehr enge Gespräche der damaligen niederländischen Regierung mit der deutschen Bundesregierung gegeben haben soll. Laut dem Medienbericht ist damals sogar ein niederländisch-deutsches Krisenteam gegründet worden. Daraus lässt sich schließen, dass es wohl analog in der Berliner Regierung Planspiele gegeben hat, die D-Mark wieder einzuführen, falls es zu einem Auseinanderbrechen der Eurozone gekommen wäre.

Offiziell wurden derartige Vorbereitungen stets vehement bestritten. So hat die deutsche Regierung auf dem Höhepunkt der Krise mehrfach Gerüchte dementiert, dass es Vorbereitungen bis hin zum Druck von D-Mark-Scheinen geben würde. Vor diesem Hintergrund ist es nicht uninteressant, dass mit Jeroen Dijsselbloem von der sozialdemokratischen Partij van de Arbeid (PvdA) ein wichtiger niederländischer Politiker der damaligen Zeit nicht nur aktuell in Den Haag Finanzminister, sondern als Nachfolger von Jean-Claude Juncker auch Chef der sogenannten Euro-Gruppe geworden ist. N.H.


S. 8 Forum

Kooperation gefragt
von Jan Heitmann

Niedersachsen und Bremen wollten unbedingt im Konzert der Großen mitmischen und haben in Wilhelmshaven Deutschlands einzigen Tiefwasserhafen gebaut, den auch Riesenschiffe jederzeit erreichen können. Genau genommen, haben sie dort eine Milliarde Euro Steuergelder in den Schlick gesetzt, denn noch herrscht gähnende Leere.

In Hamburg dagegen, das gleich zu Beginn aus dem Großprojekt ausgestiegen ist, herrscht so viel Betrieb, dass die Infrastruktur überfordert ist. Die Frage ist, wie lange das so bleibt. Denn damit auch zukünftig Container-Riesen die Elbe hochfahren können, muss der Fluss weiter ausgebaggert werden. Sonst ist Hamburg bald abgehängt. Da aber sind Grüne, Umweltverbände und Gerichte vor.

Würden die Häfen Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven kooperieren statt zu konkurrieren, würden alle gleichermaßen davon profitieren. Dermaßen gestärkt, könnte der Seehafenstandort Deutschland der derzeit frohlockenden niederländischen Konkurrenz Paroli bieten. Und man könnte an Elbe und Weser auf die sündhaft teure Umweltsünde Fahrrinnenausbau verzichten.


Flächenbrände
von Manuela Rosenthal-Kappi

Kürzlich sprach Kanzlerin Angela Merkel von einem „Flächenbrand”, den die politische Haltung Moskaus auslösen könnte. Nach Gesprächen ihres Außenministers Frank-Walter Steinmeier mit Präsident Wladimir Putin hörten sich dessen Äußerungen zur Situation bereits weniger bedrohlich an.

Geht man aber davon aus, dass beim Ukrainekonflikt nicht zuletzt geostrategisches Kalkül die Krise herbeigeführt hat, bei der sich Russland gegen die Osterweiterung von Nato und EU positioniert, dann ist die derzeitige Entwicklung in Zentralasien ebenso besorgnisserregend: Tadschikistan, Kirgisien und Usbekistan, ohnehin arme Staaten mit niedriger Wirtschaftsleistung und hohem Konfliktpotenzial, leiden unter den Folgen der gegenseitigen Sanktionspolitik zwischen Russland und der EU. Bleiben Transferzahlungen der im Ausland, vornehmlich Russland, beschäftigten Angehörigen aus, droht Ländern wie Kirgisien ein Kollaps. Weitere Flächenbrände drohen.

Die von der EU versprochene Wirtschaftshilfe könnte einen weiteren Konflikt mit Russland heraufbeschwören, das sich in seiner Einkreisungsangst bestätigt fühlen dürfte, wenn die EU sich – etwa Tadschikistan – annähert. Hintergrund für das Interesse an Tadschikistan dürften die dortigen Bodenschätze sein. Erdöl, Gas und Braunkohle warten darauf, gefördert zu werden. Russische Beobachter vermuten, das Programm der EU für Zentralasien diene dazu, die Staaten aus der Einflusssphäre Moskaus herauszulösen. Dabei habe die EU durchaus aus dem Ukrainekonflikt gelernt und winke schneller mit Geld.


Harte Zeiten für die AfD
von Hans Heckel

Die Andeutung von Bernd Lucke, im Kommenden wohl nicht mehr für eines der drei Sprecher-Ämter der AfD zu kandidieren, wirft ein grelles Licht auf die Lage der jungen Partei. Zuvor hatte sich AfD-Vizechef Alexander Gauland äußerst kritisch über Luckes Führungsstil geäußert. Das könnte zu dem Schritt beigetragen haben. Auch mag Lucke eingesehen haben, dass es schwer möglich ist, eine neue, noch in den unvermeidlichen Wirren des Werdens begriffene Partei vom fernen Brüssel aus zu führen.

Doch der Druck, der auf der AfD lastet und der ihn, Lucke, als prominentesten Repräsentanten am härtesten trifft, mag auch einfach zu viel für ihn geworden sein. Die Partei steht derzeit von allen Seiten, von innen wie von außen, unter Feuer. Die etablierten Parteien fahren mit ihrer massiven Ausgrenzungspolitik fort. Selbst die Unionsparteien gehen mit den Grünen weit umsichtiger um als mit der Alternative für Deutschland, obschon die Mitglieder und Anhänger der AfD jenen von CDU und CSU weit näher stehen als die der Grünen.

Die allermeisten Medien verunglimpfen die AfD unerbittlich als Rechtsaußen-Truppe und scheuen keinen manipulatorischen Kniff, um die Partei in ein schiefes Licht zu rücken. Der Kontrast zur freundlichen Berichterstattung über die damals jungen Grünen vor mehr als 30 Jahren könnte kaum größer sein.

Aber auch innerhalb der Partei sieht sich die AfD gewaltigen Herausforderungen ausgesetzt. Wie nicht anders zu erwarten, haben sich auch hier die unvermeidlichen Selbstdarsteller und Intriganten eingefunden, die wohl jede neue Partei zu ertragen hat.

Überdies quälen inhaltliche Differenzen den Weg der „Alternative“. Im Streit um die Haltung zum Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA etwa offenbaren sich tiefe weltanschauliche Gegensätze ziwschen dem streng marktliberalen und dem konservativen Flügel. Darin indes spiegelt sich ein Graben, der das gesamte bürgerliche Lager spaltet. Die AfD zeichnet aus, dass dort die Frage wenigstens offen diskutiert wird, wo andernorts immer schon alles „alternativlos“ entschieden zu sein scheint.

Der Umgang der AfD mit den neuen Bürgerbewegungen von „Hogesa“ bis „Pegida“ zeigt schließlich, dass die Partei nicht unbeeindruckt ist von der Stigmatisierung als Rechtsaußen-Verein. Das äußerst harte Vorgehen gegen zwei Hogesa-Sympathisanten im Hamburger Landesverband oder die dann später mehr oder weniger zurückgezogene Distanzierung von Pegida in Dresden deuten darauf hin, dass man unbedingt bemüht ist, die Vorwürfe zu entkräften. Die AfD sollte indes aufpassen, dass sie sich am Ende nicht von der eigenen Klientel distanziert. Denn vor allem darauf zielen die diffamierenden Attacken.


Frei gedacht
Die sexuelle Revolution ist tot
von Eva Herman

Endlich. Endlich tut sich etwas. Immer mehr Menschen wachen auf, sie erkennen, dass unsere Kinder aufs Äußerste gefährdet sind. Eine Petition nach der anderen gegen die Frühsexualisierung an Kindergärten und Schulen jagt derzeit durchs Internet, es wird deutlich: Die moderne Zeit tut der Gesellschaft nicht gut, die Umerziehungsmaßnahmen werden nicht mehr geduldet! Hunderttausende Menschen sind es, die sich nun wehren. Die Erkenntnis hat zwar lange, viel zu lange, gedauert, doch es ist hoffentlich noch nicht zu spät. Unsere Kinder geraten zunehmend unter gefährliche Einflüsse. Ebenso, wie es auch uns Eltern schon erging, als wir jung waren. Es war quasi dem Zeitgeist geschuldet, dem wir eine übergeordnete Rolle erlaubten, so, als sei er eine handelnde, eine entscheidende Institution, der wir uns unterwerfen müss­ten. Doch in Wahrheit waren wir es nur selbst, die wir viel zu lau, viel zu träge waren, um diesem unseligen Verfall die Stirn zu bieten. Wir sollten den Zeitpunkt nutzen, um umzukehren, schleunigst, fest entschlossen!

„Modernes Leben“, nennt sich die Sexualaufklärung, in den 60er Jahren angestoßen von gesellschaftlich links stehenden Gutmenschen. Durch politisch verordnete Programme, die wegführten von Moral, Ethik und Werten und uns „befreien“ sollten, wurde unser Denken, unser Fühlen und Empfinden, Stück für Stück verändert, fast unbemerkt zunächst. Man schuf gleichzeitig begleitende, gesellschaftlich verbindende Maßnahmen, ließ zum Beispiel vermeintliche Freidenker wie den „Sexperten“ Oswalt Kolle zu, der den Staub unseres prüden Verhaltens durch sich windende nackte Körper, die sich plötzlich entfesselt vor dem kühlen Kameraauge wanden, lächelnd fortblies, der in erregenden Kinofilmen unser Schamempfinden brandmarkte als altmodische Überbleibsel einer vergangenen Zeit. Ebenso der stets unsichtbar agierende „Bravo“-Mythos „Dr. Sommer“, der damals uns, heute auch unseren Kindern erklärt, wie Sex geht, trug seinen Teil dazu bei, unsere Gesellschaft sexuell weiter zu entgrenzen. Flowerpower, freie „Liebe“, Drogen und Rock ‘n Roll, all das prägte die von zwei Weltkriegen stark gebeutelte Gesellschaft, die sich von Schuld und Altlasten, aber auch von bürgerlichem Spießertum und sexueller Unfreiheit erlösen sollte.

Es folgten zahllose „wissenschaftliche Gutachten“, die uns modern machen sollten. Vor allem die „Lust zwischen Minderjährigen und Erwachsenen“ sollte gesteigert werden, mit diesem Ziel betraten die Grünen die politische Bühne. Sie gingen gleich richtig zur Sache: Seit Mitte der 1980er Jahre setzen sie sich dafür ein, dass die Gesetze zum Schutz Minderjähriger (Paragrafen 175 und 182 Strafgesetzbuch) abgeschafft werden. In einem Gesetzesentwurf behaupteten sie, diese Paragrafen „bedrohen einvernehmliche sexuelle Kontakte mit Strafe und dienen damit nicht dem Schutz der sexuellen Selbstbestimmung. Sie behindern die freie Entfaltung der Persönlichkeit …“.

Auch der vor allem in links-grünen Kreisen glorifizierte deutsche Sozialpädagoge Helmut Kentler, der sein Leben lang an der Sexualisierung von Kindern und Jugendlichen arbeitete, schrieb im Vorwort eines längst verbotenen, als hart pornografisch eingeordneten Buches: „Kinder müssen, soweit das entsprechend ihrem Alter nur immer möglich ist, von den Erwachsenen als gleichberechtigte Partner ernst genommen werden, sie brauchen einen Raum zunehmender Unabhängigkeit und Selbstständigkeit, in dem sie in gegenseitiger Rücksicht und Achtung ihre sexuellen Bedürfnisse selbst regeln können. (..) Es genügt aber, die Reformen des Sexualstrafrechts bei uns und in anderen europäischen Ländern zu beobachten, und man wird erkennen: Entscheidende Weichenstellungen, die zu einer sexualfreundlichen Kultur und freundlicheren Einstellung gegenüber der ‘Kindersexualität’ führen könnten, sind bereits vollzogen.“

Kentler hatte in seinen „Lehrbüchern“ über die Sexualisierung von Kindern offen ausgesprochen, was Pädophile und deren Unterstützer aus links-grünen Kreisen immer gerne ins Feld führen, was dem natürlichen Empfinden eines einigermaßen normal veranlagten Menschen allerdings schwerste Schmerzen verursacht: Sex mit Kindern sei kein Missbrauch, sondern ein Kinderrecht. Selbstverständlich kennen Kinder dieses „Recht“ auf Sex mit Erwachsenen nicht noch fordern sie es ein. Denn ihre natürliche Entwicklung sieht wahrlich anderes vor.

Die Grünen hatten stets zum Ziel, unsere Gesellschaft umzuerziehen. Unbesorgter, schrankenloser Sex zwischen Erwachsenen und Kindern, so sollte die Zukunft aussehen. Jeder sollte immer alles dürfen, ohne Grenzen, ohne Schamkontrolle. Seit Jahrzehnten wird das Volk von der Politik und auch von den willfährigen Massenmedien mit pädophiler „Aufklärungsliteratur“ zugeschüttet. Schon vor Jahrzehnten wurde deutlich gemacht, dass es keine Privatintimität zu geben habe. Kinder werden seitdem als schamlos, als sexuell interessiert, dargestellt. Es heißt, sie seien es gewesen, die die Erwachsenen verführten.

Verheerendstes Beispiel: Der Grünen-Europapolitiker Daniel Cohn-Bendit. In seinem in den 70er Jahren erschienenen Buch „Der Basar“ referierte der sexuell Schrankenlose darüber, wie kleine Mädchen ihm die Hose öffnen und ihn streicheln. Auch in TV-Shows gab er darüber lächelnd und sehr bereitwillig Auskunft: „Wenn ein kleines fünf-, fünfeinhalbjähriges Mädchen sie auszuziehen beginnt, ist das fantastisch. Es ist fantastisch, weil es ein Spiel ist, ein wahnsinnig erotisches Spiel.“ Daniel Cohn-Bendit, der die linke Spontiszene in Frankfurt in der 68er-Bewegung mit anführte, gehört vor allem zu jenen Grünen-Politikern, die, wie auch Volker Beck, für jene pädophilen Erwachsenen Straffreiheit forderten, die sexuelle Kontakte mit Minderjährigen haben. Die Pläne sind übrigens nicht etwa vergessen und in der Schublade verschwunden, sondern immer noch warten sie auf ihre finale Umsetzung. Programme wie Gender Mainstreaming dienen als ideale Hintertüren, um endlich ans lange angepeilte Ziel zu gelangen. Wer heute die Grünen aus Umweltschutzgründen wählt, sollte sich vorsichtshalber einmal ihr Gesamtprogramm näher anschauen.

Wir stehen jetzt an der Schwelle, wir könnten endlich umkehren. Warum treten wir nicht gegen die sexuelle Umerziehung an? Warum unterstützen wir nicht die Petitionen, die derzeit dutzendhaft durchs Netz geschickt werden? Wir sollten es tun, jetzt! Und noch mehr! Wir sollten das Ruder herumreißen! Die sexuelle Revolution ist gescheitert! Sie hat einen Trümmerhaufen hinterlassen, den wir nun abtragen müssen. Die Erkenntnis eines Jahrzehnte dauernden falschen Weges mag bitter sein, doch sollten wir die darin liegenden Chancen nutzen. Alles andere muss bekämpft werden. Wir brauchen unsere Scham zurück, die als edelste und wertvollste aller Triebfedern unseren Charakter, unsere Gesellschaft, formt.

Ach, übrigens, die neue rot-rot-grüne thüringische Landesregierung hat sich jetzt auf einen gemeinsamen Koalitionsvertrag geeinigt. Er sieht die stärkere Berücksichtigung „der Gleichstellung von sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität“ im Unterricht vor. Der neue Bildungsplan soll für Kinder von null bis 18 Jahren gelten.


S. 9 Kultur

»Nullachtfünfzehn«
Mit seiner Romantrilogie »08/15« feierte Hans Hellmut Kirst einen Mega-Erfolg − Vor 100 Jahren wurde der Ostpreuße geboren

Man sieht sich immer zweimal im Leben, heißt es bekanntlich. Die Redewendung kann auch als Drohung verstanden werden, denn ein zweites Treffen kann einen ganz anderen Ausgang nehmen als das erste.

Im Fall von Hans Hellmut Kirst und Franz Josef Strauß war das ganz sicher so der Fall: Beim ersten Mal war Strauß der Sieger, beim letzten Mal war es Kirst. Dank unfreiwilliger Hilfe des damaligen Ministers für besondere Aufgaben im Kabinett Adenauers wurde Kirst in den Wirtschaftswunderjahren mit seinem Roman „08/15“ zu einem Auflagenkönig.

Zwischen dem ostpreußischen Romanautor und dem bayerischen CSU-Politiker stimmte die Chemie von Anfang an nicht. Die erste Begegnung der beiden Kampfhähne fand kurz vor Kriegs­ende im Frühjahr 1945 in der Flak-Artillerie-Schule IV in Altenstadt bei Schongau in Bayern statt. Damals musste der Oberleutnant Strauß seinen Posten als Chef der Stabsbatterie und Nationalsozialistischer Führungsoffizier (NSFO) dem rangälteren Oberleutnant Kirst räumen, nachdem der von einer Luftkriegsschule in Kitzingen am Main nach Schongau versetzt worden war.

Nur vier Wochen lang war Kirst NSFO, dann war der Krieg vorbei. Einer, der den Krieg relativ unbeschadet überstanden hat, war Strauß, der nun zum Gegenschlag ausholte und Kirst bei der US-amerikanischen Besatzungsmacht als Nationalsozialisten denunzierte, weil dieser in der Artillerieschule vor den jungen Soldaten bis zuletzt Durchhalteparolen gehalten habe. Kirst, der nie NSDAP-Mitglied war, kam aufgrund dieser Beschuldigungen in eine neunmonatige Untersuchungshaft in Garmisch. Kaum als unbelastet entlassen, musste sich der Oberleutnant a.D. Kirst vor einem Entnazifizierungs-Ausschuss rechtfertigen. Vorsitzender dieses Ausschusses war – der Oberleutnant a.D. Strauß in seiner Eigenschaft als stellvertretender Landrat von Schongau. Er verhängte ein mildes Urteil, allerdings mit der Auflage eines zweijährigen Schreibverbots.

Soweit lief die insgesamt erste Begegnung zwischen Strauß und Kirst ab, der nach dem Urteil nach München übersiedelte, wo er später als Filmkritiker fast 25 Jahre lang für den „Münchner Merkur“ tätig war. Als Autor bezeichnete sich Kirst selbst als „Spätentwick­ler“, der erst als Mittdreißiger schriftstellerisch reüssierte. Beruflich war es für den rhetorisch begabten Mann Plan B. Ohne Krieg hätte Plan A gegriffen: Berufsoffizier bis in den Pensionseintritt. So wollte es sein Vater, ein nationalistisch gesinnter Polizist aus Osterode, wo Kirst Junior vor 100 Jahren, am 5. Dezember 1914, geboren wurde. Aufgrund der häufig wechselnden Dienststandorte seines Vaters im Landkreis Osterode brach Kirst die Schule kurz vor dem Abitur ab und arbeitete in der Rechnungsstelle des Rittergutes Mühlen. Doch schon am 1. April 1933 trat er als Berufssoldat in die Reichswehr beim 1. Preußischen Flakartillerie-Regiment in Königsberg ein. Bis zum Krieg machte er Karriere als Unteroffizier, danach nahm er am Einmarsch in Polen, Frankreich und der Sowjetunion teil, ehe er als Lehroffizier seine schicksalhafte Begegnung mit Strauß hatte.

Bis zur zweiten Auseinandersetzung mit Strauß verging fast ein Jahrzehnt. Kirst debütierte in dieser Zeit als Unterhaltungsautor. Mit seinem Erstling aus dem Militärmilieu „Wir nannten ihn Galgenstrick“ erlangte er 1950 einen in sieben Sprachen übersetzten Achtungserfolg. Mit „Aufruhr in einer kleinen Stadt“ legte er 1953 seinen ersten Heimatroman über Ostpreußen vor, dem ähnlich heimatverbundene Werke folgten wie „Gott schläft in Masuren“ (1956), „Mit diesen meinen Händen“ (1957), „Deutschland, deine Ostpreußen“ (1968), „Die seltsamen Menschen von Maulen“ (1984) oder „Erzählungen aus Ostpreußen“ (1987). Trotz dieser produktiven Ausbeute wird er als Au­tor selten mit Ostpreußen in Verbindung gebracht. Die großen Ostpreußenromane nach 1954 haben andere geschrieben wie Siegfried Lenz oder Arno Surminski.

Dafür bleibt Kirst mit einem Schlagwort unsterblich, das schematisch eintönige Vorgänge um­schreibt: „Nullachtfünfzehn“. Die Typenbezeichnung „08/15“ stand für ein schon im Ersten Weltkrieg in Massenproduktion hergestelltes Maschinengewehr. Doch allgemein geläufig und als Schlagwort ge­bräuchlich wurde die Bezeichnung durch Kirsts gleichnamigen Roman. Als das Buch 1954 in Fortsetzungen in der „Neuen Illustrierten“ er­schien, schnellte die Auflage des Magazins sprunghaft an. Im Roman schildert Kirst seine Erfahrungen auf dem Kasernenhof, wo Soldaten vom Barras „zur Sau gemacht“ gemacht werden. Den Helden des Romans nennt Kirst den Ge­freiten Herbert Asch – ohne „r“ –, der sich in Schwejkscher Ma­nier gegen die Schleiferei der Kommisshengste auflehnt.

Mit seinem Buch hat Kirst nicht das Soldatenwesen attackiert, wohl aber den deutschen Militaris­mus. Trotzdem bekam es einer in den falschen Hals: Strauß. In einer Zeit, in der über die Gründung der Bundeswehr gestritten wurde, hielt er das Buch für ein „Pamphlet“ mit „wehrkraftzersetzendem“ Potenzial. Der spätere bayerische Ministerpräsident Strauß, der 1956 zweiter Verteidigungsminister der Bundesrepublik wurde, rief den Buchhandel zum Boykott des Buches auf, was nur den gegenteiligen Effekt erzielte. Das Buch wurde zu einem Verkaufsschlager und Kirst zum Auflagenmillionär, der sich vom Honorar eine stattliche Villa mit Swimmingpool anschaffen konnte. Nach vorhergegangenen gegenseitigen Verleumdungs- und Unterlassungsklagen ging diese letzte Runde zwischen den beiden Streithähnen klar an Kirst.

Um den Erfolg voll auszukosten, folgte noch im selben Jahr der Film zum Buch. Es war ein Schnellschuss im wahrsten Sinn: Weil die Kasernenbaracken mit Vertriebenen belegt waren, musste eilig eine Filmkulisse errichtet werden, die zumindest den Anschein einer Militärkaserne erweckte. Da die Alliierten Deutschland gründlich entwaffnet hatten, fanden sich von einst zwölf Millionen seit 1935 hergestellten Karabinern der Firma Mauser nur noch zwei authentische Exemplare vor. Und zu allem Unglück gab es keinen Filmstar, mit dem man das Kinopublikum hätte anlocken können. Der damals völlig unbekannte und in diesem Jahr verstorbene Joachim Fuchsberger verkörperte den Gefreiten Asch, der noch unerfahrene Hans Christian Blech gab den Schleifer Platzeck und ein gewisser Mario Adorf sein Filmdebüt als Gefreiter Wagner.

Der Film „08/15“ wurde zu einem Triumph! Im Taumel des Erfolgs schrieb Kirst eilig zwei Fortsetzungen, die ebenfalls verfilmt wurden, die aber nicht annähernd an den ersten Erfolg anknüpfen konnten. Auch mit weiteren Werken hatte der von der Kritik als Trivialautor verpönte Kirst, dessen Namen man in den Literaturlexika zwischen Sarah Kirsch und Egon Erwin Kisch oft vergeblich sucht, wenig Glück. Nur 1966 war er noch einmal groß im Gespräch der Ta­gespresse mit dem Hollywoodstreifen „Die Nacht der Generale“, der auf einem Kirst-Roman beruht und in dem Filmgrößen wie Omar Sharif und Peter O’Toole mitwirkten.

Dem TV-Publikum war Kirst in den 1970er Jahren auch als Filmkritiker der ZDF-Sendung „Ratschlag für Kinogänger“ bekannt. Bereits schwer erkrankt zog er 1987 von Bayern aus ins ostfriesische Werdum, wo er am 23. Februar 1989 starb. Harald Tews


Bücher-Advent
Auch Berlin hat jetzt eine Buchmesse − Und der Andrang war groß

Die Besucher strömen in Massen zur ersten Berliner Buchmesse seit neun Jahren. „Es ging schon los, bevor wir aufmachten“, freute sich Steffi Bieber-Geske, die Initiatorin der „1. Buch Berlin“. Obwohl es draußen novemberhaft kühl und der Weg nach Berlin-Karlshorst weit war, tummelte sich im Audimax der Hochschule für Technik und Wirtschaft ein munteres Völkchen. Man könnte es für einen überdimensionalen Ad­ventsmarkt halten. So warm, bunt und gemütlich wirkte es auf den ersten Blick. 70 Verlage haben den Weg in die Hauptstadt gefunden. Auf einer Bühne lasen Autoren aus ihren Werken. Eine Reihe Paravents schirmten Lesende und Zuhörer vom Rest des Geschehens ab, doch hallten die Botschaften dennoch bis zu allen herüber. Das einzige Manko. Brächte man die Lesungen in einem anderen Raum unter, wäre alles perfekt.

Eine multikulturelle Stadt wie Berlin benötige eine Buchmesse, meinte ein Autor aus Worms. Hannelore Schmidt-Hoffmann, Vorsitzende des Freien Deutschen Autorenverbandes Brandenburg und selber Verlegerin freute sich über bezahlbare Stände. Die Tische seien zwar bescheiden, aber 99 Euro für drei Quadratmeter seien schon ein Unterschied zu 1000 Euro Standmiete, die man auf der Leipziger Buchmesse investieren müsse.

Die Begeisterung der Verleger, Besucher und Autoren schwebte überall im Raum und verbreitete sich. Patrick K. Addai kommt aus Österreich, eigentlich ja aus Ghana. Er strahlte über das ganze Gesicht, als er sagte: „Zu Berlin gehört unbedingt eine Buchmesse“. Ganz wunderbar fand er es, heute hier zu sein. Er kam mit dem Nachtzug aus Zürich, direkt von einer Lesereise. Am Abend würde er im „Afrika Medien Zentrum“ aus seinem Buch „Worte sind schön, aber Hühner legen Eier“ vortragen. Der Soziologe, Politikwissenschaftler und Autor gründete den Adinkra Verlag. Addai sammelt witzige Sprichwörter aus Westafrika und fasst sie in Geschichten zusammen.

Die Besucher hangelten sich von Stand zu Stand und entdeck­ten Kostbarkeiten. Eine Besonderheit des Friedrich-Märker-Verlages aus Baden-Württemberg ist das bilinguale Buch. Kinder sollen auf diese Weise spielend eine andere Sprache lernen. Außerdem präsentierten sie einige Klassiker in Kind gerechter Sprache. Vor einem blumenverzierten Chanukka-Leuchter strahlte Myriam Halberstam aus Berlin. Sie gründete den ersten jüdischen Kinderbuchverlag Deutschlands, ist selber Autorin und bekam von der Deutschen Akademie für Kinder und Jugendliteratur für „Die Torah in fünf Bänden“ den Preis für das beste Buch des Monats Juli 2014. Am Sonntagabend hatten 1300 Besucher die Buchmesse besucht. 100 Verlage haben sich bereits für 2015 angemeldet.

Welch wunderbare Orchideen in der Verlagslandschaft gedeihen, erkannte man erst, wenn sie einmal aus dem Schatten der alles erdrückenden Giganten heraustreten dürfen. Steffi Bieber-Geske gab ihnen mehr Licht.

„Auch den großen Verlagen sind die Pforten nicht versperrt“, sagte sie, „aber wenn, dann nur bescheiden mit kleinem Stand, wie alle anderen auch“. Vielleicht nächstes Mal. Silvia Friedrich


Der erste Sadist
Utopist des Bösen − Zum 200. Todestag des Marquis de Sade

Das Werk de Sades lag jahrelang in den Giftschränken der Bibliotheken verborgen. De Sade lesen? Igitt! Seine Romane, die heute als Klassiker neu aufgelegt werden, strotzen vor sexuellen Perversionen. Flagellationen, Fesselungen, Sodomie und alles, was der Befriedigung der Lust dient, finden sich darin zuhauf. Tatsächlich war de Sade der erste Sadist. Der Begriff, der Gewalt als Lustmittel bezeichnet, ist schließlich von seinem Namen abgeleitet, so wie die Wortschöpfung Sado-Masochismus als Ausdruck von aktiven wie passiven Gewaltstimulationen sich aus seinem Namen und dem des Österreichers Leopold von Sacher-Masoch ableitet.

Es sind nicht nur Gewaltphan­tasien, die Donatien-Alphonse-Fran­çois Marquis de Sade in seinem Werk akribisch auflistet, er selbst war ein abgebrühter Lüstling, ein Praktiker sexueller Gewalt. 1740 als Nachkomme eines alten provenzalischen Adelsgeschlechts geboren, führte er nach der vom Vater erzwungenen Heirat das Leben eines Libertins. Nach mehreren Skandalen mit Freudenmädchen und seiner Schwägerin wurde er wegen „unerlaubter Exzesse“ verhaftet. Rund zwölf Jahre saß er im Gefängnis, erst in Vincennes, dann in der Pariser Bastille.

Damit die Gefängnisaufseher es nicht entdeckten, kritzelte er in kleinster Schrift auf einem zwölf Meter langen Papierstreifen, den er in einer Mauerritze versteckte, sein erstes Werk, „Die 120 Tage von Sodom“. Nach der Erstürmung der Bastille 1789 blieb das Werk verschollen. Der Berliner Sexualwissenschaftler Iwan Bloch machte diese Katalogisierung sexueller Grausamkeiten ausfindig und veröffentlichte sie 1904.

Besser erging es anderen in Haft geschrieben Werken wie den 4000 Seiten des Doppelromans „Justine“ und „Juliette“, die de Sade nach seiner Befreiung aus dem Gefängnis im Zuge der Französischen Revolution anonym veröffentlichen konnte. Sicher, es vergeht kaum eine Seite ohne Orgien, Gruppensex und Kopulation. Es ist, als habe der im Kerker einsitzende de Sade völlig entfesselt sein sexuelles Verlangen literarisch befriedigt. Doch es steckt mehr als nur pornografisches Interesse dahinter.

Die Ausschweifungen haben System – (kultur-)philosophisches System. So sind die tugendsame Justine und ihre unmoralische Schwester Juliette eine Antwort auf den Vernunftgedanken eines Voltaire und den Erziehungsgedanken eines Rousseau. Beides führt zum Untergang. Ausgerechnet die mo­ralfeste Justine wird am Ende vom Blitz erschlagen, während die verderbte Juliette triumphiert. Sie wird reiche Kapitalistin und steht somit für die verderbliche Macht des Geldes nach dem Untergang der Zivilisation.

In vielerlei Hinsicht hat de Sade in Swiftscher Satire die Dinge auf den Kopf gestellt. In seinen moralphilosophischen Dialogroman „Ge­spräche im Boudoir“ fordert er etwa, dass nicht Ehebruch, sondern Prüderie und Sittsamkeit unter Strafe gestellt werden sollten. „Eine Utopie des Bösen“ nannte das der de Sade-Biograf Pierre Klossowski. Eine Abrechnung mit der Aufklärung nannten es indes Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, wenn sie in ihrem Buch „Dialektik der Aufklärung“ de Sade als Gewährsmann dafür nehmen, dass die Ideen der Aufklärung direkt in die Barbarei münden.

Die gesellschaftliche Barbarei, die sich nach der Französischen Revolution mit der Jakobinerherrschaft breitmachte, erlebte de Sade im Irrenhaus von Charenton bei Paris. Dorthin wurde er verbracht, als seine Autorenschaft an den anonymen Werken aufflog. Und dort starb er vor 200 Jahren, am 2. Dezember 1814, an „Lungenverstopfung“. Für den Dichter Guillaume Apollinaire war de Sade „der freieste Geist, der jemals gelebt hat“. Die totale sexuelle Entfesselung mündete aber wie die zivilisatorische Revolution in einem genau entgegengesetzten totalitären Terror. Das sexuell zugeknöpfte 19. Jahrhundert musste erst Sigmund Freud wieder mühsam psychoanalytisch aufknöpfen. Harald Tews


S. 10 Geschichte

Ein Aufbäumen wider die Vertuschung
Vor 25 Jahren besetzten Bürgerrechtler in Dresden die Bezirksverwaltung der Stasi

Am 5. Dezember 1989 stürmten aufgebrachte Dresdner Bürger den Gebäudekomplex der Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit, um die dortige Aktenvernichtung zu stoppen. Dem folgte die Belagerung der nahebei liegenden KGB-Residentur, die erst endete, als der diensthabende Offizier Wladimir Putin mit dem Einsatz der Schusswaffe drohte.

Nach acht Dienstjahren in der KGB-Zentrale in Leningrad und einem anschließenden Studium an der Hochschule des sowjetischen Geheimdienstes in Mos­kau kam der 32-jährige Wladimir Putin im August 1985 nach Dresden. Dies war ein Glückstreffer für den Hauptmann, der nunmehr der Verwaltung „S“ (illegale Aufklärung) unterstand, bekam er doch für den Dienst im Ausland ein höchst auskömmliches Monatsgehalt von 1800 Mark der DDR plus einer Zulage von 100 US-Dollar in bar, mit der sich so mancher Wunsch erfüllen ließ. Putin komplettierte die kleine, sechsköpfige KGB-Gruppe in der Elbestadt, die zuerst von Oberst Lasar Matwejew und dann von Generalmajor Wladimir Schirokow kommandiert wurde und in einer Villa in der Angelikastraße residierte. Nur 100 Meter entfernt von hier lag der riesige Komplex der Bezirksverwaltung des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Dort hatte Generalmajor Horst Böhm das Sagen – und der war trotz aller offiziell bekundeten „Waffenbrüderschaft“ kein Freund der sowjetischen „Aufklärer“ in seiner Stadt, denn diese warben mitteldeutsche Bürger als Perspektivagenten für den KGB an, darunter auch solche, die bereits im Dienste des MfS standen. Deshalb schrieb Böhm am 29. März 1989 einen geharnischten Beschwerdebrief an Schirokow, in dem er sich derartige Praktiken verbat.

Daneben zeichnete Putin, der in Dresden bald zum Major und später auch noch zum Oberstleutnant des KGB avancierte, für weitere Geheimoperationen verantwortlich. So oblag es ihm nach Aussage seines früheren Kollegen Wladimir Usolzew, die Standorte der US-Special Forces in Bad Tölz, Wildflecken und Celle zu überwachen. Dazu sollte Putin Bundesbürger auf DDR-Besuch abschöpfen, die aus den entsprechenden Orten kamen. Erfolg dürfte er damit allerdings wohl kaum gehabt haben. Und auch sonst zeichnen die noch vorhandenen Dokumente ein eher unspektakuläres Bild von den KGB-Aktivitäten in Dresden. Das heißt aber nicht, dass der Aufenthalt in der Elbestadt spurlos an Wladimir Putin vorbeigegangen wäre, denn da waren ja noch die dramatischen Ereignisse des 5. Dezember 1989.

Am Morgen des Vortages hatte der Berliner Rundfunk ein Interview mit einem Mitarbeiter der Stasi-Hauptabteilung für Terrorabwehr gesendet, in dem dieser von großangelegten Aktenvernichtungen berichtete: „Ich habe gesehen, dass mein direkter Leiter die Unterlagen genommen hat, damit ins Heizhaus gegangen ist und das im Umkreis des Heizhauses … verbrannte Papierschnipsel … liegen.“ Daraufhin geschah etwas für Dresden Unerhörtes: Während der Kundgebung nach der abendlichen Montagsdemonstration, zu der über 50000 Menschen gekommen waren, betrat Stasi-Bezirkschef Böhm die Rednertribüne und verkündete, dass es sich bei den Aktenverbrennungen in den MfS-Einrichtungen lediglich um „Routinebereinigungen“ handele.

Das glaubte ihm natürlich kein Mensch, weshalb am 5. Dezember führende Vertreter der Dresdner Bürgerbewegung, darunter der heutige stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Arnold Vaatz, beim Dresdner Polizeichef Generalleutnant Willy Nyffenegger vorstellig wurden und unter Bezug auf den Sabotageparagraphen des DDR-Strafgesetzbuches Anzeige gegen die Bezirksverwaltung stellten; ebenso verlangten sie die Sicherstellung der Akten in der örtlichen Stasi-Zentrale. Daraufhin delegierte der mittlerweile höchst vorsichtig gewordene Nyf­fen­egger die Angelegenheit umgehend an die Staatsanwaltschaft ab, die tatsächlich einige ihrer Vertreter zu dem Komplex auf der Bautzener Straße entsandte, vor dem bereits an die 100 Regimegegner warteten.

Es folgten heftige Diskussionen mit Böhm, die damit en­de­ten, dass der Stasi-General nachgab und einer Versiegelung der Büros durch die Justizmitarbeiter sowie eine Handvoll Bürgerrechtler zustimmte. Während diese Maßnahme anlief, versammelten sich immer mehr Demonstranten vor dem Haupttor der Anlage und begannen dann schließlich um 16 Uhr mit der unkontrollierten Erstürmung derselben. Daraufhin kam es zu einer kurzzeitigen Eskalation der Lage, wobei Böhm nur knapp der Lynchjustiz entging. Möglicherweise retteten ihn hier einige der zahlreichen Inoffiziellen Mitarbeiter in der Dresdner Bürgerbewegung.

Nach der faktischen Flucht des MfS-Bezirkschefs zog eine größere Anzahl von enttäuschten und daher latent gewaltbereiten Demonstranten beziehungsweise Stasi-Besetzern vor die nahebei liegende KGB-Villa in der Angelikastraße. Dort wiederum tat an diesem Abend kein anderer als Wladimir Putin Dienst. Nach verschiedenen, im Kern übereinstimmenden Schilderungen von Augenzeugen geschah dann folgendes: Als die Menge anfing, am Zaun des Objektes zu rütteln, rief Putin beim Kommando der sowjetischen Streitkräfte in Dresden an und bat um militärischen Schutz. Doch er erhielt lediglich die Auskunft, dass man nichts ohne eine ausdrückliche Weisung des Kreml unternehmen werde – und „Moskau schweigt“. Daraufhin begab sich der KGB-Oberstleutnant mit gezogener Pistole auf den Hof der Villa und rief, er werde das Gelände mit Waffengewalt verteidigen: „Ich bin Soldat bis zum Tod!“ Das und das demonstrative Durchladen der Kalaschnikow des einzigen vorhandenen Wachtpostens führten zu einem schnellen Rück­zug der Belagerer. Was danach passierte, schilderte Putin später so: „Ich … habe eine riesige Masse von Dokumenten verbrannt. Wir haben so viel verbrannt, dass der Ofen fast explodiert wäre. Wir haben Tag und Nacht Sachen ins Feuer geworfen. Alle Kontakte wurden abgebrochen, die Arbeit mit den Informationsquellen aus Sicherheitsgründen beendet, jegliches Material vernichtet oder an das Archiv übergeben … Amen!“

Darüber hinaus sagte der russische Präsident 1999 in einem Interview mit der Journalistin Natalja Geworkjan, an jenem Abend sei ihm schmerzlich bewusst geworden, unter welch tödlicher „Paralyse der Macht“ sein Land leide. Und diese Einsicht erklärt dann wohl auch das heutige Bemühen Wladimir Putins, dem neuen russischen Imperium ähnliche Momente der Schwäche zu ersparen. Wolfgang Kaufman


Novembersturm
Aus dem Tagebuch von Vera Lengsfeld: November 1989

Die PAZ-Autorin Vera Lengsfeld war seit den 1970er Jahren in der Opposition gegen das SED-Regime aktiv und seitdem Mitorganisatorin aller wichtigen Veranstaltungen der Friedens- und Umweltbewegung der DDR. 1988 wurde sie wegen „Versuchter Zusammenrottung“ verhaftet und nach einem Monat in den Westen abgeschoben. Am Morgen des 9. November 1989 in die DDR zurückgekehrt, wurde sie Mitglied der Verfassungskommission des Runden Tisches und später der ersten und zugleich letzten frei gewählten Volkskammer. Von 1990 bis 2005 gehörte sie dem Deutschen Bundestag an. An dieser Stelle berichtet die bekannte Bürgerrechtlerin monatlich aus eigenem Erleben über die Ereignisse vor 25 Jahren in der DDR.

Mit einer Welle von Rücktritten versucht die SED-Führung, wieder Herr der immer desolateren Lage zu werden.

Im Bezirk Schwerin muss der SED-Parteichef gehen, weil das von ihm befohlene harte Vorgehen gegen oppositionelle Demonstranten heftige öffentliche Reaktionen ausgelöst hat. Auch der Chef der Bezirksparteileitung Gera ist aus einem ähnlichen Grund gezwungen, seinen Hut zu nehmen. Außerdem kündigt Egon Krenz in einer Fernsehansprache die bevorstehende Abdankung zweier besonders verhasster Politbüromitglieder an: Erich Mielke und Kurt Hager. Auch in den Blockparteien trennt man sich von belastetem Führungspersonal. In der CDU wird der Rücktritt ihres Vorsitzenden Gerald Götting erzwungen. Unbelastete Funktionäre sind an der CDU-Spitze knapp. Es sollte einige Tage dauern, bevor die Parteiführung sich auf einen neuen Vorsitzenden, Lothar de Maizière, einigen kann.

Selbst die verhasste Volksbildungsministerin Margot Honecker muss gehen.

In die Blockpartei LDPD kommt Bewegung. Seit der letzten Oktoberwoche präsentiert die Parteiführung, besonders deren Vorsitzender Manfred Gerlach, der Öffentlichkeit fast täglich neue Reformvorschläge. Allerdings betont man immer wieder, dass dies nicht als Opposition zu verstehen sei und man die führende Rolle der SED nicht infrage stellen wolle. Für wenige Tage avanciert Gerlach dennoch zum Hoffnungsträger der Demonstranten. Die Parteizeitung „Der Morgen“ hatte Gerlachs Forderung veröffentlicht, dass nicht nur einzelne Minister, sondern die gesamte Regierung zurücktreten solle.

Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Hans-Jochen Vogel verlangt öffentlich, dass die SED die Grundrechte garantiert und ihren Führungsanspruch aufgibt. Sie solle die Opposition, auch die SDP, endlich anerkennen. Damit korrigiert Vogel seine ursprünglich ablehnende Haltung zur sozialdemokratischen Neugründung im Osten.

Während immer mehr Bürger auf die Straße gehen, verlassen andere nach wie vor in Scharen das Land, vor allem über die wiedereröffnete Grenze zur Tschechoslowakei. In der Prager Botschaft der Bundesrepublik befinden sich bereits wieder 6000 Menschen. Auf Drängen Bonns gestattet Krenz ihnen die direkte Ausreise in die Bundesrepublik. Als sich daraufhin binnen weniger Stunden etwa 5000 Menschen in Prag und Umgebung einfinden, in der Hoffnung auf schnelle Ausreise, protestiert die Regierung der CSSR energisch, weil die Flüchtlinge Unruhe ins bisher eisern regierte Land bringen. Die DDR solle ihr Flüchtlingsproblem selbst lösen und nicht auf andere Länder abschieben.

Am 4. November gibt es eine Großdemonstration in Berlin. Es ist die erste genehmigte Kundgebung, zu der nicht von der SED, einer Blockpartei oder einem anderen staatlichen Organ aufgerufen wurde. Aber die SED hat erfolgreich Einfluss genommen. Dem Vorbereitungskreis gehörten nicht nur Oppositionelle und Künstler, sondern auch Vertrauensleute der SED an. Darunter Gregor Gysi, der sein rhetorisches Talent dafür eingesetzt hatte, dass neben ihm auch der ehemalige Spionagechef der Staatssicherheit Markus Wolf und Politbüromitglied Günter Schabowski einen Platz auf der endlos langen Rednerliste bekamen. Keine Chance hatte dagegen Wolf Biermann, dem an diesem Tag die Einreise in die DDR verweigert wurde.

Der Wunsch der SED-Führung ist es, mit dieser Demonstration das Heft des Handelns wieder in die Hand zu bekommen. Es soll ein Bekenntnis zu Reformen werden, mit dem Ziel, einen demokratischen Sozialismus aufzubauen. Natürlich unter Führung der SED.

Etwa 500000 Menschen versammeln sich in Berlin, was die Kundgebung zur bisher größten der friedlichen Revolution macht.

Dass die Veranstaltung ein zwiespältiges Gefühl hinterließ, lag an ihrer Konzeption, die bewirkte, dass es am Schluss zwei Kundgebungen gab: Eine fand auf dem Podium statt, die andere auf dem Platz.

Während die Redner auf dem Podium mehrheitlich für eine Fortsetzung des Sozialismus plädieren, wird auf den Transparenten in der Menge dessen Abschaffung gefordert.

Politbüromitglied Schabowski, der ehemalige Spionagechef Wolf, sogar Gregor Gysi, werden ausgepfiffen. Die Menschen nehmen ihnen die Reform-Rhetorik nicht ab.

Unter den Veranstaltern herrscht große Angst. Dass sich die Menge einfach in Richtung Brandenburger Tor bewegen könnte. Das kann an diesem Tag noch verhindert werden.

Die Mauer fiel dennoch, wenn auch fünf Tage später.

Nach dem Mauerfall gab es erst einmal tagelange Freudenfeste und Besuche im jeweils anderen Teil Deutschlands. Die Deutschen waren für einen Augenblick das glücklichste Volk der Erde. Die Demonstrationen flauten dennoch nicht ab.

Neue Initiativen entstehen. Eine „Gründungsinitiative“ gibt den Aufruf zur Gründung einer „Grünen Partei“ in der DDR heraus. Es ist eine der letzten Parteigründungen der Opposition.

Die Staatsicherheit hat schneller als alle anderen begriffen, dass die DDR ohne Mauer nicht bestehen kann. Sie beginnt mit der systematischen Vernichtung ihrer Akten.

Auch den Politbürokraten dämmert, dass die SED wirklich gehen muss, wenn es keine Rettung in letzter Sekunde gibt.

Bei seinem Machtantritt hatte Krenz beim DDR-Planungschef Gerhard Schürer eine Studie über den Zustand der Volkswirtschaft in Auftrag gegeben. Das Ergebnis ist verheerend. Die DDR ist bankrott. Bei seinem jüngsten Besuch in Moskau war Krenz von Michail Gorbatschow jede finanzielle Hilfe verweigert worden. Es bleibt als Ausweg nur, sich, wie so oft, an den Klassenfeind zu wenden. Also schickt man die Allzweckwaffe der SED-Oberen, Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski, auf eine Eilmission nach Bonn. Schalck schildert die verzweifelte Lage und fordert einen 13-Milliarden-Kredit, sozusagen als Finanzhilfe für die SED-„Reformer“. Aber Bundeskanzler Helmut Kohl verabschiedet sich von der Politik der geräuschlosen Hilfe für die SED-Regierung. Er stellt diesmal Bedingungen und fordert die Aufgabe des Machtmonopols der SED, die Zulassung der Opposition und freie Wahlen in einem überschaubaren Zeit­raum. Mitte November gibt der Bundeskanzler im „Bericht der Bundesregierung zur Lage der Nation im geteilten Deutschland“ den Politikwechsel öffentlich bekannt.

Die Autorin dieses Beitrags ist Verfasserin des unlängst erschienenen Buches „1989 – Tagebuch der Friedlichen Revolution – 1. Januar bis 31. Dezember“, TvR Medienverlag Jena.


S. 11 Preussen

Frieden stiften statt Seelen retten
Vor 300 Jahren endete in Preußen de facto die Hexenverfolgung, ein Verdienst auch Christian Thomasius’

Im Dezember 1714 erließ der „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. ein Edikt, mit dem er die Hexenverfolgung in Preußen de facto beendete. Maßgeblich verantwortlich hierfür war der Einfluss des Hallenser Rechtsgelehrten Christian Thomasius. Damit blieb die 1701 hingerichtete Magd Dorothee Elisabeth Tretschlaff das letzte Opfer eines preußischen Hexenprozesses.

Zwischen 1450 und 1750 wurde Europa von einer Massenhysterie erfasst, die aus der Furcht vor Zauberei beziehungsweise Hexerei resultierte und nur zum Teil in religiöser Besessenheit wurzelte. Vielmehr spielte auch die prekäre Lebenssituation der Mehrheit der Bevölkerung eine Rolle: Die Menschen litten unter den fortwährenden Kriegen, Pestwellen, Naturkatastrophen und Missernten während der „Kleinen Eiszeit“ und suchten nach Sündenböcken für ihre Misere. Deshalb mussten am Ende zwischen 40000 und 60000 Personen auf dem Scheiterhaufen oder durch andere Hinrichtungsarten sterben; die meisten davon waren Frauen. Dazu kam eine unbekannte Anzahl von Delinquenten, die Haftstrafen erhielten.

Hexenprozesse und -hinrichtungen fanden dabei auch in Brandenburg-Preußen statt, wo aber die Zahl der Opfer deutlich geringer ausfiel als in anderen Regionen des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. So kamen in der Kurmark sowie in Preußen jeweils einige hundert Menschen ums Leben, während es in Süddeutschland über 9000 Tote gab. Das ändert aber nichts daran, dass jeder einzelne Fall tragisch und ein Ausdruck von zum Teil grotes­ker Rechtsanwendung war. Dies traf auch auf das Verfahren gegen die 15-jährige Dienstmagd Dorothee Elisabeth Tretschlaff zu, welche der „Buhlschaft“ mit dem Teufel bezichtigt und am 17. Februar 1701 in der uckermärkischen Gemeinde Fergitz enthauptet wurde. Als „Beweise“ für ihre Schuld dienten nämlich lediglich ein Hase, der unter dem Bett des Mädchens gelegen haben soll, sowie eine besonders große Schmeißfliege im Quartier der „Hexe“; dazu kam das höchst verworrene Geständnis der offenkundig psychotischen und suizidgefährdeten Angeklagten. Diese Umstände bewogen den Hof- und Landrichter der Uckermark Thomas Böttcher dann auch, die Rechtmäßigkeit des gesamten Verfahrens anzuzweifeln. Allerdings verfügte der persönlich über den Vorgang informierte König Friedrich I. (1657–1713) am 2. Juni 1701, die Sache auf sich beruhen zu lassen, da weder dem zuständigen Gerichtsherrn, einem Obristlieutenant von Münchow, noch dem Richter Friedrich Roth Fehler nachzuweisen seien. Und tatsächlich hatten diese das Urteil ja sogar von der juristischen Fakultät der Universität Greifswald bestätigen lassen, die wiederum auf eine Verordnung des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm (1620–1688) aus dem Jahre 1679 verwies, in der die unnachgiebige Bestrafung aller Hexen gefordert wurde.

Andererseits machte der Tretsch­laff-Fall aber noch einmal eindrucksvoll deutlich, wie notwendig eine Änderung der irrationalen Praxis der Hexenprozesse war. Dabei stammte das vehementeste diesbezügliche Plädoyer aus der Feder von Christian Thomasius (1655–1728). In seiner Schrift „De crimine magiae“ von 1701, die dann 1704 unter dem Titel „Kurtze Lehr-Sätze von dem Laster Der Zauberey“ auch auf Deutsch erschien, verkündete der angesehene Hallenser Rechtsgelehrte ganz explizit, dass der Teufel zwar existiere, aber keine körperliche Gestalt annehmen könne, was wiederum bedeute, dass Teufels­pakte beziehungsweise „Teufelsbuhlschaften“ und damit auch Zauberei und Hexerei unmöglich seien. Für den protestantischen Thomasisus handelte es sich bei dem Hexenglauben um eine katholische Irrlehre, deren Wurzeln insbesondere in der Bulle „Summis desiderantes affectibus“ von Papst Innozenz VIII. (1432–1492) lägen. Darüber hinaus bestritt der Jurist und Rechtsphilosoph die Notwendigkeit einer staatlichen Hexenverfolgung: „Die Fürsten haben nicht die Pflicht, Seelen zu retten, sondern Frieden zu stiften.“ Diese Einsichten resultierten dabei zum einen aus den eigenen negativen Erlebnissen von Thomasius im Zuge des Verfahrens gegen die angebliche Hexe Barbara Labarenz und zum anderen aus dem Studium der Werke früherer Gegner der Hexenprozesse wie Johannes Weyer (1515–1588), Fried­rich Spee von Langenfeld (1591–1635) und Balthasar Bekker (1634–1698).

Mit Blick auf die Äußerungen des von ihm sehr geschätzten Thomasius schränkte Friedrich I. zunächst erst einmal die Hexenverfolgung in Pommern ein. Doch damit nicht genug: Bald darauf erließ sein Sohn und Nachfolger, der „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. (1688–1740), am 13. Dezember 1714 noch ein sehr viel weitergehendes „Edikt wegen Abstellung der Mißbräuch bey denen Hexen Prozessen“, in dem er eingangs zugestand, dass „mancher in unschuldiger Weise auf die Tortur oder gar um Leib und Leben“ gebracht worden sei, was dem Lande „Blutschulden“ eingetragen habe. Anschließend fuhr der Monarch fort: „Weil es uns … obliegt, dass Niemands … unschuldig Blut aus unzeitigem Eifer … vergossen werde, haben wir uns entschlossen, den bisherigen Prozess in Hexensachen genau untersuchen zu lassen.“ Und dann wies er als Konsequenz aus dieser Prüfung an, „dass alle auf Tortur oder Todesstrafe lautenden Urtheile Uns zur Confirmation eingesandt werden sollen … auch dass alle Gerichte, Facultäten und Schöffenstühle ihre Gedanken wegen guter Einrichtung dieser Prozesse zusammen tragen … und einsenden.“

Damit hatte der König nun jedwede eigenmächtige „peinliche Befragung“, Aburteilung und Hinrichtung von Hexen durch subalterne Instanzen verboten. In der Realität lief das Edikt dann aber sogar auf eine komplette Abschaffung von Folter und Todesstrafe in Hexenangelegenheiten hinaus. Dies wurde im Jahre 1721 offenkundig, als der Fall einer Schuhmachersfrau aus Nauen zur Vorlage kam, die unter dem Verdacht stand, Butter mittels Zauberei in Kuhdreck zu verwandeln. Der Magistrat der Stadt erhielt nicht etwa Instruktionen aus Berlin, wie der Prozess zu führen sei, sondern eine scharfe Rüge des Herrschers, weil er das Verfahren überhaupt angestrengt hatte. Danach wurde Friedrich Wilhelm I. nur noch ein einziges Mal in Sachen Hexerei bemüht, als 1728 eine Berliner Müllerstochter gestand, mit dem Teufel zu verkehren. Diesmal freilich vertrat das ermittelnde Kriminalkollegium die Ansicht, dass es sich hier wohl nur um die „Verstandesverrückung“ einer „schwermüthigen“ Frau handele – was der König ganz genauso sah.

Wolfgang Kaufmann


Er hat sich um die Rechtsgleichheit verdient gemacht
Vor 220 Jahren wurde Carl Heymann geboren – Der Verleger publizierte die erste Textausgabe des Bürgerlichen Gesetzbuches

Ideengeschichtlich stand vor dem Kampf der Sozialisten um soziale Gleichheit und dem der Demokraten um politische Gleichheit jener der Liberalen um Rechtsgleichheit. Von allen drei Gleichheiten ist letztgenannte die unumstrittenste. Schon Friedrich der Große machte sich für Rechtsgleichheit stark ,als an politische, geschweige denn soziale noch gar nicht zu denken war. Bis heute gilt Rechtsgleichheit als ein hohes juristisches Ideal, höher als Gerechtigkeit, denn Gerechtigkeit bedarf der politischen Interpretation durch den Gesetzgeber, Rechtsgleichheit nicht. Um dem Ideal der Rechtsgleichheit nahezukommen, muss in der Jurisprudenz jedoch die eine Hand wissen, was die andere tut, damit in vergleichbaren Fällen unterschiedliche Richter vergleichbare Urteile sprechen. Denn alles andere würde das Volk zu Recht als Willkür empfinden und die Akzeptanz der Rechtsprechung untergraben. Der einen Hand die Möglichkeit zu geben zu erfahren, was die andere macht, ist eine der primären Aufgaben der juristischen Publizistik. Eine andere Kardinalaufgabe besteht darin, die rechtsprechende Gewalt über die Entscheidungen der gesetzgebenden Gewalt auf dem Laufenden zu halten. In Preußen spielte bei der Lösung dieser Aufgabe Carl Heymanns Verlag eine maßgeblich Rolle.

Vor 220 Jahren, am 29. November 1794, kam der Namensgeber dieses heute nur noch als Marke von Wolters Kluwer Deutschland bestehenden Verlages im niederschlesischen Glogau zur Welt. Nach der Teilnahme an den Befreiungskriegen trat Carl Heymann in die Fußstapfen seines Vaters, eines Buchhändlers, Antiquars und Leihbibliothekars, und gründete 1815 in seiner Geburtsstadt eine Buchhandlung. Dieser gliederte Carl Heyman einen Verlag an.

Dieser erfolgreiche Verlag fing mit populär- und militärhistorischen Werken an, verlagerte jedoch schnell seinen Schwerpunkt auf rechts- und staatswissenschaftliche Werke. Zwei Jahrzehnte nach dessen Gründung verlegte der Verleger den Sitz seines Verlages zum politischen und juristischen Zentrum des Staates, nach Berlin. Seine „Kameralistische Zeitung für die Königlich preußischen Staaten“ war eine der ersten Fachzeitschriften für Verwaltungsrecht und -praxis im Deutschen Bund. Pionierarbeit leistete er auch mit dem „Justiz-Ministerialblatt für die Preußische Gesetzgebung und Rechtspflege“.

1846 begann Heymann mit dem Sammeln und der Herausgabe von Entscheidungen der obersten Gerichte des Königreiches, die dessen Richtern und anderen Juristen wertvolle Orientierungshilfen boten. Im selben Jahr ehrte sein König Friedrich Wilhelm IV. ihn mit der Verleihung des Titels Kommerzienrat. Auch die erste Textausgabe des Bürgerlichen Gesetzbuches verlegte 1896 sein Verlag, der sich schon zu seinen Lebenszeiten zu einem der führenden juristischen Fachverlage entwickelte.

Der Verleger starb am 22. August 1862 im oberbayerischen Berchtesgaden an der Cholera. Seine letzte Ruhestätte fand er in Berlin auf dem jüdischen Friedhof an der Schönhauser Allee.

Aus seinem Judentum hat Carl Heymann nie ein Geheimnis gemacht. In der Berliner jüdischen Gemeinde gehörte er ab den frühen 50er Jahren erst der Repräsentantenversammlung und dann dem Vorstand an. Zeitweise bekleidete er gar das Amt des Gemeindevorsitzenden. Er gehörte dem linken, liberalen Flügel an; 1845 gründete er mit anderen die Genossenschaft für Reform im Judentum und wurde deren stellvertretender Vorsitzender. Seit seinem Umzug nach Berlin war er Mitglied der Gesellschaft der Freunde, einem dort 1792 gegründeten jüdischen Hilfsverein, dessen Mitglieder sich gegenseitig in Fällen von Armut, Arbeitslosigkeit, Krankheit und Tod unterstützten. Außerdem übernahm er in den späten 40er Jahren als Stadtverordneter und anschließend 1851 bis 1855 als Direktor der Feuer-Versicherungs-Anstalt Borussia gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Manuel Ruoff


Neue Sondermarke

Das Bundesfinanzministerium würdigt die Gründung der Generalrechenkammer durch den „Soldatenkönig“ Friedrich Wil­helm I. am 2. Oktober 1714 (siehe Nummer 38) mit einer Sonderbriefmarke, die den Titel trägt „300 Jahre externe Finanzkontrolle“. Das Sonderpostwertzeichen wurde von dem Berliner Professor Matthias Beyrow gestaltet, hat einen Wert von 145 Cent und ist seit dem 2. Oktober in den Verkaufsstellen der Deutschen Post AG erhältlich. PAZ


»Jahrestage« in Düsseldorf

Die Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus – Deutsch-osteuropäisches Forum zeigt, begleitend zum Literarischen Schnellkurs der Stadtbüchereien Düsseldorf zu Uwe Johnson, als Kooperationsveranstaltung den 2000 produzierten mehrteiligen ARD-Fernsehfilm „Jahrestage“ der Regisseurin Margarethe von Trotta. Die jeweils etwa eineinhalb Stunden dauernden vier Teile werden beziehungsweise wurden an den vier aufeinander folgenden Mittwochen 12., 19. und 26. November sowie 3. Dezember um jeweils 15 Uhr im Eichendorff-Saal der Stiftung gezeigt. Der Eintritt ist frei. Eine Voranmeldung ist nicht nötig.

Der vielgelobte Fernsehfilm „Jahrestage“ entstand nach dem gleichnamigen als unverfilmbar geltenden vierbändigen Romanzyklus des 1934 in Cammin geborenen Pommern Uwe Johnson. Er ist ein einfühlsamer Bilderbogen über deutsche Schicksale im Schatten von Krieg und Diktatur. In dem Film spielen Suzanne von Borsody, Matthias Habich, Axel Milberg, Hanns Zischler und Nina Hoger mit.

Nähere Informationen erteilt die Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus – Deutsch-osteuropäisches Forum, Bismarckstraße 90, 40210 Düsseldorf, Telefon (0211) 16 99 134, Fax (0211) 35 31 18, E-Mailgonsior@g-h-h.de E.B.


S. 12 Leserforum

Leserforum

Spielraum für die Rechtsextremen

Zu: NPD in Güstrow (Nr. 45)

Ich liebe unsere Zeitung, die PAZ, aber dieser Beitrag über den Fackelzug der Initiative „Güstrow wehrt sich gegen Asylmissbrauch“ ist empörend. Bisher hatte ich den Eindruck, dass wir uns von der Sachlichkeit her von anderen, unfreien Revolverblättern abheben.

Diese reißerische Aufmachung erinnert mich an die kürzliche Kölner „HoGeSa“-Demo. Dass sie friedlich begann, viele Menschen einfach nur ihre Meinung loswerden wollten, wurde in den Nachfolgeberichten, wie es auch unsere Zeitung festgestellt hat, nicht mehr erwähnt. Da kamen die Nazis gerade zur rechten Zeit.

Ich habe 30 Jahre in Güstrow gewohnt, bin heute noch Mitglied im Segelverein, kenne sehr viele Menschen dort, und die Verwandtschaft meiner Frau die dort lebt, ist auch nicht klein.

Zur DDR-Zeit hatten wir Gastarbeiter aus Kuba. Sie bewohnten einen Block in der Südstadt. Junge Mädchen sahen in ihnen nur die weißen Strände mit ihren Palmen sowie die Sehnsucht nach der Ferne. Sie gaben sich ihnen hin, und viele Mütter standen mit der Polizei vor deren Tür. Aber niemand traute sich herein. Afrikaner arbeiteten im Landmaschinenbau. Sie kamen zur Arbeit, wann sie wollten. Ein Afrikaner sagte mir in unserem Jugendclubhaus: „Peter, eure Partei und Regierung seien gut, aber Kleinvolk hier bei Tanz sein große Scheiße.“ Hinzu kam, dass die Russen, die dort stationiert waren, in vielerlei Hinsicht Narrenfreiheit genießen konnten.

Zu der Zeit hatte Güstrow um die 43000 Einwohner. Heute sind es etwa 30000. Wenn der stark geschrumpften Bevölkerung die Ausländerlast zu groß wird und schon jetzt der eine oder andere Betrugsversuch zum Beispiel an einer Kasse im Supermarkt von den Einwohnern beobachtet wird, muss man sich nicht wundern, wenn dadurch ein Spielraum für die NPD entsteht. Und, meine Damen und Herren, seien sie sich sicher, nur die Feigheit und die Trägheit lassen viele Menschen zu Hause, die sich aber über den Anfang einer Gegenwehr heimlich freuen. Siehe Lichtenhagen.

Die Politiker sind jetzt gefordert. Es ist einfach, immer nur das dumme Volk in die Pflicht zu nehmen. Die meisten meiner Bekannten denken so ähnlich wie ich. In dem Artikel geht es nicht um die Sorgen der Menschen. Es ist nur der übliche Politschmadder. Schade!

Peter Karstens, Eckernförde

 

 

Tierisch wachgerüttelt

Zum Leserbrief: Angst als Erziehungsmittel auch in Ernährungsfragen (Nr. 46)

Offensichtlich hat der Leserbriefschreiber den Artikel von Eva Herman nicht richtig verstanden: Hier geht es nicht um Bauern und Nutzvieh, sondern um Tierfabriken, Massentierhaltung und − schon mal davon gehört? − Megaställen. Da werden Tiere nicht als Lebewesen angesehen, sondern als Ware und entsprechend behandelt.

Wie viele Tiere sind schlecht oder überhaupt nicht betäubt, wenn sie gehäutet und ihnen die Gliedmaßen abgesägt werden? Das hat mit Viehwirtschaft aber auch rein gar nichts zu tun. Und es geht auch nicht darum, den Menschen Verhaltensregeln aufzuzwingen. Sie sollen lediglich wachgerüttelt werden und sich Gedanken machen, woher das Billigfleisch, welches sie kaufen, herkommt und wie das Tier vorher in seinem kurzen Leben dafür gelitten hat.

Sie haben ganz recht: Ein Tier ist ein Lebewesen und sollte auch mit Respekt behandelt werden. Dies geschieht nun einmal nicht in der Massentierhaltung, und dies hat Frau Hermann auch gemeint.

Christina Brauer, Frankfurt am Main

 

 

Erfolgloses Tun

Zu: Freiheit in Gefahr (Nr. 46)

„Geht der Test schief, wird es ernst“, heißt es im Artikel über die geforderten Verbote der „Hooligans gegen Salafisten“-Demonstrationen („HoGeSa“). Leider – der Test ging bereits schief. Alle weiteren Demonstrationen wurden bisher verboten. Selbst gerichtlich erstrittene Durchführungen könnten die wahre Gesinnung unseres Staates nicht verbergen: Wir sind gerade dabei, Freiheit und Demokratie zu verlieren.

Meinungsfreiheit, elterliches Erziehungsrecht, Bankgeheimnis − das alles war einmal, dafür wird immer mehr Einfluss auf die persönliche Lebensführung genommen. Und dies alles wird entweder nicht kommentiert oder größtenteils sogar von den wichtigsten Medien des Landes befürwortet. Ich anerkenne das einsame Dagegenanschreiben der PAZ, es wird allerdings keinen Erfolg haben. Leider!

Maria-Anna Konietzko, Bad Homburg

 

 

Hooligans sind keine Friedensengel

Zu: Freiheit in Gefahr (Nr. 46)

Bereits im letzten Wochenrück­blick ging der Autor Hans Heckel auf das Thema „HoGeSa“ (Hooligans gegen Salafisten) ein, aber die dort gemachten Aussagen irritierten mich, ich konnte sie nicht richtig einordnen.

Nun dieser Artikel. Ich kann hier erstmals die Meinung des Autors in keiner Art und Weise teilen. Wer sich selber als Hooligan bezeichnet, der disqualifiziert sich für mich von selber. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob er links- oder rechtsorientiert ist. Das sind Chaoten, von denen ich nicht meine freiheitlichen Werte vertreten lassen möchte.

Dass die Gewalt von Links erheblich ist und zu gerne unter den Tisch gekehrt wird, wissen wir. Das kann aber keine Begründung oder Verharmlosung der Vorkommnisse in Köln sein. Gewalt gab es dort genug. Ein Teil meiner Familie war an dem Wochenende in Köln und fuhr am Sonntag mit dem Zug gen Heimat. Was die Familie erlebt und berichtet hat, ist eindeutig und durch nichts zu rechtfertigen. Aus meiner Sicht ist „HoGeSa“ nur ein Vorwand für Chaoten, sich und ihre Gewalt ausleben zu können.

Wer wirklich gegen Salafisten demonstrieren und dabei ernst genommen werden will, der sollte nicht auf die Polizei einprügeln. „HoGeSa“ zu hofieren und kleinzureden ist der denkbar falscheste Ansatz. Und wenn die öffentliche Grundordnung in Gefahr ist, müssen diese Aufmärsche der Chaoten verboten werden.

Als jahrzehntelanger Fußballfan und Stadiongänger sind mir Hooligans durchaus bekannt und ich kenne deren Gewaltpotenzial. Die haben nichts mit Frieden und Demonstrationskultur zu tun.

Mit deren Mitteln werden wir den Salafismus sicherlich nicht bekämpfen können, was ja das eigentliche Ziel sein sollte und angeblich auch ist.

Maik Beckmann, Bünde

 

 

Die AfD ist nicht das alleinige Rettungsboot

Zu: AfD: Die letzte Hoffnung gibt den Geist auf (Nr. 46)

Ja, der Zauber des Beginns, jene Zeit, in der man alle möglichen und unmöglichen Hoffnungen in das Wunderkind AfD hineininterpretieren kann, ist passé. Da hat Germania nach längerer Unfruchtbarkeit den Wunderknaben geboren, nennen wir ihn Alfred, der bereits wenige Monate nach der Geburt zehn Kilo wiegt, 1,50 Meter groß ist und Friedrich Schillers Rütlischwur in „Wilhelm Tell“ rezitieren kann: „Wir wollen frei sein, wie die Väter waren.“

Nun erwarten manche, dass Alfred alias AfD die Vor- und Grundschule überspringend, sofort als Genie wirken soll, als Wunderheiler und tadelloser Retter ihres ramponierten Anwesens. Dabei gehört das Häuschen – ursprünglich die stattliche Villa Reich – mit dem dreisten Untermieter Mohammed schon kaum noch ihnen, sondern dem Konsortium „American Europe“.

Wegen alter Schuld und neuer Schulden, zwecks Unterhalt und Wachstum der Götzentempel Staat, Media, soziale Gerechtigkeit, Klimawandel und zwecks Rettung von Nachbaranwesen müssen viele immer mehr frönen. Hilfe durch eigene Kinder: Fehlanzeige. Sie haben nur Alfred, und der ist, obwohl hochbegabt, selbst ganz vom Daseinskampf in Anspruch genommen. Selbst einstige Bewunderer sind nun wegen ausgebliebener Wunder so zornig, dass sie verbreiten, nicht Germania, sondern Christa D. Unionia (CDU) sei die wahre Mutter.

Auch in Alfreds Clique erheben sich Stimmen, besser seinen deutschen Eigensinn aufzugeben. Das helfe ihm und seiner Sippschaft, nicht mehr Außenseiter zu sein, sondern zu risikolosen Festangestellten mit üppigem Gehalt im Konsortium, Zweigstelle BRD, Hauptsitz Berlin mit 16 Filialen, zu avancieren. Darüber kommt es zum Streit in Alfreds Clique, was die maßlos enttäuschte Mutter Eva (Herman) veranlasst, dem Kind sogleich jeglichen Geist abzusprechen. Dabei hat der Streit gerade erst begonnen und ist noch gar nicht entschieden. Hermans Schnellschuss wird dazu beitragen, dass Nörgler und Zweifler austreten und beitrittswillige Michel Oberschlaus erst einmal abwarten, ob der Klub Alfred trotz allem Zoff und Anfeindungen weitere Erfolge verbucht.

Der Original-Alfred kann aber nur reüssieren, kann nur Liebling der Urmutter Germania bleiben, wenn er sich mit charakterstarken Kämpfern und Amazonen umgibt, komme, was da wolle. Solche sind weiterhin in der Partei. Denn schon jetzt ist klar, wer sich Alternative nennt, ohne es zu sein, der wird alsbald abserviert. Wie jene, die großspurig die Piratenflagge gehisst haben, ohne auch nur ein Kanonenboot zu besitzen. Um im Bild zu bleiben: Die deutschen Parteischiffe schlingern im aufgewühlten Meer, sie sind nicht hochseetüchtig, aber deswegen die Schifffahrt ganz sein zu lassen ist auch keine Lösung.

Die AfD ist auch nicht das letzte Rettungsboot. Erst wenn auch die Werft Germania ganz demontiert ist beziehungsweise der Mutter Nation das Herz herausgerissen ist – derzeit ist sie allerdings schwer herzkrank und liegt nach Luft ringend darnieder –, erst dann darf man die letzte Ölung in Betracht ziehen. Schon vor 70 Jahren, in der deutschen Nullstunde 1945, betrauerten die Kinder sowie die Freunde ihren Tod und riefen die Feinde vorschnell das Finis Germaniae aus.

Nein, du verhunzte Mutter Deutschland, du wirst alle Verächter, Abzocker und Schinder überleben. Nicht allein eine Partei oder eine Organisation können dich heilen. Deine treu gebliebenen oder zu dir zurückkehrenden Kinder werden dich befreien. Statt Untergangsszenarien zu entwerfen, sollten wir es lieber mit Thomas Mann halten: „Wie verzweifelt oder aussichtslos Deutschlands Lage heute auch erscheinen mag, so glaube ich doch an seine Zukunft.“

Rolf Kraft, Koblenz

 

 

Der Krieg hatte mehrere Väter

Zu den Leserbriefen: Deutschlands führende Rolle wurde verhindert (Nr. 42) und Keine Unschuldslämmer (Nr. 45)

Die Dankbarkeit, die polnische Politiker an den deutschen Kaiser Wilhelm II. und den österreichisch-ungarischen Kaiser Franz Joseph aus Anlass der Befreiung ihres Landes vom zaristischen Joch und der Ausrufung eines selbstständigen polnischen Staates 1916 in einem Telegramm zum Ausdruck brachten, sah so aus:

Eine Verordnung des Ministers der ehemaligen deutschen Gebiete vom 10. März 1920 regelte das Schulwesen mit deutscher Unterrichtssprache. Die Mindestzahl deutscher Schüler pro Klasse betrug 40 Schüler. Nach der Vertreibung vieler Deutscher konnte in den meisten Schulen diese Schülerzahl nicht mehr gehalten werden. Die betroffenen Schulen wurden geschlossen.

Von den 1925 vorhandenen 1200 deutschen Schulen in Westpreußen blieben bis 1938/39 nur 185 übrig. Die deutsche Bevölkerung war in Westpolen von 1100372 im Jahre 1910 auf 341505 Einwohner im Jahre 1926 gesunken.

Der Bodenverlust bis 1926 betrug 700000 Hektar. 1921, als der Ministerpräsident Wittos in Warschau eine Abordnung deutscher Domänenpächter empfing und ihnen nur zwei Minuten zugestand, erklärte er: „Dies ist der erste Vorstoß gegen die deutsche Intelligenz, und es ist höchste Zeit, dass die sogenannten deutschen Kulturträger verschwinden.“ Dies führte zum offenen Terror gegen Deutsche. Nach einem blutigen Pogrom in Ostrowo im Juni 1921 fasste eine öffentliche Versammlung den Beschluss, dass alle Deutschen innerhalb von 24 Stunden zu räumen hätten.

Das führte in einer Denkschrift des Deutschtumbundes vom 12. November 1921 zu einem Hilferuf, der in erschütternder Weise die Entrechtung der Deutschen in Polen widerspiegelte:

„Dringende Bitte der Deutschen in Polen um schleunige Sicherstellung der ihnen im Friedensvertrage von Versailles und im Minderheitenschutzvertrage gewährleisteten Rechte.“

Um 1932/33 versucht der polnische Außenminister die Franzosen und Engländer zu animieren, einen Krieg mit Deutschland zu beginnen, mit dem Ziel einer späteren gemeinsamen Grenze mit Frankreich an der Elbe.

Hitler gelang es, nach 1933 mit dem polnischen Präsidenten Jósef Pilsudski zu einem Übereinkommen und zu einem Abschluss eines Nichtangriffspaktes zu gelangen. Er stellte die Revisionspolitik und die Unterstützung der deutschen Minderheit in Polen ein. Die Presse durfte dabei nichts Nachteiliges mehr über Polen berichten, was auch zur Folge hatte, dass die Teilmobilmachung von 1939 der Polen völlig heruntergespielt wurde.

Nach Abschluss des Nichtangriffspaktes kündigte die polnische Regierung im September 1934 den Minderheitenschutzvertrag und führte die Entdeutschung auch nach einer deutsch-polnischen Erklärung unvermindert weiter. Der polnische Terror steigerte sich nochmals nach der englischen Garantieerklärung vom 31. März 1939.

Im Jahr 1939 sind bis Mitte August 76000 Deutsche ins Reich und 18000 nach Danzig geflüchtet. Mehr als 50000 waren verhaftet oder befanden sich auf Verschleppungsmärschen.

Im Juni hielt der polnische Oberbefehlshaber Marschall Ryds-Smigly an polnische Offiziere eine Rede und hob hervor: „Polen will den Krieg mit Deutschland, und Deutschland wird ihn nicht verhindern können, selbst wenn es das wollte.“

In der Besprechung Hitlers mit den Oberbefehlshabern der deutschen Wehrmacht war nicht von deutschen Angriffsabsichten die Rede. Vielmehr hoffte Hitler, den Konflikt politisch lösen zu können. Am 22. August 1939 begannen die Polen, deutsche Verkehrsflugzeuge zu beschießen.

Der „Daily Telegraph“ berichtete in einer ersten Abendausgabe über die betreffenden Kabinettsberatungen folgendes: Henderson habe die deutschen Vorschläge sofort nach London weitergeleitet. Das Londoner Kabinett habe das deutsche Memorandum nach Warschau weitergeleitet und die polnische Regierung habe nach seinem Empfang die Generalmobilmachung angeordnet. Was nach damaligem Recht einer Kriegserklärung entsprach.

Schließlich führten am 31. August 1939 folgende Ereignisse zum Ausbruch des Krieges, die für sich allein genommen, nach damaligem Recht, ein Kriegsgrund waren: Der Eisenbahnverkehr nach Ostpreußen wurde durch die Sprengung der Dirschauer Brücke durch Polen unterbrochen. Beuthen wurde von polnischer Artillerie unter Beschuss genommen. Die „Schleswig Holstein“ wurde von der widerrechtlich zur Festung ausgebauten Westerplatte unter Beschuss genommen. Der deutsche Generalkonsul in Krakau wurde ermordet.

Gebhard Knull, Buxtehude


S. 13 Das Ostpreußenblatt

Illegaler Bau zerstört Hansestil
Stadtratsvorsitzender fordert Abriss – Weiterbau des Stadtteils Lomse nach Königsberger Vorbildern

Seit einigen Jahren bemüht sich das Königsberger Gebiet darum, für Touristen attraktiver zu werden. Zu den neuen Sehenswürdigkeiten Königsbergs zählt zweifeslohne der „Fischdorf“ genannte Komplex am Pregelufer gegenüber dem Kneiphof. Ein illegaler Anbau am Leuchtturm alarmiert Stadtrat und Bürgermeister.

Königsberg hat inzwischen nur noch vergleichsweise wenige Sehenswürdigkeiten zu bieten. Der Kultur- und Handelskomplex „Fischdorf“ am Pregelufer ist einer der bekanntesten Orte in der Stadt. Da er unmittelbar in der Nähe des Kneiphofs mit dem Dom liegt, gehört ein Spaziergang entlang des Pregelufers zu jedem Stadtrundgang obligatorisch dazu. Deshalb ist die wütende Reaktion der Stadtregierung nicht verwunderlich, als sie vor Kurzem von dem schlichten rechteckigen Gebäude erfuhr, das an den „Leuchtturm“ angebaut worden ist. Verwunderlich ist, dass die zuständigen Behörden erst jetzt den Neubau ent­deckt haben wollen, obwohl der Bau dieses Gebäudes bereits Ende Sommer begonnen wurde und vielen Vorbeigehenden schon damals die befremdliche Form auffiel, die überhaupt nicht zum Stil der übrigen Bebauung passte.

Doch die Behörden reagierten erst, als klar wurde, dass der Besitzer des Leuchtturms den Anbau ohne jegliche Genehmigung errichten ließ. Darüber informierte der Vorsitzende des Königsberger Stadt­rates Alexander Kropotkin nach einer parlamentarischen Anhörung über die örtlichen Bestimmungen zur Stadtplanung. Er zeigte sich besorgt über das nicht genehmigte Gebäude. „Ich habe den Komplex Bushaltestelle genannt, weil er aus grauem Aluverbundmaterial gemacht ist. Es ist einfach eine Frechheit, meine ich, das, was wir an Einzigartigem haben, zu versauen … mit so etwas Hingespucktem das Ufer zu zerstören“, erzürnte sich der Stadt­rats­vor­sit­zen­de. Er habe darüber mit Bürgermeister Alexander Jaroschuk gesprochen, der schockiert gewesen sei.

Da keine Baugenehmigung vorhanden ist, beabsichtigt die Stadtverwaltung, einen Abriss des Gebäudes per Gerichtsbeschluss zu erwirken. Seinen emotionalen Auftritt erklärte der Leiter des Stadt­rats damit, dass die Initiatoren des illegalen Baus von „südlicher Nationalität“ seien und wohl geglaubt hätten, das Problem mit der Baugenehmigung später zu lösen. Doch dieses „später“ werde es nicht geben. Kropotkin versprach, sich für die Entfernung des Gebäudes einzusetzen.

Die erste Reihe des Fischdorfs wurde bereits 2007 fertiggestellt. Heute befinden sich in dem Komplex südlich der Honigbrücke Bürogebäude, Hotels, die „Fischerbörse“ und der „Wasserbahnhof“ mit Restaurants und Büros, wie auch die Aussichtsplattform „Leuchtturm“, an die nun die unpassende Konstruktion angebaut wurde.

Kürzlich erst ist die Vorbereitung für ein Investitionsprojekt angelaufen für den Bau von Hotels und Appartments mit dem Namen „Königsberg“, die das Areal des Fischdorfs begrenzen sollen. Dieser Komplex soll aus Gebäuden bestehen, die in ihrem Äußeren Königsberger Vorkriegshäusern nachemfunden sind. Wenn jedoch solche illegalen Bauten wie in der Lindenstraße Schule machen sollten, ist das gesamte Architekturkonzept, einem Teil der Stadt ein historisches Antlitz zurückgeben zu wollen, gefährdet. Jurij

Tschernyschew


Letzte Ehre nach fast 70 Jahren
Massengrab von etwa 70 Zivilisten neben dem Friedhof von Zielhausen, Kreis Lyck eingesegnet

Unmittelbar neben dem ehemaligen Friedhof von Zielhausen, nur wenige Kilometer östlich der Kreisstadt Lyck ist ein Massengrab von etwa 70 Zivilisten eingesegnet worden. Bei strahlendem Sonnenschein hielt Pfarrer Dawid Banach aus Suwalki zusammen mit der zuständigen Kreisvertreterin Bärbel Wiesensee, die diesen Termin schon vor ihrem Arbeitsbesuch in Lyck organisiert hatte, und zehn weiteren Personen einen Gedenkgottesdienst ab. Wiesensee bedankte sich bei all denen, welche die Gedenkstätte wieder hergerichtet hatten, mit den Worten:

„Sehr geehrte Anwesende, wir haben uns heute hier versammelt, um diesen Kriegstoten 70 Jahre nach Kriegsende eine würdige Ruhestätte zu geben. Eine Statistik aus dem Jahr 1965 belegt, dass 3857 Lycker als vermisst galten, davon allein ruhen hier mehr als 70 Personen, deren Namen nicht dokumentiert wurden. Geben wir ihnen eine würdige Ruhestätte.

Mein aufrichtiger Dank gilt all denen, die es ermöglicht haben, diesen Kriegstoten die letzte Ehre zu erweisen. Mit viel Engagement von den hier Versammelten ist diese Gedenkstätte errichtet worden.“

Um das Kreuz der Gedenkstätte hatte ihre Kreisgemeinschaft ein Mäuerchen aus Feldsteinen errichten lassen, versehen mit einer Gedenktafel, auf der in Deutsch wie Polnisch geschrieben steht: „Hier ruhen mehr als 70 Deutsche, die im Januar 1945 ihr Leben verloren haben.“

Genau vier Monate ist es nun her, dass ein pensionierter polnischer Polizeibeamter der damals Lyck besuchenden Wiesensee, Irena Szubzda, der Vorsitzenden des Vereins der Deutschen Minderheit und Antoni Szubzda das Massengrab zeigte. Einst war auf ihm ein Kreuz errichtet worden, an dem ein einfaches Namensverzeichnis hinter Plastikfolie angeschlagen war. Mittlerweile war die Ruhestätte verwildert, das Kreuz gebrochen, das Namensverzeichnis verschwunden. Der polnische Bürger gab zu verstehen, dass er ein neues Kreuz errichten und einen Findling als Erinnerungsstein aufstellen wollte. Die Kreisvertreterin versicherte ihn der sofortigen Unterstützung durch die Kreisgemeinschaft und bedankte sich schon im Vorfeld für seine Bemühungen. Eigenartigerweise war dieses Massengrab weder der Kreisgemeinschaft Lyck noch sonst jemandem bekannt. Die dort Beerdigten gelten wohl bis heute als vermisst.

Möglicherweise handelt es sich bei den Getöteten um Bewohner verschiedener Dörfer des Kreises Lyck, die im Ok­to­ber 1944 in den Kreis Allenstein evakuiert worden waren. Einige dieser Landsleute wurden im Januar 1945 aufgefordert, mit ihren Pferdewagen nach Hause zu fahren, um Futter für die Pferde zu holen. Vielleicht wurden diese Menschen von der anrückenden Front überrollt und fanden so den Tod.

1945 wurde das Dorf Zielhausen aus bisher unbekannten Gründen vollständig abgebrannt. Steht die Zerstörung des Dorfes möglicherweise im Zusammenhang mit dem Massaker? Sollten Spuren vernichtet werden? Wer hat die Getöteten beerdigt?

Der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass es noch die Auskunft eines Friedhofsgärtners gibt, der vom Hörensagen berichtet, sowjetische Soldaten seien bei ihrem Vormarsch Richtung Westen in Höhe des Feld-Flughafens Rothhof am östlichen Ortsrand von Lyck wahrscheinlich von zurück­gebliebenen Volkssturmmännern und Hitlerjungen beschossen worden. Die Sowjets hätten daraufhin Stopp gemacht und die zahlreichen deutschen Männer, die sich bereits hinter der Front befanden, zusammengetrieben und bei einem erneuten Angriff auf die Verteidiger von Rothhof als lebende Schutzschilde missbraucht. Die Folge sei ein Massaker gewesen, bei dem mehr als 70 Personen ihr Leben verloren hätten. In allen bisherigen Berichten über die Ereignisse im Januar 1945 hieß es, dass Lyck am 24. Januar 1945 von der Roten Armee kampflos eingenommen worden sei. E.B.


MELDUNGEN

Gräberfürsorge in Peitschendorf

Peitschendorf – Als Folge der Flucht und Vertreibung gibt es im südlichen Ostpreußen viele deutsche Friedhöfe, die vergessen und nicht mehr gepflegt sind. Aus diesem Grunde hat Edyta Gładkowska, die Leiterin des Verbindungsbüros der Landsmannschaft Ostpreußen (LO) in Allenstein, eine Gräberfürsorge-Aktion organisiert. Es wurde der deutsche Friedhof in Peitschendorf, Kreis Sensburg ausgewählt, auf dem auch Martin Emil Wiechert, der Vater des ostpreußischen Autors Ernst Wiechert, begraben liegt. Eine Woche vor Allerseelen, dem Tag, an dem die römisch-katholische Kirche das Gedächtnis ihrer Verstorbenen begeht, trafen sich die Freiwilligen aus den deutschen Vereinen in Rastenburg und Sensburg in dem südlich des Großen Wongel-Sees gelegenen Dorf. Besonders erfreulich war, dass sehr viele Kinder und Jugendliche mitmachten. Mit solchen energischen Helfern und sonnigem Wetter wurde der ganze Friedhof innerhalb von ein paar Stunden ordentlich gepflegt. Es gab über 100 Müllbeutel mit Blättern! Nachdem der Friedhof und die Gräber ordentlich hergerichtet worden waren, konnten die Teilnehmer die Grablichter anzünden und für die Verstorbenen beten, auf dass sie ewige Ruhe finden mögen. E.G.

 

Störungen des Verkehrs

Allenstein – Straße Nr. S7: Elbing [Elblag] – Preußisch Holland [Pasłek], Baustelle; Preußisch Holland [Pasłek] – Liebemühl [Miłomłyn], Reparatur der Schutzplanken. Straße Nr. 15: Klein Schmückwalde [Smykówko] – Rheinsgut [Rynskie], Baustelle. Straße Nr. 16: Bergfriede [Samborowo] – Warweiden [Wirwajdy], Baustelle; Thyrau [Tyrowo] – Mörlen [Morliny], Baustelle; Dietrichswalde [Gietrzwałd], Erneuerung der Brücke; Sensburg, Olsztynskastraße, Baustelle; Barranowen [Baranowa], Baustelle; Erlenau [Olszewo] – Arensfelde [Mikosze], Baustelle. Straße Nr. 22: Elbing [Elblag] – Fichthorst [Jegłownik], Baustelle. Straße Nr. 51: Schmolainen [Smolajny] – Guttstadt [Dobre Miasto], Reparatur der Schutzplanken; Allenstein [Olsztyn] – Darethen [Dorotowo], Baustelle. Straße Nr. 53: Passenheim [Pasym], Baustelle. Straße Nr. 54: Verkehrsknoten – Braunsberg Süd [Braniewo Południe] – Hermannsdorf [Glinka], Baustelle; Braunsberg [Braniewo], Botanicznastraße, Baustelle. Straße Nr. 57: Ortelsburg [Szczytno], Baustelle. Straße Nr. 58: Kurken [Kurki], Brückenbau, einspurig; Alt Keykuth [Stare Kiejkuty] – Marxöwen [Marksewo], Baustelle. Straße Nr. 59: Rhein [Ryn] – Weydicken [Wejdyki], Baustelle, Zondern [Sadry] – Pelkshof [Pełkowo], Baustelle; Mythienen [Mojtyny], Baustelle. Straße Nr. 63: Johannisburg [Pisz] – Wincenta, Baustelle. PAZ


S. 14 Ostpreussische Familie

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

der November nimmt Abschied, aber er hinterlässt noch Spuren. Denn längst sind nicht alle Anliegen behandelt, die mit den Gräbern zusammenhängen, die in der Heimaterde liegen – und das wird auch so bleiben, denn sie hängen nicht von Gedenktagen ab. Dazu gehört auch eine Anschlussfrage aus der letzten Folge, die von dem Königsberger Gerhard Thal gestellt wurde, der zuerst nach den umgebetteten Toten vom Juditter Kirchhof gefragt hatte, die heute an der Cranzer Allee ihre endgültige Ruhe gefunden haben. Eine weitere Frage, die ebenfalls Grabstätten in Königsberg aus der Elendszeit nach dem Russeneinmarsch betrifft, mussten wir zurückstellen und bringen sie nun heute. Sein Vetter Günter Siebert aus Königsberg, Beydritter Weg 9, war im Frühjahr 1945 in Königsberg-Rothenstein interniert. In dem Kasernenkomplex wurden von den Russen Tausende deutsche Zivilpersonen, die als politisch verdächtig galten, unter grauenhaften Bedingungen gefangen gehalten. Die Internierten waren auf das Engste zusammengepresst, hatten keine Liegemöglichkeiten, keine Sanitäreinrichtungen, sie starben massenhaft an den Folgen von Hunger, Kälte, Misshandlungen, an Ruhr und anderen Seuchen. Viele der 4000 Gefangenen in den Kellern des Blocks starben während des Verhörs durch tödliche Schläge. Aber wo und wie wurden die vielen Toten beerdigt? Vermutlich wurden sie vor Ort irgendwo auf dem weitläufigen Gelände in Massengräbern beigesetzt. Das geht aus dem Schreiben des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK), den Gerhard Thal auch im Hinblick auf diese Suchfrage anschrieb, hervor. Da es sich vor allem um dort internierte Zivilpersonen handelt, liegen beim VDK nur wenige namentliche Meldungen vor. Über die Situation der Gräber ist bisher noch nichts bekannt. Die Kaserne wurde, nachdem sie nicht mehr als Internierungslager benötigt wurde, von der russischen Armee genutzt. Es bedarf also konkreter Hinweise zu den Grabanlagen, um hier tätig werden zu können. Diese Auskünfte waren die einzigen Informationen, die Herr Thal über das Kriegsgefangenenlager erhielt. Deshalb fragt er unsere Leser: Wer hatte auch einen Angehörigen in dem Kriegslager oder war selber in der Hölle von Rothenstein, die der dort internierte jüdische Violinist Michael Wieck in seinem Buch „Zeugnis vom Untergang Königsbergs“ als KZ Rothenstein bezeichnet? Wir wünschen unserem Königsberger Landsmann ebenso viel Erfolg, wie er ihn bei seinen bisherigen von uns veröffentlichten Anliegen verzeichnen konnte. (Gerhard Thal, Landhausstraße 53 in 75399 Unterreichenbach, Telefon 07235/9756124.)

Wenn man unsere Leserinnen und Leser als Zeitzeugen fordert, ist das nicht ins Leere gesprochen. Und so kann uns auch Herr Hans-Günther Hein aus Tangstedt Erfreuliches über die Reaktion auf sein Anliegen berichten, das wir in Nummer 30 veröffentlichten: Er sucht ehemalige Bewohner von Nissenhütten vor allem aus Hamburg-Harburg, die sich an jene Notzeiten erinnern, ist aber auch an Berichten aus anderen Gegenden interessiert. Geplant waren diese Aufzeichnungen als Beitrag für seine eigene Biographie, die er für seine Enkel schreiben wollte. Gut gedacht, aber inzwischen hat das Thema längst den familiären Rahmen verlassen und einen beachtlichen dokumentarischen Stellenwert bekommen, wie mir Herr Hein jetzt mitteilen konnte. Da sich bereits verschiedene Institutionen wie das Freilichtmuseum Kiekeberg, das bereits einen Fragebogen ausgearbeitet hat, für das Projekt interessieren und es unterstützen, wird die Geschichte der Nissenhütten im Hamburger Raum gründlich erforscht und dokumentiert werden. So hat auch die Hamburger Kirchengemeinde, auf deren Gelände sich das Lager Sportallee befand, ihre Unterstützung zugesagt. Das spornt natürlich den Initiator an, der es sich zum Ziel gemacht hat, an den ehemaligen Standorten der Nissenhütten Erinnerungstafeln anzubringen. In seiner Arbeit geht er geradezu akribisch vor. Im Augenblick ist Herr Hein mit der Zuordnung der Hausnummern der Nissenhütten in den einzelnen Lagern beschäftigt. Dadurch möchte er erreichen, dass Zeitzeugen aufzeigen können, wo sie gewohnt haben. Dafür arbeitet er an einem Register mit den damals gemeldeten Namen der Bewohner. Gleichzeitig kann er damit auch eine Liste erstellen, aus der hervorgeht, aus welchen deutschen Gebieten die Vertriebenen kamen. Bei einem Standort, dem Nissenhüttenlager Grumbrechtstraße/Stader Straße in Harburg, ist ihm dies bereits zu 40 Prozent gelungen.

Und da sind wir nun wieder erneut gefragt, denn unter den Namen und Herkunftsorten sind auch viele Ostpreußen zu finden, die hier Unterkunft fanden. Aus Königsberg sind die Familiennamen Bludau – auch aus Tapiau und Schaberau – verzeichnet, sowie Kröning, Klein und Blöck, wobei es sich bei Letzteren um eine Großfamilie handelt, denn weitere Lagerinsassen dieses Namens stammen aus Tilsit und Kloschenen. Als eine Großfamilie weisen sich auch Bewohner mit dem Namen Böhl aus, die aus dem Kreis Mohrungen (Pollwitten, Groß Ahrensdorf und Kröken) kamen. Lassen wir es vorerst damit genug sein, denn bei den Ortsnamen stimmt vieles nicht, da muss ich nachprüfen. Worauf ich aber noch eingehen muss, das sind die Meldungen, die Herr Hein aus unserem Leserkreis erhalten hat. Die meisten kamen telefonisch, zu einigen Anrufern hat er schon persönlichen Kontakt aufgenommen. Von den schriftlichen Berichten übersandte mir Herr Hein den Brief eines Lesers aus Leichlingen – und da zeigt sich wieder, welch ein feinmaschiges Netzwerk unsere Ostpreußische Familie ist. Manfred H. schrieb, dass vor der Flucht auf seinem elterlichen Hof in Weidenfließ eine evakuierte Familie K. aus Berlin untergebracht war, mit der seine Eltern nach Krieg und Flucht noch Kontakt gehabt hätten. So hätte die Berlinerin mitgeteilt, dass sie mit ihrem Sohn Edgar in einer Hamburger Nissenhütte wohnte. Später sei dann der Kontakt abgerissen, und Manfred H. konnte Herrn Hein nichts Näheres mitteilen. Dieser aber fand die Adresse des Edgar K. und konnte sie Manfred H. mitteilen. Beide haben sich gefreut, wieder Verbindung miteinander zu haben. Vielleicht regt diese kleine Geschichte auch andere Leser an, sich mit diesem Projekt, das allein auf der Initiative von Gunther Hein beruht, zu befassen. (Gunther Hein, Lärchenweg 2 in 22889 Tangstedt, Telefon 0152/51585858, E-Mail: ifpch@ifpch.com)

Sie kommen immer zu kurz, die kleinen Zuschriften, die manchmal nur eine Erinnerung beinhalten, die beim Lesen unserer Kolumne geweckt wurde. Da die meisten Themen, die wir in letzter Zeit behandelten, eine breite Interpretation verlangen, bleiben die Leichtgewichte auf der Strecke. Ist so, muss aber nicht sein, und deshalb hole ich einige aus dem Krepsch. Zuerst die Karte von Frau Dorothea Blankenagel. Als sie in Nummer 41 den Namen des Lehrers und Volkskundlers Gustav Grannas las, über den Informationen gesucht wurden, sah sie sofort den Freund ihres Großvaters Karl Sonntag vor sich, der seinen pensionierten Kollegen von Zeit zu Zeit in Königsberg-Kalthof besuchte. Dann wurden seine Enkeltochter und ihre Geschwister aus dem Wohnzimmer geschickt, die beiden Pädagogen wollten allein sein.

Wie pädagogisch fortschrittlich unser ostpreußisches Schulwesen bereits im 19. Jahrhundert war, konnte die junge Geschichtsforscherin Margund Hinz, Berlin, auf einem Vortrag im letzten Geschichtsseminar in Bad Pyrmont beweisen. Ihr Referat „Höhere Schulen im Königsberg des 19. Jahrhunderts“ war ihre erste öffentliche Präsentation auf dem Gebiet der Ostpreußenforschung. Der hat sich die kommende Nachwuchswissenschaftlerin ganz im Sinne ihrer Familie verschrieben, denn wie Vater und Bruder gehört sie zu den Ostpreußen, die sich voll und ganz als solche fühlen. Seit Vater Dietmar seiner ehemaligen Nachbarin aus der Königsberger Stägemannstraße helfen konnte, deren lang gesuchte Freundin aus gemeinsamen Königsberger Kindertagen über uns zu finden, ist die Familie mit unserer Ostpreußischen Familie auf das Engste verbunden. Vor allem Tochter Margund, die viel wissenschaftliches Basismaterial über das ostpreußische Schulwesen aus unserem Leserkreis erhalten konnte, so dass sie mit ihren Arbeiten gut vorankommt. Sie steht erst am Anfang ihrer Quellenforschung, doch das im Ostheim gehaltene Referat, das auf ersten für ihre Doktorarbeit erworbenen Kenntnissen beruht, beweist, dass von dieser jungen Forscherin viel zu erwarten ist. Dietmar Hinz übersandte uns ein Bild von der Vortragenden – auch wenn Margund Hinz kaum zu erkennen ist, so beweist es doch, wie jung die ostpreußische Wissenschaftsforschung sein kann!

Eure Ruth Geede


Der Nikolaus in Siebenbürgen blieb unvergessen
Aus Dagmar Dusils Buch »Blick zurück durchs Küchenfenster« – ein Multikulinarium

Heimat kann man schmecken, ihre Rezepte sind immer und überall nachkochbar. Ein Kochbuch, das nicht nur Anleitung und Angaben über die Zutaten enthält, sondern mit kleinen heiteren Geschichten gewürzt ist, kann zu einer kulinarischen Erinnerungsreise in die Heimat werden. Und wenn sich diese durch eine Vielzahl von Spezialitäten auszeichnet, die auf die unterschiedlichsten ethnologischen Einflüsse zurückgehen, entsteht dann solch ein Multikulinarium wie das Buch „Blick zurück durchs Küchenfenster“ von Dagmar Dusil, in dem sich ihre „Erinnerungen und Rezepte aus Siebenbürgen“ als eine berührende Hommage an ihre Heimat Siebenbürgen und deren wunderbare Küche erweisen. Der Rezeptschatz ihrer multikulturellen Familie zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch, das fast 180 unvergessene und bewahrte Rezepte enthält, zu denen die Autorin heitere Texte beisteuert, die immer zu ihrem eigenen Leben Bezug haben. Es ist die Geschichte eines kleinen Mädchens aus der Stadt „hinter den Wäldern“, das sich am Küchenfenster die Nase platt drückt, um etwas von den Geheimnissen zu erspähen, die da beim Backen und Braten vor sich gingen. Und ganz besonders gespannt war die kleine Dagmar vor dem Nikolaustag, der zwar in Rumänien kein offizieller Feiertag war, aber trotzdem in fast jeder Familie gefeiert wurde. Für den Nikolaus bereitete die Mutter sogar ein Spezialgebäck – gewöhnlich war es der „Tag-und-Nacht-Kuchen“ aber an diesem letzten Nikolaustag, an dem der Rotbekittelte in ihr Elternhaus in Hermannstadt höchst persönlich kam, war vieles anders.

„In diesem Jahr hatte meine Mutter Schokoladenwürfel gebacken. Es war dunkel geworden, und es hatte zu schneien begonnen. Dieses betrachtete ich als ein persönliches Geschenk vom Nikolaus, denn ich liebte Schnee über alles. Der Zustand der prickelnden Vorfreude war jäh vorbei, als ein heftiges Klopfen an der Türe zu hören war. Der Nikolaus war da und ließ mich wissen, dass der Krampus – so nannte man bei uns den Knecht Ruprecht – draußen im Schnee auf ihn wartete. Es beruhigte mich einerseits, dass er den Krampus draußen gelassen hatte – andererseits beunruhigte es mich aber, dass er ihn überhaupt mitgebracht hatte. Auch das Wort „Schlitten“ ließ leichte Zweifel aufkommen, da doch erst einige Schneeflocken gefallen waren. Doch darüber wollte ich erst später nachdenken, jetzt hieß es, sich auf den Nikolaus zu konzentrieren. Ich sagte das lange Gedicht vom Knecht Ruprecht auf, und er lobte mich dafür, ermahnte mich dann aber, immer die Nachbarn schön zu grüßen. Ich sagte schnell, dass ich dies doch auch täte, worauf der Nikolaus meinte: ,Hm ja, ich weiß, doch nicht immer! Er guckte sich auch meine drei besonders schön geschriebenen Schulhefte an, die ich auf den Küchentisch gelegt hatte, wie mir schien recht flüchtig, und leerte dann den Sack mit den Geschenken. Mein Vater musste auch Besserung geloben, denn der Nikolaus hatte ihm nur Kartoffeln und Möhren gebracht. Mit meiner Mutter schien der Nikolaus zufrieden zu sein, und sie brachte ihm dann auch die Schüssel mit den lecker aussehenden Schokoladenwürfeln. Der Nikolaus hatte sich inzwischen auf den Küchenstuhl gesetzt und um meine gute Erziehung noch einmal unter Beweis zu stellen, fragte ich ihn, ob er in der warmen Küche nicht den roten Mantel ablegen wolle. Das wollte er aber nicht, dafür probierte er nun die in Puderzucker gehüllten Schokoladenwürfel, von denen er geradezu begeistert war. Er meinte, meine Mutter solle auch ihrer Tante das Rezept geben. Mich wunderte es sehr, dass sich der Nikolaus um solche Dinge kümmerte, doch zugleich war ich nun überzeugt, dass der Nikolaus allwissend war, denn die Tante probierte jedes neue gute Rezept aus. Andererseits wunderte ich mich, dass der Nikolaus den Krampus so lange auf sich warten ließ, wo es doch zu schneien begonnen hatte. Doch das war nicht mein Problem. Der Nikolaus trank dann noch mit meinem Vater einen Kräuterschnaps, ich versprach weiter brav zu sein – und dann war er fort. ,Die Stimme vom Nikolaus klang wie die vom Ossionkel‘, stellte ich fest. ,Ach was‘, sagte meine Mutter und machte eine Handbewegung, die ich nicht deuten konnte. Mein Vater dagegen lachte, goss sich noch einen Schnaps ein und meinte: ,Du kannst recht haben, irgendwie klang er wie Ossionkels Stimme‘. Ich wollte aber nicht weiter darüber nachdenken, auch das mit dem Schlitten und dem Krampus hatte seine Richtigkeit, ich wollte nicht aus meiner Traumwelt herausgerissen werden, noch nicht. Am nächsten Morgen lag eine dicke Schneeschicht auf der Erde. Ich sah den Nikolaus nie wieder.“

Soweit die Erinnerung an einen Nikolaustag in Siebenbürgen der Schriftstellerin Dagmar Dusil als eine kleine Kostprobe aus ihrem Buch „Blick zurück durchs Küchenfenster, Erinnerungen und Rezepte aus Siebenbürgen“. Soeben erschienen als überarbeitete und ergänzende Auflage der Originalausgabe im Johannes Reeg Verlag. 240 Seiten, kart. 14,90 Euro, ISBN 978-3-89798-468-4. R.G.


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 105. GEBURTSTAG

Brandtner, Reinhold, aus Wickenfeld, Kreis Ebenrode, am 30. November

ZUM 102. GEBURTSTAG

Wohlgemuth, Gertrud, geb. Kopp, aus Wehlau, am 1. Dezember

ZUM 100. GEBURTSTAG

Schnabel, Ilse, geb. Nickel, aus Inse, Kreis Elchniederung, am 29. November

ZUM 98. GEBURTSTAG

Jondral, Albert, aus Ebendorf, Kreis Ortelsburg, am 4. Dezember

ZUM 96. GEBURTSTAG

Kaehler, Gerda, geb. Kaehler, aus Gundau, Kreis Wehlau, am 1. Dezember

Oswald, Elli, geb. Jortzik, aus Neuendorf, Kreis Treuburg, am 3. Dezember

ZUM 95. GEBURTSTAG

Gleich, Bruno, aus Rautenburg, Kreis Elchniederung, am 29. November

Guse, Lisbeth, geb. Bromberg, aus Bartkengut, Kreis Neidenburg, am 4. Dezember

Patz, Herbert, aus Langenwalde, Kreis Ortelsburg, am 4. Dezember

Sawatzki, Olga, geb. Hammermeist, aus Sannen, Kreis Ebenrode, am 29. November

ZUM 94. GEBURTSTAG

Brozio, Ilse, geb. Kottowski, aus Keipern, Kreis Lyck, am 5. Dezember

Kanzler, Frieda, geb. Kuschmierz, aus Puppen, Kreis Ortelsburg, am 4. Dezember

ZUM 93. GEBURTSTAG

Bielski, Otto, aus Wallenrode, Kreis Treuburg, am 3. Dezember

Bucys, Marta, aus Ebenrode, am 30. November

Dittrich, Charlotte, geb. Soboll, aus Eichensee, Kreis Lyck, am 3. Dezember

Gantz, Irmgard, geb. Drummer, aus Prostken, Kreis Lyck, am 2. Dezember

Koch, Käte, geb. Schoeneck, aus Lissau, Kreis Lyck, am 2. Dezember

Konopka, Irmgard, geb. Priebe, aus Osterode, am 29. November

Riesner, Theresia, aus Neidenburg, am 1. Dezember

Tietz, Lisbeth, geb. Reinthal, aus Taplacken, Kreis Wehlau, am 2. Dezember

Weidmann, Edith, geb. Ganz, aus Treuburg, am 3. Dezember

ZUM 92. GEBURTSTAG

Behrend, Karl Heinz, aus Ostseebad Cranz, Kreis Samland, am 4. Dezember

Fauken, Hedy, geb. Wengoborski, aus Lyck, Lycker Garten 12, am 2. Dezember

Flach, Gertrud, geb. Hill, aus Seckenburg, Kreis Elchniederung, am 4. Dezember

Klemm, Gerda, geb. Britt, aus Finkenschlucht, Kreis Ebenrode, am 3. Dezember

Olk, Edith, aus Klein Jerutten, Kreis Ortelsburg, am 5. Dezember

Pohl, Hilda, geb. Petz, aus Kobilinnen, Kreis Lyck, am 30. November

Preuß, Brigitte, geb. Piotrowski, aus Allenburg, Kreis Wehlau, am 1. Dezember

Stankewitz, Lieselotte, geb. Royla, aus Kielen, Kreis Lyck, am 29. November

Storch, Irmgard, geb. Wietreck, aus Rhein, am 30. November

Wolf-Olk, Christel, geb. Olk, aus Klein Jerutten, Kreis Ortelsburg, am 5. Dezember

ZUM 91. GEBURTSTAG

Adomeit, Heinz, aus Schalteck, Kreis Elchniederung, am 5. Dezember

Depter, Willi, aus Altheide, Kreis Angerapp, am 26. November

Jogschies, Elli, geb. Jacksteit, aus Wittken, Kreis Elchniederung, am 4. Dezember

Nowotsch, Erich, aus Borschimmen, Kreis Lyck, am 29. November

Peinert, Hedi, aus Augam, Kreis Preußisch Eylau, am 29. November

Petrick, Gertrud, geb. Witt, aus Ebenfelde, Kreis Lyck, am 5. Dezember

Runge, Gerda, geb. Dembski, aus Diebauen, Kreis Treuburg, am 1. Dezember

Schönicke, Käte, geb. Westphal, aus Deschen, Kreis Elchniederung, am 30. November

Spelge, Vera, geb. Lindemann, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 1. Dezember

Weber, Hilde, aus Groß Trakehnen, Kreis Ebenrode, am 2. Dezember

Wedewardt, Gertrud, geb. Neumann, aus Lyck, Danziger Straße 15, am 5. Dezember

ZUM 90. GEBURTSTAG

Auhage, Lieselotte, geb. Ludwig, aus Willenheim, Kreis Lyck, am 29. November

Burba, Luise, geb. Teschke, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 30. November

Holz, Christel, geb. Janz, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 3. Dezember

Klein, Gertrud, geb. Winkler, aus Trenk, Kreis Samland, am 5. Dezember

Rehberg, Christa, geb. Kenneweg, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 29. November

Schulz, Gerda, aus Neumalken, Kreis Lyck, am 29. November

Surkus, Siegfried, aus Kripfelde, Kreis Elchniederung, am 4. Dezember

Topka, Heinz, aus Altkirchen, Kreis Ortelsburg, am 4. Dezember

Wandrei, Else, aus Peyse, Kreis Samland, am 5. Dezember

Wiese, Waltraut, geb. Kühn, aus Reinkental, Kreis Treuburg, am 4. Dezember

Wittkowski, Charlotte, geb. Fey, aus Wehlau, am 4. Dezember

Zink, Hildegard, geb. Mattern, aus Friedrichsdorf, Kreis Wehlau, am 2. Dezember

ZUM 85. GEBURTSTAG

Brack, Irmgard, geb. Pulla, aus Suleiken, Kreis Treuburg, am 5. Dezember

Dultz, Horst, aus Königsberg-Rossgarten, Rippenstraße 30, am 28. November

Elsner, Charlotte, Luise, geb. Kirsch, aus Raging, Kreis Elchniederung, am 30. November

Gellert, Gerda, aus Neidenburg, am 29. November

Gerull, Christel, aus Adlig Linkuhnen, Kreis Elchniederung, am 5. Dezember

Gerull, Gerda, aus Adlig Linkuhnen, Kreis Elchniederung, am 5. Dezember

Haase, Marie, geb. Kurzbach, aus Bladiau, Kreis Heiligenbeil, am 5. Dezember

Heisel, Kurt, aus Merunen, Kreis Treuburg, am 30. November

Hochfeldt, Wolf-Dieter, aus Heideckshof, Kreis Elchniederung, am 30. November

Hofman, Christa, geb. Leibenath, aus Ribben, Kreis Ebenrode, am 3. Dezember

Horn, Dietward, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 29. November

Horst, Christel, geb. Kowalzik, aus Tawellenbruch, Kreis Elchniederung, am 30. November

Krappa, Gerhard, aus Mostolten, Kreis Lyck, am 4. Dezember

Mellack, Eva, geb. Behrend, aus Ostseebad Cranz, Kreis Samland, am 3. Dezember

Müller, Herbert, aus Windkeim/Groß Windkeim, Kreis Heiligenbeil, am 2. Dezember

Nikulla, Erich, aus Wilhelmshof, Kreis Ortelsburg, am 3. Dezember

Nowosadtko, Heinz, aus Reuß, Kreis Treuburg, 1. Dezember

Rappolt, Harry, aus Erlen, Kreis Elchniederung, am 2. Dezember

Retat, Fritz, aus Pregelswalde, Kreis Wehlau, am 30. November

Rieck, Ursula, geb. Pliguett, aus Ebenrode, am 4. Dezember

Roders, Johanna, geb. Kurzbach, aus Bladiau, Kreis Heiligenbeil, am 5. Dezember

Saßnick, Christel, aus Medenau, Kreis Samland, am 2. Dezember

Schäl, Anni, geb. Milaschewski, aus Birkenmühle, Kreis Ebenrode, am 2. Dezember

Schorlepp, Christa, geb. Schorlepp, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 1. Dezember

Schwerin, Edith, geb. Meyer, aus Sentken, Kreis Lyck, am 30. November

Stritzel, Hans-Werner, aus Lyck, am 2. Dezember

Sudnik, Ernst, aus Ostfließ, Kreis Ortelsburg,am 2. Dezember

Thiel, Irmgard, geb. Kischkat, aus Wehlau, am 3. Dezember

Wichmann, Gisela, geb. Kautwill, aus Gronwalde, Kreis Elchniederung, am 30. November

Zaiss, Hildegard, geb. Spirat, aus Neusiedel, Kreis Tilsit-Ragnit, am 29. November

ZUM 80. GEBURTSTAG

Bachor, Erika, geb. Leibenath, aus Ebenrode, am 29. November

Bartschat, Helga, geb. Leibenath, aus Ebenrode, am 29. November

Bredau, Heinz, aus Mühlengarten, Kreis Ebenrode, am 30. November

Burkhardt, Hannelore, geb. Deirowski, aus Treuburg, am 4. Dezember

Eckert, Erna, geb. Sehring, aus Kallen, Kreis Samland, am 2. Dezember

Fröbus, Balthasar, am 2. Dezember

Jerosch, Kurt, aus Ulrichsee, Kreis Ortelsburg, am 29. November

Kleinschmidt, Helmut, am 30. November

Kluge, Hildegard, geb. Ruddies, aus Kringitten, Kreis Samland, am 30. November

Lange, Regina, geb. Artschwager, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 3. Dezember

Leßmann, Ingrid, geb. Lasarzewski, aus Jürgenau, Kreis Lyck, am 29. November

Lubinski, Gisela, geb. Meyer, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 5. Dezember

Neitzel, Gerd, am 2. Dezember

Posorski, Regina, geb. Klauschies, aus Alt Gerlauken, Kreis Wehlau, am 4. Dezember

Riedel, Gertrud, geb. Fortunewitz, aus Maschen, Kreis Lyck, am 3. Dezember

Rogowski, Ruth, geb. Deggner, am 3. Dezember

Siedler, Erika, geb. Liedtke, aus Pobethen, Kreis Samland, am 29. November

Thater, Theodor, aus Neudims, im Kreis Rößel, am 17. November

Thürasch, Edeltraut, geb. Wiesner, aus Groß Friedrichsdorf, Kreis Elchniederung, am 2. Dezember

Wendel, Siegfried, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 3. Dezember

Wichmann, Karl-Heinz, aus Neukuhren, Kreis Samland, am 5. Dezember

Wietasch, Evamaria, geb. Nitsch, aus Giesen, Kreis Treuburg, am 4. Dezember

Wittkowski, Horst, aus Stauchwitz, Kreis Ortelsburg, am 1. Dezember

Zintl, Anneliese, geb. Heise, aus St. Lorenz, Kreis Samland, am 4. Dezember

ZUM 75. GEBURTSTAG

Goretzki, Gertrud, geb. Botzek, aus Jägersdorf, Kreis Neidenburg, am 4. Dezember

Hanisch, Brigitte, geb. Hasenbein, aus Heinrichswalde, 4. Dezember

Lüders, Christel, geb. Sluyter, aus Pillau, Kreis Samland, am 30. November

Reppner, Walter, aus Trammen, Kreis Elchniederung, am 1. Dezember

Salzmann, Herbert, aus Windkeim, Kreis Heiligenbeil, am 5. Dezember

Sander, Marianne, geb. Lorenscheit, aus Herrendorf, Kreis Elchniederung, am 4. Dezember

Schubert, Ingrid, geb. Schoel, aus Aßlacken, Kreis Wehlau, am 1. Dezember

Schwidrowski, Reinhold, aus Eichhorn, Kreis Treuburg, am 4. Dezember

Steiner, Fritz, aus Damerau, Kreis Ebenrode, am 1. Dezember

Winkler, Rosemarie, geb. Albin, aus Treuburg, am 30. November


31 Gemälde
Auf den Spuren des Deutschen Ordens

Auf den Spuren des Deutschen Ordens in Deutschland und Europa“, lautet die derzeitige Gemäldeausstellung, die das Kulturzentrum Ostpreußen im Rahmen des diesjährigen Themenschwerpunktes „Deutscher Orden“ des Tourismusverbandes Fränkisches Seenland im Deutschordensschloss im bayerischen Ellingen vorstellte. Das Kulturzentrum bietet seinen Besuchern die Gelegenheit, historisch bedeutende Stätten des Deutschen Ordens von der berühmten Marienburg an der Nogat bis hin zum barocken Schloss auf der Insel Mainau mittels der 31 Gemälde des Malers Reinhard Bergmann aus Weißenfels kennenzulernen.

Weitergehende Informationen zur Geschichte der einzelnen Ordensniederlassungen wurden in einer neuen 44-seitigen Broschüre publiziert, die Wolfgang Freyberg, der Direktor des Kulturzentrums, jetzt vorstellte. Freyberg: „Mit ihren Erläuterungen zur Geschichte der Bauwerke stellt sie eine ideale Ergänzung zur Kabinettausstellung dar und bietet Anreiz, auf den Spuren des deutschen Ordens zu wandeln.“ Die Broschüre ist im Kulturzentrum zu erwerben oder online unter „www.kulturzentrum-ostpreussen.de“. KE


S. 16-17 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Heidelberg – Sonntag, 7. Dezember 15 Uhr, Hotel Leonardo, Bergheimerstraße 63: Festlicher und besinnlicher Nachmittag mit Beiträgen, Gedichten und Liedern rund um die Adventszeit, Elisabeth Kallien führt durch das Programm. Für musikalische Unterhaltung sorgt Herr J. Springer auf seiner Zither.

Lahr – Donnerstag, 4. Dezember, 18 Uhr, Gasthaus Zarko, Schillerstraße 3: Stammtisch-Treffen. – Sonnabend, 13. Dezember, 15 Uhr, Gasthaus Zarko Schillerstraße 3: Adventskaffee. Kuchen kann mitgebracht werden.

Ludwigsburg – Donnerstag, 18. Dezember, 15 Uhr, Krauthof, Beihinger Straße 27: Vorweihnachtsfeier.

Stuttgart – Dienstag, 9. Dezember, 14.30 Uhr, Großer Saal, Haus der Heimat, Schlossstraße 92, 70176 Stuttgart: Vorweihnachtsfeier der Frauengruppe mit Liedern, Gedichten, Geschichten und dem beliebten Grabbelsack. Gäste sind herzlich eingeladen. – Dienstag, 16. Dezember, 14.30 Uhr, Großer Saal, Haus der Heimat, Schlossstraße 92: Vorweihnachtsfeier mit gemeinsamen Darbietungen weihnachtlicher Poesie und Prosa. Auch das Singen soll nicht zu kurz kommen.

Ulm/Neu Ulm – Sonntag, 14. Dezember, 14 Uhr, Ulmer Stuben: Weihnachtsfeier der Ost- und Westpreußen. Es werden weihnachtliche Gedichte und Texte vorgetragen. Der Chor Alexander Diehl tritt auf. Jeder Gast erhält eine kleine weihnachtliche Leckerei. – Zu Weihnachten werden Königsberger Marzipan und Lebkuchen in kleinen Mengen vorbereitet. Bestellungen nimmt Frau Jahnke entgegen. – Donnerstag, 18. Dezember, 14 Uhr, Ulmer Stuben: Weihnachtsfeier der Frauengruppe.

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Altmühlfranken – Sonntag, 14. Dezember, 15.30 Uhr, Hotel Krone, Gunzenhausen: Weih-

nachtsnachmittag mit Kaffee und Kuchen sowie Gedichten und Geschichten aus dem historischen Nordosten Deutschlands.

Ansbach – Sonnabend, 6. Dezember, 16 Uhr, Orangerie, Promenade 33, 91522 Ansbach: Eine heimatliche Advents- und Weihnachtsfeier.

Bamberg – Mittwoch, 17. Dezember, 15 Uhr, Hotel Wilde Rose: Vorweihnachtliche Feier.

Ingolstadt – Sonntag, 14. Dezember, 13. Uhr, Gasthaus Bonschab, Münchener Straße 8: Adventsfeier.

Kitzingen – Sonnabend, 13. Dezember, Hotel Würzburger Hof: Vorweihnachtliche Feier mit Beiträgen von Mitgliedern und musikalischer Umrahmung durch Landsmann Günter Schmidt.

Landshut – Mittwoch, 3. Dezember, 14.30 Uhr, Rosenhof Ergolding: Abfahrt zum Weih-

nachtsmarkt in Abensberg. – Dienstag, 16. Dezember, 14 Uhr, Insel: Weihnachtsfeier.

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Heilsberg/Rößel – Sonnabend, 29. November, 15 Uhr, Seniorenfreizeitstätte Maria Rimkus Haus, Gallwitzallee 53, 12249 Berlin: Nikolausfeier. Anfragen für Heilsberg bei Benno Boese, Telefon (030) 7215570, für Rößel bei Ernst Michutta, Telefon (05624) 6600.

Angerburg, Darkehmen, Goldap – Donnerstag, 4. Dezember, 14 Uhr, Restaurant „Oase Amera“, Borussiastraße 62, 12102 Berlin: Adventsfeier. Anfragen: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354

Lyck – Sonntag, 7. Dezember, 15 Uhr: Kleiner Ratskeller, Am Rathaus 9, 10825 Berlin: Adventsfeier, Anfragen bitte bei Peter Dziengel, Telefon (030) 8245479.

Tilsit-Ragnit – Sonnabend, 6. Dezember, 15 Uhr: „Ratskeller Charlottenburg“ Otto-Suhr-Allee 102, 10585 Berlin: Treffen. Anfragen: Hermann Trilus Telefon (03303) 40 38 81.

Bartenstein – Sonnabend, 6. Dezember, 13 Uhr, Restaurant „Heidelbeere“, Heidelberger Platz 1, 14197 Berlin: Weihnachtsfeier. Anfragen: Elfriede Fortange, Telefon (030) 4944404.

Pillkallen, Stallupönen – Dienstag, 9. Dezember, 14 Uhr, „Haus des „Älteren Bürgers“ Werbellinstraße 42: Treffen. Anfragen: Helga Rieck, Telefon (039888) 529000.

Frauengruppe – Mittwoch, 10. Dezember, 13.30 Uhr, „Pflegestützpunkt“ Wilhelmstraße 115, 10963 Berlin: Weihnachtsfeier der Frauengruppe. Anfragen bei Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Königsberg, Samland, Labiau – Sonntag, 14. Dezember, 14 Uhr, Johann-Georg-Stuben, Johann-Georg-Straße 10, 10709 Berlin: Gemeinsames Treffen.

Rastenburg – Sonntag, 14. Dezember, 15 Uhr, Restaurant Stammhaus, Rohrdamm 24 B, 13629 Berlin: Weihnachtsfeier. Anfragen: Martina Sontag, Telefon, (033232) 188826.

Gumbinnen, Johannisburg, Lötzen, Sensburg – Dienstag, 16. Dezember, 13 Uhr, Restaurant Dalmata, Albrechtstraße 52, 12167 Berlin: Adventsfeier mit Essen. Anfragen: Gumbinnen – Joseph Lirche Telefon (030) 4032681. Johannisburg und Sensburg: Andreas Maziul Telefon (030) 5429917. Lötzen: Gabriele Reiß, Telefon (030) 75635633

 

BREMEN

Vorsitzender: Helmut Gutzeit, Telefon (0421) 25 09 29, Fax (0421) 25 01 88, Hodenberger Straße 39 b, 28355 Bremen. Stellvertrende Vorsitzende: Marita Jachens-Paul, Ratiborer Straße 48, 27578 Bremerhaven, Telefon (0471) 86176. Landesgeschäftsführer: Jörg Schulz, Am Anjes Moor 4, 27628 Uthlede, Telefon (04296) 74 77 01.

Bremen – Mittwoch, 10. Dezember, 9.30 Uhr, Busbahnhof vor den Cinemaxx: Busfahrt nach Lüneburg mit Besichtigung des Ostpreußischen Landesmuseums. Neben der Gelegenheit zur Besichtigung der Dauerausstellung besteht eine Anmeldung zur Aktion „Museum erleben“ zum Thema „Winter in Ostpreußen“ unter der Leitung von Dr. Hinkelmann. Anschließend ist Zeit zum Mittagessen eventuell im Gasthaus Krone (nicht vorbestellt), oder zum Gang über den Weihnachtsmarkt. Um 15.30 Uhr erfolgt die Rückfahrt. Unterwegs soll erneut das beliebte Hofcafé im „Eggershof“ in Ellingen bei Soltau zur Kaffeetafel besucht werden. Der Preis beträgt 32 Euro für die Fahrt. Anmeldungen werden ab sofort direkt bei JWD-Busreisen (Frau Venderbosch, Telefon 4854633) erbeten. (Mindestteilnehmerzahl: 25 Personen) – Sonnabend,

13. Dezember, 15 Uhr, Atlantic-Hotel beim Bremer Flughafen: Besinnliche West- und Ostpreußische Adventsfeier. Die Andacht hält Helmut Lask, Diakon der Martinsgemeinde Lilienthal. Die Gestaltung der musikalischen Umrahmung erfolgt durch Herrn Urban. Die Kosten der Kaffeetafel betragen wie im Vorjahr 10 Euro pro Person. Eine Anmeldung in der Geschäftsstelle ist unbedingt erforderlich und wird ab sofort erbeten.

Frauengruppe – Jeder 3. Donnerstag im Monat, 15 Uhr im Hotel zur Post, Bahnhofsplatz 11, 28195 Bremen: Treffen der Frauengruppe. Am 18. Dezember zusätzliche weihnachtliche Zusammenkunft.

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Kippingstr. 13, 20144 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Fried-rich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

LANDESGRUPPE

Sonnabend, 6. Dezember, 11 Uhr (Einlass 10 Uhr), Restaurant Lackemann, Litzowstieg 8, 22041 Hamburg (Wandsbek), Parkplatz Quarree, Parkhaus P2: 65 Jahre Landesgruppe Hamburg – Jubiläumsveranstaltung und Vorweihnachtsfeier der Landsmannschaft Ostpreußen. Programm mit dem Ostpreußen-Chor. 12.15 Uhr: Grünkohlmittagessen, 14.30 Uhr: Kaffeepause. Der Veranstaltungsort ist gut zu erreichen mit der U1 und mit Bussen. Von der U-Bahnstation und dem Busbahnhof Wandsbek-Markt sind es wenige Gehminuten. Wenn Sie von der Wandsbeker Marktstraße den Durchgang „Hinterm Stern“ zwischen Quarree und Hotel Tiefenthal durchgegangen sind, sehen Sie bereits das Restaurant Lackemann. Auskunft und Organisation: Siegfried Grawitter, Telefon (040) 205784.

KREISGRUPPEN

Heiligenbeil – Sonnabend, 6. Dezember, 11 Uhr, Restaurant Lackemann, Litzowstieg 8, 22041 Hamburg: Alle Mitglieder und Freunde der Kreisgruppe sind herzlich zur Weihnachtsfeier eingeladen. Anmeldungen bei Konrad Wien, Telefon (040) 53254950.

Insterburg – Die Gruppe trifft sich jeden ersten Mittwoch im Monat (außer im Januar und im Juli) zum gemeinsamen Singen und einem kulturellem Programm um 12 Uhr, Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123–125. Kontakt: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg. Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

SALZBURGER VEREIN

Samstag, 6. Dezember, 13 Uhr, Hotel „St. Raphael“, Adenauerallee 4: Treffen der Landesgruppe „Hamburg, Schleswig-Holstein und Nordniedersachsen“: Auf dem Programm: Gedenklesung für Siegfried Lenz, Ostpreußische und Salzburgische Texte und Lieder zur Vorweihnacht. Außerdem; Bekanntgabe der neuen Termine für 2015. Auch Gäste sind herzlich willkommen.

BEZIRKSGRUPPE

Harburg-Wilhelmsburg – Montag, 8. Dezember, 14.30 Uhr, Gasthaus Waldquelle, Meckelfeld, Höpenstraße 88: Eine vorweihnachtliche Feier nach ostpreußischer Art.

Landsmannschaft Westpreußen – Donnerstag, 4. Dezember,

14.30 Uhr, Restaurant Lackemann, Litzowstieg 8, 22041 Hamburg (U1 bis Wandebek Markt): Adventsfeier.

 

HESSEN

Vorsitzender: Eberhard Traum, Wächtersbacherstraße 33, 63636 Brachtal, Telefon (06053) 708612.

Bergstraße – Sonnabend, 6. Dezember, 14.30 Uhr, Kloster St. Vinzenz, Kalterer Straße 3, 64646 Heppenheim (am Bahnhof): Besinnlicher, vorweihnachtlicher Nachmittag mit Bild, Wort und Musik. Weitere Informationen und Anmeldungen: M. Voß Telefon (06252) 3961

Darmstadt/Dieburg – Sonnabend, 6. Dezember, 15 Uhr, Luise-Büchner-Haus, Darmstadt-Kranichstein: Letztes Treffen im laufenden Jahr. Die vorweihnachtliche Zeit gibt Anlass zum fröhlichen Beisammensein. Christiane Mertz stimmt alle Gäste – wie von ihrer Mutter, die in der Königsberger Marzipanfabrik tätig war – überliefert, mit Marzipankonfekt ein. Dazu werden Gedichte und Geschichten vorgetragen. Jeder, der möchte, kann etwas beitragen. Musikalisch unterstützt wird die Feier vom Schuljahrgangs-Chor 1940 aus Rödermark-Ober-Roden.

Um einen schönen Nachmittag verbringen zu können, wird um rege Teilnahme gebeten. Ein besonderer Gruß gilt den Mitgliedern, die aus Alters- oder Gesundheitsgründen nicht teilnehmen können.

Kassel – Sonntag, 14. Dezember, 15 Uhr: „Mit den Hirten will ich gehen...“ – Advents- und Vorweihnachtsfeier mit Dorothea Deyß und ihrem Sing- und Spielkreis zum dritten Advent.

Wiesbaden – Dienstag, 9. Dezember, 15 Uhr, Wappensaal, Haus der Heimat, Friedrichstraße 35, 65185 Wiesbaden: Weihnachtsfeier der Frauengruppe. Gäste sind herzlich willkommen. – Sonnabend, 13. Dezember, 15 Uhr, Großer Saal, Haus der Heimat, Friedrichstraße 35: Vorweihnachtliche Feier mit Kaffee und Kuchen, Königsberger Marzipan und einem besinnlichen Programm. Dazu gehören Geschichten, Gedichte und die Ansprache von Pfarrer Holger Saal. Für musikalische Unterhaltung sorgen Helmut Domes (Bariton), Gi Yeon Hong-Nellen (Violoncello), Horst Wilhelm (Klavier) und der Frauenchor unter Leitung von Liesl Zekert. Die Veranstalter sind dankbar für Geldspenden zur Kostendeckung der Feier.

 

MECKLENBURG-VORPOMMERN

Vorsitzender: Manfred F. Schukat, Hirtenstraße 7 a, 17389 Anklam, Telefon (03971) 245688.

Anklam – Sonntag, 30. November, 11 Uhr, Mehrzweckhalle „Volkshaus“ (Baustraße / Nähe Markt): Adventsfeier. Eingeladen sind alle Landsleute aus Ost- und Westpreußen, aber auch aus Pommern und anderen Heimatgebieten. Angehörige und Gäste sind ebenfalls herzlich willkommen. Auf dem Programm stehen die Jahreshauptversammlung 2014 mit Jahresrückblick, Kassenbericht und den Vorhaben für 2015 sowie eine Adventsandacht mit feierlichem Jahresgedenken. Vorbereitet sind ein gemeinsames Mittagessen, eine gemütliche Kaffeetafel und ein schönes Angebot an Bärenfang und Heimatbüchern. Ein Ohrenschmaus wird das Advents-Konzert mit dem Posaunenchor Bansin und dem Shanty-Chor Karlshagen sein.

Im Volkshaus ist noch Gelegenheit, Weihnachtspäckchen für Ostpreußen zu spenden. Diese sollen zum zweiten Advent mit der Fähre Kiel-Klaipeda in das Memelland gebracht werden.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Braunschweig-Stadt – Mittwoch, 3. Dezember, 15 Uhr, Treffen im Stadtparkrestaurant (Eingang Sozialverband): Vorweihnachtliches Zusammensein mit Kaffeetafel, Vorträgen (Gedichte und Geschichten), Musik und gemeinsam gesungenen Advents- und Weihnachtsliedern.

Buxtehude – Freitag, 12. Dezember, 15 Uhr, Buxtehude-Hoheluft: Adventliche Feierstunde. Anmeldungen bei Lydia und Erich Wander, Telefon (04161) 87918.

Göttingen – Sonntag, 30. November, 14.30 Uhr, Zentrum für ältere Menschen, Martin-Luther-Straße 16, 37081 Göttingen: Zur Adventsfeier mit Kaffee und Kuchen lädt die Gruppe Ostpreußen alle Mitglieder, Schlesier, Danziger, Pommern und Freunde ein. Die Buslinien 41 und 42 halten in unmittelbarer Nähe (Haltestelle Lichtenwarder Straße). Anmeldungen bis zum 24. November an Werner Erdmann, Holtenser Landstraße 75, 37079 Göttingen.

Hannover – Freitag, 5. Dezember, 12 Uhr, Gaststätte des Ruderklubs, Roesebeckstraße 1: Adventsfeier der hannoverschen Gruppe der Landmannschaft Ostpreußen und der Pommerschen Heimatfreunde. Beginn ist um 12 Uhr mit einem gemeinsamen Mittagessen. Anmeldungen und Menüwahl: Kulikowski, Telefon (05101) 2530 oder Rueß Telefon (0511) 332724.

Im Mittelpunkt des Treffens werden mundartliche Geschichten und Anekdoten aus Ostpreußen und Pommern stehen. Vortragen wird sie der aus Film und Fernsehen bekannte ostpreußische Schauspieler Herbert Tennigkeit. Gegen 15.30 Uhr wird auf Wunsch noch einmal Kaffee und Kuchen angeboten.

Helmstedt – Donnerstag, 11. Dezember, 15 Uhr, Begegnungsstätte, Schützenwall 4: Adventsfeier – Jeder zweite Donnerstag, 15 Uhr, Begegnungsstätte, Schützenwall 4: Allgemeines Treffen.

Oldenburg – Mittwoch, 10. Dezember: Advents-Nachmittag mit einem Basar für Gebäck und Basteleien nebst eigenen Lesungen. Freunde und Bekannte sind herzlich willkommen.

Osnabrück – Sonnabend, 30. November, 15 Uhr, Parkhotel: Adventsfeier. Anmeldungen bis 18. November bei Gertrud Franke, Telefon (0541) 67479 oder bei Else Tober, Telefon (0541) 1393634.

Rinteln - Sonnabend, 6. Dezember, 15 Uhr, Hotel Stadt Kassel, Klosterstraße 42, 31737 Rinteln: Ostpreußen, Westpreußen, Danziger und ihre Nachkommen treffen sich zur gemeinsamen Adventsfeier. Der Eintritt ist frei, Nichtmitglieder und Gäste werden um Anmeldung bei Joachim Rebuschat unter (05751) 5386 oder rebuschat@web.de gebeten.

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Bad Godesberg – Jeder erste Mittwoch im Monat, 15 Uhr, Erkerzimmer der Stadthalle Bad Godesberg: Treffen der Frauengruppe. – Jeder dritte Mittwoch im Monat, 17.30 Uhr, Erkerzimmer der Stadthalle Bad Godesberg: Stammtisch.

Bonn – Sonnabend 13. Dezember, 14.30 Uhr, Namen-Jesu-Kirche, Bonnegasse: Oekumenischer Adventsgottesdienst.

Dortmund – Jeden dritten Montag im Monat (Aktuell: 15. Dezember), 14 bis 17 Uhr, Landgrafenschule, Eingang Märkische Straße: Treffen der Frauengruppe. Gäste sind willkommen.

Detmold – Mittwoch, 10. Dezember, 15 Uhr, Kleiner Festsaal, Stadthalle: Adventsveranstaltung der Kreisgruppe Lippe. Gerhard Mörchel, Pfarrer im Ruhestand wird Gedanken zum Advent vortragen, Christel Schrei, Dietlind Silz und Hans Dieter Schlingmann werden mit weihnachtliche Geschichten und musikalischen Beiträgen unterhalten.

Düsseldorf – Jeden Mittwoch, 18.30 bis 20 Uhr, GHH/Eichendorff-Saal, 1. Etage: Chorprobe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft.

Ennepetal – Sonntag, 14. Dezember, 15 Uhr, Restaurant „Rosine“, Bergstraße 4-6, Ennepetal Voerde: Weihnachtsfeier – Donnerstag, 18. Dezember, 18 Uhr, Heimatstube Kirchstraße 52: Jahresausklang. Anmeldung erforderlich.

Gütersloh – Sonnabend, 6. Dezember, Spexarder Bauernhaus, Lukasstraße 14: Zum achten Mal ist die LO-Gruppe Gütersloh auf dem Spexarder Weihnachtsmarkt vertreten. Bigos, Grützwurst, Schmalzbrote und Bärenfang werden angeboten. Neben einer Spende an die Gütersloher Suppenküche ist der Erlös für die LO bestimmt. Wer einen Topf Bigos, eine Flasche Bärenfang, Honig oder anderes spenden möchte, meldet sich bitte bei Marlene von Oppenkowski, Telefon (05241) 702919 oder Marianne Bartnik, Telefon (05241) 29211. – Sonntag, 7. Dezember, Brauhaus unter den Ulmen, 15 Uhr: Weihnachtsfeier. Kontakt und Info: Renate Thamm, Telefon (05241) 40422.

Leverkusen – Sonnabend, 6. Dezember, 14.30 Uhr, großer Saal, Herz-Jesu-Kirche, Marktplatz 1, 51373 Leverkusen: Traditionelles Weihnachtsfest. Die Kulturgruppen zaubern mit Krippenspiel und verschiedenen Darbietungen eine heimatliche Weihnacht in den Saal. Anmeldungen erforderlich bei: Frau Pelka, Telefon (0214) 95763.

Mülheim an der Ruhr – Dienstag, 9. Dezember, 15 Uhr, Handelshof: Beisammensein bei Liedern, Geschichten und Gedichten zur Weihnachtszeit und zum Jahresende.

Münster – Sonntag, 14. Dezemner, 15 Uhr, Friedenskrug, Zum Erlenbusch 16, 48167 Münster Gremmendorf (zu erreichen mit Buslinie 6 vom Hauptbahnhof Münster aus Richtung Gremmendorf bis Haltestelle Heidestraße): Weihnachtsfeier.

Neuss – Sonntag, 30. November, 15 Uhr, Marienhaus, Kapitelstraße 36: Adventsfeier mit besinnlichen Liedern und Gedichten. Es gibt Kaffee, Kuchen und ostpreußische Spezialitäten.

Viersen-Dülken – Sonnabend, 6. Dezember, 14.30 Uhr, Dülkener Hof, Lange Straße 54: Weih-

nachtsfeier bei Kerzenschein. Für das leibliche Wohl wird gesorgt. Für reichlich Kaffee und Kuchen wird ein Unkostenbetrag von 6 Euro pro Gedeck erbeten. Wie immer sind Gäste gerne gesehen und herzlich willkommen.

Wesel – Die Landsmannschaft Ostpreußen-Westpreußen, Kreisgruppe Wesel, führte ihre 26. Preußische Tafelrunde im Kulturabend in der Heimatstube durch. Der 1. Vorsitzende und Kulturreferent Paul Sobotta konnte im Namen des Vorstandes eine stattliche preußische Zuhörerschaft begrüßen. Vorneweg den stellvertretenden Bürgermeister von Wesel Dr. Peter Heß, den Landesobmann der Westpreußen von NRW Heinz Muhsal mit Gattin, die beheimateten Landsmannschaften wie Pommern mit den Eheleuten H. J. Frank, der Weichsel-Warthe mit den Eheleuten Pautz, Oberstleutnant Michael Helmich aus Hünxe. Ruth Grüner vom Bund der Vertriebenen (BdV) Kamp-Lintfort war mit einer neunköpfigen Gruppe angereist, unter ihnen Herr Wagner mit seinem sehr anregenden Gedicht über das Sprintener Gänseschmalz aus dem Memelland. Das Thema dieses Abends im Referat lautete: Die Bedeutung Ostpreußens in der deutschen Politik und Kulturgeschichte. Es überspannte einen Bogen von 1198 bis 1945, also einem Zeitraum von 747 Jahren. Das Referat begann der Kulturreferent Paul Sobotta mit dem Zitat: „Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge (Ostpreußen) lange Schatten voraus.“

Eine aufmerksame zuhörende Preußenschar verfolgte die bald 800 jährige deutsche Geschichte in Ostpreußen mit seinen weiteren deutschen angrenzenden Provinzen. So eine lange Geschichtsreise machte natürlich hungrig. Die schmackhaft angerichteten Schnittchen, belegt mit geräucherter Gänsebrust, haben allen gut geschmeckt, dazu Tee mit Rum oder Zitrone, auch Brote mit Gänseschmalz fanden ihre Abnehmer. Am Ende war es ein gelungener Kulturabend.

Witten – Montag, 15. Dezember, 15 Uhr, Evangelisch Lutherische Kreuzgemeinde, Lutherstraße

6-10: Weihnachtsfeier im Wandel der Zeit.

Wuppertal – Sonntag, 14. Dezember, 14 Uhr, Rotter Kirche, Rödiger Straße, 42283 Wuppertal (Über den öffentlichen Nahverkehr mit den Linien 604 und 614 zu erreichen. Die Haltestelle heißt Thorner Straße): Adventsfeier mit Kaffee und Kuchen. Es singen die Chorfreunde Wuppertal. Die Tanzgruppe von Ursula Knocks tritt ebenfalls auf. Gäste sind herzlich willkommen.

 

RHEINLAND-PFALZ

Vors.: Dr. Wolfgang Thüne, Wormser Straße 22, 55276 Oppenheim.

Ludwigshafen – Dienstag, 16. Dezember, 12.30 Uhr, Schiller-Stube, Kapellengasse 25., Ludwigshafen-Oggersheim: Treffen zum Weihnachtsessen.

Mainz – Jeden Freitag, 13 Uhr, Café Oase, Schönbornstraße 16, 55116: Gemeinsames Kartenspielen. – Sonnabend, 29. November, 15 Uhr, Mundus Residenz, Große Bleiche 44, 55116 Mainz; Adventsfeier. Um Gaben für die Tombola wird gebeten.

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle, Telefon privat (0345) 2080680.

Gardelegen – Mittwoch, 17. Dezember, 12 Uhr, Waldgaststätte, Lindenthal: Weihnachtsfeier.

Magdeburg – Dienstag, 9. Dezember, 13.30 Uhr, Immermannstraße: Treffen der Stickerchen. – Freitag, 12. Dezember, TuS, Zielitzer Straße: Treffen des Singekreises.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner. Geschäftsstelle: Telefon (0431) 554758, Wilhelminenstr. 47/49, 24103 Kiel.

Burg auf Fehmarn – Dienstag, 9. Dezember, 15 Uhr, Haus am Stadtpark: Ostdeutsche Adventsfeier der Landsmannschaft Ost-, Westpreußen und Danzig. Pastor Bertholt Kark-Carlson wird in vorweihnachtlicher Atmosphäre besinnliche Worte zum bevorstehenden Weihnachtsfest sprechen. Für die musikalische Umrahmung sorgt Kathrin Kark aus Landkirchen mir ihrer Flötengruppe. Eine festlich geschmückte Kaffeetafel, weihnachtliche Geschichten sowie Lieder, begleitet von Brigitte Asbahr und Ina Naujok auf dem Akkordeon, werden außerdem die Mitglieder und Gäste unterhalten.

– Bericht –

Das traditionelle Königsberger- Klopse-Essen bei den Landsmannschaften Ost-, Westpreußen und Danzig im Hotel Wisser war wieder ein voller Erfolg. Zahlreiche Mitglieder und Gäste waren erschienen, um ein paar schöne Stunden mit der Gruppe zu verbringen. Als Gäste begrüßte der Vorsitzende Jochen Gawehns den Landesvorsitzenden und Kulturreferenten der Landsmannschaft Ostpreußen Edmund Ferner, die Ehrenvorsitzende der Gruppe Ilse Meiske, den zweiten stellvertretenden Bürgermeister der Stadt Fehmarn, Werner Ehlers, den Vorsitzenden des Heimat- und Museumsvereins Uwe Erich, den Vorsitzenden der Pommern und Schlesier, Manfred Harländer, sowie weitere Vorsitzende von zahlreichen Verbänden und Vereinen.

Zur musikalischen Unterhaltung spielte Burkhardt Donath auf dem Keyboard, Tina Timm und Gisela Rinnbauer erfreuten die Gäste mit einem lustigen Sketch, ebenso Heinrich Evers aus Neustadt, der in plattdeutscher Mundart mit kleinen lustigen Geschichten für schmunzelnde Unterhaltung sorgte.

Mit dem Fehmarn- und Ostpreußenlied endete dieser stimmungsvolle Abend.

Flensburg – Freitag, 12. Dezember, 15 Uhr, Treffpunkt Mürwik, Kielseng: Gemeinsame Weih-

nachtsfeier in gemütlicher Runde. Anmeldung bitte bei H. und W, Brandes, Telefon (0461) 74816.

Mölln – Sonnabend, 29. November, 14 Uhr, Quellenhof, 23879 Mölln: Zur Adventsfeier gibt es auch in diesem Jahr wieder einen Basar, der schon um 13 Uhr eröffnet wird und zum Einkaufen von kleinen Weihnachtsgeschenken, selbstgebackenen Plätzchen, Büchern und Sonstigem einlädt. Frau Schumacher bietet wieder selbstgebastelte Adventsgestecke an. Propst Erwin Horning wird eine Ansprache halten und auf die Bedeutung des Advents hinweisen. Weiter werden Gedichte und Geschichten zur Jahreszeit von einzelnen Mitgliedern vorgelesen. Die musikalische Umrahmung nimmt in diesem Jahr Musikpädagoge Günther Marschke vor, der die Teilnehmer auch beim gemeinsamen Singen mit seiner Musikorgel kräftig unterstützt. Außerdem tritt in diesem Jahr wieder das Kinderballett aus Mölln unter der Leitung von Frau Schurer auf.

Neumünster – Sonnabend, 6. Dezember, 15 Uhr, Restauration „Johann und Amalia“ in der Stadthalle am Kleinflecken: Besinnliche Vorweihnachtsfeier. Anmeldungen bitte bis zum 29. November unter Telefon (04321) 82314.

– Bericht –

Die Landsmannschaft der Ost- und Westpreußen traf sich am 12. November zum gemeinsamen Mittagessen im „Restaurant am Kantplatz“. Zum leckeren Essen fanden sich viele Mitglieder und Gäste aus Wankendorf, Kiel, Rendsburg und Großenaspe ein. Für den gemütlichen Teil des Nachmittags sorgten mit lustigen Vorträgen Brigitte Profé, Hildegard Henning und Gerd Höpfner. Auch der Gast aus Kiel, Fritjof Berg, trug Schmunzelstückchen vor. Rege Unterhaltung fand an allen Tischen statt.

Pinneberg – Sonntag, 14. Dezember, 15 Uhr: Adventsfeier. Anmeldungen bis vier Tage vorher erwünscht unter Telefon (04101) 62667 oder (04101) 73473.

Schönwalde am Bungsberg – Sonnabend, 29. November, 15 Uhr, Gemeindesaal der Kirche: Eine ostdeutsche Adventsfeier. Mit dabei ist der Singkreis Ostholstein und der Posaunenchor der evangelisch-lutherischen Kirche Schönwalde. Der Kostenbeitrag für Kaffee und Kuchen beträgt zehn Euro. Um Anmeldung wird gebeten unter Telefon (04528) 495 oder Telefon (04528) 9901.

 

THÜRINGEN

Vors.: Edeltraut Dietel, August-Bebel-Straße 8 b, 07980 Berga an der Elster, Tel. (036623) 25265.

Eisenach – Dienstag, 9. Dezember, 14 Uhr, Rot-Kreuz-Weg 1, 99817 Eisenach: Ein Heimatnachmittag der landmannschaftlichen Gruppe Ost- und Westpreußen.

Meiningen – Freitag, 5. Dezember, 14 Uhr, „Wolkenlos“: Adventsfeier.

Saalfeld – Sonnabend, 13. Dezember, 19 Uhr, Meininger Hof: Gala-Konzert der Akkordeon-Bigband-Saalfeld.


S. 18 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

HEILIGENBEIL

Kreisvertreterin: Elke Ruhnke, Im Bökel 76, 42369 Wuppertal, Tel.: (0202) 46 16 13. E-Mail: ruhnke@kreis-gemeinschaft-heiligenbeil.de. Stellvertreter: Christian Perbandt, Im Stegfeld 1, 31275 Lehrte, Tel.: (05132) 57052.

E-Mail: perbandt@kreisge­meinschaft-heiligenbeil.de. 2. stellvertretender Kreisvertreter: Bernd Schmidt, Heideweg 24, 25578 Dägeling, Telefon (04821) 8 42 24. E-Mail: Schmidt.ploessen@gmx.de. 2. Schriftleiterin: Brunhilde Schulz, Zum Rothenstein 22, 58540 Meinerzhagen, Tel.: (02354) 4408, E-Mail: brschulz@dokom.net. Internet: www. kreisgemeinschaft-heiligenbeil.de

Freitag, 20. März bis Sonntag, 22. März, Pension Quellenhof, An der Schwefelquelle 18, 38707 Altenau: Unser liebgewonnenes Sondertreffen Zinten-Land wird wieder im Harz in der gemütlichen Pension Quellenhof stattfinden. Eingeladen sind alle Landsleute mit Ihren Ehe- beziehungsweise Lebenspartnern aus unserem Kirchspiel Zinten-Land. Auch die jüngeren Jahrgänge, die die geliebte Heimat selbst nicht mehr erlebt haben, sind herzlich willkommen. Sollten Sie Bedenken haben niemanden zu kennen, so vergessen Sie bitte nicht, dass uns unsere ostpreußische Heimat verbindet. So können wir in gemütlich froher Runde viel Gemeinsames austauschen, und immer wieder gibt es Neues über Ostpreußen zu berichten. In diesem Jahr waren wieder etliche Teilnehmer in unser Heimat. Beiträge zur Gestaltung unseres Programms wie Geschichten, Gedichte, Spiele oder Filme sind gerne gesehen. Die Pension Quellenhof bittet um direkte Anmeldung bis zum 15. Januar 2015 unter „Gruppe Lenz Bitte auch Irmgard Lenz über die Anmeldung kurz informieren; Telefon (07542) 4649 oder per E-Mail:

lengard36@t-online.de.

Der Preis für die zwei Tage mit Halbpension und Kurtaxe beträgt 80 Euro pro Person. Reiserück-

trittversicherung und Trinkgeld sind im Preis nicht enthalten.

Bei Anreise per Bahn ist Goslar der Zielbahnhof. Gerne werden Sie auch von der Pension gegen einen kleinen Betrag abgeholt.

 

INSTERBURG −Stadt und Land

Vorsitzender Stadt & Land: Reiner Buslaps, Am Berg 4, 35510 Butzbach-Kirch-Göns, Tel.: (06033) 66228, Fax (03222) 3721953, E-Mail: R.Buslaps@t-online.de. Kreisgemeinschaft Insterburg Stadt & Land e. V., Geschäftsstelle, Am Marktplatz 10, 47829 Krefeld, Postfach 111 208, 47813 Krefeld, Tel.: (02151) 48991, Fax (02151) 491141, E-Mail: info@insterburger.de, Internet: www.insterburger.de, Bürozeiten: Montag – Freitag von 8 bis 12 Uhr.

Sonntag, 14. Dezember, 11 Uhr, Bürgerhaus Wixhausen, Bürgermeister-Pohl-Haus, 64291 Darmstadt: Zur jährlichen vorweihnachtlichen Zusammenkunft lädt die Heimatgruppe Darmstadt der Kreisgemeinschaft Insterburg Stadt und Land ein. Im Appensee 26, Parkplätze sind vorhanden.

 

PREUSSISCH EYLAU

Kreisvertreter: Rüdiger Herzberg, Brandenburger Straße 11 a, 37412 Herzberg, Tel. (05521) 998792, Fax (05521) 999611, E-Mail: r.b.herzberg@t-online.de; Kartei, Buchversand und Preußisch-Eylauer-Heimatmuseum im Kreishaus Verden (Aller): Manfred Klein, Breslauer Str. 101, 25421 Pinneberg, Tel. (04101) 200989, Fax (04101) 511938, E-Mail:

manfred.klein.rositten@malle-tech.de.

Am dritten Wochenende im September fand das alljährliche Kreistreffen in unserer Partnerstadt Verden statt. Außerturnusgemäß musste ein neuer Vorstand gewählt werden, da der bisherige Vorstand aus gesundheitlichen und persönlichen Gründen zurückgetreten war.

So wurde in der Delegiertenversammlung neu gewählt:

Evelyn von Borries zur Vorsitzenden der Kreisgemeinschaft, Gerd Birth als stellvertretender Vorsitzender, Dr. Christine Bilke-Krause zur Schriftführerin.

Die Position des Schatzmeisters ist erst zum Jahresbeginn 2015 neu zu besetzen, da die bisherige langjährige Schatzmeisterin Ursel Andres das laufende Jahr 2014 buchstechnisch noch abschließen wird.

Das Kreistreffen selbst war gut besucht und verlief harmonisch. Neben Vertretern aus Stadt und Landkreis Verden haben auch die Delegationen unserer polnischen und russischen Partner teilgenommen. Der bisherige Vorsitzende der Kreisgemeinschaft Preussisch Eylau, Rüdiger Herzberg, wurde anlässlich seines Rücktritts sowohl von der Delegiertenversammlung als auch von unseren Partnern verabschiedet.

 

TILSIT-RAGNIT

Kreisvertreter: Dieter Neukamm, Am Rosenbaum 48, 51570 Windeck, Telefon (02243) 2999, Fax (02243) 844199. Geschäftsstelle: Eva Lüders, Telefon/Fax (04342) 5335, Kührenerstraße 1 b, 24211 Preetz, E-Mail: Eva.lueders

@arcor.de.

Wir müssen von einem lieben Heimatfreund Abschied nehmen: Manfred Malien verstarb am 12. November.

Manfred Malien wurde am 6. August 1927 als Sohn des Lehrers Max Malien und seiner Ehefrau Käte, geborene Gawehn, in Mantwieden, Kreis Heydekrug (Memelland) geboren.

Nach der Versetzung seines Vaters zu der einklassigen Schule in Plauschwarren, Kreis Pogegen – ab 1939 Kreis Tilsit-Ragnit – wurde er hier eingeschult und wechselte 1938 zur Mittelschule in Pogegen und 1939 zum Aufbauzug in Kuckerneese/Kaukehmen, um den Übergang vom litauischen auf das deutsche Schulsystem zu finden. Von 1941 bis 1944 besuchte er die Oberschule für Jungen in Tilsit und war 1943/44 mit der Klasse 6b als Flakhelfer in Königsberg eingesetzt, wo er die beiden schweren Luftangriffe miterlebte. Danach wurde er zum

Wehrertüchtigungslager der Marine nach Heisternest/Hela und anschließend zum Reichsarbeitsdienst bei Liebenfelde, Kreis Labiau, einberufen. Am 1. Januar 1945 kam er zur Kriegsmarine und wurde im August 1945 in Kiel entlassen. Der Wunsch, das Abitur fortzusetzen, scheiterte aus finanziellen Gründen.

Er übte verschiedene Tätigkeiten aus und übernahm 1951 eine Leihbuch- und Zeitschriftenhandlung in Kiel. 1970 gab er das Geschäft auf und begann eine Umschulung für die Kommunalverwaltung mit der Abschlussprüfung an der Verwaltungsschule Bordesholm. Danach war er seit 1972 in der Gemeindeverwaltung Raisdorf bei Kiel tätig, 1992 trat er in den Ruhestand.

Seit August 1961 war er mit Annemarie, geborene Steiner, aus dem Kreis Labiau verheiratet. Zwei Töchter und ein Sohn trauern nun um ihren Vater.

Manfred Malien gründete die Marinekameradschaft Raisdorf und war von 1981 bis 1996 deren Vorsitzender. In dieser Eigenschaft hat er 15 Jahre lang ein Mitteilungsblatt herausgegeben und dabei Freude an der Pressearbeit gefunden. So bewarb er sich als ehrenamtlicher Schriftleiter für den Heimatbrief „Land an der Memel“ und übernahm am 1. September 1996 diese Aufgabe. Unermüdlich schrieb er und gab jährlich das Memeljahrbuch „Rund um die Memel und das Kurische Haff“ heraus. „Memel Echo“ – ein Mitteilungsblatt des Kreises Memelland Litauen/Raisdorf wurde von Manfred Malien geschrieben und verschickt. Vielfach fanden seine Leistungen auch in der Landmannschaft Ostpreußen Anerkennung und so wurde er am 1. September 2001 mit dem Ehrenzeichen in Silber geehrt.

Am 17. Dezember 2008 wurde der Schriftleiter unseres Heimatbriefes „Land an der Memel“, Manfred Malien, durch den Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein für den jahrzehntelangen Einsatz im sozialen Bereich geehrt und mit der Ehrennadel des Landes im Lübecker Rathaus ausgezeichnet. Auch in der Heimatstube in Preetz war er unersetzlich. Viele Hilfsgüter wurden von ihm und seiner Frau Annemarie mit der Fähre von Kiel in das jetzige Litauen transportiert.

Wir feierten seinen 80. Geburtstag und dazu dichtete ich: „Nun sind Sie 80 Sie haben ein zartes Alter erreicht, sind immer fleißig, es war nicht immer leicht. Der Krieg hat Ihnen die Heimat genommen, Sie haben Annemarie geheiratet und Kinder bekommen. In der Heimatstube und in der Redaktion „Land an der Memel“ sind Sie fast zu Haus.

So manche Ostpreußen gehen hier ein und aus. Sie sind höflich und sehr bescheiden, darum können wir Sie in der Kreisgemeinschaft sehr gut leiden. Gesundheit und Freude im neuen Jahr, das wünscht Ihnen die ganze Ostpreußen-Schar!“

Wir sind alle sehr traurig und wünschen der Familie Trost in dieser schweren Zeit.


Neu in Warendorf
Westpreußisches Landesmuseum zieht um

Nach dem Umzug aus Münster öffnet das Westpreußische Landesmuseum (WLM) bald am neuen Standort Warendorf seine Tore: Im ehemaligen Franziskanerkloster am Rande des historischen Kerns der westfälischen Kreisstadt lädt das Museum künftig Besucher zu spannenden „Begegnungen mit einer deutsch-polnischen Kulturregion“ ein – so das neue Motto des WLM.

Das Landesmuseum wurde 1975 im historischen Drostenhof im Stadtteil Wolbeck der westfälischen Stadt Münster eröffnet. Es versteht sich als zentrale Einrichtung für die Sammlung, Bewahrung und Präsentation westpreußischen Kulturguts. In seinen Ausstellungen soll die historische Kulturregion dargestellt werden. Mit polnischen Einrichtungen besteht eine partnerschaftliche Zusammenarbeit.

In Warendorf, im Kreuzgang und im Obergeschoss des Klostergebäudes aus dem 17. Jahrhundert ist nun in den vergangegenen Monaten eine völlig neue Dauerausstellung entstanden. Sie trägt der Tatsache Rechnung, dass die vielfältige Geschichte der Region um Danzig am Unterlauf der Weichsel heute zunehmend aus dem Bewusstsein der Bundesbürger verschwindet. Deshalb wird im WLM nicht die Geschichte dieser Region erzählt, sondern auch versucht, ein Stück ihrer früheren Bedeutung zu rekonstruieren. Wofür stand diese Gegend einmal? Was hat man mit ihr verbunden? Wer waren die Akteure – darunter Deutsche, Polen, Kaschuben und Niederländer –, die zu ihrer Entwicklung beigetragen haben? Davon berichtet die Ausstellung mit einer Vielfalt an Exponaten, darunter besondere Stücke, wie die aus dem 17. Jahrhundert stammende Tapisserie des Eggert von Kempen oder eine Reihe von Gemälden, des aus Marienburg in Westpreußen stammenden Expressionisten Bruno Krauskopf. Verschiedene Medienstationen und eine zuweilen überraschende Ausstellungsarchitektur runden den Museumsbesuch ab.

So wird auch das Kulturangebot der Stadt Warendorf, die das Museum ebenfalls fördert, mit dem neuen Haus bereichert. In Zukunft sollen mit verschiedenen Partnerinstitutionen innerhalb der Stadt gemeinsame Programme entwickelt werden, damit sich das WLM am neuen Standort möglichst schnell als fester Bestandteil des Kulturlebens integriert. Die reizvolle Altstadt Warendorfs mit ihren Cafés, Restaurants und vielen weiteren Möglichkeiten für einen angenehmen Aufenthalt bildet ihrerseits eine ideale Umgebung für das WLM.

Ab dem 9. Dezember wird das Museum für die Öffentlichkeit zugänglich sein – der Zeitpunkt der Eröffnungsfeier wird noch bekanntgegeben. Trägerin des WLM ist die Kulturstiftung Westpreußen. Gefördert wird das Haus unter anderem von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Weitere Informationen: WLM, Franziskanerkloster, Klosterstraße 21, 48231 Warendorf, Telefon (02581) 727770, Internet www.westpreussisches-landesmuseum.de, E-Mail: info@westpreussisches -landesmuseum.de


S. 19 Heimatarbeit

Feiern im Ostheim
Weihnachtsfreizeit mit reichem Programm

In diesem Jahr bietet das Ostheim zum letzten Mal eine Weihnachtsfreizeit für Senioren an.

Die Programmangebote reichen vom morgendlichen Singen, der Gymnastik oder Dia-Meditationen nach dem Frühstück, über kleine Spaziergänge, einem ostpreußischen Filmabend, Basteln oder Lesungen, bis hin zur „Hausweihnacht“ am Heiligen Abend und dem gemeinsam begangenen Jahreswechsel. Angefangen von der echt ostpreußischen Küche und dem Festessen zu den Feiertagen findet wohl jeder Gast etwas Passendes und wenn es auch nur das Plachandern mit Landsleuten aus der Heimat ist.

In der Hufeland-Therme können Sie die Meersalzgrotte genießen, in verschiedenen Saunen schwitzen oder das Wasser in unterschiedlichen Formen auf den Körper wirken lassen. Der bekannte Kurort Bad Pyrmont selbst lädt mit seinen Sehenswürdigkeiten zum Bummeln und Genießen ein.

Für die 14-tägige Weihnachtsfreizeit stehen noch Einzelzimmer zum Preis von 690 Euro und Doppelzimmer für 600 Euro pro Person zur Verfügung. Die Inklusivpreise beinhalten Vollpension mit allen Festmenüs, Hausweihnacht und Silvesterfeier sowie Gästebetreuung. Die Kurtaxe wird vom Staatsbad Bad Pyrmont separat erhoben. Anfragen und Anmeldungen, bitte nur schriftlich, an: Ostheim – Jugendbildungs- und Tagungsstätte, Parkstraße 14, 31812 Bad Pyrmont, Telefon (05281) 93610, Fax: (05281) 936111, E-Mail: info@ostheim-pyrmont.deAnmeldeschluss ist der 5. Dezember.


Durchbruch zur Freiheit
Ein schlesischer Maler und seine Interpretation des Mauerfalls – ein Meisterwerk

Im Haus Schlesien im nordrhein-westfälischen Königswinter zeigt der gebürtige Neisser Künstler Heinrich J. Jarczyk, Mitglied des National Arts Club in New York und promovierter Biologe, seine persönliche Interpretation des Berliner Mauerfalls.

Die Eröffnung der Sonderausstellung „Durchbruch zur Freiheit – 25. Jahrestag der Maueröffnung“ fand im Haus Schlesien im Beisein des 1925 im schlesischen Neisse geborenen und heute in Köln lebenden Malers Heinrich J. Jarczyk statt. Die Bonner Abiturientin Lara Fleischer übernahm die musikalische Umrahmung der Veranstaltung und brachte am Violoncello Werke von Johann Sebastian Bach zu Gehör. So mancher Vernissagegast war schon etwas überrascht, als er feststellte, dass die Mauerfall-Bilder in die aktuelle Sonderschau zum Kreisauer Kreis integriert wurden. Nicola Remig, Leiterin des Dokumentations- und Informationszentrums im Haus Schlesien, erklärte, dass man den Standort bewusst gewählt habe: „Das Gemälde und die Skizzen befinden sich unter der für die Schlesier bedeutsamen Skulptur der Heiligen Hedwig.

Die Schutzpatronin der Schlesier beging am 12. November ihr 25-jähriges Jubiläum: Das Original der Heiligenfigur aus der Breslauer Sandkirche war bei der sogenannten Versöhnungsmesse im niederschlesischen Kreisau zu sehen.“

Man hatte damals diese Heiligenfigur als Versöhnerin zwischen Polen und Deutschen auserwählt. Anhand von Fotografien von der Messe – die Erzbischof Nossol zelebrierte und bei der es zu der Umarmung von Bundeskanzler Helmut Kohl und dem polnischen Staatspräsidenten Masowiecki kam – wird der Beginn besserer und engerer Beziehungen zwischen den beiden Ländern dokumentiert.

Das großformatige Gemälde von Heinrich J. Jarczyk trägt den Titel „Berlin: 9. November 1989“. Gleich nach der Maueröffnung war Jarczyk in Berlin vor Ort und durfte die faszinierende Atmosphäre miterleben. Er erinnert sich daran, dass „Wahnsinn“ das Wort war, das damals in aller Munde lag. Die Eindrücke und Erlebnisse waren so tief, dass es für den Künstler feststand, diese in einem Bild einfangen zu wollen. So kam es dazu, dass aus der bewegten und bewegenden Auseinandersetzung mit den historischen Ereignissen, die zur Teilung Deutschlands, dem Bau der Mauer und ihrer Öffnung geführt haben, ein beeindruckendes Gemälde entstand, in dem nicht nur fast 50 Jahre deutscher Geschichte zusammengefasst sind, sondern in dem der Künstler auch seine persönlichen Empfindungen wiedergegeben hat.

Am Brandenburger Tor begann Heinrich Jarczyk Skizzen anzufertigen. Diese sind übrigens zusammen mit dem Ölgemälde in der Ausstellung im Haus Schlesien zu sehen. Eine Radierung vom Grenzübergang „Bornholmerstraße“, die Jarczyk noch zu Zeiten der DDR, im November 1987, nach einem Besuch in Berlin schuf, ist auch dabei. Die Grundidee, die dem Ölgemälde zugrunde liegt, ist – so der Künstler Jarczyk bei der Vernissage – eine S-Kurve, die für „Sozialismus“ steht. Wer einen flüchtigen Blick auf das Bild wirft, erkennt sofort das in hellen Farben gehaltene Brandenburger Tor im Moment der Maueröffnung und davor zudem einige Personen. Doch wer genauer hinsieht, stellt fest, dass auf dem 80 mal 100 Zentimeter großen Ölbild zahlreiche weitere Details zu entdecken sind. Die Malerei zeigt nicht nur die Öffnung der Mauer. Vielmehr wird in einer pointierten Art auch schlaglichtartig der Verlauf der Geschichte, der zur Errichtung dieser Mauer geführt hat, beleuchtet.

Es geht um die Diktatur des Nationalsozialismus mit all seinen Grausamkeiten, die durch Konzentrationslager und verheerende Zerstörungen durch den Zweiten Weltkrieg veranschaulicht werden. Im Hintergrund ist die verlorene schlesische Heimat des Künstlers zu erahnen. Diese Sequenzen sind farblich durch grau-militärische und braun-rote dunkle Töne geprägt.

In der Mitte des Bildes ist ein menschliches Gehirn zu entdecken, das laut Aussagen des Künstlers einerseits von historischen Ereignissen geprägt ist und andererseits in die ungewisse Zukunft hineinragt. Bei der Vernissage im Haus Schlesien in Königswinter stellte sich die Frage, ob der Künstler beabsichtigt, eine Fortsetzung zu schaffen und die hellen Bereiche seines Gemäldes mit neuen Motiven zu ergänzen. Doch der Maler bleibt bei seiner Interpretation, der er keine weiteren Elemente beifügen möchte.

Dieter Göllner


S. 20 Heimatarbeit

Die gebührende Anerkennung
Das Bildarchiv Ostpreußen leistet wichtige Erinnerungsarbeit. Ein neuer Förderverein wird es unterstützen

Es ist ein großes und aufregendes Projekt. Das Bildarchiv Ostpreußen im niedersächsischen Bahrdorf nimmt sich aller historischen Abbildungen und Dokumente Ostpreußens an. Es will sie vor dem Vergessen bewahren und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. Mit mehr als 60000 Exponaten ist die Einrichtung schon jetzt das größte Bildarchiv Ostpreußens. Nun hat sich ein Förderverein zur Unterstützung zusammengefunden. Die Preußische Allgemeine Zeitung sprach mit seinem Vorsitzenden, dem 66-jährigen pensionierten Chirurgen Rüdiger Döhler.

PAZ: Professor Döhler, derzeit ist Ihr Förderverein noch im amtlichen Anerkennungsverfahren beim Vereinsgericht Hamburg. Welche Ziele haben Sie und Ihre acht Mitstreiter sich gesetzt, wenn es endgültig losgeht?

Rüdiger Döhler: Vor allem wollen wir das Bildarchiv finanziell unterstützen. Die zwölf ehrenamtlichen Mitarbeiter brauchen mehr als ideelle Anerkennung. Archivierung, Digitalisierung und Retusche sind sehr aufwändig. Da fehlt Geld. Außerdem möchten wir das gut funktionierende Bildarchiv bekannter machen und zum Beispiel Verbindungen zu Universitäten ausbauen. Nach meiner Einschätzung findet das Bildarchiv nicht die gebührende Anerkennung.

PAZ: Bis 2018 sollen 100000 Bilder, Dokumente und Karten archiviert und zugänglich gemacht sein. Wie geht es weiter?

Döhler: Danach steht die Auswertung der Werke und Nachlässe ostpreußischer Schriftsteller an. Das literarische Erbe der Provinz im „fernen Osten“ ist ja nicht klein. Gleiches gilt übrigens für die Musik. Königsberg war eine Musikstadt erster Ordnung, auch wenn das heute kaum jemand weiß. Auch hier ist es an der Zeit, sich systematisch um die Nachlässe und Quellen zu kümmern.

PAZ: Viele Freunde Ostpreußens werden sich über Ihren Einsatz freuen. Was treibt Sie als gebürtigen Sachsen dazu, sich für die Geschichte des Landes zwischen Memel und Weichsel zu engagieren?

Döhler: Die Geschichte Ostpreußens in seinen 500 Jahre alten Grenzen fasziniert mich seit langem. Mich wundert, wie sehr diese große Vergangenheit verdrängt und beschwiegen wird; denn Ostpreußen war der Kern Preußens und Preußen war die Führungsmacht Deutschlands. Mich ärgert, wie man mit dem Thema Vertreibung umgeht. In Polen ist man da viel entspannter. Am Krieg haben die Ostpreußen nicht mehr Schuld als die übrigen Deutschen, aber sie haben alles verloren. Noch heute werden die Nachfahren und Fürsprecher in die rechte Schmuddelecke gestellt. Schön ist das nicht. Als Nachkriegssachse kann ich mir solches Mitleid erlauben. So wie es aussieht, wird der Förderverein beträchtliche Unterstützung bei polnischen und russischen Einrichtungen finden. Das wäre wunderbar.

PAZ: Ihre erste Begegnung mit Ostpreußen?

Döhler: Seit dem Studium in Kiel bin ich im Corps Masovia aktiv. Diese Studentenverbindung wurde 1830 an der Albertus-Universität gegründet und war bis 1935 das Landescorps Masurens. Bei Masovia habe ich viele Ostpreußen und Masuren kennengelernt, prächtige Männer, die man nicht vergisst. Ihre Geradheit und Verlässlichkeit, ihren Gleichmut und Humor vermisse ich sehr.


Heemske und Heuhoppser

„2300 Wörter und Redensarten, damit nicht ganz vergessen wird, wie man in Ostpreußen schabbern konnte“, heißt das Büchlein, dass der pensionierte Pfarrer Felix Arndt – heute Oldenburg, früher Gumbinnen – in fleißiger Kleinarbeit zusammengestellt hat. Die PAZ bringt in loser Folge Auszüge. An dieser Stelle geht es wieter mit Teil 26:

H

Haschenbrot = mitgenommenes, gestrichenes Brot

Hässen = Füße

hauen = Gras mähen

Hechel = Nagelbrett zum reinigen von Flachs

Heemske = Ameise oder zärtliche Anrede für ein Kind

Heideldeidel = Plunder, Kleinzeug

Heringsbändiger = Lebens-

mittelkaufmann

Herrje, herrjechen = Überraschungsruf (von »Herr Jesus«)

Herrjemine = mitleidige Überraschung (von »Herr Jesu Domine«)

herumbaldowern = sich herumtreiben

herumbiestern = herumirren

herumkampieren = nachts sehr unruhig schlafen

herumkarriolen = viel unterwegs sein

herumpirzeln = unruhig herumgehen

Heuhoppser = Heuschrecke

Heukäps = Heuhaufen

Heuochse = Schimpfwort

Hitscherchen (Hietschke) = Fohlen

Himmelfärde = Libelle

Holzkorken = Holzschuhe

Holzschlorrengymnasium = Dorfschule

Hoppala = Zuruf beim Stolpern

hopps gehen = verloren gehen

Hotz = Bett

Hucke = Bett

Husch = Moment (zu Besuch »auf einen Husch«)

Hutzel = in Fett gebackenes

Hutzelprofet = Bäcker

Hanefatzke domino = Spottwort für enen eingebildeten Mann


S. 21 reise

In der Hitzefalle
Namibias Fischfluss-Canyon ist ein lohnendes Wanderabenteuer − Spuren deutscher Kolonisten nicht zu übersehen

Namibia erlebt in dieser Zeit eine heiße Phase. Es finden an diesem Wochenende nicht nur die Präsidentschaftswahlen statt (siehe PAZ Nr. 47), dort ist jetzt auch Hochsommer. So langsam dörrt der Fischfluss- (Fish River) Can­yon aus, der zu anderen Jahreszeiten ein beliebtes Touristenziel ist.

Der Abstieg in eine Welt aus einer anderen Zeit beginnt. In 550 Meter Tiefe liegt rötlich-braun ein gewaltiges Erosionstal. Träge windet sich ein Rinnsal zwischen den Klüften dieser Mondlandschaft. 160 Kilometer lang ist der Fischfluss-Canyon, das größte Landschaftswunder im kargen Süden Namibias. Nur der amerikanische Grand Canyon ist länger. 85 Kilometer unter der unbarmherzigen südwestafrikanischen Sonne liegen vor uns. Eine Teststrecke für Zivilisationsmüde. Zehn Wanderer wollen die Unwirtlichkeit bezwingen.

Unserer Gruppe droht Wassermangel. „Das Wasser im Fischfluss hat den niedrigsten Stand seit mehr als zehn Jahren erreicht“, schreibt die Verwaltung des Naturreservats in ihrem Wasserbericht. Notausstiegspfade, gibt es nur zwei: bei Kilometer 15 und Kilometer 68. Dazwischen könnten nur Rettungshubschrauber aus der Schlucht heraushelfen − sofern es Mobilfunkempfang gäbe.

Gleich geht es steil bergab. Geröll liegt auf dem Zickzack-Pfad, an gefährlichen Stellen schützt eine Kette vor dem Sturz in die Tiefe. An die 15 Kilo schleppt jeder im Rucksack: Proviant für vier Tage, Schlafsack und Isomatte, Kleidung, Kamera, Camping-Kocher. Fast zwei Stunden dauert der Abstieg, die Dämmerung naht. Bei Einbruch der Dunkelheit erreichen wir die Talsohle. Der Fluss ist eher ein schmaler Teich. Im Ufersand rollt jeder seinen Schlafsack aus, niemand schleppt ein Zelt mit herum. Instant-Suppen und Fertignahrung aus Armeebeständen köcheln vor sich hin. Der Sternenhimmel: wie im Planetarium.

Morgens um sechs ist es hell, um sieben ist Abmarsch. Erst geht es durch tiefen Sand. Schon bald kommen Geröllfelder, der Fischfluss existiert nur noch ab­schnittsweise. Die zahllosen Findlinge sind ein einziger Hüpfparcours. Schon um zehn steht die Sonne fast senkrecht über der Schlucht, es geht auf 30 Grad zu, Schatten kennt der Mittag nicht.

Die erste Tagesetappe, obwohl nur 17 Kilometer lang, ist die schwerste. Kein Windhauch. Die Geröllmassen sind sonnendurchglüht. Die Stille ist nicht zu überhören. Nach 13 Kilometern und einer nicht enden wollenden Kurve der 300 Meter breiten Schlucht ist das Etappenziel er­reicht: Palm Springs − ein paar Palmen und eine heiße Quelle stark schwefelhaltigen Wassers. Zwei deutsche Soldaten waren 1915 im Ersten Weltkrieg hierher geflohen. Der eine hatte Hautkrebs, der andere Asthma − nach zwei Monaten regelmäßigen Badens in der Quelle waren sie kuriert.

Mit dem knapp 60 Grad heißen Schwefelquellwasser „kochen“ wir mangels Gaskocher eine Tütensuppe. Mein Hinweis auf die S-förmigen Abdrücke im sonst unberührten Sand des Nachtlagers löst die Frage aus: Wer hat im Notfall die rettenden Schlangenseren?

Puffotter, Speikobra und Kapkobra sind im Canyon zu Hause. Ihre Bisse können auch für Menschen tödlich sein. Der Erste-Hilfe-Zettel weiß Rat: „Schlangenbiss: Opfer zwischen Bissstelle und Herz abbinden, tote Schlange mitnehmen.“ Zum Glück sind fast alle Schlangen so scheu wie die nachtaktiven Leoparden, die in der Schlucht leben.

Morgens sammeln wir den Müll ein und füllen die Wasserflaschen am Fluss. Für die nächsten zwei Tage kündigt der Wasserreport Durstphasen an. Es geht weiter von Stein zu Stein, durch knöcheltiefen Sand, als nur noch die Wahl zwischen Fluss, Schilf und Unterholz bleibt. Wo lauert der Leopard? Im Unterholz nicht, er muss ein paar Kilometer weiter zugeschlagen haben. In der Sonne liegt der ausgedörrte Kadaver eines Bergzebras.

Bei Kilometer 28 thront der Tafelberg zur Rechten, ein Felsmassiv so eben wie der Namensvetter in Kapstadt. Seit Stunden ist vom Fluss nichts mehr zu sehen − ausgetrocknet. Nur in regenreichen Jahren führt er auf ganzer Länge Wasser. Grund ist der Hardap-Damm bei Mariental, wo der Oberlauf des Flusses seit 1963 gestaut wird.

Die im Plan markierte Wasserstelle bei Table Mountain erweist sich als grünstichige Riesenpfütze mit Moskitoeiern, in der ein toter Fisch treibt. Die Wasserflaschen sind fast leer, zur nächsten sicheren Wasserstelle sollen es noch 27 Kilometer sein. Trinken oder nicht? Wir spannen ein Taschentuch über den Flaschenhals, zücken die Wasseraufbereitungstabletten und röcheln weiter durch den Backofen.

Alle zehn Minuten werfen wir den Rucksack ab, bis nach sechs Kilometern das zweite Etappenziel erreicht ist: „Sand against slope“, eine Sandverwehung an einem Steilhang. Eine Gruppe Südafrikaner, die am Tag vor uns gestartet ist, badet im Trinkwasser: ein Kolk, mit dem keiner gerechnet hat. Das Wasser ist salzig, die Schoko-Müsliriegel sind geschmolzen, die Trockenfrüchte schmecken widerlich. Noch 55 Kilometer bis Ai-Ais.

Im Dunkeln trudelt der Rest der Truppe ein. Um acht schlafen alle. Während tagsüber die Fliegen nerven, sind in den lauwarmen Nächten die Mücken im Blut­rausch. Vor Sonnenaufgang geht es weiter, der Rucksack wird immer leichter. Erstmals nieselt es. Mehr als 15 steinig-sandige Kilometer legen wir in vier kühlen Morgenstunden zurück, lassen die „Drei Schwestern“, eine merkwürdige Felsformation hoch am Canyon-Rand, links liegen und machen drei Wildpferde im Schilfgras aus. Vor über hundert Jahren sind den Schutztruppen einige Reittiere durchgegangen.

Kilometer 50: Hier mogeln alle. Über eine Anhöhe kann man ab­kürzen. Fünf Kilometer lassen sich einsparen. Aber wo ist der Weg zum Plateau? Eine Sippe krakeelender Paviane verzieht sich über einen steilen Weg. Dem Aufstieg fallen die letzten Wasserreserven zum Opfer. Rettung verspricht der Wasserbericht: Ranger sollen auf dem Plateau Wassertonnen aufgestellt haben. Es ist keine Luft­spiegelung − die Südafrikaner sind schon hier! Ist noch Wasser für uns da?

Das Schicksal ist gnädig, niemand muss nach Wurzeln graben. Ein anderer kam nicht lebend aus dem Canyon zurück: Leutnant Thilo von Trotha. Sein Grab, aufgeschichtet aus Steinen, ragt aus der Öde einer Sandebene heraus. Am 14. Juni 1905 fiel er mit 27 Jahren im Krieg gegen die Nama.

Noch fünf Kilometer. In Causeway, am Notausgang bei Kilometer 68, unterhält eine Farmersfrau für die Canyon-Wanderer einen kleinen Shop. Kalte Getränke! Bier- und Cola-Dosen zischen im Minutentakt. Drei von uns zehn nehmen den Notausgang, lassen sich von der Farmerin mit dem Pickup zum Campingzentrum Ai-Ais abtransportieren. Der Doktor hat zu viele Blasen an den Füßen, sein Sohn kann nicht mehr, und einer Bankerin aus Swakopmund bekam das Pfützenwasser nicht. Da waren’s nur noch sieben.

Die Nacht unter dem Vordach des Kiosks ist windig. 22 Kilometer Sandpiste stehen uns am vierten Tag bevor. Ab Kilometer 80 ist sogar ein Weg im Canyon zu erkennen. Wasser führt der Fish River schon seit Kilometer 35 nicht mehr. Um uns kreisen die Fliegen, über dem Canyon ein Adler. Oder ein Aasgeier? Wie weit noch? Bald kommen uns Touristen entgegen, die von Ai-Ais aus Spaziergänge in die Schlucht unternommen haben. Die Zivilisation naht, um 9.40 Uhr wartet sie hinter der nächsten Biegung. Ob es auch Duschen gibt? Kai Althoetmar

Wanderungen im Fischfluss Canyon sind vom 1. Mai bis 15. September möglich. Erforderlich sind eine Genehmigung und ein ärztliches Attest. Die Buchung bei Namibia Wildlife Resorts, www.nwr.com.na, sollte Monate im Voraus erfolgen. Zur Wanderung wird pro Tag nur eine Gruppe von drei bis 30 Teilnehmern zugelassen. Für Ausrüstung und Proviant ist selbst zu sorgen. Impfungen oder Visa sind für Nambia nicht erforderlich, der Süden des Landes ist malariafrei.


Gruselig schön
Englands Whitby− Wo James Cook zur See und Dracula an Land ging

Als erstes fällt die gespenstisch wirkende Ruine auf, wenn man sich von See kommend dem Hafen von Whitby nähert. Die Häuser der Stadt ducken sich in das tiefe Tal, das der Fluss Esk über ewige Zeiten in die Küste von Yorkshire an der englischen Ostküste gegraben hat. Der Hafen von Whitby liegt günstig, er bietet Schiffen an der Nordostküste Englands Schutz gegen die zahlreichen Stürme der Nordsee. Größere Bedeutung hat er nie erlangt.

Ursprünglich waren die Mönche des Klosters für seinen Erhalt zuständig, doch Beschwerden über den Zustand der Hafenanlagen reichen schon bis ins 16. Jahrhundert zurück. In den folgenden Jahren sollten die Kais ausgebaut werden, sogar das Parlament in London befasste sich mit dem Problem, aber der große Erfolg blieb aus. Heute ist Whitby Hafen einer großen Fischereiflotte und lebt vom Tourismus. Denn die Gassen der Stadt wirken seit Jahrhunderten unverändert. Da erinnern die Schilder von Pubs, die Aushänge von Tätowierern und das Hospital für Seeleute der Handelsmarine an alte Zeiten der Seefahrt. So fließen während der Sommersaison Touristenströme durch die verwinkelten Gassen.

Trotz allem hat die Stadt einen der größten britischen Seefahrer hervorgebracht. James Cook war als Sohn eines Tagelöhners in der Nähe aufgewachsen, er lernte in Whitby die Grundlagen seines Berufes, in­dem er sich auf Kohletransportern vom Schiffsjungen hocharbeitete und dabei seemännisches Talent zeigte. Später erwarb er in der Marine den Ruf eines guten Seemannes und Kartografen. Deshalb übertrug man ihm das Kommando über die „Endeavour“, einen ehemaligen Kohletransporter aus Whitby, der auf eine Südseeexpedition gehen sollte, um auf Tahiti astronomische Beobachtungen zu machen. Der Schiffsname findet sich heute immer wieder im Ortsbild der Stadt beispielsweise als Name eines Pubs. Als großem Entdecker hat Whitby dem Kapitän ein Denkmal gesetzt und ein Cook-Museum eröffnet.

Die morbid wirkende Ruine der alten Abtei, hat eine andere Be­rühmtheit Whitbys ge­schaffen. Eine Phantasiegestalt, die fast berühmter wurde als der erfolgreiche Entdeckerkapitän. Der Schriftsteller Bram Stoker hat im Jahr 1890 oft unterhalb der leeren Spitzbögen auf dem Friedhof gesessen und an seinem Roman „Dracula“ gearbeitet, der 1897 erschien und ein Welterfolg wurde. In der Geschichte des blutsaugenden Grafen spielt Whitby eine große Rolle. Denn dort kam der transsilvanische Graf in einem Sarg an Land und treibt seither in aller Welt sein Unheil. Bram Stoker beschreibt die Stadt so genau, dass man sie auch heute noch wiedererkennt und feststellt, wie sehr die Zeit dort stehengeblieben ist. Selbstverständlich gibt es dort auch ein gruseliges Draculamuseum voller Spezialeffekte, in dem Schauspieler Szenen aus dem Leben des Untoten aufführen. Eigel Wiese


Perle der Provence
Der römische Aquädukt Pont du Gard ist die Attraktion nahe Nîmes

Nirgendwo außer in Rom sind derart viele monumentale Baudenkmäler der römischen Kultur weitgehend erhalten geblieben wie in der Provence. Als eine der ersten Regionen außerhalb Italiens romanisiert, gehörte die Landschaft im Südosten Frankreichs zu der um 125 v. Chr. gegründeten Provinz Gallia Narbonensis, woher der Name Provence abgeleitet wurde.

Mit 1,2 Millionen Besuchern jährlich ist der Pont du Gard im Städtedreieck Avignon, Montpellier und Marseille eines der beliebtesten touristischen Ziele. Die dreistöckige Brückenkonstruktion über den Fluss Gardon, der in die Rhone mündet, war Teilstück einer Wasserleitung, welche die Provinzhauptstadt Augusta Nemausus (Nîmes) mit Trinkwasser versorgte.

Errichtet um die Mitte des ersten nachchristlichen Jahrhunderts, ist der Pont du Gard eines der am besten erhaltenen römischen Bauwerke Europas. Für den Erhalt der Stätte wurde von 1996 bis 2000 ein großflächiger Umbau der Landschaft vorgenommen, indem der Verkehr umgeleitet und die Naturlandschaft in der Umgebung des Pont du Gard wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurück­versetzt wurde.

Der Anblick ist faszinierend: Das den Fluss überspannende imposante Bauwerk von bis zu 270 Metern Länge und 49 Metern Höhe besteht aus drei unterschiedlich hohen Arkadenreihen mit insgesamt 64 Rundbögen, wobei die Arkadengewölbe im unteren Stockwerk bis zu 24 Meter breit sind. In römischer Zeit diente der Pont du Gard der Aufnahme einer Wasserleitung, die von der Quelle nahe der Stadt Uzès zu der 20 Kilometer Luftlinie entfernt liegenden Provinzhauptstadt Nîmes führte.

Innerhalb der oberen Arkadenreihe verläuft der Wasserkanal. Für die gemauerte Wasserleitung war in dem bergigen Gelände bei einem Höhenunterschied von 17 Metern das geringfügige Gefälle von nur 25 Zentimetern pro Kilometer zu bewältigen. Unter Einbeziehung von Brücken, Tunneln und Staubecken konstruierten die Römer eine Trasse von 50 Kilometern Länge. In 24 bis 30 Stunden strömte das Quellwasser zu seinem Ziel Nemausus, um für die Einwohner Bäder, Thermen und Zisternen zu füllen.

Nur wenige 100 Meter flussabwärts vom Pont du Gard liegt der Steinbruch, wo die riesigen Ge­steinsblöcke zur Errichtung der Aquäduktbrücke aus dem gelblichen, relativ weichen Muschelkalk abgebaut wurden. Um die Quadersteine bis in 50 Meter Höhe zu hieven, verwandten die Römer Kräne mit Seilwinden, die mittels großer Holzräder betrieben wurden, worin ein Mann wie im Hamsterrad lief. Erst seit dem Mittelalter dient der Pont du Gard als Straßenbrücke.

Wegen des großen Besucherandrangs empfiehlt es sich, den Pont du Gard in der Nebensaison zu besuchen. Vor der kostenlosen Besichtigung empfiehlt es sich, im Kino des Touristenzentrums ei­nen animierten Kurzfilm über dessen Entstehung anzuschauen. Ein Rundgang durch das interaktive Museum mit einer Schau über die gallo-römische Kultur, speziell ihrer Wasserwerke, übersteigt alle Erwartungen und bildet den grandiosen Abschluss der Besichtigungstour. D. Jestrzemski


S. 22 Neue Bücher

Greifbarer Schrecken
15 Kriegsgeschichten

In der Reihe „Die Bücher mit dem blauen Band“ erscheinen im Fischer-Verlag außergewöhnliche Jugendbücher in sehr schöner Ausstattung, mit Illustrationen, besonderem grafischen Design und mit dem namensgebenden blauen Leseband. Hier hat die Herausgeberin Alexandra Rak eine einzigartige Sammlung mit 15 Kurzgeschichten zum Ersten Weltkrieg zusammengestellt.

Zum 100. Jahrestag des Kriegsausbruchs sind unzählige Publikationen erschienen, die sich mit dem Ersten Weltkrieg beschäftigen. In diesem Buch geht es aber darum, Jugendliche zu erreichen und ihnen die damalige Zeit und den Schrecken des Krieges nahezubringen, wie ihn vielleicht ihre Urgroßeltern erlebt haben. Und so haben die 15 Autoren, darunter die bekannte Kinderbuchautorin Kirsten Boie, mit ganz unterschiedlichen Ansätzen ein Mosaik von Lebensbildern in der Kriegszeit erschaffen.

Ein schönes Beispiel für die Versöhnung nach Generationen ist die Familiengeschichte zweier Soldaten, die sich in Flandern als Feinde gegenüberstehen und deren Kinder sich dann nach dem Zweiten Weltkrieg verlieben. Für die Enkelkinder gibt es später keine Grenzen mehr.

Ein junger Heizer, der glücklich bei der Handelsmarine zur See fuhr, lernt kohleschaufelnd den Schrecken des Seekrieges an Bord des Kleinen Kreuzers „Cöln“ kennen und überlebt als einziger am 28. August 1914 das Seegefecht bei Helgoland gegen eine übermächtige englische Flotte.

Eine ganz besonders anrührende Geschichte handelt vom Weihnachtsfrieden an der Front in Flandern, wo 1914 spontan an verschiedenen Orten zwischen Deutschen und Engländern ein vorübergehender kurzer Frieden entstand. Die Toten wurden ohne Beschuss aus dem Niemandsland geborgen und begraben, es wurde gemeinsam gesungen, gegessen und Fußball gespielt. Der Feind hatte ein menschliches Gesicht bekommen – und doch dauerte der Stellungskrieg in den Gräben danach noch fast vier Jahre.

Die Geschichte aus Nimmersatt, dem seinerzeit nördlichsten Ort des Deutschen Reiches, handelt von einem jungen Mann, der Überleben will, und sich deshalb monatelang versteckt, um der drohenden Einberufung zu entgehen. Im Kurland greift eine höhere Tochter verzweifelt zu einer Zündschnur, um alles in die Luft zu sprengen. Auch die Heimatfront ist ein Thema. Die kriegsbegeisterten Menschenmassen besuchten Kriegsausstellungen mit erbeuteten Waffen, Nachbildungen von Schützengräben und lebensgroßen Wachsfiguren, mit denen Kampfszenen detailliert nachgestellt wurden. Die Realität sah man dann in den Bahnhöfen, wo Züge mit Särgen der gefallenen Soldaten und Verwundeten ankamen.

Das Buch ist sehr individuell gestaltet, vor jeder Geschichte ist eine Doppelseite mit Feldpostkarten, Fotos, Briefen oder Todesanzeigen, die einen Bezug zur Erzählung haben. Durch das Buch zieht sich als Fußzeile eine informative Chronik des Ersten Weltkrieges. Die Protangonisten sind junge Menschen, die mit dem Schrecken des Ersten Weltkrieges klar kommen müssen und alle doch nur überleben wollen. Dabei sind die Erzähler sehr nah an ihren Charakteren und schaffen so einen emotionalen und sehr lebendigen Eindruck von der damaligen Zeit. Durch die verschiedenen Ansätze von Berichten aus der Vergangenheit, aber auch der Annäherung an das Thema aus der heutigen Schulzeit mit einem Referat über den Ersten Weltkrieg sind die Geschichten sehr abwechslungsreich geschrieben und gut lesbar. Ein sehr empfehlenswertes Buch, nicht nur für junge Leser, das unbedingt auch als Schullektüre aufgenommen werden sollte.

Britta Heitmann

Alexandra Rak (Hrsg.): „Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen. Erzählungen über den Ersten Weltkrieg“, Fischer KJB, Frankfurt 2014, kartoniert, 320 Seiten, 16,99 Euro


Abrechnung mit 68ern
ARD-Moderator hält seiner Generation den Spiegel vor

Fortan wird Sven Kuntze für viele in seinen Kreisen nur noch „der Verräter“ sein, denn mit „Die schamlose Generation. Wie wir die Zukunft unserer Kinder und Enkel ruinieren“ hält der ehemalige ARD-Mitarbeiter seiner Generation den Spiegel vor. Allerdings spricht der 1942 Geborene immer von den „40ern“, was unscharf ist, denn er meint jene, die in der Zeit Geborenen wurden und die Teil der 68-Bewegung waren, denn es war keineswegs die Mehrheit dieser Geburtenjahrgänge, die sich später politisch engagiert hat. Auch blieb die Mehrheit nicht wie behauptet kinderlos, wie sonst lässt sich erklären, dass es in den 60er Jahren einen Babyboom gab. Ansonsten bietet sein Buch jedoch zahlreiche Fakten, die die 68er schlecht dastehen lässt. Ihr einstiges Hauptziel, die Welt zu verbessern, ist jedenfalls nicht nur nicht erreicht worden. Vielmehr zeigt Kuntze Bereiche auf, in denen die 68er genau das Gegenteil von dem geschaffen haben, was sie eigentlich anstrebten.

Der Autor weiß, wovon er spricht, denn auch er war einer von ihnen. Zwar weiß der Bonner Beamtensohn nicht mehr genau, warum er den Kommunismus und die links-politische Bewegung für sich entdeckte, aber vermutlich folgte der Soziologe einfach einem in seinem Akademikerumfeld üblichen Trend.

Dass er sich in dem aktuellen Buch überhaupt mit dem Thema befasst, ist dem Zufall geschuldet. So bat ihn vor einigen Jahren ein Freund, beim 18. Geburtstag seiner Tochter eine Rede zu halten. Der prominente TV-Mann Kuntze nahm die Bitte an und fragte die junge Frau, ob sie ein Wunschthema habe. Diese meinte abfällig, dass er doch gerne einmal darüber reden solle, was seine Generation ihrer Generation übermache. Kuntze begann daraufhin nachzudenken und kam zu dem Schluss, dass egal, wie glänzend die Gegenwart auch sei – hier erwähnt er Jahrzehnte des Friedens und Wohlstands –, eine Generation doch daran gemessen werde, was sie ihren Kindern und Enkeln hinterlasse.

Als erstes beschreibt der Autor dann das Lebensgefühl der 68er, berichtet, wie sie um das Althergebrachte zu entlarven, das „kritische Bewusstsein“ entdeckten. „Über kritisches Bewusstsein verfügten vor allem die 40er, während der Rest der Bevölkerung sich mit dem falschen zufriedengeben musste“, so seine bittere Bilanz. Auch schildert er voller Ironie, wie die 68er glaubten, die Wahrheit für sich gepachtet zu haben, und daher Andersdenkenden das Recht auf eine eigene Meinung nahmen, nicht bemerkend, dass sie, die sich doch eigentlich die Freiheit auf die Fahnen geschrieben hatten, genau diese beschnitten. Und hatte man keine Argumente, zeigte man sich „betroffen“ und warf sein „Herz in die Waagschale“.

„Testamentseröffnung“ ist das eine Kapitel überschrieben, in dem Kuntze darstellt, dass zumindest der Staat wenig zu vererben hat. Eine verfallende Infrastruktur, Schulden über Schulden und eine völlig verkorkste Euro-Rettung werden hier genannt. Aber auch die politische Korrektheit führt er an. „Ich würde gern mal wieder ,Mohrenkopf‘ sagen“, zitiert er einen Freund „oder besser noch ,Zigeunerschnitzel‘. Aber das geht ja nun nicht mehr. Wir ändern ständig Worte, belassen dabei die Sache beim Alten. Das bringt nichts!“ Und auf studentischen Vollversammlungen, die einst ein Forum für die ganze Vielfalt studentischer Standpunkte sein sollten, sei nur noch ein enger, linker Meinungskorridor zugelassen. Und nicht nur dort.

Kuntze geht mit den 68ern derart hart ins Gericht, dass am Ende nicht viel übrig bleibt. So gibt er ihnen auch die Schuld an den heutigen Problemen bei der Zuwanderung. Vor lauter Fernstenliebe hätten sie vergessen, sich um die ins Land geholten Gastarbeiter zu kümmern.

In Sachen Klimaschutz verrennt er sich allerdings. Ohne im Thema zu sein, besuchte er für eine Reportage die Klimaschutzkonferenz in Kopenhagen, wo er sich vollständig von den linken Aktivisten hat vereinnahmen lassen.

Am Ende wundert er sich, dass die Kinder und Enkel der sogenannten 40er friedlich wie Schafe im Gehege ihr Schicksal entgegennehmen. Und er fordert die aus seiner Sicht an der heutigen Misere Schuldigen auf, statt rüstig fremde Länder zu erkunden, endlich Verantwortung zu übernehmen und ehrenamtlich Dienst an der Gesellschaft zu leisten. „Das Abenteuer beginnt dann nicht mehr in Patagonien, sondern beim hilflosen Nachbarn um die Ecke.“ Rebecca Bellano

Sven Kuntze: „Die schamlose Generation. Wie wir die Zukunft unserer Kinder und Enkel ruinieren“, C. Bertelsmann, München 2014, gebunden, 256 Seiten, 19,99 Euro


Spannender Blick auf Sisi
Aus dem Tagebuch einer Hofdame der österreichischen Kaiserin

In wenigen Wochen ist es wieder soweit, dann wird Romy Schneider die Fernsehzuschauer in der Weihnachtszeit wieder in der Rolle der Kaiserin Elisabeth, kurz Sisi genannt, begeistern. Doch fragen sich viele, was für ein Mensch die österreichische Kaiserin im wirklichen Leben war. Gudula Walterskirchen und Beatrix Meyer haben hierzu die Tagebücher der Gräfin Marie Festetics de Tolna, einer Hofdame und engen Vertrauten der Kaiserin, ausgewertet und die interessantesten Passagen in „Das Tagebuch der Gräfin Marie Festetics. Kaiserin Elisabeths intimste Freundin“ zusammengefasst.

Festetics wurde am 20. Oktober 1839 als achtes der zehn Kinder von Sàndor Graf Festetics de Tolna, geboren. Ihre Berufung an den Hof war unter anderem vom ungarischen Außenminister Graf Gyula Andrássy eingefädelt worden. Nur ungern verließ Marie Festetics ihre Anstellung als Hofdame der Erzherzogin Klothilde in Ungarn. Doch treu dem von ihrem Vater erlernten Grundsatz „Herrndienst geht vor Gottesdienst“ stellte sie ihre eigenen Wünsche und Gefühle stets hinter die Bedürfnisse der Kaiserin. Obwohl sie diverse familiäre Schicksalsschläge hinnehmen musste, ließ sie sich vom Leben und den Machenschaften bei Hofe nicht einschüchtern.

Als kluge und loyale Hofdame durchschaute Marie Festetics schnell das Gespinst aus Intrigen und Lügengeschichten, das um die Kaiserin an deren eigenem Hofe gewoben wurde. Die Tagebucheintragungen berichten davon, wie die treue Hofdame mit der Zeit an Courage und Durchsetzungsvermögen gewann, sich offen zur Kaiserin bekannte, aber dadurch auch selbst Opfer von Verleumdungen und Anfeindungen wurde. Ihrem Tagebuch vertraute sie die Geschehnisse an, wie sie zum Beispiel reagierte, als sie den Urheber eines bösen Gerüchtes über die Kaiserin ausfindig machte: „Er ist schlechter noch als ich dachte. Mit Ekel wandte ich mich von ihm. Nein! Ich bin nicht gut, ich hätte ihn vernichten mögen. Er bemerkte es und sagte: ,Jetzt ist es mit der Freundschaft aus‘.“

Daraufhin erwiederte sie bissig: „,Was niemals war, braucht auch kein Ende zu nehmen.‘“ Eine schlagfertige Antwort. Darf man den Tagebuchaufzeichnungen Glauben schenken, so hatte Festetics noch mehr davon auf Lager. Zeitgenössische Politiker, die Verwandtschaft des Kaiserpaares und sogar die Kaiserin selbst wurden, zumindest auf dem Papier, Opfer der kritischen Meinung der Hofdame.

Rückblickend erscheint dem Leser die Person Festetics äußerst bewundernswert. Zur damaligen Zeit bot die Gesellschaft einer Frau der höheren Gesellschaft wie ihr nur wenige Möglichkeiten. Da sie aus einem nicht gerade vermögenden Haushalt stammte, hatte sie nur die Wahl zwischen dem Beruf der Hofdame oder dem Eintritt in ein Kloster. Heutzutage würde man eine solch couragierte Person mit einer so scharfen Beobachtungsgabe sicher in anderen Berufen finden.

Dank der kurzen Überleitungstexte, die die Herausgeberinnen immer wieder zwischen den etwas gewöhnungsbedürftig formulierten Tagebucheintragungen eingefügt haben, wird dem Leser das flüssige Lesen deutlich erleichtert. Eine spannende Lektüre für alle, die einen Blick hinter die Kulissen des Lebens am Hofe von Kaiserin Elisabeth und Kaiser Franz Joseph werfen möchten. Vanessa Ney

Gudula Walterskirchen, Beatrix Meyer (Hrsg.): „Das Tagebuch der Gräfin Marie Festetics. Kaiserin Elisabeths intimste Freundin“, Residenz, Wien 2014, geb., 304 Seiten, 24,90 Euro


In der Hand der Datensammler
Ein Insider packt aus: Wie Internetnutzer schon heute überwacht und ausspioniert werden

Es geht in dem Buch von Markus Morgenroth einmal mehr um die Datensammlung und deren Auswertung durch Unternehmen. Hauptsächlich aber ging es dem Autor wohl darum, ein Buch zu schreiben, das auffällt und sich verkauft. Schon der Titel haut auf die Pauke: „Sie kennen sich! Sie haben dich! Sie steuern dich!“ Der Deutlichkeit halber bringt er haarsträubende Beispiele für gezielten und systematischen Datenmissbrauch vorzugsweise aus den USA. Inhalte von Mitteilungen sind dabei gar nicht mehr wichtig. Zwischen den Zeilen werden Anhaltspunkte über das Temperament und die allgemeine Verfasstheit des Nachrichtenstellers ermittelt. Unsere Kommunikation wird in Diagrammen dargestellt, die sich maschinell auslesen lassen. Mit Auskünften über das Internetnutzungsverhalten wird der Ausgang von Bewerbungsgesprächen beeinflusst.

Gottlob ist das meiste davon hierzulande noch teuflische Zukunftsmusik. Mit oft unscharfen Scheininformationen würde sich jeder Unternehmer einen Bärendienst erweisen, wenn, wie in einem angeführten Beispiel, jemand als mutmaßlicher Rheumatiker nicht eingestellt wird, obwohl er die im Internet georderte Medizin nur für einen Freund besorgt hatte.

In den USA hat Morgenroth als Software-Ingenieur in einem „führenden Unternehmen im Bereich der verhaltensbasierten Datenanalyse“ gearbeitet. Dann leitete er sechs Jahre die Europa-Niederlassung. Inzwischen berät er Unternehmen zu diesem Problemkreis. Das Kapitel „Aus dem Leben eines Datenanalysten“ liest sich noch wie eine Werbeschrift für den früheren Arbeitgeber und 90 Prozent der Quellenangaben des Buchs führen geradewegs ins Internet. Morgenroth zeigt sich sehr auf sein Thema fixiert. Der „digitale Taylorismus“ ist im Grunde kaum abscheulicher als seine analoge Form. Es handelt sich eher um eine zunehmende Verwahrlosung der Umgangsformen, wenn automatische Datenerhebung Entscheidungen stärker beeinflusst. Zahlen und Grafiken entscheiden über das Schicksal von Menschen, die nur noch Punkte und Linien sind. „Das erleichtert das Gewissen der Verantwortlichen massiv“, so der Autor.

Morgenroth überzeugt uns davon, dass die Datensammler umfängliche Machtmittel besitzen. Ob sie allerdings die Macht haben, sie für ihre Zwecke wirkungsvoll zu handhaben, scheint nach der Lektüre zweifelhafter denn je. Eher sieht es so aus, als würden die Zwecke über den Mitteln zunehmend in Vergessenheit geraten. Dem Schlusskapitel schließen sich 20 Seiten mit praktischen Ratschlägen an, von denen allerdings nur die Hälfte wirklich praktikabel ist. Denn wer möchte schon aller zwei Monate zwölfstelligen Passwörter verändern. Das Buch hinterlässt den niederschmetternden Eindruck, dass allein die Enthaltsamkeit von der digitalen Welt wirklichen Schutz vor ihren Gefahren gewährt. Sebastian Hennig

Markus Morgenroth. „Sie kennen dich! Sie haben dich! Sie steuern dich! Die wahre Macht der Datensammler“, Droemer, München 2014, geb., 271 Seiten, 19,99 Euro


S. 23 Rautenberg Buchhandlung

Rautenberg Buchhandlung


S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Endlich neue Extremisten / Was Schäubles nächster Raubzug wird, warum Fortschritt und Wettbewerb verdächtig sind, und wann Statistiken gefährlich werden

Das war ja zu erwarten. Vor den gierig fingernden Tentakeln des Staates ist eben nichts mehr sicher. Nun grapscht uns Finanzminister Schäuble auch noch auf den Weihnachts­tisch.

Voller Scheinheiligkeit verspricht uns Schäubles Ministerium, den Steuerfreibetrag für betriebliche Weihnachtsfeiern von 110 auf 150 Euro pro Angestelltem zu erhöhen. Nett, nicht wahr? Sieht ihm gar nicht ähnlich, dem Finanzminister. Stimmt, und es ist auch nichts als glitzernde Tarnung für den nächsten Raubzug. Gleichzeitig mit der Erhöhung wird die Gewährung des Freibetrages nämlich an derart komplizierte Bedingungen geknüpft, dass ein Wirtschaftsvertreter gegenüber der „FAZ“ einen „nicht administrierbaren Aufwand“ auf die Firmen zukommen sieht. Am Ende, so fürchten Fachleute, könnte die Neuregelung gar bedeuten, dass Arbeitnehmer für die Teilnahme an Weihnachtsfeiern Steuernachzahlungen leisten müssen. Frohes Fest!

Zu der Nachricht passt die Meldung, dass die Steuereinnahmen steil ansteigen, allein im Oktober um mehr als drei Prozent zum Vorjahresmonat. Die Lohnsteuern sind sogar um 6,5 Prozent angeschwollen.

Kein Wunder, dass Gewerkschaften neuerdings für mehr Einfluss auf ihre Arbeitnehmerschaft streiken, statt für mehr Lohn zu kämpfen. Gehaltserhöhungen lohnen sich ja kaum noch – die holt sich eh der Staat.

Den Eintreibern ist natürlich daran gelegen, dass wir die volle Wahrheit nicht in ihrer ganzen Hässlichkeit erkennen. Dafür wenden sie geschickte Taktiken an, die der Verwirrung und der Ablenkung dienen.

Schritt eins, Verwirrung: Wenn der Soli ewig bleibt, warum schlägt man ihn nicht einfach der allgemeinen Lohnsteuer zu? Weil die volle Wahrheit über die tatsächliche Höhe unserer Lohnsteuerbelastung dann in ihrer ganzen Dreistigkeit zum Vorschein käme. Auf zwei Steuern verteilt, sieht der Betrag viel kleiner aus.

Schritt zwei, Ablenkung: Pünktlich zur Soli-Verewigung und zur Ankündigung künftiger Raubzüge schneit ganz zufällig eine Studie in den Blätterwald, die aufdeckt, dass in Deutschland doppelt so viele Multimillionäre ihre Vermögen nicht erarbeitet, sondern ausschließlich geerbt haben wie in den USA. 28 Prozent der Superreichen schwimmen bei uns nur wegen der Hinterlassenschaft ihrer Vorfahren im Geld, in Übersee sind es bloß 13 von hundert.

Die Botschaft ist klar: Unsere Erbschaftsteuern sind viel zu niedrig! Der deutsche Steuermichel ist mittlerweile dermaßen auf Sozialneid dressiert, dass ihm eine andere Erklärung für das Phänomen gar nicht mehr in den Sinn kommt, die da lautet: Könnte es vielleicht sein, dass es bei uns auch deshalb so wenige Reiche gibt, die es aus eigener Kraft geschafft haben, weil wir die höchste Steuer- und Abgabenlast auf Einkommen unter allen großen Industrieländern ertragen müssen? Wie soll denn jemand durch eigene Arbeit wohlhabend werden, wenn ihm der Staat die Früchte seiner Bemühungen vorher wegfrisst?

Nein, auf diesen unerhörten Gedanken kommt im Deutschland des Jahres 2014 niemand mehr. Damit das so bleibt, fahren die Herrschenden vorsorglich die Geschütze aus.

Ein besonders bedrohliches Geschütz ist bekanntlich der Extremismusvorwurf. Den Linksextremismus indes gibt es ja nicht mehr. Er ist dahingeschwunden in dem Maße, in dem einst als linksextrem eingestufte Einstellungen ins Herz der Zivilgesellschaft aufgenommen worden sind und die alltägliche Diskussion bestimmen.

Dafür haben die Experten jetzt einen ganz neuen Typus politischer Randständigkeit kreiert, den „Marktförmigen Extremismus“.

Sie haben richtig gelesen. Die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) hat ihn auf ihrer Suche nach den Rechtsextremisten entdeckt. Dort kamen die FES-Leute nicht recht voran. Gewiss hätten sie uns gerne „einen erschreckenden Anstieg rechtsextremer und menschenfeindlicher Einstellungen“ und ähnliches präsentiert. Gefunden haben sie aber lediglich etwas, das selbst sie nur noch eine „subtile Form menschenfeindlichen und rechtsextremen Denkens“ nennen mögen, das Bild sei „komplex“.

Du liebe Güte, was für ein fades Geschwafel! „Komplex“ – mehr hat der versammelte Denunzian­tentrupp ausgefuchster linker „Extremismusforscher“ also nicht herauspinseln können? Davon wird niemand satt.

Um der Misere abzuhelfen, haben sie den „markförmigen Extremismus“ hinzugedichtet. Was wie ein Witz klingt, ist eine famose Wunderwaffe zur Ausmerzung der letzten nichtlinken Gedanken in Deutschland. Laut SPD-Hausblatt „Frankfurter Rundschau“ ist der „marktförmige Extremismus“ nämlich dadurch gekennzeichnet, dass seine verruchten Anhänger „Fortschritt und Wettbewerb höher bewerten als Solidarität und Gleichwertigkeit“.

Was die FESler mit „Gleichwertigkeit“ meinen, können wir nur aus dem Diskussionszusammenhang heraus ahnen. Seit Jahren ist man bei den Linken bemüht, das Postulat der „Gleichberechtigung“ über den Begriff der „Gleichbehandlung“ (was durchaus nicht dasselbe bedeutet) hin zur völligen „Gleichheit“, etwa von Mann und Frau, zu verwischen. Was hier „Gleichwertigkeit“ genannt wird, dürfte auch nichts anderes bedeuten als „Gleichheit“. Und was nicht „gleich“ ist, das wird „gleich“ gemacht, wenn nötig, mit der Brechstange – womit das Verhältnis zur „Freiheit“ (sehr verdächtig!) gleich mit geklärt wäre. Wie hieß es also: Extremisten sind die, die „Fortschritt und Wettbewerb höher bewerten als Solidarität und Gleichwertigkeit“ – damit sind praktisch alle Menschen „Extremisten“, die sich weigern, Sozialdemokrat oder Kommunist zu werden. Feuer frei!

Zu den „subtilen Formen menschenfeindlichen Denkens“ zählen zudem alle, welche sich Statistiken anschauen. So alarmiert uns die FES mit der Entdeckung, dass mehr als 40 Prozent der Befragten der Ansicht seien, die meisten Asylbewerber würden in ihrer Heimat gar nicht verfolgt.

Laut den Zahlen der zuständigen staatlichen Stellen konnten zuletzt nicht einmal 30 Prozent der Asylbewerber ihre „Verfolgung“ glaubhaft machen, aus manchen Herkunftsländern, etwa auf dem Balkan, war es nicht einmal ein Prozent.

Diese Daten sind nicht nur an die Öffentlichkeit gelangt, einige Bürger haben sie offenbar sogar gelesen und im Kopf behalten, weshalb nun 40 Prozent meinen, dass die Mehrheit der Asylbewerber gar keine Verfolgten sind.

Das sollte uns alle zur Vorsicht mahnen. Hüten Sie sich davor, laut aus offiziellen Statistiken vorzulesen. Es könnten Daten darin vorkommen, welche Sie, den Vorleser, als Menschenfeind entlarven!

Aber es kommt noch schlimmer. 60 Prozent der Befragten haben sich laut FES zu der Aussage bekannt: „Wer irgendwo neu ist, sollte sich erst mal mit weniger zufriedengeben.“ Laut der Studie ein weiterer Beleg für „Ressentiments“.

Fassen wir zusammen: Frei von Extremismus und Ressentiments ist nur noch derjenige, der die Grundregeln von Marktwirtschaft und Leistungsgesellschaft als Teufelszeug verwirft, der keine statistischen Zahlen lesen kann (oder will) und der der festen Meinung ist, dass niemand erst einmal etwas für ein Gemeinwesen leisten sollte, bevor er etwas herausholt.

Das macht das Leben für den Durchschnittslinken beträchtlich einfacher, er braucht sich nun keiner kontroversen Debatte über den linken Tellerrand hinaus mehr zu stellen. Schließlich gilt: Mit Extremisten darf man nicht reden („Deutschland halts Maul!“) und mit den Ressentiment-Geladenen kann man nicht reden.

Ach, wenn wir da nur schon viel früher drauf gekommen wären! Wir hätten uns mehr als 200 anstrengende Jahre der Freiheits- und Demokratie-Entwicklung sparen können.


MELDUNGEN / ZUR PERSON

Pegida: AfD gegen Verunglimpfung

Dresden – Mit einer mehrdeutigen Erklärung ist die Stadtratsfraktion der Dresdener AfD von ihrer Distanzierung von den Pegida-Demonstrationen abgerückt. Einerseits beharrt die Fraktion auf der Richtigkeit der Resolution, mit welcher sich alle Stadtratsfraktionen gegen Pegida gewandt haben. Andererseits verwahrt sie sich gegen „die Verunglimpfung der Demonstranten“ und verurteilt Aufrufe zur Blockade der Montagsdemonstrationen. H.H.

 

Mehrheit für Legalisierung

Berlin – Laut dem „Deutschlandtrend“ der ARD sprechen sich 46 Prozent der Deutschen dafür aus, die Beihilfe zur Selbsttötung zu erlauben. 37 Prozent der Befragten sprachen sich sogar dafür aus, die aktive Sterbehilfe zu legalisieren. Nur zwölf Prozent lehnen Sterbehilfe in jeder Form ab. Mitte November hatte der Bundestag zum Teil leidenschaftlich über das brisante Thema diskutiert. Eine Entscheidung wird für kommendes Jahr erwartet. H.H.

 

Stratege mit sozialer Ader

Selbst in informierten Kreisen hatte niemand mit seiner Ernennung zum Chef des Bundeskriminalamts (BKA) gerechnet. Der 53-jährige bisherige Bremer Staatsrat Holger Münch gilt als echter Überraschungskandidat, wurden solche Posten doch zuletzt aus dem Berliner Innenministerium besetzt.

Münch ist zwar parteilos, gilt aber als SPD-Mann. Als Staatsrat erzielte er mit einem Verbot der Rockerbande „Mongols MC”, eines Motorrad-Clubs, den Angehörige eines muslimischen Zuwanderer-Clans gegründet hatten, die weder Motorräder noch einen entsprechenden Führerschein vorweisen konnten, Erfolge. Seit dem Verbot sind Rocker als Türsteher in Bremen Tabu. Münch gilt in Bremen als Macher mit Durchsetzungsvermögen. Er setzte eine unpopuläre Polizeireform um. Damit das ewig klamme Bremer Stadtsäckel geschont werde, entwickelte Münch gemeinsam mit Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) die Idee, die Deutsche Fußball-Liga bei Krawallen im Stadion an Kosten für Polizeieinsätze zu beteiligen.

Nun gilt es, das durch NSA-Ermittlungspannen und Edathy-Affäre angeschlagene BKA als leistungsfähige Ermittlungsbehörde aufzustellen, die gegen Internetkriminalität und internationale Verbrechersyndikate erfolgreich vorgeht. Münch ist Befürworter der Nutzung von Vorratsdaten, zu deren Sammlung Telekommunikationsfirmen verpflichtet werden könnten.

Kritiker empfinden Münch als „kühl und zu intellektuell”, werfen ihm vor, mehr Manager als Ermittler zu sein und auf Kosten der inneren Sicherheit Personal eingespart zu haben, Befürworter sehen dagegen in ihm einen intelligenten Strategen, der humorvoll, unkompliziert und kollegial sei. Er gilt als einer, der auch eine soziale Ader hat. M. Rosenthal-Kappi


MEINUNGEN

Lutz Bachmann, prominenter Kopf der Pegida in Dresden, wies auf der vergangenen Montagsdemonstration Diffamierungen zurück:

„Von dem unsäglichen „Breiten Bündnis gegen Rechts mit ,Dresden Nazifrei‘ werdet ihr als Nazis, als Hooligans und als sogenannte Wutbürger bezeichnet und es wird zu Gegenaktionen aufgerufen auch unter Zuhilfenahme des ,zivilen Ungehorsam‘. Dies ist für mich ganz klar ein Aufruf zu Straftaten und ich finde es skandalös, dass sich Politiker, Gewerkschaften und Kirchen zu so etwas bekennen.“

 

 

Deutschland solle Schulden machen, in seine Infrastruktur investieren und damit die Konjunktur in ganz Europa in Schwung bringen, so eine Forderung. Dazu sagte der 86-jährige US-Wirtschaftswissenschaftler Allan Meltzer bei einer Veranstaltung der Ludwig-Erhard-Stiftung in Frankfurt:

„Wenn Deutschland mehr Straßen und Brücken haben will, soll es sie bauen. Aber was nützt eine Brücke, die über den Rhein gebaut wird, der griechischen Wirtschaft? Gar nichts. Damit wird Deutschland vielleicht noch produktiver, als es ohnehin schon ist, und der Abstand in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zwischen Deutschland und seinen südlichen Nachbarstaaten vergrößert sich weiter.”

 

 

Der Star-Investor Marc Faber unterstützt die Schweizer „Gold-Initiative“ (siehe S. 1). Dem Schweizer „Blick“ (7. November) sagte er, warum:

„Was die Akademiker und Professoren bei den Notenbanken derzeit mit dem Papiergeld anstellen, ist sehr gefährlich. Die Tiefzinspolitik und die Geldschwemme werden nicht ohne Folgen bleiben. Es findet eine schleichende Enteignung des Volks statt. Und sie wird in Zukunft eskalieren. Eigentlich müsste die Gold-Initiative weltweit umgesetzt werden. Ein Ja in der Schweiz hätte aber bereits eine gewisse Signalwirkung. Ich bin sicher: Der Tag wird kommen, an dem die Notenbanken wieder namhafte Goldreserven halten.“

 

 

Der Wirtschaftswissenschaftler Lars Feld greift Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) wegen der explodierenden Kosten der „Rente mit 63“ hart an. Der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (23. November) sagte er:

„Die Rente mit 63 führt zu einer Umverteilung von unten nach oben, künftige Rentensteigerungen werden niedriger ausfallen. Das wird insbesondere die Bezieher kleiner Renten treffen. Die zahlen für den frühen Ruhestand gut verdienender Facharbeiter.“

 

 

„Focus“-Herausgeber Helmut Markwort warnt in seinem Magazin vom 24. November, die Linkspartei nur wegen ihrer blutigen Vergangenheit abzulehnen. Auch ihr aktuelles Programm sei mehr als bedenklich:

„Die Linkspartei will verstaatlichen. Sie will ,kapitalistisches Eigentum überwinden‘. Großbetriebe der Wirtschaft sollen in demokratische gesellschaftliche Eigentumsstrukturen überführt werden. Möglichst alle Lebensbereiche will die Linke öffentlich organisieren. Kein positives Wort von Marktwirtschaft findet sich in ihrem Parteiprogramm.“