16.04.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Folge 09/15 vom 28.02.2015

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

Zur Plünderung frei
Schon wieder Griechen-Rettung: Wie der Euro Deutschland in die Tiefe reißt

Deutsche und europäische Politiker lassen sich von Athen belügen und erpressen. Im Sommer geht das Theater von vorn los.

Wieder haben sich jene Euro-Länder, die die Einheitswährung mit ihrer Wirtschaftskraft mühsam und teuer am Leben halten, erpressen lassen. Ein mit heißer Nadel in letzter Minute bis Dienstag Nacht, null Uhr, zusammengeschustertes Papier mit Reformversprechen der griechischen Regierung hat gereicht: Die Milliarden werden weiter fließen.

Wieder heißt es, wie schon seit fünf Jahren, dass dies nur unter „strengsten Auflagen“ geschehe. Diesmal sei die Frist auf vier Monate begrenzt. Doch das heißt nichts anderes, als dass das Theater in vier Monaten von vorn losgehen wird. Derweil werden weitere Milliarden verschwendet sein. Merkel und Schäuble vertagen damit die unabwendbare Pleite Griechenlands nur in die Zukunft, damit das Ereignis nicht mehr in ihre Amtszeit fällt. Für Deutschland geht es Schätzungen zufolge bereits um rund 80 Milliarden Euro, deren Verschwinden dem Volk erklärt werden müsste. Das überlassen die Amtsinhaber lieber ihren Nachfolgern, wobei die Summe noch deutlich weiter steigen wird. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie sich von Athen sehenden Auges betrügen lassen.

Was die Griechen selbst von dem Gerede über Reformen, „ermutigende Signale aus der griechischen Wirtschaft“ und ähnlichem Unsinn halten, demonstrieren sie seit Wochen: Sie plündern ihre Konten, weil sie den Kollaps des Gebäudes aus Lügen, Korruption, Verschwendung, Erpressung (der europäischen Partner) und Inkompetenz voraussehen. Sie trauen weder ihren Banken noch ihrer Wirtschaft und nicht einmal denen, die sie eben selbst in die Regierung gewählt haben.

Der Euro wird so zum dauerhaften Transfersystem, in das die einen Unsummen einzahlen, derweil die anderen nur kassieren. Das schwächt Deutschland und die übrigen Zahler in der Substanz und macht die anderen zu Kostgängern, die zunehmend unfähig werden, auf eigenen Beinen zu stehen. Der einzige Ausweg wäre, dass Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit und damit seine Zahlungskraft so weit herabsinkt, bis hier nichts mehr abzugreifen wäre. Die Hinweise, dass es – verdeckt von Exportzahlen, die mit dem „Doping“ des schwachen Euro erzielt werden – bereits in diese Richtung geht, mehren sich.

Wenn aber nichts mehr zu holen ist, dann könnte es mit dem „europäischen Projekt“ schnell vorbei sein. Griechenland habe, mehr als alle anderen, die große Vision vom einigen Europa degradiert zum „Geldautomaten: man holt raus, was drin ist“, klagt Roland Tichy, Ex-Chef der „Wirtschaftswoche“.

Der Euro hat Europa nicht, wie versprochen, stärker gemacht. Er reißt den Kontinent in die Tiefe und mit ihm die letzte verbliebene europäische Industrie-Weltmacht Deutschland, die zur Plünderung durch gierige Nachbarn freigegeben wurde. Hans Heckel


Asyl: Athen droht der EU
Änderung des Dublin-Abkommens oder Zuwandererschwemme

Nach dem Geschacher um die Fortsetzung der finanziellen Hilfen für das marode Land nun die Lösung des Zuwanderungsproblems: Das Erpressen der europäischen Partner scheint immer mehr zu einem festen Bestandteil griechischer Regierungspolitik zu werden. Der griechische Vizeminister für Bürgerschutz, Giannis Panousis, verlangt von den anderen EU-Staaten ultimativ, die „Lasten des Flüchtlingsstroms“ mit seinem Land zu teilen. Sollten sie das nicht tun, werde Athen ungeachtet der EU-Gesetze hunderttausenden von Zuwanderern die Ausreise aus Griechenland gestatten. Gegenüber dem griechischen Fernsehsender „Skai TV“ äußerte er eine unmissverständliche Drohung: „Wenn die Europäer nicht verstehen, was wir ihnen sagen, dann geben wir eben 300000 Immigranten Papiere, damit sie sich über Europa verteilen.“

Den EU-Partnern will er nun zwei Jahre Zeit geben, das Dublin-Abkommen entsprechend zu ändern. Panousis schätzt, dass bis dahin 2,5 Millionen Menschen nach Griechenland einreisen werden, was „sozial untragbar“ wäre. Das Abkommen legt fest, dass Asylsuchende im ersten EU-Land, in das sie einreisen, ihren Antrag stellen müssen. Griechenland ist von dieser Regelung besonders stark betroffen.

Kürzlich hatte Panousis erklärt, dass Zuwanderer nicht mehr länger als 18 Monate in Aufnahmelagern untergebracht werden sollen. Diese würden nach und nach geschlossen. Die Behörden beginnen bereits damit, Personen ohne Papiere aus der überfüllten Einrichtung in Amygdaleza nordwestlich von Athen zu entlassen. Voraussetzung dafür ist, dass sie einen ständigen Wohnsitz angeben und sich zweimal im Monat bei der Polizei melden. J.H.


Fachkräftemangel nicht akut
Regierungsbericht: Problem nur einzelner Branchen

Entgegen aller gegenteiligen Beteuerungen der Wirtschaft sowie bestimmter politischer Richtungen und Interessengruppen gibt es in Deutschland keinen allgemeinen Fachkräftemangel. Dennoch bleibe die „Fachkräftesicherung“ angesichts des demografischen Wandels „ein Schlüsselthema der deutschen Wirtschaft und eine der größten Herausforderungen für Deutschland insgesamt“. Zu diesem Urteil kommt die Bundesregierung in ihrem Fortschrittsbericht 2014. Darin heißt es weiter, dass allerdings bereits heute in Bezug auf bestimmte Qualifikationen, Regionen und Branchen Arbeitskräfteengpässe auftreten würden. Die Zahl der sogenannten Engpassberufe habe im Juni 2014 bei 19 Berufsgruppen gelegen. Betroffen seien insbesondere Gesundheits- und Pflegeberufe sowie technische Berufe.

Gegen den demografisch bedingten Schwund setzt die Bundesregierung neben der steigenden Erwerbstätigkeit von Frauen und Älteren auf Zuwanderung. Die von ihr selbst vorgelegten Zahlen geben in dieser Hinsicht allerdings keinen Anlass für Optimismus, denn im Juni 2014 hatte demnach mehr als jeder dritte Arbeitslose einen Migrationshintergrund. Damit ist dieser Personenkreis in der Arbeitslosenstatistik deutlich überrepräsentiert, denn nur jeder Fünfte in Deutschland Lebende hat einen Migrationshintergrund. Die Arbeitslosenquote von Ausländern, die in dem Bericht als Personen mit nicht-deutscher Staatsbürgerschaft definiert werden, lag im Jahresdurchschnitt 2014 bei 14,3 Prozent, die der Deutschen hingegen nur bei sechs Prozent.

Für das Jahr 2030 erwartet die Bundesregierung die größten Engpässe bei den Gesundheitsberufen, gefolgt von Managern und Ingenieuren. Einen Überschuss werde es hingegen bei Hilfsarbeitern und Büroberufen geben. J.H.


Jan Heitmann:
Demaskiert

Wieder gibt es Streit um den Welfenschatz. Dabei hatte die „Beratende Kommission“, die sich mit Streitfällen bei NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern befasst, vor einem Jahr empfohlen, die 42 millionenschweren Objekte aus dem Kunstgewerbemuseum der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) nicht zu restituieren. Die Erben der einstigen, wohlgemerkt damals in den Niederlanden und damit außerhalb des Machtbereichs des NS-Regimes lebenden, Verkäufer hatten die Rückgabe verlangt, da der Verkauf an den preußischen Staat 1935 unter staatlichem Zwang erfolgt sei. Das Geschäft sei „dem rassistischen Verfolgungsdruck auf die Juden geschuldet“ und der Kaufpreis nicht angemessen gewesen. Dafür konnte die Kommission jedoch keinerlei Anhaltspunkte finden (siehe PAZ 5/2014 und 13/2014).

Beide Seiten haben sich verpflichtet, die Entscheidung der Kommission zu akzeptieren. Doch nun ziehen zwei der Erben vor das US-Bundesgericht in Washington, um ihren Anspruch durchzusetzen – mit der unverschämten Begründung, die Beratungen der Kommission seien ein „Scheinprozess“ gewesen und sie hätten 2014 „die gleiche Diskriminierung erfahren wie ihre Verwandten in der Nazi-Zeit“.

Nicht jede Eigentumsübertragung erfolgte unter staatlichem Druck, im Rahmen der „Arisierung“ oder ist dem Komplex der „Raubkunst“ zuzurechnen. Auch die des Welfenschatzes nicht. Die beiden Kläger haben sich mit ihrem unmöglichen Verhalten selbst demaskiert. Ihnen geht es offensichtlich einzig und allein darum, mit fadenscheinigen Argumenten an ein Millionenvermögen zu kommen. Es ist zu hoffen, dass das US-Gericht das erkennt und die Klage abweist.


S. 2 Aktuell

»Ein amerikanisches Projekt«
Durch die Euro-Rettungspolitik werden Griechenlands Schulden zum Spaltpilz Europas

Auch wenn Syriza-Chef Alexis Tsipras mit seiner starren Haltung gegen Berlin und Brüssel momentan auf breite Zustimmung bei der griechischen Bevölkerung trifft, könnte sich das schnell ändern.

Viele Griechen wollen die von Syriza versprochenen Wahlgeschenke nun geliefert sehen. Zudem droht Ärger mit den eigenen Genossen: Ein starker linksradikaler Flügel innerhalb von Tsipras’ Regierungspartei legt es nämlich auf eine totale Konfrontation mit der EU an. Erste Anzeichen sprechen dafür, dass diese Linksradikalen notfalls auch ihrem Parteichef in den Rücken fallen, während dieser mit der EU verhandelt.

Nimmt man beides zusammen, dann könnte aus Brüsseler Sicht das befristete Verlängern des Kreditprogramms für Athen durchaus eine erfolgversprechende Taktik sein, um Syriza sich abwirtschaften und selbst zerlegen zu lassen. Auch Regierungschef Tsipras und Finanzminister Yanis Varoufakis dürfte ziemlich genau bewusst sein, dass ihre gemachten Wahlversprechen nicht finanzierbar sind. Trotz leerer Kassen war vor der Wahl unter anderem ein Sozialprogramm für rund 11,6 Milliarden Euro, subventionierte Strompreise für 300000 Haushalte, eine Preissenkung im öffentlichen Nahverkehr, eine Bonuszahlung für Pensionäre mit geringen Bezügen und ein staatliches Investitionsprogramm angekündigt worden.

Eine Zerreißprobe droht der linken Regierungspartei allerdings nicht nur durch das Nichteinlösen der Wahlversprechen. Syriza – ein Bündnis von einem Dutzend Splittergruppen und Organisationen – umfasst einen starken linksradikalen Flügel, dem nicht nur der Euro, sondern die ganze EU ein Dorn im Auge ist. Zum ersten Opfer parteiinterner Machtkämpfe durch diese Linksradikalen könnte Finanzminister Yanis Varoufakis werden. Er ist nicht Mitglied der Syriza, so dass es kaum politische Beißhemmungen geben dürfte. Erste Anfeindungen von ganz Linksaußen, etwa dass Varoufakis zu teuer gekleidet sei, sind inzwischen bereits zu hören. Auch eine geschmacklose Karikatur, die unlängst in der Syriza-Parteizeitung „Avgi“ erschienen ist, kann schon als Vorbote kommender Machtkämpfe gesehen werden. In Anspielung auf nationalsozialistische Verbrechen war der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble in dem Parteiorgan in einer Wehrmachtuniform dargestellt worden. Zudem waren Schäuble die Worte in den Mund gelegt worden: „Die Verhandlung hat begonnen. Wir bestehen darauf, Seife aus eurem Fett zu machen … Wir diskutieren nur über Düngemittel aus eurer Asche.“ Der griechische Regierungschef sah sich durch die Veröffentlichung seiner Genossen gegenüber Schäuble in eine äußerst peinliche Situation gebracht. Der Affront hat das ohnehin zerrüttete Verhältnis zwischen Berlin und Athen weiter belastet.

Anzeichen für zunehmende Uneinigkeit gibt es allerdings nicht nur auf der griechischen Seite. Bei den Verhandlungen der Euro-Gruppe mit Athen über eine Verlängerung des Kreditprogramms hat auch die EU-Kommission dazwischengefunkt. Wie von Griechenlands Finanzminister Varoufakis berichtet wurde, habe ihm der sozialistische französische EU-Kommissar Pierre Moscovici eine Vereinbarung vorgelegt, die Griechenland gern unterzeichnet hätte. Der eigentlich Verantwortliche für die Verhandlungen, Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem, soll Varoufakis zufolge aber im letzten Moment auf Änderungen am Text bestanden haben. Da Dijsselblom nach Angaben des „Daily Telegraph“ bei den Verhandlungen mit Athen als „Merkels Messenger Boy“ (Merkels Botenjunge) gilt, wird angenommen, dass die EU-Kommission tatsächlich den Griechen weit entgegenkommen wollte.

Kaum verwunderlich ist angesichts der jüngsten Entwicklung, dass die Frage aufgekommen ist, ob Griechenland von interessierter Seite nicht möglicherweise von Anfang an als Sollbruchstelle des Projekts Euro konzipiert worden ist. Erinnert sei in diesem Zusammenhang daran, dass Griechenland erst aufgrund von Statistik-Tricksereien in die Währungsunion gelangt ist, bei denen es von der Investmentbank Goldman Sachs mit Sitz in New York unterstützt wurde. Für den griechische Finanzminister Varoufakis zumindest war die EU „nie ein europäische Projekt, sondern von Tag Eins an ein amerikanisches Projekt“.

Hermann Müller


Euromajdan war abgekartetes Spiel
Wie die USA und die EU die rechtmäßige Regierung in Kiew entmachteten und damit die Ukranie-Krise auslösten

Wenn Kinder streiten und ein Erwachsener möchte schlichten, dann will er meist eine Antwort auf die Frage, wer denn angefangen habe. Das hat sich bewährt, denn es dient dazu, den Grund für den Zwist zu erfahren und gleichzeitig die Schuldfrage zu klären. Bedauerlich, dass man sich in der großen Politik die Erfahrungen aus der einfachen Pädagogik nicht zunutze macht. In der Krim-Krise beispielsweise ergäben sich andernfalls aufschlussreiche Perspektiven. Doch manchmal drängt die Wahrheit ganz unversehens ans Licht.

Während seiner Indien-Reise Ende Januar dieses Jahres gab US-Präsident Barack Obama dem Journalisten Fareed Zakaria für den Sender CNN ein Interview, in dessen Verlauf auch von der Ukraine die Rede war. Obama sagte dabei wörtlich: „Janukowitsch flüchtete, nachdem wir einen Handel über den Machtwechsel in der Ukraine vereinbart hatten.“

Das bedeutet, der rechtmäßige ukrainische Präsident Janukowitsch wurde vertrieben, und die USA haben den Putsch in die Wege geleitet. In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass die damalige EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton Anweisung gegeben hat, die Frage, wer die tödlichen Schüsse auf dem Majdan abgefeuert hatte, nicht zu untersuchen.

Der Grund für den Putsch ist bekannt: Janukowitsch wollte keine Assoziierung mit der EU. So kam es also zum Machtwechsel, der von Nichtregierungsorganisationen (NGO) der USA über Jahre vorbereitet worden war, was die USA im Laufe der Jahre fünf Milliarden US-Dollar gekostet hat, wie die für ihren Ausspruch „Fuck the EU“ bekannte US-Außenamts-Funktionärin Victoria Nuland bekannte.

Allerdings macht die EU den Freunden in den USA die alleinige Urheberschaft des Putsches streitig. Nikolaj Asarow, einst ukrainischer Ministerpräsident unter Janukowitsch und gleich ihm nach dem Staatsstreich geflohen, erzählt von EU-Spitzenfunktionären, die einen „Regime-Wechsel“ angedroht hätten, falls die Ukraine das Assoziierung-Abkommen mit der EU nicht unterzeichnen würde.

Asarow: „Ich habe weder Putin noch Medwedjew sagen hören, sollten Sie die Vereinbarung mit der EU unterzeichnen, wird die jetzige Regierung ausgewechselt. Doch dagegen habe ich mehrfach vom EU-Kommissar für Erwei-

terung und Nachbarschaftspolitik, Stefan Füle, gehört, sollten wir das Dokument nicht unterzeichnen, werde es eben eine neue Regierung tun.“ Folgerichtig kam es in Kiew zu den ersten Ausschreitungen, als sich Janukowitsch weigerte, den EU-Vertrag zu signieren.

Doch auch Asarow, der die Rolle der EU bei diesen Ereignissen in seinem Buch „Ukraine am Scheideweg“ hervorhebt, verkennt nicht die führende Bedeutung der USA. Von dort sei der Plan gekommen: „Die US-Regierung hat sich dafür eingesetzt, den damaligen ukrainischen Präsidenten zu entmachten. Ich glaube, Washingtons Taktik war es, Janukowitsch nach und nach aus dem Verkehr zu ziehen.“ Das allerdings ging dann sehr plötzlich.

Die Frage, die sich an diesem Punkt stellt, ist die nach der Rolle Moskaus und speziell des Präsidenten Wladimir Putin. So, wie sich die Dinge entwickelt haben, und angesichts der Urheberschaft von USA und EU passen die Anwürfe des Westens gegen den Kreml-Chef nicht zu den Tatsachen.

Auch die Abtrünnigen im ukrainischen Südosten gleichen mit einem Mal eher Legalisten, die einen Staatsstreich nicht anerkennen wollen, als Aufrührern und Rebellen. Schließich war es Präsident Petro Poroschenko, der zuerst das Militär eingesetzt hat, mit den bekannten furchtbaren Folgen.

Ein Kinderstreit ist der Bürgerkrieg in der Ukraine nie gewesen. Aber die Frage nach den Ursachen der Katastrophe zu stellen, wäre eine taugliche Voraussetzung, um die Sache selbst zu einem schiedlichen Ende zu bringen.

Florian Stumfall


MELDUNGEN

Paris trickst bei Entwicklungshilfe

Paris – Mit einem Trick versucht die französische Regierung, ihre Verpflichtungen bei der Entwick­lungshilfe zu umgehen. Nach den Militäroperationen in Mali und der Zentralafrikanischen Republik im vergangenen Jahr will sie die dafür getätigten Ausgaben im Haushalt der Entwicklungshilfe anrechnen. Hintergrund ist eine Vereinbarung der 29 größten Entwicklungshilfegeberländer in der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD), jährlich 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe aufzuwenden. Als „Öffentliche Entwicklungshilfezusammenarbeit“ gelten nach den Regeln der OECD „Ströme zu Ländern und Gebieten für bei der OECD gelistete Empfänger und zu multilateralen Institutionen“. Militärhilfe und Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung fallen ausdrücklich nicht darunter. J.H.

 

Zoll-Milliarden für die EU

Berlin – Die Bundesregierung will in diesem Jahr mit 32,3 Milliarden Euro zu den Eigenmitteln der Europäischen Union beitragen. Dies geht aus dem von ihr eingebrachten Entwurf eines „Gesetzes zu dem Beschluss des Rates vom 26. Mai 2014 über das Eigenmittelsystem der EU“ hervor. Die Eigenmittel stammen überwiegend aus den Zolleinnahmen. Sie werden von den Mitgliedstaaten erhoben und nach Einbehalt der Erhebungskostenpauschale an den EU-Haushalt weitergeleitet. Die Fortschreibung der Zahlungen sieht in den kommenden Jahren Beiträge in ähnlicher Höhe vor. Wie die Bundesregierung zu dem entsprechenden Gesetzentwurf schreibt, handelt es sich bei den Werten für die kommenden Jahre nur um eine Momentaufnahme. Die Prognosen würden im Rahmen der halbjährlichen Steuerschätzungen aktualisiert. U.M.

 

»Mein Kampf« bleibt Politikum

München – Voraussichtlich Anfang 2016 wird das Institut für Zeitgeschichte (IfZ) seine kommentierte Ausgabe von Adolf Hitlers „Mein Kampf“ veröffentlichen, nachdem die Rechte des Freistaats Bayern daran Ende des Jahres auslaufen. Die zweibändige Ausgabe soll rund 2000 Seiten umfassen, von denen 780 Seiten auf das Original von Hitlers Schrift und der Rest auf 5000 wissenschaftliche Kommentare, Einleitung und Register entfallen. Im Sommer des vergangenen Jahres hatten die Landesjustizminister entschieden, die unkommentierte Verbreitung des Buches solle in Deutschland weiter verboten bleiben, etwa unter Anwendung des Straftatbestands der Volksverhetzung. Dieser Gefahr sieht sich indes auch das vom Bund und mehreren Bundesländern getragene IfZ ausgesetzt. Denn nach Auffassung des bayerischen Justizministeriums ist auch die Veröffentlichung einer wissenschaftlich kommentierten Ausgabe nur „unter Umständen“ nicht strafbar. Das müsse „im Einzelfall und anhand des konkreten Textes von Gerichten beurteilt“ werden, so eine Ministeriumssprecherin. Für das IfZ wäre ein Verbot „nicht mehr als Symbolpolitik“ und zudem „Symbolpolitik am falschen Ort, weil sie nur der Mystifizierung dieses Buches dient.“ J.H.


S. 3 Deutschland

Wo bleiben die Steuermilliarden?
Otto Normalverbraucher erhält vom Staat für immer höherere Abgaben immer niedrigere Gegenleistungen

Die Deutschen haben im Jahr 2014 so viele Steuern gezahlt wie nie zuvor. Trotz der Rekordeinnahmen von Bund und Ländern ist unübersehbar, dass vielerorts kein Geld für die Infrastruktur da ist. So hat die Sperrung der Schiersteiner Brücke, über die bisher täglich 90000 Fahrzeuge zwischen Wiesbaden und Mainz fuhren, schlagartig bewusst gemacht, wie anfällig die hiesige Verkehrsinfrastruktur geworden ist.

Behalten Experten Recht, dann müssen sich die Deutschen künftig öfter auf Sperrungen und lange Staus durch kaputte Straßen und Brücken gefasst machen. Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums sind 6000 der insgesamt 39000 Fernverkehrsbrücken in Deutschland marode. Gün­ther Jost vom TÜV Rheinland schätzt gar, dass sich fast jede zweite Brücke in einem maroden Zustand befindet.

Zu solch deprimierenden Zustandsanalysen will nicht ganz passen, dass sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erneut über Rekordsteuereinnahmen freuen kann. Wie aus dem Dezemberbericht des Bundesfinanzministeriums hervorgeht, werden Bund und Länder 2014 Einnahmen von rund 593 Milliarden Euro verbuchen – vier Prozent mehr als im Vorjahr. Die Deutschen werden damit im vergangenen Jahr so viele Steuern gezahlt haben wie nie zuvor. Als Ursache der guten Einnahmen wird vor allem die weiterhin brummende Wirtschaft genannt. Nach Berechnungen des Ifo-Instituts ist Deutschland vergangenes Jahr erneut Exportweltmeister geworden.

Vor allem im Vergleich zu den gigantischen Infrastrukturvorhaben Chinas ist die Frage naheliegend, wo eigentlich die erwirtschafteten Leistungsbilanzüberschüsse und Steuergelder bleiben. Denn selbst Politiker beklagen regelmäßig, dass Deutschland einen massiven Nachholbedarf bei der Sanierung seiner Infrastruktur aufweist.

Aus dem Bundeswirtschaftsministerium ist vor Kurzem ein Expertenbericht bekannt geworden, in dem angeregt wird, mehr Privatkapital für die hiesige Infrastruktur zu mobilisieren. Privatanleger könnten sich über einen sogenannten Bürgerfonds beim Bau von Straßen, Schulen und Brücken engagieren, so die Überlegungen aus dem Haus von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Es ist die Politik selbst, die dafür gesorgt hat, dass trotz Rekordeinnahmen nun derartige Gedankenspiele angestellt werden, wo zusätzliches Geld herkommen könnte. Schaut man in den Bundeshaushalt, dann machen die Ausgaben für Soziales, für Verteidigung und die Schuldenbedienung mit Abstand die drei größten Ausgabenblöcke des Etats aus. Anzunehmen ist, dass diese Ausgabenposten künftig sogar weiter ansteigen werden.

Quasi als unantastbar können die Sozialausgaben gelten, die 2014 rund 122 Milliarden Euro bei einem Gesamtetat von 296,5 Milliarden Euro ausmachten. Bisher lautet das politische Credo für den Sozialetat: Viel hilft viel. Tatsächlich ist die bundesdeutsche Sozialpolitik allerdings nicht sonderlich effektiv und rangiert hinsichtlich der Wirksamkeit im internationalen Vergleich nur im Mittelfeld. Nach dem Gießkannenprinzip wird zu viel Geld auch an diejenigen ausgeschüttet, die nicht wirklich hilfsbedürftig sind.

Mit einer Besserung ist indes nicht zu rechnen. Ein Politiker, der von Einsparpotenzialen bei Sozialleistungen spricht, kann mit einem Entrüstungssturm rechnen. Dass tatsächlich gleichzeitig Steuergelder gespart werden und den wirklich Bedürftigen dabei mehr Hilfe zukommen könnte, spielt keine Rolle.

Faktisch tabu sind ebenso die Überweisungen Deutschlands im Zuge internationaler Verpflichtungen. Deutschland ist größter Netto-Zahler in der Europäischen Union und schultert ebenso die drittgrößten Beitragszahlungen an die Uno. Als unwahrscheinlich kann ebenso gelten, dass es zu Einsparungen am Verteidigungshaushalt kommt, der 2014 bei 32,4 Milliarden Euro lag. Gilt weiterhin die Vorgabe, die Bundeswehr international einsatzfähig zu halten beziehungsweise zu machen statt sich auf die Landesverteidigung zu beschränken, ist eher mit weiteren Steigerungen zu rechnen.

Gleiches gilt für die Zinsaufwendungen des Bundes für dessen rund 1,3 Billionen Euro Schulden. Hätte im vergangenen Jahr noch ein Zinssatz wie vor der 2007 einsetzenden Finanzkrise gegolten, dann hätte der Bund nach Berechnungen des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel rund 58 Milliarden Euro an Zinsen zahlen müssen. Dank aktueller Niedrigzinsen waren es aber nur rund 29 Milliarden Euro. Sollte die Ära der Minizinsen ein Ende finden, dann droht dem Bund ein entsprechender Kostenschub bei seiner Schuldenbedienung.

Auch die übrigen Rahmenbedingungen – etwa die Schuldenbremse – sprechen nicht dafür, dass in den kommenden Jahren vom Bund massiv Geld in die Hand genommen wird, um die Infrastruktur auf Vordermann zu bringen. Noch nicht einmal annähernd abzusehen ist etwa, wie sich die Situation entwickelt, wenn im Zuge der Euro-Rettungspolitik übernommene Bürgschaften fällig werden oder es etwa im Falle Griechenlands sogar zu einem nochmaligen Schuldenschnitt unter Einschluss der öffentlichen Hand kommt. Norman Hanert


Zankpartei in Nöten
Im Umfragetief − AfD steht bei Bremen-Wahl vor Bewährungsprobe

Für Politiker aller Parteien sind Erhebungen von Meinungsforschungsinstituten eine Pflichtlektüre. Den Verantwortlichen der Alternative für Deutschland (AfD) müssten die Zahlen von Infratest Dimap, die im Zuge der Hamburg-Wahl ermittelt wurden, daher in den Ohren klingeln. Mehr als zwei Drittel der Befragten gaben nämlich an, nicht an einen dauerhaften Erfolg der Eurokritiker zu glauben. Die Partei sei zu zerstritten, um langfristig erfolgreich zu sein.

Dennoch tat das Führungspersonal der AfD nach der Wahl das, was es bereits in den Vorwochen tat: Es zankte sich munter weiter. Mit 6,1 Prozent zog die Partei erstmals in ein westdeutsches Parlament ein, doch das Ergebnis blieb weit unter den Resultaten, die die AfD im vergangenen Herbst in den mitteldeutschen Ländern erzielte. „Ich bleibe dabei, wir hätten besser abschneiden können“, erklärte Parteisprecherin Frauke Petry, und ihr Co-Vorsitzender Bernd Lucke erwiderte: „Hamburg ist ein schwieriges Pflaster, die Ergebnisse lassen sich nicht vergleichen. Wir haben gut abgeschnitten.“

Auch nach dem Satzungs-Kompromiss des Bundesparteitags im Januar kommt die Partei intern nicht zur Ruhe. Vor allem um die Ausrichtung in den westlichen Bundesländern wird eifrig gestritten. Wie viel Islam-Kritik soll es sein? Wie scharf das Thema Einwanderung angegangen werden? Und wie soll sich die Partei wirtschaftspolitisch aufstellen? Frontmann Lucke möchte die Euro-Kritik wieder stärker in den Mittelpunkt rücken und zudem mit wirtschaftsliberalen Themen beim Bürgertum punkten. Konrad Adam, der dritte Sprecher, warnt dagegen davor, „die AfD zu einem FDP-Abklatsch werden zu lassen“, und der brandenburgische AfD-Chef Alexander Gauland glaubt nicht, dass „Themen wie Islam oder Einwanderung im Westen nicht ziehen.“

Die Kampagne in der Hansestadt war ganz auf den Spitzenkandidaten Jörn Kruse, einen liberalen Wirtschaftsprofessor, zugeschnitten. „Es war ein Fehler, die Wahlsieger aus dem Osten nicht einzubinden“, kritisierte Frauke Petry.

Am 15. Mai steht nun die nächste Bewährungsprobe an, dann wird in Bremen gewählt, und der dortige Verband gilt parteiintern ohnehin als Sorgenkind. In den Umfragen liegt die AfD konstant unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde, zudem verfügt die Partei hier nur über rund 130 Mitglieder. Außerdem sitzt mit der konservativen Wählervereinigung „Bürger in Wut“ bereits eine Konkurrenz-Formation im Landesparlament. Wahlabsprachen mit den „Wutbürgern“ um Jan Timke hat die AfD frühzeitig abgelehnt. „Wir werden alle relevanten Personen und Positionen der Partei in den Wahlkampf einbinden“, kündigt der Landesvorsitzende Christian Schäfer daher an.

Doch daran scheinen nicht alle in der Partei zu glauben. Zuletzt mehrten sich die Austritte von Vertretern des rechten Flügels, unter anderem warf Pegida-Rednerin Tatjana Festerling aus Hamburg das Handtuch. Schon vor Monaten gab der frühere brandenburgische Landesvorsitzende Roland Scheel sein Parteibuch zurück und rief eine „Wahlalternative 2017“ ins Leben, „die echte alternative Politik doch noch umsetzen will“. Aus einer „Wahlalternative 2013“ ist vor zwei Jahren die AfD entstanden. Peter Entinger


Es wird immer voller
Migrationsbericht veröffentlicht − Mehr Ein- als Abwanderung

Sehr aufschlussreich ist der jüngste Migrationsbericht für Deutschland. Im EU-Vergleich zeigt sich, dass es seit 2006 Hauptzielland von Zuzüglern ist. So sind 2012 insgesamt 592175 Menschen nach Deutschland zu-, aber 240001 daraus abgewandert, was einen Zuzugssaldo von 352174 ergibt. Ähnliche, wenngleich erheblich niedrigere Zuzugssalden wiesen nur Italien (244556) und Großbritannien (176823) auf, während etwa Spanien einen diesbezüglichen Negativsaldo (mehr Ab- denn Zuzügler) von 142553 Menschen zu verzeichnen hatte. Auch die Schweiz − als Nichtmitgliedsland der EU – wies 2012 einen positiven Migrationssaldo von 36170 Menschen auf: 149051 Zuzüglern standen vor zwei Jahren 103881 Fortgezogene gegenüber.

Im Jahr 2013 – für 2014 liegen noch keine Zahlen vor – wies die Migrationsstatistik für Deutschland einen „Wanderungsgewinn“ von 430000 Personen aus. Ob dies tatsächlich ein „Gewinn“ für das Land ist, soll hier nicht bewertet werden. Fest steht, dass aus Polen 197009 Zuzüge nach Deutschland und von dort 125399 Fortzüge nach Polen registriert worden sind, mithin ein Zuzugssaldo von 71610 Personen. Weiter angestiegen ist die Zahl der aus Rumänien (135416 gegen 85865 Fortgezogene) nach Deutschland Zugezogenen, was seit 2006, dem Jahr vor Rumäniens EU-Beitritt, in etwa einer Versechsfachung entspricht. Deutlich erhöht im Vergleich zu 2012 hat sich die Zuwanderung aus Italien (35 Prozent) und Spanien (17 Prozent). Interessant auch die deutsche „Wanderungsbilanz“ bezüglich Österreich und dem Nicht-EU-Mitglied Schweiz: Während nämlich aus Österreich „nur“ 18629 Menschen nach Deutschland übersiedelten, zog es deren 20341 von Deutschland nach Österreich. Gegenüber der Schweiz ist der deutsche „Wanderungsverlust“ von 9034 Personen (17923 Zuzügler aus und 26957 Wegzügler nach Deutschland) noch markanter als jener gegenüber Österreich (1712).

Die Erklärungen dafür liegen auf der Hand: Ist es beim „Wanderungsgewinn“ in erster Linie die wirtschaftliche und soziale Anziehungskraft (Arbeitsmöglichkeiten) Deutschlands, die auf Menschen aus den EU-Ländern Polen, Rumänien, Italien und Spanien wirkt, so spielt beim „Wanderungsverlust“ die steigende Zahl der deutschen „Numerus-Clausus-Flüchtlinge“ an österreichischen Hochschulen eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Hinsichtlich der Schweiz dürften hingegen die steuerrechtlichen Voraussetzungen sowie die gute wirtschaftliche Lage ausschlaggebend sein. Am deutlichsten zeigt sich die sozial-ökonomische Anziehungskraft Deutschlands indes an der Zahl der ins Land strömenden Asylsuchenden: 2013 hat die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland um nicht weniger als 70 Prozent gegenüber 2012 zugenommen.

Beachtlich sind auch die Zahlen, welche zur Migration aus der Russischen Föderation nach Deutschland vorliegen. Waren es 2013 nur 33233 Personen, so dürfte die Zahl nach bislang vorliegenden Indikatoren 2014 auf mehr als 100000 hochschnellen. Keinen Zweifel kann es über die Gründe für die Abwanderung aus Russland geben: Die sich verschlechternde Wirtschaftslage des Landes und der Krieg in der östlichen Ukraine. Rainer Liesing


MELDUNGEN

Schutz für Zehntausende

Berlin – Ende vergangenen Jahres waren im Ausländerzentralregister knapp 40000 Personen mit einer Asylberechtigung erfasst. Die drei Hauptherkunftsländer waren die Türkei mit über 12700 Asylberechtigten, der Iran mit knapp 6000 Betroffenen und Syrien mit fast 3000 Personen. Die Zahl der Menschen mit Flüchtlingsschutz belief sich auf 110000. Hauptherkunftsland war in diesen Fällen der Irak mit 35000 Personen vor Syrien mit 25000 und der Iran mit 11000. Für 35000 Personen wurde ein Abschiebeverbot erteilt. Hauptherkunftsländer waren hier Afghanistan, Syrien und Kosovo. Zum gleichen Zeitpunkt lebten knapp 14000 Menschen mit einer Duldung in Deutschland, 13000 genossen „subsidiären Schutz“. U.M.

 

Zentrales Gedenken

Berlin – Die zentrale Veranstaltung zu dem in diesem Jahr erstmals begangenen „Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung“ findet am 20. Juni im Schlüterhof des Deutschen Historischen Museums in Berlin statt. Die Bundesregierung beabsichtigt, dort eine Gedenkstunde mit Reden und musikalischer Umrahmung durchzuführen. Dies soll, so die Bundesregierung, „Gelegenheit bieten, die Themen Flucht und Vertreibung im gesellschaftlichen Bewusstsein zu stärken und historisches und aktuelles Geschehen zu vergegenwärtigen“. Es solle auch deutlich gemacht werden, „dass der Wille und die Kraft zu Versöhnung und Neuanfang, zu gemeinsamem Aufbau und Zusammenhalt in der Gesellschaft das Fundament bilden, auf dem unser Land heute Menschen aus 190 Nationen eine Heimat bietet“. Auch die historische Aufarbeitung von Flucht und Vertreibung sowie „die Erinnerung und das Gedenken an die Opfer“ würden von ihr „nachhaltig unterstützt“. J.H.


S. 4 Hintergrund: Bundeswehr

Pannen und Peinlichkeiten
Defizite bei der Bundeswehr beeinträchtigen Deutschlands Verlässlichkeit im Bündnis

Trotz gravierender Ausrüstungsmängel verkündet Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen, Deutschland werde international mehr sicherheitspolitische Verantwortung und die Bundeswehr noch mehr Aufgaben übernehmen. Ein besonders prägnantes Beispiel zeigt, wie realitätsfern diese Pläne sind.

„Wenn Gott will, so grünt ein Besenstiel“, lautet ein deutsches Sprichwort. Bei der Bundeswehr geht das Gottvertrauen offensichtlich so weit, dass man darauf hofft, dass ein Besenstiel sogar schießt. Die ARD-Fernsehmagazine „Report Mainz“ und „Kontraste“ zitieren aus einem internen Bericht der Bundeswehr, nach dem die deutsche Nato-Eingreiftruppe bei einem multinationalen Manöver in Norwegen das Rohr der Waffenanlage des gepanzerten Transportfahrzeugs „Boxer“ mit schwarz angestrichenen Besenstielen simuliert hat, da der Verband über keine Rohre für die Waffenanlage verfügt. Der Bericht führt weiter das „Nichtvorhandensein“ von Ausrüstungsgegenständen wie Fahrzeugen und Waffen auf. Beim Nachtsichtgerät „Lucie“ gebe es „ein Fehl von 76 Prozent“, bei den Pistolen P8 fehlten 41 Prozent und beim Maschinengewehr MG3 31 Prozent. Beim „Boxter“ sei die vorgesehene Bewaffnung sogar „zu 100 Prozent nicht vorhanden“. Fazit: Wenn das Material nicht verfügbar sei, könne „der NRF-Auftrag nicht erfüllt werden“.

Bei der NRF handelt es sich um die Nato Res­ponse Force, die schnelle Eingreiftruppe des Bündnisses für weltweite Einsätze. Das macht den Bericht für die Bundeswehr besonders blamabel, mag das Bundesverteidigungsministerium auch noch so oft betonen, die Truppe sei überprüft und „zertifiziert“.

Nach Informationen der beiden Fernsehmagazine wird jetzt Material von anderen Einheiten dauerhaft abgezogen, um die Lücken beim NRF-Verband zu schließen. Das wiederum wird bei weiten Teilen der Truppe zu erheblichen Einschränkungen im Ausbildungs- und Übungsbetrieb führen. Bei der Bundeswehr heißt das System, statt vollzählige Ausstattung zu gewährleisten, einzelne Geräte oder auch gleich ganze Einheiten zu kannibalisieren, um an anderer Stelle Einsatzbereitschaft herzustellen, „dynamisches Verfügbarkeitsmanagement“. Das indes ist nichts Neuer, sondern ein schon lange praktiziertes Verfahren, mit dem die Bundeswehr den überwiegend durch politische und ministerielle Fehlentscheidungen entstandenen Mangel mehr schlecht als recht „verwaltet“.

Als wäre der Vorgang mit den Besenstielen allein nicht schon peinlich genug, gibt das Bundesverteidigungsministerium in dieser Sache auch noch ein Musterbeispiel für schlechte Krisenkommunikation. Nachdem es Fragen zu den Ausrüstungsmängeln zunächst nicht beantworten wollte, hieß es, für den Einsatz der „Boxter“ sei bei dem Manöver „gar keine Bewaffnung notwendig“ gewesen. Das wirft allerdings die Frage auf, warum die Fahrzeuge dann überhaupt mit einer Waffenanlage ausgerüstet sind und warum sich die Truppe die Mühe gemacht hat, deren Vollständigkeit mit einem Besenstiel zu simulieren, wenn die Bewaffnung doch angeblich nicht benötigt wird.

Außerdem ließ das Ministerium verlauten, dass der interne Bericht schon älteren Datums sei. Mittlerweile habe der Generalinspekteur die Anweisung erteilt, den Verband „vollumfänglich mit dem nötigen Material auszurüsten“. Das wiederum lässt die Soldaten rätseln, ob sie demnächst Fahrzeuge ohne Motor geliefert bekommen, weil der Generalinspekteur die Motorisierung womöglich nicht ausdrücklich befohlen hat. Und ob das deutsche NRF-Kontingent damit endlich auch die Geschützrohre erhält, ist fraglich, denn schließlich hält das Ministerium die ganze Waffenanlage ja für unnötig. Die Truppe wird von der eigenen Führung lächerlich gemacht. Jan Heitmann


Stumpfe Speerspitze
Eingreiftruppe soll weltweit für Sicherheit der Nato-Mitglieder sorgen

Es war nicht irgendein unbedeutendes Manöver, in das die Bundeswehr mit Besenstielen ziehen musste, sondern die wichtige Übung „Noble Ledger“ der Nato Response Force (NRF), der schnellen Eingreiftruppe des Bündnisses. Deutschland beteiligt sich daran derzeit mit rund 4000 Soldaten und fungiert sogar als „Rahmennation“. Für Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen stellt die damit verbundene Übernahme der Führung und Verantwortung für die NRF eine „tolle Herausforderung“ dar.

Die NRF hat laut Eigendarstellung der Bundeswehr den „Aufgabendreiklang Abschrecken, Unterbinden und Verteidigen, wo immer der Nato-Rat es beschließt“, wenn es „die Sicherheit der Nato-Mitglieder erfordert“. Die Eingreiftruppe besteht derzeit aus einem Kommando- und Kontrollelement, einer sehr schnell einsatzbereiten Speerspitze in Stärke von etwa 13000 Mann sowie einem Kontingent, das diese mit Unterstützungskräften ergänzt. Die Stärke der Eingreiftruppe variiert. Dazu melden die Nato-Staaten jahresweise Truppenkon­tingente und stellen diese dann für den betreffenden Zeitraum ab. Letztlich sei das „Erfolgskriterium“ der NRF nach Bundeswehrangaben aber „nicht die Zahl der bereitgestellten Soldaten, sondern es sind die militärischen Fähigkeiten entscheidend“. Deshalb unterliegt der NRF-Verband einem Überprüfungs- und Zertifizierungsprozess. Dazu muss die Truppe eine Reihe von Übungen, „Noble Justification“ genannt, absolvieren. Eine davon ist das Manöver „Noble Ledger“, bei dessen letzter Durchführung Ende vergangenen Jahres die Besenstiele zum Einsatz kamen. Dennoch wurde der Verband zertifiziert und ihm damit die Einsatzbereitschaft bescheinigt. Tatsächlich scheint die Einsatzbereitschaft des deutschen NRF-Gefechtsverbands, den die 900 Soldaten des Panzergrenadierbataillons 371 aus dem sächsischen Marienberg bilden, angesichts der gravierenden Ausrüstungsmängel jedoch alles andere als gewährleistet zu sein.

Sind die Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt und die ihr ausgelieferte Truppe schon der bisherigen „tollen Herausforderung“ nicht gewachsen, greift von der Leyen weiter nach den Sternen. Unverdrossen hat sie eine wesentliche deutsche Beteiligung an den „superschnellen“ Reaktionskräften des Bündnisses zugesagt. Die Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) soll im zweiten Quartal dieses Jahres im Testbetrieb „volle Einsatzbereitschaft in fünf Tagen nach Alarmierung“ herstellen. Worin die dann wohl „supertolle Herausforderung“ liegt, hat die Ministerin selbst gesagt: „Das ist ein anderer Bereitschaftsgrad. Mehr Übungstätigkeit, mehr unbekanntes Gelände, denn wir sind gewissermaßen diejenigen, die die Pfadfinder für die Nato-Speerspitze sind. Und alle 28 Nato-Mitglieder schauen auf diese Truppe.“ Für den deutschen Nato-General Hans-Lothar Domröse wird die VJTF „der Porsche unter den Porsches“ sein, „so schnell und so gut“ und „auch kämpfen können“. Es ist indes zu befürchten, dass der Porsche nicht in Fahrt kommen wird, weil er aus Mangel an Benzin nur mit Wasser betankt werden kann. Derzeit müsste die Truppe jedenfalls mit Besenstielen kämpfen. J.H.


Hauptsache, das Fruchtwasser bleibt sauber

Das Bild von der materiellen Einsatzbereitschaft der Bun-deswehr ist verheerend. Doch nicht immer sind fehlende Haushaltsmittel, Planungsfehler, Herstellungsmängel oder militärische Regelungswut der Grund. Oft sind es auch allgemeine Gesetze und Vorschriften, die der Truppe das Leben schwermachen. Schon sprichwörtlich gewordene Beispiele dafür sind Fahrzeuge, die im Einsatz stillgelegt werden, weil der TÜV abgelaufen ist, und Soldaten, die sich in Afghanistan akribisch der Mülltrennung statt ihren militärischen Aufgaben widmen müssen.

Selbst wichtige Rüstungsprojekte werden bisweilen durch allgemeinverbindliche Vorschriften ausgebremst, die, für den zivilen Bereich erdacht, bei Anwendung in der militärischen Einsatzrealität wie Satire wirken. So sollte der „Puma“ eigentlich schon im vergangenen Jahr den veralteten Schützenpanzer „Marder“ ersetzen. Doch daraus wurde nichts, denn das Gerät entspricht nicht den Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung. Bevor der Puma ausgeliefert werden darf, muss nämlich sichergestellt sein, dass selbst für Hochschwangere die Beförderung bei einem Gefechtseinsatz ohne Gefährdung von Mutter und ungeborenem Kind möglich ist. Dazu gehört unter anderem die Einhaltung eines Grenzwertes der „Schussgasbelastung“ im Innenraum. Dass die Bundeswehr allein schon deshalb keine schwangeren Soldatinnen ins Gefecht schickt, weil das Mutterschutzgesetz auch für diese gilt, spielt dabei keine Rolle.

Eine „Fruchtwasserschädigung bei der weiblichen Puma-Besatzung“ durch eindringenden Pulverdampf ist mittlerweile ausgeschlossen. Allerdings haben solche Vorgaben die Entwicklungskosten in die Höhe getrieben und die Auslieferung verzögert. J.H.


Zeitzeugen

Volker Hallbauer – Als Kommandierender General des Deutsch-Niederländischen Korps in Münster hat der Generalleutnant Anfang des Jahres turnusmäßig den Befehl über die NRF übernommen. Kurz zuvor bescheinigte er der NRF gemeinsam mit zwei Generalen aus hohen Stäben der Nato den „erfolgreichen Ausgang der Qualitätsanalyse“.

Katrin Suder – Als beamtete Staatssekretärin im Verteidigungsministerium soll die promovierte Physikerin seit August 2014 den komplizierten Rüstungssektor grundlegend reformieren. Zuvor arbeitete die parteilose Vertraute von Ursula von der Leyen bei der Unternehmensberatung McKinsey. Dabei erhielt sie durch ihre Tätigkeit für verschiedene Bundesministerien und Konzerne das Rüstzeug für ihre Herkulesaufgabe im Verteidigungsministerium.

André Wüstner – Der 40-jährige Oberstleutnant vertritt als Vorsitzender des Bundeswehrverbandes die Interessen der Soldaten. Dazu gehört für den einsatzerfahrenen Offizier auch, beständig hinsichtlich der Ausrüstungsmängel den Finger in die Wunde zu legen. Nach den Vorgängen bei der NRF fordert er von der Verteidigungsministerin, „zum Befreiungsschlag auszuholen“. Andernfalls würden sie „die in der Vergangenheit getroffenen Entscheidungen zur Reduzierung der materiellen Ausstattung“ immer wieder einholen.

Kai-Uwe von Hassel – Mit dem Namen des von 1963 bis 1966 amtierenden Verteidigungsministers ist der folgenreichste Ausrüstungsmangel in der Geschichte der Bundeswehr verbunden: die „Starfighter“-Krise. Obwohl sein eigener Sohn zu den 108 Opfern gehörte, tat er alles, um zu vertuschen, dass technische Überfrachtung zu den Abstürzen führte.

Harald Kujat – Der pensionierte Viersternegeneral und ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr gilt als hervorragender Experte für Militärpolitik. Unter seiner Ägide als Vorsitzender des Nato-Militärausschusses wurde die schnelle Eingreiftruppe NRF ins Leben gerufen. Die Zustände beim deutschen NRF-Kontingent sind seiner Meinung nach „an Peinlichkeit nicht zu überbieten“. Damit blamierten sich die Nato und die Bundesrepublik Deutschland.


S. 5 Preussen/Berlin

Ramadan und Freitagsgebet im Knast
Justizsenator Thomas Heilmann beruft Beirat zur religiösen Betreuung muslimischer Häftlinge

In Berlin gibt es viele muslimische Gefangene in den Haftanstalten. Um deren religiöse Betreuung zu verbessern, hat Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) einen Beirat berufen, in dem auch Islamverbände vertreten sind. Die Beratung durch einen von der Justiz unabhängigen muslimischen Verein hatte Heilmann 2013 aus Sicherheitsbedenken abgelehnt.

Insgesamt 3932 Strafgefangene gab es in Berlin am Stichtag 30. November 2014. Von ihnen sind 15 bis 20 Prozent muslimischen Glaubens, schätzt die Justizverwaltung. Der Bevölkerungsanteil von Muslimen in Berlin liegt bei sieben bis acht Prozent. Es dürfte sich um stets etwa 600 bis 800 muslimische Gefangene handeln. Ihre Zahl kann die Justiz nur schätzen, da die Angabe eines Religionsbekenntnisses freiwillig ist.

Wie Justizsenator Heilmann bei einem Pressegespräch erklärte, liegt die Gesamtzahl der Häftlinge in Berlin überdies pro Jahr bei etwa 8000, da es auch viele „Kurzzeitgefangene“ gebe. Stets gibt es Entlassungen und Neuzugänge. Unter anderem gibt es 1015 Haftplätze in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Moabit, 935 in der JVA Tegel, 908 Haftplätze in der „JVA des Offenen Vollzuges Berlin“, 648 in der JVA Heidering, 536 in der JVA Plötzensee und 421 in der Jugendstrafanstalt Berlin.

Den Löwenanteil der von Polizei und Staatsanwaltschaft gemeinsam geführten Intensivtäter Berlins – die Schlimmsten der Schlimmen – stellen Männer arabischer und türkischer Herkunft, zusammen derzeit 74 Prozent.

Angemerkt sei, dass unter anderem die Mehrheit der Raubtäter in Berlin nie von der Polizei gefasst wird und somit auch nie einen Gerichtssaal oder gar ein Gefängnis von innen sieht. Die Aufklärungsquote bei Raub betrug in Berlin 2013 nur 34,7 Prozent und war damit erneut die niedrigste im Bundesgebiet. Würden die Berliner Strafverfolgungsbehörden ihrer Aufgabe auch nur halbwegs gerecht, würden die Haftplätze in den Anstalten wohl gar nicht ausreichen. Dabei sind derzeit noch insgesamt rund 800 Plätze frei.

Justizsenator Heilmann erklärte: „Unser Anspruch ist es, die religiöse Betreuung für muslimische Gefangene weiter zu verbessern. Neben den Imamen, die ja bereits seit mehreren Jahren in den Anstalten tätig sind und dem Freitagsgebet in Tegel ist der neue Beirat eine weitere wichtige Säule, um das Angebot zu verstetigen und kontinuierlich auszubauen.“ Derzeit bieten sechs Imame und 13 weitere Personen in den Haftanstalten religiöse Betreuung für Muslime an.

Der Beirat hat 14 Mitglieder, darunter Vertreter der Vollzugsanstalten, des Senats, des Islam-Forums, der „Türkisch Islamischen Union der Anstalt für Religion“ (Ditib), der Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands, des „Semerkand Glaubens- und Kulturzentrums e.V.“, sowie der „Arbeitsgemeinschaft muslimischer Gefängnisseelsorge e.V.“. Diese letztgenannte „Arbeitsgemeinschaft“ hatte ursprünglich alleine eine Beratungsfunktion gegenüber der Justizverwaltung wahrnehmen wollen. Das hatte Heilmann jedoch 2013 aus Sicherheitsgründen abgelehnt, was ihm Kritik einbrachte. Auf Frage der PAZ erklärte er dazu: „Dagegen gab es in der Tat aus unserem Haus, von der Polizei, auch vom Verfassungsschutz, Bedenken. Denn die Frage, ob wir verhindern könnten, dass ein Verein salafistisch unterwandert wird, wäre mit einem glasklaren Nein zu beantworten.“ Deshalb habe er es abgelehnt, dass ein von der Justizverwaltung völlig unabhängiger Verein allein eine solche Beratungsfunktion wahrnehme. Falls sich etwa der betreffende Verein in Richtung Salafismus entwickelte, „würden wir ihn bitten, aus dem Beirat auszutreten“.

Im Übrigen würden alle Personen, die Kontakt mit Häftlingen hätten, sicherheitsüberprüft, wofür die Innenbehörde zuständig sei. Die Gefahr, dass sich jemand tarne, gebe es immer. Eine denkbare Radikalisierung von Häftlingen könne jedoch eher durch andere in den Anstalten tätige Personen – wie etwa Ausbilder in den Arbeitsbetrieben – oder durch Mithäftlinge erfolgen. Derzeit in Berlin inhaftierte Islamisten seien bereits vor ihrer Haft radikalisiert gewesen.

Auf die Frage der PAZ, wie die muslimischen Gefangenen die religiösen Angebote annähmen, erklärte der Justizsenator: „Die Annahme ist nicht sehr hoch. Die am stärksten besuchte Veranstaltung in Tegel hatte 53 Teilnehmer. Es gibt auch Veranstaltungen, da kommen nur zehn.“ Das solle aber auch im Beirat besprochen werden: „Liegt das daran, dass sie so wenig muslimisch sind oder dass unser Angebot die Bedürfnisse nicht trifft?“ Als Themen für den Beirat nannte Heilmann: „Wie gehen wir mit dem Ramadan um? Wie ist das mit dem Freitagsgebet? Wie wählen wir die richtigen Betreuer aus und nach welchen Kriterien?“ Gegenwärtig benennen die Religionsgemeinschaften Imame und geben dabei an, weshalb sie für ihre Aufgabe qualifiziert seien.

„Wie bei den Christen“, sagte Heilmann, „haben wir Muslime, die sich für den eigenen Glauben nicht interessieren und ihn nicht ausüben. Wir haben aber auch Gefangene, die auf ihre Grundrechtsausübung Wert legen.“ Darin bestehe auch eine „Chance – da der muslimische Glaube Straftaten ablehnt – dass das ein Weg sein kann, zu einem straffreien Leben zurückzufinden, was wir als Nebeneffekt sehr begrüßen.“ Michael Leh


Die neue Angst der Berliner Juden
von Theo Maass

Berliner Juden fühlen sich bedroht. Die Mitgliederzeitung ihrer Gemeinde, „Jüdisches Berlin“, wurde bisher offen durch die Post zugestellt. Nunmehr wird die Zeitung in ein Couvert ohne Aufdruck verpackt und so „neutral“ versandt, um möglichen Nachbarn nicht mehr zu zeigen, dass hier Juden wohnen. Gemeindevorsitzender Gideon Joffe: „Leider müssen wir … nun daran denken, wie wir die Wahrscheinlichkeit von Anfeindungen gegen Gemeindemitglieder reduzieren können. Aus diesem Grund werden wir das ,Jüdische Berlin‘ zukünftig in einem neutralen Umschlag versenden.“

So weit, so schlecht. Die stets bei antisemitischen Vorfällen pauschalen Vorwürfe gegen „die Deutschen“ von Seiten der verantwortlichen Repräsentanten haben sich als vollkommen gegenstandslos erwiesen. Der alte, „eingeborene“ Antisemitismus ist kaum noch spürbar. Dagegen wird diese Geisteshaltung im Rahmen von Multikulti, Willkommenskultur und dem Versuch, ein Einwanderungsland Deutschland herbeizureden, importiert. Warum die Betroffenen dies nicht zur Kenntnis nehmen wollen, bleibt rätselhaft. Gerade hier ansässige Juden – mit oder ohne deutsche Staatsbürgerschaft – täten gut daran, sich der Islamisierung Deutschlands entgegenzustellen, denn ihre Existenz könnte bei einem Fortschreiten dieser Entwicklung gefährdet sein.

Diese Entwicklung begann keineswegs bei dem Brandanschlag auf die Düsseldorfer Sy­nagoge am 2. Oktober 2000, als sich der damalige Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, bereitwillig vor Kanzler Gerhard Schröders Karren „Aufstand der Anständigen“ spannen ließ, mit dem eine beispiellose Hetze gegen die bürgerliche Mitte in Deutschland losgetreten wurde und alles Konservative und Patriotische in den Nazi-Giftschrank gesperrt wurde. Spätestens als sich die wahre Urheberschaft des Anschlages (moslemische Extremisten) herausstellte, wäre Spiegel gefordert gewesen, das Land gegen die radikal-islamistische Gefahr zu mobilisieren. Er tat es nicht.

Auch beim Bürgeraufstand Pegida waren führende jüdische Funktionäre auf der Seite der Gegner zu finden. Der Zentralratsvorsitzende Josef Schuster fand, die Angst vor islamistischem Terror werde „instrumentalisiert“, um eine ganze Religion zu verunglimpfen. Das sei „absolut inakzeptabel“.

Berlins Gemeindevorsitzender Joffe erntet nun, was Paul Spiegel 2000 und Josef Schuster 2014 gesät haben. Vielleicht wäre er gut beraten, nach einer gewissen Schamfrist eine neue Bürgerbewegung gegen Islamisierung anzuführen. Der restliche Teil der Steuern zahlenden deutschen Bevölkerung wäre ihm gewiss dankbar.


Auch mal widersprechen
Franziska Giffey folgt dem Neuköllner Bürgermeister Buschkowsky

Wer kommt nach Heinz Buschkowsky? Noch nicht einmal im Amt, wird Franziska Giffey, die designierte Bürgermeisterin von Berlin-Neukölln, schon als ganz großes Talent der Berliner SPD gehandelt. In der Sache sei sie bestimmt und klar, im Ton aber leiser als der bisherige Bürgermeister, so Beschreibungen, die der 36-jährigen Giffey vorauseilen.

Vom Neuköllner Ur-Gestein Buschkowsky unterscheidet Giffey vieles: In Frankfurt an der Oder geboren und in einem märkischen Dorf aufgewachsen, wollte sie zunächst Lehrerin werden und studierte Englisch und Französisch. Da Ärzte vor Stimmproblemen warnten, orientierte sie sich um und legte ein Diplom als Verwaltungswirtin ab. Auslandsstudienprogramme führten sie nach Japan, Frankreich und England.

In London lernte sie im Jahr 2000 im Büro des Bezirksbürgermeisters von Lewisham, wie viel aktiver man dort unter anderem beim Einwerben von EU-Geldern vorgeht. Als Buschkowsky im Jahr 2002 jemanden suchte, der Mittel aus den EU-Töpfen für Projekte in seinem Bezirk heranholt, begann Giffeys Karriere im Rathaus Neukölln als Europabeauftragte. Wie es in Medienberichten heißt, soll die Entscheidung für Giffey sehr schnell festgestanden haben. Bereits eine Stunde nach ihrem Bewerbungsgespräch soll er zum Telefon gegriffen haben, um sich ihre Mitarbeit zu sichern.

Seit 2010 Bildungsstadträtin, folgte sie der Linie ihres Mentors. „In der Sache bin ich ganz nahe bei Buschkowsky“, so Giffey. Wie er steht auch sie im Ruf, in Sachfragen den eigenen Genossen in der SPD zu widersprechen, wenn es die Erfahrungen gebieten. So führten sie für Brennpunktschulen einen Wachschutz ein.

Für Aufmerksamkeit sorgte Giffeys Aussage, dass der Islam zum täglichen Leben gehöre, nicht aber zur Tradition. „Wenn ich durch Neukölln gehe, das tägliche Leben hier sehe, dann ist der Islam natürlich auch präsent und gehört zu Neukölln und Deutschland. Von den historischen Wurzeln betrachtet gehört er nicht zur ursprünglichen Tradition und Geschichte.“ Geprägt haben könnten die Mutter eines Kindes dabei ganz konkrete Erfahrungen. Als Studentin hatte Giffey ihre erste Wohnung unweit der Neuköllner Hermannstraße gemietet, die fest von türkisch-arabischen Einwohnern dominiert wird. Die SPD will Giffey am 2. März als Kandidatin für das Bürgermeisteramt nominieren. Die Wahl ist für den 15. April angesetzt. Norman Hanert


Gegen Olympia
Linksextreme attackieren Bürgerversammlung

Am 12. Februar kam es am Rande eines vom Berliner Senat veranstalteten Bürgerforums zur Olympiabewerbung Berlins zu Störaktionen von linksextremen Olympiagegnern. Unter den 250 interessierten Bürgern waren etwa 20 Linksextremisten, die aggressiv ver­suchten, die Versammlung zu sprengen.

Ein militanter Olympiagegner ließ sich von seinem Stuhl fallen und behauptete anschließend, angegriffen worden zu sein: „Ich möchte Anzeige erstatten, ich bin angegriffen worden“, krakeelte er in den Raum. Andere brüllten Sprechchöre „Lügen, Lügen, Lügen“. Einige versuchten, Plakate aufzuhängen und das Mikrofon zu besetzen.

Die Senatskanzlei als Veranstalter wollte keine Fotos in den Medien, auf denen Olympia-Gegner als Störer aus dem Saal getragen werden. So konnten die Linken sich zunächst ausleben. Als Störer teilweise abzogen, warf einer von ihnen noch mindestens eine Stinkbombe, um den Bürgern den weiteren Verlauf möglichst ungemütlich zu gestalten. Der Vorwurf des Werfens einer Stinkbombe kriminalisiere den Festgenommenen zu Unrecht, findet das Bündnis „Olympia verhindern“.

Die Bürgerbefragung des Berliner Senats am 13. September wurde von den Störern als „Farce“ bezeichnet. Inzwischen hat sich der Naturschutzbund Nabu dem Bündnis „NOlympia“ angeschlossen.

Eine elektronischen Abstimmung im Saal ergab 32 Prozent für eine Bewerbung, 31 Prozent waren interessiert, rund 17 Prozent skeptisch und ebenso viele dagegen. Hans Lody


Viel mehr junge Asylbewerber

Im Jahre 2014 kamen knapp 1100 unbegleitete Jugendliche als Asylbewerber nach Berlin. Das waren mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr. Neben Berlin sind die beiden anderen Stadtstaaten Bremen und Hamburg bevorzugtes Ziel der Jugendlichen. Die Ankömmlinge stammen überwiegend aus Afghanistan, Eritrea, Somalia, Syrien und Marokko. Sie sind in der Mehrzahl über europäische Nachbarländer nach Deutschland gelangt. Asylbewerber, die keine Papiere mehr haben und nicht mehr „wissen“, woher sie stammen, sind darunter keine Seltenheit. Indem sie Papiere verschwinden lassen und ihre Herkunft verschweigen, wollen viele verhindern, im Falle eines abschlägigen Asylverfahrens abgeschoben zu werden. Noch schwieriger sind die Verfahren, wenn es sich um unbegleitete Jugendliche handelt. Die erste Hürde für die Behörde besteht darin, das tatsächliche Alter festzustellen, denn die gemachten Angaben sind häufig nach unten „frisiert“. H.L.


S. 6 Ausland

»Landgrabber« greifen nach der Ukraine
Nach dem Verlust des Industriesektors im Osten droht die Übernahme der Landwirtschaft

Mit der Abspaltung des Donbass im Osten des Landes hat die Ukraine ihre Industrieregion praktisch verloren. Nun droht im Westen der Verlust riesiger Agrarflächen, weil Großkonzerne aus dem Westen diese auf Jahre pachten. Die von der EU unterstützten Kleinbauern fürchten um ihre Existenz.

In diesem Jahr könnte die Landwirtschaft der Ukraine zusammenbrechen. Der Koordinationsrat des ukrainischen Agrarforums sorgt sich, weil bereits im vergangenen Jahr die Einnahmen aus der Landwirtschaft aufgrund der Krise drastisch zurückgingen. 2015 befürchten ukrainische Bauern, ihre Betriebe kaum noch aufrechterhalten zu können. Im Schnitt werden sich die Ausgaben für Material und Technik um

20 Prozent erhöhen, für Düngemittel müssen Landwirte teilweise bis zu 120 Prozent mehr zahlen. Das liegt zum einen am Verfall der ukrainischen Währung Griwna, zum anderen daran, dass Dünger bislang aus den Industriebetrieben im Donezbecken kamen, die wegen des Kriegs dort nichts mehr produzieren. Importierter Dünger und Saatgut aus Westen werden in Dollar abgerechnet. Die Situation ist vor allem für Kleinbauern bedrohlich, die sich zudem von Agrarkonzernen aus den USA zunehmends verdrängt fühlen. Die Unzufriedenheit mit der Regierung Poroschenko wächst.

Während alle Welt auf die Feierlichkeiten zum Jahrestag der „Revolution“ auf den Majdan in Kiew blickte, an dem auch Bundespräsident Jochaim Gauck teilnahm (siehe Kommentar Seite 8), gerät die Situation der Menschen in den Regionen aus dem Fokus. Was die wollen, bringt ein ehemaliger Berkut-Kämpfer, der sich wie viele seiner Kollegen nach Russland abgesetzt hat in einem Interview mit der russichen Nachrichtenagentur „Sputnik“ auf den Punkt: „Damals wollten die Menschen in die EU, jetzt will man nur noch einen Job bekommen, der auch bezahlt wird, dass es warm ist in den Häusern, dass es keinen Krieg gibt.“

So geht es vielen Ukrainern ein Jahr nach dem Umsturz. Sie sind kriegsmüde geworden und begreifen, dass sie eine Oligarchenregierung gegen eine andere ausgetauscht haben. Es verdichten sich die Hinweise, dass Janukowitsch den Präsidentensessel deshalb räumen musste, weil er sich mit der Weigerung, das EU-Assoziierungsabkommen zu unterzeichnen, den Interessen der Oligarchenkollegen, die seit Jahren unter amerikanischem Einfluss gestanden haben, in den Weg gestellt hatte.

Durch eine kleine Anfrage der Bundestagsfraktion „Die Linke“ an die Bundesregierung wurde nun bekannt, dass in der Ukraine ein besorgniserregender Transfer von Land an ukrainische Oligarchen, aber auch an westliche, börsennotierte Agrarunternehmen. Die Ukraine verfügt über riesige Areale fruchtbarer Schwarzerde und galt als Kornkammer der Sowjetunion. Bis 2013 war die Ukraine der fünftgrößte Weizenexporteur der Welt und die Landwirtschaft trug etwa zehn Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Das Land verfügt mit 32 Millionen Hektar Anbaufläche über doppelt so viel landwirtschaftlich nutzbare Fläche wie Deutschland. Ausländische Agrarholdings kontrollieren bereits heute etwa 17 Millionen Hektar des ukrainischen Agrarlandes. Zwar wurde 2012 ein bis 2016 geltendes Verkaufsverbot für ukrainisches Land erlassen. Dieses Verbot, so der Vorwurf der „Linken“, werde jedoch durch langfristige Pachtverträge mit Investoren unterlaufen.

Das von der neuen ukrainischen Regierung unterzeichnete EU-Assoziierungsabkommen hat auch Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Eine Lockerung der Zertifizierungspraktiken werde den Weg für gentechnisch verändertes Saatgut frei machen, so die Befürchtung der „Linken“. Die Ukraine ist vor allem für die amerikanischen Saatgutproduzenten Monsanto und DuPont als vielversprechender Absatzmarkt interessant. Monsanto, bekannt für robuste Methoden, soll bereits 140 Millionen Dollar in der Ukraine investiert haben. Kleinbauern werden mit den Großkonzernen nicht konkurrieren können, sondern sich als Arbeitnehmer bei diesen anstellen lassen.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landswirtschaft fördert im Rahmen eines Kooperationsprojekts mit der Ukraine seit Jahren gerade kleinbäuerliche Strukturen, für 2015 sind 1,2 Millionen Euro eingeplant. Auf die Frage nach der Beteiligung der KfW-Entwicklungsbank bei der Finanzierung von „Agrokonzernen“ gab die Bundesregierung an, dass diese im vergangenen Jahr 131 Millionen Euro an ukrainische Unternehmen vergeben habe. Ob auch Kredite an Monsanto, DuPont, Alfred C. Toepfer International und andere Großkonzerne vergeben wurden, wollte die Bundesregierung mit Verweis auf das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis der betroffenen Unternehmen nicht sagen.

Manuela Rosenthal-Kappi


Der kriegsbewegte Einflüsterer
Georgiens Ex-Präsident Saakaschwili assistiert Kiewer Amtskollegen Poroschenko

Der Bürgerkrieg in der Ukraine hat die Entwick­lung in Georgien in den Hintergrund treten lassen. Dabei verbindet die beiden Länder mehr, als es auf den ersten Blick scheint. Jetzt lenkt eine Personalie den Blick auf die Zusammenhänge.

Der ukrainische Präsident Poroschenko hat einen persönlichen Assistenten berufen, was der Rede nicht wert wäre, wenn es sich dabei nicht um den ehemaligen georgischen Präsidenten Micheil Saakaschwili handelte. Seine Aufgabe wird es sein, die Waffenlieferungen aus dem Westen an die Ukraine zu koordinieren. Die beiden Politiker vereint ein unauslöschlicher Hass auf Russland. Was Saakaschwili angeht, so liegt seine Abneigung ganz in der Folgerichtigkeit seines Lebenslaufs.

Sein Studium absolvierte er als Stipendiat des Edmund S. Muskie Graduate Fellowship Program und machte seinen Abschluss an der Columbia University. Darauf folgte die Promotion an der George Washington University. Bereits damals finanzierten und lenkten das US-Außenamt, die Soros-Stiftungen und US-Geheimdienste den Werdegang des Georgiers. Als die USA in seiner Heimat den Präsidenten Eduard Schewardnadse stürzten, war Saakaschwili der Mann der USA und wurde von diesen als neuer Präsident installiert. Der Umsturz ging als die „Rosenrevolution“ in die Geschichte ein, eine der „Farben-Revolutionen“, die von der CIA, den US-Nichtregierungsorganisationen wie dem „National Endowment for Democracy“ sowie dem Milliardär, Spekulanten und politischen Strippenzieher George Soros mit seiner „Open Society“-Stiftung angezettelt wurden.

Hier ist auch eine weitere wichtige Parallele zwischen der Ukraine und Georgien: Dieselben Kräfte, die im Hintergrund die georgische Revolution ins Werk setzten, betrieben in der Ukraine den Kiewer Majdan. Wenn also heute der ukrainische Präsident Poroschenko seinen ehemaligen Kollegen Saakaschwili an seine Seite ruft, so finden alte Gesinnungs- und Kampfgenossen zueinander. Dafür kündigte der Georgier sogar seine Stelle als Professor an der Tufts University Medord im US-Bundesstaat Massachusetts.

Die neu belebte ukrainisch-georgische Freundschaft wiegt auch schwerer als die Tatsache, dass Saaka­schwili in Georgien mittels Haftbefehl gesucht wird. Die Staatsanwaltschaft wirft dem früheren Präsidenten Amtsmissbrauch, Gewalt gegen politische Opponenten, Korruption und Unterschlagung in Millionenhöhe vor. Außerdem hielt der frühere Verteidigungsminister und einstige Saakaschwili-Vertraute Irakli Okruaschwili seinem früheren Präsidenten am 25. September 2007 im georgischen Fernsehsender Imedi TV vor, ihn im Juli 2005 beauftragt zu haben, den georgisch-russischen Geschäftsmann Badri Patarkazischwili zu liquidieren. Es solle genauso ablaufen, habe Saakaschwili gesagt, wie bei dem früheren libanesischen Premierminister Rafik Hariri. Der war bei einem Angriff auf seinen Fahrzeug-Konvoi ums Leben gekommen. Dass im selben Jahr ausgerechnet die beiden US-Senatoren Hillary Clinton und John McCain Saakaschwili für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen haben, dürfte ihn selbst wie auch den Preis mehr diskreditieren als empfehlen.

Aktuell wurde noch ein Epilog zum georgisch-russischen Krieg geschrieben, den Saakaschwili mit Unterstützung und Billigung der USA 2008 durch die Kanonade auf Zchinwali ausgelöst hatte. US-Senator Jim Inhofe, einer der Unterstützer des Gesetzentwurfes, der Waffenlieferungen der USA an die Ukraine ermöglichen soll, hat, um das Vorhaben zu unterstützen, Bildmaterial vorgelegt. Zu sehen sind russische Panzer und Militärlastwagen. Es handele sich dabei um Beweise für die Verwicklung Russlands in den ukrainischen Krieg, so Inhofe. Allerdings stellte sich alsbald heraus, dass mindestens ein Teil der Bilder aus dem Georgien-Krieg von 2008 stammt. Und die zählen nicht mehr. Florian Stumfall


Eklat um Netanjahu
Israels Premier kontra US-Präsident Obama

Am 3. März, rund zwei Wochen vor den Wahlen in Israel sowie dem Start der Kampagnen für die US-Präsidentschaftswahl 2016, wird Israels Premierminister Benjamin Netanjahu eine vermutlich kontroverse Rede vor dem Kongress in Washington halten. Dort sowie in persönlichen Treffen mit Kongressmitgliedern wird der Premier statt diplomatischer Annäherungen mit Teheran harte Maßnahmen gegen das Nuklear-Programm der Iraner fordern. Es wird ein geplanter Affront gegen Präsident Barack Obama erwartet, der seit Langem versucht, zuerst alle Wege der Diplomatie zu nutzen im Bewusstsein dessen, dass ein Scheitern der Verhandlungen in der gegenwärtig krisenhaften Weltlage ka­tastrophale Folgen haben könnte.

Die Einladung an Netanjahu kam ohne Absprache mit dem Weißen Haus vom Parteichef der Republikaner und Mehrheitssprecher im Repräsentantenhaus, John A. Boehner. Sie ist Teil eines Plans, um einen Keil zwischen die jüdischen Wähler und die von ihnen überwiegend unterstützten Demokraten zu treiben, denn die jüdische Agenda ist ein wichtiger Machtfaktor bei den US-Wahlen. In einer scharfen Erklärung hatte sich Obama gegen die zu diesem Zeitpunkt, also vor Ablauf des Iran-Ultimatums Ende März, geplante Rede gewandt.

Diplomaten sehen in dem Ne­tanjahu-Auftritt bereits einen Frontalschlag gegen die traditionelle Unterstützung Israels durch die USA. Und was sollen nun die Demokraten tun, vor allem die über ein Dutzend jüdischen Kongress-Abgeordneten? Sollen sie zu ihrem Präsidenten halten und angesichts des zu erwartenden Affronts der Rede fernbleiben? Oder sollen sie Netanjahu einen freundlichen Empfang bereiten?

Präsident Obama wird den israelischen Premier nicht empfangen, Vize-Präsident Joe Biden hat bereits Reisepläne verkündet, die ihn hindern würden, an der Sitzung teilzunehmen. Mindestens 22 Kongress-Mitglieder wollen ebenfalls fernbleiben. Nicht nur in Washington, auch in Israel wird die geplante Rede als Bedrohung für die alte US-israelische Freundschaft betrachtet. „Ein grober strategischer Fehler“, so der Vorsitzende der israelischen Arbeiterpartei und Konkurrent von Netanjahu bei der Wahl am 17. März, Isaac Herzog. Liselotte Millauer


MELDUNGEN

Mysteriöser Tod in der Zelle

Wien – Der ehemalige kasachische Botschafter in Österreich, Rakhat Alijew, ist am Dienstag in einer Wiener Gefängniszelle gestorben. Der auf Betreiben der Justiz seines Heimatlandes wegen Mordes an zwei Bankmanagern angeklagte Ex-Schwiegersohn des kasachischen Machthabers Nursultan Nasarbajew sollte an seinem Todestag vor Gericht eine Aussage machen. Während die Behörden von einem Suizid ausgehen, glauben Alijews Anwälte an einen Mord, mit dem die Eröffnung der Hauptverhandlung gegen ihn verhindert werden sollte. Die Verteidiger sind sich sicher, dass sich die Anklage als unhaltbar erwiesen hätte. U.M.

 

Fast pleite durch Sozial-Irrsinn

Zürich – Eine Gemeinde im Schweizer Kanton Zürich muss für eine eritreische Großfamilie 700000 Franken (655000 Euro) im Jahr ausgeben – fast 30 Prozent der jährlichen Steuereinnahmen der 1000 Seelen zählenden Gemeinde. Die staatlichen Zahlungen werden für Miete, Heimkosten, sozialpädagogische Betreuung und Lebenshaltungskosten geleistet. Vier der Kinder leben in Heimen, die drei anderen in der Familie. Die wird an 25 Tagen im Monat jeweils sechs Stunden von Sozialarbeitern betreut, die mit der alleinerziehenden Mutter einkaufen gehen, die Wohnung aufräumen, putzen und die Kinder beschäftigen. In Auftrag gegeben hat die Maßnahmen die zuständige Kantonsbehörde, die der Gemeinde jedoch jegliche Einsicht in die Unterlagen verwehrt. Die kann somit nicht prüfen, um welche Einzelmaßnahmen es sich überhaupt konkret handelt und wie sich die Summen zusammensetzen. Um ihrer Zahlungspflicht nachkommen zu können, wird die Gemeine voraussichtlich die Steuern erhöhen müssen. J.H.


S. 7 Wirtschaft

Was Nafta über TTIP verrät
Zwischen den USA, Kanada und Mexiko besteht bereits seit 1994 ein Freihandelsabkommen

Auf beiden Seiten des Atlantiks wird heftig über die vor- und nachteiligen Folgen der geplanten Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) zwischen den USA und der EU gestritten. Aufschlussreich ist ein Blick auf die schon vorliegenden Auswirkungen des bereits vor über zwei Jahrzehnten abgeschlossenen Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (Nafta) zwischen den USA, Kanada und Mexiko.

Eine Studie des „Global Development and Environment Institute“ der Bostoner Tufts-Universität vom Oktober 2014 kommt zu einer überwiegend negativen Einschätzung der TTIP-Folgen. Ihr zufolge sind die von den amerikanischen Verhandlungspartnern der Europäer vorgelegten Untersuchungen zu den Auswirkungen von TTIP ungeeignet für eine Bewertung des Freihandelsabkommens. TTIP werde vielmehr in der EU zu Wachstumseinbußen sowie dem Verlust von Arbeitsplätzen und Einkommen führen. In der Union könnten 600000 Arbeitsplätze verloren gehen, davon 134000 in Deutschland.

Die Ökonomen um Jeronim Capaldo prognostizieren eine Absenkung der Wirtschaftsleistung in Nordeuropa um 0,5 Prozent sowie verminderte Steuereinahmen in allen EU-Ländern. Des Weiteren würde die EU-Handelsbilanz gegenüber den USA niedriger ausfallen. Die Einkommen in der EU würden sinken, in Deutschland um durchschnittlich 3400 Euro pro Jahr, das macht gut 280 Euro weniger pro Monat. Schließlich wird auch noch vor einer gesamtwirtschaftlichen Instabilität als Folge von TTIP gewarnt.

Die Befürworter versprechen sich von dem durch TTIP entstehenden riesigen Wirtschaftsraum mit mehr als 800 Millionen Verbrauchern Kostensenkungen unter anderem durch Zollabbau. Damit einher geht die Prognose, dass TTIP mehr Wohlstand durch Wachstum und zusätzliche Arbeitsplätze brächte.

Die Vorabversprechen zu Nafta klangen ähnlich wie die zu TTIP. Versprochen wurden 200000 neue Arbeitsplätze pro Jahr. In Mexiko sollte Nafta zum Anwachsen der Mittelschicht führen und damit einhergehend die illegale Immigration in die USA verringern. Es war auch von einer Erhöhung der mexikanischen Umwelt- und Sozial-standards die Rede. In Summa würde sich eine wirtschaftliche Stärkung der drei nordamerikanischen Länder gegenüber der EU ergeben. Gewerkschaften und Verbraucherschutzorganisationen konnten sich mit ihren Gegenargumenten nicht durchsetzen.

Tatsächlich seien die schlimmsten Befürchtungen 20 Jahre später noch weit übertroffen worden, erklärte kürzlich Celeste Drake, eine Handelsexpertin der AFL-CIO (American Federation of Labor and Congress of Industrial Organizations), dem mitgliederstärksten Gewerkschaftsdachverband der USA und Kanadas, in einem Interview mit dem Umweltinstitut München. Nafta habe wesentlich dazu beigetragen, dass sich in den USA das neoliberale Wirtschaftsmodell habe durchsetzen können. Der Einfluss multinationaler Konzerne auf Wirtschaft und Politik sei größer geworden, auch habe Nafta als Kopiervorlage für andere Freihandelsabkommen gedient. Das Nordamerikanische Freihandelsabkommen habe Deregulierung und Steuerreformen zugunsten von Konzernen und Superreichen erwirkt, so Drake weiter. Diese profitierten in erster Linie, während Mittelschicht, Arbeiter und Gelegenheitsjobber die negativen Auswirkungen zu spüren bekämen. Tatsächlich hat die Ungleichheit in den Nafta-Ländern während der letzten beiden Jahrzehnte zugenommen. Wie zu erwarten, kam es zur Verlagerung von Industriejobs aus den USA nach Mexiko. Nach dem Arbeitsplatzexport werden nun viele Produkte importiert, was zu einem Anstieg des US-Handelsbilanzdefizits geführt hat. Doch auch wenn jetzt Waren wie Erdbeeren und Textilien in den USA und Kanada billiger sind, nütze das den Verbrauchern wenig, da die Preise für Bildung, Gesundheit und Wohnen inzwischen stärker gestiegen seien als die Inflationsrate, so Drake. US-Forschungsinstitute wiesen im Übrigen darauf hin, dass dennoch nicht genügend neue Arbeitsplätze in Mexiko entstanden sind, um die illegale Einwanderung von Mexikanern in die USA zu vermindern. Unter anderem ist dies darauf zurückzuführen, dass viele ehemalige mexikanische Kleinbauern in die USA eingewandert sind. Sie hatten die Landwirtschaft aufgegeben, weil sie der Konkurrenz durch die billigen US-Maisimporte nicht gewachsen waren. In den USA leben sie ohne Aufenthaltsgenehmigung und arbeiten zu Niedriglohn, was zur weiteren Absenkung des Lohnniveaus beitrug.

Es ist kein Zufall, dass die Nafta-Länder unter den zehn am häufigsten von Konzernen verklagten Staaten sind. Indessen wurden die USA noch nie zu Schadensersatzleistungen an Firmen verurteilt.

Wie die „Süddeutsche Zeitung“ meldete, rufen US-Anwälte bei kanadischen Ministerien an, wenn diese eine Verordnung zum Umweltschutz vorbereiten. Vor allem in Mexiko seien massive Umweltschäden zu beklagen, so Drake. Widerstand vor Ort gegen geplante Großprojekte wie Giftmülldeponien werde gewöhnlich durch Schadensersatzandrohungen der Konzerne im Keim erstickt.

Derartiger Einsprüche und Bedenken bezüglich TTIP auch aus Kreisen der Wirtschaft werden jedoch von den großen Wirtschaftsverbänden sowie den Regierungs- und wirtschaftsnahen Parteien auf beiden Seiten des Atlantiks bisher schlichtweg ignoriert.

Dagmar Jestrzemski


Chefs dringend gesucht
Viel zu wenige Arbeitnehmer möchten eine eigene Firma führen

Work-Life-Balance heißt das vielzitierte Modewort. Beruf und Privatleben haben in einem ausbalancierten Verhältnis zu stehen. Trotz beruflicher Karriere dürfen Familie, Freizeit und Hobby nicht zu kurz kommen. Das hört sich verlockend an, tut Leib und Seele gut, lässt sich aber schwer mit einer Tätigkeit als Firmenchef vereinbaren. Laut einer aktuellen Studie, möchte sich daher auch nur jeder dritte Deutsche zwischen 14 und 34 Jahren irgendwann einmal mit einem eigenen Betrieb selbstständig machen. Im EU-Durchschnitt ist es fast die Hälfte der jungen Menschen.

Der amerikanischen Haushaltsprodukte-Hersteller und Marketingspezialist Amway befragte für die Studie „Entrepreneurship Report 2014“ insgesamt 44000 Menschen in 38 Ländern. Gehe es um den Wunsch, Verantwortung als Unternehmer zu übernehmen, liege Deutschland weit unter dem Durchschnitt, bestätigte die wissenschaftliche Leiterin der Studie, Professor Isabell Welpe, von der Technischen Universität München. Bereits Mitte letzten Jahres zeigte eine Umfrage im Auftrag der Bertelsmann Stiftung unter 1000 Deutschen zwischen 14 und 64 Jahren ähnliche Ergebnisse.

Für Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbandes Mittelständischer Wirtschaft (BVMW), sind es besorgniserregende Zahlen. „Deutschland gehen die Unternehmer aus“, warnte er in einem Interview mit der „Frankfurter Rundschau“, und verwies darauf, dass zum Beispiel allein in den nächsten drei Jahren 130000 Unternehmensnachfolger gesucht würden. Etwa zwei Millionen Beschäftigte sind somit von neuen Chefs in eine wirtschaftlich stabile Zukunft zu führen. Ebenso wichtig für die ökonomische Entwicklung ist aber auch eine florierende Gründerszene. Neue Akteure im Markt schaffen nicht nur Arbeitsplätze, sondern treiben Fortschritt, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft voran. Sie gelten als Motor des wirtschaftlichen Strukturwandels. Auch mutige und engagierte „Start-Up-Unternehmer“ sind in Deutschland jedoch eher Mangelware. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ist ihre Zahl in den USA zum Beispiel mehr als doppelt so hoch.

Die Gründe? „Viele Deutsche achten leider zuerst auf Sicherheit und große Unternehmen. Man schläft eben ruhiger, als wenn man mit Haus und Hof haftet“, glaubt BVMW-Chef Ohoven, Er fordert aber auch bessere Rahmenbedingungen. Stichworte sei-en Steuern und Abgaben, Energiekosten und Erbschaftssteuer. Zwar sei die Fördersituation für Firmen in Deutschland nicht schlecht, aber hiesige Banken und Sparkassen würden sich schwer tun, junge Unternehmen auch über längere Zeit zu finanzieren. Zudem gebe es deutlich weniger Risikokapital-Geber als im angelsächsischen Raum.

Der Anteil vom sogenannten Venture Capital am Bruttoinlandsprodukt ist in den USA neunmal so hoch wie bei uns. Risikokaptal müsse steuerlich begünstigt werden, sonst hätte es keine Chance in Deutschland. Nicht zuletzt müsse auch das Image des Firmenchefs ein anderes werden. „Schauen sie sich einige „Tatort“-Folgen an. Der Unternehmer ist häufig ein raffgieriger Mensch, der über Leichen geht. Er sollte anders wahrgenommen und wertgeschätzt werden“, so Ohoven. Frank Horns


»Schief gewickelt«
Energiewende: Krach in der SPD, Not bei den Kraftwerksbetreibern

Bei diesem Thema stehen selbst die Genossen der SPD unter Starkstrom und gehen funkensprühend aufeinander los: „Wer glaubt, dass man gleichzeitig aus Atom und Kohle aussteigen kann, ist ziemlich schief gewickelt“, poltert Garrelt Duin, SPD-Wirtschaftsminister in Nordrhein-Westfalen. Der „Deutschen Presse-Agentur“ erklärte er: „Beim jetzigen Börsenstrompreis erwirtschafteten fossile Kraftwerke vielfach Verluste.“ Kohle und Gas würden aber noch viele Jahre zur Flankierung der Energiewende gebraucht. Ohne Anreize auch zum Bau neuer Kraftwerke drohten „ernste Probleme bei der Versorgungssicherheit.“

Sein Parteivorsitzender und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel reagiert erzürnt. Das eigentliche Interesse vieler Kraftwerksbetreiber bestehe darin, „existierende Überkapazitäten auf Kosten der Stromverbraucher zu konservieren“, hält der SPD-Chef im „Handelsblatt“ dagegen. Gabriel befürchtet einen weiteren Anstieg des Strompreises durch milliardenschwere Prämien und setzt daher auf den bisherigen Strommarkt ohne Extrazahlungen. Sein Rezept: Wird es mangels Wind und Sonne eng mit der Versorgung, sollen die Preise an der Strombörse für kurze Zeit ohne Begrenzung nach oben schießen dürfen – auch auf mehrere Tausend statt der üblichen 30 bis 40 Euro pro Megawattstunde. Damit würden genug Investitionssignale für die Industrie gesetzt, glaubt der Vizekanzler – und stellt sich damit auch gegen die großen Energie-Konzerne.

E.ON, Deutschlands größtes Energie-Unternehmen, beharrt daher trotz der ablehnenden Haltung der Bundesregierung auf Hilfen für die schwächelnden Kohle- und Gaskraftwerke in Deutschland. Die konventionellen Kraftwerke müssten noch auf lange Zeit die Erzeugung aus Ökostrom absichern, erklärte Vorstandschef Johannes Teyssen. Neben E.ON haben auch Mitbewerber wie RWE in den vergangenen zehn Jahren Milliardensummen in den Bau neuer Kohle- und Gaskraftwerke investiert. Diese Anlagen rechnen sich jedoch heute oftmals nicht mehr. Durch den massiven Ausbau von Ökostrom-anlagen und den Überkapazitäten an Kraftwerken sind die Strom-Großhandelspreise auf den tiefsten Stand seit elf Jahren gefallen. E.ON hatte daher Ende des vergangenen Jahres angekündigt, seine Aktivitäten im Energie-Sektor bis Mitte 2016 aus dem ursprünglichen Konzern herauszulösen.

Neben Kohle- und Gaskraftwerken betreibt das Unternehmen derzeit noch sieben Atom-Meiler in der Bundesrepublik. Der Atom-Ausstieg ist längst beschlossene Sache, bis 2022 sollen die letzten Reaktoren vom Netz gehen. Doch die Energie-Wende gestaltet sich schwieriger als erwartet. Zweifel an der Produktivität von Wind- und Solarenergie bleiben. Nord-rhein-Westfalen ist dabei das Bundesland mit der höchsten Kraftwerksdichte, doch rentabel sind sie im Zuge der Ökostrom-Subventionen nicht mehr. Mittlerweile haben sich auch Gewerkschaftsvertreter dem Ruf nach staatlichen Hilfen angeschlossen und „einen Mindestlohn für Kraftwerke“ gefordert. In NRW sind allein 15 Kraftwerksblöcke bei der Bundesnetzagentur zur Schließung angemeldet, drei von ihnen sind bereits geschlossen. Mehr als 30000 Arbeitsplätze sind in Gefahr.

Peter Entinger


MELDUNGEN

Nigeria holt Deutschland ein

Frankfurt am Main – Einer Studie der internationalen Beratungsgesellschaft Price-Waterhouse-Coopers (PWC) zufolge wird Europa in den kommenden Jahrzehnten erheblich an Wirtschaftsleistung verlieren. Demnach wird Deutschland bis zum Jahr 2050 vom derzeitigen fünften Platz unter den weltgrößten Volkswirtschaften auf Platz zehn absteigen und damit sogar noch hinter Nigeria liegen. Der westafrikanische Ölstaat, derzeit an 20. Stelle liegend, wird auf Platz neun vorrücken. Laut PWC wird China dann „mit großem Abstand“ auf Platz eins liegen, den es derzeit „knapp“ gegen die USA verteidigt. J.H.

 

Edelmetallhandel manipuliert?

Washington – Das US-Justizministerium und die US-Derivate-Aufsicht untersuchen den Edelmetallhandel von mindestens zehn weltweit agierenden Großbanken. Wie das „Wall Street Journal“ berichtet, gehört zu den betroffenen Geldhäusern auch die Deutsche Bank. Die Behörden untersuchen, ob die Institute an den Märkten manipuliert haben, um vor allem den Goldpreis zu drücken. Dazu untersuchen sie die in London vorgenommene Festsetzung der Preise für Gold, Silber, Platin und Palladium. J.H.


S. 8 Forum

Ein Abwasch
von Harald Tews

Deutschland will das Genossenschaftswesen für die weltweite Liste des immateriellen Kulturerbes der Unesco nominieren (siehe S. 9). Es kann ja nicht schaden, wenn die Genossenschaftsidee diese Wertschätzung erhält. Was das aber für einen Sinn machen soll, einzelne Bräuche und Traditionen unter einem besonderen Schutz zu stellen, erschließt sich nicht auf Anhieb. Spötter behaupten, die Unesco-Bürokratie erfinde laufend neue Welterbe-Ideen, um sich selbst zu beschäftigen. Neben den Kulturdenkmälern gibt es ja noch das Weltnaturerbe, Kulturlandschaften, das Weltdokumentenerbe und seit 2006 das immaterielle Kulturerbe.

Dass es attraktiv ist, in solchen Listen geführt zu werden, zeigt das Beispiel der Schützen, die sich vehement beschwerten, weil ihr Antrag auf Aufnahme wegen ihres wenig eleganten Umgangs mit einem moslemischen Schützenkönig verweigert wurde. Abgesehen vom Prestige winken auch finanzielle Vorteile, wenn man sich mit einem Welterbetitel schmücken kann. Will man Ärger vermeiden, sollte man vom Bienenzüchterverein bis zum Kindergeburtstag am besten gleich alles zum Welterbe erklären. Das wäre ein Abwasch.


Angst und Bange
von Manuela Rosenthal-Kappi

Die Griechen dürfen uns weiter an der Nase herumführen und uns weiterhin die Schuld daran geben, wenn sie mit dem Geld, das wir ihnen überweisen, nicht auskommen. Kaum ist die Nachricht von der erneuten Nachgiebigkeit der EU-Granden gegenüber Griechenland verdaut, wartet man auch schon mit der nächsten Hiobsbotschaft für den deutschen Steuerzahler auf: Das Freihandelsabkommen TTIP, auf das unsere US-amerikanischen Freunde so drängen, soll uns ja angeblich unendlich viele Vorteile bringen. Stattdessen ist zu befürchten, dass unsere Politiker es wieder einmal versäumt haben, ihre Hausaufgaben zu machen, und uns die nächste Bürde auflasten, ohne einen Blick in die jüngere Geschichte, zum Beispiel, was das Vorgängerabkommen Nafta den beteiligten Staaten eigentlich gebracht hat, zu werfen.

Wenn sich nämlich heraus-stellt, dass TTIP gar nicht uns, sondern nur anderen Vorteile gebracht hat, wer darf dann die Zeche zahlen? Die Politiker, die heute Entscheidungen für unsere Zukunft treffen, sind nämlich längst im wohldotierten Ruhestand, wenn die Folgen sichtbar werden.

Wenn die Prognose eintrifft, dass allein in Deutschland 134000 Arbeitsplätze wegen des Freihandelsabkommens mit den USA verloren gehen, die Einkommen in Deutschland durchschnittlich um 3400 jährlich schrumpfen werden, ist das kein erstrebenswertes Ziel. Bezieht man dann noch die seit Jahren stattfindende Kürzung unserer privaten Altersvorsorge – was faktisch einer Enteignung entspricht – mit ein, dann kann einem schon angst und bange vor der Zukunft werden.


Gaucks gefährliches Gesäusel
von Hans Heckel

Der Auftritt von Bundespräsident Joachim Gauck beim Gedenken an die Majdan-Unruhen in Kiew ist ein böser Schlag für die Bemühungen, den Frieden in Europa zu erhalten. Aus den Reihen der europäischen Staatsoberhäupter waren außer ihm nur die von Polen und Litauen erschienen. Dies spricht dafür, dass allen übrigen bewusst war, welchen Bärendienst sie dem Ziel eines Ausgleichs erwiesen hätten mit einer derart demonstrativen Parteinahme für eine der streitenden Seiten.

Bis heute haben die ukrainischen Behörden nicht geklärt, wer für die Schüsse während der Unruhen vor einem Jahr verantwortlich ist. Dennoch standen die Schuldigen an jenem Gedenktag fest: Ex-Präsident Viktor Janukowitsch und Russland. Gauck sagte, wenn Deutschland die Ukraine schon nicht militärisch unterstützen könne, so solle man wenigstens alle anderen Optionen nutzen.

Der Kreml dürfte zu Recht davon ausgehen, dass Gaucks Auftritt mit der Kanzlerin abgesprochen war. Damit hätte Merkel ihre Rolle als ehrliche Maklerin und Stimme von Frieden und Ausgleich selbst unterminiert. Ihre Glaubwürdigkeit in Russland hat dadurch gelitten.

Diejenigen, die „Gaucks Geste“ („Die Welt“) als „starkes ... und bedeutsames Zeichen“ feiern, scheinen auszublenden, was in Rede steht: Die US-Staatssekretärin Victoria Nuland hat längst zugegeben, dass die USA seit Jahrhundertbeginn rund fünf Milliarden Dollar ausgegeben haben, um die ihnen genehmen Kräfte in der Ukraine zu unterstützen. Der Doyen der US-Geopolitik, Zbigniew Brzezinski, dekretierte schon vor fast 20 Jahren, dass die Ukraine der Schlüssel Wa­shingtons sein würden, um Russlands Position dauerhaft zu schwächen.

Nimmt es da Wunder, dass Moskau den Eindruck gewonnen hat, dass sich alle Aktivitäten des Westens in der Ukraine gegen Russland richteten, wobei das Land bloß der Prellbock sei und alle Beteuerungen, es gehe um die Selbstbestimmung der Ukrainer, bloße Propaganda? Kommenden Monat, so wird berichtet, beginnen die USA mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten. Die Nato verstärkt seit Monaten ihre Ostflanke, Russland antwortet mit ähnlichen Maßnahmen an seinen Westgrenzen.

Wohin kann, wohin soll das führen? Haben denn alle vergessen, was die Historiker im Hinblick auf 1914 die „verhängnisvolle Mechanik der Bündnisse“ nennen? Auch damals bestimmten jene die Bühne, die „Treue“ (zum Verbündeten) und „Härte“ (gegen den vermeintlichen Feind) als „einzige Antwort“ sehen wollten. Heute kommt derlei Gerede nur nicht mehr in jenem schnarrenden Tonfall daher, sondern im pastoralen Gesäusel eines Joachim Gauck – was es fast noch unerträglicher macht.


Frei gedacht
Kosovo: Flüchtlinge fliehen vor Nato-Uran-Gift
von Eva Herman

Es sind gewaltige Flüchtlingsströme aus dem Kosovo, die sich seit Jahresanfang in Richtung Deutschland, Österreich und der Schweiz bewegen, tausende, zehntausende Menschen fliehen aus ihrem Land. Täglich werden es mehr. Die meisten von ihnen sind junge Menschen, junge Familien mit Kindern, die hier jetzt illegal einreisen. Auffällig ist das. Aber warum? Was ist da plötzlich passiert, dass die Jungen Hals über Kopf ihre Heimat verlassen? Wir hatten an dieser Stelle bereits kürzlich über einige Gründe berichtet, doch erst jetzt wird deutlich, worum es hierbei in Wirklichkeit zu gehen scheint.

Politiker auf allen Seiten sind derzeit bemüht zu erklären, der Massenexodus sei mit der hohen Arbeitslosigkeit begründet, mit den schwierigen finanziellen Verhältnissen. Deutsche Diplomaten werden nicht müde zu erklären, zahlreiche Familien der Kosovo-Albaner fühlten sich von dem langen Asyl-Abschiebeverfahren in Deutschland angezogen. Das wurde inzwischen geändert, innerhalb von 14 Tagen wird nun über die Anträge entschieden. Aber die Menschen fliehen weiter. Nein, diese Gründe für die plötzliche Massenflucht sind Unfug. Alleine die Geldmengen, die die in Panik geratenen Menschen ausgeben, um ihr Land zu verlassen, müssen Zweifel bringen.

Der eigentliche Grund könnte vielmehr ein kürzlich erschienener Bericht über die wahre Situation in dem Land sein: Luft, Boden und Wasser im Kosovo sind dermaßen uranverseucht, dass sich die Zahl der Krebserkrankungen in den letzten Jahren vervielfacht und die Fälle von Missbildungen bei den Neugeborenen massiv gehäuft haben.

Bakary Kante, Leiter der UN-Mission für Umweltübereinkommen, sagte in seinem neuesten Bericht, die Nato habe während der Bombardierung 1999 rund zehn Tonnen des abgereicherten Urans über dem Kosovo abgeworfen. Dieser Bericht wurde jedoch niemals veröffentlicht, doch sind Teile daraus durch den unabhängigen US-amerikanischen Journalisten Robert Parsons an die Öffentlichkeit gelangt. In dem Bericht wird unter anderem erwähnt, die Bombardierung sei während des Anbaus von Nutzpflanzen erfolgt. Dadurch wurden Luft, Boden und Wasser vergiftet, was wiederum zu langfristigen Konsequenzen geführt habe. Was das bedeutet, ist im Bericht genau definiert: „Die künftigen Generationen, die in diesem zerbombten Gebiet leben, werden verstärkt an Krebs und Leukämie erkranken, es ist mit einer sehr hohen Zahl an Fehlgeburten und schweren Missbildungen bei den Neugeborenen zu rechnen“. Auch eine enorme Anzahl an Sterbefällen in den letzten 15 Jahren wird jetzt, nach den Angaben des UN-Berichts, schlüssig erklärt. Diese Aussagen wurden um die Weihnachtszeit 2014 in den Medien im Kosovo veröffentlicht, was sich genau mit dem Beginn der Massenflucht aus dem Kosovo deckt.

Er war ein Albtraum, dieser Nato-Bombenkrieg zwischen dem 24. März und dem 10. Juni 1999, dessen Deckname „Operation Allied Force“, also „Unternehmen Bündnisstreitmacht“ lautete, obwohl dieser Krieg außerhalb eines Bündnisfalls lag. Dass für diesen militärisch hochbrisanten Einsatz kein ausdrückliches UN-Mandat existierte, störte damals nur wenige. Anführer der Militäroperation waren die Vereinigten Staaten von Amerika, ihre Luftstreitkräfte setzten mit zeitweise über 1000 Kampfflugzeugen einen größeren Prozentsatz ein als während des gesamten Vietnam-Krieges. Hunderttausende Menschen waren auf der Flucht, fast tausend jugoslawische Dörfer und Städte wurden zerstört, Wohnhäuser, Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser. Tausende Menschen starben, hunderttausende wurden verletzt. Viele sind bis heute traumatisiert. Die Brüsseler Propaganda-Zentrale der Nato sprach damals von „Kollateralschäden“. Niemand teilte der Öffentlichkeit mit, dass diese Schäden bis heute anhalten würden.

Der deutsche Journalist Marko Josilo hatte letztes Jahr schon ein Interview mit einem der führenden Chirurgen des Instituts für Onkologie in Belgrad, Prof. Dr. Radan Džodi, geführt. Der Mediziner operiert und behandelt Krebspatienten, deren Zahl seit Jahren besorgniserregend angestiegen ist. Dieser gab zu Protokoll: „In den letzten zehn Jahren hat sich in Serbien die Zahl der Erkrankungen von Schilddrüsenkrebs um 300 Prozent erhöht. Es liegt daran, dass die Nato unsere Region als Abladeplatz für Atommüll genutzt hatte. Wir wissen immer noch nicht, wie viele Bomben mit abgereichertem Uran über unserem Land abgeworfen wurden.“ Die Regierung veröffentliche keine ernsthaften Studien zu den Auswirkungen dieser Bomben, so Džodi: „Wir sind nur Ärzte, und unsere Aufgabe ist es, die Menschen zu behandeln. Ich arbeite hier in der Onkologie als Chirurg seit über 40 Jahren, und als Arzt kann ich nur sagen: Der Krebs wird immer aggressiver, er greift jetzt auch jüngere Menschen an und macht sie lebensunfähig“. Kleine Kinder und Jugendliche werden auf seiner Station behandelt, viele sind dem Tode geweiht. Wer berichtet? Wer ist betroffen?

Wie es heißt, sollen bei dem Nato-Luftkrieg massenhaft DU-Geschosse (depleted uranium) abgefeuert worden sein, Waffen mit abgereichertem Uran, panzerbrechende Munition mit hoher Durchschlagskraft. Es handelt sich um Atommüll, dessen Endlagerung immer teurer wird. Es sei schwierig, ein Land zu finden, wo die hochgiftigen Stoffe ohne Öffentlichkeit „endgelagert“ werden können, heißt es. Wissenschaftler warnten schon 1970, als die USA damit begannen, diesen Atommüll bei der Herstellung von Munition zu verwenden: Dieses Uran ist nämlich nicht nur radioaktiv, sondern auch chemisch giftig. Die Halbwertzeit von Uran beträgt über vier Milliarden Jahre, das entspricht etwa der Existenzzeit unserer Erde.

Die bosnisch-serbischen Länder sind heute vergiftet, die Gewässer verseucht. Bislang sprach niemand offiziell darüber. Doch seit Weih­nachten haben die Menschen die Wahrheit auf dem Tisch. Und sie haben Angst, Angst um Leib und Leben, Angst um ihre Familien und Kinder, Angst vor der Zukunft. Das Uran hat sich längst durch die Erde gearbeitet und gelangte ins Grundwasser, wird der serbische Toxikologe Radovan Kovacevic zitiert. „Unsere Tierärzte aus Vranje haben bereits ein hohes Wachstum von Leukämie bei Ziegen, Schafen und Kühen festgestellt.“

Der Toxikologe berichtet, dass an manchen Stellen die Uran-Geschosse in die dörflichen Brunnen gefallen seien. „Wir untersuchten die Bauern, die versucht hatten, die Brunnen zu säubern. Bei ihnen haben wir 3759 Nanogramm Uran-238 pro Liter Urin gefunden. Zum Vergleich, bei den Friedenssoldaten im Kosovo und deren Krebspatienten wurden in einem Liter Urin 231 Nanogramm, und im Urin eines US-Soldaten nach dem Krieg im Irak 150 Nanogramm gefunden“. Natürlich seien die Bauern kurze Zeit später gestorben.

In Serbien wird heute täglich bei mindestens einem Kind Krebs diagnostiziert. „Die Nato hat uns nicht nur während der Bombenangriffe getötet. Die Nato tötet unsere Nation seit 15 Jahren ununterbrochen, und die Zahl der Opfer wächst,“ so der Toxiloge Kovacevic. Es ist heute schwer nachprüfbar, ob folgender Satz tatsächlich stimmt, doch so wird es behauptet. Ein amerikanischer Nato-General soll einmal gesagt haben: „Ein Jahrzehnt der Kriege, wie im Irak, und wir sind den gesamten Atommüll losgeworden!“


S. 9 Kultur

Die Bürde des Welterbes
Fluch und Segen zugleich − Mit den »immateriellen Kulturformen« nimmt die Unesco bald die ganze Welt in Schutz

Im März nominiert Deutschland aus der Liste mit 27 bundesweit schützenswerten Kulturformen die Genossenschaftsidee für die internationale „Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit“. Nachdem sich kürzlich das deutsche Schützenwesen darüber beschwert hatte, dass ihre Tradition wegen des Streits um einen muslimischen Schützenkönig nicht in das bundesweite Verzeichnis aufgenommen wurde, fragt man sich allmählich, was eigentlich nicht zum Unesco-Welterbe zählt.

Die Aufnahme in die Unesco-Welterbeliste kommt einem Ritterschlag gleich. Sie steht für kulturell erhaltenswert und damit wertvoll, was von unschätzbarem Wert für die Tourismusindustrie ist. Mit der Bewerbung entsteht auch eine Verpflichtung, nämlich die Erhaltung des Erbes. Wie schwer so eine Bürde ist, zeigt als prominentestes Beispiel die im Jahr 79 n. Chr. beim Ausbruch des Vesuvs verschüttete Stadt Pompeji am Golf von Neapel.

Seit dem 18. Jahrhundert wird dieser Stadtzeuge der Antike ausgegraben. Seitdem ist er dem endgültigen Verfall preisgegeben. Denn die Konservierung ist eine kaum lösbare Aufgabe. Demzufolge liegt ein Drittel des Stadtgebietes weiterhin unter Vulkan­asche be­graben, und es gibt Stimmen die meinen, man solle auch die 44 freigeschaufelten Hektar zur Er­haltung am besten wieder zuschütten.

Hier kann die Rettung der Ruinen nur in internationaler Zu­sammenarbeit erfolgen. Dazu wurde 2011/2012 das Große Pompeji-Projekt ins Le­ben gerufen, bei dem bis Ende 2015 in nur vier Jahren die Summe von 108 Millionen Euro zur nachhaltigen Sicherung ausgegeben sein muss. Sonst läuft Pompeji Gefahr, seinen 1997 erhaltenen Platz auf der Unesco- Welterbeliste zu verlieren. Das Geld wird von der Europäischen Union und vom italienischen Staat bereitgestellt. Auch die Unesco selbst beteiligt sich an der Finanzierung.

Die Unesco schützt jedoch nicht nur Kultur- und Naturdenkmäler. Neben der bekannten Welterbeliste führt sie seit 2006 auch eine „Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes“ mit dem Ziel, die Vielfalt der lebendigen kulturellen Ausdrucksformen wie Tanz und Theater, Mu­sik, mündliche Literaturformen, Sprachen, Bräuche, Feste, Handwerkstechniken und Wissensformen als Teil des Kulturerbes der Menschheit zu erhalten. Wichtig ist, dass die Tradition ak­tiv praktiziert wird, den Menschen als Trägern ein Gefühl von Identität vermittelt und in ihrer Ausübung auch in Zukunft gesichert ist.

Bis heute sind 161 Staaten dem Übereinkommen beigetreten. Insgesamt 364 kulturelle Ausdrucksformen, Traditionen und Bräuche aus aller Welt stehen auf den drei Listen. Deutschland ist seit 2013 Vertragsstaat. Die Konvention sieht vor, dass jedes Beitrittsland zunächst ein nationales Verzeichnis erstellt. Seit Dezember 2014 liegt dieses für Deutschland erstmals vor. 27 Traditionen und Wissensformen sind darin aufgenommen, darunter das Chorsingen, die Morsetelegrafie, die Flößerei, die Orgelbautradition und allen voran die Genossenschaftsidee.

Dazu Christoph Wulf, Professor für Anthropologie und Erziehung an der Freien Universität Berlin und Vorsitzender des Auswahlgremiums: „Wir haben uns darauf verständigt, dass mit der kulturellen Aus­drucks­form nicht ausschließlich kommerzielle oder touristisch-industrielle Zwecke verfolgt werden sollen. Die weltweit ersten Genossenschaften wurden vor rund 150 Jahren in Deutschland gegründet. Es ist ein Modell der Selbsthilfe und Selbstverwaltung. Allein in Deutschland haben Genossenschaften heute 21 Millionen Mitglieder. Im Zuge der Energiewende haben sie seit 2011 neue Bedeutung erlangt.“

Daher bewirbt sich Deutschland im März mit der Genossenschaftsidee für die internationale Liste. „Denn“, so Wulf, „das immaterielle Kulturerbe bricht etablierte Kulturbegriffe auf und rückt Alltagskultur in ein neues Licht. Was ist uns heute wichtig und was kann uns morgen wichtig sein? Mit dem bundesweiten Verzeichnis ist die Chance verbunden, unser kulturelles Gedächtnis und damit die Bedeutung von Gemeinschaften wieder zu entdecken und nicht bei Individualismus und Leistungsdenken stehen zu bleiben.“

Nur wenigen be­kannt ist das Unesco-Programm „Creative Cities“ − „Kreative Städte“ − das seit 2004 existiert, derzeit weltweit 69 Städte vernetzt und damit deren kreatives Potenzial international sichtbar macht, darunter Melbourne in Australien als Stadt der Literatur, Aswan in Ägypten als Stadt des Handwerks, Sofia in Bulgarien als Stadt des Films und Tsuruoka in Japan als Stadt der Gastronomie. Seit Ende 2014 gehören auch Hannover und Mannheim als Städte der Musik und Heidelberg als Stadt der Literatur dazu. Damit ist Deutschland mit insgesamt vier Städten vertreten. Die Hauptstadt Berlin wurde bereits 2005 in der Kategorie Design aufgenommen.

Nach dem letzten Kulturwirtschaftsbericht der Vereinten Nationen von 2011 erreichte die Kultur- und Kreativwirtschaft den Rekordwert von 624 Milliarden US-Dollar. Seit 2002 hat sich deren Welthandel mehr als verdoppelt. Die Kulturwirtschaft ist damit nicht nur eine der wachstumsstärksten Branchen. Kunst, Musik, Architektur haben in allen Gesellschaften auch einen erheblichen Einfluss auf das Leben der Menschen und tragen stark zur Lebensqualität und dem Gemeinwohl bei. Helga Schnehagen


Ab in den Westen!
Endlich Reisefreiheit − Wie die DDR-Bürger in die Freiheit fuhren

Am 9. November 1989 fiel die Berliner Mauer, womit den 16 Millionen DDR-Bürgern mit einem Mal die gesamte Welt offenstand – zumindest theoretisch. Denn noch fehlten die nötigen Devisen, um größere Reisen in die Länder jenseits des ehemaligen Eisernen Vorhangs unternehmen zu können. Und auch die Autos „Made in DDR“ waren nicht unbedingt für jede Tour gen Westen oder Süden tauglich. So stellten die Alpen oft ein höchst ernsthaftes Hindernis für die hubraumschwachen Zweitakter aus Eisenach und Zwickau dar. Deshalb gab es an der Großglockner-Hochalpenstraße sogar extra Merkblätter, in denen den tollkühnen Lenkern der „Trabants“ und „Wartburgs“ erläutert wurde, was sie ihren fahrbaren Untersätzen auf der Route zumuten konnten und was nicht.

Solche und andere Kuriosa sind in der Sonderausstellung „Reisefreiheit“ im Dresdner Verkehrsmuseum zu sehen, welche noch bis zum 12. April geöffnet hat. Im Mittelpunkt der Exposition stehen dabei Tafeln mit 20 persönlichen Erlebnisberichten aus den Jahren 1989/90. Dazu kommen drei Fahrzeuge: ein äußerst exotischer Oldtimer vom Modell Hillmann Minx III A sowie zwei überaus gewöhnliche alte Mopeds des Typs SR 2. Mit dem erstgenannten Gefährt setzte sich ein DDR-Bürger noch unmittelbar vor dem Mauerfall über die ČSSR in den Westen ab, wohingegen die beiden „Spitzenerzeugnisse“ aus dem VEB Fahrzeug- und Gerätewerk Simson Suhl dazu gedient hatten, ihre abenteuerlustigen Besitzer von Dresden nach Paris zu transportieren – mit „sagenhaften“ 1,5 PS und einer nur im Ausnahmefall zu erreichenden Höchstgeschwindigkeit von 45 Stundenkilometern.

Und auch sonst wird immer wieder demonstriert, mit welchem Improvisationstalent und welcher Bescheidenheit die Bürger des im Untergang befindlichen Arbeiter- und Bauern-Staates seinerzeit die Welt erkundeten. Denn vor dem 1. Juli 1990, also dem Zeitpunkt der Währungsunion, konnte ja kaum jemand große Sprünge machen, weil die Reisekasse zumeist nur die 100 D-Mark „Begrüßungsgeld“ enthielt, welche Ende 1989 von der Bundesrepublik beziehungsweise West-Berlin gezahlt wurden. Also hieß die Devise „Sparen, wo es nur irgendwie geht“, so zum Beispiel beim Trampen nach Venedig, wobei das Ziel erstaunlicherweise trotzdem in­nerhalb von drei Tagen er­reicht war. Reisen, wie die eines Funkamateurs nach Omaha im US-Bundesstaat Nebraska, über die ebenfalls berichtet wird, hatten also noch weitgehend Seltenheitswert.

Darüber hinaus vermittelt die Ausstellung einen Eindruck von dem Kulturschock, den viele erlitten, als sie das erste Mal mit dem Preisniveau in westlichen Metropolen wie Paris konfrontiert wurden: ein Spiegelei mit ein paar Pommes frites für 18 D-Mark! Das überstieg das Vorstellungsvermögen eines DDR-Bürgers genauso wie der ebenfalls dokumentierte Vorfall, in dessen Verlauf sich Bus-Reisende aus der Bundesrepublik beim Warten an der Grenze zu Italien heftigst darüber mokierten, dass es den „Ossis“ nun plötzlich auch erlaubt sei, die klassischen Urlaubsziele ihrer Landsleute im Westen anzusteuern. Wolfgang Kaufmann


Propaganda-Held
Clint Eastwoods Film »American Sniper«

Eines kann man den Akademie-Mitgliedern, die für die Vergabe der Film-Oscars sorgen, nicht vorwerfen: sie würden durch eine nationalistisch gefärbte Brille blicken. Sonst hätten sie den Film „American Sniper“, der in sechs Kategorien für die Filmtrophäe nominiert war, jetzt nicht mit nur einer eher belanglosen Auszeichnung für den besten Tonschnitt abgespeist.

Regisseur Clint Eastwood hat das Kriegsgetöse so patriotisch in Szene gesetzt, dass zumindest das US-Publikum in Scharen in die Kinos gerannt ist. Diesen Donnerstag ist der Film über einen Scharfschützen, der im Irak 160 Gegner niedergestreckt hat und der als Kriegsrückkehrer dann in den USA selbst das Opfer eines schießwütigen Veteranen wurde, in den deutschen Kinos gestartet.

Ähnlich wie in Ridley Scotts Film „Black Hawk Down“ (2001) über einen missglückten US-Hubschrauber-Einsatz in Somalia scheint auch „American Sniper“ die Scharte einer mit dem Irak-Krieg völlig missratenen US-Militärintervention auszuwetzen, in­dem man über einen einzelnen Helden den patriotischen Glorienschein entfaltet.

Die Ge­schichte des Scharfschützen Chris Kyle, der psychisch zerrüttet aus dem Krieg heimkehrt, ist authentisch, er selbst hat sie in einer Autobiografie aufgeschrieben. Seinen eigenen Tod auf einem Schießplatz sah er nicht kommen. Eastwood zeigt den Prozessionszug des Helden, dem Hunderte von Trauernden mit dem US-Banner in der Hand die letzte Ehre erwiesen, wie ein Staatsbegräbnis. In den USA ist solch ein Propagandafilm ein Publikumsrenner. Würde es hierzulande ein Regisseur wagen, einem Bundeswehr-Heimkehrer aus Afghanistan mit ähnlichem Nationalstolz zu huldigen – er würde wohl von der Kritik gelyncht werden. Harald Tews


MELDUNGEN

Zwei Orchester, ein Konzert

Bremen − Für eine Konzertreihe im März fusioniert die Junge Deutsche Philharmonie mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen. Unter der Leitung des britischen Dirigenten Ryan Wigglesworth wagen sich beide Klangkörper an Werke von Janácek („Sinfonietta“), Mozart (Hornkonzert), Richard Strauss („Rosenkavalier“-Suite) und an die deutsche Erstaufführung eines Werkes des Dirigenten. Die Konzerte finden statt am 8. März in der Kölner Philharmonie, am 9. März im Berliner Konzerthaus sowie am 10. und 11. März in der Bremer „Glocke“. Karten unter Telefon (0421) 321919 oder www.kammerphilharmonie.com. tws

 

Ein Beuys-Werk für Berlin

Berlin − Das weltberühmte Werk „Das Kapital Raum 1970−1977“ von Joseph Beuys kommt nach Berlin. Der Sammler Erich Marx überlässt das mehrteilige Werk der Sammlung der Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin als Dauerleihgabe. Beuys hatte das als „Environment“ bezeichnete Werk, das sich zur Umgebung in Beziehung setzt, für die Biennale 1980 in Venedig geschaffen und vier Jahre später für die „Hallen für Neue Kunst“ in Schaffhausen variiert. tws


S. 10 Geschichte

»Invasion eines Landes durch einen Mann«
Vor 200 Jahren leitete Napoleon Bonaparte mit seiner Rückkehr nach Frankreich seine Herrschaft der Hundert Tage ein

Zwischen Napoleons Regentschaft als souveräner Fürst auf der Insel Elba und seiner Verbannung nach Sankt Helena lag die Herrschaft der Hundert Tage als Kaiser der Franzosen, die vor 200 Jahren eingeleitet wurde, als der gestürzte Monarch in Südfrankreich anlan­dete, um noch einmal die Macht an sich zu reißen und das Empire fran­çais zu restaurieren.

Nach seiner Niederlage in der Völkerschlacht bei Leipzig im Ok­tober 1813 befand sich der französische Kaiser Napoleon I. (1769–1821) permanent in der Defensive und musste schließlich am 12. April 1814 abdanken, nachdem er auch noch die Schlacht um Paris verloren hatte. Zum Ausgleich hierfür erhielt der gescheiterte Eroberer das Fürstentum Elba zugesprochen – dazu kamen die formelle Belassung des Kaisertitels sowie die Zuerkennung einer jährlichen Rente von zwei Millionen Francs. Ebenso konnte er seine Leibgarde mit ins Exil nehmen.

Auf Elba angekommen, beschäftigte sich Bonaparte zunächst recht intensiv mit der Neuordnung von Wirtschaft, Justiz und Verwaltung in seinem neuen Herrschaftsgebiet, während in Wien ein Friedenskongress zusammentrat, um über die Gestaltung der europäischen Nachkriegsordnung zu verhandeln. Allerdings verliefen die Gespräche, an denen mehr als 700 Delegierte aus 200 Staaten, Provinzen und Städten teilnahmen, überaus zäh – ganz abgesehen davon, dass sich Spannungen unter den früheren Gegnern Bonapartes entwickelten, wobei die Frontlinie vor allem zwischen England, Frankreich und Österreich auf der einen Seite und Preußen sowie Russland auf der anderen Seite verlief.

Das blieb dem gestürzten Kaiser genauso wenig verborgen wie die wachsende Unzufriedenheit der Franzosen mit ihrem neuen König, dem Bourbonen Ludwig XVIII. (1755–1824). Außerdem blieb die zugesagte Apanage aus und es mehrten sich Attentatsgerüchte. Deshalb beschloss Napoleon schließlich Anfang 1815, alles auf eine Karte zu setzen und erneut nach der Macht in Frankreich zu greifen. Kritikern dieses Vorhabens ­setzte er dabei voller Überzeugung entgegen: „Ich werde nach Paris kommen, ohne dass ein einziger Schuss fällt.“

Der erste Schritt hierzu war die Überfahrt auf das französische Festland in Begleitung seiner Generäle sowie einer kleinen Streitmacht von etwa 1050 Mann. Diese überaus heikle Passage quer durch Seegebiete, die von Napoleons Gegnern kontrolliert wurden, erfolgte an Bord von sieben Handelsschiffen, darunter die „Inconstant“,

„Étoile“, „Saint Esprit“, Caroline“ und ,,Saint Joseph“, die am 26. Februar 1815 ungehindert aus dem Hafen von Portoferraio auslaufen konnten, obwohl die Alliierten extra einen Residenten eingesetzt hatten, der Bonaparte beaufsichtigen sollte. Doch Colonel Sir Neil Campbell (1776–1827) weilte zu diesem Zeitpunkt zu einem zehntägigen „Erholungsaufenthalt“ in Livorno – hinter dem wohl seine Liebesaffäre mit einer Contessa Miniaci steckte. Jedenfalls traf der Engländer erst am Morgen des 28. Februar in Portoferraio ein, wo er sofort an Bord der Sloop „HMS Partridge“ ging, um die Verfolgung aufzunehmen. Allerdings verhinderten ungünstige Winde ein Einholen des Schiffsverbandes, so dass Napoleon unbehelligt die Côte d’Azur erreichen konnte.

Hier ging der Ex-Kaiser dann am Nachmittag des 1. März im Fischerdorf Golfe-Juan östlich von Cannes an Land. Dabei soll er noch einmal fanatischen Optimismus demonstriert haben, indem er mit Blick auf sein Wappentier verkündete: „Von Kirchturm zu Kirchturm wird der Adler mit den nationalen Farben fliegen bis auf die Türme von Notre-Dame.“ Damit war Campbells Karriere als Resident auf Elba beendet – der erboste englische Außenminister Robert Steward Castlereagh (1769–1822) schickte ihn postwendend in die Armee zurück –, während für Napoleon die sogenannte Herrschaft der Hundert Tage anbrach, die freilich ganz exakt gerechnet 114 Tage währte.

Weil die Bewohner des Tales der Rhone als wenig napoleonfreundlich galten, entschloss sich der Korse, über Grasse und Grenoble nach Lyon zu ziehen. Dabei kam es am 7. März bei Laffrey zum Zusammentreffen mit einem Bataillon des 5. Linienregiments aus Grenoble, das von Ludwig XVIII. ausgesandt worden war, um Bonaparte mit allen Mitteln zu stoppen. Der reagierte in dieser überaus kritischen Situation, indem er den Infanteristen, die bereits auf ihn anlegten, entgegenrief: „Wenn es einen unter euch gibt, der seinen Kaiser töten möchte – hier bin ich!“ Daraufhin ließen die Soldaten die Waffen sinken und schlossen sich Napoleon an, der dann unbehelligt Lyon erreichte, wo er am 10. März 1815 unter dem Jubel der dortigen Bevölkerung erneut die Kaiserkrone für sich reklamierte. Hierdurch wiederum wurde Ludwig XVIII. veranlasst, einen weiteren Versuch zu unternehmen, den Usurpator aufzuhalten. Nun sollte Napoleons früherer Marschall Michel Ney (1769–1815), der sich 1814 für die Bourbonen entschieden hatte, die Lage retten. Doch Ney, der immerhin über 4000 Mann gebot, wechselte prompt ein zweites Mal die Seiten, womit der Machtkampf zwischen König und Kaiser entschieden war und Bonaparte am 20. März in Paris einziehen konnte. Anschließend versuchte Napoleon, von seinem früheren Image als Diktator loszukommen, indem er beispielsweise eine neue liberale Verfassung verkündete und per Volksabstimmung bestätigen ließ.

Die Nachricht von Napoleons Flucht und der „Invasion eines Landes durch einen Mann“, wie der französische Diplomat Fran­çois-René de Chateaubriand (1768–1848) das Ganze nannte, schlug auf dem Wiener Kongress naheliegenderweise wie eine Bombe ein und führte zunächst zur formellen Ächtung des Ex-Kaisers, der dann am 25. März 1815 die Erneuerung der antinapoleonischen Allianz folgte. Dabei zeigten sich die preußischen Unterhändler durchaus erfreut über die Wendung der Dinge. So meinte Gebhard Leberecht von Blücher (1742–1819): „Dies ist das größte Glück, was Preußen begegnen konnte, nun fängt der Krieg von neuem an und die Armee wird alle in Wien begangenen Fehler wieder gut machen.“ Der Generalfeldmarschall befehligte dann auch eine der vier Armeen, die den Höhenflug Bonapartes stoppen sollten, wobei die Entscheidungsschlacht aber letztlich nur von den Preußen und dem Truppenkontingent des Duke of Wellington (1769–1852) geschlagen wurde.

Nach der Niederlage bei Waterloo musste Napoleon am 22. Juni 1815 ein zweites Mal abdanken, womit die Herrschaft der Hundert Tage endete. Diesmal überließen die Alliierten dem Geschlagenen allerdings nicht großzügig ein souveränes, 224 Quadratkilometer großes Fürstentum vor der Küste der Toskana, sondern verbannten ihn auf ein zum britischen Weltreich gehörendes Eiland von nur 122 Quadratkilometern Größe im Südatlantik, fern einer Küste und noch ferner der französischen. Wolfgang Kaufmann


Der Lehrer aller Volksschullehrer
Aus Liebe zu den Kindern verschrieb sich der Wahlpreuße Gustav Friedrich Dinter der Heranziehung geeigneter Erzieher

Ich will jedes preußische Bauernkind für ein Wesen ansehen, das mich bei Gott verklagen kann, wenn ich ihm nicht die beste Menschen- und Christen-Bildung schaffe, die ich ihm zu schaffen vermag.“ Diesen bei Amtsantritt in Ostpreußen erklärten Anspruch setzte Gustav Fried­rich Dinter selbstlos und uneigennützig durch.

Vor seiner Berufung nach Königsberg wirkte er zehn Jahre als Direktor des staatlichen Lehrerseminars und Rektor der Stadtschule in Dresden. Geboren wurde Gustav Friedrich Dinter am 29. Februar 1760 als Sohn eines wohlhabenden Rechtsgelehrten in Borna bei Leipzig. Nach Privatunterricht und Fürstenschule in Grimma studierte er in Leipzig Theologie und erwarb dort den Doktorgrad. Auf Wunsch seiner Verlobten, der Pfarrerstochter Friederike Peck, entschied er sich, Landpfarrer zu werden, auch über ihren frühen Tod hinaus.

Seine pädagogischen Erfolge erregten die Aufmerksamkeit einflussreicher Männer in Preußen. Staatsrat Ludwig Nicolovius zog von Berlin aus Erkundigungen über Dinter bei Konsistorialrat Krause in Königsberg ein. Auf dessen Empfehlung und nach Prüfung der pädagogischen und theologischen Schriften Dinters im preußischen Provinzialministerium leitete Staatsrat Christian Gottfried Körner, der Vater des Dichters Theodor Körner, erfolgreich die Berufungsverhandlungen. Im 57. Lebensjahr stehend, fiel es Gustav Friedrich Dinter schwer, Heimat, Vaterland und seinen Wirkungskreis zu verlassen, um in das ferne Königsberg in Preußen zu ziehen. Er ermutigte sich jedoch selbst: „Dem großen, schönen Werke, das sich dort darbietet, darf sich der Mann voll Kraft, der Sohn der Pflicht und der Liebe nicht entziehen.“

Am 16. Dezember 1816 trat er in Königsberg sein Amt als Konsistorialrat an und wurde zugleich als Schulrat der Nachfolger von Johann Friedrich Ferdinand Delbrück. Nachdem ihn 1817 anlässlich des Reformationsjubiläums die Theologische Fakultät zum Ehrendoktor ernannt hatte, habilitierte er sich an der Albertus-Universität und hielt Vorlesungen über Pädagogik, Philosophie und praktische Theologie. Dinter war bei seinen Studenten beliebt. Seine Vorlesungen, die sich durch Klarheit, Bestimmtheit und Gewandtheit des Ausdrucks auszeichneten, hielt er unentgeltlich. Er wollte fähige Geistliche heranbilden, ihnen eine gründliche pädagogische Bildung vermitteln, um einst geeignete Schulinspektoren, Kantoren und Rektoren in seinem Bezirk zu haben. Mit diesem Ziel unterrichtete er jeden Mittwoch vormittags in der Löbenichtschen Kirchschule Religion, hielt Musterlektionen nach seiner sokratischen Methode und gab häufig den Studenten Gelegenheit, sich in der Unterrichtskunst zu üben. Aus Verbundenheit zu Preußen lehnte er einen Ruf als ordentlicher Professor für Theologie nach Kiel ab. Auf Veranlassung des preußischen Kultusministers Karl vom Stein zum Altenstein erhielt Dinter 1822 eine außerordentliche Professur für Theologie an der Königsberger Albertina.

Das Hauptaugenmerk Dinters lag auf der Hebung der Volksschulbildung. Bei seinem Amtsantritt mangelte es in Ostpreußen an leistungsfähigen Lehrkräften. Die Lehrer waren auf ihr Amt nicht vorbereitet. Einige unter ihnen waren Invaliden, die notdürftig lesen, schreiben und rechnen konnten, andere Handwerker, die häufig selbst beim Unterrichten ihre Arbeit fortsetzten, jedoch kein pädagogisches Geschick zeigten. Der Lehrerausbildung galt deshalb seine erste Sorge. „Ein Schneider, der nicht nähen und ein Schullehrer, der mit den Kindern nicht reden kann, stehen sich ziemlich gleich.“ Er wies geeignete Geistliche und Lehrer an, befähigte junge Männer, die sich dem Lehrerstand widmen wollten, dazu „geschickt“ zu machen. Nach gründlicher Vorbereitung mussten diese Präparanden zur Bewerberprüfung vor ihm erscheinen. Nach seiner Auffassung ist nicht die Menge des Wissens für die Befähigung zum Lehrer entscheidend, sondern entwickelte Kraft, gebildete Sprache, Deutlichkeit im kleinen Ideenkreise, Richtigkeit und Ordnung beim Vortrage und Liebe zu den Kindern.

Selbst sehen, hören, helfen und fördern war Dinters Arbeitsweise. So konnte er am 19. Oktober 1828 schreiben: „Bis heute habe ich 2175 Meilen Wegs auf Revisionsreisen gemacht, und von rein deutschen Orten ist keiner, dessen Schule ich nicht revidiert habe, von Ostpreußens Städten, Hohenstein (halb polnisch) ausgenommen, keine, in der ich nicht gewesen bin.“ Seine Schulrevisionen an Landschulen, Lehrerseminaren, Elementarstadtschulen und höheren Schulen in Ostpreußen waren von nachhaltigem Einfluss auf die Befähigung der Lehrer. Daneben entfaltete er eine rege Publikationstätigkeit. Er veröffentliche beispielsweise eine Schullehrerbibel, Reden an künftige Volksschullehrer sowie Regeln der Pädagogik, Methodik und Schulmeisterklugheit. Gustav Friedrich Dinter starb am 29. Mai 1831 in Königsberg. Ihm zu Ehren wurden die ersten Kleinkinderschulen in Königsberg „Dinterschulen“ und der Förderverein „Dinterverein“ genannt. Margund Hinz


S. 11 Preussen

Die vornehmste aller Offiziersschulen
Mit der Académie des nobles versuchte Friedrich II., nach den Kriegsverlusten neuen Führungsnachwuchs heranzuziehen

Vor 250 Jahren gründete Friedrich der Große die Académie des nobles, an der die künftige militärische und diplomatische Elite Preußens ihre geistige Prägung erhalten sollte.

Zu Beginn des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) verfügte das preußische Heer über rund 4300 Offiziere. Hiervon fielen dann etwa 1600, wobei unter den Toten auch 191 Generäle und Stabsoffiziere waren. Deshalb benötigte Friedrich II. (1712–1786) dringend geeigneten Nachwuchs an militärischen Führungspersönlichkeiten. Um diesen zu bekommen, sorgte er nach dem Friedensschluss für die Schaffung diverser Einrichtungen, in denen junge Adlige auf die Offizierslaufbahn vorbereitet wurden. Dabei bevorzugte der König eine möglichst frühzeitige Herauslösung aus dem Elternhaus. Dies geht nicht zuletzt aus seinem Schreiben an die Gräfin zu Dohna-Schlobitten hervor, in dem er dieser nahelegte, ihre noch recht „schwächlichen“ Söhne in eine Kadetten-Anstalt zu schicken, „wo sie mehr profitieren werden, und welches beßer vor sie sein wird, als wenn sie zuhause erzogen werden“.

Die vornehmste aller preußischen Offiziersschulen war seinerzeit die Académie des nobles beziehungsweise Académie civile et militaire in der Altcöllner Burgstraße, an der die jeweils 15 Jahrgangsbesten aus dem Berlinischen Kadetten-Korps eine profunde Ausbildung auf königliche Kosten erhielten, die sie dazu befähigen sollte, entweder Stabsoffizier oder Diplomat zu werden – allerdings schlug nur etwa jeder 20. Absolvent später eine nichtmilitärische Laufbahn ein.

Mit der Errichtung der Akademie zum 1. März 1765 knüpfte Fried­rich II. an die Tradition seiner Vorgänger Kurfürst Friedrich Wilhelm (1620–1688) und König Fried­rich I. (1657–1713) an: Der Große Kurfürst hatte 1653 die Kolberger Ritterakademie gegründet, und der erste König in Preußen holte diese dann 1701 nach Berlin, wo sie aber in der Folgezeit aufgrund von Geldmangel verfiel. Darüber hinaus orientierte sich der Preußenkönig auch am Vorbild der École Militaire in Paris, die einer Initiative von Jeanne-Antoinette Poisson, genannt Madame de Pompadour (1721–1764), entsprungen war.

Mit der Leitung der neuen Kaderschmiede beauftragte Friedrich der Große den Generalmajor Johann Jobst Heinrich Wilhelm Freiherr von Buddenbrock (1707–1781). Dieser bewährte, aber seit geraumer Zeit gesundheitlich beeinträchtigte ostpreußische Offizier stand bereits dem preußischen Kadettenkorps vor und sollte nun zusätzlich noch die königlichen Instruktionen bezüglich des Lehrbetriebes an der Akademie umsetzen. Diese besagten, dass der grundsätzliche Zweck der Einrichtung darin bestehe, „dem Staate nützliche Untertanen zu liefern“, die „sich in beliebige Gegenstände hineinzuarbeiten vermögen“. Daher verordnete der König den Zöglingen der Eliteschule ein umfassendes Ausbildungsprogramm, zu dem die Fächer Latein und Französisch, Rechtswissenschaften, Philosophie, Logik, Rhetorik und Grammatik, Geschichte beziehungsweise Kunstgeschichte, Musik, Literatur und Bildende Kunst, Geografie sowie Mathematik, Astronomie und Mechanik gehörten. Dazu kamen bestimmte „Leibesübungen“ wie Tanzen und Reiten. Außerdem legte Friedrich Wert darauf, dass man den Schülern ihre „barbarische Mundart“ abgewöhne und „sie zu Sauberkeit, Höflichkeit und standesgemäßen Manieren anhält“. Letzteres war die Aufgabe der sogenannten „Gouverneure“, von denen es insgesamt fünf gab. Sie sollten „streng gegen Charakterfehler einschreiten, alsda sind Bosheit, Heftigkeit, Launen, vor allem aber Faulheit, Müßiggang und ähnliche Laster, die den jungen Leuten schaden. Aber Frohsinn, gute Einfälle, alles, was Geist verrät, dürfen sie ja nicht unterdrücken.“

Wie aus den Instruktionen noch hervorgeht, hielt der Monarch insbesondere die Unterweisungen in Geschichte für wichtig. Die Vergangenheit liefere hervorragende „Beispiele zu allem“ und werde die Schüler „zu moralischen, politischen und philosophischen Betrachtungen anregen“. Deshalb verpflichtete er auch den Schweizer Historiker Jakob Wengelin (1721–1791), dessen Markenzeichen darin bestand, dass er von universaler Gelehrsamkeit war und sich dabei aber zugleich mit Vorliebe auf Ereignisse konzentrierte, von denen er glaubte, sie böten Lösungen für die Probleme der Gegenwart.

Ansonsten gehörten auch noch andere prominente Wissenschaftler und Geistesgrößen der damaligen Zeit zum Lehrkörper, allen voran Dieudonné Thiébault (1733–1807) als Professor für französische Grammatik, François-Vincent Toussaint (1715–1772) als Professor für Rhetorik, Johann Georg Sulzer (1720–1779) als Professor für Philosophie sowie August von Hoff (1734–1812) als Professor für Natur-, Völker- und Staatsrecht.

Zum Zeitpunkt der Stiftung der Akademie war Friedrich II. der Meinung, Buddenbrock sei der „zweifelsohne geeignetste Mann im ganzen Lande“ für die Leitung der Einrichtung. Allerdings erwies sich der General dann überraschenderweise doch als zu weich und nachgiebig. So griff er nicht entschieden genug durch, als manche ausländische Lehrkräfte begannen, sich um ihre Verpflichtungen zu drücken, obwohl der König den Professoren der Académie des nobles ein doppeltes Gehalt und doppelte Reisekosten zahlte. Andererseits erlangte die Lehranstalt aber trotzdem außerordentliches Prestige – nicht zuletzt, weil sich hier die Vertreter besonders angesehener Geschlechter konzentrierten. Doch genau das missfiel Fried­rich dem Großen, weil es auf eine Verletzung des Leistungsprinzips hinauslief. Deshalb schrieb der Monarch am 11. Februar 1786 an Buddenbrocks Nachfolger als Chef des Kadetten-Corps und der Akademie, Generalmajor Carl Rudolph von Mosch (1718–1798), er solle nur noch junge Adlige „von gutem Verstand und Hoffnung“ annehmen und nicht mehr auf die Namen der Kandidaten schauen.

Kurz darauf starb der Alte Fritz allerdings, womit auch das Ende seiner Eliteschule gekommen war. Noch kürzer fiel die Lebensdauer der einige Zeit später gegründeten „Akademie für junge Offiziere der Infanterie und Kavallerie“ aus. Die existierte nur von 1801 bis 1806. Danach entstand im Zuge der Reform des preußischen Militärwesens die Allgemeine Kriegsschule, die 1816 den offiziellen Status einer Universität erlangte und danach von 1858 bis 1914 als „Königlich Preußische Kriegsakademie“ firmierte. Wolfgang Kaufmann


»Zogen einst fünf wilde Schwäne«
Karl Plenzat brach eine Lanze für die ostdeutsche Volkskunde und ostpreußischen Mundart − und endete danach tragisch

Fünf Hausgeistlein sind die vertrauten Genossen der deutschen Jugend: die Bräuche, Sagen, Märchen, Lieder und Spiele der Heimat. Auch auf dem Wege in und durch die Welt würden sie gern treueste Gefährten sein.“ Mit diesen Worten öffnet Karl Plenzat seinen „Liederschrein“ (1918), den er auf Wunsch des ostpreußischen Wandervogels herausgab. Diese vielbeachtete Liedersammlung mit 66 deutschen sowie 22 litauischen und masurischen Liedern will eine Ergänzung zum „Zupfgeigenhansl“ sein. Dieses Liederbuch von Hans Breuer erschien erstmals 1909 für die Jugendbewegung und den Wandervogel in Deutschland. Das im „Liederschrein“ enthaltene Lied „Zogen einst fünf wilde Schwäne“ – mündlich aus dem Kreis Stallupönen überliefert – ist von Karl Plenzat aufgezeichnet und ins Deutsche übertragen worden.

Plenzat, geboren am 22. Juli 1882 in Groß Warninken (Kreis Pillkallen), entstammte Lehrer- und Kantorenfamilien. Die Entscheidung für den Lehrberuf war für ihn vorgezeichnet. 1902 legte er die erste Lehrerprüfung am evangelischen Lehrerseminar in Karalene (Kreis Gumbinnen) ab und 1905 die zweite in Enzuhnen (Kreis Ebenrode). Nach erster Tätigkeit als Volksschullehrer am evangelischen Lehrerseminar in Angerburg legte er 1910 die Mittelschullehrer- und Rektorenprüfung in Königsberg ab. Das Amt des Rektors übte er von 1911 bis 1914 an der zwölfklassigen Volksschule in Soldau (Kreis Neidenburg) und 1914 bis 1926 an der Mädchenschule in Marggrabowa (seit 1928 Treuburg, Regierungsbezirk Gumbinnen) aus. Neben dem Schulamt studierte er nach dem Ersten Weltkrieg an der Albertus-Universität in Königsberg Germanistik, Anglistik, Philosophie, Pädagogik und Psychologie. Am 8. Februar 1924 promovierte er bei Friedrich Ranke zum Dr. phil. mit einer Dissertation über „Die Theophiluslegende in den Dichtungen des Mittelalters“.

Von der Literaturwissenschaft her ist seine Herausgebertätigkeit zu verstehen. Er schuf ein fünfbändiges Lesebuch mit dem Titel „Deutsches Wort und Werk“. Dichtungen von Agnes Miegel, Arno Holz, Ina Seidel, Wilhelm Schmidtbonn, Ricarda Huch und vielen anderen, die in der Reihe „Deutsche Heimatbücher“ erschienen, versah er mit eigenen Einleitungen. Mit der Gründung der Pädagogischen Akademie in Elbing erhielt Plenzat dort am 1. April 1926 einen Lehrauftrag und seit Ostern 1927 eine Professur für Deutsch und Volkskunde. Er setzte sich kritisch mit dem Werk des Volkskundlers Karl Brunner auseinander. Aus der Sicht des Historikers Jelko Peters (1995) lässt sich aus Plenzats Kritik das Programm für eine ostdeutsche Volkskunde lesen. Peters zitiert Plenzat: „Nirgendwo spielt der von der Gegenwart erzwungene politische, soziale, wirtschaftliche Wandel eine Rolle, nirgendwo tauchen die volkskundlichen Probleme der doch so folgenschweren Grenzziehung“ durch den Versailler Vertrag auf. Es reiche nicht mehr zu sammeln. Erst die Interpretation der Materialien mache aus der Volkskunde eine spezifisch ostdeutsche.

Plenzats Interesse an mündlichen Überlieferungen reichte bis in seine Kindheit zurück. Als erste Funde veröffentlichte er in der Zeitschrift für Volkskunde (1915) eine Sage und ein Weihnachtsspiel aus Ostpreußen. 1925 gab er mit dem „Ostpreußen-Spiegel“ Mundart-Dichtung in Form von Liedern, Märchen, Schwänken, Rätseln, Reimen und Sprichwörtern heraus. Die Sammlung beinhaltet Texte von Erminia von Olfers-Batocki, Arthur Hinz, Frieda Jung, Karl Plenzat, Robert Dorr, Hans Gruber, Caspar Heling, Wilhelm Reichermann, Elisabet Boehm, dem Preußischen Dichterkreis und dem Volksmund. Mit diesem Büchlein will Plenzat eine Vorstellung von der Schönheit und dem Reichtum der ostpreußischen Mundarten geben und zugleich „gegen das törichte Vorurteil kämpfen helfen, als sei Mundart verderbtes Hochdeutsch“.

Obwohl sich Plenzat für die Beibehaltung der Mundart bei der Aufzeichnung und Veröffentlichung von Erzählstoffen aussprach, gab er den überwiegenden Teil der Texte in seinen Editionen in hochdeutscher Sprache heraus. Gründe dafür sind sein Bemühen, allgemein verständliche Lesestoffe für den Unterricht bereitzustellen sowie die politisch motivierte Absicht, Ostpreußen als eindeutig deutsches Land anzuerkennen. Aus der Vielzahl seiner volkskundlichen Publikationen werden bis heute als bedeutsam hervorgehoben: Märchen und Mundart (1926), Die deutsche Volkssage in Ost- und Westpreußen (1926) sowie „Die ost- und westpreußischen Märchen und Schwänke nach Typen geordnet“ (1927).

Anfang Oktober 1926 wandte sich Plenzat mit einem Aufruf an die Lehrerschaft Ost- und Westpreußens, in dem er die Gründung des Volkskundlichen Archivs der Pädagogischen Akademie Elbing bekannt gab und um Mitarbeit bat. Dieses von ihm geleitete Archiv stand in Verbindung mit dem Institut für Heimatforschung und Volkskunde an der Königsberger Albertina, das zwei Jahre zuvor entstand. Plenzat übergab dem Archiv eigene Bücher und Schriften zur ostpreußischen Volkskunde. Die Altertumsgesellschaft Prussia (gegründet 1844) stellte ihm ihre Sammlungen in Abschrift zur Verfügung. Als Gründer und Leiter gab Plenzat die „Veröffentlichungen des Volkskundlichen Archivs Elbing“ heraus. Überdies war er von 1929 bis 1945 wissenschaftlicher Leiter der Landesstelle Westpreußen für den „Atlas der deutschen Volkskunde“ in Elbing. Bedingt durch die Sparmaßnahmen Preußens wurde er zum 1. April 1932 jedoch in den einstweiligen Ruhestand versetzt.

Plenzat unterzeichnete die am 5. November 1932 veröffentlichte Erklärung deutscher Universitäts- und Hochschullehrer für Adolf Hitler. Am 16. Februar 1933 trat er in die NSDAP ein. Zuvor war er Mitinitiator des Nationalsozialistischen Lehrerbundes (NSLB) Westpreußen. Die im Februar 1933 von der Johann-Friedrichs-Universität Jena an alle Universitätsrektoren versandte „Erklärung“ für die Regierung Hitler aus Anlass der Reichstagswahl vom 5. März 1933 unterzeichnete er ebenfalls.

Im April 1933 wurde er mit der Führung der Direktoratsgeschäfte der Hochschule für Lehrerbildung Elbing beauftragt. Ostern 1934 trat er nach Auseinandersetzungen mit der Studentenschaft und dem Kollegium als kommissarischer Hochschuldirektor zurück und wurde von seiner Professur beurlaubt. Hintergründe dafür sind bislang nicht bekannt. In der Hoffnung auf eine ordentliche Professur war er von 1934 bis 1937 Lehrbeauftragter für Volkskunde an der Albertus-Universität in Königsberg. Sein Wunsch erfüllte sich am 1. Januar 1938 mit der Berufung zum Professor für Volkskunde an der Hochschule für Lehrerinnenbildung Schneidemühl (Grenzmark Posen-Westpreußen). Außerdem übernahm er am 1. April 1941 dort bis zu seinem Tod auch die Leitung der schulpraktischen Ausbildung. Vor 70 Jahren, im Februar 1945, nahm Plenzat sich beim Einmarsch der Roten Armee in Schneidemühl das Leben. Margund Hinz


S. 12 Leserforum

Leserforum

Instrumentalisierung von Opfern

Zu: Ein Amerikaner in Dresden (Nr. 7)

Vom Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden ist wohl nicht zu erwarten, dass dieses im Zusammenhang zum 70. Jahrestag der Bombardierung Dresdens historische Fakten präsentiert, die dem damaligen Geschehen annähernd gerecht werden. Das reiht sich hier in die Äußerung des Bundespräsidenten Joachim Gauck ein: „Ein Land, das für eine Ungeheuerlichkeit wie den Völkermord steht, konnte nicht damit rechnen, ungestraft und unbeschädigt aus einem Krieg hervorzugehen, den es selbst vom Zaun gebrochen hat.“

Wenn man weiß, dass viele Flüchtlinge aus Ostdeutschland damals auf den Elbwiesen bei Dresden glaubten, das Schlimmste hinter sich zu haben, muss erlaubt sein zu fragen, ob diese für den „Völkermord“, verantwortlich gemacht werden können. Gauck als Pfarrer sollte wissen, was er hier mit seiner Feststellung einer ostpreußischen Bauernfamilie antut, die mit Pferd und Wagen glaubte, endlich den rettenden Westen erreicht zu haben. Da wird auch von einer Instrumentalisierung der Opfer gewarnt.

Für mich ist es unverständlich, wie dann der „Große Brockhaus“ 1953 unter dem Stichwort „Dresden“ unter anderem vermerkt: „Die Zahl der Opfer wird bis zu 300000 geschätzt.“

Bernd Dauskardt, Hollenstedt

 

 

Vom Verlierer zum Sieger

Zu: Schlachtensieg statt Völkermord (Nr. 6)

Im Gegensatz zu den anderen vier in dieser Kategorie der Verlierer des Ersten Weltkriegs – Bulgarien, Deutsches Reich, Österreich und Ungarn – wurde der Friedensvertrag von Sèvres mit dem Osmanischen Reich zwar 1920 noch von dem alten Regime unterzeichnet, aber eben nicht ratifiziert, weil sich nämlich das Parlament des dann maßgeblichen Nachfolgestaats, nämlich der neuen Türkei, vehement verweigerte. Der Vertrag trat daher nicht in Kraft.

Jener Nachbarstaat, der diesem Mangel abhelfen wollte, nämlich Griechenland, versuchte dies zu ändern durch einen militärischen Vormarsch von Verbänden seiner Armee auf die mitten in Anatolien gelegene Hauptstadt der neuen Türkei, nämlich Ankara, wo das türkische Parlament nun beheimatet war. Die griechischen Truppen scheiterten dabei im Herbst 1922 an der Sakaria-Front jedoch kläglich.

Der danach von Kemal Atatürk an Griechenland diktierte Waffenstillstand von Mudanya vom Ok­to­ber 1922 und insbesondere der dann im Jahr 1923 zustandegekommene Friedensvertrag von Lausanne waren, zumindest hinsichtlich der Bestimmungen ge­genüber Griechenland, schlichtweg ein Siegfrieden der Türken beziehungsweise von Atatürk.

Arnulf Tobiasch, Fürth

 

 

Die „besten Tage“ sind vergangen

Zu: Wie die CIA irrte (Nr. 6)

Die CIA irrte auch schon beim Ukraine-Konflikt. Der US-Geheimdienst verkannte, dass die penetranten Versuche der Verei­nigten Staaten, Russland aus Europa herauszutrennen, nicht nur fortlaufende politische Dummheit, sondern auch weltgefährdende Verantwortungslosigkeit offenbaren. Die Ukraine einschließlich Krim wäre noch heute unverändert, hätten die USA keinen strategisch-aggressiven Parforce-Ritt an den Grenzen Russlands unternommen.

Washington irrt auch, wenn es meint, die Russen durch Sanktionen beeindrucken zu können. Es missachtet die Leidensfähigkeit des russischen Volkes, das durch einen im Wert fallenden Rubel nicht zu bezwingen ist. Und hinsichtlich Deutschland hat Theodor Fontane recht, wenn er in seinem Roman „Der Stechlin“ schreibt: „Das waren Preußens beste Tage, als da bei Potsdam herum die ,russische Kirche‘ und das ,russische Haus‘ gebaut wurde und als es immer hin- und herging zwischen St. Petersburg und Berlin.“ Auch Bismarck hatte dies stets im Blick.

Wenn jedoch die Nato als US-Hilfstruppe solchen „besten Tagen“ entgegentritt, wäre es langsam an der Zeit, sich von dieser Hilfstruppe zu verabschieden. Ob die CIA auch diese Möglichkeit bedacht hat oder sich schon wieder irrt?

Dr. Schneider-Haßloff, Berlin

 

 

Achtlos in der Ecke

Zum Leserbrief: Gekämpft wie eine Löwin (Nr. 6)

Eine Anmerkung zum Schlusssatz des Artikels, dass Ende Januar 1945 auf dem Flüchtlingsschiff „Pretoria“ auch die Särge von Paul von Hindenburg und seiner Gattin gewesen sein sollen und „welche heute ein unbeachtetes Dasein in der Elisabethkirche in Marburg fristen“: Im letzten Jahr besuchte ich mit meinen französischen Verwandten Marburg und wollte ihnen auch die Gräber zeigen. Vergebens suchte ich einen Lichtschalter. Die Sarkophage waren nur zu erahnen.

Schämt man sich, sie zu zeigen? Unsere Verwandten aus Frankreich waren eher befremdet und erinnerten an Napoleon im Pariser Invalidendom, also an einen Mann, der größtenteils Europa Unglück gebracht hatte und der heute verehrt wird.

Ich denke auch daran, wie ich vor Jahren Friedrichsruh und die Bismarckgedenkstätte suchte. Nirgends war ein Hinweis zu finden. Auf meine diesbezügliche Frage – als ich mein Ziel dann doch noch fand – wurde mir gesagt, das sei nicht üblich. Ich bin ja so froh, dass man in Deutschland noch Krypten mit zum Beispiel mittelalterlichen Königen besuchen kann.

Wolfgang Kussin, Olsberg

 

 

Leise Momente

Zu: Es geschah, als die Leberblümchen weinten (Nr. 7)

Einen großen Dank an Ruth Geede und Günter F. Gerwald-Gendritzki, uns an den Erinnerungen teilhaben zu lassen. Der Artikel hat mich sehr berührt; trifft er doch vieles, dessen Schatten auch über meiner „Nachfluchtgeneration“ liegen. Wenngleich nicht mit der schwarzen Erinnerung der tödlichen Gefahr. Doch die Fürsorge, die insbesondere die betroffenen Frauen brauchen – sie bleibt ein Leben lang. Ich gab sie meiner Mutter bis zum Ende, und der Kampf mit der Erinnerung, der dann auch der meine wurde, entwickelte sich aus Verzicht und Selbstaufgabe zu einem Reichtum des Gebens.

Ein Lidschlag aus dem Heute, der keine Heilung bringen kann, aber dennoch bemerkt sei: Es gibt heute in Königsberg viele junge Menschen, die sich ernsthaft um Informationen über die Ereignisse bemühen, die zu Kaliningrad führten. Und die mit ihrer Informationssuche nicht am 8. Mai 1945 aufhören. Und die sich entsetzen über das, was während des ganzen Infernos geschah.

Ich pflege seit einigen Jahren regelmäßig durch Königsberg zu wandern und kann es bestätigen. Als menschliche Individuen sind wir im Regelfall immer nur Objekte der Zeitgeschichte und keine Subjekte. Wir müssen in unseren unterschiedlichen Leben zurechtkommen. Als Nachfluchtgeneration eint uns hüben wie drüben der Wunsch, verstehen zu wollen. Zu lernen, zu versuchen, zu hoffen. Besser zu machen. Und immer wieder aufs Neue zu hoffen. Es ist das Beste, was wir angesichts der übernommenen Tragödien machen können. Und es ist gerade die zerrissene und unendlich geschundene Zwitterstadt Königsberg-Kaliningrad, die uns mehr als genug Anregungen bietet, sich über den Lauf der Geschichte und das Wesen des Menschen – im Guten wie im Schlechten – Gedanken zu machen. Der gemeinsame deutsch-russische Nenner auf unserer einfachen, einflusslosen Ebene bleibt der Wunsch und die Sehnsucht nach Frieden und guter Gemeinsamkeit – im Kleinen wie im Großen.

Wenn ich durch Königsberg gehe und diesen Fühlungen begegne, nehme ich sie sehr intensiv auf und gebe sie dankbar zurück. Diese leisen Momente und die Fürsorge für die Erlebnisgeneration sind das, was mir wichtig ist – gerade im Vergleich zu den großen Veranstaltungen zum 70. Jahrestag.

Jörn Pekrul, Frankfurt am Main

 

 

Ein Berliner Original verlässt das Schiff

Zu: Buschkowsky hochverdient (Nr. 6)

Sein Buch, „Neukölln ist überall“ wurde 2012 ein Bestseller. Nun hat Autor Heinz Buschkowsky aus gesundheitlichen Gründen zum 31. März seinen Rücktritt als Bezirksbürgermeister des Stadtteils Neukölln im Süden Berlins angekündigt.

Nicht weit entfernt von der Hasenheide, einem Drogenumschlagsplatz, hat der mutige Aufklärer die Fehler in der Integrationspolitik deutlich beim Namen genannt und linken Journalisten sowie grünen Besserwissern aufgezeigt, wo der Hase langläuft.

Gutmenschen mögen dieses allerdings nicht gern. So wollte denn auch der SPD-Landesvorsitzende der „AG Migration und Vielfalt“, Aziz Bozkurt, gar „rassistische Argumente“ bei Buschkowsky erkannt haben. Dieses grenzt nun allerdings mehr an Einfalt als an Vielfalt. Trocken bemerkte denn der Bezirksbürgermeister Neuköllns darauf: „Lieber Gott, schütze mich vor meinen Genossen, vor meinen Feinden kann ich mich alleine schützen.“

Ähnlich wie Parteifreund Thilo Sarrazin benötigte er Polizeischutz bei seinen Buchlesungen. Ob das der hochgelobten Meinungsfreiheit und Demokratie in Deutschland gerecht wird, darf eher bezweifelt werden.

Als Sohn eines Schlossers und einer Sekretärin in Berlin-Rudow aufgewachsen, waren Buschkowsky soziale Befindlichkeiten keineswegs fremd. So wurde er im Dezember 2001 Bezirksbürgermeister von Neukölln. Bekannt wurde er mit dem Satz: „Multikulti ist gescheitert.“

Da hat denn die grüne Multikulti-Tante Claudia Roth ordentlich getobt. Unbeirrt warnte der Neuköllner Bezirksbürgermeister vor einer sich abzeichnenden Islamisierung, vor religiösem Fundamentalismus und einer muslimischen Parallelgesellschaft in Berlin.

Bekannt wurde er mit pointierten Sprüchen wie: „Ich werde nicht fürs Schweigen bezahlt, sondern dafür, dass ich mich um die Sorgen meiner Bürger kümmere.“ Oder: „Kommt das Kind nicht in die Schule, kommt das Kindergeld nicht aufs Konto.“ Das sind schon mal klare Aussagen, ohne das sonstige Geschwurbel manch anderer Politiker.

Wie wird es mit dem Pensionär Buschkowsky weitergehen? Was wird aus dem Kiez rund um Sonnenallee, Hermannplatz und Fuldastraße werden? „Ich verabschiede mich ja nicht ins Erdmöbel … Es wird mein Thema bleiben, dass uns alle Kinder gleich viel wert sein müssen, egal ob sie in Mitte, Neukölln oder in Dahlem-Dorf aufwachsen.“

Das ist sein Credo. Mit seinem Rückzug aus der Tagespolitik geht ein Stück Berlin verloren. Stets hat er darauf hingewiesen: „Political Correctness löst keine Probleme.“ Mit seiner Geradlinigkeit und seiner pointierten Rhetorik wird Buschkowsky in Erinnerung bleiben. Ein echtes Original noch, von denen es leider immer weniger gibt.

Hans-Joachim Nehring, Neubrandenburg

 

 

Toleranzblüten

Zu: Mieses Spiel (Nr. 6)

Pastor Latzel aus Bremen ruft zu einem klaren Bekenntnis zum christlichen Glauben auf – und wird deswegen angefeindet und als Hassprediger diffamiert. Denen, die dieses tun, ist offenbar nicht klar, dass der Aufruf zum täglichen Gebet bei den Moslems dann in ähnlicher Weise missdeutet werden kann. Die Toleranz in Deutschland treibt doch eigenartige Blüten.

Martin Knappke, Karlsruhe

 

 

Die gute Musik spielt woanders

Zu: Die größte Schiffskatastrophe aller Zeiten (Nr. 4) und zum Leserbrief: Völlige Ignoranz (Nr. 7)

Der Lesermeinung des Herrn aus Starnberg über das mediale Verschweigen der „Gustloff“-Ka­tastrophe kann ich voll und ganz zustimmen. Auch die Bombardierung Dresdens wurde zwar in der ARD-Tagesschau thematisiert, aber immer mit dem erhobenen Zeigefinger, dass die Deutschen schließlich selbst Schuld an dem Inferno gewesen seien. Die Anzahl der bei den drei Angriffen ums Leben gekommenen Menschen wird dabei von Jahr zu Jahr nach unten „korrigiert“. Auch der immer um Aufklärung über die Gräuel des Dritten Reichs bemühte TV-Sender ZDF-Info, der eigentlich kaum einen Tag vergehen lässt, ohne seine große geschichtsbewusste Zuschauerschar mittels einem entsprechenden mit Gebührengeldern finanzierten Doku-Beitrag zu informieren, fand diese Ereignisse keines besonderen Beitrags für würdig.

Selbstverständlich warnt auch unser allseits beliebter Bundespräsident bei seiner Gedenkrede davor, dass man doch hier keine Geschichtsfälschung betreiben möge und den rechten Parolen keinen Glauben schenken soll.

Ähnlich wie das Fernsehen kaum noch national betonte Beiträge sendet, sieht es in den Musikprogrammen der deutschen Radiosender aus: Kaum noch ein ARD-Sender spielt deutschsprachige (Schlager-)Musik. So hat seit einiger Zeit auch der größte deutsche Sender, der WDR, sein viertes Hörfunkprogramm voll und ganz in einen „Oldie-Sender“ umgewandelt. Mein Befremden über diesen Vorgang brachte ich in einem Schreiben an den Intendanten auch mit der Bemerkung zum Ausdruck, dass es wohl weltweit kein anderes Land gibt, das so nachlässig mit seinen muttersprachlichen Musikproduktionen umgeht. Geantwortet wurde mir, dass diese Änderung angeblich im Interesse der Hörer läge.

Wer’s glaubt! Ich empfange über Satellit und Internet seit einiger Zeit Radiosender aus Österreich und Südtirol, deren Musikprogramme eher meinem Geschmack entsprechen.

Herbert Schmidt, Schauenburg

 

 

Gute Nacht, Europa!

Zu: Grandios gescheitert (Nr. 7)

Die ganze Ukraine-Krise ist ein abgekartetes Spiel. Die friedliche Zusammenarbeit zwischen Russland und Europa muss aus US-amerikanischer Sicht unbedingt verhindert werden, damit die US-Vorherrschaft erhalten bleibt. Was für ein Armutszeugnis! Menschenleben interessieren dabei nicht. Und was man Assad in Syrien seinerzeit lauthals vorwarf, nämlich Krieg gegen das „eigene Volk“ zu führen, macht jetzt Poroschenko nun unterstützt von den USA genauso. Oder ist es nicht „das eigene Volk“? Dann sollte man ihm zumindest eine gewisse föderale Unabhängigkeit zugestehen. Aber Moral ist eben nur ein Aushängeschild.

Diejenigen, die seinerzeit meinten, uns umerziehen zu müssen, haben selbst seit über 60 Jahren nur Krieg im Sinn. Dabei besitzen sie ein reiches und schönes Land, was eigentlich genügen sollte. Aber nein, noch hält sich Russland zurück, aber man wird wohl den russischen Bären so lange reizen und verleumden, bis er zurückschlägt. Waffen haben beide Seiten ja genug. Gute Nacht, Europa!

Eva-Maria Licht, Herrsching


S. 13 Das Ostpreußenblatt

Neues Ufer, aber kein Touristenmagnet
Promenade an der Sackheimer Hinterstraße bald fertig – Gegenüber entsteht Königsbergs neues Stadion

Auf der Lomse entsteht für die im Rahmen der Fußballweltmeisterschaft 2018 in Königsberg stattfindenden Spiele ein neues Fußballstadion. Um die aus Plattenbauten bestehende Umgebung zu verschönern, hat die Stadtregierung beschlossen, eine neue Pregelpromenade zu bauen.

Die Uferstraße Admiral Tribuz (Sackheimer Hinterstraße) hat bislang nie viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, obwohl sie im Zentrum von Königsberg liegt. Das Ufer ist umgeben von trostlosen Plattenbauten, die den Pregel von beiden Seiten säumen. Für Touristen und Besucher der Stadt gibt es hier nur wenig zu sehen, auch wenn es von hier bis zum Dom und zum Fischdorf nur ein Katzensprung ist.

Da auf der Lomse-Insel mit dem Neubau eines Fußballstadions begonnen wurde, plant die Stadtregierung, die Umgebung in Vorbereitung auf die Spiele der Fußballweltmeisterschaft 2018 attraktiver zu gestalten. Im Rahmen des föderalen Zielprogramms zur

Entwicklung der Region wurde die Finanzierung einer neuen Promenade bewilligt. Es wurden umfangreiche Uferschutzarbeiten durchgeführt, Kanäle und Pumpstationen sowie eine Kläranlage gebaut.

Der Auftrag in Höhe von 521,6 Millionen Rubel (7,5 Millionen Euro) für den Bau einer Promenade, die Uferbefestigungsarbeiten und die landschaftsbauliche Gestaltung wurde zunächst an das Moskauer Unternehmen „Mos-inschstroj“ vergeben. Die Ausschreibungsergebnisse waren aber aufgrund zahlreicher beim Antimonopoldienst eingereichter Beschwerden wieder aufgehoben worden. Die Königsberger Stadtverwaltung sah sich gezwungen, den Vertrag mit dem Unternehmen einseitig zu beenden. Die Firma „Juggasnetesnab“ wurde stattdessen mit dem Weiterbau des Objekts beauftragt. Das Unternehmen hatte bereits als Subunternehmer Erfahrungen bei der Ufergestaltung gesammelt. Während der Verlegung der Versorgungsleitungen kam es zu Verzögerungen. Beim Einrammen der Stahlträger für die zukünftige Uferpromenade hatten die Bauarbeiter einen Teil der Promenade entdeckt, die damals in Königsberg existiert hatte. Außerdem stießen sie auf die Reste von Bauschutt, der nach dem Krieg hier entsorgt worden war. Damals war offenbar eine ungewöhnliche Technologie angewandt worden: Die Verkleidung mit Marmorplatten war an Land auf Beton befestigt und die fertige Konstruktion erst danach an ihrem Ort aufgestellt worden.

Jetzt gibt es von der Lesopilnaja Straße (östlicher Teil der Sack-heimer Hinterstraße) bis zur zweiten Pregelüberquerung eine Fußgängerpromenade, einen Spielpatz, zwei Treppenabgänge, fünf Übergänge mit Rampen, eine Parkzone, 17 Aussichtsplattformen und eine Marina für kleine Boote, einen Radweg und einen Parkplatz. Zahlreiche Straßenlaternen säumen den Weg. Die Arbeiten an dem knapp einen Kilometer langen Abschnitt mit einer Fläche von über zwei Hektar sind bald abgeschlossen.

Die neue Promenade ist typisch für das moderne Königsberg: Sperrige Beton- und Marmorkonstruktionen dominieren die natürliche Landschaft, zum Wasser kommt man nur über einzelne abgetrennte Fußgängerwege. Es ist unwahrscheinlich, dass dieser Promenadenabschnitt ein Touristenmagnet werden wird, aber zumindest können die Anlieger nun bequemer zu Fuß ins Stadtzentrum gelangen.

Jurij Tschernyschew


Polnische Bauern protestieren
Wegen russischer Gegensanktionen brechen Export-Einnahmen weg

In ganz Polen finden Demonstrationen von Bauern statt. Auch in Ermland und Masuren gehen immer mehr von ihnen auf die Straßen. Am 10. Februar blockierten sie die Straße Nr. 15 in Neumark, und zwei Tage später gab es eine Demonstration in Allenstein. In der Hauptstadt der Region haben sich etwa 200 Bauern vor dem Woiwodschaftsamt versammelt. Dort haben sie bis 17 Uhr auf den Woiwoden gewartet und ihm ihre Forderungen eingereicht.

Am darauffolgenden Tag wurde der Kreisverkehr auf der Straße Nr. 16 in Sensburg von den Traktoren blockiert und danach fuhren sie zum Kreisverkehr im Stadtzentrum und erschwerten so den Verkehr Richtung Allenstein, Lötzen, Nikolaiken und Ortelsburg.

Warum protestierten die Bauern? Es gibt sehr viele Gründe. Einer der wichtigsten ist die schlechte Situation der Bauern nach dem russischen Embargo, weil sie kein Schweinefleisch mehr nach Russland verkaufen können, womit sie einen großen Absatzmarkt verloren haben. Die Besitzer der Bauernhöfe fordern auch sieben Millionen Zloty (1,7 Millionen Euro) Entschädigung für die polnischen Produzenten von Mais und Kartoffeln, weil die Wildschweine ihre Felder zerstörten.

In der Landwirtschaft arbeiten in Polen 2,5 Millionen Menschen. Die Bauern wollen sich mit dem Minister für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung treffen, um die abgebrochenen Gespräche wieder aufzunehmen.

Edyta Gładkowska


Bloch legt nach
Karte zeigt Elchniederung detailgetreu

Rechtzeitig vor der diesjährigen Reisesaison ist im Blochverlag die zweisprachige Karte „Nord-Ostpreußens Norden“ im Maßstab 1:100000 erschienen. Damit ist ein weiteres Puzzlestück aus der Reihe des sehr detailgetreuen Kartenwerks des nördlichen Ostpreußens entstanden.

Blochs Karten zeichnen sich durch ein klares Druckbild aus. Die russischen Ortsbezeichnungen werden in kyrillischer und lateinischer Schreibweise wiedergegeben. Daneben findet der Benutzer die deutschen Ortsnamen vor und nach 1933. Graue Kreise zeigen an, wo sich vor dem Krieg deutsche Siedlungen befanden, die es heute nicht mehr gibt, selbstverständlich mit Ortsnamen versehen. Das Ortsverzeichnis auf der Rückseite gibt es auf Deutsch–Russisch und Russisch–Deutsch. Auch hier sind die verschwundenen Orte besonders hervorgehoben. Daneben gibt es eine Liste der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten.

Wenn in zirka zwei Monaten die Karte „Nord-Ostpreußens Mitte“ erscheint, in der der Bereich zwischen Königsberg, Insterburg und Labiau abgedeckt wird, sind mit den bisherigen Karten über Nordostpreußens Südosten, das Samland und den Norden zirka 80 Prozent der Fläche des heute russischen Gebiets detailliert dargestellt. MRK

„Nord-Ostpreußens Norden vom Kurischen Haff bis zur Szeszuppe“. Landkarte 1:100000, Blochplan, Berlin 2015, 8,95 Euro, E-Mail: info@blochplan.de


MELDUNGEN

Stadtmuseum ehrt Froese

Tilsit – Das Stadtmuseum veranstaltete anlässlich des Todes des Musikers Edgar Froese die Wiedergabe des Konzerts „The Electric Mandarine Tour“, das er unlängst in Zürich gab. Froese wurde kurz vor Flucht und Vertreibung in Tilsit geboren. Er studierte in Berlin, promovierte über Kants Kategorischen Imperativ und gründete 1967 mit einigen Kommilitonen die Musikgruppe „Tangerine Dream“, mit der er zum Pionier der elektronischen Musik wurde. An die 100 Alben charakterisieren sein musikalisches und kompositorisches Schaffen. Am 20. Januar ist er in Wien verstorben. H. Dz.

 

Störungen des Verkehrs

Allenstein – Straße Nr. S7: Liebemühl [Miłomłyn], Baustelle. Straße Nr. 7: Jazowa – Elbing, Fällarbeiten; Liebemühl – Osterode [Ostróda], Baustelle; Schildeck [Szyldak], Fällarbeiten. Straße Nr. 16: Lyck – Klein Rutken, Fällarbeiten. Straße Nr. 54: Verkehrsknoten Braunsberg Süd, Baustelle. Straße Nr. 57: Rothfließ [Czerwonka] – Mensguth [Dzwierzuty], Baustelle; Bischofsburg [Biskupiec] – Mensguth, Fällarbeiten. Straße Nr. 58: Niedersee [Ruciane] – Johannis-burg [Pisz] – Bialla [Biała Piska] – Woiwodschaftsgrenze, Fällarbeiten. Straße Nr. 59: Peitschendorf [Piecki], Baustelle. Straße Nr. 63: Johannisburg – Gehsen [Jeze] - Woiwodschaftsgrenze, Fällarbeiten. Straße Nr. 65: Goldap – Treuburg [Olecko] – Lyck, Fällarbeiten; Lyck – Grajewo, Fällarbeiten. E.G.


S. 14 Ostpreussische Familie

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

aus den vielen Zuschriften zu unseren Fluchtberichten kann man entnehmen, dass die termingerechte Veröffentlichung – genau 70 Jahre nach dem jeweiligen Geschehen – sehr gut von unseren Lesern und Leserinnen angenommen wird. Von der älteren Generation sowieso, denn die meisten entdecken in den Berichten die Schilderung eines Geschehens, das auch die eigene Biografie berührt. Aber auch die Jüngeren, die Herr Jörg Pekrul so treffend als „Nachfluchtgeneration“ bezeichnet, sind von diesen zeitgetreuen Berichten angetan, denn sie ermöglichen ihnen eine Transparenz der eigenen Familiengeschichte, in der viele Ereignisse im Unklaren blieben, weil die Zeitzeugen aus der Erlebnisgeneration schwiegen, aus welchen Gründen auch immer. Jörn Pekrul, dem wir so viele aufschlussreiche Beiträge für unsere Familienseite verdanken, hat nun auch zu diesem Thema einen Beitrag geliefert, den Anstoß gab ihm der Bericht „Es geschah, als die Leberblümchen weinten“ in Folge 7. Jörn Pekrul schreibt:

„Einen großen Dank an Frau Geede und Herrn Gerwald-Gendritzki, uns an den Erinnerungen teilhaben zu lassen. Der Bericht hat mich sehr berührt, trifft er doch vieles, dessen Schatten auch über meiner „Nachfluchtgeneraton“ liegen. Wenngleich nicht mit der schwarzen Erinnerung an die tödlichen Gefahren. Doch die Fürsorge, die insbesondere die betroffenen Frauen brauchen – sie bleibt ein Leben lang. Ich gab sie meiner Mutter bis zum Ende – und der Kampf mit der Erinnerung, der irgendwann auch der meine wurde, entwickelte sich aus Verzicht und Selbstaufgabe zu einem Reichtum des Gebens. Ein Lidschlag aus dem Heute, der keine Heilung bringen kann, aber dennoch bemerkbar ist: Es gibt heute in Königsberg viele junge Menschen, die sich ernsthaft um Informationen über die Ereignisse bemühen, die zu Kaliningrad führten. Und die mit ihrer Informationssuche nicht am 8. Mai 1945 aufhören. Und die sich entsetzen über das, was im ganzen Inferno geschah. Ich pflege seit einigen Jahren regelmäßig durch Königsberg zu wandern und kann es bestätigen. Als menschliche Individuen sind wir nur Objekte der Zeitgeschichte und keine Subjekte. Wir müssen in unseren unterschiedlichen Lebensläufen zurecht kommen. Unsere Generation eint hüben wie drüben der Wunsch, verstehen zu wollen. Es ist das Beste was wir angesichts der übernommenen Tragödien machen können. Und es ist gerade die zerrissene und unendlich geschundene Zwitterstadt Königsberg–Kaliningrad, die uns mehr als genug Anregungen bietet, sich über den Lauf der Geschichte Gedanken zu machen. Der gemeinsame Nenner auf unserer einfachen Ebene ist und bleibt der Wunsch nach Frieden und guter Gemeinsamkeit. Wenn ich durch Königsberg gehe und diesen Fühlungen begegne, nehme ich sie sehr interessiert auf und gebe sie erkennbar und dankbar zurück. Diese leisen Momente und die Fürsorge für die Erlebnisgeneration sind das, was wichtig ist – gerade im Vergleich zu den großen Veranstaltungen zum 70. Jahrestag“.

Da gliedert sich die Gedenkfeier, die der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge im kommenden August veranstalten will, in unsere Vorstellungen von einer gerechten Aufbereitung der Erlebnisse der Fluchtgeneration nahtlos ein. Die in diesem Fall nach Dänemark führen, denn es soll der Vertriebenen gedacht werden, deren Fluchtweg dorthin geführt hat. Die zuerst in Auffanglagern und nach Kriegsende in Internierungslager untergebracht waren, in denen sie jahrelang hinter Stacheldraht leben mussten. Viele fanden in jenen Jahren durch physische und psychische Leiden den Tod und liegen in dänischer Erde begraben. „O Erde Dänemarks...“ beginnt auch ein Gedicht von Agnes Miegel, die fast drei Jahre im Lager Oxböl interniert war. Auf einem dieser Friedhöfe, im jütländischen Esbjerg, wird nun am 8. August die Gedenkveranstaltung stattfinden, bei der das Schicksal der in Dänemark internierten Heimatvertriebenen den inhaltlichen Schwerpunkt bilden soll. Der VDK trat an uns heran mit der Bitte, dass sich bei ihm als Veranstalter ehemalige Internierte melden sollten, die als Zeitzeugen bereit wären, Auskunft über ihre Lagerzeit mit all den damit verbundenen Erlebnissen zu erteilen. Diese Erfahrungen wären für den Veranstalter sehr wichtig, denn auf Grund ihrer Aussagen und dokumentarischen Aufzeichnungen kann die Gedenkfeier thematisch gestaltet werden. Da wir noch immer Anfragen aus unserem Leserkreis bekommen, in denen nach ehemaligen Lagergefährten gesucht wird, weiß ich, dass auch diejenigen, die damals noch Kinder oder Heranwachsende waren, ungetrübte Erinnerungen an die Zeit hinter dänischem Stacheldraht haben und authentische Auskunft geben könnten. Verantwortlich für Projektion und Gestaltung ist das Referat Gedenkarbeit in der Abteilung Gedenkkultur und Bildungsarbeit des VDK, zu dessen Leiter ich bereits Kontakt aufgenommen habe. Herr Hauke Hofmeier würde sich freuen, wenn sich möglichst bald bei ihm die Leserinnen und Leser melden, die bereit wären, ihre Erfahrungen in die Gestaltung der Gedenkfeier mit einzubringen. Wer als Besucher an der Veranstaltung teilnehmen möchte, merke sich diesen Termin vor: Sonnabend, 8. August, 11 Uhr, Friedhof Esbjerg in Dänemark. Wir werden zwischenzeitlich über die Vorbereitungen berichten und hoffen, bald Näheres über die Programmgestaltung mitteilen zu können. Meldungen bitte an den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Bundesgeschäftsstelle, Abt. Gedenkkultur und Bildungsarbeit, Referat Gedenkarbeit, Werner-Hilpert-Straße 2 in 34112 Kassel, Telefon: (0561) 7009-148, Fax: (0561) 7009-298, E-Mail: hauke.homeier@volksbund.de.

Auch Herr Torsten Schurr aus Zapel gehört der „Nachfluchtgeneration“ an, und alles, was Herr Pekrul über seine Verbindung zu dem Land seiner Vorfahren sagt, könnte für ihn gelten. Der in Mecklenburg Geborene formuliert es so: „Irgendwann wurde mir bewusst, dass meine ostpreußischen Eltern, die Flucht und Vertreibung nicht verarbeiten konnten, eine Vorgeschichte haben und ich mich dieser stellen musste. Da war immer so ein Schwingen in der Brust, sobald im Fernsehen Namen und Landschaften erschienen, sobald Verwandte durch Dialekt oder irgendwelche Wortfetzen auf die Vergangenheit hinwiesen. Es kam so, wie es kommen sollte: Ich befasste mich mit der Geschichte meiner Familie, denn ich bin ein Kind Ostpreußens“. Und so suchte der 51-Jährige nach seinen Wurzeln. Eine umfangreiche Verwandtschaft machte es ihm leicht, allein sein Vater, der aus Kerschitten, Kreis Pr. Holland stammt, hatte elf Geschwister, seine in Pr. Eylau geborene Mutter eine Schwester. Das ist die genealogische Seite, mit der Herr Schurr nun einen Teil seiner Freizeit sinnvoll verbringt. Aber es gibt auch noch eine andere, und sie ist der Hauptgrund seines ausführlichen Schreibens. Sie betrifft sein Hobby und den damit verbundenen Versuch, einen kleinen Beitrag zur Erhellung ostpreußischer Vergangenheit zu leisten: Torsten Schurr ist leidenschaftlicher Modellbauer. Er möchte nun versuchen, über das Medium Modellbau durch Darstellung einer konkreten, historisch belegbaren Eisenbahnsituation Aufmerksamkeit für das Thema „Eisenbahnwesen in Ostpreußen“ zu bewirken. Er startet deshalb eine Suchaktion nach geeignetem Basismaterial und wendet sich somit auch an unsere Ostpreußische Familie, die ihm schon viele Anregungen durch die gerade in letzter Zeit ausführlich behandelten Eisenbahnthemen vermittelt hat. Seine Aufforderung an unsere Leserinnen und Leser lautet:

„Ich arbeite an einer Ausstellungsanlage mit authentischer Darstellung eines ostpreußischen Bahnknotens zur Zeit der frühen 30er Jahre. In Umfeld der Modellbahnanlage sollen Einblicke in das ostpreußische Eisenbahnwesen sowie heutiger Strukturen in der betreffenden Region ermöglicht werden – bis zum kleinsten Bahnhof und seiner Ortschaft. Tafeln, Multimedia, eine Papierdokumentation und mein Privatarchiv tragen dafür Sorge. Eine anspruchsvolle, auf Jahre angelegte Aufgabe. Wichtig ist mir Ihre Hilfe. Ich suche Bildmaterial, private Niederschriften, Dokumente, Uniformteile, Schilder und ähnliche Erinnerungsstücke mit Bezug auf die ehemalige Reichsbahndirektion (BRD) Königsberg/i.Pr. Digitale Kopien werden durch mich erstellt. Das Originalmaterial geht Ihnen auf Wunsch wieder zu. Das Urheberrecht ist gewahrt, nichts geht verloren. Es wird sichergestellt, dass einmal Anlage und Archiv der Deutschen Gesellschaft für Eisenbahngeschichte gestiftet werden“.

Soweit die Bitte von Herrn Schurr an unsere Ostpreußische Familie, die für ihn eine Art Kraftquell ist. Deshalb legt der selbständige Hotelier in seinem „Historischen Forsthof zu Zapel“ die PAZ aus, damit auch seine Gäste sie lesen können. Erst durch deren Reaktionen wurde ihm bewusst, wie viele Menschen einen familiären Bezug zu den ostdeutschen Vertreibungsgebieten haben. (Torsten Schurr, Historischer Forsthof zu Zapel, Trammer Straße 5 in 19089 Zapel/Mecklburg, Telefon: (03863) 522797, Fax: (03863) 522710, E-Mail: Torsten.Schurr @online.de)

In der letzten Folge berichteten wir über den von Georg Fuhg geschaffenen Bildniskopf des ostpreußischen Schriftstellers Paul Brock. Er befindet sich noch bei seinem Erstbesitzer Horst Zander, der heute in Hinterpommern lebt, das Kunstwerk aber sicherheitshalber an seinem früheren Wohnort in der Lüneburger Heide belassen hat. Horst Zander ist bereit, die Skulptur in andere Hände zu geben, damit sie einen angemessenen Platz findet. Unser Foto zeigt den Kopf von Paul Brock en face gesehen. Wer sich für dieses Werk des ostpreußischen Künstlers Georg Fuhg interessiert, wende sich bitte an Herrn Horst Zander, Pieski 40, PL-84-313 Siemirowice/Pomorze, Telefon: 0049/160/97 924 837.

Eure Ruth Geede


Die jüngste Gratulantin war erst zwei Monate alt
Ob Dünensand oder Lebensfaden: Wenn man 99 wird, gibt es viele Überraschungen

Es sollte ein stiller Geburtstag werden, denn die 99 ist eine seltsame Zahl für solch einen Jahrestag, der schon im Windschatten seines Nachfolgers steht – große Ereignisse werfen eben ihre Schatten voraus. So, wenn man feststellt, dass man nun „im hundertsten Lebensjahr“ ist, wie ich dies schon am Morgen zu hören bekam, liebevoll serviert von Familie und Freunden. Da wartete auch schon die erste Überraschung: Ein früher Anruf kam – aus Südafrika! Von unserer treuen Schirwindterin Rosemarie Pakleppa, die dort gerade dabei war, den reichen Segen ihres auf ostpreußische Art gepflegten Gartens zu ernten. Da begann mir zu schwanen, dass ich mich doch nicht so einfach durch meinen 99. mogeln konnte. Und so geschah es dann auch: Es gab eine Überraschung nach der andern: Anrufe, Blumen, Geschenke, es kamen Nachbarn, Freunde und Kollegen vorbei, und dass der schon am Geburtstag stattliche Postberg noch erheblich anwachsen würde, ahnte ich, als ich unsere PAZ aufschlug und die Glückwünsche der Familie Petrikowski las. Ihre Lobenshymnen und die von Herrn Günter Uschtrin im Leserforum überwältigten mich, und wenn man dann noch so echt ostpreußisch als „trautste Frau Geede“ angeredet wird – lewe Landslied, dat wär amend e bätke to veel, eck hebb jegreent! Da aber zu mir als Urostpreußin sprichwortgetreu „Lache on Greene en eenem Sack“ gehören, wurde der Rest des Tages dann sehr fröhlich und blieb weiter für Überraschungen gut. Einige will ich weitergeben, denn sie betreffen nicht nur mich sondern unsere ganze große Ostpreußische Familie. Und mir wurde wieder einmal klar, welch ein festmaschiges Netz wir da im Laufe der Jahrzehnte geknüpft haben, das zwischenmenschliche Verbindungen herstellt, die sonst kaum zustande gekommen wären, wie mir viele Leserinnen und Leser schrieben und sich dafür bedanken. Auch sichtbar: Frau Anne Varnhagen sandte mir ein angefangenes Strickzeug, das „die Maschen des Lebens“ symbolisieren soll, wie auch das beiliegende Gedicht über den „Lebensfaden“, das so beginnt: „Wir alle stricken unser Leben jeden Tag ein Stück weiter…“ Und für die kommende Zeit hat sie für meinen Lebensfaden Strick-wolle in leuchtendem Sonnengelb ausgewählt – mag es zur Symbolfarbe für unsere Ostpreußische Familie werden. Als symbolträchtig hatte ich auch das Präsent angesehen, das mir Herr Heinz Ney übermittelte, und der zusammenlegbare Papierengel auch, denn er soll ein „symbolisches Zeichen für Bewahrung im Alltag“ sein – aber sollte der beigelegte kleine Karton tatsächlich „Dünensand und Aufgelesenes von der Kurischen Nehrung“ enthalten, wie die Aufschrift verhieß? Es ist tatsächlich Sand von der Wanderdüne, und es sind kleine Steinchen, Muscheln und Holzstückchen, von „det Haffes Welle“ glatt geschliffen, wie ich sie als Kind gesammelt habe. Lieber Herr Ney, Sie und Ihre Frau Karin haben mir wohl damit das schönste Geburtsgeschenk gemacht, das sie einer 99-jährigen Ostpreußin geben konnten: Sie haben mir Heimat und Kindheit spürbar zurückgebracht. Auch mit 99 ist man ja ein „Geburtstagskind“! Mein alter Freund und Kollege Karlheinz Mose wählte einen Satz von Eugen Roth: „Ein Mensch schaut in die Zeit zurück und sieht: sein Unglück war sein Glück“.

Es war ein schöner Tag, ein sehr, sehr schöner, für den ich mich bei allen, die an mich gedacht haben, für das Allerherzlichste bedanke. Es war ein Tag, an dem mir erst so recht bewusst wurde, welch einen – im Voraus kaum vorstellbaren - langen Weg ich bisher gegangen bin: als mir das jüngste Töchterchen meiner PAZ-Kollegin Rebecca Bellano in den Arm gelegt wurde und mich das Baby mit großen, hellwachen Augen ansah. Da sagte nämlich ein Beobachter der Szene: „Und dazwischen liegen 100 Jahre!“

Nun, die werden erst im nächsten Jahr gefeiert, wenn sich die Wünsche der meisten Gratulanten – auch der aus Irland, Polen, Schweden, den USA – tatsächlich erfüllen sollten: Du sollst mindestens 100 werden! „Dat lewe Gottke ward all helpe“ sagte man vertrauensvoll in Ostpreußen. Das meint auch unser eifriger Leser Knut-Walter Perkuhn und überreicht mir als Leitfaden das Neujahrgebet eines Münsteraner Pfarrers von 1883, das so hoch aktuell für mich und meine Zeit endet: „Gib den Regierenden gute Deutsche und den Deutschen eine gute Regierung. Herr, sorge dafür, dass wir alle in den Himmel kommen, aber nicht sofort!“ R.G.


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 105. GEBURTSTAG

Hoth, Sabine, geb. Hoth, aus Goldbach, Kreis Wehlau, am 5. März

ZUM 101. GEBURTSTAG

Röder, Otto, aus Schützendorf, Kreis Ortelsburg, am 26. Februar

ZUM 100. GEBURTSTAG

Grasteit, Willy, aus Antonswiese, Kreis Elchniederung, am 6. März

ZUM 99. GEBURTSTAG

Michalzik, Prof. Dr. Kurt, aus Lyck, am 29. Februar

ZUM 98. GEBURTSTAG

Rauscher, Edith, geb. Hagen, aus Borschimmen, Kreis Lyck, am 2. März

ZUM 97. GEBURTSTAG

Neumann, Ursula, geb. Dziengel, verwitwete Nothmann, aus Lyck, Bismarckstraße 3, am 28. Februar

ZUM 96. GEBURTSTAG

Gerlach, Erna, geb. Rosengart, aus Canditten, Kreis Preußisch Eylau, am 2. März

ZUM 95. GEBURTSTAG

Bauch, Erna, aus Giesen, Kreis Treuburg, am 5. März

Borutta, Hans, aus Selmenthöhe, Kreis Lyck, am 28. Februar

Dzingel, Hans, aus Sargensee, Kreis Treuburg, am 29. Februar

ZUM 94. GEBURTSTAG

Balszuweit, Herta, aus Lyck, am 5. März

Becker, Klaus, aus Balga, Kreis Heiligenbeil, am 28. Februar

Dannhauser, Karl, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 1. März

Eisert, Elli, geb. Böhm, aus Haselau, Kreis Heiligenbeil, am 3. März

Kröhnert, Bruno, aus Skören, Kreis Elchniederung, am 4. März

Rokotta, Kurt, aus Lyck, am 1. März

ZUM 93. GEBURTSTAG

Falke, Hanna, geb. Kaminski, aus Willenberg, Kreis Ortelsburg, am 5. März

Gläßmann, Karl, aus Goldenau, Kreis Lyck, am 1. März

Heisel, Brigitte, geb. Thierbach, aus Ziegelberg, Kreis Elchniederung, am 2. März

Hopfeld, Elfriede, geb. Jeromin, aus Mulden, Kreis Lyck, am 5. März

Lessat, Alfred, aus Alt Iwenberg, Kreis Elchniederung, am 2. März

Pohl, Hedwig, geb. Chlebowitz, verwitwete Dieck, aus Regeln, Kreis Lyck, am 1. März

Schnipper, Erika, geb. Piefkowski, aus Allenstein, am 2. März

Schwarz, Ruth, geb. Nowitski, aus Kandien, Kreis Neidenburg, am 28. Februar

Strupath, Herta, geb. Steinke, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 1. März

Sulimma, Kurt, aus Bartendorf, Kreis Lyck, am 5. März

ZUM 92. GEBURTSTAG

Bernecker, Gisela, geb. Maetz, aus Lyck, Königin-Luisen-Platz 3, am 6. März

Brüggemann, Hildegard, geb. Onischke, aus Wehlau, am 6. März

Daniel, Paul, aus Jomendorf, Kreis Allenstein, am 1. März

Fligge, Heinz, aus Pomedien, Kreis Wehlau, am 4. März

Graubner, Ursula, aus Lyck, Rothof/Gut, am 3. März

Hotzler, Erika, geb. Fischer, aus Wehlau, am 3. März

Kensy, Helmut, aus Montwitz, Kreis Ortelsburg, am 6. März

Kohtz, Arno, aus Lyck, Steinstraße 36, am 3. März

Kutzmutz, Erika, geb. Lagerpusch, aus Tawellenbruch, Kreis Elchniederung, am 1. März

Lanzendorf, Erika-Ursula, geb. Fahrun, aus Lyck, am 4. März

Lühmann, Hertha, geb. Szikorra, aus Frischenau, Kreis Wehlau, am 3. März

Melzer, Hildegard, geb. Pichler, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 1. März

Neumann, Marta, geb. Babick, aus Prostken, Kreis Lyck, am 5. März

Statnik, Margarethe, geb. Riechert, aus Grünhausen, Kreis Elchniederung, am 6. März

ZUM 91. GEBURTSTAG

Frank, Angela, geb. Ott, aus Wehlau, am 28. Februar

Giesel, Elisabeth, geb. Rockel, aus Grünhoff, Kreis Samland, am 28. Februar

Hlavka-Mozarski, Rose, geb. Hlavka, aus Prostken, Kreis Lyck, am 2. März

Kreuzgrabe, Elisabeth, geb. Lohrenz, aus Treuburg, am 3. März

Lasarzik, Ilse, aus Treuburg, am 28. Februar

Meier, Gerhard A. aus Fronicken, Kreis Treuburg, am 2. März

Moissl, Hildegard, geb. Leidreiter, aus Jürgen, Kreis Treuburg, am 4. März

Nagorr, Elfriede, geb. Dobrick, aus Wehlau, am 2. März

Naujek, Alfred, aus Groß Friedrichsdorf, Kreis Elchniederung, am 6. März

Norloch, Wanda, geb. Dietrich, aus Altengilge, Kreis Elchniederung, am 6. März

Petrat, Hilmar, aus Bartstal, Kreis Ebenrode, am 28. Februar

Piechottka, Elfriede, aus Prostken, Kreis Lyck, am 29. Februar

Quick, Irma, geb. Fohs, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 2. März

Ruppenstein, Erwin, aus Schneckenwalde, Kreis Elchniederung, am 1. März

Schwarz, Lydia, geb. Hill, aus Stradaunen, Kreis Lyck, am 2. März

Steimmig, Gerda, aus Lyck, am 28. Februar

Wolfram, Helene, geb. Stach, aus Malshöfen, Kreis Neidenburg, am 6. März

ZUM 90. GEBURTSTAG

Becker, Edith, geb. Tertel, aus Wehlau, am 28. Februar

Becker, Waltraud, geb. Schmidt, aus Wehlau, am 5. März

Bruns, Erna, geb. Kossack, aus Bladiau, Kreis Heiligenbeil, am 4. März

Daniel, Otto, aus Pregelswalde, Kreis Wehlau, am 6. März

Daudert, Erich, aus Schulzenwiese, Kreis Elchniederung, am 2. März

Jankowski, Erich, aus Rundfließ, Kreis Lyck, am 1. März

Marks, Ernst, aus Neidenburg, am 5. März

Messidat, Arno, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 1. März

Piaszinski, Georg, aus Steinberg, Kreis Lyck, am 3. März

Porath, Edeltraut, aus Lyck, am 1. März

Riewe, Lydia, geb. Grabowski, Kreis Neidenburg, am 1. März

Semler, Anneliese, geb. Swiedelsky, aus Muschaken, Kreis Neidenburg, am 6. März

Sywottek, Heinrich, aus Nußdorf, Kreis Treuburg, am 1. März

Tschoppe, Herbert, aus Königsberg-Roßgarten, Altroßgarten, Predigerstr. 39a, am 6. März

Weichler, Horst, aus Neidenburg, am 1. März

Wenzel, Anneliese, aus Lyck, am 4. März

ZUM 85. GEBURTSTAG

Axen, Edith, geb. Meyer, aus Groß Engelau, Kreis Wehlau, am 6. März

Domahs, Johanna, aus Auersberg, Kreis Lyck, am 28. Februar

Gieseking, Annliese, geb. Zywietz, aus Salleschen, Kreis Neidenburg, am 28. Februar

Hopstock, Christel, geb. Klimmek, aus Widminnen, Kreis Lötzen, am 5. März

Jagusch, Reinhard, aus Neidenburg, am 1. März

Jelonnek, Siegfried, aus Reuß, Kreis Treuburg, am 6. März

Karow, Brunhild, geb. Unruh, aus Pelkeniken, Kreis Wehlau, am 1. März

Kohnfeld, Edeltraut, aus Ulleschen, Kreis Neidenburg, am 2. März

Korb, Elfriede, geb. Wierzeyko, aus Allenbruch, Kreis Lötzen, am 3. März

Kosky, Günter, aus Pillau, Kreis Samland, am 28. Februar

Loges, Hannelore, geb. Soyka, aus Lyck und Halldorf, Kreis Treuburg, Freystraße 8, am 6. März

Mallunat, Dietward, aus Seckenburg, Kreis Elchniederung, am 4. März

Moström, Liselotte, geb. Christockowitz, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, und aus Kölmersdorf, Kreis Lyck, am 28. Februar

Muth, Edith, geb. Muth, aus Preußwalde, Kreis Tilsit-Ragnit, am 5. März

Nicklas, Lucie, geb. Kowalewski, aus Borschimmen, Kreis Lyck, am 2. März

Oberüber, Erwin, aus Walden, Kreis Lyck, am 5. März

Pohl, Paula, geb. Ceranski, aus Moschnen, Kreis Treuburg, am 6. März

Reuter, Edith, geb. Herzog, aus Barnen, Kreis Treuburg, am 2. März

Runge, Elisabeth, geb. Bastek, aus Wilhelmshof, Kreis Ortelsburg, am 6. März

Schaaf, Margarete, geb. Balbach, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 1. März

Sieg, Gerhard, aus Schwalgenor, Kreis Treuburg, am 5. März

Stauber, Hildegard, geb. Hoffmann, aus Königsberg/Ponarth, am 6. März

Tauras, Brunhilde, geb. Hardt, aus Wirbeln, Kreis Ebenrode, am 28. Februar

Trzaska, Rosemarie, geb. Saborrosch, aus Ortelsburg, am 5. März

Völlmann, Ruth, geb. Hellmann, aus Groß Engelau, Kreis Wehlau, am 5. März

Wengorz, Horst, aus Babeck, Kreis Treuburg, am 4. März

Wierutsch, Horst, aus Zeysen, Kreis Lyck, am 1. März

ZUM 80. GEBURTSTAG

Bellmann, Renate, geb. Döhring, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 6. März

Block, Werner, aus Altenkirch, Kreis Tilsit-Ragnit, am 3. März

Bruweleit, Karl-Ernst, aus Seckenburg, Kreis Elchniederung, am 3. März

Czymoch, Heinz, aus Treuburg, am 3. März

Elfers, Edith, geb. Rogat, aus Schönwiese, Kreis Elchniederung, am 3. März

Fedder, Elli, geb. Müller, aus Wallenrode, Kreis Treuburg, am 4. März

Gedenk, Lothar, aus Malkienen, Kreis Lyck, am 4. März

Gloger, Traute, geb. Hirschböck, aus Reiffenrode, Kreis Lyck, am 1. März

Gretzki, Adelheid, geb. Skrotzki, aus Dimmern, Kreis Ortelsburg, am 1. März

Grünke, Eckard, aus Sangnitten, Kreis Preußisch Eylau, am 3. März

Hermann, Siegfried, aus Malissen, Kreis Ebenrode, am 1. März

Höppner, Liesbeth, geb. Albin, aus Griesen, Kreis Treuburg, am 3. März

Hollensteiner, Ursula, geb. Glowatz, aus Lyck, am 4. März

Holzlehner, Waltraut, aus Rotbach und Bergenau, Kreis Lyck und Kreis Treuburg, am 6. März

Klein, Elisabeth, geb. Bendisch, aus Wilhelmsdorf, Kreis Ortelsburg, am 4. März

Küßner, Otto, aus Millau, Kreis Lyck, am 28. Februar

Kulschewski, Edeltraud, geb. Potrawki, aus Seefrieden, Kreis Lyck, am 3. März

Leppert, Manfred, aus Wehlau, am 4. März

Link, Karl, aus Hamerudau, Kreis Ortelsburg, am 4. März

Matthäus, Edith, geb. Deirowski, aus Reuß, Kreis Treuburg, am 3. März

Schütz, Karl, aus Schatzberg, Kreis Preußisch Eylau, am 3. März

Poyorsselski, Walter, aus Amalienhof, Kreis Ebenrode, am 6. März

Schaak, Georg, aus Terranova, Kreis Elbing, am 2. März

Schnibbe, Horst, aus Wehlau, am 3. März

Schwab, Viktoria, geb. Melenk, aus Kreuzingen, Kreis Elchniederung, am 4. März

Szameitat, Manfred, aus Motzfelde, Kreis Elchniederung, am 6. März

Weiss, Reinhard, aus Rockeimswalde, Kreis Wehlau, am 5. März

West, Manfred, aus Groß Engelau, Kreis Wehlau, am 28. Februar

ZUM 75. GEBURTSTAG

Bahr, Helga, aus Gartenau, Kreis Neidenburg, am 3. März

Dannenbring, Ursula, geb. Kruppa, aus Lengau, Kreis Treuburg, am 29. Februar

Domnik, Reinhard, aus Ebendorf, Kreis Ortelsburg, am 6. März

Drendel, Erika, geb. Piplak, aus Wappendorf, Kreis Ortelsburg, am 3. März

Geyer, Edelgard, geb. Lenski, aus Mensguth, Kreis Ortelsburg, am 6. März

Hartmann, Erika, geb. Barkawitz, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 4. März

Jäger, Gertraut, geb. Salewski, aus Neidenburg, am 28. Februar

Klatt, Hannelore, Kreis Neidenburg, am 5. März

Klein, Eitel, aus Jägerhöh, Kreis Elchniederung, am 28. Februar

Lehmann, Reinhard, aus Jägerhöh, Kreis Elchniederung, am 28. Februar

Matzat, Günter, aus Lentenbude, Kreis Elchniederung, am 3. März

Pottek, Willi, aus Wallendorf, Kreis Neidenburg, am 6. März

Prochnow, Marlene, geb. Funk, aus Nickelsdorf, Kreis Wehlau, am 2. März

Pruss, Gerhard, aus Rehbruch, Kreis Ortelsburg, am 1. März

Rohde, Ingrid, geb. Schreiber, aus Saadau, Kreis Ortelsburg, am 1. März

Sawitzki, Jürgen, aus Treuburg, am 3. März

Schmitteckert, Inge, geb. Grickschat, aus Argental, Kreis Elchniederung, am 6. März

Senkler, Inge, geb. Lörchner, aus Steilberg, Kreis Elchniederung, am 1. März

Skubsch, Marga, geb. Kramkowski, aus Rummau-Ost, Kreis Ortelsburg, am 28. Februar

Wörmann, Marianne, geb. Karkossa, aus Schwalg, Kreis Treuburg, am 1. März


S. 16-17 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Ulm – Der Termin für das monatliche Treffen der Kreisgruppe im März in den Ulmer Stuben muss wegen Überschneidung verlegt werden. Bisher geplant: 14. März, 14.30 Uhr Neuer Termin: 7. März, 14.30 Uhr.

Reutlingen – Sonnabend, 7. März, 14 Uhr, Zentrum für Ältere, Gustav-Werner-Straße 6: Jahreshauptversammlung mit obligatorischen Heimatessen: Grützwurst mit Sauerkraut. Auch nach 70 Jahren Flucht und Vertreibung wollen wir unsere Gebräuche in wachsamer Erinnerung halten. Die Vorstandsfrauen kochen nach überliefertem Rezept. Das Prgramm: Nach der Kaffeetafel folgt der Jahresrückblick der 1. Vorsitzenden Ilse Hunger, danach der Bericht der Kassenwartin Marianne Praß, sowie der Kassenprüferin Helga Dehmer-Kaun und der Frauengruppenleiterin Erika Manzau-Schmidt. Danach folgen die Totenehrung und Glückwünsche zu 80. beziehungsweise 90. Geburtstagen sowie Ehrungen langjährigen Mitglieder. Der gemütliche Teil wird auch nicht zu kurz kommen. Wir laden alle Mitglieder und Freunde unserer unvergessenen Heimat von Herzen ein. Aus organisatorischen Gründen bitten wir um Anmeldung unter Telefon (07121) 52541.

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Landesgruppe – Sonnabend, 14. März, Kulturzentrum Ostpreußen, Deutschordensschloss Ellingen, Schloss-Straße 9. 91792 Ellingen: Landeskulturtagung. Das Tagungsprogramm:

9.30 Uhr: Eröffnung und Einführung in das Programm durch den Landeskulturreferenten Dr. Jürgen Danowski.

9.50 Uhr: Andacht und Kurzvortrag „Reformation in Preußen“ von Pfarrer Klaus Plorin, Rückersdorf.

10.15 Uhr: „Wenn Seufzer Luftballons wären – Die Geschichte der deutschen Flüchtlinge des Lagers Rye in Dänemark 1945–1948, Vortrag von Annette Jakobsen, Dänemark. Danach Kaffeepause.

11.30 Uhr: „Das Kriegsende 1945 aus litauischer Sicht“, Vortrag von Dr. Joachim Tauber, Lüneburg. Danach Tagungspause und Mittagessen.

14 Uhr: Rundgang durch die Ausstellungsräume des Kulturzentrums mit Wolfgang Freyberg, Direktor des Kulturzentrums. Danach Kaffeepause.

15 Uhr: „Der große Unbekannte – Preußens Staatsgründer Albrecht von Brandenburg-Ansbach“, Vortrag von Peter Bräunlein, Ansbach.

17 Uhr Zusammenfassung und Tagungsabschluss durch Jürgen Danowski.

Wie im Vorjahr schon wird kein Tagungsbeitrag erhoben. Kaffee und Kuchen wird in den Pausen gereicht Das Mittagessen werden wir in dem „Schlossbräustübl“ gegenüber dem Schloss einnehmen. Anmeldung erbeten bis 28. Februar per Fax unter: (0981) 4884949 oder per E-Mail: dr.juergen.danowski@gmx.de oder per Post Jürgen Danowski, Am Weinbergplateau 11, 91522 Ansbach.

München – Sonnabend, 28. Februar, 14.30 Uhr, Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, 81669 München: Vortrag von Erika Lausch über Emil von Behring und den Heimatkreis Rosenberg, zu Beginn gemeinsame Kaffeetafel. – Freitag, 6. März, 14 Uhr, Haus des Deutschen Ostens: Zusammenkunft der Frauengruppe.

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Rastenburg – Sonntag, 1. März, 15 Uhr, Restaurant Stammhaus, Rohrdamm 24 B, 13629 Berlin: Gemeinsames Treffen. Anfragen bei Martina Sontag, Telefon (033232) 188826.

Tilsit-Ragnit, Tilsit-Stadt – Sonnabend, 28. März, Ratskeller Charlottenberg, Otto-Suhr-Allee 102, 10585 Berlin. Gemeinsames Treffen. Anfragen bei Herrmann Trilus, Telefon (03303) 403881

 

BREMEN

Vorsitzender: Helmut Gutzeit, Telefon (0421) 25 09 29, Fax (0421) 25 01 88, Hodenberger Straße 39 b, 28355 Bremen. Stellvertrende Vorsitzende: Marita Jachens-Paul, Ratiborer Straße 48, 27578 Bremerhaven, Telefon (0471) 86176. Landesgeschäftsführer: Jörg Schulz, Am Anjes Moor 4, 27628 Uthlede, Telefon (04296) 74 77 01.

Bremen – Dienstag, 10. März: Besuch der Ausstellung „Künstlerkolonie Nidden – Paradies auf der Kurischen Nehrung“. Die Ausstellung in der Kunstschau Lilienthal zeigt mehr als 100 Gemälde und Dokumente, von denen sich viele in der Dauerausstellung des Ostpreußischen Landesmuseums in Lüneburg befanden. Da diese dort wegen des derzeit laufenden Umbaus des Museums nicht gezeigt werden können, bietet sich eine einmalige Gelegenheit, diese großartigen Bilder hier in der Nähe zu sehen. Wenn Sie an der gemeinsamen Besichtigung teilnehmen möchten, fahren Sie mit der BSAG-Linie 4S um 14.04 Uhr ab Domsheide, beziehungsweise um 14.10 Uhr ab Hauptbahnhof und erreichen die Haltestelle „Truper Deich“ um 14.34 Uhr. Frau Schramm wird die Teilnehmer dort an der Haltestelle abholen und sie in die 200 Meter entfernte Kunstschau begleiten. Der Eintritt beträgt 5 Euro. Frau Schramm wird die Gruppe dann auch durch die Ausstellung führen. Sie bittet um telefonische Anmeldung (04298) 698765. Nach der Führung können Sie den Nachmittag im Museumscafé gemütlich ausklingen lassen.

Frauengruppe – Jeder dritte Donnerstag im Monat, 15 Uhr, Hotel zur Post, Bahnhofsplatz 11, 28195 Bremen: Treffen.

Bremerhaven – Am 30. Januar fand das traditionelle Grünkohl- und Pinkel-Essen der Gruppe Bremerhaven der Landsmannschaft Ost- /Westpreußen und des Heimatkreis Elbing im „Seniorentreff Ernst-Barlach-Haus“ am Holzhafen statt.

Ebenso traditionell ist der vorgeschaltete Marsch, zu dem sich um 12 Uhr mittags neun wanderlustige Ostpreußen am Eingang zum Geestemünder Bürgerpark eingefunden hatten.

Die Vorsitzende Marita Jachens-Paul begrüßte dort die dick eingemummelten sieben Frauen und zwei Männer und öffnete sogleich einen Rucksack, um Miniwürstchen, Käsewürfel und den unverzichtbaren „Roten“ an die Winterwanderer zu verteilen: Eine Flasche „Kirsch“ hatte die letztjährige Kohlkönigin Liselotte Müller ihren Untertanen mit auf die Wanderung gegeben, eine Flasche „Holunder“ spendierte die Vorsitzende, um ihre Ostpreußen, Westpreußen und Elbinger bei guter Laune zu halten.

Los ging es in der Waldstraße, die 1912 unmittelbar nach Eröffnung des damals noch sehr klein und kahl aussehenden Bürgerparks Geestemünde angelegt worden war. Man sah ältere Villen mit Darstellungen von Segelschiffen und Dampfern an den Hausfassaden, die vermutlich von Kapitänen und Reedern aus der blühenden Schifffahrtszeit Bremerhavens erbaut worden waren.

Jürgen Sandmann wies in der Water-Delius-Straße darauf hin, dass diese mit hohen Kastanien gesäumte Allee seit 1926 viele Namen trug – Hindenburgstraße, Hermann-Göring-Straße, Am Bürgerpark. Seit 1952 ist sie nach Walter Delius benannt, der 1918 zunächst Bürgermeister von Geestemünde war, und von 1924 bis 1945 als Oberbürgermeister die aus Geestemünde und Lehe gebildete Stadt Wesermünde regierte.

Der nächste Halt war an der Ecke Wartburgstraße / Bismarckstraße. Fürst Otto von Bismarck ist Ehrenbürger des bremischen Bremerhavens, weil er sich im Reichstag zu Berlin vehement für die Einrichtung von Reichs-Postdampfer-Linien ab Bremerhaven eingesetzt hatte. Am 1. April wird sein 200. Geburtstag gefeiert!

Später ging es hinein in die Wilhelm-Brandes-Straße mit ihren schönen Einfamilienhäusern und hübschen Vorgärten. Sie ist benannt nach dem Wesermünder SPD-Fraktionsvorsitzenden in der Stadtverordnetenversammlung (1928-1933), Wilhelm Brandes, der außerdem im preußischen Landtag in Berlin saß. Jürgen Sandmann erzählte, dass diese Straße von 1951 bis 1955 sein täglicher Schulweg zur Wilhelm-Raabe-Schule gewesen war.

Die letzte Ecke an der Einmündung in die Straße Am Holzhafen wurde den Elbingern gewidmet, dem dritten Drittel unserer Landsmannschaft Ost-, Westpreußen und Heimatkreis Elbing. Am jetzigen Schmuckteich Holzhafen wurden früher große Mengen Holz für eine Sägerei umgeschlagen. Er hatte eine Verbindung über den heutigen Verkehrsknotenpunkt Elbinger Platz zum Hauptkanal und damit zum Geestemünder Handelshafen.

Von dieser Ecke konnte man den Seniorentreffpunkt Barlachhaus schon sehen: Es waren nur noch einhundert Meter! Mit einer Verspätung von 20 Minuten zogen die neun Wanderer winkend in den Saal ein, in dem schon 18 Personen ungeduldig warteten. Sie hatten etwas verpasst, denn diese Kohlwanderung war einmalig!

Marita Jachens-Paul begrüßte die hungrige Schar, besonders die letztjährige Kohlkönigin Liselotte Müller sowie ein befreundetes Ehepaar aus Brandenburg, wo Harry und Christa Tursch in Jüterbog leben. Christa Tursch hatte unsere lustige Kohlwanderung mitgemacht und war begeistert!

Das norddeutsche Grünkohl-Essen mit Pinkel, Fleisch und Kochwurst hatte die Firma Stelter geliefert: Sie bekam von allen Essern ein großes Lob.

Im gemütlichen Teil des Nachmittags wurde gesungen und es wurden Gedichte und Geschichten erzählt. Dann wurde es feierlich, denn nach Dank und Entkrönung hängte die letztjährige Königin Liselotte der völlig überraschten neuen Kohlkönigin Ingrid Monsees das Holzschwein als Zeichen ihrer neuen Würde um den Hals. Herzlichen Glückwunsch, Majestät! Als Zepter bekam sie sinnigerweise ein Sträußchen Petersilie.

Mit dem Gedicht „De Gröönkohl“ (frei nach dem „Erlkönig“) versuchte sich Pressewart Jürgen Sandmann im Plattdeutschen. „Keen kummt dor so lat dör Nacht un Wind, dat is Hinnerk Harms, opp’n Arm hold he sien Kind.“

Nach dem Verlesen der Geburtstagsliste für Dezember und Januar wurden die nächsten Termine der Gruppe bis Ende Juni bekanntgegeben (27. Februar, 27. März, 24. April, 22. Mai und 26. Juni). Zum Schluss gab es noch ein Gedicht, vorgetragen von der Vorsitzenden: „Der Grünkohl ist überaus gesund und außerdem die beste Medizin“. Wie wahr!

Ein schöner Tag der Ostpreußischen Landsmannschaft mit Bewegung, Spaß und gutem Essen ging fröhlich zu Ende.

Jürgen Sandmann

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Kippingstr. 13, 20144 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Fried-rich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

Landesgruppe – Donnerstag, 26. März, 14 Uhr, Haus der Heimat, Teilfeld 8, 20459 Hamburg (S1, S2, S3 bis Stadthausbrücke, U3 bis Rödingsmarkt, Bus 37 bis Haltestelle Michaeliskirche): Delegiertenversammlung der Landesgruppe. – Sonnabend, 28. März, 10 bis 16 Uhr, Haus der Heimat: Ostermarkt der mittel- und ostdeutschen Landsmannschaften. Angeboten werden heimatliche Spezialitäten. Auch der Ostpreußenstand ist dabei.

KREISGRUPPEN

Insterburg – Die Gruppe trifft sich jeden ersten Mittwoch im Monat (außer im Januar und im Juli) zum Singen und einem kulturellem Programm um 12 Uhr, Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123–125. Kontakt: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69b, 22459 Hamburg. Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

Königsberg – Dienstag, 17. März, 12.30 Uhr, Café Harmonie, Alsterdorfer Straße 579, Hamburg-Ohlsdorf: Königsberger-Klopse-Essen. Anmeldungen bis Mittwoch, 11. März bei Brigitte Reimer, Telefon (040) 873495, oder Christel Kaufmann (abends), Telefon (040) 6720489.

SALZBURGER

Sonnabend, 7. März, 13 Uhr, Hotel „St. Raphael“, Adenauerallee 41: Die Landesgruppe Hamburg / Schleswig-Holstein / Nordniedersachsen des Salzburger Vereins trifft sich mit folgendem Programm:

1) Vortrag „Religion und Glaubenssachen in Ostpreußen Anfang des 20. Jahrhunderts“

2) Film: „Unterwegs im Norden Ostpreußens – eine kulturhistorische Reise“ (Teil I)

Mitglieder des Vereins und Gäste sind herzlich willkommen.

 

HESSEN

Vorsitzender: Eberhard Traum, Wächtersbacherstraße 33, 63636 Brachtal, Telefon (06053) 708612.

Darmstadt-Dieburg – Nach Kreppel und Kaffee an den karnevalistisch geschmückten Tischen begrüßte der Vorsitzende Gerhard Schröder am Sonnabend, 14. Februar, alle Anwesenden sowie auch die erkrankten Mitglieder. Danach erläuterte er den Ursprung des Karnevals. Christiane Mertz schloss sich mit Ausführungen über den „Preußischen Fasteloawend“ an. Dieter Leitner ergänzte die Eröffnung mit dem Gedicht „Abreißkalender“ von Hans Erich Richter. Mit scherzhaften Vorträgen erfreuten uns Ruth Rescheleit, Hannelore Neumann, Gisela Keller, Siegfried Kugies, Gustav Rupietta und Gerhard Schröder.

Besondere Bewunderung löste der Beitrag von Anni Oest aus, der unsere monatlichen Treffen aufs Korn nahm. Auch unser Gast aus Pommern, Frau Haase, referierte über ihr „unverwüstliches Hütchen“ Walter Fischer danken wir für die gekonnte musikalische Untermalung des Geschehens, dass auch zum Tanzen einlud.

Fazit: es war eine sehr schöne, fröhliche Zusammenkunft. Heute schon laden wir zu unserem nächsten Treffen am 11. März 2015 ein. An diesem Tag wird der Landesvorsitzende Eberhard Traum anwesend sein und die Ehrung langjähriger, verdienter Mitglieder vornehmen. Christian Keller

Kassel – Donnerstag, 5. März, 14.30 Uhr: „Kaiser Wilhelm II. und seine Bedeutung in Kassel“ Bildvortrag von Museumsdirektor Im Ruhestand Karl-Hermann Wegner.

– Bericht –

Den ersten Teil des Februartreffens bestimmte die Jahreshauptversammlung. Zwei Ergebnisse sind an dieser Stelle erwähnenswert: Trotz der enormen Aufwendungen von etwa 3500 Euro für die Fotoausstellung auf dem Deutschlandtag der Ostpreußen in Kassel wies der Kassenbericht nur einen geringen Verlust gegenüber dem Vorjahr aus. Für die Kassenführung ist jetzt Gertraud Nitschky verantwortlich. Diese Regelung gilt zunächst für ein Jahr. Den zweiten Teil des Nachmittags gestaltete Dorothea Deyß in gewohnt anregender Weise unter dem Titel: „Heimatlieder – immer wieder schön“. Mitwirkende waren einige Sänger aus ihrem Singkreis. Die zunächst textlich vorgestellten Lieder aus den Provinzen Ost- und Westpreußen, Pommern, Schlesien, Thüringen und Hessen fanden dann ihre zweite Würdigung im kräftigen gemeinsamen Gesang unter Klavierbegleitung von Erwin Deyß. Die großartigen Heimathymnen vom Ostpreußenlied bis zum Schlesierlied, vom Pommernlied bis zum fast vergessenen Bekenntnis der Hessen („Ich kenne ein Land...“) ließen die Herzen und Sinne der 37 Teilnehmer merklich höher schlagen. Wie traurig, dass dieses Liedgut den Nachgeborenen offensichtlich nichts mehr bedeutet!

Lahn-Dill – Montag, 9. März, 18.30 Uhr, Restaurant Grillstuben, Stoppelberger Hohl 128, 35578 Wetzlar: Grützwurstessen. Danach sprechen Friederike Preuß und Karla Weyland zum Thema „Was Essen zum Genuss macht“. Kontakt: Kuno Kutz, Telefon (06441) 770559.

Wiesbaden – Dienstag, 10. März, Wappensaal, Haus der Heimat, Friedrichstraße 55: „Heiteres aus Masuren“ – Treffen der Frauengruppe. – Sonnabend, 14. März, 15 Uhr, Großer Saal, Haus der Heimat: „Den eigenen Willen richtig regeln.“ – Ingrid Reiß, Diplom-Sozialarbeiterin und Familientherapeutin, spricht über Vorsorge im Falle der eigenen Entscheidungsunfähigkeit durch rechtlich wirksame Vollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung. Zuvor Kaffeetafel

 

MECKLENBURG-VORPOMMERN

Vorsitzender: Manfred F. Schukat, Hirtenstraße 7 a, 17389 Anklam, Telefon (03971) 245688.

Landesgruppe – Sonnabend, 14. März, 10 Uhr, Mehrzweckhalle „Volkshaus“, Baustraße 48–49 (Stadtzentrum/Nähe Markt): Großes Frühlingstreffen der Ostpreußen. Dazu sind alle Landsleute aus Ostpreußen, Danzig und Westpreußen mit Angehörigen sowie alle Interessenten von nah und fern sehr herzlich eingeladen. Im Mittelpunkt steht das Gedenken an das Kriegsende vor 70 Jahren und damit verbunden an Flucht, Vertreibung und den Verlust der Heimat. Ehrengast ist Pfarrer Uwe Holmer, der in der Wendezeit Erich Honecker und seine Frau aufgenommen hat. Eigens zu diesem Anlass nimmt der russische „Kant-Chor Gumbinnen“ eine weite Anreise aus dem Königsberger Gebiet auf sich, um in Anklam dabei zu sein. Das Heimattreffen wird vom Posaunenchor Friedrich-Bansin festlich umrahmt. Wie immer ist für Königsberger Klopse, Kaffee, Kuchen, Bärenfang, Heimatbücher, Landkarten und genügend Parkplätze gesorgt. Erwartet werden 500 bis 600 Besucher.

– Ankündigung –

Die Ostpreußen aus ganz Mecklenburg-Vorpommern treffen sich am Sonnabend, dem 26. September, von 10 bis 17 Uhr in der Sport- und Kongresshalle Schwerin, Wittenburger Straße 118. Dort werden mehr als 2000 Besucher erwartet. Angehörige und Interessenten von nah und fern sind ebenfalls herzlich eingeladen. Alle 40 ostpreußischen Heimatkreise sind wie immer an Extra-Tischen ausgeschildert. Für die Gäste ist ein reiches Informations- und Kulturprogramm vorbereitet. Angesagt haben sich sieben Chöre aus Ostpreußen (Masuren, Königsberg, Memelland), der Shanty-Chor „De Klaashahns“ aus Rostock-Warnemünde und das Landespolizeiorchester Mecklenburg-Vorpommern.

Ehrengäste sind der Botschafter der Republik Litauen in Deutschland, Deividas Matulionis, die Justizministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Uta-Maria Kuder, und der Bundessprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Stephan Grigat. Für das leibliche Wohl, eine große Auswahl Heimatliteratur, ostpreußischen Bärenfang und genügend Parkplätze ist gesorgt. Busse und Fahrgemeinschaften werden durch die örtlichen Ostpreußen-Gruppen organisiert – bitte dort erkundigen. Hotelplätze vermittelt die Tourist-Information Schwerin, Telefon (0385) 5925212. Die Sport- und Kongresshalle ist mit der Stadtbuslinie 11 sehr gut vom Hauptbahnhof erreichbar.

Parchim – An jedem dritten Donnerstag, 14.30 Uhr, Café Würfel, Scharnhorststraße 2, 19370 Parchim: Treffen der Kreisgruppe. Gemütlicher Nachmittag, um bei Kaffee und Kuchen über Erinnerungen zu sprechen, zu singen und zu lachen. Weitere Informationen: Charlotte Meyer, Kleine Kemenadenstraße 4, 19370 Parchim, Telefon (03871) 213545.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Göttingen – Sonnabend, 28. Februar, 14.30 Uhr, Senioren Park Carpe Diem, Brauweg 28–30: Jahreshauptversammlung mit Neuwahl des Vorstandes. Im Anschluss findet das traditionelle Grützwurstessen statt.

– Masuren-Reise –

Vom 17. Bis 24. Juli bis bietet die Gruppe Göttingen wieder eine achttägige Fahrt nach Masuren an. Sie umfasst sieben Übernachtungen (inklusive jeweils einer Zwischenübernachtung auf der Hin- und Rückreise) mit Halbpension in Hotels der Mittelklasse, je eine Rundfahrt in Masuren und im Ermland sowie ein Besuch des Treffens der deutschen Minderheit in Bischofsburg. Nähere Informationen und schriftliche Anmeldungen bis zum 15. März an: Werner Erdmann, Holtenser Landstraße 75, 37079 Göttingen

Helmstedt – Donnerstag, 12. März, 15 Uhr, Begegnungsstätte, Schützenwall 4: Gemeinsames Treffen.

Oldenburg – Mittwoch, 11. März, 15 Uhr, Stadthotel Oldenburg: Vortrag von Dr. Jörn Barfod, Kustos am Ostpreußischen Landesmuseum Lüneburg über „Alfred Partikel und die Königsberger Kunstakademie“. Freunde und Bekannte sind herzlich willkommen.

Rinteln – Donnerstag, 12. März, 15 Uhr, Hotel Stadt Kassel, Klosterstraße 42, 31737 Rinteln: Beim Monatstreffen wird Joachim Berg Filmausschnitte aus seinem Heimatarchiv vorführen. Neben den Mitgliedern der Gruppe und Freunden sind interessierte Gäste aus Nah und Fern ebenfalls herzlich willkommen. Weitere Auskünfte und Informationen zur landsmannschaftlichen Arbeit in Rinteln gibt es beim Vorsitzenden Joachim Rebuschat unter Telefon (05751) 5386 oder über: rebuschat@web.de

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Landesgruppe – Die diesjährige Frühjahrs-Delegierten-, Kultur- und Frauentagung findet am 14. März wieder in Oberhausen statt. Beginn: 10 Uhr. Der Vorstand bittet um zahlreiches erscheinen. Wahlen stehen an. Wir haben wieder ein interessantes Programmzusammengestellt und freuen uns besonders, dass wir Dr. Mario Kandil für einen Vortrag über Bismarck gewinnen konnten. Interessant werden auch die Ausführungen von Dr. Becker sein, der über seine Eindrücke in Ostpreußen sprechen wird. Sehr erfreut sind wir, dass die Broschüren von Professor Hartmut Fröschle „Die Deutschen in Polen 1918–1939“ und Schultze-Rhonhofs „Danzig und Ostpreußen zwei Kriegsanlässe 1939“ großes Interesse finden. Wir möchten es nicht versäumen, auch Ihnen diese Broschüre ans Herz zu legen. Sie wird auch auf unserer Tagung zu erwerben sein. Brigitte Gomolka

Bad Godesberg – Jeder erste Mittwoch des Monats, Stadthalle Bad Godesberg: Treffen der Frauengruppe – Jeder dritte Mittwoch des Monats, 15 Uhr, Erkerzimmer, Stadthalle Bad Godesberg: Stammtisch.

Bonn – Samstag, 28. Februar, 19.30 Uhr, kleiner Saal, Stadthalle Bad Godesberg: Winterball der „Ostdeutschen Landsmannschaften“ mit buntem, kulturellen Programm und einer großen Tombola. Eintritt: 15 Euro, Jugend und Studenten: 10 Euro. – Dienstag,

3. März, „Haus am Rhein”, Elsa- Brandström-Straße 74, 53225 Bonn-Beuel: Jahreshauptversammlung mit Neuwahl des Vorstandes und Königsberger-Klopse-Essen.

Düsseldorf – 4. März, 15 Uhr, Raum 311, Gerhart-Hauptmann-Haus (GHH): ostdeutsche Stickerei mit Helga Lehmann und Christel Knackstädt. – Mittwoch, 4. März, 19 Uhr, Konferenzraum, Gerhart-Hauptmann-Haus (GHH): „Die Ansiedlung polnischer Remigranten aus Nordrhein-Westfalen in Polen in den Jahren 1948–1950“, Vortrag von Arkadiusz Welniak. – Donnerstag, 5. März, 19.30 Uhr. Raum 412, Gerhart-Hauptmann-Haus (GHH): Offenes Singen mit Barbara Schoch. – Freitag, 6. März, 19 Uhr, Eichendorff-Saal, Gerhart-Hauptmann-Haus (GHH): „Zuflucht in der Musik“ – Konzert mit dem Janacék Trio, das Werke tschechischer jüdischer Komponisten aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges spielt. – Montag, 9. März, 19 Uhr, Ausstellungsraum, Gerhart-Hauptmann-Haus (GHH): „Russen, Juden, Deutsche“ – Eröffnung der Fotoausstellung (9. März bis 30. April) von Michael Kerstgens.

Mülheim an der Ruhr – Dienstag, 10. März, 15 Uhr, Handelshof: Jahresabschlussberichte der Vorsitzenden, der Frauengruppe und Kassenberichte. Danach: Referat zum Thema „Ostpreußische Persönlichkeiten“ und Königsberger-Klopse-Essen. Nach dieser Veranstaltung wird sich die Kreisgruppe auflösen, da es nur noch wenige Teilnehmer gibt.

Remscheid – Jeder zweite Donnerstag im Monat, 14.30 Uhr, Gemeindehaus der evangelischen Johannes-Kirchengemeinde in der Eschenstraße: Treffen der Frauengruppe. – Jeder dritte Donnerstag im Monat, 14.30 Uhr, ,,Zunftstuben”, Palmstraße 10: Treffen der Ostpreußenrunde.

Siegen – Die Frauengruppe der Ost-und Westpreußen trifft sich regelmäßig an jedem 3. Dienstag im Monat um 14 Uhr ab sofort im barrierefreien Café Patmos in Siegen-Geisweid in der Sohlbacher Straße.

 

RHEINLAND-PFALZ

Vors.: Dr. Wolfgang Thüne, Wormser Straße 22, 55276 Oppenheim.

Mainz – Sonnabend, 7. März, 15 Uhr, Mundus Residenz, Große Bleiche 44: „Ännchen von Tharau.“ – ein Kurzreferat von Alfred Zachau

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner. Geschäftsstelle: Telefon (0431) 554758, Wilhelminenstr. 47/49, 24103 Kiel.

Landesgruppe – Zum Preußentag am 18. Januar konnte der Landesvorsitzende Edmund Ferner über 50 Teilnehmer im Haus der Heimat in Kiel begrüßen. Er erinnerte an die Flucht, als am 12. Januar 1945 mit der Winterschlacht die Hölle in Ostpreußen losbrach. Im Anmarsch waren 2,2 Millionen Sowjetsoldaten mit 6460 Panzern und mehr als 32000 Geschützen. Zugleich begann die größte Rettungsaktion über See. In 115 Tagen wurden fast 2,5 Millionen Menschen gerettet. Die Gustloff, Steuben, Goya und zahlreiche andere Schiffe wurden torpediert oder liefen auf Minen. „Nur“ 1,8 Prozent der über See Flüchtenden kamen dabei um.

In ihrem Vortrag „Rund um das Trakehner Pferd“ stellte Gisela Harder Ostpreußen als das Land der Pferde heraus. Zu besonderem Ruhm gelangte das Hauptgestüt Trakehnen, das 1732 von König Wilhelm I gegründet wurde. Hier entstand eine der ältesten deutschen Pferderassen. Sie galt als anmutig, edel, gleichzeitig als robust und leistungsfähig. Das Gestüt galt als ein Musterbetrieb für die Pferdezucht und Landwirtschaft. Die Landwirtschaft ernährte 3000 Einwohner und mehr als 1000 Pferde. Die Trakehner bewährten sich vor Pflug und Wagen, unter dem Sattel der Soldaten und als Reitpferde, die sportliche Erfolge im In- und Ausland erzielten.

Das Hauptgestüt Trakehnen umfasste 16 Gutshöfe mit einer Fläche von 6021 Hektar. Nur Pferde, die auf dem Hauptgestüt geboren wurden, nannte man bis 1945 Trakehner. Ihre Abkömmlinge in der ländlichen Pferdezucht hießen Ostpreußische Warmblutpferde Trakehner Abstammung. Die Aufgabe Trakehnens bestand vornehmlich darin, erstklassige Deckhengste zu züchten, die Rasse weiterzuentwickeln und die private Zucht zu fördern. Die Deckhengste belegten nicht nur die Stuten des Hauptgestüts und der vier Landgestüte, sondern auch die Stuten der Bauern und Privatgestüte. Der Verkauf junger Pferde, die Remonten, brachte ein einträgliches Geschäft. Vor allem das Militär brauchte truppen- taugliche Pferde.

Die Zucht von Kavalleriepferden war in Ostpreußen ein wichtiger Wirtschaftszweig. Der überwiegende Teil der Mutterstuten lebte auf dem Lande, wo sie auf den Feldern eingesetzt wurden. Ein wichtiges Ereignis war die Körung der Hengste. Sie kamen ab 1926 in eine Prüfungsanstalt, in der sie ein Jahr lang eingeritten, angefahren und auf Ausdauer trainiert wurden. Nur die leistungsfähigsten wurden zur Zucht eingesetzt. Anfang des 20. Jahrhunderts gelang es, ein Pferd zu züchten, das den vielseitigen Ansprüchen von Militär und Landwirtschaft und Reitern genügte. Trotz des stärkeren Kalibers behielt der Trakehner seine Anmut und Schönheit. Einen züchter- ischen Höhepunkt erreichte er in den letzten Jahren vor dem Untergang 1945. Bei den olympischen Spielen 1936 waren Trakehner mit sechs Goldmedaillen und einer Silbermedaille das erfolgreichste Sport- und Jagdpferd. Die auf dem Hauptgestüt geborenen Pferde, die Trakehner erhielten als Brandzeichen eine siebenzackige Elchschaufel auf dem rechten Hinterschenkel, die Warmblutpferde Trakehner Abstammung ein eigenes Brandzeichen, eine doppelte Elchschaufel auf dem linken Hinterschenkel. Der Tradition folgend wird als Brandzeichen nach der Flucht nur noch die doppelte Elchschaufel verwendet, da es Trakehnen seit Ende 1944 nicht mehr gibt.

Erst im September 1944 wurde mit einer Sondergenehmigung erlaubt, dass ein kleiner Bestand von Trakehnern in den Westen gebracht werden durften. Im Oktober 1944 kam die Erlaubnis zur Räumung des Gestüts. Zum großen Teil kamen diese 800 Pferde jedoch um oder landeten im russischen Gestüt Kirow. Von den staatseigenen Pferden erreichten nur 28 Original-Trakehner-Stuten, zwei Haupt- 83 Landbeschäler den Westen.

Von den mehr als 25000 Pferden aus der ländlichen Zucht kamen nur 1000 Tiere mit den

Trecks ihrer Besitzer im Westen an. Dank ihrer Stärke und Ausdauer haben sie vielen Menschen unter unbeschreiblichen Entbehrungen das Leben gerettet. Es gelang, mit größten Schwierigkeiten die Trakehnerzucht wieder aufzubauen. Heute gibt es wieder rund 3000 registrierte reinrassige Mutterstuten und 300 Hengste. Und in vielen Länder wird die Rasse weitergezüchtet. Trakehner sind heute ein Vielseitigkeitspferd, das vor allem in der Dressur und im Vielseitigkeitssport ihre Stärken zeigen.

Peter Gerigk gab in seinem Vortrag einen eingehenden Bericht über den Aufbau und die Organisation der Ostpreußischen Landsmannschaft und den Ablauf der Sitzung der Ostpreußischen Landesvertretung am 1. und 2. November 2014 in Bad Pyrmont.

In seinem Vortrag „Die Preußen kommen – Deutsch-Dänischer Krieg in Schleswig-Holstein 1864“ schilderte Professor Dr. Detlev Kraack die Erstürmung der Düppeler Schanzen am 18. April 1864. Der deutsche Sieg wurde als Urkatastrophe der dänischen Geschichte bezeichnet. Gleichzeitig war es ein wichtiges Datum der preußischen, deutschen und europäischen Geschichte.

Nach der Beleuchtung der unterschiedlichen dänischen und deutschen Bewertungen von Düppel und einem kurzen Blick auf die Ausgangslage im gemischtsprachlichen und kulturell vielfältigen deutsch-dänischen Grenzgebiet ging es dann um die Frage, wie man bezüglich der Vermittlung des Gegenstandes und seiner politischen Bewertung verfahren sollte. Hierbei boten sich von der Fragestellung her durchaus Parallelen zu den Deutungen von Flucht und Vertreibung der Zivilbevölkerung aus den deutschen Ostgebieten nach dem Zweiten Weltkrieg. Hier könnten die Bonn-Kopenhagener Erklärungen von 1955, mithin eine Voraussetzung für den friedlichen Ausgleich und letztlich für den deutschen Beitritt zur NATO, auch in anderen multiethnischen und kulturell vielfältigen Gebieten den Weg zur Völkerverständigung und friedlichem Miteinander weisen. In diesem Sinne sind und seien der Umgang mit den jeweiligen Minderheiten nördlich und südlich der deutsch- dänischen Grenze Modellfall und Vorbild.

Ein näherer Blich auf die Verhältnisse im Zusammenhang mit der Wiederaufstellung des Idstedtlöwen in Flensburg und der Neuerrichtung eines deutsch-dänischen Versöhnungsdenkmals auf den Höhen von Düppel lehrt indes, dass es zu einem Ausgleich auf Augenhöhe und zu einem gänzlich unverkrampften Umgang miteinander durchaus noch ein Stück Weges sein könnte. Während die Menschen vor Ort in praktischen Fragen des Alltags meist problemlos zusammenarbeiten, gäbe es von Seiten der nationalen Politik vor allem auf dänischer Seite noch manch Vorbehalt zu überwinden.

Der Preußentag wurde mit dem Singen des Ostpreußenliedes abgeschlossen. So endete der interessante und gelungene Preußentag 2015.

Bad Oldesloe – Am 11. Februar führten die Ost- und Westpreußen in Bad Oldesloe ihre Jahreshauptversammlung durch. Die Vorsitzende begrüßte auch Landsleute aus Neumünster, die zum heimatlichen Fleck- und Klops-Essen angereist waren. Gisela Brauer gab einen Rückblick auf die Veranstaltungen des vorigen Jahres. Sie sprach über die verschiedenen geschichtlichen und literarischen Themen, die bei den monatlichen Zusammenkünften behandelt wurden, auch über den Ausflug nach Havelberg in Sachsen-Anhalt, den Georg Baltrusch mit einem Reiseunternehmen organisiert hatte. Nach Erledigung der Regularien stand die Wahl des Vorsitzenden und des Schriftführers auf der Tagesordnung. Da keine Wahlvorschläge eingegangen waren, erfolgte die Wiederwahl der bisherigen Amtsinhaber. Gisela Brauer wurde zur Vorsitzenden und Georg Baltrusch zum Schriftführer gewählt. Die Gewählten nahmen die Wahl an und dankten für das Vertrauen. Sie werden ihre Aufgabe gern weiterführen solange es die Gesundheit erlaubt. Anschließend wurde über unsere Flucht vor 70 Jahren gesprochen. Die ersten Kreise in Ostpreußen mussten sich schon im Herbst 1944 auf den Weg machen. Gisela Brauer hatte den Fluchtbericht ihrer Schulfreundin Irmgard Marx, geborene Domke, mitgebracht, der im „Trierischen Volksfreund“ am 30. Januar erschienen war. Die Marienwerderer durften erst flüchten, als es mit der Reichsbahn nicht mehr möglich war. Sie mussten zu Fuß zum Kleinbahnhof Mareese gehen und konnten nur mit der Kleinbahn befördert werden. Dann ging es zu Fuß weiter über die halb zugefrorene Weichsel.

Geburtstagskinder des Monats waren: Lieschen Klemens und Gisela Brauer.

Fehmarn – Dienstag, 10. März, 15 Uhr, Haus im Stadtpark, 23769 Burg: Dr. Christoph Hinkelmann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Ostpreußenmuseums in Lüneburg, zeigt eine Dia-Show über den Winter in Ostpreußen. Gäste sind herzlich willkommen!

– Bericht –

Der Vorsitzende der Landsmannschaft Ost-, Westpreußen und Danzig Jochen Gawehns konnte auf der diesjährigen Jahreshautversammlung der Gruppe Fehmarn wieder zahlreiche Mitglieder im „Haus im Stadtpark“ begrüßen sowie als Gäste den Landesvorsitzenden und Kulturreferenten Edmund Ferner, den Kreisvorsitzenden Edwin Falk aus Eutin. den Ortsvorsitzenden Hans-Alfred Plötner aus Schönwalde und den Vorsitzenden des Heimat- und Museumsvereins Fehmarn Uwe Erich.

Wie der Vorsitzende mitteilte, konnten er und seine Stellvertreterin Ingelore Spaeth auf ein arbeitsreiches Jahr zurückblicken, ebenso die Leiterin und Kulturreferentin der monatlichen Treffen Ina Naujok. Im Durchschnitt haben 40 Personen die monatliche Veranstaltungen besucht, zusätzlich gehören auch Gratulationsbesuche zu dem Aufgabenbereich.

Geehrt wurden auf der Jahreshauptversammlung Hella Jördens und Siegrid Pieper, die in Würdigung langjährigen Einsatzes das Ehrenzeichen der Landsmannschaft mit entsprechender Urkunde erhielten.

Schatzmeisterin Siegrid Pieper bestätigte dem Verein eine gesunde Kassenlage, die von den Kassenprüfern Hella Jördens und Karin Klatt geprüft wurde. Sie stellten den Antrag auf Entlastung des Vorstandes und der Schatzmeisterin. Er wurde einstimmig, unter Enthaltung des Vorstandes und der Kassenführerin genehmigt. Zur neuen (alten) Kassenprüferin wurde Karin Klatt gewählt.

Der Landesvorsitzende überbrachte Grüße vom Landesverband, und stellte unter anderem fest, dass 2014 ein geschichts-trächtiges Jahr gewesen sei: 1914 Ausbruch des 1. Weltkrieges, 1939 Beginn des 2. Weltkrieges, 1944 der große Treck aus Ostpreußen, erfreulicherweise dann der „Mauerfall“ vor 25 Jahren. Weiter berichtete er, dass endlich von der Bundesregierung ein Gedenktag für Opfer von Flucht und Vertreibung festgelegt worden ist, nämlich der 20. Juni, der den Namen „Weltflüchtlingstag“ trägt. Dass Schleswig-Holstein noch über 24 Ortsverbände der LO verfügt, macht den Landesvorsitzenden besonders stolz.

Vorstandsmitglied Brigitte Christensen stellte der Versammlung die Tagesfahrt vor, die für den 6. Juni vorgesehen ist und nach Nordfriesland gehen wird. Den Vorstandsmitgliedern sowie den „fleißigen Helfern“ überreichte der Vorsitzende als Dankeschön Blumen und kleine Präsente, weiterhin wurde ein Imbiss gereicht und mit dem „Ostpreußenlied“ die Versammlung beendet.

Brigitte Christensen

Neumünster – Mittwoch, 11. März, 15 Uhr, „Restaurant am Kantplatz“: Nach der Jahreshauptversammlung berichten Zeitzeugen über „70 Jahre Flucht und Vertreibung“.


S. 18-19 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

ANGERBURG

Kreisvertreter: Kurt-Werner Sadowski. Kreisgemeinschaft Angerburg e.V., Landkreis Rotenburg (Wümme), Postfach 1440, 27344 Rotenburg (Wümme), Landkreis: Telefon (04261) 9833100, Fax (04261) 9833101.

Unter der Reiseleitung des Angerburger Kulturpreisträger Siegfried Kugies findet vom Mittwoch, 8. Juli bis Mittwoch, 15. Juli, eine Ostpreußen-Reise statt. Los geht es am Mittwoch mit LO 5380 ab Frankfurt um 12.25 Uhr. Ankunft ist in Danzig um 13.55 Uhr. Nach einer kurzen Stadtrundfahrt geht es per Bus nach Lötzen. Unterkunft ist im Hotel Wodnik.

Folgende Ausflüge sind unter anderem im Programm: Fahrt zum Oberländer Kanal, wo die Schiffe „über Land fahren“. In Angerburg Empfang im Rathaus und Übergabe des Buches von Siegfried Kugies für das Archiv: „Der ostpreußische Eisenbahner und die Amerikaner“. Das gleiche Buch wird auch dem Angerburger Bahnhofs-Museum übergeben. Danach Treffen mit der Deutschen Gruppe Mauersee.

Weiter gibt es eine große Masuren-Rundfahrt, eine Stakenboot-Fahrt auf der Krutinna und zum Abschluss ein Picknick und Unterhaltungsprogramm. Der Sonntag, 12. Juli, steht frei für persönliche Unternehmungen. Auf dem Weg zum Flughafen Danzig am 15. Juli ist ein kurzer Halt an der Marienburg vorgesehen.

 

BARTENSTEIN

Kreisvertreter: Christian v. der Groeben, Ringstraße 45, 97950 Großrinderfeld, Telefon (09349) 929252, Fax (09349) 929253, E-Mail: csgroeben@gmx.de.

Friedhelm von der Groeben, Ehrenbürger von Bartenstein, ist am 10. Januar gestorben. Geboren am 26. Februar 1936 in Sporgeln im Kreis Bartenstein hat Friedrich-Wilhelm v. d. Groeben nach der politischen Wende mit über 70 Lkw-Transporten, unterstützt durch den Johanniterorden, hilfsbedürftigen Menschen im Kreis Bartenstein helfen können als sichtbares Zeichen der Normalisierung zwischen Polen und Deutschen. Er war Initiator der Johannitersozialstation in Bartenstein, die am 8. September 2004 eröffnet wurde.

Auch zur Deutschen Minderheit unterhielt er regen Kontakt. Zusammen mit seinen Vettern war ihm die Ausstattung und Instandhaltung der Groß Schwansfelder Kirche ein besonderes Anliegen. Für seine herausragenden Verdienste wurde er daher am 2. Juni 2006 zum Ehrenbürger der Stadt Bartenstein (Bartoszyce) ernannt. Die Bartensteiner Zeitung würdigte am 16. Januar sein Lebenswerk auf einer ganzen Seite. Bei der Trauerfeier am 22. Januar in Düsseldorf wurde im Namen der Bartensteiner Verwaltung und Bevölkerung ein anrührender Nachruf verlesen, da wegen der großen Entfernung und Terminüberschneidungen die geplante Delegation doch nicht anreisen konnte.

 

EBENRODE(STALLUPÖNEN)

Kreisvertreter: Dr. Gerhard Kuebart, Schiefe Breite 12a, 632657 Lemgo, Telefon (05261) 8 81 39, E-Mail: gerhard.kuebart@ googlemail.com.

Im Heimatbrief 2014 ist auf Seite 68 eine Reise zur Erinnerung an Sergej Sebrejakov angekündigt, die nun vom 13. bis 18. Mai stattfinden soll. Sie bietet Gelegenheit, die Stätten seines Wirkens aufzusuchen und Abschied zu nehmen. Treffpunkt ist am 13. Mai in Königsberg. Wer die Fähre von Kiel nach Memel (Klaipeda) nehmen will, muss am 12. Mai um 16 Uhr an Bord sein. Anmeldeschluss ist der 1. März. Weitere Informationen unter Telefon (040) 22697074.

 

GOLDAP

Kreisvertreter: Stephan Grigat, Telefon (05231) 37146, Fax (05231) 24820, Heidentalstraße 83, 32760 Detmold. Geschäftsstelle: Annelies Trucewitz, Hohenfelde 37, 21720 Mittelnkirchen, Telefon (04142) 3552, Telefax (04142) 812065, E-Mail: museum@goldap.de. Internet: www.goldap.de.

Die Erwartungen an eine Ortschronik übertrifft das Buch „Gurner Kinder erinnern sich“ bei weiten. Die Verfasserin Erika Dietz, selbst eine gebürtige Gurnerin, hat aus den in vier Jahren gesammelten Texten und aus 107 zum Teil farbigen, geretteten Bildern ein Buch zusammengestellt, dass gleichzeitig interessiert, berührt und unterhält. Zwanzig Gurner Kinder erinnern sich. Sie berichten vom Leben in der Heimat, von Flucht und Vertreibung, von den Lagern nach dem Krieg, vom Leben unter den Polen und vom Neuanfang im Westen.

Ergänzt werden ihre Erzählungen durch eine geschichtliche Kurzfassung der vergangenen Jahrhunderte im Kreis Goldap sowie Berichte über die Gurner Kirche und das kirchliche Leben im Kirchspiel. Interessante Artikel aus Heimatbrücken und Reiseberichte geben dem Leser einen Einblick, wie es heute, 70 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges, im polnischen Górne aussieht. Die Einwohnerliste von 1944 und die Listen der Kriegstoten des 1. und 2. Weltkrieges erinnern an die schicksalhaften Jahre des vorigen Jahrhunderts. Das Buch im DIN A 4 Format umfasst 179 Seiten. Es kostet 23,90 Euro. Zu beziehen ist es bei der Kreisgemeinschaft Goldap unter verkauf@goldap.de oder bei Goldap Museum, Harsefelder Str.aße 44 a, 21680 Stade, Telefon (04141) 7977537 (Mittwochnachmittag)

 

GUMBINNEN

Kreisvertreter: Karin Banse, Telefon (05825) 642, Wiesengrund 9, 29559 Wrestedt, E-Mail: karin.banse@kreis-gumbinnen.de, Internet: www.kreis-gumbinnen.de.

Zu dem im Frühjahr stattfindenden 45. Heimattreffen am Sonnabend, 14. März, 10 bis 17 Uhr, im „Landhotel“ in Spornitz, bei Parchim, laden wir alle Landsleute und daran Interessierte herzlich ein. Der Vortrag „Wissenswertes über Ostpreußen“ sowie ein Film über die alte Heimat werden die Vergangenheit zur Gegenwart werden lassen.

Das Hotel kann entweder mit dem Pkw über die Bundesautobahn 24 und nach deren Verlassen am Abzweig Neustadt-Glewe oder auch mit der Bahn über den Eisenbahnknotenpunkt Ludwigslust erreicht werden. Kaffee und Mittagessen können im Hotel eingenommen werden.

Esl verfügt über ausreichend Parkplätze und bietet auch für Weitgereiste eine Unterkunft. Eine Übernachtung sollte aber rechtzeitig mit Frau Ruck unter der Telefon (038726) 88460 vereinbart werden. Auskunft erteilt Dr. Friedrich-Eberhard Hahn, John-Brinckman-Str. 14 b, 19370 Parchim, Telefon / AB / Fax (03871) 226238, E-Mail: friedelhahn@hotmail.com

 

HEILIGENBEIL

Kreisvertreterin: Elke Ruhnke, Im Bökel 76, 42369 Wuppertal, Tel.: (0202) 46 16 13. E-Mail: ruhnke@kreis-gemeinschaft-heiligenbeil.de. Stellvertreter: Christian Perbandt, Im Stegfeld 1, 31275 Lehrte, Tel.: (05132) 57052.

E-Mail: perbandt@kreisge­meinschaft-heiligenbeil.de. 2. stellvertretender Kreisvertreter: Bernd Schmidt, Heideweg 24, 25578 Dägeling, Telefon (04821) 8 42 24. E-Mail: Schmidt.ploessen@gmx.de. 2. Schriftleiterin: Brunhilde Schulz, Zum Rothenstein 22, 58540 Meinerzhagen, Tel.: (02354) 4408, E-Mail: brschulz@dokom.net. Internet: www. kreisgemeinschaft-heiligenbeil.de

Am 25. Februar beging unser Ehrenmitglied und ehemaliger langjähriger Kreisvertreter Dr. Siegfried Pelz seinen 85. Geburtstag. Der Vorstand der Kreisgemeinschaft Heiligenbeil gratuliert ganz herzlich zu diesem Ehrentag.

Unsere Kreisgemeinschaft besteht seit nunmehr 67 Jahren. Während dieser langen Zeit gab es viele Höhen, aber auch Tiefen. In diesen Zeiten hat Dr. Pelz immer zur Kreisgemeinschaft gestanden und mit dazu beigetragen, die eine oder andere Krise zu überwinden. Er hat mir als Kreisvertreterin stets sehr geholfen und war immer da, wenn man ihn brauchte. Dafür möchte ich ihm im Namen des gesamten Vorstandes danken.

Seit 1986 ist Dr. Pelz eingetragenes Mitglied unserer Kreisgemeinschaft. Dem Kreisausschuss gehörte er seit 1963 bis zu seinem Ausscheiden als Kreisvertreter im Jahr 1989 an. In der Zeit von 1970 bis 1980 war er stellvertretender Kreisvertreter und von 1980 bis 1989 1. Kreisvertreter. Aufgrund seiner besonderen Leistungen wurde er im Jahr 1979 mit dem Silbernen Ehrenzeichen der Kreisgemeinschaft und im Jahr 1980 mit dem Goldenen Ehrenzeichen ausgezeichnet.

Geboren wurde Siegfried Pelz in Heiligenbeil. Mit seinen Eltern Hermann und Elisabeth, geb. Grohnert, und seinen Geschwistern lebte er Am Sportplatz 6 bis die Familie, wie viele andere auch, Anfang 1945 vor den anrückenden Russen flüchten und die geliebte Heimat verlassen musste.

Siegfried Pelz kam als 16-Jähriger mit seiner Mutter und seiner Schwester 1945 auf Föhr unter. In Wyk fand die Familie ein neues Zuhause. Nach dem Abitur schlug Siegfried Pelz bei der Bundeswehr die Offizierslaufbahn ein. Nach einem Leben in Kassel und zuletzt in Hamburg wurde er als Oberstleutnant in den Ruhestand versetzt. Den promovierten Juristen zog es Anfang der 1990er-Jahre zusammen mit seiner Frau wieder zurück nach Föhr. Heute lebt er zurückgezogen mit seiner Frau Helga auf der Insel. Das Paar feierte im Jahr 2012 seine Goldene Hochzeit.

Wenn es ihm eben möglich ist, besucht er die jährlichen Hauptkreistreffen der Kreisgemeinschaft Heiligenbeil in Burgdorf.

Die Kreisgemeinschaft Heiligenbeil e. V. wünscht Herrn Dr. Pelz für die Zukunft alles Gute, vor allem viel Gesundheit. Wir hoffen, dass er uns noch lange mit Rat und Tat zur Seite stehen möge.

Elke Ruhnke, Kreisvertreterin

 

RASTENBURG

Kreisvertreter: Hubertus Hilgendorff, Tel. (04381) 4366, Dorfstr. 22, 24327 Flehm. Gst.: Patenschaft Rastenburg: Kaiserring 4, 46483 Wesel, Tel. (0281) 26950.

In der Zeit vom 13. bis 21. Mai findet eine Ostpreußen-Reise nach Rastenburg statt, zu der alle Interessierten herzlich eingeladen sind. Anmeldung und Info unter Telefon (05261) 2882600

 

TILSIT–STADT

Stadtvertreter: Hans Dzieran, Stadtgemeinschaft Tilsit, Postfach 241, 09002 Chemnitz. Geschäftsführer: Manfred Urbschat, E-Mail: info@tilsit-stadt.de.

Das diesjährige Schultreffen findet am 8. und 9. Juni in Bad Bevensen statt. Anreise möglichst am 7. Juni, wo wir uns bereits zu einem Kaffeestündchen im Salon des Hotels Berlin zusammenfinden können. Abreise am 10. Juni oder nach Belieben. Anmeldungen im Hotel sind bis zum 31. März unter dem Stichwort KLS vorzunehmen. Einzelzimmer ohne Balkon: 55 Euro, Doppelzimmer mit Nordbalkon: 94 Euro, Doppelzimmer mit Südbalkon: 108 Euro. Auf Wunsch kann vom Hotel eine Reiserücktrittsversicherung vermittelt werden. Die Hotelanschrift lautet Hotel Berlin, Alter Wiesenweg 11, 29549 Bad Bevensen. Telefon (05821) 5060. Es sei auch noch an die Möglichkeit erinnert, bei der Bahn eine Umsteigehilfe zu beantragen unter Telefon (0180) 551251. Auf zahlreiche Beteiligung hofft Schulsprecherin Vera Jawtusch.

 

TILSIT-RAGNIT

Kreisvertreter: Dieter Neukamm, Am Rosenbaum 48, 51570 Windeck, Telefon (02243) 2999, Fax (02243) 844199. Geschäftsstelle: Eva Lüders, Telefon/Fax (04342) 5335, Kührenerstraße 1 b, 24211 Preetz, E-Mail: Eva.lueders@arcor.de.

Der Heimatstube in Preetz wurde kürzlich der erste Rundbrief des Ragniter Pfarrers Friedrich Jung überlassen, den dieser im Dezember 1945 verschickt hatte. Hier ein Auszug aus dem leider schwer lesbaren Dokument:

„Liebe Ragniter! Dieser Rundbrief soll ein erster ganz schlichter Versuch sein, die Bande der Heimat, die uns einst zusammen hielten, auch in der Fremde fester zu knüpfen. Leider kann es alles nur bescheiden vor sich gehen, denn es mangelt an Papier (Wer kann mir dünnes Durchschlagpapier schicken?) und die Zahl der abgesandten Briefe ist deshalb nur klein. Ich bitte deshalb folgendes unbedingt zu beachten: Jeder, der einen Rundbrief erhält, liest ihn schnell durch und schickt ihn nun an den nächsten Ragniter in seiner Nähe, dessen Anschrift er kennt, weiter. Wenn das jeder tut und jeder Rundbrief 10 Familien erreicht, können die so versandten Rundbriefe 300 Ragniter Familien erfassen. ( … ) Damit nun einzelne Familien nicht doppelt beliefert werden, schreibt jeder, der den Rundbrief gelesen hat, Namen und Adresse auf das dafür angeheftete Blatt. Ich bitte aber auch, daß jeder, der diesen Brief gelesen hat, mir möglichst umgehend seine jetzige Anschrift mitteilt. Sonst kann er den nächsten Rundbrief, der Anfang Februar in größerer Auflage geplant ist, nicht erhalten. Außerdem brauche ich die Anschriften zur Anlegung einer Anschriftenkartei ehemaliger Ragniter, da ich oft Anfragen bekomme, wo diese oder jene Familie jetzt wohnt. Wenn jeder mithilft und mir die ihm bekannten neuen Anschriften mitteilt, könnt Ihr in Zukunft alle solche Anfragen an mich richten. Aber jeder muß mithelfen!“

Pfarrer Jung gibt dann die Anschriften bekannt, die ihm bereits mitgeteilt worden sind und leitet Anfragen, die ihn erreicht haben, an seine Leser weiter. Nach den letzten Kämpfen im Ruhrgebiet geriet Pfarrer Jung am 16. April 1945 in amerikanische und französische Gefangenschaft. Nach seiner Entlassung im August 1945 übernahm er die Verwaltung der Pfarrstelle an der St. Reinholdi Gemeinde in Dortmund, da eine Entlassung in die damalige russische Zone, in der seine Familie lebte nicht möglich war. Seine Mutter und deren Schwester waren nach Ostpreußen zurückgekehrt. Ein für die damalige Zeit typisches Familienschicksal.

 

WEHLAU

Kreisvertreter: Gerd Gohlke, Syker Straße 26, 27211 Bassum. Telefon (04241) 5586. 2. Vors. und Schriftleiter: Werner Schimkat, Dresdener Ring 18, 65191 Wiesbaden, Telefon (0611) 505009840. Internetseite: www.kreis-wehlau.de

Die Volkshochschule unseres Patenkreises Diepholz veranstaltet vom 28. Mai bis 6. Juni eine Studienreise in die Partnerstädte unserer östlichen Nachbarn nach Polen und Russland (Schlesien, Pommern, West-und Ostpreußen, Königsberg).

Die Rückreise findet von Memel bis Kiel mit einem Fährschiff statt (Bus an Bord). Themen der Reise sind unter anderem 70 Jahre Ende des 2. Weltkrieges, 60 Jahre Patenschaft des Landkreises Diepholz für den Landkreis Wehlau, 20 Jahre Polen in der Europäische Union.

Seit der Wende im Jahre 1989 sind 25 Jahre vergangen. Seitdem haben einige Städte und Gemeinden des Landkreises Diepholz freundschaftliche Beziehungen zu Partnern in Polen entwickelt. Der Besuch bei unseren Nachbarn soll einen Gesamteindruck über das heutige Leben bieten, historische Entwicklungen aufzeigen und Eindrücke von unterschiedlichen Landschaften vermitteln. Polen ist seit dem 1. Mai 2004 Mitglied der Europäischen Union und erlebt seitdem einen großen wirtschaftlichen Aufschwung.

Einbezogen in die Reise wird ein Besuch des früheren ostpreußischen Landkreises Wehlau, für dessen Bewohner der Landkreis Grafschaft Hoya im Jahre 1955 die Patenschaft übernommen hat.

Wir reisen in einem modernen Bus mit Klimaanlage, Bordküche und WC. Die Übernachtung erfolgt in ausgewählten komfortablen Hotels mit Halbpension (Frühstück und Abendessen). Mittags nutzen wir verschiedene individuelle Möglichkeiten. Für den Aufenthalt im Königsberger Gebiet ist ein russisches Visum erforderlich. Dafür werden ein biometrisches Passbild, ein mindestens bis zum 10. November 2015 gültiger Reisepass und eine anerkannte Auslandskrankenversicherung benötigt. Anmeldungen bitte bis 15. März. Weitere Informationen unter Telefon (04242) 936243.


Ausstellung verlängert
Bis zum 15. März ist „August14“ in Ellingen noch zu besichtigen

Aufgrund des anhaltenden Interesses verlängert das Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen sein aktuelle Sonderausstellung „August14 – Der 1. Weltkrieg in Ostpreußen. Triumph und Tragik“. Die deutschlandweit umfangreichste Präsentation zu diesem besonderen Thema kann jetzt noch bis zum 15. März besichtigt werden.

Bei der Vielzahl der Ausstellungen zum 1. Weltkrieg lässt sich beobachten, dass Ostpreußen stark vernachlässigt wird. Dies ist umso unbegreiflicher, da zentrale Entscheidungen hinsichtlich des weiteren Kriegsverlaufs zwischen August 1914 und Februar 1915 in dieser Region gefallen sind. In Ellingen werden aber nicht nur die bedeutende „Schlacht bei Tannenberg“, sondern auch die anderen, weniger bekannte Kampfhandlungen dargestellt. Besondere erwähnesnwert sind die in dieser Form bisher einzigartigen Kartenanimationen, die über einen großen berührungsgesteuerten Monitor abzurufen sind.

Auch Themen wie die immensen Kriegszerstörungen, die Massenflucht der Bevölkerung und der sich sofort anschließende Wiederaufbau sind bisher wenig bekannt oder kaum irgendwo dargestellt. Zur Ausstellung liegt auch ein 36-seitiges, umfangreich bebildertes Begleitheft vor. Zu finden sind darin neben den Texten neu gezeichnete Karten sowie Abbildungen von den seltenen Exponaten der Ausstellung. Zu beziehen ist es für sechs Euro zuzüglich Porto und Verpackung beim Kulturzentrum Ostpreußen, Postfach 17, 91791 Ellingen oder über info@kulturzentrum.ostpreussen.de


S. 20 Heimatarbeit

Neue Weberei
Trachtenstoffe jetzt aus Friedland

Die Landsmannschaft Ostpreußen (LO) beauftragt eine neue Weberei mit der Herstellung von Trachtenstoffen für Ostpreußenkleider. Nachdem die Handweberei Peters nach über 75 Jahren ihren Betrieb einstellt, wurde mit der Handweberei Rosenwinkel in Friedland einen neuen Kooperationspartner gefunden. Da die Stoffe recht kostspielig sind – der Meter kostet über 100 Euro – beschränkt sich die LO auf schwarzen wie roten Rautenstoff für Mieder und Jacke sowie schwarze Feinwebe für den Rock. Auf die Farben Grün und Blau wird zunächst verzichtet ebenso auf das Kränzchenmuster.

Die gewebten Stoffe können bei der LO bestellen werden. Was ein Ostpreußenkleid im Einzelnen ausmacht, finden Sie auch in unserer Mediathek auf www.ostpreussen.de. Dort einfach links auf den Button „Mediathek“ klicken. Unter „Arbeitsbriefe“ ist der Unterpunkt „Kulturelles“ zu entdecken. Mit einem Klick darauf landen sie bei der detaillierten „Arbeitsanleitung für die ostpreußische Trachtenkleidung“.

Die Frauentracht besteht aus einem Mieder mit handgewebtem Rauten- oder Kränzchenmuster in blau, rot, grün oder schwarz. Es wird mit Bernstein-, Silber- oder Perlmuttknöpfen geschlossen. Der Rock, der aus sogenannter Feinwebe besteht, ist in der Farbe des Mieders oder in schwarz gehalten. Hinzu kommt eine weiße Bluse, deren Kragen und Bündchen mit Stickereien (Kreuzstich oder Weißstickerei) verziert sind. Zum Kleid werden weiße Kniestrümpfe und schwarze Schuhe getragen. Über den Rock gehört eine weißgrundige Schürze mit schmalen Längsstreifen, passend zum Miederrock. Gerne wird auch ein Unterrock getragen.

Eine Männertracht besteht aus einer einfarbigen Weste mit Silberknöpfen, einer schwarzen, langen Hose oder Kniebundhose mit weißen Kniestrümpfen, und einem weißen Trachtenhemd, dem ein Jostenband um den Kragen gebunden wird.

Lust auf Nadel, Faden und wunderschöne Stoffe bekommen? Das Trachtennähen wird in unserer Werkwoche angeboten. Die nächste findet vom 12. bis 18. Oktober wieder im Ostheim in Bad Pyrmont statt. Bei Fragen wenden Sie sich gerne an: Christiane Rinser-Schrut, Buchtstraße 4, 22087 Hamburg, Telefon (040) 414008 26, Fax: (040) 414008 19, Internet: www.ostpreussen. de, E-Mail: Christiane.Rinser@ostpreussen.de


Denkmal der Erinnerung
Jahrelang hat Torsten Foelsch für sein Buch über zwei berühmte Schlösser recherchiert

Dem Verfasser bin ich dafür außerordentlich dankbar“, schreibt Sophie Gräfin zu Dohna-Schlobitten im Geleitwort. Begeistert notiert sie weiterhin: „In der vorliegenden so kompetent wie liebevoll gestalteten Zusammenstellung werden Haus und Park Schlodien sowie auch das Leben auf dem Gut wieder so lebendig, dass ich mich in die Zeit zu Anfang des Krieges, als ich relativ oft dort war, zurückversetzt fühle und die ganz besondere Schlodische Atmosphäre zu spüren vermeine.“

Derlei lobende Wort sind gerechtfertigt. Das Buch „Schlodien & Carwinden. Zwei Schlösser in Ostpreußen und die Burggrafen und Grafen zu Dohna“ entstand auf der Grundlage jahrelanger Recherchetätigkeit und mit Unterstützung zahlreicher Zeitzeugen. Der Autor Torsten Foelsch, der in Brandenburg zu Hause ist, hat die historischen Orte seit 2001 immer wieder besucht und dort fotografiert. Sein Buch ist mit zahlreichen, bisher großenteils unveröffentlichten historischen Außen- und Innenaufnahmen ausgestattet sowie mit Grundrissen der Schlösser, Plänen der Gesamtanlagen, Ahnenbilder, historischen Quellentexten und Archivalien.

Wie viel Fleiß und Ausdauer für das aus zwei Chroniken bestehende Werk vonnöten waren, lässt sich angesichts der heutigen, weit entfernten Perspektive und offensichtlich schwieriger Rahmenbedingungen nur erahnen. Carwinden wurde bei Kriegsende 1945 zerstört, Schlodien existiert nach einem Brand im Jahre 1986 nur noch als Ruine. Auch die wichtigsten archivalischen Primärquellen zur Bau- und Kunstgeschichte beider Barockschlösser sind bei Kriegs-ende zugrunde gegangen.

Foelsch hat ersatzweise diverse in Polen und Deutschland verstreute Unterlagen zusammengetragen. Vom kostbaren Kunstinventar sind trotz schwerer Plünderungen durch die Rote Armee eine größere Anzahl Ahnenbilder erhalten geblieben, die im Allensteiner Museum für Ermland und Masuren und in den Zweigmuseen in Mohrungen, Sensburg und Heilsberg ausgestellt sind.

Mit seinem Werk hat Torsten Foelsch den historischen Orten Carwinden und Schlodien sowie der wohl berühmtesten ostpreußischen Adelsfamilie ein wunderbares Denkmal der Erinnerung geschaffen. Erstmals liegt nun eine Beschreibung der Schlösser einschließlich der Innenräume vor, hinzu kommen bau- und kunstgeschichtliche Abhandlungen. Im vorliegenden Band enthalten ist eine 1904 gedruckte, mit Ergänzungen des Autors versehene, reich bebilderte Abhandlung über die Schlodier Majoratsbesitzer seit dem 17. Jahrhundert – verfasst von Clara Gräfin zu Dohna (1849-1924).

Weiterhin werden die Gutsgeschichte der Schlösser sowie die Entwicklung der Güterverwaltung in Preußen dargestellt. Polnische Kunsthistoriker lieferten einen Artikel über die geretteten Ahnenportraits aus den Dohna’schen Schlössern. Je ein Beitrag über den Park von Schlodien stammt aus der Feder von Ursula Gräfin zu Dohna und Elisabeth Dreischhoff, geborene Gräfin zu Dohna. Der Anhang ist mit Registern zur Literatur, zu Orten und Personen ausgestattet.

Beide Besitzungen gehörten seit 1496 beziehungsweise 1643 ununterbrochen den Grafen zu Dohna, Nachkommen von Söldnerführern des Deutschen Ordens, die im 13. Jahrhundert nach Preußen gezogen waren. Wie Friedrichstein, Schlobitten, Finckenstein oder Dönhoffstädt wurden die Schlossanlagen während der Regierungszeit der Könige Friedrich I. und Friedrich Wilhelm I. neu erbaut beziehungsweise ausgebaut. Wie jene zählen sie zu den bedeutendsten preußischen Landschlössern. Schloss Carwinden, einst Herrensitz derer zu Dohna-Carwinden, gehörte 1762 bis 1945 der Linie Dohna-Schlodien. Das Wohngebäude der Schlossanlage ließ Friedrich Ludwig zu Dohna-Carwinden 1713 bis 1715 nach einem Entwurf von John von Collas errichten. Schlodien hingegen ist eine Schöpfung des Architekten Jean de Bodt, der auch das Berliner Zeughaus erbaute.

Das Schloss hatte den zweiten Weltkrieg unbeschadet überstanden, wurde aber nach einem Brand im Jahre 1986 zur Ruine. Vor dem Brand hatten polnische Denkmalschützer die Räume vermessen. Inzwischen wurden durch die polnisch-deutsche Stiftung Schlodien Notsicherungen an der Fassade durchgeführt. Es bleibt zu hoffen, dass eine Rettung dieses preußischen Kulturerbes, vielleicht sogar eine Rekonstruktion, in letzter Minute möglich sein wird.

Dagmar Jestrzemski

Torsten Foelsch: „Schlodien & Carwinden. Zwei Schlösser in Ostpreußen und die Burggrafen und Grafen zu Dohna“, Foelsch & Fanselow Verlag, Groß Gottschow 2014, gebunden, 412 Seiten, 69,90 Euro


S. 21 Reise

Irrtum im Dreivierteltakt
An der schönen grauen Donau − Mit der »Arosa Mia« im Frühjahr unterwegs von Passau nach Linz und zurück

Eine Flusskreuzfahrt im Frühjahr, die ist lustig − und kalt. Doch bei den vielen Besichtigungsmöglichkeiten entlang der Donau kann einem auf der „Arosa Mia“ schnell ganz warm werden.

Nein! Es waren nicht nur Senioren an Bord, sondern auch junge Leute, Kinder und Drei-Generationen-Familien. Es fühlte sich auch kein bisschen langweilig an, sondern vielmehr unterhaltsam und amüsant. Die Passagiere waren auch nicht faul, sondern eher sportlich. Diese Schnupperkreuzfahrt auf der Donau hat alle Vorurteile über den Haufen geworfen.

Es ist ein Irrtum im Dreiviertel­takt. Irgendetwas stimmt mit dem Titel des Strauß-Walzers „An der schönen blauen Donau“ nicht. Die Passagiere der „Arosa Mia“ stehen an Deck, schauen auf die Donau und stellen irritiert fest, dass die Farbe des Stromes alles andere als Blau ist.

Um 16 Uhr hat die 124,5 Meter lange Kussmund-Schiff-Schönheit Passau verlassen. Die Sonne scheint, doch im Fahrtwind ist es kühl. Fröstelnd ziehen die Damen ihre Jacken enger um sich. Aber kaum jemand verlässt das Deck. Die ersten Kilometer der Kurz-Kreuzfahrt „Wien und Linz“ genießen die meisten Gäste an der frischen Luft.

Auch wir lassen den Moment auf uns wirken, beobachten, wie sich im Drei-Flüsse-Dreieck die Ilz von links fast schwarz an die Donau schmiegt, bevor von rechts der lindgrüne Inn dazu stößt. Irgendwann einigen sich die drei Flüsse auf ein Schlammgrün und wir akzeptieren: Die Donau ist nicht blau, war nie blau und wird wohl nie blau werden.

Schon jetzt „entschleunigt“, spazieren wir übers Sonnendeck. Backbord spielt ein älterer Herr mit seinen beiden Enkeln „Shuffle­board“, ein paar Meter weiter versucht eine etwa 14-Jährige, ihren Vater beim Großfiguren-Schach matt zu setzen. Wir kommen mit einem Stewart ins Gespräch. Er erklärt uns, dass sich alle Gerätschaften an Deck umlegen oder – wie das Steuerhaus – hydraulisch versenken lassen. Wie das funktioniert – das können wir gleich erleben. Denn bei Kilometer 2203 (Donaukilometer werden von der Mündung des mittleren Deltaarmes ins Schwarze Meer abwärts gemessen) wartet „unsere“ erste Schleuse, die Staustufe Jochenstein. Schon wird Deck 3 geräumt, und fleißige Hände bereiten das Schiff für die Durchfahrt vor. In der Loungebar findet jetzt die Schiff­sicherheits-Veranstaltung statt, doch die meisten Passagiere hält es kaum in den bequemen Barsesseln. Alle wollen raus und zuschauen, wie das Schiff in die Schleuse einfährt, wie es befestigt wird, wie das Wasser langsam sinkt, die Mauern immer höher zu werden scheinen, sich die Tore öffnen. Nachdem das Schiff Jochenstein verlassen hat, freut man sich schon auf die nächste Schleuse.

Als wir nach dem Abendessen die Staustufe Aschach erreichen, schauen überwiegend Männer von Deck aus dem Spektakel zu. Die meisten Frauen richten sich jetzt in der eleganten Kabine ein, kontrollieren, ob die Rose, die jede Dame bei der Ankunft ge­schenkt bekam, genügend Wasser hat, und machen sich noch für den Sekt-Empfang des Kapitäns am Abend hübsch.

Die Schönheit von Stift Melk aus dem 18. Jahrhundert entfaltet sich, so hieß es beim Sektempfang, vor allem aus der Schiffsperspektive. Und so genießen wir am nächsten Morgen den Blick auf das zum Unesco-Weltkulturerbe gehörende Barockkloster von unserem Frühstücks-Fensterplatz aus. Dann heißt es aber: Nichts wie raus! Denn die nächsten 33 Flusskilometer bieten genau das, was eine Flusskreuzfahrt so speziell macht: Die malerische Wachau zieht langsam vorüber – nichts, nicht einmal ein Brückenpfeiler, trübt den Blick auf liebliche Weinterrassen und Marillengärten, auf stolze Graureiher am Ufer und Dörfer, deren Schornsteine mit Storchennestern gekrönt sind, auf historische Burgen sowie zahlreiche Klöster.

Bald passieren wir Stift Dürnberg. Den weiß-blauen Kirchturm nennt man „Fingerzeig Gottes“, weil er zur mittelalterlichen Burg oberhalb des Klosters weist, in der Richard Löwenherz von Dezember 1192 bis März 1193 gefangen gehalten wurde. Am Ausgang der Wachau grüßt Krems-Stein und landeinwärts thront über den Donauauen weithin sichtbar das 1083 gegründete Benediktinerstift Göttweig.

Noch rund 70 Flusskilometer sind es von hier bis Wien. Während bei längeren Kreuzfahrten meist zwei Tage für die Österreichische Hauptstadt auf dem Programm stehen, haben wir heute nur viereinhalb Stunden „Schnupperzeit“. Die nutzen wir für eine Erkundungstour mit dem Fahrrad. Am Prater und dem Riesenrad vorbei strampeln wir durch die Stadt zum Heeresgeschichtlichen Museum. Die sechs Euro Eintritt sind gut angelegt – für lebendige Geschichte mit Gänsehaut-Garantie, zum Beispiel beim Original-Automobil, in dem vor 100 Jahren Franz Ferdinand und Herzogin Sophie in Sarajewo dem Attentat zum Opfer fielen.

Abends – wir haben uns zum französischen Diner angemeldet – lernen wir zwei reiselustige Freundinnen aus der Pfalz und zwei Singles aus Leipzig und Bonn kennen. Am runden Tisch – bei Lachstatar mit Wachteleiern, Coq au Vin und Crème Brûlée – drehen sich die Gespräche um Wien, Flusskreuzfahrten im Allgemeinen und Linz, unser Ziel für Tag vier, im Besonderen.

Den nächsten Vormittag verbringen wir entspannt an Deck. Frühstücken, Schleusen gucken, Landschaften vorbeiziehen lassen. Mittags macht die „Arosa Mia“ direkt vor der Linzer City fest und spiegelt sich in der Glasfront des Brucknerhauses. Wieder radeln wir los. Über den bildschönen Hauptplatz – 13000 Quadratmeter groß, umgeben von historischen Kaufmannshäusern mit pastellbunten Fassaden – fahren wir zum alten Schloss hinauf und genießen den großartigen Ausblick auf Stadt, Land und Fluss.

Dann setzen wir uns auf die Fährte von Johannes Kepler. In der Rathausgasse 5, wo der Astronom von 1622 bis 1626 wohnte, ist eine Gedenktafel angebracht, und im Innenhof des Landhauses, in dem er 14 Jahre lang unterrichtete, plätschert sein Planetenbrunnen. Zum Schluss fahren wir zum Haus, in dem Mozart 1783 als Gast des Grafen von Thun die Linzer Symphonie komponiert haben soll. Er hätte sich wohl kaum träumen lassen, dass heute im Eingang – dank einer modernen Klanginstallation – jedermann die ersten Takte seiner Komposition hören kann.

Und wir hätten uns kaum träumen lassen, dass uns eine Flusskreuzfahrt so begeistern kann. So­gar bei niedrigen Frühlingstemperaturen. Noch einmal genießen wir den tiefen Schaukelschlaf auf Do­nauwellen und verpassen so­gar das letzte nächtliche Schleusen-Manöver. Um 7.30 Uhr sind wir zurück in Passau. Genug ge­schnuppert. Die nächste Flusskreuzfahrt wird gewiss länger.

Uschi von Grudzinski


Kurve am Rathaus gekratzt
»Wiener Eistraum« lockt alljährlich Schlittschuh-Enthusiasten an

Viele nennen ihn den „schönsten Eislaufplatz der Welt“, die 7000 Quadratmeter große Eisfläche, die in diesem Jahr zum 20. Mal vor der Kulisse des Wiener Rathauses Wintersport mitten in der Stadt bietet. Besonders unter der farblich wechselnden Be­leuch­tung verwandelt sich das opulente Rathaus fast in ein Märchenschloss, vor dem sich die Eisläufer nicht nur über die Fläche, sondern auch noch bis zum 8. März über den Traum­pfad gleiten lassen, der sich auf 750 Metern mit reicher Kurvenvielfalt durch verschiedene Wegvarianten schlängelt.

Kleinen Eisprinzen und Prinzessinnen steht daneben eine 450 Quadratmeter große Übungsfläche gratis zur Verfügung. In der Woche müssen sie diese allerdings mit den Erwachsenen teilen: Zwischen 17 und 22 Uhr werden daraus sechs kostenpflichtige Eisstockbahnen. Das Eisstock­schießen ist heute noch genauso beliebt wie eh und je. Wie schon vor Jahrhunderten stellen die Eisstockschützen dabei ihr Können unter Beweis und kämpfen eisern um jeden einzelnen Punkt.

Über 650000 Besucher genossen allein im vergangenen Jahr die winterliche Schlittschuhfahrt auf dem Rathausplatz. Damit alles klappt, kümmern sich täglich rund fünfzig Mitarbeiter um den reibungslosen Ablauf, die Sicherheit und das Wohl der Gäste. Für den richtigen Ton und beste Stimmung sorgt die Radio-Wien Disko.

Bewegung an frischer Luft macht hungrig. Entsprechend groß und vielfältig ist das gastronomische Angebot. Die Palette in den Pagoden der Schlemmerzeile reicht von regional bis biologisch, von deftig bis laktosefrei, glutenfrei, vegetarisch oder vegan. Allergiker erhalten auf Anfrage eine Auflistung der Allergene, für Kinder gibt es Kinderteller.

Doch damit nicht genug. Eine richtige Fangemeinde hat bereits der Mandelstand. Neben den in über fünfzig Geschmacksrichtungen gebrannten Mandeln werden hier dieses Jahr erstmals auch „Aschanti“, Erdnüsse, gebrannt. Der Ruf der Wiener nach „Aschanti“ war 2014 so laut, dass nun eine eigene Rezeptur entwickelt wurde.

In die Alpenwelt entführt die urig-gemütliche Almhütte mit knusprigen Stelzen, deftigen Suppen, hausgemachtem Topfen- und Apfelstrudel, frisch gezapftem Bier und heißem Punsch mit und ohne Alkohol. Einmal „niederge­hockt“, ist der ganze Eislauftraum schnell vergessen. Wer jedoch nicht reserviert hat, muss weiterlaufen!

Wiens märchenhafte Kulisse hat Begehrlichkeiten geweckt. Vor drei Jahren hat auch der Reitsport den Rat­hausplatz entdeckt. Seit 2012 findet hier das Vienna Masters statt. Zum Programm, das in diesem Jahr vom 17. bis 20. September stattfindet, gehört eine Etappe der Global Champions Tour, der höchstdotierten Springsport-Serie der Welt, die, von Ausnahmen abgesehen, nur die besten Reiter der Welt bestreiten dürfen. Das Ereignis wird weltweit übertragen und lässt die Wiener Rathausfassade rund um den Globus auf den Bildschirmen und Monitoren erstrahlen. Helga Schnehagen


Traumziel Ostsee
Trotz Krise bieten Reiseveranstalter Touren nach Ostpreußen an

Kurische Nehrung, Hohe Düne, Nidden, Schwarzort, aber auch Königsberg, Samland und die Ostseebäder Cranz und Rauschen stehen für überwältigende Naturerlebnisse, Erholung pur und für Eintauchen in die deutsche Geschichte. In den Prospekten der Reiseveranstalter fehlen diese Ziele auch in diesem Jahr nicht.

Davon, dass die baltische Ostseeregion seit der Wende viele Liebhaber gefunden hat und sich immer noch großer Beliebtheit erfreut, zeugt nicht zuletzt die Tatsache, dass Reisen in die Region auch in diesem Jahr wieder auf dem Tourenplan vieler Reiseveranstalter stehen. Die Ostseeküste insgesamt, im Besonderen aber auch Ostpreußen und das Memelland, zählen zu den Traumzielen vieler Urlauber. Daran haben auch die derzeitige Wirtschaftsflaute in Russland und die Abkühlung der politischen Beziehungen mit Russland wegen der Ukrainekrise wenig geändert.

Aktuell präsentiert sich die Region auf den jährlich stattfindenden Reisemessen. Dort sind Veranstalter aus der Bundesrepublik Deutschland, den baltischen Staaten und Polen vertreten. Wie auf der Messe „Reisen Hamburg“, wo sich neben namhaften deutschen Anbietern, die seit Jahren Reisen nach Ostpreußen organisieren, auch Stände polnischer Partner aus Pommern vorstellten. Litauische und lettische Aussteller präsentierten ihr Land an ei­genen Ständen. Dort konnte man unter anderem phantasievoll verarbeiteten Bernstein, das Gold der Ostsee, bewundern. Die Reisefirmen locken mit abwechslungsreichen Freizeitangeboten. Man wirbt offensiv mit den deutschen  Ortsnamen wie Nidden, Schwarzort und Kurische Nehrung.

Estland und der nördliche Teil Ostpreußens hatten jeweils keinen eigenen Stand, sie wurden von deutschen Reiseveranstaltern vertreten. Dennoch zieht es trotz Krise auch russische Reisefirmen aus der „Kaliningradskaja oblast“ zu den Reisemessen nach Deutschland. Sie bevorzugen offenbar größere Ausstellungen. Auf der Internationalen Tourismus-Bör­se (ITB) Berlin, die vom Mittwoch, 4., bis Sonntag, 8. März, auf dem Messegelände am Funkturm stattfindet, werden Vertreter aus dem Königsberger Gebiet mit mehreren Ständen zugegen sein. Neben reinen Reisebüros stellt sich das Regionale Tourismus In­formationszentrum vor, und auch das Ozeanmuseum macht auf einen Besuch der Ausstellung im Zentrum Königsbergs neugierig. In der Halle 2.1 kann man sie besuchen.

Die meisten russischen Aussteller werden allerdings aus Moskau und St. Petersburg kommen. Doch auch weiter entfernte Ziele wie Irkutsk in Sibirien, Welikij Nowgorod und die Schwarzmeerperle Sotschi, be­kannt geworden durch die letzten olympischen Winterspiele, locken als Urlaubsregionen Neugierige und Abenteuerlustige an.

Manuela Rosenthal-Kappi


S. 22 Neue Bücher

Rätselhaft und betörend
Zwölf Frauenschicksale

Die Frauen haben es ihm angetan. Nun schon zum vierten Male entführt uns Armin Strohmeyr in seinem neuesten Buch „Geheimnisvolle Frauen“ in die Welt des angeblich schwachen Geschlechts. Durften wir in den Vorgängerbänden einflussreichen Frauen über die zarten Schultern schauen, intime Einblicke in das Leben aller bundesdeutschen First Ladys erhaschen oder weibliche Wesen bei ihren Abenteuerreisen begleiten, macht der 49-jährige promovierte Germanist und Radiojournalist uns diesmal bekannt mit Rebellinnen, Mätressen und Hochstaplerinnen der Geschichte.

Das tut Strohmeyr mit fesselnder Schreibkunst: Jedes seiner Porträts liest sich kurzweilig und mitreißend, selbst wenn dem Leser die Protagonistin bislang nicht unbedingt interessierte oder ganz unbekannt war. Thérèse Humbert brachte als Hochstaplerin mit leerem Tresor den französischen Staat an den Abgrund. Kaiserin Sisi war für eine ganze Epoche Vorbild und Rätsel zugleich. Greta Garbo verkörpert bis heute die Femme fatale.

Die Klammer zwischen all diesen schillernden Figuren? Jede der insgesamt zwölf Frauen trug ein schicksalhaftes Geheimnis durch ihr unstetes Leben. So wie Agrippina, die Mutter Neros, die ihren Gatten ermordet haben soll. Mit ihrer Lebensgeschichte, die am Anfang des Buches steht, führt uns der Autor zurück in den Ok-tober des Jahres 54 nach Christus. Es bedarf nur weniger Zeilen, schon befindet man sich im alten Rom und wandelt im kühlen Kaiserpalast des soeben verstorbenen Kaisers Claudius. Das Gebäude auf dem Palatinhügel ist von den Prätorianern, der kaiserlichen Elitegarde, hermetisch abgeriegelt. Man will vermeiden, dass sich Gerüchte über die Todesursache des Imperators im Volk verbreiten. Claudius starb an einem Pilzgericht, das ihm ausgerechnet die eigene Gattin servierte. Schon seit Jahren hat sie systematisch ihre Gegner ausgeschaltet und mit allerlei taktischen Winkelzügen ihre Macht am kaiserlichen Hof ausgebaut. Sie ist schön, klug und von einem eisernen Machtwillen getrieben.

Hat sie ihren Mann aus dem Weg geräumt, um endlich den geliebten Sohn Nero an die Macht zu bringen – und damit sich selbst? Sie glaubt zu jenem Zeitpunkt den 16-jährigen gängeln und lenken zu können.

Nicht wenigen wird beim Lesen der Film „Quo Vadis“ vor Augen sein, in dem Peter Ustinov einen unvergleichlichen Nero darstellte. Doch das, was wir hier erfahren, stellt jeden Hollywoodfilm in den Schatten. Sodom und Ghomorra, die in der Bibel erwähnten, der Sünde anheim gefallenen Städte, nehmen sich beinahe harmlos aus gegen das, was im Imperium Romanum zu jender Zeit an der Tagesordnung war.

Von den Lebensbildern, die im Buch geschildert werden, sei nur noch eines erwähnt. Die Geschichte der wissensdurstigen, französischen Mathematikerin, Physikerin, Philosophin und, nicht zu vergessen, langjährigen Geliebten Voltaires Émilie du Châtelet. Der Autor entführt uns ins Paris um 1733, in ein kleines Café, wo sich die beiden erstmals begegnen. Da knistern die Roben, glänzen die Schnallenschuhe, flirrt die Luft. Im nur Männern vorbehaltenen Etablissement, wo es das neue Kaffeegetränk gibt, erscheint eine Dame in Herrenkleidung. Es ist Emilie. Was führt sie hierher, noch dazu in Herrenkleidung? Wer Zeuge sein will, an den Nebentischen der Geschichte, sollte dieses Buch als Reiseticket erwerben. Silvia Friedrich

Armin Strohmeyr: „Geheimnisvolle Frauen. Rebellinnen, Mätressen, Hochstaplerinnen“, Piper Verlag, München 2014, broschiert, 320 Seiten, 9,99 Euro


Dschihadisten-Kosmos
Behnam T. Saids bemerkenswertes Buch zum Islamischen Staat

Seit einiger Zeit befindet sich der Islamische Staat in der Defensive. Gemeinhin wird dies als Folge der Luftschläge der Amerikaner und ihrer Verbündeten sowie der Gegenoffensiven der kurdischen Peschmerga-Kämpfer hingestellt. Tatsächlich gibt es noch einen weiteren Grund: Die Führung der Terrormiliz hat es sich offensichtlich mit fast allen Dschihadistengruppen verdorben, die neben dem IS noch in Syrien und dem Irak operieren. Hierüber informiert der Islamwissenschaftler und Mitarbeiter des Hamburger Landesamtes für Verfassungsschutz, Behnam T. Said, in seinem bemerkenswert kenntnisreich geschriebenen Buch „Islamischer Staat“.

Vieles, was dort nachzulesen ist, bleibt in der grob gestrickten Berichterstattung hiesiger Medien unerwähnt: So verläuft eine auffällige Frontlinie zwischen dem IS und der al-Nusra-Front. Diese ist das Ergebnis des Umstandes, dass die letztgenannte Organisation nach wie vor in Loyalität zu Al Kaida verharrt, während sich der Islamische Staat unter der Führung von Abu Bakr al-Baghdadi beziehungsweise „Kalif Ibrahim“ von der Mutter aller islamistischen Terrorgruppen emanzipierte. Deshalb ist er auch nicht bereit, sich Osama bin Ladens Nachfolger Aiman az-Zawahiri zu unterwerfen, welcher gefordert hatte, der IS (der anfänglich noch als Islamischer Staat im Irak und Syrien, also Isis, firmierte) möge sich doch in seinem Kampf gegen die „Ungläubigen“ auf Mesopotamien beschränken und Syrien der al-Nusra-Front überlassen. Zeugnis hierfür ist eine vom Autor zitierte Audiobotschaft von al-Baghdadi vom 16. Juni 2013, in der dieser az-Zawahiri vorwirft, er mache gravierende Fehler, was die Anwendung der Sharia und die Methodik des Dschihad betreffe. Deshalb sei es keinem „Heiligen Krieger“ zuzumuten, der Al Kaida-Führung die Treue zu halten.

Dieser Affront führte dann wiederum dazu, dass sich auch andere Dschihadistische Milizen in Syrien gegen den Isis wandten, allen voran die Rebellengruppe Ahrar al-Sham, welche offen verkündete, al-Baghdadis Truppe sei eine Schöpfung des verhassten Assad-Regimes in Damaskus oder gar der USA. Dafür rächte sich der Isis Anfang 2014 mit der Ermordung der Ahrar-al-Sham-Kommandeure Abu Rayya und Abu Khalid al-Suri. Die Folge hiervon war ein Ultimatum der al-Nusra-Front an den Isis, umgehend den Rückzug aus Syrien anzutreten – dem schloss sich die mit der al-Nusra verbündete Armee des Islam (Jaish al-Islam) an. Allerdings kam al-Baghdadi auch dieser Forderung nicht nach, weshalb sich am 25. Mai 2014 zehn, der Al Kaida nahestehenden, dschihadistischen Kampfverbände Syriens zu einem Anti-Isis-Bündnis namens Majlis Shura Mujahidin as-Sharqiah zusammenfanden, wonach dieser sogenannte „Rat der Gotteskrieger des Ostens“, den ISIS als „fehlgeleitet“ und damit „ketzerisch“ bezeichnete, weil er das Blut von Muslimen vergieße.

Unterstützung bekam er von den beiden derzeitigen Haupt-Ideologen des globalen Dschihad Abu Qatata al-Filastini und Abu Muhammad al-Maqdisi.

Kurz darauf erzielte der Isis jedoch seine bemerkenswertesten militärischen Erfolge: So gelang ihm die Eroberung von Mossul und Teile des Nordiraks. Deshalb konnte er es sich leisten, auf die Vorwürfe des Mujahidin-Rates und eine weitere Aufforderung az-Zawahiris zur Mäßigung mit Hohn und Spott zu reagieren: So hielt Isis-Sprecher Abu Mohammad al-Adnani eine höchst herablassende Ansprache, in der er klarstellte, man nun die Führung im Heiligen Krieg übernommen habe und sich nicht mehr von der Al Kaida oder deren Sympathisanten herumkommandieren lasse. Dem folgte wenige Tage später, am 29. Juni 2014, die Ausrufung des Kalifates, mit der al-Baghdadi sich faktisch zum Oberhaupt aller Muslime aufschwang.

Damit scheint nun die Macht von Al Kaida gebrochen zu sein, was der Autor an der wachsenden Zahl der Überläufer zum Islamischen Staat festmacht. Mittlerweile wechselten unter anderem die Rebellengruppe Jaish al-Sahaba (Armee der Gefährten des Propheten) sowie die al-Nusra-Befehlshaber Abu Yusuf al-Masri und Abu Tamin al-Ansari auf die Seite des IS. Das gleiche tat der ehemalige Berliner Gangster-Rapper Denis Cuspert alias Abu Talha al-Almani, der ebenfalls zunächst bei der Jabhat al-Nusra kämpfte. Das ändert aber nichts daran, dass sich durch die Szene der „Gotteskrieger“ weiterhin ein unüberwindlicher Graben zieht.

Ansonsten gewährt das detailgesättigte Buch nicht nur Einblicke in den Dschihadisten-Kosmos, sondern deckt auch die wahren Wurzeln des Bürgerkriegs in Syrien auf. Oft wird ja kolportiert, dass der Westen mit seiner verfehlten Nahostpolitik schuld sei. Wie Said zeigt, handelt es sich um einen tiefgreifenden Konflikt zwischen der Regierung in Damaskus und diversen Islamistengruppen, dessen Anfänge bis 1963 zurückreichen. Wolfgang Kaufmann

Behnam T. Said: „Islamischer Staat. IS-Miliz, al-Qaida und die deutschen Brigaden“, Verlag C.H. Beck, München 2014, broschiert, 223 Seiten, 14,95 Euro


Von Stille und Scheinhandeln
Wie ein Spiegel-Journalist an einem Buch über Angela Merkel scheitert

Da hat sich also ein schillernder Kopf an einer Merkel-Biografie versucht. Dirk Kurbjuweit, 1962 in Wiesbaden geboren, zählt zu den bekanntesten schreibenden Journalisten der Republik. Von 1990 bis 1999 arbeitete er als Redakteur bei der „Zeit“, dann als Reporter beim „Spiegel“.

Zweimal erhielt er den Egon-Erwin-Kisch-Preis. In einem Essay für den Spiegel im Jahr 2010 verwandte er erstmals das Wort „Wutbürger“, dass dann von dort aus seine vielzitierte Karriere startete. Dennoch enttäuscht Kurbjuweits Buch über Merkel. Aus der Kanzlerin, die seit 2013 ihr drittes Mandat ausübt, wird niemand schlau, auch der Autor nicht. Immer wieder versucht er, sie in die Adenauer-Ehrhard-Brandt-Schmidt-Schröder-Kohl-Galerie zu stellen, um am Ende ratlos einzugestehen, dass sie nicht hineinpasse.

Sie sei eine „hochintelligente, neugierige und überaus ehrgeizige Frau“. Angebliche Mitbewerber wie Ursula von der Leyen werden von Kurbjuweit als „Untertanin“ ausgelacht. In Koalition und Opposition seien alle „viel zu lieb“, um ihr etwas anhaben zu können. Merkels Lieblingswort „alternativlos“ wurde zum Signum ihrer Kanzlerschaft, aber 2010 zum „Unwort des Jahres“, als Ausdruck allgemeiner Politikverdrossenheit. Sie sei voller Machtwillen, aber ohne Führungswillen. Sie herrsche mit „Stille, Scheinhandeln, Langeweile“.

Was Kurbjuweit dann über die Merkel-Deutschen im internationalen Rahmen schreibt, ist grotesk: Er startet mit der Feststellung, dass Deutschland weltweit die beliebteste Nation sei. Beweis? Die zahllosen Nazi- und KZ-Filme, die im Ausland gedreht werden. „Wir sind interessant, weil es die Nazizeit gab.“

Dabei erwähnt er sogar selbst den Widerstand der Briten, Franzosen und anderen gegen die deutsche Wiedervereinigung. Er zitiert Mitterrand, „die D-Mark ist Deutschlands Atombombe“. Er kennt die griechischen und spanischen Merkel-Bilder mit Hitlerbärtchen. Sieht so ein beliebtes Volk aus? Wohl eher ein ungeliebter Musterschüler.

Die Kanzlerin schert das wenig, ihr ist „nichts lieber als Ruhe“, weiß Kurbjuweit. Am Ende des Buches lässt er sich dann zu einem ellenlangen Traktat über „Stuttgart 21“ und verwandten Modethemen aus: Was das alles mit Angela Merkel zu tun hat? Gar nichts! Wolf Oschlies

Dirk Kurbjuweit: „Alternativlos – Merkel, die Deutschen und das Ende der Politik“, gebunden, Carl Hanser Verlag, München 2014, 288 Seiten, 19,90 Euro


Beinahe romanhaftes Abenteuerbuch
Als professioneller Söldner hat George Cypriano Bühler Schiffe vor Piraten geschützt. Jetzt hat er darüber geschrieben

Seeräuber gehören zur Seefahrt. Diese uralte Tatsache verdichtete sich vor einigen Jahren wieder zur Gewissheit. Vor der somalischen Küste entern Piraten von wendigen kleinen Booten aus riesige Frachter. Sie terrorisieren die Mannschaft und fordern hohe Lösegelder. Die meisten Handelsschiffe sind nicht darauf ausgelegt, selbst der primitivsten Attacke zu widerstehen. Um ihr Gewicht zu mindern, wurden in ihnen Kunststoffe verbaut, die sie bei Beschuss leicht entzündbar machen. Zudem schrauben sie sich so behäbig voran, dass kein Heil in der Flucht liegen kann. Da bleibt nur der kostspielige Einsatz von privaten Sicherheitsleuten, wie George Cypriano Bühler einer ist.

1977 in Cuxhaven geboren, wollte er als Fluggerätemechaniker zur Bundeswehr und landete dann bei den Marineschutzkräften. Da die Übernahme als Berufssoldat ungewiss bleibt, nimmt er den Abschied und arbeitet als Surflehrer, ohne darüber seine Berufung zum Soldaten zu vergessen. Als dann eine US-Firma, die sich auf den Schutz von Handelsschiffen spezialisiert hat, anfragt, geht alles ganz schnell. Er erhält ein Flugticket nach Kairo. Von dort führt ihn eine wilde Autofahrt nach Port Suez zum ersten Auftrag.

„Und wie soll ich meinen Kumpels daheim von all den Eindrücken, Farben und Gerüchen erzählen? Das war alles zu abgefahren“, schildert er seine Überlegungen, die ihn dazu bewegen ein Buch zu verfassen. Die Journalistin Tina Klopp hat ihn dabei unterstützt und gewiss stilistisch abgerundet. So ist ein beinahe romanhaftes Abenteuerbuch entstanden. Kämpferische Auseinandersetzungen nehmen darin erstaunlich wenig Raum ein und wenn, dann erfolgen sie nach strengen Regeln. So beschreibt es zumindest Bühler. Es heiße nicht einfach „Feuer frei!“, wenn feindliche Handlungen erfolgen. Einmal werden die drei Begleiter beschossen. Geschickt nutzen die Piraten den Wellengang zur Deckung. Trotzdem sind sie tief drunten völlig ausgeliefert. Mit einigen gezielten Schüssen ließen sie sich ausschalten. Aber aus der Überlegenheit der Begleiter ergibt sich ihre Verantwortung für die Verhältnismäßigkeit der Reaktion. Die Piraten müssen ausreichend gewarnt werden. Erst als durchs Zielfernrohr zu erkennen ist, dass sie eine Panzerfaust im Anschlag halten, wird dem Vorfall ein rasches Ende gesetzt.

Bühler berichtet auch über die persönlichen Motive seiner Arbeit. Der moralischen Scheinheiligkeit bei der Rechtfertigung von Militäreinsätzen stellt er die nüchternen Erwerbsabsichten der professionellen Söldner gegenüber. Meist bedeutet ohnehin die sichtbare Anwesenheit der Begleiter Sicherheit. In der Meerenge Bab al-Mandab nehmen die Piraten Maß an ihrem Schiff, um dann abzulassen. Über Funk ist zu verfolgen, wie bald danach der Frachter hinter ihnen gekapert wird.

Bühler ist zu einem frühen Zeitpunkt in das Geschäft eingestiegen. Vieles musste da noch spontan improvisiert werden. Inzwischen gibt es Sicherungsanlagen und einen „Safe Room“. Wie im Bergfried einer mittelalterlichen Burg verschanzt sich die Mannschaft darin, während die Sicherheitsleute draußen die Attacken abwehren. Sobald Geiseln in der Hand der Piraten sind, ist das Spiel bereits verloren. Aber es müssen nicht nur Übergriffe von Außen abgewehrt werden. Schwierige menschliche Verhältnisse auf dem Schiff zehren an den Widerstandskräften.

Umfassend und fesselnd wird von dieser komplexen Situation berichtet. Auch die politischen und rechtlichen Grundlagen der Piratenbekämpfung werden nicht ausgespart. Sebastian Hennig

George Cypriano Bühler: „Kampf den Piraten. Mein Einsatz auf hoher See“, 288 Seiten, Econ Verlag, Berlin 2014, broschiert, 288 Seiten, 9,99 Euro


S. 23 Rautenberg Buchhandlung

Rautenberg Buchhandlung


S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Spalte und herrsche / Warum jetzt endlich Krieg werden muss, wozu wir »mehr Verantwortung« übernehmen sollen, und was wir besser nicht wissen wollen

Deutschland muss sich noch viel mehr international engagieren, „Verantwortung“ übernehmen. Das sagen alle, die was zu sagen haben. Zuletzt wieder der Bundespräsident. Joachim Gauck scheint es richtig traurig zu machen, dass wir keine Truppen in die Ukraine schicken können, um unsere „Verantwortung“ an die russische Front zu werfen.

Irgendwie muss es doch gelingen, aus diesem kümmerlichen Regional-Scharmützel etwas Dauerhaftes zu schnitzen! Dafür müssen auch „the Germans to the Front“, versteht sich. In Washington scharren die Hardliner um den gescheiterten Präsidentschaftskandidaten John McCain schon seit Monaten mit den Hufen, sie wollen endlich groß losschlagen. Europa muss brennen, damit Amerika, relativ gesehen, wieder seine alte Weltgeltung erringt. Europa? Ach was: ganz Eu­rasien! Was ist eigentlich aus dem chinesisch-japanischen Gefinger wegen dieser winzigen Pazifik-Insel geworden? Oder aus dem Kaschmir-Konflikt zwischen Indien und Pakistan? Warum ist es in Indonesien so ruhig?

Lauter Brennpunkte, die dringend nach verschärfender Assistenz durch die einzige Weltmacht rufen. Wo die USA (oder ihre treuen Verbündeten) in den vergangenen Jahrzehnten ihre internationale Verantwortung hinein geballert haben, sind Krisenherde von beeindruckender Nachhaltigkeit entstanden.

Denken wir an den Irak: Außerhalb des kleinen Kurdengebietes ein einziger brodelnder Kessel, in dem alle naselang eine Bombe hochgeht. Oder das Kosovo: Vor 16 Jahren ist die Nato unter der Führung Washingtons da rein, hat Belgrad bombardiert, die Serben besiegt und den Kosovaren eine goldene Zukunft in Demokratie und Wohlstand versprochen.

Heute rauscht eine Massenauswanderung über die Grenzen, Zehntausende, wenn nicht Hunderttausende tun alles, um das befreite Ländchen zu verlassen, nicht wenig bei nur zwei Millionen Einwohnern. Sogar die örtliche Mafia, welche die Macht von den Nato-Befreiern seinerzeit übernommen hat, macht sich Sorgen. Wovon soll die Made leben, wenn der letzte Fitzel Speck das Weite sucht?

Afghanistans Ex-Präsident Hamid Karzai hat dieser Tage resümiert, dass der Eingriff der westlichen Armeen in sein Land ein einziger Fehlschlag gewesen sei. Die toten Bundeswehrsoldaten sind also für einen „Fehlschlag“ gefallen. Das nur fürs Protokoll.

Aber immerhin: Wir waren dabei, das ist das Wichtigste! Wir haben „Verantwortung“ gezeigt. Anders als bei dem peinlichen Libyen-Auftritt des damaligen Außenministers Westerwelle. Eher aus Versehen denn aus festem Willen hatte er 2011 in der Uno einen Militärschlag gegen den Diktator Gaddafi abgelehnt. Die „Zeit“ schäumte damals unter der Überschrift „Eine deutsche Schande“: „Die Deutschen haben sich militärisch rausgehalten und die Verbündeten im Stich gelassen. Das alles war ein großer Fehler und ist eine Schande.“ Die quält uns heute noch. Oder?

Nunmehr erobert der IS in Libyen Stadt für Stadt, das ganze Land sieht aus wie Somalia, ein „gescheiterter Staat“ eben, wo Mörderbanden, blutrünstige Islamisten und ähnliches Gelichter das Sagen haben. Und wir haben nicht mitgeholfen, dass es soweit kommt – „eine deutsche Schande“!

Wir sehen: Irak, Kosovo, Afghanistan, Libyen – all das sind leuchtende Beispiele für gelungene Interventionspolitik.

Nein, das meine ich keineswegs ironisch! Die USA wollen Ordnungsmacht sein. Wer aber ruft nach einer Ordnungsmacht, wenn gar keine Unordnung da ist? Eben! Stellen Sie sich mal vor, im Irak herrschte noch Saddam und in Libyen Gaddafi, grausam und abstoßend, aber halbwegs ruhig und stabil. Und in Afghanistan säßen noch die Russen und das Kosovo wäre noch Teil Serbiens. Sicher hätten beide mit aufmüpfigen Mudschaheddin respektive Kosovo-Albanern zu tun, aber alles in allem wäre die Lage unter ihrer Kontrolle. Wer da über die „unverzichtbare Rolle der USA als globale Ordnungsmacht“ fabulierte, würde verständnislos angegrinst werden. Globale Ordnungsmacht? Wozu benötigen wir die? Steht doch alles wie ’ne Eins! Fürchterliche Vorstellung aus überseeischer Sicht.

Dabei sieht Washington seine globale Mission zum Wohle der Menschheit nicht allein darin, Ordnungsmacht zu sein. Man bietet sich auch großherzig als Schutzmacht aller Bedrängten an. Da kommt die Ukraine ins Spiel. Sicher, die seit 1979 von Afghanistan aus durch die USA gepäppelten Radikal-Moslems können einem schon einen Schrecken einjagen. Aber so richtig ziehen die dennoch nicht als existenzielle Bedrohung.

Da ist Russland schon ein anderes Kaliber, das hat auch Joachim Gauck, der Mann aus dem Dunstkreis der US-Einflussorganisation „Atlantikbrücke“, messerscharf erkannt. Was dabei herauskommen soll? Das Übliche: Ein Dauerkonflikt, immer mal wieder Tote, ein paar Anschläge hier und dort, dann wieder eine richtige Schlacht – aber keine richtigen Sieger, keine echten Verlierer. So kann das jahrzehntelang weitergehen. Es sei denn, die Sache gerät außer Kontrolle und explodiert zum Weltkrieg. Aber das Risiko müssen wir eingehen, um unserer „Verantwortung“ gerecht zu werden, würde der Herr Gauck sagen.

Die Dauerkonflikte sind zu zweierlei nütze. Das mit der Schutz- und Ordnungsmacht ist das eine. Hinzu kommt, dass die europäischen Länder, voran Deutschland, mit Flüchtlingsströmen überhäuft und von Konfliktkosten aller Art ausgezehrt werden, was ihre globale Konkurrenzfähigkeit gegen den Mitbewerber USA beträchtlich schmälert. Das ist der Trick: Zwar wird uns ständig eingeredet, dass wir global mehr „Verantwortung“ übernehmen sollen und manchmal schmeichelhaft davon gesprochen, dass wir dafür sogar „Führung“ angetragen bekämen. Gewollt aber ist das genaue Gegenteil: Das Kraftpotenzial Deutschlands wird in den zahlreichen Dauerkonflikten verdampft, damit die Deutschen gar nicht die Möglichkeit bekommen, wirklich international mitzuspielen, nach eigener Melodie.

Das funktioniert prachtvoll. Trotz Steuereinnahmen-Zenits und Exportüberschuss-Rekords vergammelt das Land im Zeitraffer-Tempo. Der erbärmliche Zustand von Straßen und öffentlichen Gebäuden legt davon Zeugnis ab. Und je emsiger wir uns unserer „internationalen militärischen Verantwortung stellen“, desto weniger scheinen wir imstande zu sein, die Grunderfordernisse der Bundeswehr auch nur einigermaßen zu finanzieren. Kein Wunder: Das Geld wurde für besagte „Fehlschläge“ verplant.

Nicht zu vergessen sind die friedlichen Maßnahmen zur Beschäftigung der Deutschen. Bekanntlich war es die US-Bank Goldman Sachs, welche den Griechen die Kniffe beibrachte, wie man sich in den Euro hineinbetrügt. Der Bank werden allerengste Beziehungen zur Regierung nachgesagt. Damit haben uns die Amis ein Kuckucksei ins Nest gelegt, welches das gesamte europäische Nest in die Luft sprengen könnte. Genial!

Moment mal! Ist das nicht anti-amerikanisch? Aber nein: Die USA verhalten sich vollkommen normal. Jedes Imperium macht das so, sonst wäre es nie eines geworden oder es wäre ganz schnell vorbei mit ihm. Die Briten taten es und die alten Römer nicht minder, die Taktik lautet „divide et impera“: Spalte und herrsche.

Nur, dass unsere germanischen Vorfahren im Unterschied zu uns nicht mitspielen wollten, was sie die römischen Freunde mit Nachdruck wissen ließen. Seitdem sind wir für die Römer und ihre Erben die grobschlächtigen Barbaren, moderner: die hässlichen Deutschen. Das schmerzliche Bild wird immer dann hervorgekramt, wenn wir nicht so wollen, wie wir sollen. Da ist es doch besser für uns, wenn wir erst gar nicht wissen wollen, wie das Spiel läuft, und stattdessen lieber eifrig „Verantwortung“ übernehmen.


MELDUNGEN / ZUR PERSON

Kieler AfD-Büro attackiert

Kiel – In der Nacht zu vergangenem Sonnabend sind sämtliche Fenster der Landesgeschäftsstelle der AfD Schleswig-Holstein in Kiel zertrümmert worden. Bis Redaktionsschluss lagen der Polizei keine Erkenntnisse über die Täter vor. Laut AfD-Vorstand war die Fassade zuvor mit Aufklebern von „Pro Asyl“ und dem Flüchtlingsrat verunstaltet worden. H.H.

 

Abermals mehr bei Pegida

Dresden – Die vorübergehend geschrumpfte Pegida-Bewegung in Dresden ist zum vergangenen Montag abermals angewachsen. Laut Polizei nahmen etwa 5000, nach Teilnehmer-Schätzung gar gut 10000 Menschen an der Kundgebung teil. Auch in anderen Städten kam es zu – deutlich kleineren – Demos von Pegida-Ablegern, die von Linksextremisten zum Teil massiv angefeindet wurden. In Hannover wurden „Hagida“-Anhänger von den Linksextremisten derart attackiert, dass ein Angegriffener im Krankenhaus behandelt werden musste. H.H.

 

Zweite Garnitur an BER-Front

Noch bevor der künftige Chef des Flughafens Berlin-Brandenburg (BER) sein Amt antritt, scheint sich alles gegen ihn verschworen zu haben. Ihm fehle die Qualifikation und er sei nur „zweite Garnitur“, lästerte der Berliner Grünen-Politiker Andreas Otto über Karsten Mühlenfeld. Der BER-Aufsichtsrat hat den 51-jährigen Maschinenbauingenieur schließlich gegen die Stimmen der Vertreter des Bundes zum Nachfolger von Hartmut Mehdorn gewählt, der kurz vor Weihnachten seinen Rücktritt erklärt hatte.

Keine Flughafen-Erfahrungen und noch nie ein Großprojekt geleitet, so lautet die Kritik der Nein-Sager an dem Neuen. Ein exzellenter Manager mit Wurzeln in der Region, so loben ihn seine Befürworter, Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke und sein Berliner Kollege Michael Müller (beiede SPD). Tatsächlich ist Mühlenfeld echter Berliner, ging unweit seines neuen Arbeitsplatzes in Lichtenrade zur Schule, studierte an der TU Berlin und war 20 Jahre lang Top-Manager im Rolls-Royce-Werk von Dahlewitz südlich von Berlin.

Anfang Februar wechselte er jedoch zum Bahnhersteller Bombardier. Kaum im Amt, wird der Vater zweier Kinder hier gleich wieder kündigen, denn die Stelle als BER-Chef macht sich im Lebenslauf immer gut. Dass er die in Sachen BER begangenen Planungsfehler, die zu einer Kostenexplosion und der Verschiebung des Eröffnungstermins um sechs Jahre führten, ausbügeln muss, schreckt ihn nicht. „Man muss ein dickes Fell haben. Ich bin optimistisch, dass ich es schaffe“, sagte er. Schon diese vorsichtige Äußerung unterstreicht, dass er anders als sein polternder Vorgänger Mehdorn nicht täglich Schlagzeilen produziert. Er pflegt einen leisen Stil und hofft, durch Beharrlichkeit zum Erfolg zu kommen. H. Tews


MEINUNGEN

Der Kommentator der „Neuen Zürcher Zeitung“ (17. Februar), Heribert Seifert, untersucht die Intoleranz der Pegida-Gegner:

„Die Aufklärer, die hier auftreten, reden im Gestus strenger Kolonialoffiziere, die ihren noch immer nicht diskurshygienisch stubenreinen Eingeborenen die Leviten lesen, aber auf keinen Fall zuhören wollen. ,Die Ansage muss lauten: Jetzt hört ihr mal zu. Und zwar richtig‘(,Süddeutsche Zeitung‘). Das argumentative Inventar, mit dem hier ein Deutungsmonopol verteidigt wird, ist mit seinem phrasenhaft erstarrten, abstrakten moralischen Universalismus nicht nur bemerkenswert ausgezehrt, sondern zeigt gelegentlich Züge unfreiwilliger Komik.“

 

 

Der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, ist entsetzt, weil nicht einmal der deutsche Anteil an der Nato-Eingreiftruppe einsatzbereit ist. „Report Mainz“ (17. Februar) sagte er:

„Ich habe so etwas noch nicht erlebt, dass muss ich ganz ehrlich sagen. Aber für die betroffenen Soldaten ist das natürlich eine Situation, die an Peinlichkeit nicht zu überbieten ist. […] Dieser Verband soll innerhalb von kürzester Zeit an jedem beliebigen Ort, wo eine Gefahr für Mitgliedsstaaten auftreten kann in Einsatz kommen und wenn das nicht gewährleistet ist, dann ist das sowohl für die Nato aber auch für die Bundesrepublik Deutschland eine enorme Blamage.“

 

 

Omid Nouripur, außenpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, wirft der Bundesregierung in der gleichen Sendung vor, das Parlament in diesem Zusammenhang zu täuschen:

„Wenn die Bundesregierung die ganze Zeit den Eindruck erweckt, dass es keinerlei Probleme gäbe mit schneller Verlegbarkeit und gleichzeitig die Ausrüstungsmängel so gravierend sind, dass das doch nicht der Fall ist, dann hat die Bundesregierung dem Parlament nicht die Wahrheit gesagt.“

 

 

Der Philosoph und Medienwissenschaftler Norbert Bolz schreibt im „Focus“ (21. Februar) über die Freiheit der Satire vor dem Hintergrund radikal-islamischer Anschläge:

„In westlichen Demokratien ist die Frage nach den Grenzen der Satire längst beantwortet, nämlich einmal durch Tucholskys (Satire darf ...) ,Alles‘ und zum anderen durch den Schutz der Persönlichkeitsrechte. Wer persönlich beleidigt wird, kann klagen. Aber ich kann nicht klagen, dass ich mich persönlich beleidigt fühle, weil der Papst karikiert worden ist. Religiöse Gefühle genießen keinen Rechtsschutz.“

 

 

Finanzmarkt-Experte Manfred Gburek hält die neueste „Griechen-Rettung“ für eine Frechheit, für die Deutschland zahle. Im Netzportal „Tichys Einblick“ (23. Februar) schreibt er:

„De facto ist Griechenland pleite. Das will aber keine Regierung aus den Euroländern zugeben, denn damit würde man eine neue Diskussionsrunde zum möglichen Scheitern des Euro-Experiments einläuten. Also bleibt es dabei, dass Griechenland bis auf Weiteres massive finanzielle Unterstützung erhält, Dauer nicht vorhersehbar.“