19.04.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Folge 21/15 vom 23.05.2015

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

Sturm in der AfD
Die Zeichen stehen auf Spaltung – Was kommt danach?

Die Kontrahenten erscheinen unversöhnlich: Alles treibt auf einen Machtkampf hin, der eines der Lager aus der Partei treiben dürfte.

In der Alternative für Deutschland (AfD) deuten sich dramatische Umwälzungen an. Die Hinweise verdichten sich, dass eine Spaltung der Partei schon für den kommenden Bundesparteitag am 13. Juni erwartet werden kann.

Seit Monaten bekämpfen sich zwei Flügel der gut zwei Jahre alten Formation mit wachsender Heftigkeit. Protagonisten sind die drei Parteisprecher (Vorsitzenden) Bernd Lucke auf der einen sowie Frauke Petry und Konrad Adam auf der anderen Seite.

Lucke warnte unlängst vor einer Unterwanderung der AfD durch „Rechtsideologen“ und andere Kräfte vom rechten Rand des politischen Spektrums. Im Lager der Lucke-Kritiker wird dagegen moniert, dass er und seine Anhänger dabei seien, das Profil der AfD als Opposition und echte Alternative zu den etablierten Parteien zu verwässern und Kurs auf eine AfD zu nehmen, die einer modifizierten FDP gliche.

Lucke hat nun eine Initiative „Weckruf 2015“ gestartet, um seine Anhänger vor dem Parteitag um sich zu scharen. In Parteikreisen wird gemutmaßt, dass der „Weckruf“ bereits die Keimzelle einer neuen Partei sein solle, Lucke also schon konkret ins Auge fasst, die AfD zu verlassen.

Das Szenario erinnert an die Vorgänge in Österreich vor zehn Jahren. Damals verließ der langjährige Chef der Freiheitlichen Partei (FPÖ), Jörg Haider, seine Partei und gründete das „Bündnis Zukunft Österreich“ (BZÖ). Die FPÖ, im politischen Spektrum der AfD nicht unähnlich, überlebte die Abspaltung, während das BZÖ nach anfänglichen Erfolgen weitgehend von der Bildfläche verschwunden ist.

Der Unterschied besteht indes vor allem darin, dass die FPÖ bereits eine seit Jahrzehnten erfolgreiche Parlaments- und häufige Regierungspartei war, als sie der Aderlass ereilte, während die AfD noch mitten in ihrer Aufbau- und Konsolidierungsphase steckt.

Eine Lucke-AfD ohne „rechten“ Flügel sähe sich der Gefahr ausgesetzt, nicht ausreichend Profil gewinnen zu können, um sich von den alten Parteien sichtbar genug absetzen zu können. Dass es ihr gelingt, sich als liberalkonservative Kraft neben Union und FDP zu etablieren, erscheint daher fraglich – es sei denn, der FDP misslingt ihr Wiederaufstieg. Dann könnte durchaus Platz entstehen für eine solche Formation.

Einer von Lucke und dem „linken“ Flügel verlassenen AfD bliese dagegen der Wind des „Kampfes gegen Rechts“ umso heftiger ins Gesicht. Dafür aber könnte sie jene Anhänger wieder einsammeln, die sich zwischenzeitlich von der AfD abgewendet hatten, weil die Partei in ihren Augen den Etablierten schon viel zu sehr entgegengekommen sei. Eine solche AfD hätte auch die Chance, zum Sprachrohr und Sammelpunkt für die zahlreichen neuen Bürgerbewegungen wie Pegida heranzuwachsen. Hans Heckel


Mazedonien droht eine »bunte Revolution«
Vieles deutet auf eine von außen gesteuerte Zerrüttung der innenpolitischen Lage hin

Von Mazedonien als einem der Nachfolgestaaten Jugoslawiens war lange Zeit nicht viel zu hören. Das ist für ein Balkan-Land ein gutes Zeichen. Doch haben sich in diesem Jahre die Dinge dort geändert. So haben serbische Massenmedien verbreitet, dass in Mazedonien ein Montenegriner festgenommen worden ist, dem vorgeworfen wird, kosovo-albanische Extremisten unterstützt zu haben. Dabei handelt es sich um eine Gruppe, die von einem Groß-Albanien träumt, für das in der Region indes nicht genug Platz zur Verfügung steht. Solche Konfliktpotenziale sind die idealen Voraussetzungen für eine der sogenannten „bunten Revolutionen“, die seit einigen Jahren zu den Spezialitäten der US-Geheimdienstes CIA gehören.

Die Festnahme jenes Extremisten nennt das russische Außenministerium, das mit Schuldzuweisungen dieser Art etwas deutlicher ist als früher, einen schlagenden Beweis für die von außen geschmiedeten Pläne zur Zerrüttung der innenpolitischen Lage in diesem Land und für die Versuche, es in den Abgrund einer „bunten Revolution“ zu stoßen. Weiter heißt es: „Das ist auch ein Beweis dafür, dass die westlichen Arrangeure derartig katastrophaler Szenarien es vorziehen, sie mit fremden Händen zu vollziehen, indem sie in der Ukraine und jetzt auch in Mazedonien Bürger derjenigen Länder ausnutzen, die, wie jene in Mazedonien, sich von der Nato haben anlocken lassen.“

Aktueller Anlass für einen derartigen Umsturz könnte die Tatsache sein, dass Mazedonien nicht nur den Bau der Gas-Pipeline „Turkish Stream“ unterstützt, sondern es auch unterlassen hat, sich den Sanktionen gegen Russland anzuschließen. Russlands Außenminister Sergej Lawrow meint dazu: „Ich kann nicht mit endgültiger Bestimmtheit urteilen, aber es stellt sich objektiv heraus, dass diese Ereignisse in Mazedonien vor dem Hintergrund des Verzichts der mazedonischen Regierung anlaufen, sich der Sanktionspolitik gegen Russland anzuschließen.“ Der Bau der Pipeline „Turkish Stream, die von Russland über Mazedonien bis Ungarn verlaufen und die „South Stream“ ersetzen soll, würde die Bedeutung der US-Pipeline, die von Katar aus Europa mit Erdgas versorgen soll, erheblich verringern.

Bereits Anfang Februar hatten die mazedonischen Behörden den Oppositionsführer und Chef der Sozialisten, Zoran Zaev, beschuldigt, einen Staatsstreich vorbereitet zu haben. Damals kommentierte Moskau: „Nach Angaben der mazedonischen Regierung sind der Chef der größten Oppositionspartei und ausländische Geheimdienste in die Organisation des Putschversuchs verwickelt. Wir hoffen auf eine genaue Untersuchung im Interesse der Stabilität und Sicherheit Mazedoniens.“

Unbotmäßig zeigt man sich auch im benachbarten Bulgarien. Das Land erleidet schwere finanzielle Verluste durch den Baustopp von „South Stream“, von der es an Durchleitungsgebühren pro Jahr 400 Millionen Euro eingesteckt hätte. Da verwundert es nicht, dass Sofia nach wie vor auf die Fortsetzung des Baus setzt, der auf Druck der USA und der EU eingestellt worden war. Dieser Tage machte sich die Opposition in der Nationalversammlung Luft. „Wir werden Washingtons idiotisches Spiel nicht mitspielen“, rief Wolen Nikolow Siderow, der Vorsitzende der nationalistischen Partei Ataka, und nannte die Sanktionen und ihre Auswirkungen „ein Produkt des geopolitischen Drucks“ seitens der USA. „Wir wissen nur, dass die Sanktionen, die die EU gegen Russland verhängte, und die darauf folgenden Gegen-Sanktionen von Russland große Schäden in den europäischen Ländern verursachen.“ Florian Stumfall


Jan Heitmann:
Lachnummern

Einst war der Karlspreis eine würdige Auszeichnung, mit der Verdienste um die europäische Einigung honoriert wurden. Doch spätestens seit der Verleihung an „den Euro“ im Jahre 2002 ist der Karlspreis nichts weiter als eine Lachnummer, mit der sich die Eurokraten gegenseitig feiern. Seitdem wird er nur noch an Personen verliehen, welche die europäische Integration ohne Rücksicht auf Recht und Verluste vorantreiben und so durch ihr verantwortungsloses Handeln für die gegenwärtige Krise der EU verantwortlich sind. Der EU-Parlamentspräsident Martin Schulz passt somit ganz hervorragend in die Reihe der Geehrten. Seinen großspurigen Ankündigungen, die Legitimationsdefizite der EU beseitigen, die Gemeinschaft transparenter und bürgernäher machen zu wollen, sind niemals Taten gefolgt. Der jüngste Karlspreisträger ist kein Macher, sondern ein Schwätzer und ganz gewiss kein „großer Europäer“.

Zu dem mittlerweile ebenfalls zur Lachnummer entwerteten Bundesverdienstkreuz wiederum passt die Entscheidung von Bundespräsident Joachim Gauck, Beate Klarsfeld die einstmals hochangesehene Auszeichnung zu verleihen. Klarsfeld, die Deutschland schon vor Jahrzehnten den Rücken gekehrt hat und in Frankreich lebt, ist mehrfach vorbestraft und überführt, jahrelang mit dem DDR-Regime gemeinsame Sache gemacht zu haben. Für ihre Aktionen hat sich die selbst ernannte „Nazi-Jägerin“ sogar von der Stasi bezahlen lassen. Der angebliche DDR-Bürgerrechtler Gauck aber findet nichts dabei, dem Betteln der selbstverliebten Person nachzugeben und ihr endlich den heißersehnten Orden zu verleihen. Damit macht er sich selbst zur Lachnummer.


S. 2 Aktuell

Machtkampf zwischen Brüdern
Terrororganisation IS fordert Hamas heraus – Gazastreifen droht eine noch radikalere Version des Islam

Auch im Hamas-Staat Gaza gewinnen Salafisten, die der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) nahestehen, immer mehr Zuspruch. Vorläufig hat die Hamas noch die Oberhand, aber langfristig könnte eine noch radikalere Islamversion auch in Gaza die Oberhand gewinnen.

Wenn dieser Tage im Gazastreifen Explosionen zu hören sind, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass nicht Israel der Verursacher war, sondern ein vielleicht auf lange Sicht gefährlicherer Feind, der den Hamas-Staat von innen erschüttert. So geht es schon seit einigen Wochen. Am 18. April waren vor einem Hamas-Gebäude und einem Gebäude des Palästina-Hilfswerkes der Vereinten Nationen (UNWRA) im Zentrum Gazas Sprengkörper explodiert. Am 4. Mai explodierten Bomben nahe einem Polizeiposten im Norden Gazas und einer Schule im Osten, nachdem am Tag zuvor die Hamas-Polizei eine Moschee in Deir al Balach in Schutt und Asche gelegt und einen führenden Salafisten, Scheich Yasir Abu Huli, verhaftet hatte. Abu Huli ist der Anführer der salafistischen Gruppe Ansar al-Dawla al-Islamiya (Helfer des Islamischen Staates), die Bezeichnung deutet bereits auf die Ausrichtung der Gruppe hin.

Der Gazastreifen ist mit seinen zwei Millionen Einwohnern zugleich eines der ärmsten und auch dichtbesiedeltsten Gebiete des Nahen Ostens, fast die Hälfte seiner Bevölkerung sind Flüchtlinge der dritten und vierten Generation, die noch immer vom UNWRA versorgt werden. Gaza war wegen seiner vielfältigen Notlagen schon immer ein Brutbecken für religiöse Eiferer, die in der religiösen Gewalt das Heil aller weltlichen Probleme erblicken. Auch die Hamas war 1987 nach der ersten Intifada in den besetzten Gebieten als Ableger der ägyptischen fundamentalistischen Muslimbruderschaft entstanden.

Die Salafisten sind ebenfalls seit Langem in Gaza aktiv. Salafistische Dschihadisten halfen der Hamas 2007, die Fatah aus dem Streifen zu vertreiben und hier erstmals ein sunnitisch-islamistisches Herrschaftsgebiet auszurufen. Als die Salafisten jedoch forderten, in ganz Gaza umgehend die Scharia einzuführen, war es mit der Freundschaft vorbei. Das führte erstmals zu einem bewaffneten innerislamistischen Konflikt, der 2009 seinen Höhepunkt erreichte, als Sicherheitskräfte der Hamas Scheich Abdel Latif Moussa und 24 seiner Anhänger töteten, nachdem der Scheich in Gaza ein salafistisches „Islamisches Emirat in Palästina“ ausgerufen hatte. Danach wurde es zwar ruhiger, aber verebbt sind die Spannungen nie. Die jüngste Eskalation könnte sich für die Hamas als ernste Bedrohung entpuppen, weil die internationale Konjunktur vor allem im Nahen Osten den aggresiven und antinatilionalistischen Salafisten und nicht der Muslimbruderschaft den Wind in die Segel treibt.

Der engste Verbündete der Hamas war einst das syrische Assad-Regime, in Damaskus hatte sich der Gründer und Führer der Hamas, Khalid Meschal, versteckt, bis Syrien in einen Bürgerkrieg hineingezogen wurde, der von den Salafisten jetzt immer mehr zu einem religiösen innerislamischen Krieg zwischen Sunniten und Schiiten sowie innerhalb der Sunniten zwischen Muslimbrüdern und Salafisten umfunktioniert wird. Die Hamas war zwar eine sunnitische Organisation, aber eine der wenigen, die auch gute Beziehungen zum Iran hatte, dem ersten islamistischen Staat, allerdings schiitischer Prägung.

Aber auch dieses gute Verhältnis hat jetzt gelitten, nachdem die Hamas versucht, auch zum Königshaus von Saudi Arabien, dem internationalen Förderer des sunnitischen Islamismus, wieder gute Beziehungen aufzubauen. Zu Ägypten, dem einstigen Mutterland, hatte die Hamas nur in dem knappen Jahr, als der Muslimbruder Mohammed Mursi an der Macht war, gute Beziehungen. Unter Präsident Abd al-Fattah as-Sisi sind die Beziehungen auf einem Tiefpunkt, weil Ägypten die Hamas verdächtigt, die salafistischen Terroristen im Sinai, die sich „Ansar Beit al Maqdis“ (Freunde Jerusalems) nennen, zu unterstützen. Den stärksten Rückhalt findet die Hamas neuerdings in Katar, wohin sich auch das Oberhaupt der Muslimbruderschaft und der Hamas-Chef geflüchtet haben. Das Emirat befindet sich mit Saudi-Arabien in einem Wettstreit um die Gunst der Palästinenser.

Für den Moment stellen die IS-nahen Salafisten noch keine ernst­hafte militärische Herausforderung für die durch drei Kriege mit Israel gestählte Hamas dar. Schon der letzte Gaza-Krieg im vergangenen Sommer war jedoch von Kräften mit ausgelöst worden, die die Hamas nicht mehr unter ihrer Kontrolle hatten. Das könnten die Salafisten gewesen sein. Der IS hat überall dort Erfolg gehabt, wo arabische Staatlichkeit versagte. Deshalb passt es durchaus in die Logik des IS, auch im Gazastreifen etwas nachzuhelfen, damit dort diese staatlichen Strukturen immer mehr abnehmen, zumal wenn man die Schuld auf Israel lenken kann. Wenn Gaza dem Irak, Syrien und Libyen ins islamistische Terrorchaos folgten, wäre das jedoch auch das Todesurteil für den noch gar nicht geborenen Palästinen-serstaat, für den sich gerade jetzt weltweit immer mehr Staaten einsetzen. Bodo Bost


Teurer Umzug nach Berlin
Baukosten für BND-Zentrale auf über eine Milliarde Euro gestiegen

Die Gesamtbaukosten für die künftige Zentrale des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Berlin werden aktuell mit gut einer Milliarde Euro angegeben. Bei Baubeginn 2006 waren die Kosten mit rund 720 Millionen Euro kalkuliert worden. Wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der Linkspartei weiter hervorgeht, werden sich die Gesamtkosten für den Umzug des BND vom bayerischen Pullach nach Berlin auf voraussichtlich knapp 1,6 Milliarden Euro belaufen.

Gründe für die erheblichen Mehrkosten waren laut Bundesregierung eine Bauzeitverlängerung und ein gestörter Bauablauf. Das fertige Gebäude soll 2016 übergeben werden und der Umzug bis 2022 abgeschlossen sein. Dann sollen rund 4000 Mitarbeiter in der neuen BND-Zentrale arbeiten. Am bisherigen Standort Pullach sollen rund 1000 Arbeitsplätze mit Schwerpunkt bei der Abteilung Technische Aufklärung verbleiben.

Nur schwer nachvollziehbar ist die Feststellung der Bundesregierung, dass sich das „umfassende Konzept“ zur Sicherung der Baustelle „bislang bewährt“ habe. Am 3. März war es bis heute unbekannten Tätern gelungen, in dem angeblich „seit jeher scharf bewachten“ Bau ungehindert Wasserhähne abzubauen und so rund 2000 Quadratmeter Gebäudefläche unter Wasser zu setzen. Nach Angaben der Bundesregierung hatten am Tattag 573 Personen Zugang zu der Baustelle. Außerdem seien 118 Schlüsselkarten, mit denen die verschlossenen Räume mit den Wasserhähnen betreten werden konnten, im Besitz „verschiedener Funktionsträger“ gewesen. Auf dem Baufeld seien bis zu 86 Sicherheitskräfte eingesetzt, darunter die meisten von privaten Sicherheitsfirmen.

In der Öffentlichkeit und den Medien sorgte der bedenkliche Sabotageakt für Hohn und Spott. So war von „Watergate in Berlin“ die Rede und davon, dass den Geheimdienstlern nun endgültig „das Wasser bis zum Hals“ stehe. Auch machte folgender Witz die Runde: „Woher kommt denn das ganze Wasser?“ – „Aus geheimer Quelle, Chef.“ – „Ausgezeichnet, weitermachen!“ Nicht unberechtigt war auch die süffisante Frage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Konstantin von Notz, was wohl so alles unbemerkt in die BND-Zentrale eingebaut werden könne, wenn es möglich sei, dort Wasserhähne ganz unbemerkt abzubauen.

Die durch den „womöglich absichtlich verursachten“ Wasserschaden entstandenen Kosten können nach Angaben der Bundesregierung noch nicht beziffert werden. Derzeit werde ein Sanierungskonzept erstellt, das möglicherweise weitere Verzögerungen im Bauablauf zur Folge haben könne. Laut Medienberichten liegt der Schaden in Millionenhöhe. J.H.


Schmutzige Pläne
Ukraine will strahlende Bombe bauen

In kaum einer anderen Hinsicht klaffen in Kiew Propaganda und Wirklichkeit so weit auseinander wie in den militärischen Belangen. Die Armee ist dem Zerfall nahe, hauptsächlich, was die Moral der Soldaten betrifft. So sollen über eine Million Deserteure nach Russland geflohen sein. Dennoch reden Kiewer Politiker von der „stärksten Armee Europas“, die man habe oder doch bald bekommen werde.

Vor einem knappen halben Jahr erklärte Präsident Petro Poroschenko im Parlament: „Der blockfreie Status, der 2010 verkündet worden ist, hat die Sicherheit und territoriale Integrität der Ukraine nicht garantieren können und muss aufgegeben werden. In den nächsten Jahren muss sich die Ukraine auf kampffähige Streitkräfte verlassen können. Dafür müssen wir vor allem in Nach- und Umrüstung investieren. Eine Militarisierung der Gesellschaft ist unvermeidlich, jedoch in vernünftigen Grenzen.“

Die Waffenlieferungen aus dem Westen sind mittlerweile angelaufen, aber auch das Land selbst müht sich redlich. Alexander Turtschinow, in der Zeit des Umsturzes im Jahre 2011 Parlamentspräsident und heute Chef des Sicherheitsrates, hat Poroschenkos Ball gerne aufgenommen. Er befürwortet sogar den Bau einer sogenannten schmutzigen Bombe. Dabei handelt es sich um eine Bombe mit herkömmlichem Sprengstoff, dem radioaktives Material zugefügt wird, das bei der Explosion tödliche Strahlung freisetzt.

„Hauptsache, die Waffe ist wirksam“, antwortete Turtschinow auf die Frage eines Journalisten, ob die Ukraine in Erwägung zieht, auch solche Bomben herzustellen und einzusetzen. „Wir werden alle verfügbaren Ressourcen nutzen, um wirksame Waffen zu bauen“, so Turtschinow weiter. Es handele sich um „geheime Militärprogramme, die wir umsetzen. Ob schmutzig oder sauber, das ist eine Frage der Technologie“. Die ukrainische Rüstungsindustrie arbeite an „starken Technologien“ für moderne Waffen. F.S.


MELDUNGEN

Wien bekommt »Homo-Ampeln«

Wien – An 49 Standorten weisen künftig statt der üblichen Strichmännchen männliche und weibliche Paare an den Ampeln den Fußgängern den Weg. Ein Herzchen zwischen den händchenhaltenden Piktogramm-Figuren soll deutlich machen, dass es sich um gleichgeschlechtliche Paare handelt. Mit den ungewöhnlichen Ampelfiguren will die Stadtverwaltung für mehr Toleranz werben. Die Umrüstung der Ampelanlagen kostet über 60000 Euro. Sie soll bis zum 20. Juni abgeschlossen sein, wenn die „Regenbogenparade“, die wichtigste Veranstaltung der Lesben-, Schwulen- und Transgender-Bewegung in Österreich, durch Wien zieht. J.H.

 

»Schwule« U-Boot-Abwehr

Stockholm – Die „Svenskafreds“, nach eigenen Angaben die älteste Friedensorganisation der Welt, hat vor der Küste östlich der schwedischen Hauptstadt ein „Unterwasserverteidigungssystem“ installiert. Doch statt mit Torpedos begrüßt die „The Singing Sailor“ („Der singende Matrose“) genannte Sonarapparatur einen Eindringling in die schwedischen Hoheitsgewässer im Morsecode mit den Worten „Willkommen in Schweden. Schwul seit 1944“. Letzteres ist eine Anspielung auf die in dem Jahr erfolgte Legalisierung der Homosexualität in Schweden. Danach folgt die Botschaft: „Hier entlang, wenn Du schwul bist.“ Mit der Aktion wollen die Friedensaktivisten und Künstler auf die ihrer Meinung nach schwulenfeindliche Gesetzeslage in Russland aufmerksam machen. Außerdem wollen sie so gegen die Pläne zur maritimen Aufrüstung der schwedischen Regierung protestieren, die wegen des ungehinderten Eindringens russischer U-Boote in die schwedischen Hoheitsgewässer immer wieder in Erklärungsnot gerät. M.H.

 

Salafist darf entlassen werden

Münster – Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat ein Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen bestätigt, wonach die Entlassung eines Zeitsoldaten aus der Bundeswehr rechtmäßig ist, weil er der salafistischen Szene zuzurechnen sei. Damit folgte es der Ansicht der Vorinstanz, die Bundeswehr habe die Entlassung vertretbar darauf gestützt, es bestünden Zweifel daran, dass er als Soldat jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten würde, weil er sich dem Salafismus zugewandt habe und für ihn religiöse Gebote über der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stünden. Der ehemalige Soldat habe nicht aufgezeigt, dass sich die Entlassung nicht im Rahmen des dem Dienstherrn eröffneten Beurteilungsspielraums halte. Dem Argument des Klägers, die generelle Annahme, ein Salafist könne grundsätzlich nicht auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen, sei unsubstantiiert, folgte das Gericht nicht. Er habe insbesondere die Fakten, welche die Annahme des Verwaltungsgerichts rechtfertigten, er habe sich zunehmend radikalisiert und müsse mittlerweile als gefestigter Salafist eingeordnet werden, „nicht durchgreifend in Frage gestellt“. J.H.


S. 3 Deutschland

Verschlossene Türen
Asylbewerber? Nicht bei uns, heißt es in vielen der 28 EU-Länder. Hilft eine Quote weiter?

Eine verpflichtende Quote soll alle Länder der EU zwingen, Asylbewerber in angemessener Zahl aufzunehmen. Als Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker den Plan jüngst vorstellte, schlug ihm allerdings massiver Widerstand entgegen. Wie dramatisch die Lage unterdessen in Deutschland ist, zeigen die neuesten Zahlen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge.

Portugal! Land der Mandelblüte und der goldenen Küsten. Ein Juwel auf der iberischen Halbinsel. Wer mag so ein Kleinod schon gerne mit mittellosen Fremden teilen. Die Portugiesen jedenfalls nicht. Gerade mal 500 Asylbewerber nahm das Land im vergangenen Jahr auf. In Deutschland waren es im gleichen Zeitraum 200000. Die Türen fest verschlossen halten auch viele andere EU-Länder. Nur wenige tausend Asylbewerber gelangten 2014 nach Polen, Spanien oder Finnland. Auch Tschechien registrierte nicht einmal tausend.

„Dass zehn Länder in der EU fast überhaupt keine Asylbewerber aufnehmen, während andere überfordert sind, ist vollkommen unakzeptabel“, schimpft daher auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Derzeit würden 75 Prozent der Asylanten in Deutschland und in nur vier weiteren Ländern unterkommen. Welche Folgen das hat, rechnete Anfang Mai das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vor. In einem alarmierenden Tonfall hieß es, dass man alle Prognosen nach oben korrigieren müsse. Voraussichtlich würden 450000 Asylanträge in diesem Jahr gestellt werden. Der Zuzug aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina sei zwar zurückgegangen, gleichzeitig habe aber die Zahl der Asylsuchenden aus Albanien zugenommen. Auch der Zuzug über Nordafrika werde anhalten. Bis einschließlich 20. April kamen nahezu 23000 Migranten in Booten aus Libyen nach Italien. Elf Prozent mehr als im Vergleichs-zeitraum 2014. Zudem werde die Route von der Türkei und Griechenland aus nach Italien immer stärker genutzt. Hier gab es im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eine Verdreifachung der Seeanlandungen.

Warum die Neuzugänge sich dann von Italien aus meist unverzüglich gen Norden wenden, wusste das BAMF auch zu berichten: „Mit seiner Wirtschaftsstärke und den vergleichsweise hohen Sozialleistungen wird Deutschland ein wichtiges Zielland für Flüchtlinge bleiben.“

Noch ein weiterer Grund macht Deutschland beliebt. Da es bereits so viele Zuwanderer aufgenommen hat, bietet es die besten Anknüpfungspunkte für Netzwerke. Wer sich überlegt, in ein fremdes Land auszuwandern, wählt in der Regel eines, in dem bereits viele Landsleute beziehungsweise Angehörige der eigenen Ethnie leben. „Sie bieten praktische Hilfe, Verständnis für die eigene Situation und emotionale Nähe“, heißt es in der Studie „Warum Deutschland?“ des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Die verständliche Reaktion hat zur Folge, das sich dort, wo bereits viele Zuwanderer untergekommen sind, immer mehr hinwenden.

Eine Quotenregelung innerhalb der EU soll nun für mehr Gerechtigkeit sorgen. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker stellte sie Mitte des Monats unter großem Medienrummel vor. Nach einem festen Verteilungsschlüssel sollen die Länder verpflichtet werden, Zuwanderer aufzunehmen. Deren Zahl richtet sich unter anderem nach der Wirtschaftskraft und der Arbeitslosenquote. Auch die Menge der Asylbewerber, die bereits im Land leben, spielt eine Rolle. Für Deutschland würde dies bedeuten, dass statt 30 Prozent nur noch 18 Prozent ins Land gelassen würden.

Ob Junckers Plan tatsächlich umgesetzt wird, ist allerdings höchst fraglich. Er stößt vielerorts auf heftige Ablehnung. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban erklärte klipp und klar, dass sein Land keine multikulturelle Gesellschaft sei. Er lehne Aufnahmequoten ab. Die „Süddeutsche Zeitung“ zitierte zudem einen polnischen EU-Diplomaten mit den Worten: „Dieser Vorschlag gefällt uns definitiv nicht.“

Besondere Sprengkraft entwickelt das Vorhaben in England: In einem Leitartikel der Times hieß es, dass Junckers Vorhaben eine „direkte Bedrohung für die britische Mitgliedschaft in der Europäischen Union“ sei. Unter Druck der anti-europäischen Strömung im Land hat Premierminister David Cameron versprochen, die Einwanderung in Großbritannien stärker zu beschränken. Außerdem soll es bis Ende 2017 ein Referendum geben, in dem das Inselvolk über den Verbleib in der EU entscheidet. Eine Regelung zur Zwangsaufnahme von Flüchtlingen dürfte ein entscheidendes Argument sein, sich dagegen zu entscheiden.

Bei vielen wird diese Reaktion sicherlich auch hierzulande auf Verständnis stoßen: Sollte nicht jede Nation selbst bestimmen können, welche und wieviele Fremde sie zu zehntausenden ins Land lässt? Zum Beispiel Albaner. 25000 kamen im Zeitraum zwischen 1. Januar und 30. April nach Deutschland. Damit stellen sie noch vor den Syrern (19412) die größte Gruppe der Asylbewerber. Als Grund für ihr Kommen nennen sie, laut BAMF, besonders häufig lokale Konflikte und Blutrachefehden. Es wäre blauäugig anzunehmen, dass die Auseinandersetzungen innerhalb der deutschen Grenzen plötzlich friedlich beigelegt werden. Wer diese Menschen aufnimmt, muss damit rechnen, auch im eigenen Land verstärkt mit dem blutig-archaischen Auge-Um-Auge-Prinzip konfrontiert zu werden. Er hat sich ein weiteres Kriminalitätsproblem ins Land geholt. Frank Horns


Wachsende Abhängigkeit
Ersatz für deutsches und niederländisches Erdgas gesucht

Es gleicht einem Spiel mit dem Feuer. Die Bundesrepublik belegt Russland wegen des Ukraine-Konflikts mit Strafmaßnahmen in einer Zeit, in der ihre Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen eher noch zunimmt. Es zeichnet sich nämlich ab, dass die deutschen Gasvorkommen zur Neige gehen und der niederländische Nachbar nicht einspringt, ganz im Gegenteil.

Bereits seit Jahrzehnten ist der Erdgasbedarf in Deutschland zu groß, als dass er von der eigenen Produktion gedeckt werden könnte. Man ist daher auf Importe aus anderen Ländern angewiesen. Nur etwa ein Viertel des eigenen Gasbedarfs kann Deutschland aus eigenen Quellen, die sich überwiegend vor der deutschen Nordseeküste befinden, decken. Rund ein Drittel des Gases für Deutschland kommt aus Russland, etwa ein Viertel aus Norwegen und knapp ein Fünftel aus den Niederlanden.

Wie die Deutsche Presseagentur berichtet, hat sich in den beiden wichtigsten deutschen Förderregionen Elbe-Weser und Weser-Ems die Förderung von 2006 bis 2013 fast halbiert und nach den Prognosen des Öl- und Gasproduzentenverbandes WEG wird sie weiter massiv fallen.

Und mit den Lieferungen des niederländischen Nachbarn wird es nun ebenfalls eng. Die Regierung in Den Haag schockierte in der vergangenen Woche mit der Meldung, das Erdgasangebot unter anderem wegen der Erdbebenprobleme rund um das Erdgasfeld Groningen von 2020 an massiv zurückzufahren. Bereits seit Monaten gehen in den Niederländen die Emotionen hoch wegen der großen Erdgasvorkommen, die im Groninger Boden nahe der deutschen Grenze liegen. „Dreht das Gas zu,“ forderten aufgebrachte Bürger im Februar vor dem Parlamentsgebäude in Den Haag. Hintergrund der Forderung ist, dass es seit Beginn der Erdölförderung im Jahr 1959 mehr als 1000, wenn auch zumeist kleinere Beben gegeben hat.

Auch im nördlichen Niedersachsen wurde ein Anstieg der Erdaktivitäten festgestellt. Wie die WEG mitteilt, sei die Situation dort allerdings weniger prekär als in den Niederladen. Erdgas sei aber grundsätzlich schwierig zu gewinnen, man müsse oft „ins Blaue“ bohren. Die deutsche Gaswirtschaft ist daher künftig auf andere, fernere Quellen angewiesen.

Da ist zum einen das Problem des Transports. Erdgas wird überwiegend über Pipelines befördert. Diese Leitungen werden entweder mehrere tausend Kilometer über Land geführt oder als Unterwasser-Pipelines gebaut. Auch der Transport mit Schiffen ist möglich. Dafür wird das Gas verflüssigt und in speziellen Tanks transportiert. Das gilt aber als risikoreicher und teurer. Nun müssen die Netze umgebaut werden, um zusätzliche Lieferströme aus Russland, Norwegen oder Großbritannien generieren zu können. Experten gehen von Investitionen im Milliardenbereich aus. Ein weiteres Problem ist, dass sich deutsches und niederländisches Gas nicht so ohne Weiteres durch Gas aus Russland, Norwegen und Großbritannien ersetzen lässt, da letzteres einen höheren Brennwert hat. Bei einem Wechsel der Quelle müssen deshalb die Endgeräte umgestellt werden. Die Verbraucher sollen dies über eine Umlage finanzieren. P.E.


FDP mit »deutschem Mut«
Lindner verordnet auf Parteitag Kurswechsel in Sachen Euro-Politik

Nach den beiden Wahlerfolgen von Hamburg und Bremen befindet sich die totgesagte FDP im Aufwind. Auf ihrem Bundesparteitag am vergangenen Wochenende wurde die Führungsspitze um Parteichef Christian Lindner weitestgehend im Amt bestätigt. Lindner erhielt rund 92 Prozent der Delegiertenstimmen und damit mehr als vor seiner ersten Wahl vor zwei Jahren.

Lindner richtete in einer seiner Rede das Hauptaugenmerk auf die anstehenden Landtagswahlen. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gebe es eine Machtoption. „Wer Grün-Rot und Rot-Grün loswerden will, kann das nur, indem die FDP gestärkt wird“, erklärte Lindner, der seiner Partei in Sachen Euro-Politik einen Kurswechsel verordnete. „Die Lirafizierung des Euro muss gestoppt werden, damit die Reformpolitik fortgesetzt werden kann“, sagte Lindner mit Blick auf die schwache Ex-Währung des Eurolands Italien. „Die EZB muss Regierungen und Märkte darauf vorbereiten, dass dieses Zinsniveau nicht auf Dauer zu halten ist.“ Scharfe Angriffe richtete Lindner gegen die neue griechische Linksregierung. Diese habe die ersten Erfolge der Reformpolitik „leichtfertig verspielt. Gefährlicher als das Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro ist jetzt das Verbleiben Griechenlands im Euro unter falschen Bedingungen.“

Der FDP-Vorsitzende warnte vor „einem Konjunkturprogramm für Linkspopulisten, die auf Verstaatlichung, Umverteilung, Abschottung von Märkten und Globalisierungskritik setzen. Man muss die Menschen vor ihren falschen Wohltätern beschützen.“ Beobachter führen diesen Richtungswechsel auch auf die Querelen bei der eurokritischen AfD zurück, deren bürgerliche Wähler die FDP gerne zugewinnen würde. Dafür müsse die Partei wieder zum „Sprachrohr der Tüchtigen“ werden, forderte Lindner, der den Parteitag unter das Motto „GermanMut“ stellte. Die AfD nannte der Parteichef „eine temporäre Erscheinung“, die sich am Führerprinzip orientiere und für die Menschen alles sei, nur keine Alternative. „Deutschland braucht eine Partei, die alle Tassen im Schrank hat und das kann nur die FDP sein“, sagte Lindner, der sich zuversichtlich zeigte, „dass die Menschen wieder bereit sind, uns eine neue Chance zu geben.“

Bei den Wahlen zu den Stellvertretern setzten sich Lindners Wunschkandidaten Wolfgang Kubicki, Katja Suding und Marie-Agnes Strack-Zimmermann durch, Auffallend war allerdings auch, dass der rechte Parteiflügel um den euroskeptischen „Liberalen Aufbruch“ des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler etwas mehr an Einfluss gewonnen hat. So unterlag der bayerische Landesvorsitzende Albert Duin bei seiner Kandidatur um den stellvertretenden Vorsitz nur knapp, der sächsische Landesvorsitzende Holger Zastrow setzte sich bei den Wahlen für das erweiterte Präsidium schließlich durch.

Sorgen bereitete den Delegierten aber die finanzielle Situation der Partei: „Wir wollen einen Investitionsfonds bilden, mit dem wir in die politische Arbeit in Landesverbänden, die sich Wahlen stellen müssen, investieren.“ Die Kreisverbände sollen pro Mitglied von 2015 bis 2017 insgesamt 75 Euro an die Bundes-Partei überweisen. So sollen vier Millionen Euro für einen „Solidarfonds“ zusammenkommen, aus dem Kampagnen für die Landtagswahlen sowie die personelle Aufstockung der Parteizentrale bezahlt werden sollen. P. Entinger


MELDUNGEN

AfD-Entscheid gestoppt

Berlin – Das Bundesschiedsgericht der AfD hat den „Richtungs-Mitgliederentscheid“, der eigentlich noch bis zum 7. Juni laufen sollte, mit sofortiger Wirkung beendet. Bereits eingegangene Stimmzettel müssen umgehend vernichtet werden. Damit gab das Parteigericht einem Antrag des Vorstandes des Landesverbandes Niedersachsen der AfD statt. Dieser hatte seinen Antrag damit begründet, die Befristungsregelung entspreche nicht den rechtlichen Mindestvorgaben. Zudem widerspreche es demokratischen Grundsätzen, „über mehrere unterschiedliche Thesen in ein und demselben Mitgliederentscheid mit ‘ja’ oder ‘nein’ abstimmen zu lassen“. Der Mitgliederentscheid verstoße gegen die AfD-Bundessatzung und das Parteiengesetz. J.H.

 

Mietpreisbremse in Gefahr

Hamburg – Der Senat hat die Einführung der Mietpreisbremse auf unbestimmte Zeit verschoben. Mit diesem wohnungspolitischen Regulierungsinstrument soll sichergestellt werden, dass in „angespannten Wohnungsmärkten“ die Miete nach einem Mieterwechsel um nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichs-miete liegt. Grund für die Verschiebung ist der Widerstand des Grundeigentümerverbandes gegen die Absicht des Senats, die Mietpreisbremse nicht nur in bestimmten Gebieten, sondern flächendeckend einzuführen. Für diesen Fall hat der Grundeigentümerverband seinen Austritt aus dem „Bündnis für Wohnen“ angekündigt, in dem sich Politik, Eigentümer, Mietervereine und die Immobilenwirtschaft gemeinsam für den Wohnungsbau einsetzen. In Berlin hat das Amtsgericht Charlottenburg den Mietenspiegel, die wichtigste Bezugsgröße für die Mietpreisbremse, gekippt (siehe Seite 5). J.H.


S. 4 Fairer Handel

Wachsender Nischenmarkt
Schlechtes Gewissen der Konsumenten fördert den Verkauf fair gehandelter Waren

In Deutschland und anderen Ländern der westlichen Welt sind fair gehandelte Waren mit dem Gütesiegel „Fairtrade“ zwar populär, doch der Absatz ist noch relativ schwach.

Obenan auf der Liste steht nach wie vor fair gehandelter Kaffee. Hinter der Bezeichnung „fairer Handel“ steht das Konzept, dass Bauern in den Drittweltländern dank verlässlicher Erlöse und transparenter Absatzwege kostendeckend wirtschaften, ihre Familien ernähren und die Kinder zur Schule schicken können. Ebenso erhalten die Arbeiter auf den Kaffee- und Bananenplantagen, die mit Fairtrade-Projekten in Verbindung stehen, auskömmliche Mindestlöhne. Zusätzlich werden den Erzeugern Prämien gezahlt, um soziale Projekte vor Ort und ökologischen Anbau zu ermöglichen.

Nach wie vor profitiert weltweit aber nur ein kleiner Prozentsatz von Bauern, die in Kooperativen zusammengeschlossen sind, vom kontrollierten Handel nach den international gültigen Fairtrade-Standards. Generell werden die Bauern in den Entwicklungsländern durch die gängigen Handelspraktiken benachteiligt. Die Lebensmittelfirmen erhandeln die Rohstoffe so billig wie möglich, um hohe Gewinne zu erzielen und die instabilen Weltmarktpreise abzufedern. Oft werden damit nicht einmal die Kosten der Erzeuger gedeckt.

In den wohlhabenden Ländern sind die Verbraucher angesichts der teilweise extrem niedrigen Preise für Lebensmittel aus Afrika, Asien, Ozeanien und Lateinamerika nachdenklich geworden. Von einer gerechten Entlohnung der Plantagenarbeiter und Bauern ist kaum auszugehen. Obwohl die Konsumenten hierzulande durchaus erbaut von niedrigen Ladenpreisen sind, greifen viele daher gleichwohl des Öfteren zu den etwas kostspieligeren Produkten mit dem Gütesiegel „Fair-trade“ oder vergleichbaren Gütesiegeln – einerseits wegen der guten Tat, andererseits weil diese Produkte als qualitativ hochwertig gelten. Aus der großen Zahl der Gütesiegel für in- und ausländische Produkte ragt das blau-grüne Fairtrade-Siegel auf schwarzem Grund hinsichtlich der Bekanntheit heraus. Es ist kein Öko- oder Bio-Siegel, wenngleich ein Großteil der Fairtrade-Produkte Bioqualität hat. 80 Prozent der Verbraucher kennen es, 92 Prozent davon vertrauen ihm.

Produkte mit dem Fairtrade-Logo finden sich mittlerweile praktisch in jedem Supermarkt und Discounter. Neben den klassischen Kolonialwaren Kaffee, Kakao und Bananen umfasst die Produktpalette an Lebensmitteln mit dem Gütesiegel Fairtrade auch weiteres Obst und Fruchtsäfte sowie Reis, Sojabohnen, Zucker, Gemüse, Tee, Honig, Wein, Gewürze, Nüsse und Öle. Blumen sind seit jeher ein wichtiger Absatzzweig. Für die großen Lebensmittelketten ist der Handel mit Fairtrade-Waren zwar ein Nischengeschäft, aber ein prestigeträchtiges. Gemessen am Umfang des globalen Lebensmittelhandels ist der Anteil des fairen Handels immer noch fast bedeutungslos. Viel mehr noch betrifft das Warengruppen wie Sportbälle, Textilien, Lederwaren, Schmuck und Keramik, die in den letzten Jahren in die Fair­trade-Prüfgarantie aufgenommen wurden. 2013 stieg der Umsatz mit fair gehandelten Waren in Deutschland auf 650 Millionen Euro, also gerade einmal acht Euro pro Kopf.

Wenn auch die Kunden über den Hintergrund des Fairtrade-Siegels im Allgemeinen kaum etwas wissen, so vertrauen sie doch gern darauf, dass mit ihrem Kauf irgendwo im globalen Süden den Bauern ein wenig geholfen wird. Anders als die Kennzeichnung „Bio“ ist der Begriff „fairer Handel“ allerdings rechtlich nicht geschützt. Dagmar Jestrzemski


Die Armut geht zurück
Die Bauern profitieren – Transparenz des Fairen Handels leidet

Schon seit Jahrzehnten unterhalten Dritte-Welt-Initiativen und Importeure verlässliche Partnerschaften mit Produzenten in den benachteiligten Regionen der Welt und fördern vor Ort soziale Projekte. Das größte und älteste deutsche Unternehmen ist die von kirchlichen Organisationen getragene „GEPA (Gesellschaft zur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt) – The Fair Trade Company“ mit Sitz in Wuppertal. Doch erst das herstellerunabhängige Fairtrade-Siegel machte den fairen Handel weithin bekannt und schleuste ihn in die Konsumenten-Hochburgen.

Brachten Einzelhandelsketten wie Rewe und Metro Fairtrade-zertifizierten Kaffee bereits Mitte der 1990er Jahre auf den Markt, so wurden seit Gründung der Organisation Fairtrade International (FLO) im Jahr 1997 zunehmend konventionelle Unternehmen der Lebensmittelbranche in die Zertifizierung mit einbezogen. Heute gibt es praktisch keine Lebensmittel-Handelskette ohne Fair-trade-Produkte im Angebot. Mit den Umsatzsteigerungen kam der weltweite Aufschwung der Marke Fairtrade, doch die FLO muss sich seither auch mit harschen Vorwürfen auseinandersetzen. Bei einem Vertriebssystem, das auf einem weltweiten Netz von Erzeugern, Verarbeitungsbetrieben, Händlern und Importeuren beruht, sei eine faire und transparente Lieferkette vom Erzeuger bis zum Konsumenten nicht mehr hundertprozentig zu gewährleisten, behaupten die Kritiker.

In seiner 2013 auf Arte ausgestrahlten TV-Dokumentation prangerte der Filmemacher Donatien Lemaître die Arbeitsbedingungen auf Plantagen in Kenia und der Dominikanischen Republik an, die mit Akteuren des fairen Handels in Verbindung stehen. Vor allem mangelnde Kontrolle sei das Problem. Daraufhin hagelte es Kritik von vielen Seiten. Dieter Overath von TransFair Deutschland verteidigt den Pragmatismus seiner Organisation mit dem nachvollziehbaren Argument, das Fairtrade-Siegel bedeute für zahllose Kleinbauern die einzige Chance, Zugang zum Weltmarkt zu bekommen. In einem Land wie Deutschland, in dem mehr als 90 Prozent der Haushalte bei Discountern einkaufen, könne man ohne die Billigläden nichts werden. Auch der Bremer Professor für Volkswirtschaft Hans-Heinrich Bass befürwortet das Fairtrade-System: „Kleinbauern kämpfen in der Regel mit drei Problemen: Sie haben keinen geregelten Zugang zum Exportmarkt, leiden unter stark schwankenden Weltmarktpreisen, können die Produktionskosten nicht decken. Da kann Fair-trade eine Lösungsmöglichkeit bieten. Er kann zur Lösung vieler Probleme durch sein Beispiel beitragen und auf ungerechte Welthandelsstrukturen durch politisches Engagement hinweisen.“

Fairtrade Deutschland hat zusammen mit Fairtrade Schweiz eine Studie in Auftrag gegeben, deren Ergebnis bewiesen hat: Die Bauern profitieren vom fairen Handel. Die Armut geht zurück.

D.J.


Im Zweiten Weltkrieg ging es los

Pioniere der Idee des Fairen Handels in Europa sind die 1942 gegründete englische Entwicklungshilfeorganisation Oxfam und die Ende der 50er Jahre gegründete niederländische Stiftung S.O.S., heute „S.O.S. The Fairtrade Original“. Nach diesem Handlungsmodell entstanden in Belgien, Deutschland, Österreich und der Schweiz Fairhandels-Organisationen. 1969 wurde in den Niederlanden der erste Weltladen für Kunsthandwerk aus Südamerika sowie Kaffee und Kakao aus kleinbäuerlicher Produktion in Drittweltländern eröffnet. 1975 erfolgte die Gründung der deutschen Hilfsorganisation GEPA als „wirtschaftlicher Arm“ der Bewegung von A3WH e.V. (Arbeitsgemeinschaft der Dritte-Welt-Läden).

1992 kam es zur Gründung des gemeinnützigen Vereins TransFair – Verein zur Förderung des Fairen Handels mit der „Dritten Welt“ e. V. mit Sitz in Köln-Sülz als deutsche Entwick-lungshilfeorganisation. 1996 stellte der Verein sein Transfair-Siegel auf vereinheitlichte Standards und das neue Fairtrade-Logo um. International ist TransFair seit 1997 mit heute 21 weiteren nationalen Siegelorganisationen und drei Produzentennetzwerken in der Dachorganisation „Fairtrade Labelling Organizations International (FLO)“ zusammengeschlossen. Der Verein wird von rund 40 Mitglieds-organisationen aus den Bereichen Entwicklungshilfe, Kirchen und Verbraucherschutz getragen sowie von der Bundesregierung, der Europäischen Union und engagierten Einzelpersonen unterstützt.

Im Jahr 2009 erhielt TransFair beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis den Einzelpreis in der Kategorie „Deutschlands nachhaltigste Dienstleistung“. D.J.


Zeitzeugen

Dieter Overath – Seit über 23 Jahren ist der 1954 geborene Deutsche Geschäftsführer des Vereins TransFair Deutschland e.V. in Köln-Sülz. Er war der erste fest angestellte Mitarbeiter der AG Kleinbauernkaffee, wie der Verein bei seiner Gründung im Jahr 1992 hieß. Overath arbeitete intensiv an der Internationalisierung der Bewegung des Fairen Handels. Nach wie vor ist er eine der wichtigsten Persönlichkeiten dieser Bewegung. An der Gründung der internationalen Dachorganisation Fairtrade Labelling Organizations International (FLO) war Overath maßgeblich beteiligt, damals noch als Vorstandsmitglied von TransFair International. 2002 präsentierte Fairtrade International das internationale Fairtrade-Siegel (Fairtrade Certification Mark) als Sozialsiegel.

Eduard Douwes Dekker – Der Niederländer ist der Verfasser des bis heute in seiner Heimat sehr populären autobiografischen Romans „Max Havelaar“. Nach der Haupt- und Titelfigur dieses 1860 erschienenen Werkes wurde 1988 die erste niederländische Fairtrade-Organisation und heutige Siegelinitiative benannt. 1992 wurde in der Schweiz von verschiedenen Hilfswerken die Max-Havelaar-Stiftung mit Sitz in Basel gegründet. Die Stiftung zeichnet mit ihrem Gütesiegel Produkte aus, die nach den durch die FLO festgelegten Standards produziert und gehandelt werden.

Colin Firth – Als prominenter Aktivist für die Rechte von bedrohten indigenen Völkern unterstützt der 1960 im englischen Grayshott, Hampshire, geborene britische Hollywood-Filmschauspieler seit mehr als zehn Jahren die internationale Hilfsorganisation Oxfam. Firth wurde 2011 für seine Hauptrolle in der Filmbiografie „The King’s Speech“ mit dem Oscar ausgezeichnet. Gegründet 1942 in Großbritannien, widmet sich Oxfam seit Ende der 50er Jahre der Armutsbekämpfung in ehemaligen Kolonien und anderen armen Ländern. Zu dem seit 1995 international aufgestellten unabhängigen Oxfam-Verbund gehören nationale Hilfs- und Entwicklungsorganisationen, die sich als Teil einer globalen Bewegung für eine gerechtere Welt verstehen, unter anderem Oxfam Deutschland mit Sitz in Berlin. Firth ist ein wichtiger Förderer der Oxfam-Kampagne „Make Trade Fair“.


S. 5 Preussen/Berlin

Chaos mit Hintergedanken
Lange Schlangen in Berlins Bürgerämtern: Soll so die Einwohnerzahl geschönt werden?

Die Bürgerämter der Hauptstadt sind völlig überlastet und unterbesetzt. Trotzdem produzieren sie noch unnötig Bürokratie – mit Absicht?

Ist ein Gang zum Bürgeramt vielerorts eine Angelegenheit von wenigen Minuten, so verlangt in Berlin ein Passantrag oder die Änderung einer Meldeadresse viel Geduld. Die Bürgerämter der Hauptstadt sind wegen Personalmangels derart überlastet, dass dies immer öfter drastische Folgen hat: So sprechen Medienberichte von Warteschlangen mit bis zu 200 Personen oder Bürgern, die mitunter acht Wochen auf einen Termin beim Bürgeramt warten müssen.

Da prinzipiell alle Bürgerämter für alle Berliner offenstehen, gibt es nun sogar Streit zwischen den Bezirken. „Neukölln und Charlottenburg-Wilmersdorf schicken aus den Schlangen vor ihren Bürgerämtern inzwischen verabredungswidrig Wartende in ihre Heimatbezirke zurück“, so Stadtrat Stephan von Dassel (Grüne) aus Mitte im Berliner „Tagesspiegel“.

Eine interessante Gegenrechnung kann allerdings auch im Neuköllner Rathaus aufgemacht werden: Einige Berliner Bezirke hätten die Engpässe mit verursacht, indem sie sich bei dem, vom Senat geforderten Personalabbau, auf die Bürgerämter konzentriert haben. Dies sei einfach gewesen, weil man die Kunden zu Nachbarn wie Neukölln abschieben konnte, so der Neuköllner Stadtrat Thomas Blesing (SPD).

Kurzfristig ist mit einer Besserung der Zustände kaum zu rechnen. Zwar hat bereits im Dezember der Senat Zusatzkräfte bewilligt, allerdings ist mit ihrem Einsatz nicht vor dem Spätsommer zu rechnen. Vor dem Hintergrund solcher Zustände wirkt es einigermaßen befremdlich, wenn obendrein Berichte auftauchen, wonach Bürger Fehlinformationen erhalten, die den Arbeitsaufwand noch unnötig vergrößern: „Es beginnt damit, dass mir in Berlin vom Bürgeramt eingeredet wurde, ich müsse mich beim Wegzug ,abmelden‘, so ein Betroffener.“

Von Berlin nach Bayern umgezogen, folgte dann die Überraschung. „Man betrachtete die ,Abmeldung‘ aus der Bundeshauptstadt mit größtem Interesse. Ich erfuhr dann, so was habe man Jahre nicht mehr gesehen.“

Das belustigte Kopfschütteln in der bayerischen Amtsstube hat seinen Grund: Zumindest beim Umzug innerhalb Deutschlands erfolgt mittlerweile automatisch eine Abmeldung, sobald am neuen Wohnsitz eine Anmeldung registriert wurde. Tatsächlich sollte man erwarten, dass gerade Berlin besondere Sorgfalt aufwendet, wenn es um seine Einwohnerstatistik geht. Als 2013 die Ergebnisse der ersten Bevölkerungserhebung seit der deutschen Vereinigung bekannt wurden, war es nämlich die deutsche Hauptstadt, die für besonders negative Schlagzeilen sorgte: Zutage kam, dass in Berlin zum Zeitpunkt des „Zensus“ nicht, wie bis dahin amtlich angegeben, 3,5 Millionen Einwohner gelebt haben, sondern nur 3,3 Millionen. Deutschlands Schuldenhochburg fehlten damit auf einen Schlag rund 180000 Bürger, dazu aber auch die entsprechenden Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich.

Vermutet wurde seinerzeit, dass es oftmals Ausländer waren, die ohne Abmeldung in ihre Heimatländer zurückgekehrt waren. Dass Geberländer wie Bayern erneut Änderungen am Länderfinanzausgleich forderten, lag allerdings nicht nur daran, dass sie jahrelang für zehntausende „Karteileichen“ in der Berliner Bevölkerungsstatistik zur Kasse gebeten wurde.

Bei der Berechnung der Zahlungen wird bei Stadtstaaten wie Berlin, Bremen und Hamburg obendrein eine so genannte Einwohnerveredelung angewendet. Aufgrund dieses Verfahrens zahlte Hamburg im vergangenen Jahr 31 Euro pro Kopf weniger in den Finanzausgleich ein, als es eigentlich der Steuerkraft der Hansestadt entsprochen hätte. Berlin erhielt mit 921 Euro je Einwohner wiederum deutlich mehr, als dies ohne „Einwohnerveredelung“ der Fall gewesen wäre.

Im Schnitt spült jeder zusätzliche Einwohner, den Berlin vorweisen kann, fast einen Tausender in die Landeskasse. Dass vor diesem Hintergrund inzwischen sogar Vermutungen aufgekommen sind, die abschreckenden Zustände auf den Bürgerämtern kämen der Berliner Politik gar nicht ungelegen, kann eigentlich kaum verwundern. Insbesondere beim Wegzug ins Ausland dürfte das Kalkül tatsächlich oftmals lauten: Warum extreme Wartezeiten auf dem Amt in Kauf nehmen, wenn eine unterlassenen Abmeldung keine negativen Folgen hat?

Die Vorgänge rund um die Bürgerämter sind nicht der einzige Anlass, am Realitätssinn der Berliner Politik zu zweifeln. Wie ein aktueller Bericht des Rechnungshofs nahelegt, ist beim Senat die Neigung gewachsen, mit der neuerdings etwas besser gefüllten Landeskasse Wohltaten zu verteilen, statt zu investieren. So hat Berlin aus Sicht des Rechnungshofes auch im vergangenen Jahr wieder Millionenbeträge verschwendet, gleichzeitig hätte die Stadt aber sehr viel mehr in seine marode Infrastruktur investieren müssen.

Moniert wird vom Rechnungshof unter anderem, dass allein im Straßenbau Berlins inzwischen ein Sanierungsstau von 1,3 Milliarden Euro bestehe. Zu denken geben sollte dem Senat auch, dass die Rechnungsprüfer ganz grundlegende Zweifel anmelden: Um den Sanierungsbedarf zielgerichtet und kostengünstig anzugehen, gebe es in den Berliner Behörden derzeit „weder die notwendigen konzeptionellen und sachlichen Voraussetzungen noch die erforderlichen Vorgaben“.

Norman Hanert


Willkommen in Angermünde
von Theo Maass

Wer mit dem Zug von Berlin nach Stettin will, muss meist in Angermünde umsteigen. Nur wenige Züge gehen direkt nach Stettin durch, die meisten fahren von Angermpünde nach Stralsund weiter. Anschlüsse sind da oft Glückssache.

Ich hatte damit schon gerechnet und wollte in Angermünde frühstücken. Am Bahnhof gibt es aber nur einen Dönerstand, und ich gebe zu, dass ich Defizite in der Willkommenskultur habe und mir die türkisch-orientalische Küche nicht zusagt. Gegenüber vom Bahnhof lockte ein „Netto“-Supermarkt, bei dem ich mir die Zutaten eines Frühstücks besorgen wollte.

Rasch habe ich alles zusammen und stehe an der Kasse. Vor mir steht eine Frau undefinierbaren Alters mit zwei Packungen Toastbrot mit einem roten Aufkleber. Das bedeutet, dass die Haltbarkeitsgarantie der so beklebten Waren demnächst abläuft und sie deswegen verbilligt angeboten werden.

Die Frau ist nervös, zählt andauernd ihr Geld und sieht ziemlich heruntergekommen aus. Unter Tränen legt sie eine der beiden Packungen weg. Ich spreche sie an. Ihr fehlt ein Cent, und Butter für das Brot kann sie sich auch nicht leisten. Die habe ich vorhin im Kühlregal gesehen – im Angebot – gerade mal 99 Cent. Ich gebe ihr den einen Euro.

So etwas von Dankbarkeit habe ich noch nicht erlebt. Sie strahlt. Von Hartz IV lebe sie und schimpft auf die Politik, die immer mehr „Asylbetrüger“ ins Land hole. Bei einer Pro-Ausländer-Straßenaktion habe es nicht mal gratis eine Bratwurst gegeben. Nur Zettel, auf denen gefordert werde, die Bevölkerung solle sich über die Neuankömmlinge freuen. Davon habe sie so viel mitgenommen, wie sie bekommen konnte – für ihre Ofenheizung.

Nun hat ihr das Amt beschieden, dass sie aus der Wohnung raus müsse – die sei zu teuer. Eine neue Bleibe fünf Kilometer entfernt solle sie nun beziehen. Da fahre nicht einmal der Bus. Nicht mal die Umzugskosten würden vollständig übernommen. Da müsse sie nun einen Bekannten um Hilfe bitten.

Sie habe gehört, ihre Wohnung solle an Asylanten gehen. Zweimal habe sie schon NPD gewählt, aber das habe auch nichts geändert. Beim letzten Mal war sie nun gar nicht mehr wählen gegangen.

Die anderen Leute im „Netto“-Laden haben die Ansprache mitbekommen. Keiner protestiert, mancher nickt verständnisvoll. Eine allgemeines „Volksgemurmel“ über Ausländer und Asylanten beginnt. Jeder schimpft auf die Bundes- und Landesregierung. Einer sagt: „Aber unser Hassan im Dönerladen, der ist Ok. Der zahlt Steuern und gibt auch mal einen aus.“ Nachdenklich steige ich in den Regionalzug 66 nach Stettin.


Grüne schielen nach Macht
Soll Zustimmung zur Kreisreform Rot-Rot-Grün vorbereiten?

Auf ihrem kleinen Landesparteitag in Falkensee bei Berlin haben die brandenburgischen Grünen den Beschluss gefasst, die von der Landesregierung beabsichtigte Kreisgebietsreform zu unterstützen. Die Bevölkerung ist laut Umfrage zu zwei Dritteln dagegen.

Auch im Landtag wäre eine Mehrheit der Regierung für ihr Projekt eher unwahrscheinlich. Sieben Abgeordnete der SPD und der Linkspartei kommen aus kreisfreien Städten (Cottbus, Frankfurt an der Oder und Brandenburg), die diesen Status verlieren würden. Dort sind nicht nur die Bewohner, sondern auch die Mitglieder der Koalitionsparteien gegen die Absichten der Landesregierung. Sie dürften es sich kaum leisten, im Landtag für die Reform zu stimmen.

Da könnten sich die Grünen als „Reservearmee“ der rot-roten Landesregierung als entscheidend erweisen. Kritiker zweifeln einen Spareffekt der Reform an. Seriöse Zahlen zur letzten Kreisgebietsreform von 2003 gibt es nicht. Da die meisten grünen Landtagsabgeordneten ohnehin keine gebürtigen Brandenburger sind und nicht einmal aus den „Neuen Bundesländern“ stammen, scheinen sie den lokalen Zorn der Bürger nicht zu fürchten. Ihnen scheint es vor allem darum zu gehen, sich als Mehrheitsbeschaffer und künftiger Partner einer rot-rot-grünen Koalition zu empfehlen, mutmaßen Beobachter.

Rot-Rot stellt nur in acht von 18 Landkreisen oder kreisfreien Städten den Landrat beziehungsweise Bürgermeister. Der CDU-Landtagsabgeordnete Henryk Wichmann sieht denn auch vor allem die Absicht, die Landesregierung wolle durch mehr Zentralismus ihren Einfluss mehren.

Mit der Zustimmung der Grünen scheint die Mehrheit für die Reform zu stehen. Nur ein Bürgerbegehren könnte sie aufhalten. Die wäre von der CDU allein nicht zu stemmen. Dafür würden die Anhänger und Mitglieder der AfD gebraucht. So steht der neue CDU-Chef Ingo Senftleben viel früher als erwartet vor der Frage: „Politik machen“ oder weiter die AfD ausgrenzen. Die AfD will – wie die Freien Wähler – die Bürgerinitiative unterstützen.

Den Rest des Parteitages dominierte die Grünen-Landtagsabgeordnete Ursula Nonnemacher mit bereits bekannten Tiraden gegen die AfD. Durch den Einzug der neuen Partei sei eine gemeinsame Arbeit der Opposition im Parlament illusorisch geworden, klagte sie. Theo Maass


Urteil mit Brisanz
Amtsgericht kippt Berliner Mietenspiegel

Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hat den Berliner Mietspiegel gekippt. Damit gab es der Klage einer Vermieterin statt, welche die Miete für eine Altbauwohnung über die ortsübliche Vergleichsmiete hinaus erhöhen wollte. Die Mieter verweigerten unter Berufung auf den Mietenspiegel ihre Zustimmung. Zu Unrecht, wie das Gericht feststellt. In der Urteilsbegründung heißt es: „Der Berliner Mietspiegel 2013 wurde nicht nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt.“ Deshalb hätten auch die darin enthaltenen Werte zur ortsüblichen Vergleichsmiete keine Gesetzeskraft.

Bei dem noch nicht rechtskräftigen Urteil handelt es sich um eine Entscheidung, die nur für den verhandelten Einzelfall gilt. Dennoch birgt es erhebliche Sprengkraft, denn der Gutachter hat eine grundsätzliche Aussage über das „nicht wissenschaftliche Verfahren“ bei der Ermittlung der Werte getroffen. Unter Berufung darauf könnten andere Vermieter ebenfalls klagen und so alle Mietenspiegel auf den Prüfstand kommen.

Die Entscheidung des Charlottenburger Amtsgerichts könnte sogar bundesweite Folgen für die von der Politik einhellig beschlossene sogenannte Mietpreisbremse haben. Diese für Berlin ab dem 1. Juni gültige Regelung sieht vor, dass die Miete bei Wiedervermietungen nur noch um zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Das Gesetz kann aber nur dann greifen, wenn es zur Vergleichsmiete verlässliche Daten gibt. Diese wiederum liefert der Mietenspiegel. Ist der Mietenspiegel als Bezugsgröße unwirksam, ist es praktisch auch die gesetzliche Mietdeckelung. J.H.


Richter gehen auf die Straße

Richter und Staatsanwälte aus ganz Brandenburg wollen am 28. Mai in Potsdam gegen den von der Landesregierung geplanten Stellenabbau in der Justiz demonstrieren. Der Protestzug durch die Landeshauptstadt soll am Vormittag vor der Staatskanzlei beginnen, am Justizministerium vorbeiführen und am Landtag enden, wo zeitgleich der Rechtsausschuss tagt. Der brandenburgische Landesverband des Deutschen Richterbundes rechnet mit über 100 Teilnehmern. Als Beamte dürfen Richter und Staatsanwälte nicht streiken, für die außergewöhnliche Aktion werden sie aber von ihrer Präsenzpflicht entbunden.

Ihrer Meinung nach würde ein Stellenabbau das brandenburgische Justizwesen arbeitsunfähig machen. Bereits im vergangenen Jahr hatte der Richterbund die Überlastung der Gerichte und Staatsanwaltschaften beklagt und die Einstellung von 270 zusätzlichen Juristen gefordert, war damit aber bei der Landesregierung auf taube Ohren gestoßen. J.H.


S. 6 Ausland

Fast schon wie Mielke
US-Geheimdienste spionieren schon lange alles aus – Nicht die Methoden, nur die Begründungen wechseln

Terrorabwehr ist das Argument schlechthin, wenn es gilt, Kritiker einer umfassenden elektronischen Spionage etwas zu entgegnen. Tatsächlich sind die Belege dafür, dass mit Telefonüberwachung und Internetspionage bisher Terroranschläge verhindert wurden, erstaunlich dürftig.

Es sind Medienberichte, die der in die Kritik geratene US-Nachrichtendienst NSA momentan überhaupt nicht gebrauchen kann. Bereits im Jahr 2013 hatte der Chef des belgischen Militärgeheimdienstes, Eddy Testelmans, in einem Interview behauptet, konkrete Informationen der NSA hätten in Belgien drei Terroranschläge verhindert. Wie Recherchen des belgischen Journals „De Tijd“ nun ergeben haben, bleibt von dem damaligen Versuch einer medienwirksamen NSA-Ehrenrettung nichts übrig. So wie es dargestellt wurde, hat es eine Vereitelung von drei Anschlägen aufgrund US-amerikanischer Spiona-geinformationen nie gegeben. Zweifel am Sinn einer elektronischen Totalüberwachung zur Terrorabwehr sind indessen nicht neu. Bereits im Jahr 2013 musste der damalige NSA-Direktor Keith B. Alexander bei einer Befragung im „Senate Judiciary Committee“ einräumen, dass Informationen seines Dienstes nur „ein, vielleicht zwei“ Terroranschläge verhindert hätten. Die US-Regierung war bis dahin in den Medien mit der Behauptung hausieren gegangen, es seien durch Spionage bereits 54 Terroranschläge vereitelt worden.

Auch die oft angeführten Anschläge des 11. September 2001 sind einen näheren Blick wert. Wie inzwischen bekannt ist, war das sogenannte „domestic spying program“ der NSA nämlich bereits im Jahr 2001 aktiv, als die Anschlagsvorbeitungen liefen. Bereits seit dem Jahr 1992 betrieb sogar die US-Drogenfahndung DEA ein noch sehr viel umfangreicheres Spionageprogramm mit Fokus auf die USA. Erfasst wurden dabei unter anderem auch nahezu alle Metadaten von Telefongespräche, die von den USA in andere Länder geführt wurden. Wie Recherchen der Nachrichtenagentur Reuters ergeben haben, landeten Informationen aus dem DEA-Programm regelmäßig auch bei anderen Sicherheitsbehörden. Diese hatten die Instruktion, die eigentlich illegal erhaltenen Daten zu „waschen“ und als selbst gewonne Informationen auszugeben. Weder die Datensammelei der DEA noch die der NSA haben allerdings die Anschläge des 11. September 2001 verhindern können. In der späteren Aufarbeitung zutage gefördert wurden stattdessen Kompetenzgerangel, handwerkliche Fehler und unbeachtete Warnungen anderer Geheimdienste.

Geht es um Terrorabwehr, dann scheint Handlungsbedarf zu bestehen: Beunruhigen muss etwa, dass die „Charlie Hebdo“-Attentäter in Frankreich und auch die Täter des jüngsten Anschlags in Texas – der vermutlich dem Islamkritiker Geert Wilders galt – bereits als gefährlich bekannt waren und unter Überwachung standen. Dass es trotzdem zu den Anschlägen kam, lässt stark an der Kompetenz der Sicherheitsbehörden zweifeln. Noch ein anderer Aspekt sollte zu denken geben: In den meisten bekannt gewordenen Fällen vereitelter Terroranschläge haben regelmäßig menschliche Quellen die entscheidende Rolle gespielt. Selbst unbedarften Gemütern in der Terrorszene dürfte inzwischen bewusst sein, dass sie heikle Verabredungen nicht per Telefon oder Internet führen sollten.

Aufschlussreich ist ein Blick in die Vergangenheit auch noch in einem anderen Zusammenhang. Speziell die amerikanischen Spionageaktivitäten stehen mittlerweile seit Jahrzehnten in der Kritik. Die offensichtlichen Ambitionen von US-Seite nach umfassender Spionage sind dabei stets gleich geblieben – gewechselt hat nur die Begründung. Ist es heute der „Kampf gegen den Terror“, so wurde in den 90er Jahren gern das Argument „Korruptionsbekämpfung“ bemüht: Vom EU-Parlament mit dem Vorwurf konfrontiert, in Europa auch Industriespionage zu betreiben, griff etwa der damalige CIA-Direktor auf die Behauptung zurück, europäische Unternehmen würden mit Bestechung arbeiten, um an Aufträge zu kommen. Tatsächlich scheint der Gedanke naiv zu sein, die Sammelwut von NSA und CIA ließe sich ernsthaft auf ein einzelnes Segment einschränken. Egal, was gerade als Argument angeführt wird – sei es Terrorabwehr, Kampf gegen Drogenhandel, Massenvernichtungswaffen oder Wirtschaftskorruption – nach den bisherigen Erfahrungen geht es den US-Diensten darum, möglichst an jede Information zu kommen und diese gegebenenfalls auch auszunutzen.

Auch die deutsche Politik täte gut daran, das Selbstverständnis, das in den US-Diensten herrscht, nüchtern zur Kenntnis zu nehmen: „Warum können wir nicht alle Daten zu jeder Zeit sammeln?“, so fragte etwa ganz unverblümt Keith Alexander zu seiner Amtszeit als NSA-Direktor. Das ebenfalls aus US-Geheimdienstkreisen kolportierte „We have to know everything“ („Wir müssen alles wissen“) liegt nicht nur von der Wortwahl her erstaunlich nahe bei dem Motto des ehemaligen Stasi-Chefs Erich Mielke: „Genossen, wir müssen alles wissen“. Norman Hanert


Zünglein an der Waage
Latinos sind ein wichtiger Faktor im US-Präsidentschaftswahlkampf

Was vor 20 Jahren noch undenkbar gewesen wäre, ist jetzt zu einem Hauptfaktor im erhitzt beginnenden US-Präsidentschafts-Wahlkampf für 2016 geworden: die Rolle der rapide wachsenden Zahl der Latino-Wähler – ein dramatischer Wechsel in der Wählerschaft der USA. Nevada, Colorado, Virginia und Florida beispielsweise, früher Hochburgen der Republikaner, wurden schon 2008 und 2012 von Präsident Barack Obama gewonnen. Herausforderer Mitt Romney errang weniger als drei von zehn Stimmen unter den Latinos.

Allein in Nevada hat sich die Wählerschaft von immigrierten Mexikanern und sonstigen Südamerikanern mit US-Staatsbürgerschaft verdreifacht. Noch 1994 waren dort 90 Prozent der Wähler weiß, 2012 waren es nur noch 67 Prozent. Im selben Zeitraum wuchs die Latino-Wählerschaft von fünf auf 15 Prozent.

Im Kampf um das Weiße Haus geht es daher bei beiden Parteien darum, die sogenannten „Swing States“ zu erobern, das heißt, die Staaten, die sowohl Demokraten wie Republikaner wählen könnten. Wer möglichst viele Latino-Wähler auf seine Seite ziehen kann, hat die besten Chancen. Die entscheidende Frage für beide Parteien ist, ob die Demokraten die Erfolge von Präsident Obama wiederholen können oder ob es den Republikanern gelingt, sich diesmal ins bessere Licht zu setzen, wobei Hillary Clinton, die haushohe Favoritin für die demokratische Kandidatur, es leichter hat. Als früherer First Lady und Außenministerin im ersten Obama-Kabinett liegen ihr liberale Schachzüge. Schon auf Wahlkampftour in Las Vegas, erklärte sie ihr für Latinos wichtigstes Ziel: den zwölf Millionen seit Jahrzehnten illegal in den USA Lebenden einen Weg zu legalem Aufenthalt, wenn nicht gar zur Staatsbürgerschaft, zu ebnen und damit das Gespenst der Deportation von vielen Familien zu nehmen.

Dies aber ist ein heißes Eisen für die Republikaner, deren rechter Flügel sich verbissen einer Lösung der schwelenden Immigrations-Frage widersetzt. Die besten Chancen für einen republikanischen Einzug ins Weiße Haus räumen daher viele zweien der bereits sechs Präsidentschaftskandidaten der Partei ein: Marco Rubio, der junge Gouverneur von Florida, ist Sohn von Exil-Kubanern und Jeb Bush aus der Bush-Dynastie ist verheiratet mit einer Mexikanerin und spricht fließend Spanisch. Beide zeigen sich vorsichtig offen für eine Lösung. Bush bereist zur Zeit in atemberaubender Folge Stadthallen, Kirchen und Supermärkte mit überwiegend Latino-Bevölkerung und verkündet seine Wahlziele zweisprachig in Englisch und Spanisch, was ein Novum ist.

Doch die Einbürgerung der zwölf Millionen Illegalen bleibt das Damokles-Schwert, das ihn und Rubio die Nominierung kosten könnte, denn der Nominierungs-Prozess wird von den konservativen „weißen Falken“ der Partei dominiert. Whit Ayres, Berater von Rubio, setzt dagegen, dass ein republikanischer Kandidat mindestens 40 Prozent der Latino-Wähler benötigen würde, um Chancen zum Einzug in das Weiße Haus zu haben. Und das ist in den letzten 35 Jahren nur zwei Republikanern gelungen: Ronald Reagan und George W. Bush.

Liselotte Millauer


Schützenhilfe für Russland
Französischer General widerspricht US-Darstellung zu Minsk II

Einer der großen deutschen Sonntagszeitungen war die Nachricht ein Platz auf der ersten Seite wert: Die Nato habe gemeldet, dass Moskau massiv gegen das Waffenstillstandsabkommen von Minsk II für die Ostukraine verstoße, Russland bewege immer noch Truppen und Ausrüstung über die offene Grenze in die Ukraine, darunter moderne Kampfpanzer. Mit derartigen Vorwürfen wurde in der Vergangenheit die Forderung nach Sanktionen gegen Russland begründet.

Fast gleichzeitig mit diesen jüngsten Behauptungen hat sich der französische General Christophe Gomart öffentlich zu Wort gemeldet und bekannt gemacht, dass US-Geheimdienste ihren Einfluss auf die Nato dazu missbraucht hätten, falsche Berichte über eine Invasion russischer Truppen in die Ukraine zu verbreiten. Russland habe in Wirklichkeit keinerlei Vorbereitungen für einen Eingriff in die Ukraine unternommen. „Wir haben in der Tat festgestellt“, so der General, „dass die Russen weder Kommandostellen noch Hinterland-Einrichtungen, etwa Feldspitäler, organisiert hatten, die ihnen eine militärische Intervention ermöglichen würden.“

Gomart ist kein x-beliebiger Feld-, Wald- und Wiesen-General, sondern Chef der Direktion des französischen Militärischen Nachrichtendienstes DRM, und er hat seine Aussage nicht am Stammtisch gemacht, sondern vor der Französischen Nationalversammlung.

„Das Problem der Nato besteht darin,“ fuhr Gomart fort, „dass die US-Aufklärung das entscheidende Wort in der Allianz hat, während die französischen Aufklärungsdienste nur mehr oder weniger berücksichtigt werden. In der Nato wurde erklärt, die Russen planen eine Invasion. Die von der französischen militärischen Aufklärungsbehörde gewonnenen Daten bestätigen diese Hypothese jedoch in keiner Weise.“

Dem entspricht, dass weder USA noch Nato jemals, seit sie Russland des Übergriffs auf die Ukraine bezichtigen, irgendeinen Beweis vorgelegt hätten. Angesichts der Möglichkeiten von Satellitenaufklärung und Drohnen-Spionage gibt es dafür nur eine Erklärung, nämlich die, dass keine Beweise vorliegen.

Noch im Januar hat die Sprecherin des US-Außenministeriums, die für ihren sorglosen Umgang mit Tatsachen bekannte Jen Psaki, eingestehen müssen, dass der US-Regierung keine Angaben darüber vorlägen, wie viele russische Militärs sich in der Ukraine aufhielten. Psaki im Wortlaut: „Wir haben Meldungen gelesen, dass Russland zwei taktische Bataillone in die Ukraine entsandt haben soll. Aber unabhängige Quellen können das bisher nicht belegen.“

Sie können es auch seither nicht, denn wenn die US-Spionage auch nur einen russischen Stiefelabsatz in der Ukraine fände, so beherrschte das am nächsten Tag die Schlagzeilen in allen Nato-Ländern. Anders verhält es sich mit den US-Waffenlieferungen in die Ukraine oder auch den US-Söldnern, die dort für Wa­shington kämpfen. Das könnte Psaki beweisen, will es aber nicht.

Florian Stumfall


MELDUNGEN

Italien stirbt aus

Rom – Wie aus einem Bericht des Statistikamts Istat hervorgeht, ist Italiens Geburtenrate im Jahr 2014 auf ein Tief abgesunken, das zuletzt 1861, dem Gründungsjahr des italienischen Nationalstaates, verzeichnet wurde. Während 597000 Todesfälle gemeldet wurden, sank die Zahl der Geburten im gleichen Zeitraum auf 509000 ab. Damit sind im vergangenen Jahr rund 5000 weniger Kinder zur Welt gekommen als noch 2013. Im Durchschnitt hatte jede Frau in Italien damit nur noch 1,39 Kinder. Mit einem Wert von 1,65 Kindern pro Frau weist die Statistik die sogenannte Region Trentino-Südtirol als das geburtenreichste Gebiet Italiens aus. N.H.

 

Tiefer Riss durch den FN

Paris – Jean-Marie Le Pen, Gründer und ehemaliger Vorsitzender des Front National (FN), hat die Gründung einer eigenen politischen Gruppierung angekündigt. Er wolle keine andere Partei, sondern eine Gruppe gründen, die nicht mit dem FN konkurrieren werde. Dennoch vertieft er mit diesem Schritt den Graben zwischen seinem Lager und dem der derzeitigen Parteivorsitzenden, seiner Tochter Marine. Das gilt nicht nur für die Partei selbst, sondern auch für die Gruppe der Abgeordneten des FN im EU-Parlament. Der Ausgang des Machtkampfes zwischen der Parteichefin und ihrem Vater, von dem sie vor vier Jahren die Parteiführung übernommen hatte, ist offen. Nach ihren Worten habe dieser der Partei in den vergangenen Wochen durch provokante Aussagen zum Nationalsozialismus und zur französischen Geschichte großen Schaden zugefügt. Der 87-jährige Le Pen hat angekündigt, er werde kämpfen, solange er die Kraft dazu habe. U.M.


S. 7 Wirtschaft

»Musterschüler« der EU steigt ab
Polens Wachstumskonzept stößt an seine Grenzen – Transferzahlungen aus Brüssel verdecken Probleme

Bislang galt Polen unter den EU-Neumitgliedern als wirtschaftliches Musterbeispiel. Ob der Status als größter Empfänger von EU-Geldern und die Funktion als verlängerte Werkbank für deutsche Firmen weiterhin eine Erfolgsgarantie sind, erscheint zunehmend ungewiss. Wichtige Reformen wurden verschleppt, nun kommen akute Probleme hinzu.

So braut sich in Polen bereits seit einiger Zeit eine ausgemachte Bankenkrise zusammen. Betroffen ist der gesamte Sektor der Genossenschaftsbanken. Spezialisiert auf Geringverdiener als Kunden, droht inzwischen fast der Hälfte der Genossenschaftsbanken der Konkurs. Bereits im Jahr 2013 war die polnische Finanzaufsicht (KNF) zu einem dramatischen Befund gelangt: Trotz eines Gesamtgewinns von rund 60 Millionen Euro hatte die Hälfte der 55 Kassen im Jahr 2012 Verluste gemacht. Alarmierend war auch die Tatsache, dass schon damals nahezu jeder dritte Kredit bei den Genossenschaftsbanken als ausfallgefährdet galt. In der Kritik standen die sogenannten SKOK-Banken zudem, weil sich führende Vorstandsmitglieder teilweise extrem hohe Vergütungen zugeschanzt hatten.

Trotz der damaligen Warnungen hat sich die Lage weiter zugespitzt. Mittlerweile sind zwei der Banken in Konkurs gegangen, zwei weitere Genossenschaftsbanken sind im Zuge von Notverkäufen von Geschäftsbanken geschluckt worden, 24 Institute stehen unter Überwachung der Finanzaufsicht. Mehr noch: Allein die beiden Konkursfälle haben bereits ein Viertel des polnischen Einlagensicherungsfonds aufgezehrt. Unklar ist, ob Polens Einlagensicherung in der Lage sein wird, die Belastungen durch die drohenden Bankenpleiten selbst zu stemmen. Medienberichten zufolge richten sich die Hoffnungen inzwischen darauf, über die EU-Bankenunion zu einer Einlagensicherung für die polnischen Banken zu kommen.

Gelingt das Vorhaben, dann drohen die Sparer im übrigen Europa nicht nur für die Misswirtschaft bei den polnischen Genossenschaftsbanken in Haftung genommen zu werden. Von der Dimension nämlich noch weit bedrohlicher ist das Problem der in Polen weitverbreiteten Frankenkredite. Rund 700000 Polen haben Kredite in der Schweizer Währung aufgenommen, bei 566000 handelt es sich um Hypotheken für Immobilien. Im Schnitt zahlte im Herbst 2014 jeder Schuldner umgerechnet 500 Euro monatlich an Zinsen für die Kredite. Bei einem Durchschnittseinkommen von umgerechnet nur knapp 900 Euro ist das eine enorme Belastung.

Die Kreditnehmer sind zudem eine hochriskante Wette eingegangen: Die Einnahmen werden meist in polnischen Zloty erzielt, der starken Kursschwankungen unterliegt. Bedient werden müssen die Kredite aber in einer der härtesten Währungen der Welt, dem Schweizer Franken. Vor allem, nachdem die Schweizer Nationalbank am 15. Januar 2015 beschlossen hat, den Kurs des Franken nicht mehr künstlich niedrig zu halten, droht bei der finanziellen Lage vieler Polen eine Eskalation. Bei einer Bevölkerungszahl von 39 Millionen Menschen liegt die Summe überfälliger Schulden ohnehin schon bei insgesamt umgerechnet 10,2 Milliarden Euro. Derzeit sollen 2,38 Millionen Polen nicht mehr in der Lage sein, ihre Rückstände auszugleichen. Die Regierungspartei „Bürgerplattform“ scheint das Thema Frankenkredite eher aussitzen zu wollen. Anders als in Ungarn scheint man in Warschau darauf verzichten zu wollen, die Fremdwährungskredite zulasten der Banken zwangsweise in Landeswährung umzustellen. Ob diese Linie beibehalten werden kann, ist fraglich. Leicht absehbar ist dagegen, dass die Frankenkredite neben der Haltung zu Russland ein zentrales Thema des kommenden Parlamentswahlkampfes sein werden. Zu befürchten ist, dass vor diesem Hintergrund im Wahlkampf andere Probleme keine Rolle spielen werden.

So ist bereits erkennbar, dass Polens bisheriges Wachstumsrezept zunehmend an seine Grenzen stößt. Bislang enorm profitiert hat Polen von Transferzahlungen aus Brüssel – in den zehn Jahren seit dem Beitritt des Landes zur EU rund 100 Milliarden Euro. Die EU-Geldflut hat allerdings verdeckt, dass das Land einen hohen Reformbedarf hat. Recht einseitig ausgerichtet ist Polens Wirtschaft etwa auf die Rolle als „verlängerte Werkbank“ für das Ausland. Aufgrund steigender Löhne kommt dieses Modell absehbar an sein Ende. So haben sich seit dem Jahr 2000 die Arbeitskosten verdoppelt. Hinzukommen wird in einigen Jahren noch ein ganz gravierendes Manko: Polen hat mit 1,3 Kindern pro Frau eine der niedrigsten Geburtenraten in Europa. Zusammen mit der anhaltenden Abwanderung von Arbeitskräften wird dies dazu führen, dass Polen es in 15 bis 20 Jahren mit massiven demografischen Problemen samt negativen Folgen für die Wirtschaft und das Sozialsystem zu tun bekommt. Norman Hanert


USA ändern ihre Taktik
Kerry stellt Wegfall der Russland-Sanktionen in Aussicht

Wenn ein ranghoher amerikanischer Politiker wie John Kerry uns besucht, dann wird er uns etwas zu sagen haben“. Die Reise des US-Außenministers zum Treffen mit Wladimir Putin in Sotschi wurde in

Moskau äußerst positiv aufgenommen. In den vergangenen Wochen sind wiederholt ranghohe US-Vertreter zu Treffen zwischen Moskau und Minsk hin- und hergependelt. Auch die EU-Außenbeauftragte der US-Regierung, Victoria Nuland, hat den amerikanischen Außenminister begleitet. Kerry stellte den Russen in Sotschi ein Ende der Sanktionen in Aussicht. Dies sorgte zunächst bei den EU-Partnern für Verwirrung. Als ein paar Stunden später die Nato in der Türkei zusammentraf, betonte Kerry, dass eine Erleichterung der Sanktionen erst bei vollständiger Umsetzung des „Minsk II“-Abkommens in Frage käme.

Die führende amerikanische Denkfabrik Strategic Forecasting (Stratfor) vermutet, dass Kerry nicht ohne wichtige Gründe nach Russland gereist ist. Offiziell standen neben dem Thema Ukraine die Chemiewaffen in Syrien und das iranische Atomprogramm auf der Tagesordnung, wobei für Russland die Ukraine oberste Priorität haben dürfte wie auch die Stationierung amerikanischen Militärs in der Ukraine sowie die Nato-Präsenz im Baltikum und in Polen.

Stratfor geht davon aus, dass Washington mit Verhandlungen ohne Beteiligung der europäischen Partner ein Zeichen setzen wolle, dass die USA einen direkteren Einfluss bei den Diskussionen um die Ukraine nehmen wollten. Ob Kerry den Russen aber – wie ukrainische Medien mutmaßen – in Aussicht gestellt hat, seine Militärpräsenz in der Ukraine zu verringern, wenn Russland im Gegenzug Wahlen in der Ostukraine unterstütze und den Status der Separatistengebiete als autonome Regionen innerhalb der Ukraine akzeptiere, bleibt Spekulation.

Das „Wall Street Journal“ geißelt Kerrys Entgegenkommen an Putin als Scheitern. Außer dem Austausch von Freundlichkeiten habe das Treffen für den Ukrainekonflikt keine Ergebnisse gebracht. Die Zeitung wirft Kerry vor, die Ukraine wegen amerikanischer Interessen im Nahen Osten aufgegeben zu haben. Dabei sei ihm nicht einmal gelungen, Russlands Verkauf des S-300 Raketensystems an den Iran anzusprechen.

Stratfor schließt daraus, dass das Treffen mit Putin ein Signal für eine Änderung der US-Strategie in den Gesprächen mit Russland bedeute. Auch die Aussage des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier, die EU könne sich selber helfen, indem die Sanktionen wegfallen könnten, ist ein Indiz für eine mögliche Taktikänderung. Ob die EU, die bisher den Preis für die Durchsetzung amerikanischer Interessen in der Ukraine bezahlt hat, einen Wegfall der für sie schädlichen Sanktionen beschließt, wird der nächste EU-Gipfel im Juni zeigen.

Deutschland und Frankreich gehören zu den größten Verlierern der Russland-Sanktionen. Umsatzrückgänge bei Airbus, Siemens, Adidas und vielen Reiseveranstaltern sind die Folge. Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) bezeichnet die russische Krise neben den griechischen Problemen in ihrer kürzlich veröffentlichten makrowirtschaftlichen Prognose als eine der größten Gefahren für das Wirtschaftswachstum in Europa.

Manuela Rosenthal-Kappi

(siehe Kommentar Seite 8)


Kanzlerenkel klagt
Verfassungsbeschwerde wegen Staatsanleihenkäufen der EZB

Im Unternehmerlager wächst der Unmut über die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB). Eine Gruppe um den Unternehmer Heinrich Weiss (72), zu der auch Patrick Adenauer (55), ein Enkel des ersten Bundeskanzlers der Bundesrepublik gehört, hat jetzt Verfassungsbeschwerde wegen „Mandatsüberschreitung und illegaler Handlungen“ – damit sind die Staatsanleihenkäufe der Europäischen Zentralbank gemeint – beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Die Richter sollen die Bundesregierung zum Eingreifen auf europäischer Ebene zwingen. „Die dauernde Mandatsüberschreitung der EZB führt zur Wachstumsschwäche“, die Eurozone falle gegenüber den USA und Asien wirtschaftlich zurück, erklärte Weiss. Außerdem sei die Politik der Niedrigzinsen unsozial, weil sie Aktien- und Immobilienbesitzer immer reicher mache und die große Masse der Sparer durch Minuszinsen faktisch immer ärmer.

Die Europäische Zentralbank will bis September 2016 durch Anleihenkäufe insgesamt 1,14 Billionen Euro in das Finanzsystem spülen, die ersten 100 Milliarden sind schon geflossen. Damit will sie die Kreditvergabe der Banken anheizen und dadurch die Wirtschaft in der Euro-Zone beflügeln. Das viele Geld, das die Europäische Zentralbank in die Märkte pumpe, komme bei den Unternehmen nicht an, dafür treibe es Aktienkurse und Immobilienpreise in die Höhe, sagte Adenauer gegenüber dem „Kölner Stadtanzeiger“. „Dies ist eine Klage von besorgten Bürgern“, betonte Weiss, welcher der AfD nahesteht. Der Unternehmer Patrick Adenauer, der von 2005 bis 2011 Präsident des Verbandes „Die Familienunternehmer – ASU e.V.“ war, ist zusammen mit seinem Bruder, Paul Bauwens-Adenauer (62), seit 1986 Geschäftsführender Gesellschafter der Bauwens Unternehmensgruppe in Köln. Bauwens-Adenauer ist zudem Vorsitzender des Wirtschaftsrats der CDU – Landesverband Nordrhein-Westfalen.

Die Europäische Zentralbank unter ihrem Chef Mario Draghi betreibe durch den massenhaften Kauf von Staatsanleihen Wirtschaftspolitik und nicht Währungspolitik, wie es ihre eigentliche Aufgabe sei, sagte Weiss bei einer Pressekonferenz in Düsseldorf. Die Bundeskanzlerin habe geschworen, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden: „Hier wird dem deutschen Volk Schaden durch Nichtstun zugefügt“, fügte er an. Souveränitätsrechte von Nationalstaaten gingen nicht pauschal auf europäische Organe über, sondern per begrenzter Einzelermächtigung, sagte der Kläger.

Ende April wurde die Klage eingereicht, falls sie angenommen wird, könnten eineinhalb Jahre vergehen, bis es zur Entscheidung kommt. Juristisch vertreten werden die drei Kläger von Christoph Degenhart, Lehrstuhlinhaber für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Leipzig. Die Klage richtet sich „gegen das Nichthandeln der Bundesregierung gegenüber der Europäischen Zentralbank“, präzisierte Degenhart.

Dies ist nicht die erste Klage im Zusammenhang mit dem Euro. Vor einem Jahr hatten die Karlsruher Richter bereits Klagen gegen den Rettungsfonds ESM und den Europäischen Fiskalpakt abgewiesen. Bodo Bost


MELDUNGEN

TTIP soll Vorbild sein

Brüssel – Die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström will mit Mexiko ein Freihandelsabkommen nach dem Vorbild des umstrittenen TTIP-Abkommens mit den USA schließen. Sie betrachtet die EU und Mexiko als „strategische Partner“. Diese seien bereits seit 15 Jahren durch ein Freihandelsabkommen miteinander verbunden, das „den Handel gestärkt und die Investitionen vervielfacht“ habe. Es habe für beide Seiten das Wirtschaftswachstum angekurbelt und Arbeitsplätze geschaffen, müsse nun aber „verbessert“ werden, indem weitere Handelsschranken fielen, so Malmström. J.H.

 

Schwarzarbeit kostet Millionen

Berlin – Im vergangenen Jahr ist in Deutschland durch Schwarzarbeit ein Schaden in Höhe von knapp 800 Millionen Euro entstanden. Zur Schadenssumme werden nicht gezahlte Sozialversicherungsbeiträge, nicht gezahlte Steuern sowie sonstige Schäden wie nicht gezahlte Mindestlöhne, Urlaubskassenbeiträge oder zu Unrecht bezogene Sozialleistungen gezählt. Im Jahr 2014 wurden wegen Schwarzarbeit 137292 Ermittlungsverfahren eingeleitet und Bußgelder in Höhe von 47 Millionen Euro verhängt. J.H.


S. 8 Forum

Aktivisten irren nie
von Frank Horns

Früher wollten Kinder unbedingt Feuerwehrleute, Astronauten oder Piloten werden, heutzutage wäre ihr liebster Berufswunsch wohl Aktivist.

Aktivisten sind tolle Leute, wie uns Fernsehen, Zeitung und Internet nahezu täglich vorführen. Die Bezeichnung macht anscheinend gerade in den Medien Karriere. Natürlich weiß deswegen auch Wikipedia bestens Bescheid und spricht von Menschen, die in besonders intensiver Weise – mit Aktivismus – für die Durchsetzung bestimmter Ziele eintreten. Oft seien dies im weitesten Sinne politische Ziele. Andere Aktivisten würden sich beispielsweise für Tierrechte oder gegen Gentechnologie einsetzen.

Sei es drum. Eigentlich spielt es auch gar keine Rolle, wofür sie eintreten. Es sind nun einmal Aktivisten. Ehrfürchtig lauschen Reporter und andere Fragesteller ihren Kommentaren, die sie mit weihevoller Würde, manchmal auch im Tone gerechter Empörung von sich geben. Ist doch anscheinend sonnenklar, dass über Aktivisten-Lippen niemals Lügen oder Irrtümer in Mikrofone gesprochen werden. Wo aber bleiben eigentlich die Medien-Aktivisten, die diesem Unsinn bald ein Ende bereiten?


Very British
von Harald Tews

Das Berliner Humboldt-Forum ist auf dem besten Weg, „very British“ zu werden. Erst kürzlich wurde der Direktor des Britischen Museum in London, Neil MacGregor, zum Leiter der Gründungsintendanz des Humboldt-Forums berufen (die PAZ berichtete). Jetzt hat man mit 3,5 Millionen Euro die an der Universität von York lehrende Anthropologin und Museumsforscherin Sharon MacDonald nach Berlin gelockt, damit sie sich um das Preußenerbe kümmern und ihren Landsmann beraten soll.

Mit dem Preis der Alexander-von-Humboldt-Stiftung, einem der höchstdotierten Forscherpreise des Landes, soll MacDonald in den nächsten fünf Jahren in Kooperation mit der Humboldt-Universität, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und dem Museum für Naturkunde ein Zentrum für Kulturerbe- und Museumsforschung auf internationalem Spitzenniveau gründen. Das klingt ebenso beeindruckend wie ein solches Forscher-Eldorado überflüssig ist.

Als Anthropologin stellt MacDonald Museumstraditionen infrage, die sich über Jahrzehnte bewährt haben. Schon 2006 hatte sie als Humboldt-Gastprofessorin untersucht, wie Nürnberg mit dem Erbe der NS-Zeit umgeht und herausgefunden: im Prinzip ganz gut. In Berlin will sie sich jetzt den Umgang mit Sammlungsstücken aus den ehemaligen Kolonien und dem Thema NS-Raubkunst auf die Agenda setzen. Am Ende könnte auch dieser Forschertrieb verpuffen und sich herausstellen, dass auch das Berliner Museumserbe keiner Rechtfertigung bedarf. Doch um das Gewissen zu beruhigen, gibt man gerne mal ein paar Millionen Euro aus.


Schäbiges Angebot
von Florian Stumfall

Während die USA in Sachen Russland-Sanktionen längst ihr eigenes Spiel spielen (siehe Seite 7), halten sich ihre europäischen Partner weiter gehorsam an den Ukas aus Washington. Für Frankreich gibt es ein Symbol, das exemplarisch darstellt, wie sie sich mit dieser Politik selber schaden. Es geht um die beiden „Mistral“-Hubschrauberträger, die Frankreich für Russland gebaut hat, die es aber jetzt nicht ausliefern wird.

Um es gleich vorwegzunehmen: Die Erklärung, Frankreich tue gut daran, sich an die Vereinbarungen bezüglich der Sanktionen zu halten, zumal wenn es sich um Waffensysteme handelt, trifft nicht zu. Denn im Rahmen der Sanktionen ist ausdrücklich festgelegt, dass Handelsverträge, die vor dem Sanktionsbeschluss rechtsgültig waren, davon unberührt bleiben. Und das ist bei dem Mistral-Geschäft der Fall. Dass Frankreich den Vertrag dennoch nicht einhalten will, lässt erkennen, dass hinter den Kulissen eine engagierte Einflussnahme aus Wa­shington wirksam ist. Dafür spricht auch, dass es um die beiden Schiffe bis zum jetzt verkündeten Aus ein monatelanges Gezerre gab.

Doch damit ist es nicht getan. Es bestehen nämlich nicht nur Verträge zwischen Russland und Frankreich, vielmehr hat Russland schon eine Anzahlung in Höhe von 892,9 Millionen Euro geleistet. Das gesamte Volumen des Geschäfts betrug rund 1,2 Milliarden. Frankreich lehnt es indes ab, die Vorauszahlung zurückzuerstatten und bietet nur 785 Millionen Euro, das heißt, Paris will nicht nur einen Teil der Vorkasse behalten, obwohl es selbst den Vertrag bricht, sondern auch noch Russland auf weiteren Kosten sitzen lassen: die Ausbildung von 400 Matrosen, den Bau einer geeigneten Infrastruktur im Hafen von Wladiwostok und die Entwicklung der passenden Hubschrauber.

Doch nicht nur Russland trägt durch den Vertragsbruch Schaden. Der französische Schiffbauer DCNS zahlt derzeit für den Unterhalt der beiden Hubschrauberträger monatlich fünf Millionen Euro. Kein Wunder, dass man in Paris hektisch überlegt, was zu tun ist. Die Rede ist abwechselnd davon, die nagelneuen Schiffe zu verschrotten oder sie auf hoher See zu versenken, weil die französische Marine keine Verwendung für die Schiffe hat. Das mutet schon grotesk an.

Die Möglichkeit, die beiden Schiffe an einen dritten Staat, etwa China, zu verkaufen, scheint auch keine Lösung zu sein. Frankreich müsste auch hier befürchten, den Zorn der USA wachzurufen. Außerdem hängt eine solche Lösung von der Zustimmung der Russen ab. Die aber zeigen sich angesichts des schäbigen Angebots aus Paris wenig geneigt, den Franzosen entgegenzukommen. Wer kann es ihnen verdenken?


Frei gedacht
Wo ist nur unsere Kraft geblieben?
von Eva Herman

Wer sein Haus auf ein marodes Fundament baut, der wird nicht lange Freude daran haben: Egal, wie teuer der Glaspalast auch ist, das Ding bricht irgendwann zusammen. Deutschland stöhnt jetzt unter dem Streik der Erzieherinnen. Diese wollen nicht mehr mit den Kindern spielen, solange nicht zehn Prozent mehr Geld gezahlt wird. Es ist ihnen wahrlich nicht zu verdenken. Denn die Arbeit, die sie tun sollen, ist schlichtweg nicht zu stemmen. Bis zu 20 Kinder muss so manche Erzieherin alleine betreuen, nicht selten sind es sogar noch mehr. Manche der Kinder sind erst wenige Wochen alt, sie müssen gewickelt, gefüttert werden, neben den Ein-Zwei-Dreijährigen, die sich jeweils in völlig unterschiedlichen Entwicklungsphasen befinden und dementsprechend mit ganz unterschiedlichen Methoden gefördert werden müss­ten.

Kleine Kinder, überbordend vor Lebensfreude und Wissensdurst, wer soll es schaffen, sie zu fördern? Fördern? Die Kleinen werden heute meist aufbewahrt, man versucht sie zu beschäftigen, irgendwie, mit irgendwas. Erschöpfte, völlig überforderte Erzieherinnen geben ihr Bestes. Doch dies wäre nicht einmal gut genug für nur fünf Kinder in einer Gruppe. Denn der von Bindungsforschern empfohlene Betreuungsschlüssel liegt bei maximal drei Kindern, vorzugsweise noch in unterschiedlichen Altersgruppen, damit die Älteren sich auch einmal kurz selbst beschäftigen können, wenn ein Baby zum Beispiel gewickelt werden muss.

Aber, mal ganz ehrlich, was haben denn Babys und Kleinstkinder überhaupt in einer Fremdbetreuungsanstalt zu suchen? Gehören sie nicht vielmehr zu ihrer Mutter nach Hause? Ist es nicht alleine die Mama, die weiß, was ihr Kind gerade braucht, was ihm besonders gut täte? Wir wollen den Kita-Erzieherstreik einmal zum Nachdenken nutzen: Ist es nicht verrückt, dass die „moderne“ Zivilisation diese ganz natürliche Notwendigkeit der Mutter-Kind-Bindung inzwischen nahezu komplett leugnet, nur, um den feministischen Zielen Folge zu leisten, welche von obskuren Gestalten einst machtvoll verankert werden konnten in dieser Gesellschaft? Ist es nicht ein Wahnsinn, dass man dabei wissend in Kauf nimmt, dass tatsächlich alle an diesem merkwürdigen Spiel Beteiligten letztlich nur leiden?

Da ist die Mutter, die ihr kleines Kind allmorgendlich in fremde Hände geben soll, um so schnell wie möglich wieder am Arbeitsplatz zu erscheinen. Man redet ihr ein, sie mache so Karriere, wobei tunlichst verschwiegen wird, dass auch ein Hamsterrad von innen aussieht wie eine Karriereleiter. Nicht selten sehnt sich ihr Herz den ganzen Tag über hin zu dem Kind, während dieses schreiend hinter ihr her weint. Sie überlässt es der völlig überforderten Erzieherin, und sie weiß in der Tiefe ihres Herzens, dass das Kleine weder optimal gefördert, noch geliebt werden kann: Denn das kann nur sie selbst! Warum wehrt sie sich nicht? Weil sie glaubt, dass sie alleine steht mit dieser Empfindung? Ja, das denkt sie wohl, denn die Medien sagen es schließlich fast alle, die Politiker sagen es auch, ganz viele Leute finden das inzwischen ebenso, und eine andere Meinung wird heute offiziell gar nicht mehr geduldet. Unterdessen geraten viele Mütter unter derartigen Herzens-Stress, dass sie nicht selten Burn-Outs erleiden. Über 50 Prozent sind es in Deutschland.

Dann sind da die Kinder: Wie bereits erwähnt, brauchen sie in den ersten drei, vier Lebensjahren dringend ihre Mutter. Ja, gewiss, auch den Papa, und die Oma und den Opa, die Geschwister, eben den Rest der Familie. Doch ist und bleibt es einzig die Mutter, die es stillen und so beruhigen und fördern kann, wie es dem natürlichen Bedürfnis des Kindes zugute­kommt. Aber danach fragt heutzutage schon längst kein Mensch mehr. Es interessiert auch so gut wie niemanden, dass eindeutig erwiesen ist, dass zu früh fremdbetreute Kinder weniger Selbstbewusstsein haben – übrigens für den Rest des Lebens – und dass sie krankheitsanfälliger sind – auch für den Rest des Lebens. Und so unendlich vieles mehr Wichtiges, was den Rahmen hier jedoch sprengen würde.

Dann sind da die Männer: Sie haben nichts mehr zu sagen. Längst haben sie ihre Ohren eingeknickt ob des feministischen Geheuls, haben sich nach Jahrzehnten der Beschimpfungen als Waschlappen oder gewaltbereiter Macho mit ihrem Nischendasein abgefunden, längst hegen sie keine romantischen Erwartungen mehr an die Frau, denn sie hat dafür schon alleine keine Zeit mehr, geschweige dennoch einen Sinn. Die Männer haben aufgegeben!

Und die Arbeitgeber der Frauen? Sie wissen seit Langem, dass berufstätige Mütter eine Belastung für jedes Unternehmen sind: Wenn das Kind krank ist und zu Hause bleiben muss, dann kommt auch sie später zum Dienst oder erst gar nicht. Die Fehlzeiten dieser Frauen gehen häufig ins Unermessliche, Gehaltserhöhungen kriegen sie deswegen nur selten durch, wahre Karriere machen unterdessen die Kinderlosen. Oder die Quotenfrauen. Heute sind Mütter am Arbeitsmarkt die heimlich Verpönten, weswegen immer weniger Frauen noch Kinder wollen.

Als die bundesdeutsche Politik Anfang des dritten Jahrtausends beschloss, das Land flächendeckend mit einer dreiviertel Million Kitaplätzen zu übersäen, da erhoben sich noch manche Expertenstimmen dagegen. Sie mahnten, warnten vor zahlreichen Übeln, die damit verbunden wären. Doch anstatt den Müttern die Milliarden zu geben, steckte man sie in Gleichstellungs-, Gender- und Kita-Projekte. Die Warner schweigen längst, die meisten wurden mundtot gemacht, doch alle ihre Prophezeiungen bestätigen sich: Unsere Gesellschaft gerät völlig aus den Fugen! Es liegt klar auf der Hand, nirgendwo hat dieses Wahnsinnssystem Segen gebracht. Wie auch? Es ist ja schon in der Grundstruktur vollständig falsch. Dieses System zerstört nun die Gesellschaft, es vernichtet die kleinste, wichtigste Zelle der menschlichen Gemeinschaft: die Familie. Eine Welt, in der das Wohlergehen der Kinder vorsätzlich verhindert wird, hat keine Zukunft. Eine Welt, die desillusionierte Männer hervorbringt, kann keine Kraft und Stärke mehr erlangen. Eine Welt, in der die Mutter nichts mehr wert ist außer einer billigen Arbeitskraft, wird untergehen. Eine Gesellschaft, die träge und stumpf alle diese deutlich sichtbaren Fehler erträgt, ohne Gegenwehr, ohne eigenes Wollen zum Richtigen hin, die hat es nicht besser verdient.

Unsere Welt ist zum Sterben verurteilt. Wir schauen zu, nehmen achselzuckend all die verheerenden Missstände wahr und trösten uns hinweg mit der lapidaren Aussage, dass es die „modernen“ Zeiten sind, die man nun einmal nicht mehr ändern könne. Betont man das Wort „modern“ auf der ersten Silbe, dann ist leicht erkennbar, wohin die Reise geht. Unser Glaspalast steht auf brüchigem Fundament! Der Streik der Kita-Erzieherinnen gibt uns nochmals Gelegenheit, das Falsche zu erkennen, das wir täglich willig zulassen. Mutig und kühn könnten wir die Gelegenheit nutzen, um uns und die nachfolgenden Generationen vielleicht noch zu retten. Wo bleibt die Kraft für den Umsturz, wo die Stärke, um das Ruder noch herumzureißen? Nicht einen fremden Feind haben wir zu fürchten, sondern nur unsere eigene Lauheit.


S. 9 Kultur

Himmel und Hölle
Vor 750 Jahren wurde Dante Alighieri geboren − Italiens Nationaldichter fasziniert bis heute

Neben Petrarca und Boccaccio zählt Dante Alighieri zum Dreigestirn der Florentiner Dichter, die mit ihren Werken die Renaissance einläuteten. Er suchte paradiesische Zustände und erlitt eine Vertreibungs-Hölle.

In einer engen Gasse zwischen dem prächtigen Dom und dem Palazzo Vecchio, dem Rathaus von Florenz, liegt die Casa di Dante. Hunderte von Besuchern strömen täglich in das vermeintliche Ge­burtshaus Dante Alighieris, um in dem Museum dem Geist des Schöpfers der „Göttlichen Komödie“ nahe zu sein. Dabei hatte man zum 500. Geburtstag des Dichters im Jahr 1965 nur einen Nachbau an jener Stelle errichtet, wo man das wahre Geburtshaus vermutete.

Das Haus, in dem Dante laut „Göttlicher Komödie“ im Sternzeichen der Zwillinge, also in der Zeit zwischen dem 22. Mai und 21. Juni, des Jahres 1265 geboren wurde, wird vollkommen anders ausgesehen haben. Da Dantes Vater dem Stadtadel angehörte, könnte es einen hohen Ge­schlechterturm besessen haben. Als Zeichen ihrer finanziellen Potenz schmückten im Mittelalter viele Toskaner ihre Häuser mit einem solchen Symbol der Stärke. Florenz dürfte aus einem Wald von Geschlechtertürmen bestanden haben, ähnlich wie sie heute noch in der toskanischen Stadt San Gimignano erhalten sind. Doch in Florenz machte man sich einen Spaß daraus, den Turm des politischen Gegners abzureißen, bis kaum noch einer übrigblieb.

Denn Dante wuchs in einem Zeitalter des politischen und kulturgeschichtlichen Wandels auf. Die Renaissance stand in den Startlöchern, die das Stadtbild von Florenz so entscheidend prägen sollte. Aber noch war der Palazzo Vecchio nicht fertig, der Dom noch ohne die herrliche Kuppel, Michelangelo und da Vinci noch lange nicht geboren und die Kirchenwände von den Freskenmalern noch unberührt. Nur Giotto, einer der ersten der großen Künstler, die mittelalterliche Heiligenbilder perspektivisch darstellten, war schon vor Ort. Er porträtierte auch Dante.

Auch die politischen Wirren veränderten Florenz. Und Dante, der noch als Soldat gegen die Nachbarstadt Arezzo ritt und focht, stand mitten im Geschehen. In Florenz tobten Machtkämpfe zwischen papst- und kaisertreuen Anhängern. Behielten anfangs die Ghibellinen, die sich als Anhänger Kaiser Friedrichs II. nach der württembergischen Stauferstadt Waiblingen nannten, die Oberhand in der Stadt, so taten es nach dem Ende der Stauferdynastie um 1268 die nach dem deutschen Welfengeschlecht benannten Guelfen. Dass sich diese Papstpartei bald in Romgläubige schwarze Guelfen und kaisertreue weiße Guelfen spaltete und sich bis aufs Blut bekämpfte, war Dantes Lebens-Trauma.

Weil nach dem Sturz der aristokratischen Ghibellinen der Adel entmachtet wurde, schloss sich Dante der Zunft der Apotheker und Ärzte an, um im Stadtrat als weißer Guelfe wirken zu können. Und als Papst Bonifatius VIII. das kaiserlose Machtvakuum nutzen und den Kirchenstaat nach Norditalien ausdehnen wollte, wurde Dante nach Rom zu Verhandlungen geschickt. Doch just dann nahm Karl von Valois im Auftrag des Papstes 1301 Florenz ein und verhalf den schwarzen Guelfen zur Macht. Dante wurde verbannt und später sogar für vogelfrei erklärt. Er sah seine Heimatstadt nie wieder.

In seinen verschiedenen Exilorten wie Bologna, Verona oder Venedig kämpfte Dante weiter für seine Vision von einem geeinten Italien – nun aber in dichterischer Form. In seiner Schrift „De Monarchia“ hoffte er auf eine Wiederherstellung des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation unter dem römisch-deutschen König Heinrich VII. Doch während seines Italienfeldzugs starb der Wunschkaiser kurz nach seiner Kaiserkrönung 1313 im toskanischen Siena.

Mit seiner „Göttlichen Komödie“ schuf Dante dafür ein Werk, das sprachlich alle Italiener vereinte. Was Luther für die Deutschen, das war Dante für die Italiener, denn er dichtete nicht auf Latein, sondern auf Italienisch und sorgte dafür, dass das Toskanische in Italien schriftliche Hochsprache wurde.

Sprachlich neue Wege weisend, war seine Dichtung mit der Reise in die drei Jenseitsreiche Hölle, Läuterungsberg und Paradies noch mittelalterlichen Formen und Trinitätsglauben verpflichtet. Vor allem die Hölle bietet Bilder, wie sie Hieronymus Bosch nicht besser hätte zeichnen können. Da wälzen sich die Sünder nackt im Schlamm, stehen in Kot oder zerfleischen sich. Unter den 79 Personen, die Dante in die Hölle verbannte, befinden sich Fürsten und Päpste, aber auch zeitgenössische Personen, die erst Dante berühmt machte. Tschaikowski vertonte das Schicksal der Ehebrecherin Fran­ces­ca da Rimini als Ouvertüre. Puccini schrieb über den Testamentsfälscher Gianni Schicchi eine Oper. Und der Sturm-und-Drang-Dichter Wilhelm von Gerstenberg nahm sich in einem Trauerspiel des pisanischen Grafen Ugolino an, der nach einer Intrige mit seinen Söhnen in einem Turm eingesperrt den Hungertod stirbt.

Als Führer durch die Hölle und dem Berg der Büßer lässt sich Dante vom römischen Dichter Vergil leiten. Nicht ohne Hintersinn. Ähnlich wie dessen Epos „Aeneis“ die Gründung Roms erzählt, sollte die „Göttliche Komödie“ mit enzyklopädischem Wissen den Beginn einer Epoche markieren. Mit dem „Paradies“ hat Dante seine Utopie eines göttlichen Musterstaats ge­staltet. Ge­führt wird er hier nicht mehr von Vergil, sondern von Beatrice, einem früh verstorbenen Idealbild einer Frau, der er in einer Kirche begegnet war. Verheiratet war er aber mit einer Frau, die er im Werk nirgends erwähnt, mit der er schon mit zwölf Jahren verlobt wurde und mit der er nach der Heirat vier Kinder hatte. Den Ruhm der „Göttlichen Komödie“, von der es auch 50 deutsche Übersetzungen gibt, bekam er nicht mehr mit. Dante starb am 14. September 1321 in Ravenna kurz nach Vollendung der 14233 Verse. Harald Tews


Farbexplosion in Zelle 117
Göttingens kreativer Häftling Julius Klingebiel − Der Patient und Künstler starb vor 50 Jahren

Seit einigen Jahren pilgern Kunstsachverständige mit einer Sondergenehmigung in die Zelle 117 des Festen Hauses im ehemaligen Landeskrankenhaus von Göttingen. Das Feste Haus ist bis jetzt Bestandteil des Maßregelvollzugszentrums in Niedersachsen und deshalb für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Den Grund für das Interesse lieferte Julius Klingebiel, der ehemalige Insasse dieser Zelle.

Der an einer Psychose leidende Künstler wurde von den Nationalsozialisten als „gemeingefährlicher Geisteskranker“ inhaftiert, überlebte die NS-Zeit und schuf ab 1951 in seiner Zelle Wandmalereien, die inzwischen als Kunstwerke von internationaler Bedeutung bewertet werden. Sie be­schäftigen nicht nur Kunstwissenschaft, sondern auch die Stadtoberen von Göttingen, das Sprengel-Museum in Hannover und die Regierung von Niedersachsen. Es geht um die Zukunft der Klingebiel-Kunst und ihre Erschließung für die Öffentlichkeit. Nach einem Neubau und dem geplanten Umzug der Anstaltsinsassen werden das Feste Haus und damit auch die Zelle 117 als Kulturdenkmal für eine neue Nutzung frei. Klingebiel erreichte so über seinen Tod vor 50 Jahren hinaus eine ungewöhnliche Nachwirkung.

Der spät als Künstler erkannte Psychiatrie-Patient wurde am 11. Dezember 1904 in Hannover geboren. Er war der Sohn eines Postbeamten, absolvierte nach dem Schulbesuch eine Schlosserlehre und war zeitweilig Angehöriger der Reichswehr. 1935 heiratete Klingebiel. Bis dahin gab es keinerlei künstlerische Aktivitäten. Dafür fiel er durch eine Psychose auf. Er würgte 1939 aus heiterem Himmel seinen Stiefsohn, wurde von der Polizei festgenommen und nach eingehendem Verhör als „gemeingefährlicher Geisteskranker“ in die Nervenklinik von Hannover eingewiesen. Es folgten der Wechsel in die Provinzial- und Heilanstalt in Wunstorf, die im Dritten Reich für psychiatrisch Kranke eingeführte Zwangssterilisation und im Au­gust 1940 die Überführung in die Landesheil- und Pflegeanstalt.

Göttingen hatte für Klingebiel einen Vorteil: Der Patient, der als unheilbar eingestuft worden und für die Tötung entsprechend der NS-Tötungsvorschriften vorgesehen war, entging der Ermordung, weil Gottfried Ewald, der Chef der Anstalt, gegen diese Praxis eintrat. Klingebiel blieb so am Leben. Rund 200000 geistig Be­hinderte wurden von den Nationalsozialisten bis 1945 getötet. Nach dem Krieg blieb Klingebiel entgegen dem neuen Recht ohne richterliche Erlaubnis weiter in der geschlossenen Unterbringung − ein klarer Rechtsverstoß.

Ab 1951 begann er mit Steinchen, die er beim Hofgang aufgelesen hatte, Figuren in seine Wände zu ritzen, die eine künstlerische Begabung verrieten. Die Anstaltsleitung gab ihm deshalb bald Farben und Malutensilien, die der Patient mit großem Engagement und immer größerer künstlerischer Perfektion nutzte. Er malte ohne jede künstlerische Ausbildung Tiere, Menschen und Landschaften. Bald waren alle Wände gestaltet. Danach erneuerte er einzelne Teile. Zur Wandmalerei gesellten sich auch Einzelbilder auf Papier. Alles löste großes Erstaunen aus. Aber eine Neubewertung seiner psychischen Er­krankung fand nicht statt. Klingebiel blieb unter Verschluss. Er malte bis 1963, starb vor 50 Jahren, am 26. Mai 1965, in seiner Zelle und geriet in Vergessenheit.

Schließlich wurde die Künstlerzelle durch Kunstsachverständige entdeckt. Der Kunsthistoriker Thomas Röske, der Erfahrungen mit psychiatrisch kranken Künstlern hatte, ordnete das Werk der „Außenseiter-Kunst“ zu und be­tonte dabei die „kulturgeschichtliche Bedeutung“ der Zelle 117.

Anschließend kam Bewegung in das Feste Haus in Göttingen. Kunstwissenschaftler gaben sich mit Sondererlaubnis die Klinke in die Hand. Eine begehbare Rauminstallation mit Großfotos entstand für die Außenwelt, die zunächst in Göttingen gezeigt wurde und zuletzt in Berlin und Heidelberg zu sehen war. Dazu erschien 2013 ein Buch über Klingebiel und seine Kunst. Das Sprengel-Museum in Hannover meldete Interesse an. Doch auch Göttingen ist erwacht und will die Kunstwerke im Ort behalten. Man darf gespannt sein, wie der inzwischen entbrannte Wettlauf um die Zelle 117 ausgeht. Martin Stolzenau


Heile Familienwelt
Udo-Jürgens-Musical erobert Hauptstadt

Vor rund acht Jahren wurde das Udo-Jürgens-Musical „Ich war noch niemals in New York“ in Hamburg uraufgeführt. Rund vier Millionen Menschen haben seither Eintritt bezahlt, um eine rührende Geschichte mit 20 der schönsten Schlager von Udo Jürgens zu erleben. Die Show wurde auch in anderen Städten wie Stuttgart gezeigt, aber auch im Ausland wie in Wien, Tokio oder Zürich.

Eigentlich war es überfällig, dass auch in Berlin dieses Musik­ereignis auf die Bühne kam. Als jetzt im „Theater des Westens“ die Berliner Uraufführung stattfand, war Udo Jürgens schon tot. Der österreichische Sänger, Pianist und Komponist starb am 21. De­zember 2014 in der Schweiz. Zuvor hatte er alle Premieren besucht. Das erforderte viel Sitzfleisch und Begeisterung von dem 80-Jährigen, denn jede Premiere dauert drei Stunden.

Das Thema des Musicals ist auf ein älteres Publikum zugeschnitten. Die beiden Protagonisten Maria und Otto sind Bewohner eines Altersheims. Aber den beiden steht der Sinn nach neuen Erlebnissen, und sie wollen ungewöhnliche Dinge machen. So kommt das Liebespaar auf die Idee, auf ihre „alten Tage“ zu heiraten. Aber nicht irgendwo, sondern in New York und da natürlich unter der Freiheitsstatue. Marias Tochter Lisa und Ottos Sohn Axel sehen die Absichten ihrer Eltern eher kritisch. Abgesehen davon hat Lisa einen Herzenswunsch: Die Moderatorin will endlich einen Fernsehpreis gewinnen. Wie jeder Mensch sehnt sie sich nach Anerkennung und Aufmerksamkeit. Genau das verweigert sie aber der eigenen Mutter. In der zweiten Szene sitzt Maria traurig auf dem Sofa, weil ihre karrierefixierte Tochter wieder einmal ihren Geburtstag vergessen hat. Man fragt sich, woher Lisa den Mut nimmt, ihrer Mutter hinterherzureisen, um ihr ihre Heirats­pläne auszureden. Schließlich sind sie alle zusammen auf dem Ozeanliner: Maria und ihr Otto, Lisa und Axel und das Enkelkind Florian.

Eine schöne Familienwelt, die am Ende wieder harmonisch heil wird. Politisch korrekt weist das Stück eine Nebenrolle dem schwulen Pärchen Fred und Costa zu. Erster verdient seinen Lebensunterhalt als Friseur, Costa wurde als Grieche vielleicht für Udo Jürgens Lied „Griechischer Wein“ eingebaut. Theo Maass

„Theater des Westens“, Kantstraße 10–12, Karten erhältlich bis 27. September. Die Preise liegen zwischen 41 und 136 Euro. Bestell-Hotline: 01806-570070.


MELDUNGEN

Von Posen nach Köln gemalt

Köln − Dem aus Schneidemühl in der Provinz Posen stammenden Bernard Schultze widmet das Kölner Museum Ludwig vom 30. Mai bis 22. November zum 100. Geburtstag des Malers am 31. Mai eine große Sonderausstellung. Schultze war ein führender Protagonist der gestisch-abstrakten Malerei in Europa. Als er 1952 mit Karl Otto Götz und anderen die Künstlergruppe Quadriga gründete, war dies die Geburtsstunde der „Informel“ genannten Stilrichtung in Deutschland. Er schuf bis ins ho­he Al­ter hinein farbintensive, detailreiche Gemälde, Zeichnungen und Reliefs, die schließlich auswucherten zu dreidimensionalen Farbskulpturen aus Draht, Textilien und Plastikmasse. Das Museum Ludwig be­herbergt den Großteil des künstlerischen Nachlasses des 2005 in Köln gestorbenen Malers. tws

 

Iphigenie in Salzburg

Salzburg − Im Zentrum der vom 22. bis 25. laufenden Pfingstfestspiele steht diesmal Iphigenie auf Tauris und zwar als Oper von Christoph Willibald Gluck und als Schauspiel von Goethe. Am Sonntag geben Jos van Immerseel und Musiker von Anima Eterna Brugge ihr Debüt bei den Pfingstfestspielen. Auf dem Programm stehen Werke von Claudio Monteverdi und Franz Schubert, Solisten sind Christoph Prégardien sowie sein Sohn Julian Prégardien – beide international gefragte Tenöre. Das Festival endet Pfingstmontag mit einem Festkonzert, bei dem neben der künstlerischen Festspiel-Leiterin Cecilia Bartoli auch Opernstar Anna Netrebko auftreten wird. tws


S. 10 Geschichte

»Volle Kraft voraus«
Seit 150 Jahren nimmt sich die DGzRS der Seenotrettung vor Deutschlands Küsten an

Die Seenotretter sind rund um die Uhr im Einsatz. Sie fahren bei jedem Wetter auf das Meer hinaus, um Schiffbrüchige aus Seenot zu retten. Jetzt feiert die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger ihr 150-jähriges Bestehen.

Jahrhundertelang wurden die Opfer hingenommen, welche die Seefahrt forderte. Selbst wenn ein Schiff in Küstennähe strandete, galt das Interesse der Küstenbewohner nicht der Rettung der Schiffbrüchigen, sondern dem Strandgut, welches das Meer an Land spülte. Erst allmählich kamen humanitäre Gedanken auf.

Während es in Großbritannien und den Niederlanden schon ab 1824 private Rettungsgesellschaften gab, brachte in Deutschland erst die Strandung des Auswandererschiffs „Johanne“ 1854 im schweren Sturm vor der Insel Spiekeroog, bei der 84 Menschen ertranken, den Gedanken an eine organisierte Seenotrettung auf. Aber der Mangel an Rettungseinrichtungen führte auch in den nächsten Jahren immer wieder zum Tod von Schiffbrüchigen in Küstennähe, obwohl vereinzelt lokale Rettungsstationen gegründet wurden.

Letztere vereinigten sich am 29. Mai 1865 in Kiel zur Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. Erster Vorsitzender der DGzRS wurde Konsul Hermann Henrich Meyer, der Mitbegründer der Bremer Reederei Norddeutscher Lloyd. In den folgenden Jahren wurden an den Küsten überall neue Stationen gegründet. Sie waren mit Ruderrettungsbooten und Raketenapparaten ausgestattet, mit denen von Land aus eine Leinenverbindung zu gestrandeten Schiffen hergestellt werden konnte, um die Schiffbrüchigen mit Hosenbojen zu bergen. 1867 gelang es Meyer, Preußens König Wilhelm I. als „Protector“ der DGzRS zu gewinnen. In der Nachfolge Wilhelms I. ist heute der amtierende Bundespräsident der Schirmherr der Gesellschaft. Von Anfang an organisierte die DGzRS nicht nur freiwillige Seenotretter, die mutig den Gefahren der Stürme trotzten, sondern entwickelte auch die optimale Rettungsausstattung. Schon 1870 wurde das leichte und gut zu handhabende „Deutsche Normal-Rettungsboot“ in Dienst gestellt, das durch Pferdegespanne von den Schuppen zum Strand transportiert wurde. Die Boote waren mit acht oder zehn Ruderern bemannt, die Navigation übernahm ein Vormann. Diese traditionelle Bezeichnung für den Schiffsführer eines Rettungsbootes wird bis heute verwendet. In den ersten zehn Jahren konnten durch die junge Gesellschaft 870 Menschen aus Seenot gerettet werden, und es wurden bereits 91 Rettungsstationen errichtet. Als Spendenbüchsen wurden die traditionellen „Sammelschiffchen“ eingeführt, von denen bis heute noch als „32-Zentimeter-Rettungsbootklasse“ über 14000 deutschlandweit im Einsatz sind. Beim 25-jährigen Bestehen im Jahr 1890 gab es zwischen Borkum und Memel 111 Rettungsstationen, auf denen 1000 freiwillige Rettungsmänner im Einsatz waren.

Nach dem Ersten Weltkrieg mussten die Stationen auf Röm und im Danziger Raum aufgegeben werden, während der Rettungsdienst im Memelland vorerst noch weiterbetrieben wurde. Bei der Ausrüstung kam es zu bahnbrechenden Weiterentwicklungen durch den Einsatz von Motorbooten. Während die ersten Einheiten noch offen waren und auch einige Ruderboote nachgerüstet wurden, kamen dann 1925 mit dem Einbau von Dieselmotoren die ersten gedeckten Rettungsboote in Fahrt. Durch die Ausstattung mit Funkgeräten und dem turmartigen Aufbau für den Fahrstand, durch den die See weit überblickt werden konnte, wurden die Seenotretter immer leistungsfähiger. Als humanitäre Organisation konnte die DGzRS nach 1933 der Gleichschaltung entgehen und im Zweiten Weltkrieg unter dem Schutz der Genfer Konvention und des Internationalen Roten Kreuzes weiterhin tätig sein. Ein neues Einsatzfeld war nun die Rettung von über See abgeschossenen Piloten, egal ob „Freund oder Feind“.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in der SBZ/DDR die Seenotrettung in staatlicher Regie reorganisiert. Im Westen hingegen konnte die DGzRS in Bremen nach dem Kriegsverlust durch Bombentreffer ein neues Hauptgebäude mit Werft aufbauen. Dort wurde auch die Seenotleitung eingerichtet. Mit der Indienststellung der „Hermann Apelt“ begann die Ära der Seenot­rettungskreuzer mit Tochterbooten, mit denen nicht zuletzt im Flachwasser die Rettung und die Übernahme an Bord erleichtert wurden. 1957 wurde der 23,2 Meter lange und 20 Knoten schnelle Seenotkreuzer „Theodor Heuss“ als erste Serienfertigung in Dienst gestellt. In den nächsten Jahrzehnten wurde die Flotte ständig aktualisiert und es wurden bis zu 46 Meter lange und 30 Knoten schnelle Seenotkreuzer entwickelt. Die „Theodor Heuss“ kam nach ihrer Ausmusterung 1987 als technisches Meisterwerk ins Deutsche Museum in München, wo sie heute noch zu besichtigen ist. Seit 1990 gehört auch die mecklenburg-vorpommersche Küste wieder zum Revier der DGzRS.

In den letzten 150 Jahren konnten über 80000 Menschen aus Seenot oder aus lebensbedrohlichen Situationen gerettet werden. Dabei kamen 45 Seenotretter ums Leben. Heutzutage sind rund 180 fest angestellte und mehr als 800 ehrenamtliche Seenotretter allzeit einsatzbereit. Mit 60 Seenotrettungsbooten werden von 54 Stationen aus die deutschen Küsten und Inseln zwischen der Emsmündung und der Pommerschen Bucht gesichert. Im letzten Jahr konnten 64 Schiffe und Boote vor dem Totalverlust bewahrt werden, bei insgesamt 2183 Einsätzen in Nord- und Ostsee. Dabei legten allein die 20 Seenotrettungskreuzer 72094 Seemeilen zurück, das entspricht etwa drei Erdumrundungen. Die Seenotleitung Bremen koordiniert zentral Rettungsmaßnahmen, während die Seenotküstenfunkstelle Bremen Rescue Radio die internationalen Funknotruffrequenzen überwacht. Die DGzRS nimmt alle diese Aufgaben ohne Förderung durch Steuergelder wahr, sondern finanziert sich ausschließlich durch Spenden und freiwillige Beiträge. Das Jubiläum wird von der Bundesregierung mit der Herausgabe einer Sonderbriefmarke und einer Zehn-Euro-Gedenkmünze gewürdigt. Angesichts des zunehmenden Seeverkehrs heißt es auch für die Zukunft „Volle Kraft voraus“, wie der ehrenamtliche „Bootschafter“ Klaus Lage es in seinem „Seenot­rettersong“ zum Jubiläum besingt.

Britta Heitmann


Chef des Militärkabinetts von Friedrich Wilhelm IV.
Als Adjutant seines Vaters und erfolgreichen Verteidigers Cosels verdiente sich August Wilhelm von Neumann seine ersten Meriten

Am 27. Januar 1889 verlieh Kaiser Wilhelm II. dem preußischen Jägerbataillon Nr. 5 in Hirschberg den Namen „von Neumann“. Damit würdigte er den 65 Jahre währenden vorbildlichen Einsatz von August Wilhelm von Neumann-Cosel, der vor 150 Jahren gestorben ist.

Für seinen Einsatz während des Bayerischen Erbfolgekrieges 1778/79 wurde der ostpreußische Premierleutnant und Kaufmannssohn David Neumann von Friedrich dem Großen in den erblichen preußischen Adelsstand erhoben. Dieser Auszeichnung, die am 9. Juni 1779 erfolgte, schlossen sich im Ersten Koalitionskrieg gegen Napoleon (1792–1797) noch die Verleihung des Ordens Pour le Mérite sowie diverse Beförderungen an. Dann übertrug König Friedrich Wilhelm III. dem nunmehrigen Oberstleutnant David von Neumann am 11. September 1802 den Befehl über die im Bau befindliche oberschlesische Festung Cosel an der strategisch wichtigen Route von Neisse nach Krakau. Damit wollte er dem altgedienten Offizier, der im August 1804 schließlich auch noch zum Oberst avancierte, die „Beschwernisse des Felddienstes“ ersparen.

Allerdings endete Neumanns Schonzeit, als es während des Vierten Koalitionskrieges 1806/07 zur Belagerung durch französische und bayerische Truppen unter General Graf Bernhard Erasmus von Deroy kam. Deroy hatte zuvor bereits Breslau und Brieg überwältigt und glaubte, die immer noch nicht fertiggestellte Festung Cosel, die zudem nur sehr dürftig bemannt war, ohne besondere Mühe einnehmen zu können. Doch da machte ihm David von Neumann einen Strich durch die Rechnung, indem er das Kapitulationsangebot von Ende Januar 1807 vom Tisch wischte, wobei er nicht zuletzt Rückendeckung von seinem ältesten Sohn und nunmehrigem Adjutanten August Wilhelm erhielt.

Dieser war am 17. April 1786 in Neisse geboren worden und hatte seine militärische Karriere haargenau am 1. Januar 1800 begonnen. Gemeinsam mit dem Vater erreichte der inzwischen zum Sekondeleutnant Aufgestiegene, dass die Festungsbesatzung, die aus Angehörigen von feldzugsuntauglichen Dritten Bataillonen und unzuverlässigen, schlecht bewaffneten Polen bestand, während des Bombardements nicht das Weite suchte. Dann setzte im März das Frühjahrshochwasser der Oder ein, woraufhin die Belagerer ihre Geschütze abzogen und zu einer mehr oder weniger unwirksamen Teilblockade übergingen. Das gab August Wilhelm von Neumann die Gelegenheit, sich am 31. März 1807 durch die französischen Linien zu schleichen, um nachfolgend nach Königsberg zu reiten, wo er Friedrich Wilhelm III. über den Verlauf der Ereignisse im Ringen um Cosel informierte. Daraufhin erließ der Monarch am 11. April 1807 eine Allerhöchste Kabinetts­order, mit der er David von Neumann zum Generalmajor beförderte; tragischerweise starb dieser aber nur fünf Tage später an Wundbrand.

Als sein Sohn im Juni 1807 nach Cosel zurückkehrte, hatte der neue Festungskommandant Oberst Ludwig Wilhelm von Puttkamer gerade eben kapituliert. Allerdings verhinderte das Eintreffen der Nachricht vom Frieden von Tilsit die Übergabe der Festung, die am 16. Juli erfolgen sollte, so dass der Einsatz der beiden Neumanns am Ende doch nicht vergebens gewesen war. In Erinnerung an die heroische Verteidigung von Cosel gestattete Kaiser Wilhelm I. 1880 beziehungsweise 1881 sämtlichen männlichen Nachkommen David von Neumanns die Namensmehrung auf „von Neumann-Cosel“. Mit diesen beiden Erlassen legalisierte der Monarch eine Praxis, die auf August Wilhelm von Neumann zurückging, der den Zusatz bis zu seinem Tode quasi eigenmächtig geführt hatte.

Dass niemand gewillt gewesen war, hieran Anstoß zu nehmen, resultierte sicher aus der weiteren militärischen Karriere des Sohnes des Retters von Cosel, die überaus steil verlief. So beteiligte sich Neumann beziehungsweis nun eben Neumann-Cosel zunächst an den folgenden Kämpfen gegen Bonaparte und dessen Verbündete, die er erst als Stabskapitän im Schlesischen Schützenbataillon und dann als Major und Kommandeur dieser Einheit erlebte. Dabei nahm der Offizier an zwei besonders wichtigen Treffen während der Befreiungskriege teil, nämlich der Schlacht von Großgörschen vom 2. Mai 1813, in der Napoleon einen Pyrrhus-Sieg erkämpfen konnte, sowie der Schlacht von Belle Alliance am 18. Juni 1815, die das Ende der Herrschaft des französischen Kaisers und Eroberers besiegelte. Hierfür erhielt Neumann-Cosel sowohl das Eiserne Kreuz Zweiter als auch Erster Klasse.

Anschließend übernahm er das Kommando über das Gardejägerbataillon Nr. 1 in Potsdam. Dem folgte dann bereits 1817 die Ernennung zum Inspekteur aller Jäger und Schützen. Dabei bewährte sich der nunmehrige Oberstleutnant und spätere Oberst erneut in so starkem Maße, dass er im Herbst 1837 in die Kommission berufen wurde, der es oblag, ein neues Dienstreglement für die preußische Armee zu erarbeiten. Zuvor hatte ihm der König 1831 auch noch den Oberbefehl über die 2. Landwehrbrigade übertragen.

Im Jahre 1839 stieg der inzwischen zum Generalmajor beförderte Neumann-Cosel zum Chef des Stabes beim Kronprinzen von Preußen auf, der ihn dann nach seiner Inthronisierung 1840 zum Generaladjutanten machte. Hieran schloss sich 1841 die Ernennung zum Chef des Militärkabinetts von Friedrich Wilhelm IV. an. In dieser Eigenschaft regelte er alle die Angelegenheiten des Heeres, für die ausschließlich der König verantwortlich zeichnete. Die nächsten Karriereschritte waren die Beförderung zum Generalleutnant (1844) beziehungsweise General der Infanterie (1853) und die Ernennung zum Chef des reitenden Feldjägerkorps (1847).

Aufgrund der zahlreichen internen Veränderungen infolge der Märzrevolution von 1848 bat Neumann-Cosel um die Entbindung von seinen diversen Verwaltungsaufgaben, die der König auch genehmigte. Dem folgte 1856 ein Abschiedsgesuch des Generals, der jetzt immerhin schon 70 Jahre alt war. Doch noch wollte Friedrich Wilhelm IV. nicht auf die Dienste des bewährten Offiziers verzichten – allerdings ließ er dessen Arbeitslast weiter reduzieren und ehrte ihn zudem 1857 durch die Verleihung der höchsten preußischen Auszeichnung überhaupt, nämlich des Ordens vom Schwarzen Adler.

Somit befand sich der 79-jährige August Wilhelm von Neumann-Cosel tatsächlich immer noch im aktiven Dienst, als er am 20. Mai 1865 in Berlin starb.

Wolfgang Kaufmann


S. 11 Preussen

Sein Tod führte zu Hitlers Prinzenerlass
Vor 75 Jahren fiel der älteste Enkel des letzten deutschen Kaisers, Wilhelm Prinz von Preußen

Vor 75 Jahren fiel der älteste Enkel des letzten deutschen Kaisers, Wilhelm Prinz von Preußen, bei einem Aufklärungsunternehmen in Belgien. Daraufhin kam es zu derart überwältigenden Beileidsreaktionen unter der Bevölkerung, dass Adolf Hitler den sogenannten Prinzenerlass herausgab, mit dem er den Angehörigen früherer deutscher Herrscherhäuser verbot, an der Front zu kämpfen.

Wilhelm Friedrich Franz Joseph Christian Olaf von Preußen, der am 4. Juli 1906 im Potsdamer Marmorpalais, der privaten Sommerresidenz der Hohenzollern geboren wurde, war der älteste Sohn des Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen. Damit stand er in der Thronfolge sehr weit oben, was dann freilich nach der Abdankung seines Großvaters, Kaiser Wilhelm II., nur noch theoretische Bedeutung hatte.

Wilhelm Prinz von Preußen studierte ab 1925 an den Universitäten von Königsberg, München und Bonn Rechtswissenschaften. Dabei lernte er Dorothea von Salviati kennen, mit der er am 3. Juni 1933 die Ehe einging, obwohl der frühere Kaiser ihn für diese nicht ebenbürtige Verbindung heftig kritisiert hatte. Als Konsequenz hieraus verzichtete Wilhelm auf das Erstgeborenenrecht, ohne dabei aber zugleich auch seinen Thronanspruch im Grundsätzlichen aufzugeben. Zudem wurde die Verbindung dann 1940 doch noch als dynastisch anerkannt, so dass die beiden Töchter Wilhelms, Felicitas und Christa, hinfort den Titel „Prinzessin“ führen durften.

Da Wilhelm von Preußen bereits seit seinem zehnten Geburtstag dem 1. Garderegiment zu Fuß angehörte, fühlte er sich auch dem Infanterieregiment Nr. 9 der Reichswehr verbunden, das in der Tradition der alten preußischen Eliteeinheit stand, die früher vom jeweiligen König höchstpersönlich kommandiert worden war. Deshalb nahm der Prinz 1926 als Gast an den Herbstmanövern des Infanterieregimentes Nr. 9 teil – und zwar in Uniform. Dies kostete den Chef der Heeresleitung, Generaloberst Hans von Seeckt, das Amt, weil er mit seiner Einladung angeblich das Ansehen der Armee der Weimarer Demokratie geschädigt hatte. Dabei stand Wilhelm von Preußen der Republik stets loyal gegen­über, was sich nicht einmal dann änderte, als die linke Journaille ihn mit Hohn und Spott übergoss, nachdem es dem arbeits- und staatenlosen Hochstapler Harry Domela gelungen war, eine Zeit lang in der Öffentlichkeit an seiner Statt aufzutreten. Der Prinz genoss sogar einen derart guten Ruf, dass die Verschwörer um Hans Oster und Erwin von Witzleben, die Adolf Hitler während der Sudetenkrise von 1938 stürzen wollten, den Plan verfolgten, ihn zum neuen deutschen Staatsoberhaupt zu küren.

Zu diesem Zeitpunkt lebte Wilhelm von Preußen noch auf Schloss Klein Obisch bei Glogau in Schlesien, wo er sich mit der Bewirtschaftung der umliegenden Ländereien beschäftigte. Kurz darauf wechselte der Hohenzoller dann jedoch in die 1. Infanteriedivision, in deren Verband er zum Chef der 11. Kompanie des Infanterieregiments Nr. 1 avancierte. Dem folgte die Teilnahme am Feldzug gegen Polen. Inwieweit der nunmehrige Oberleutnant der Reserve dabei an direkten Kämpfen beteiligt war, lässt sich heute nicht mehr ermitteln, weil die Kriegstagebücher der 1. Infanteriedivision 1942 bei einem Luftangriff auf Berlin verbrannten. Allerdings ist zu vermuten, dass er genauso im Feuer stand wie sein Cousin Oskar Wilhelm Cuno Prinz von Preußen, der am 5. September 1939 nahe dem Fluss Widawka fiel. Immerhin drang die Division ja von Neidenburg in Ostpreußen bis nach Warschau vor.

Auf jeden Fall aber nahm Wilhelm von Preußen dann an Kampfhandlungen teil, als seine Einheit mit Beginn des deutschen Westfeldzuges in Belgien einrückte und auf die französische Grenze zumarschierte. Dabei kam es am 23. Mai 1940 zu schweren Gefechten, in deren Verlauf die Infanterieregimenter Nr. 1, 22 und 43 von Givry aus nach Westen vorstießen und die aus Teilen der 43. Division und der Festungsbrigade Maubeuge, bestehende Vorausabteilungen der Franzosen bei Quevy einkreisten und zerschlugen. Anschließend erhielt die 11. Kompanie am Nachmittag den Auftrag, die Umgebung des Dorfes Blaregenies zu erkunden, wo der Divisionskommandeur, Generalleutnant Philipp Kleffel, versprengte feindliche Truppen beziehungsweise Nachzügler vermutete.

Was dann geschah, geht aus einem Erinnerungsbericht des früheren Unteroffiziers Ernst Wittrien aus dem Jahre 1985 hervor: Als die deutschen Soldaten noch etwa 300 Meter von der Ortschaft entfernt waren, gerieten sie in plötzliches Maschinengewehrfeuer, das vom Dach eines weiß gestrichenen Hauses am Rande des Dorfes kam. Daraufhin versuchte Wilhelm von Preußen mit einigen seiner Männer, das Gebäude zu stürmen, um das MG-Nest auszuschalten. Und dies gelang ihm auch – allerdings um den Preis von zwei Toten und 18 Verwundeten, von denen vier so schwer getroffen waren, dass sie noch auf dem Wege zum Verbandsplatz verbluteten. Ebenso hatte der Kompaniechef selbst drei Bauchschüsse erlitten, weswegen er ins Feldlazarett von Nivelles gebracht werden musste, wo er dann am 26. Mai 1940 an seinen Verletzungen starb.

Drei Tage später fand der Trauergottesdienst für Wilhelm Prinz von Preußen in der Potsdamer Friedenskirche statt, nach dem sich dann der größte spontane Massenauflauf während der gesamten NS-Zeit entwickelte: 50000 Menschen säumten den Weg des Sarges bis zum Bestattungsplatz, dem Antikentempel im Schloss­park von Sanssouci. Dies wiederum bewog Hitler zur Herausgabe des Prinzenerlasses, in dem er sämtlichen Angehörigen der bis 1918 regierenden Herrschergeschlechter Deutschlands den Einsatz an der Front untersagte. Die Begründung hierfür lautete, das Dritte Reich könne „auf den Heldenmut fürstlicher Vaterlandsverteidiger verzichten“. Tatsächlich ging es Hitler aber darum, weitere solcher Todesfälle und die daraus resultierenden Sympathiebekundungen zu verhindern, weil diese der monarchistischen Opposition gegen die Nationalsozialisten Auftrieb verleihen könnten.

Der Weisung von 1940 schloss sich drei Jahre später das Verbot an, überhaupt in der Wehrmacht zu dienen, womit auch die militärische Karriere von Oskar Prinz von Preußen, dem fünften Sohn Kaiser Wilhelms II., endete. Der war am 1. März 1940 zum Generalmajor befördert worden, muss­te aber wegen des Prinzenerlasses in die Führerreserve wechseln und schließlich im Mai 1943 ganz ausscheiden. Wolfgang Kaufmann


Wegweisender Vordenker grüner Städte
Für den Landschaftsarchitekten und Autoren Leberecht Migge hatte das städtische Grün nicht nur schön, sondern auch nützlich zu sein

Leberecht Migge wird zu den herausragendeN Gartenarchitekten der Weimarer Republik gezählt. Einerseits stand er in der Tradition der stadtplanerischen Reformbewegung des Endes des 19. Jahrhunderts, andererseits entwickelte er sich nach der Jahrhundertwende zu einem der Hauptrepräsentanten in Deutschland der englischen Gartenstadtbewegung und entwickelte völlig neuartige Konzepte der Freiraumgestaltung, die über die Ziele der maßgeblichen Protagonisten des Neuen Bauens wie Walter Gropius mit dem Bauhaus weit hinausgingen. Nur wenige Architekten wie Bruno Taut, Ernst May, Otto Haesler und Martin Wagner arbeiteten mit ihm in seinem Sinne zusammen. Der Garten war für Migge ein „erweiterter Wohnraum“ bis hin zur Möglichkeit der Selbstversorgung für sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen. Mit seinen ungewöhnlichen Ideen galt der Vordenker grüner Städte vielen Kollegen allerdings als „Außenseiter“ und „Einzelkämpfer“. Migge schuf lebenslang unverdrossen deutschlandweit viele Grünbereiche, die bis heute nachwirken wie in Leipzig, Berlin, Dessau, Frankfurt am Main, Oldenburg und Wilhelmshaven; seine wegweisenden Konzepte veröffentlichte er in diversen Schriften, die bis heute aktuell sind. Der Gartenarchitekt setzte sich damit selbst eigene Denkmäler und erreichte über seinen frühen Tod vor 80 Jahren hinaus eine erhebliche Nachwirkung.

Der Vordenker grüner Städte wurde am 20. März 1881 in Danzig geboren. Er war das zwölfte der 13 Kinder seiner Eltern. Die Mutter war eine Tochter des Stettiner Kaufmanns Charles de Betac. Der Vater war ein vermögender Meiereibesitzer und Großkaufmann, der seiner Kinderschar eine umfassende Bildungsaneignung ermöglichte. Sohn Leberecht begeisterte sich früh für die Natur, wollte nach der Schule dann auch einen entsprechenden Beruf ergreifen und durfte deshalb in Hamburg eine Gartenbauausbildung absolvieren. Die Gartenkunst hatte in der Hansestadt bei den Bürgerfamilien eine lange und ausgeprägtere Tradition als anderswo. 1902 wurde Migge Mitarbeiter von Jacob Ochs, der auf dieser hamburgspezifischen Grundlage mit seinen Gartenkunstwerkstätten die Gartenkunst weiter entwickelte. Wegen seiner Kreativität stieg Migge schnell zum künstlerischen Leiter auf. Ochs’ Gartenbaufirma war sein Experimentierbereich. Zwischendurch heiratete er 1907 Andrea Stindt, die Tochter eines Hamburger Lehrers. Der junge Gartenkünstler trat 1912 dem Deutschen Werkbund bei, wagte 1913 den Sprung in die Selbstständigkeit als freischaffender Gartenarchitekt mit eigenem Atelier in Blankenese. Parallel zur Abarbeitung der wachsenden Zahl an Aufträgen für diverse Villengärten entwickelte er seine zukunftsweisenden Grünflächenkonzepte bis hin zum programmatischen Werk „Die Gartenkultur des 20. Jahrhunderts“, das 1913 erschien. Dabei gelangte er von den Villengärten zur Volksparkgestaltung und ab dem ersten Kriegsjahr verstärkt zur Anlage von Soldatenfriedhöfen. Dabei spielte die aufstrebende Stadt Wilhelmshaven mit dem jetzigen Stadtteil Rüstringen für den aufstrebenden Gartenkünstler eine besondere Rolle.

Noch vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges errichtete Migge für den Marinestandort in Wilhelmshaven einen Ehrenfriedhof, der sich allerdings nach dem Kriegsbeginn als zu klein erwies. Deshalb sorgte der Gartenkünstler für ein neues Konzept, das den neuen Stadtpark für Rüstringen einbezog, den er ab 1914 anlegte. Dabei entstand eine Parkanlage, die 57 Hektar umfasst, den zentralen Stadtparkkanal mit großen Teichen an den Enden begleitet und dann in den erweiterten Ehrenfriedhof übergeht. Daran wurde bis 1924 gearbeitet. Auf dem Begräbnisplatz der Marinegarnison fanden die gefallenen Marinesoldaten des Ersten Weltkrieges und später auch des Zweiten Weltkrieges ihre letzte Ruhe. Eine Geschichts-und Erinnerungstafel am Haupteingang informiert heute die Besucher über die Gegebenheiten. Der Ehrenfriedhof ist inzwischen ein Allgemeiner Friedhof der Stadt, wird mit seinen rund 3000 Gräbern zu den „schönsten Soldatenfriedhöfen Deutschlands“ gezählt und gilt wegen seines Grünkonzeptes und der Denkmalgestaltung als „kunstgeschichtlich herausragend“. Neben Migge, der ab 1920 sein Planungsbüro in der Künstlerkolonie Worpswede in der Nachbarschaft seines Gesinnungsfreundes Heinrich Vogeler unterhielt, hat daran auch der Stadtplaner Martin Wagner einen großen Anteil. Beide „kämpften gemeinsam für die Einbeziehung der Friedhöfe in die moderne Freiflächengestaltung“ der Stadt, was in Wilhelmshaven gut gelang.

In der Weimarer Zeit realisierte Migge weitere Gartenstadt-Projekte mit Otto Haesler im Georgsgarten in Celle, mit Bruno Taut bei der Hufeisensiedlung in Berlin-Britz und bei der Waldsiedlung in Berlin-Zehlendorf, mit dem Anhaltischen Siedlerverband und Leopold Fischer bei der Versuchssiedlung in Dessau-Ziebigk sowie mit Ernst May und Max Bromme beim Vorhaben „Neues Frankfurt“. Alle Projekte dokumentieren ungeachtet ihres unterschiedlichen heutigen Erhaltungszustandes die Vorreiterrolle des Gartenarchitekten Migge, der zusätzlich auch immer wieder mit Publikationen hervortrat. Bedeutsam war sein „Grünes Manifest“.

Doch ab 1933 blieben die Aufträge aus. Der traditionell linksorientierte Grünstadt-Pionier hatte trotz der ihm unterstellten Sympathien für den Nationalsozialismus bei den Nationalsozialisten keine Lobby. Ein Nierenleiden kostete ihn am 30. Mai 1935 das Leben. Einige Überlegungen Migges wurden in den letzten Jahrzehnten wieder aufgegriffen, woran besonders die Kasseler Schule der Landschafts- und Freiraumplanung Anteil hat. Martin Stolzenau


S. 12 Leserforum

Leserforum

Wer hat die Deutungshoheit?

Zu: 70 Jahre Kriegsende (Nr. 19)

In diesen Tagen, 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, wird von entnazifizierten und umerzogenen Deutschen in Dis­kussionen darauf bestanden, dass der 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung zu empfinden war und heute zu empfinden ist. Insbesondere Deutsche, die den 8. Mai nicht erlebt haben, weil sie noch gar nicht geboren waren, maßen sich eine Deutungshoheit über das mit diesem Datum verbundene historische Ereignis an. Wer von der Erlebnisgeneration berichtet, dass dieser Tag allgemein als Tag der Niederlage und des Zusammenbruchs der sozialen Ordnung empfunden wurde, ruft Stirnrunzeln hervor und setzt sich dem unausgesprochenen Verdacht aus, ein Alt-Nazi zu sein.

Umerzogene politisch korrekte Deutsche solidarisieren sich mit den Verfolgten und Opfern des NS-Regimes, bewerten den 8. Mai aus deren Sicht und übernehmen diese als eigene Sicht. Deutsche sollten sich die Freiheit nehmen, ihre Geschichte sachlich richtig aus ihrer Sicht zu bewerten. Wer die Sicht einer Minderheit von Verfolgten und Opfern zur verbindlichen Sicht der Mehrheit von Nicht-Verfolgten und Nicht-Opfern macht, verfälscht die Geschichte und zeigt Symptome eines durch Umerziehung induzierten Irreseins.

Dieter Bliesener, Hamburg

 

 

Statt Löwen nur brave Kätzchen

Zu: Verdruss und Verdacht (Nr. 19)

Für uns Überlebende des Zweiten Weltkrieges hat der damalige Bischof von Münster, Clemens August Graf von Galen, die Zeit der „Befreiung“ in einer Predigt am 1. Juli 1945 in Telgte/Westfalen so geschildert: „Häuser und Höfe werden von bewaffneten Räuberbanden geplündert, wehrlose Männer ermordet, Frauen und Mädchen von vertierten Wüstlingen vergewaltigt.“

Der Bischof hatte sich während der Zeit des Nationalsozialismus gegen die Euthanasie gewehrt und wurde deshalb im Volksmund „Löwe von Münster“ genannt. Adenauer und Schumacher, beide wie er von den Nationalsozialisten verfolgt, hätten sich eher die Zunge abgebissen, als das Wort Befreiung in den Mund zu nehmen. Anders treten da die auch religiös geprägten Joachim Gauck und Angela Merkel auf, die sich in ihrer Abscheu vor den eigenen Vorfahren gegenseitig übertreffen und nur denen danken, die sie ausgelöscht haben. Ihr alter gemeinsamer „Chef“ Erich Ho­necker wäre da vor Neid erblasst, und Putin hat sich nur sichtbar geekelt. Und das wird jährlich schlimmer. Je weiter der Geburtstag unserer Politikerelite nach dem Kriegsende liegt, desto besser wissen sie es. Traurig oder erbärmlich?

Walter Held, Traunstein

 

 

Zum Himmel stinkende Heuchelei

Zu: Die neuen Sklaven (Nr. 18)

Ja, so sieht es aus. Auch die Deindustrialisierung Deutschlands ist bereits mit Eigendynamik versehen. Die Strompreise ermöglichen sie ohne Verwaltungsaufwand. Doch die Marionettenspieler schlafen heute anders als vor 100 Jahren. Sie haben gelernt. Deshalb ist alles anders, als es aussieht.

Die US-Träumer sind pleite. Ich freue mich auf den Tag, an dem die US-amerikanischen Einmischungen aufhören, weil die schuldenbasierte Finanzierung solcher Operationen nicht mehr möglich ist. Die Verantwortlichen in den USA bringen immer noch unsägliches Leid über sich, ihre Soldaten und ihre Söldner. Die Menschen in den betroffenen Ländern wehren zu Recht diese Einmischungen ab.

Heute werden vom deutschen Staatsgebiet aus Kriege aller Art geführt oder logistisch unterstützt. Sämtliches Personal und die Einrichtungen werden von BRD-Behörden bezahlt. Das ist eine Heuchelei, die zum Himmel stinkt.

Seit Jahren werden alle diese Vorgänge der Öffentlichkeit geoffenbart, um das derzeitige politische System unglaubwürdig zu machen und es zu beenden. Dieser Prozess ist unumkehrbar, weil die Überschuldung beendet werden muss.

Hans Kolpak, Weischlitz

 

 

Mundtot gemacht

Zu: „Zeiten der Opfer“ vorbei (Nr. 18)

Wir haben im italienischen Parlament 630 Abgeordnete, im Senat 320 Senatoren und in den Regionen 1111 Landräte (Consiglieri) sitzen, die je 10000 Euro und mehr monatlich, das heißt Milliarden kosten und zu 90 Prozent mehr oder weniger offen gegen das Land arbeiten und gegen die westliche Kultur ähnlich wie die Grünen und Linken hier sind. Statt das Land zu verteidigen, und dafür werden sie bezahlt, öffnen sie die Grenzen und wollen nun Zehntausenden von Menschen Asyl gewähren.

Wer wie der Schriftsteller Akif Pirinçci etwas dagegen zu sagen wagt, wird mundtot gemacht. Die Medien sind fast wie in der DDR gleichgeschaltet, wie Vera Lengsfeld an anderer Stelle schön sagt. Echte Opposition und Kritik gibt es nur im Internet − und in der PAZ. Danke!

Francesco Salatino, Frankfurt am Main

 

 

Gegensätzliche Strategien

Zu: Moskau setzt auf langfristige Strategien (Nr. 19)

Genau, es sind − wie im Artikel richtig beschrieben − die langfristigen und strategischen Ziele, welche die USA und Russland verfolgen. In diesem Falle ist es Russland, welches auf die Strategie der USA reagiert und seine Strategie danach ausrichtet. Eine versuchte Annäherung an den Westen hat Russland definitiv nichts gebracht, dem steht die Strategie der USA entgegen.

Ziel der USA ist es, eine zu große Annäherung Europas und hier insbesondere Deutschlands an Russland zu verhindern. Mit Deutschland und Russland würde aus Sicht der USA und der meisten europäischen Länder, hier wiederum insbesondere Frankreich und Großbritannien, ein politisches und wirtschaftliches Schwergewicht entstehen, was als ernsthafte weltpolitische und wirtschaftliche Konkurrenz zu den USA betrachtet wird. Gleiches gilt auch für die gesamte EU, grundsätzlich wird zwar eine geeinte EU gewünscht, aber nur als „Partner“ zur Erfüllung der strategischen Ziele der USA. Andererseits ist man auch nicht zu stark an einer zu sehr geeinten EU interessiert, siehe Befürwortung eines EU-Beitrittes der Türkei, da man sich die Option des Eingreifens als „Ordnungs- und Führungsmacht“ nicht nehmen lassen will. Die Krise in der Ukraine ist ein beredtes Beispiel für diesen Anspruch. Dass man mit der Verfolgung von strategischen Zielen auch Gegenreaktionen hervorruft, ist logisch, wie im Artikel beschrieben.

Es wird auf keinen Fall einfacher für die USA, und man wird versucht sein, seine „Hilfstruppen“ verstärkt für seine Ziele einzuspannen. Wie und ob das gelingt, bleibt abzuwarten, denn wenn das zu offensichtlich ist, wird sich Widerstand regen.

Lothar Liedtke, Lima/Peru

 

 

Bundespräsident führt Bürger wie Tanzbären am Nasenring

Zu: Was will Joachim Gauck? (Nr. 19)

Das Repertoire von Joachim Gauck erschöpft sich augenscheinlich darin, die „Deutsche Schuld“ zu bekennen. Bereits vor etwa zwei Jahren habe ich den Bundespräsidenten in einer Leserzuschrift als „Oberbußapostel“ bezeichnen müssen. Seitdem werde ich immer wieder ein­druck­svoll darin bestätigt, mich mit dieser Titulierung nicht geirrt zu haben. Das Schlimme ist, dass er seine Schuldbekundungen nicht als Privatmann tätigt, sondern als deutsches Staatsoberhaupt. Dieser Amtsträger legt es darauf an, dass ein Selbstwertgefühl als „deutscher Staatsbürger“ schon im Keim erstickt wird.

Es wird Zeit, dass ein Bundespräsident zukünftig direkt vom Volk gewählt wird und nicht wieder das Produkt von Kungeleien der Parteien wird. Mir ist speiübel geworden, als ich lesen musste, dass Bundesaußenminister Steinmeier Gauck zu einer zweiten Amtszeit zu motivieren gedenkt. Von Gauck erwarte ich keine „Hau-Ruck“-Rede, wie sie der vormalige fähige Bundespräsident Herzog gehalten hat. Von Gauck ist eher ein weiteres Eintauchen in seine „Deutsche Schuld“-Besessenheit zu erwarten.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich nicht der einzige bin, dem die Auftritte von Gauck zutiefst zuwider sind. Skandalös und geradezu dummdreist ist seine Aussage: „Wir sind ja nicht nur die, die wir heute sind, sondern auch die Nachfahren derer, die im Zweiten Weltkrieg eine Spur der Verwüstung in Europa gelegt haben.“

Ich weiß nicht, ob diese Aussage auf Gaucks Vorfahren zutrifft, aber ich weiß, dass diese Aussage auf meine Vorfahren nicht zutrifft. Deshalb empfinde ich sie als eine ungehörige Beleidigung.

Der Politologe Konrad Löw weist in wissenschaftlich untadeliger Weise nach, dass nur ein geringer Teil des deutschen Volkes in Kriegsverbrechen verwickelt gewesen ist. Deshalb empfehle ich an dieser Stelle Löws Buch „Adenauer hatte recht“.

Es ist mittlerweile doch ermüdend, wieder darauf hinzuweisen, dass Schuld niemals kollektiv, sondern immer nur individuell sein kann. Zu diesem Themenkomplex liegt doch auch umfangreiche Literatur vor. Was ist also die wahre Absicht von Gauck, immer wieder die These von der Kollektivschuld aufzuwärmen oder das Volk ständig darüber zu belehren, dass es sich faktisch im Zustand einer geschichtlichen Erbsünde befindet?

Wir werden im Zustand der permanenten Schuld und der daraus resultierenden Sühne gehalten. Gauck gesteht der außerdeutschen Seite in der politischen Gegenwart ein aus der Vergangenheit ableitbares Moralmonopol gegenüber den Deutschen zu. „Wenn es zu alltags- und geschichtpolitischen Meinungsverschiedenheiten zwischen Deutschland und dem Ausland kommt, eignet sich der Holocaust als Instrument gegen Deutschland, und keiner gibt wirkungsvolle Geräte aus der Hand, auch und gerade nicht in der Politik“ (Michael Wolffsohn, „Ewige Schuld?“).

Die Flagellanten des Mittelalters haben durch Selbstgeißelung Sündenvergebung erreichen wollen. Aber der Bundespräsident geißelt in seinen Schuldbekenntnissen und Schuldbekundungen ausnahmslos jeden Bürger, der deutsche Vorfahren hat. Mein Appell an den Bundespräsidenten ist: „Hören Sie endlich auf, deutsche Bürger wie Tanzbären am Nasenring durch die Manege zu ziehen und sie der mittlerweile kopfschüttelnden Weltöffentlichkeit zu präsentieren!“

Angesichts der wissenschaftlich dokumentierten Vertreibungsverbrechen, die durch die Rote Armee begangen worden sind, ist es nahezu eine Ungeheuerlichkeit, dass Gauck bei den Gedenkfeiern zum 70. Jahrestag des Kriegsendes besonders die Leistungen und Leiden der sowjetischen Soldaten zu würdigen gedenkt. Gauck möge sich doch einmal durch Vertreter des „Bundes der Vertriebenen“, Landsmannschaft Ostpreußen, schildern lassen, wie diese „Leistungen“ der sowjetischen Soldaten im Einzelnen ausgesehen haben.

Übrigens haben auch deutsche Soldaten (Väter, Söhne, Brüder) unmenschliches Leid erfahren. Auch diese unglückseligen Menschen, die als Soldaten erzwungenermaßen am Krieg teilnehmen mussten, haben es verdient, dass ihrer würdevoll gedacht wird.

Dafür müsste Gauck als Pastor doch auch einen aus dem christlichen Glauben fundierten Zugang haben.

Joachim Wiegand, Bückeburg

 

 

Keiner empört sich

Zu: 70 Jahre Kriegsende (Nr. 19)

Heute sieht man den 8. Mai 1945 nicht nur als Tag der Befreiung an, sondern – es ist nicht zu fassen! – viele Verantwortliche bedanken sich geradezu bei den Siegermächten für das, was sie den Menschen in Deutschland angetan haben. Politiker und Medien sind sich in diesem Fall vollkommen einig. Der Dank ist allgegenwärtig.

Wie beschaffen muss ein Volk sein, wenn es hinnimmt, dass Politiker des eigenen Landes sich heute in Dankbarkeit an die Siegermächte wenden, sich jedoch mit keinem Gedanken und keinem Wort an das unendliche Leid erinnern, dass ihre Vorfahren zu jenem Zeitpunkt durch eben diese Siegermächten ertragen muss­ten? Viele scheinen sich nicht bewusst zu sein, dass diese Siegermächte Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg um ein Viertel seines Landes beraubt haben und die dort ansässigen Menschen in unvorstellbar grausamer Weise vertrieben haben. Kein Aufschrei der Empörung geht durch die Reihen. Wann endlich merken die Bürger, wie sie manipuliert werden?

Inge Keller-Dommasch, Jonen/Schweiz

 

 

Den an Deutschen betriebenen Völkermord beim Namen nennen!

Zu: „Wir sehen Deutschland als ein Beispiel“ (Nr. 18)

Ist es vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Diskussion um den Völkermord an den Armeniern vor 100 Jahren nicht auch an der Zeit, die Vertreibung von zirka zehn Millionen Deutschen aus Ost- und Westpreußen, Pommern, Ostbrandenburg, Schlesien und dem Sudetenland nach dem Zweiten Weltkrieg als Völkermord zu bezeichnen? Über eine Million Menschen sind dabei umgekommen, und viele zehntausend Frauen und Mädchen wurden vergewaltigt.

Mit dem vielfachen Völkermord des nationalsozialistischen Deutschlands an den Juden und Polen kann man diese Gräueltaten nicht rechtfertigen, zumal zirka die Hälfte der vertriebenen Deutschen in der damaligen Zeit noch Kinder und Jugendliche waren, die für den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und die von Deutschen begangenen Verbrechen nicht verantwortlich gemacht werden können. Und außerdem kennt das Völkerrecht keine Kollektivschuld.

Die von der Sowjetunion, Großbritannien und den Vereinigten Staaten (letztere demokratische Nationen!) beschlossene und von Polen und Tschechen gewünschte Vertreibung ist meines Erachtens auch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, „begangen in der Absicht, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören“ (Artikel 2 der UN-Konvention). Wenn man heutzutage durch die damals deutschen Siedlungsgebiete in den Ostprovinzen fährt, findet man nicht einen deutschen Ortsnamen mehr. Meine Heimatstadt Königsberg wird noch heute offiziell nach dem Stellvertreter Stalins „Kaliningrad“ benannt.

Bei meiner Besichtigung der früheren Hansestadt Danzig vor zwei Jahren wurden von einer jungen polnischen Reiseführerin die Deutschen als ehemalige Bewohner dieser Stadt mit keinem Wort mehr erwähnt. Die Trockenlegung des Weichseldeltas und die Errichtung der – allerdings von den Polen vorbildlich wieder aufgebauten – herrlichen mittelalterlichen Gebäude erfolgten nach ihrer Darstellung durch „Holländer“.

Es ist lobenswert, wenn unsere Politiker bis hin zum Bundespräsidenten die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die in aller Welt geschahen und immer noch geschehen, beim Namen nennen und damit anprangern. Wenn sie glaubhaft sein wollen, sollten sie aber auch die am eigenen Volk begangenen Verbrechen thematisieren.

Horst Jucknat, Hardert

 

 

Dank an die USA

Zu: Jämmerlicher Vasall (Nr. 18)

Geht es in der PAZ wirklich nicht anders: US-Amerikaner = böse, Russen = gut? Nach 1945 waren „Care“-Pakete mehr wert als Gold, diese kamen aus den USA. 1948: die Luftbrücke nach Berlin, von einem US-Amerikaner ins Leben gerufen. 1989/90: US-Präsident Bush war der Erste, der für die Wiedervereinigung war. Ich glaube, dass es auch heute noch Menschen in Deutschland gibt, die den Amerikanern für vieles – nicht für alles – dankbar sind. Ich bin eine davon, auch wenn ich erst 1957 aus Ostpreußen herauskam.

Astrid Piccenini, Erkelenz


S. 13 Das Ostpreußenblatt

Protest gegen Baum-Verstümmelung
Bürgerinitiativen setzen sich für den Erhalt von Linden und Weiden ein – Stadt hat kein Einsehen

Jedes Frühjahr werden in Königsberg die Bäume der Stadt zurück-geschnitten. Dagegen werden immer wieder Bürgerproteste laut, da die von der Stadt beauftragten Firmen die Bäume verstümmeln, anstatt sie zu pflegen.

Im Frühjahr beginnt die sogenannte „Verjüngung“ oder der „Erholungsschnitt“ von Bäumen im öffentlichen Raum. Seit einigen Jahren schmücken die Straßen der Gebietshauptstadt allerdings nur noch Baumstummel, die überhaupt keine Krone mehr haben. Früher wurden die Bäume nur leicht beschnitten, ihre Form korrigiert. Die neue Art der Verjüngungsmethode lässt eher darauf schließen, dass keine Experten, sondern Holzfäller am Werk waren. Besorgte Bürger haben deshalb wiederholt Unterschriftensammlungen an die verantwortliche Behörde eingereicht.

Insbesondere hat sich die Soziologin Anna Karpenko, Organisatorin mehrerer Bürgerinitiativen, mit Appellen gegen die brutale Beschneidung der Bäume am Unterteich an die Königsberger Umweltbehörde gewandt. Nach dem sogenannten Verjüngungsschnitt waren von den Linden und Weiden nur noch Stümpfe übrig geblieben. In nächster Zeit werden hier keine Blätter austreiben.

Als die Genehmigung zum Beschnitt erteilt wurde, geschah dies in der Absicht, die Kronen der Bäume zu lichten, um ein mögliches Umstürzen derselben zu verhindern. Jetzt hat zwar der Wind keine Angriffsfläche mehr, dafür können die Bäume abfaulen, wenn Feuchtigkeit in die Schnittstellen dringt. Dieser gewaltige Rückschritt erfolgt unter der Kontrolle der Umweltschutzbehörde, die auch die Genehmigungen für solche Arbeiten erteilt. Karpenko glaubt, dass die Behörde auch für solche Bäume Rückschnittgenehmigungen erteilt, die dafür gar nicht vorgesehen sind. Es geht um Kastanien, die normalerweise eine Lebensdauer von 150 bis 200 Jahren haben. Das Beschneiden junger Kastanien bewirkt, dass deren Lebenszeit verkürzt wird. Karpenko fordert, dass geprüft werden müsse, ob aus dem Stadthaushalt Mittel für das Pflanzen neuer Bäume gezahlt werden könne, weil der barbarische Beschnitt zum Baumsterben führe und die abgestorbenen Pflanzen ersetzt werden müssten. Petitionen, Appelle, Briefe – alle diese Maßnahmen ergreifen Bürgerinitiativen seit Jahren, aber trotz tausender Unterschriften haben die Stadtoberen kein Einsehen.

In diesem Jahr wurden etwa 500 Bäume beschnitten. Obwohl die Mehrheit der Bürger gegen diese Verstümmelungen ist, gibt es auch solche, die sich bei der Umweltbehörde beschweren und fordern, dass Bäume vor ihren Häusern beschnitten werden. Am meisten stören sich Autofahrer an Bäumen. Es gibt immer mehr Autos in der Stadt, und die Parkplätze reichen nicht. Deshalb wollen Autofahrer, dass Bäume gefällt werden, um Parkplätze zu gewinnen.

Einst war Königsberg eine Gartenstadt. Der Bau neuer Wohngebiete war immer von dem Einpflanzen vieler Bäume und Sträucher begleitet. Diese Praxis gehört der Vergangenheit an. Neue Wohnsiedlungen werden inmitten von Asphaltwüsten gebaut, und der Wind kann ungehindert Staub und Abgase hineinwehen. Sandiger Staub knarrt zwischen den Zähnen, und der Kragen eines frisch gewaschenen Hemdes ist am Abend schwarz.

Auch Bäume, die erst vor 40 oder 50 Jahren gepflanzt wurden, werden Opfer von Verjüngungsarbeiten. Die beauftragten Firmen beschneiden rücksichtslos, um möglichst schnell Kasse zu machen. Die Behörden, die sich mit dem Umweltschutz beschäftigen sollen, winken diese Praxis durch. Darüber hinaus unterstützen Vertreter der Stadt diese massive Beschneidung von Bäumen. Der stellvertretende Bürgermeister und Vorsitzende des Ausschusses für Kommunalwirtschaft, Sergej Melnikow, sagte: „In der Abteilung für die Erteilung von Genehmigungen arbeiten hoch qualifizierte Spezialisten, die sich die ganze Zeit weiterbilden, alle Ausstellungen besuchen und alle neuen Trends kennen.“ Auf die Bürgerappelle entgegnete er, dass er keinen Zweifel daran habe, dass die Bäume am Oberteich „nach den Vorschriften“ verjüngt wurden. Es ist nicht auszuschließen, dass im kommenden Jahr wieder Bäume verstümmelt werden, denn dafür hat die Stadt Geld. Dann könnte es so wie in Mitteltragheim [uliza Proletarskaja] passieren. Dort wurden die bereits vor einem Jahr gestutzten Bäume erneut beschnitten, so dass ihre Stümpfe noch nackter aussehen. In diesem Zustand haben Bäume überhaupt keine Funktion mehr: Sie sind weder ästhetisch, noch spenden sie Sauerstoff. Es bleibt nur, sie zu fällen, damit sie nicht noch mehr leiden.

Die Stadt bedauert, dass in diesem Jahr wegen Haushaltslöchern nicht mehr Mittel für die Baumpflege ausgegeben werden konnten. 2014 waren 4500 Bäume beschnitten worden. Vielleicht ist es gut, dass in diesem Jahr die Mittel fehlen. Jurij Tschernyschew


Luftballons, »Kascha« und Feuerwerk
Königsberg beging das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 70 Jahren mit einem bunten Fest auf dem Hansaplatz

Anlässlich des 70. Jahrestags des Kriegsendes wurde in Königsberg eine ungewöhnliche Aktion unter dem Motto „70. Danke für den Frieden!“ durchgeführt.

Es ist erwähnenswert, dass die Veranstaltung nicht nur dem Tag des Sieges, sondern auch dem 120. Jubiläum der Erfindung des Radios gewidmet war. Auf dem Hansaplatz in Königsberg hatten sich mehrere hundert Menschen versammelt. Es waren Kriegsveteranen, Studenten, Schüler und Vertreter der Stadtregierung anwesend. Zunächst trat der Kriegsveteran Nikolaj Schtscherbakow auf, der bewegende Gedichte vortrug. Dann sprach Anna Appolonowa vom Komitee für Sozialpolitik der Stadtverwaltung zu den Versammelten. Der Chef des Stadt-rats Andrej Kropotkin begrüßte die Gäste. Auch Vertreter des Veteranenvereins kamen zu Wort.

Dann ließen die Versammelten symbolische „Tauben des Friedens“ in den Himmel aufsteigen: blaue und weiße Luftballons mit aufgedruckten Tauben. Unter dem dreifachen Ausruf „Danke“ wurden gleichzeitig Hunderte Luftballons als Symbol für die 70 Jahre seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in die Luft gelassen. Nach diesem offiziellen Teil setzte sich das lebhafte Treiben zu den Klängen des „Frontwalzers“ fort.

Am 9. Mai begann um 10 Uhr in Königsberg eine Parade zum „Tag des Sieges“. In diesem Jahr hatte eine unvergleichlich hohe Zahl an Menschen und Zuschauern teilgenommen. Ungefähr 1700 Angehörige der Baltischen Flotte, ebenso Schüler der Militärinstitute des Gebiets, marschierten an dem Gebäude der Gebietsverwaltung vorbei. Über den Platz davor fuhren 75 Einheiten verschiedener Kriegstechnik und Transportmittel. Die Kolonne führte ein Panzer T-34 an, den man extra für die Parade repariert hatte.

Nach groben Schätzungen haben 55000 Menschen der Parade zugesehen, an der insgesamt etwa 3000 aktiv beteiligt waren. Sie hielten Fotos ihrer Verwandten hoch, die am Krieg teilgenommen hatten.

Als die Parade zu Ende war, gingen die Zuschauer über den Deutschordenring [Gwardejsker Prospekt] zum Denkmal für die 1200 Gardisten, wo in einer feierlichen Zeremonie Kränze niedergelegt wurden.

Danach begaben die Bürger sich in den „Park des Sieges“, der sich hinter dem Gedenkkomplex erstreckt. Dort gab es ein Konzert, und die Gäste wurden mit „Soldatenbrei“ aus der eigens eingerichteten Feldküche verköstigt..

Im Park Luisenwahl erwartete die Zuschauer eine Theateraufführung. In einem anderen Teil des Südparks gab es ein Festival der Volkskünstler, ebenso wie historische Rekonstruktionen unter Einbeziehung militärischer Geräte. Eine weitere historische Rekonstruktion gab es nachmittags beim Fort Nr. 5 am Stadtrand.

Abends fand auf dem Hansaplatz ein vielfältiges Festprogramm statt, das mit einem Feuerwerk im Park des Sieges und einem weiteren rund um die Astronomische Bastion auf dem Deutschordenring endete.

Jurij Tschernyschew


MELDUNGEN

Interessante Dörfer in der EU

Steinort – Zu den interessantesten Dörfern Polens zählt Steinort. Das ermittelte die Firma „Imedes“ mit Sitz im spanischen Valencia. Die Idee zur Schaffung eines Netzes der interessantesten Repräsentanten einer Region oder des ganzen Landes wurde in Frankreich geboren. Es geht hauptsächlich um den Schutz dieser Orte vor Verschlechterung ihres Zustandes, erklärte Dr. Konrad Czapiewski vom Institut für Geografie und Bauleitplanung der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Für dieses Projekt sind anfangs mehr als 200 Dörfer aus ganz Polen gemeldet worden. Aus 100 wurden 50 ausgewählt. Neben Steinort befinden sich unter den interessantesten Orten des südlichen Ostpreußens: Quittainen, Kruttinnen, Kadienen, Gallingen und Glottau. PAZ

 

Günstige Flüge für alle

Königsberg/Moskau – Bei einem Gespräch des Aeroflot-Vorstandes mit Präsident Putin wurde vereinbart, Flugscheine ins Königsberger Gebiet sowie auf die Krim und in den „Fernen Osten“ Russlands zu reduzierten Preisen anzubieten. Ein Flug aus dem russischen Mutterland nach Königsberg soll künftig nicht mehr als 7500 Rubel kosten, das sind zurzeit etwa 120 Euro. Die Vergünstigungen würden dabei nicht nur Passinländern, sondern auch Ausländern zugutekommen. Eine weitere Preisreduzierung für Flugscheine durch einen staatlichen Verzicht auf sämtliche bisher auf sie erhobene Steuern ist geplant. T.W.W.

 

Störungen des Verkehrs

Allenstein – Straße Nr. S7: Liebemühl [Miłomłyn], Baustelle. Straße Nr. S22: Staatsgrenze – Verkehrsknoten Elbing Ost [Elblag], Randstreifenarbeiten; Straße Nr. 7: Liebemühl [Miłomłyn] – Osterode [Ostróda], Baustelle; Berghof [Tatary] – Candien [Kanigowo], Baustelle; Palicken [Pawliki] – Poweirsen [Powierz], Baustelle; Poweirsen – Napierken [Napierki], Baustelle. Straße Nr. 15: Rheinsgut [Rynskie], Baustelle. Straße Nr. 16: Wahrendorf [Prawdowo], Rand-streifenarbeiten; Nikolaiken [Mikołajki], Baustelle; Wensewen [Wezewo] – Gregersdorf [Grzegorze], Randsreifenarbeiten. Straße Nr. 51: Heilsberg [Lidzbark Warminski], Olsztynskastraße, Baustelle; Allenstein [Olsztyn] – Pagelshof [Ameryka], Baustelle. Straße Nr. 63: Angerburg [Wegorzewo], Renovierung der Fußgängerzonen. Straße Nr. 65: Kowahlen [Kowale Oleckie] – Treuburg [Olecko], Baustelle, Lyck [Ełk] – Neuendorf [Nowa Wies Ełcka] – Fußgängerzonenbau. Straße Nr. 65b: Goldaper Umgehungsstraße [Obwodnica Gołdapii], Baustelle. PAZ


S. 14 Ostpreussische Familie

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

„Pfingsten, das liebliche Fest war gekommen ...“ Ja, es war gekommen, damals vor 70 Jahren, und es war lieblich, denn es war ein Traumfrühling mit Sonne, Maiengrün und azurblauem Himmel – nur ein Fest war es nicht. Jedenfalls nicht für uns, die wir heimatlos die Straßen entlangzogen in der Hoffnung, irgendwo eine Bleibe zu finden. Die hatten wir vier aus Königsberg Geflüchteten auch gefunden, aber nur für eine kurze Zeit. Solange durften wir in der mit einem Roten Kreuz gekennzeichneten Hofstube in dem alten Arzthaus bleiben, bis meine Mutter, die mit Gallenkoliken zusammen gebrochen war, wieder aufstehen konnte. Noch war sie bettlägerig, aber die Anfälle waren dank der Hilfe des alten Arztes vorbei. Wir würden also bald weiter über die Landstraßen der Lüneburger Heide ziehen müssen – irgendwohin. Nein, es war kein liebliches Fest, zumal wir nur noch das besaßen, was wir auf dem Leib hatten. Der letzte Koffer war an der Elbe bei Lenzen geblieben, als uns die amerikanischen Soldaten kurz vor den Russen mit Ruderbooten an das westliche Ufer holten. Dabei hatten manche aufgrund der reichlich genossenen Spirituosen, der hier in Fässern in aufgefahrenen Furagewagen lagen, den flüchtenden Menschen ihre letzten Habseligkeiten genommen. Meine Schwester war von einem Kaugummi kauenden Ami, der auf jedem Arm mindestens acht Uhren trug, gefilzt und ihres Schmuckes erleichtert worden, den sie in einer Frühstückskapsel ihrer Tochter hinter Stopfgarn versteckt hatte. Dem weinten wir nicht nach, aber der Wäsche und der Bekleidung, die wir nun dringend gebraucht hätten. Für meine Mutter hatte die hilfsbereite Schwiegertochter des Arztes, die als Ausgebombte von Köln hierher in die Ostheide gezogen war, ein Nachthemd besorgt, und das war schon viel wert. Ja, es war kein liebliches Fest für uns, die wir im Hofwinkel auf den Steinstufen der Rot-Kreuz-Stube saßen und uns nicht auf die Straße wagten, wo die Bewohner des von Kriegshandlungen verschont gebliebenen Fleckens so gut gekleidet spazieren gingen.

Warum das auf einmal wieder so unheimlich nah ist, als wären nicht 70 Jahre vergangen? Eine kleine Begebenheit in dem Beitrag von Hans-Jürgen Mahlitz holt diese Erinnerung aus der Tiefe der Vergangenheit. Er schildert die Eindrücke eines kleinen Jungen, als die amerikanischen Soldaten Süßigkeiten verteilten. Das hatte auch der erste GI getan, dem wir am östlichen Elbufer begegnet waren, auf dem die Amerikaner eine Art Brückenkopf gebildet hatten. Meine elfjährige Nichte wollte den Schokoriegel erst annehmen, als ihre Mutter genickt hatte. Diese Geste trug vielleicht zur Minderung der Ängste bei, die ein Kind angesichts fremder Soldaten empfinden musste, das den so weiten Fluchtweg aus Ostpreußen hinter sich hatte.

Nur diese eine Stelle in dem Bericht von Hans-Jürgen Mahlitz genügt, um die nie gelöschten Eindrücke wieder lebendig werden zu lassen. Und nicht nur bei mir, der damals schon lange Erwachsenen, sondern auch bei vielen Leserinnen und Lesern, die wie der Autor der Kriegskindergeneration angehören. Deshalb fügen sich seine Erinnerungen nahtlos in unsere Berichtreihe über das Geschehen vor genau 70 Jahren ein, selbst wenn es kein Vertriebenenschicksal ist. Aber auch Hans-Jürgen hatte sein Elternhaus verloren, war in Düsseldorf ausgebombt und evakuiert worden. So spricht er für alle Kinder seiner Generation, die das Geschehen in jenen Maitagen anders aufnahmen als die Erwachsenen, eben aus der Sicht eines kleinen Kindes, das „im Unterbewusstsein den Geist oder Ungeist jener Zeit aufgenommen hat“. Und ihn gespeichert hat, sodass er noch heute abrufbar ist wie bei uns allen, die wir als Zeitzeugen gefragt sind. Dass der Autor sich unserer Ostpreußischen Familie besonders verbunden fühlt, hat seine Gründe: Als Chefredakteur unserer Zeitung hatte er ihre Bedeutung früh erkannt und zu mehr Präsenz verholfen. Die Jahre der erfolgreichen Zusammenarbeit mit dem damaligen Chefredakteur Mahlitz, der immer ein offenes Ohr für alle Fragen und Wünsche hatte, haben unsere Kolumne entscheidend geprägt.

Wie die Ereignisse der Kriegs- und Nachkriegszeit uns Ältere geprägt haben, beweisen die vielen Zuschriften, die wir aufgrund unserer Zeitberichte erhalten haben. Und hier muss ich auf die Ausführungen von Frau Brunhilde Krüger aus Hamburg eingehen, die sie zu unseren veröffentlichten Fluchtberichten macht. Sie nimmt zu vielen Ereignissen Stellung, die das Leben der Königsbergerin schon in ihrer frühesten Kindheit bestimmt haben, und hat sie nun zu Papier gebracht, und das ist gut so. Auf diese können wir hier und heute nicht näher eingehen, aber auf die Gedanken, die sie sich zu ihren Erinnerungen macht und über deren Bewahrung. Sie zitiert Autorinnen wie Freya Klier, der sie für das Buch „Wir verlorenen Kinder Ostpreußens“ das ungewöhnliche Kriegskinderschicksal der heute in Estland lebenden Königsbergerin Anne Rekkaro vermitteln konnte, mit deren mahnenden Worten: „Du sollst Dich erinnern – das 11. Gebot“. Oder Ruth Klüger, die in ihrem Buch“ Weiterleben, eine Jugend“ schreibt: „Heute gibt es Leute, die mir sagen: Ach, Sie waren doch viel zu jung, um sich an diese schreckliche Zeit erinnern zu können. Oder vielmehr, sie fragen nicht einmal, sie behaupten es mit Bestimmtheit. Ich denke dann, sie wollen mir mein Leben nehmen, denn das Leben ist doch nur die verbrachte Zeit, das einzige, was wir haben, das machen sie mir streitig, wenn sie mir das Recht des Erinnerns in Frage stellen“. Brunhilde Krüger fasst ihre Erkenntnisse in diesen Aphorismen zusammen: „Wer erinnert – belebt. Wer erzählt – gibt etwas her. Wer zuhört – ermutigt. Wer schreibt – der bewahrt. Wer bewahrt - hält etwas lebendig“. Was unsere Ostpreußische Familie“ ja beweist, die längst vergessen Geglaubtes an das Licht bringt. So wie meine Erinnerung an das Pfingstfest vor 70 Jahren, das nur der Ginster vergoldete, der an unseren Wanderwegen in einer Fülle blühte, wie ich sie später in keinem anderen Frühjahr erlebt habe. Es war, als wollte uns Mutter Natur sagen: Ich bin für euch alle da!

Ein Dank gilt noch unserem Leser Alfred Görlitz aus Hamburg für die alte Postkarte vom Elbufer bei Lenzen. Er hatte sie mir zugesandt, als in der PAZ meine Erzählung über das chaotische Geschehen an diesem Brückenkopf der Alliierten auf dem östlichen Elbufer erschienen war, ehe der Russe durchbrach. Es ist die Stelle, wo mein letztes Hab und Gut blieb. Ja, ich hab’´ noch einen Koffer an der Elbe.

Eure Ruth Geede


Niederlage? Befreiung? Mein Kriegsende
Ein Zeitzeuge aus der Generation der Kriegskinder erinnert sich

Die Luft war modrig, kühl und feucht. Noch heute kann ich sie riechen, wenn ich an diesen Keller denke. Vorn ein paar Fässer mit selbstvergorenem Most, im mittleren Raum wurden Kartoffeln, Äpfel und Gläser mit Eingewecktem gelagert, dahinter ein halbhohes Gewölbe, mit groben Holzbänken an den Wänden – der so genannte Luftschutzkeller. Wenn sich alliierte Flugzeuge – tagsüber amerikanische, nachts englische – dem nahen Würzburg näherten, jagten uns die Sirenen in diesen Keller.

Wir waren evakuiert worden, aus dem damals schon seit Jahren regelmäßig bombardierten Düsseldorf in ein angeblich ruhiges Dorf bei Würzburg. Nun wurden wir auch hier bombardiert. Ich war noch viel zu klein, um das alles zu verstehen. Was haften blieb: dieser schreckliche Ton, mit dem „Fliegeralarm’“ gegeben wurde – noch heute halte ich bei Probealarm die Ohren zu.

Irgendwer hat im Radio gehört, die Front rücke näher, die Kampf-linie laufe genau durch unser Dorf. Für mich heißt das: Raus aus dem Keller! Hastig werden die verbliebenen Kühe vor Leiterwagen gespannt (Pferde gibt es schon lange nicht mehr), wir Kinder legen uns zwischen Strohballen. Wir nehmen die Landstraße Richtung Gramschatzer Wald. Kilometerweit offenes Feld, aber die Obstbäume am Straßenrand sollen etwas Schutz geben. Tun sie aber nicht. Amerikanische Tiefflieger donnern über uns hinweg, vor lauter Angst merken wir nicht einmal, dass sie gar nicht auf uns schießen. Wie sehr mich dieses Bild und dieses Geräusch verfolgen, merke ich Jahrzehnte später, als die US Air Force uns auf einer Journalisten-Informationsreise einen Alarmstart einer B-52-Staffel vorführt. Im Geiste sehe ich mich wieder im Stroh auf dem Leiterwagen, auf der Flucht vor den Tieffliegern. Fluchtartig verlasse ich den Erdbunker am Rand der Startbahn; ich kann es nicht mehr hören und nicht mehr sehen.

Überhaupt, die Geräusche. Sie prägen sich ein, für Jahrzehnte, ein Leben lang. Man hört den Knall einer Explosion, und zugleich hört man das leise Wimmern eines kleinen Jungen, der einfach nur Angst hat vor dem, was da draußen passiert, was er nicht sehen und sich nicht vorstellen kann. Und daneben hört man das fröhliche Händeklatschen der Schwester, der man – damit wenigstens sie keine Angst hat – erzählt hat, das da draußen sei ein Feuerwerk, etwas wunderschönes, und später, wenn sie groß sei, dürfe sie auch dahin gehen.

Dass das Feuerwerk da draußen in Wirklichkeit Krieg ist, kann sie nicht sehen. Nicht nur, weil sie ja mit den anderen im Luftschutzkeller sitzt, sondern weil sie blind ist. Bis vor ein paar Wochen war sie die Woche über in die Blindenschule in Würzburg gegangen, bis Mutti sie Hals über Kopf heimgeholt hatte. Zufall? Vorahnung? Göttliche Fügung? Ein paar Tage später lag die Schule nach einem Bombenangriff in Schutt und Asche.

Unsere Flucht in den Wald en-dete damit, dass irgendjemand verbreitet, der Krieg sei zu Ende. Zumindest für uns: keine Front, keine Hauptkampflinie. Im Dorf sah alles so aus wie vorher, hier hatte niemand gekämpft. Der einzige Unterschied, den wir Kinder bemerkten: Wir brauchten nicht mehr in diesen Keller, und es gab auch kein „Feuerwerk“ mehr.

Dann das nächste Gerücht: Amerikanische Besatzungstruppen kommen ins Dorf. Diesmal hatten die Erwachsenen Angst, wir Kinder waren neugierig. Das Hoftor blieb zu, hinter der Mauer lauschten wir den näher kommenden Motorgeräuschen. Meine Schwester unterbrach das Flüstern der Erwachsenen: „Ich gehe jetzt spazieren!“ Das tat sie immer um diese Tageszeit. Den Weg bis zur nächsten Kreuzung kannte sie gut, hier konnte sie sich am eigenen Trittschall orientieren. Mutti wollte sie erst zurückhalten, meinte dann aber: „Die werden doch einem kleinen blinden Mädchen nichts tun.“

Nach ein paar quälend langen Minuten hörten wir draußen ein Auto halten, dann Stimmen in einer fremden Sprache. Mutti hielt es nicht mehr aus, riss das Seitentörchen auf – und durch den Spalt konnte ich, der mitten im Krieg geborene, erstmals den Frieden sehen. Und so sah er aus, der Frieden: Schwester Helga, glückstrahlend, in jeder Hand einen Riegel Hershey’s Chocolate, hinter ihr drei US-Soldaten, ein weißer, zwei Schwarze, die entgegen allen Erwartungen eigentlich recht freundlich dreinschauten. Was sie sagten, verstand ich nicht, es hieß wohl, wie mir Jahre später als Englischschüler aufging, so etwas wie „same time tomorrow“. Schwester Helga jedenfalls hatte verstanden, machte täglich ihren Spaziergang, und in diesen ersten Nachkriegswochen hatten wir keinen Mangel an Schokolade und anderen Köstlichkeiten des amerikanischen Armeeproviants.

Das Ende des Krieges – für mich war es vor allem das Ende der Angst, der Stunden im dunklen Luftschutzkeller, der Zerstörungen, von denen uns die Verwandten in der rheinischen Heimat berichteten. Es war aber auch der Beginn einer lang andauernden Zeit der Entbehrungen. Hamsterfahrten, spielen zwischen Trümmern, manchmal auch mit durchschossenen Stahlhelmen, Wache schieben beim Rüben oder Kartoffeln „organisieren“, aktive Hilfe beim Kohlen klauen (obwohl vom Kölner Kardinal Frings ex cathedra als „fringsen“ zur lässlichen Sünde veredelt, mit einer Nacht im britischen Militärgefängnis geahndet, für einen Vierjährigen nicht gerade erheiternd).

Es war auch das bange Warten auf den Vater, der in Italien in amerikanische Kriegsgefangenschaft geraten war. Wie sich später herausstellte, hatte er in der Etappe eines besonders ruhigen Frontabschnitts rechtzeitig Englisch und Italienisch gelernt, machte sich nach der Gefangennahme für die neuen Herren geradezu unentbehrlich und überlebte in der Schreibstube der US-Army wohl um einiges angenehmer als der Rest der Familie daheim in Frieden und Freiheit.

Und nicht zuletzt die Sorge um den Onkel, der mit 18 an der Ostfront kämpfen musste, als ich gerade geboren wurde, dessen Spuren sich in Stalingrad verloren, über den bei Familienfesten nur im Flüsterton geredet werden durfte („Ob er wohl noch lebt?“) und der Ende 1955, nach Konrad Adenauers Moskaureise, doch noch aus sibirischer Lagerhaft zurückkehrte – lebend, aber körperlich und seelisch zerstört.

Wir, die wir in den letzten Kriegsjahren geboren wurden, in den oft bitteren Nachkriegsjahren aufwuchsen und mit einer neuen Republik erwachsen wurden – diese Generation hat, wenn überhaupt, dann sehr persönliche Erinnerungen an das Ende des Krieges. Wir erlebten es aus der Perspektive des Kindes, wir nahmen wahr und merkten uns, was

Drei-, Vier- oder Fünfjährigen wichtig ist. Wie das alles politisch einzuordnen, moralisch und weltanschaulich zu beurteilen, historisch zu erklären ist, lag außerhalb unserer Wahrnehmungswelt. Wir sahen die Welt, und damit auch das Ende dieses Krieges, mit den Augen des Kindes. Der kritisch-fragende Blick aus der Erwachsenenperspektive – was war da, jenseits unserer direkten Wahrnehmung, geschehen? Wie konnte es geschehen? Wie kann man es für alle Zukunft verhindern? – eröffnete sich uns erst viel später.

Dennoch sind wir, die heute 70- bis 75-Jährigen, wichtige Zeitzeugen. Wir haben wenigstens bruchstückhaft eigene konkrete Erinnerungen. Darüber hinaus hat unser Unterbewusstsein Geist und Ungeist jener Zeiten aufgenommen. Den Wechsel der Zeiten, die Niederlage des Alten, die Befreiung, der leider nicht immer Freiheit folgte – wir haben es aufgenommen und ließen uns davon prägen, stärker als die Generationen vor und nach uns.

An diesem Datum, das sich nun zum 70. Mal jährt, hängt weit mehr als die formelle Besiegelung von Sieg und Niederlage. Es markiert eine Zeitenwende, wie sie radikaler und totaler nicht vorstellbar ist. Heute wissen wir, dass nicht alles, was neu war, auch gut war. Dass es Versäumnisse und Fehlentwicklungen gab und immer noch gibt.

Unterm Strich aber haben wir den Übergang in eine neue Zeit doch ganz gut bewältigt. Und wir, diese Generation von Kriegs- und Nachkriegskindern, haben dazu einen ganz wichtigen Beitrag geleistet. Deshalb ist es so wichtig, auch diesen Zeitzeugen öffentlich eine Stimme zu geben, bevor sie für immer verstummen.

Hans-Jürgen Mahlitz


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 100. GEBURTSTAG

Struppek, Martha, geb. Wawrzyn, aus Dippelsee, Kreis Lyck, am 25. Mai

ZUM 98. GEBURTSTAG

Felsner, Edeltraut, geb. Marquardt, aus Treuburg, am 29. Mai

König, Johanna, geb. Hausen-dorf, aus Merunen, Kreis Treuburg, am 28. Mai

Ortmann, Ulrich, früher Freese, aus Lyck, am 26. Mai

ZUM 96. GEBURTSTAG

Bärthel, Ingeborg, geb. Walden, aus Schareiken, Kreis Treuburg, am 25. Mai

Geisendorf, Christel, geb. Kallweit, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 29. Mai

Schunk, Hildegard, geb. Fortak, aus Ittau, Kreis Neidenburg, am 24. Mai

ZUM 95. GEBURTSTAG

Groß, Irma, geb. Kramer, aus Milken, Kreis Lötzen, am 28. Mai

Kundt, Gretel, geb. Kuckuck, aus Freudenfeld, Kreis Wehlau, am 26. Mai

Plauk, Edith, aus Rauterskirch, Kreis Elchniederung, am 24. Mai

Wenk, Bruno, aus Poppendorf, Kreis Wehlau, am 26. Mai

Wulff, Anna-Frieda, geb. Duchna, aus Neidenburg, am 29. Mai

ZUM 94. GEBURTSTAG

Closen, Elisabeth, geb. Kulinna, aus Allenbruch, Kreis Lötzen, am 29. Mai

Exel, Emmy, geb. Ludorf, aus Neu Keykuth, Kreis Ortelsburg, am 29. Mai

Günther, Frieda, geb. Scharnowski, aus Gorlau, Kreis Lyck, am 24. Mai

Krautwurst, Walburga, geb. Schliebenow, aus Lyck, Yorkstraße 24, am 25. Mai

Krosse, Ida, geb. Laskowitzki, aus Schönhofen, Kreis Treuburg, am 26. Mai

Lange, Frida, geb. Jakubzik, aus Arlen, Kreis Lötzen, am 27. Mai

Lucks, Hildegard, geb. Meyer, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 26. Mai

Moser, Heinz, aus Pillau, Kreis Samland, am 26. Mai

Ossa, Lieselotte, geb. Romanowski, aus Reichenwalde, Kreis Lyck, am 28. Mai

Siedler, Gerda, aus Großheidekrug, Kreis Samland, am 26. Mai

ZUM 93. GEBURTSTAG

Bendig, Erich, aus Neufelde, Kreis Elchniederung, am 23. Mai

Best, Ilse, geb. Ströhl, aus Eichen, Kreis Preußisch Eylau, am 23. Mai

Blaeser, Gertrud, geb. Gronau, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 28. Mai

Czymoch, Klaus, aus Fronicken, Kreis Treuburg, am 25. Mai

Daul, Eva, geb. Melis, aus Neukirch, Kreis Elchniederung, am 25. Mai

Liebenau, Eva, geb. Schmidt, aus Lyck, am 27. Mai

Lorfing, Arthur, aus Aßlacken, Kreis Wehlau, am 23. Mai

Maertens, Elisabeth, geb. Gräfin von Schwerin, aus Wildenhoff, Kreis Preußisch Eylau, am 29. Mai

Reichardt, Ruth, geb. Berger, aus Sareiken, Kreis Lyck, am 27. Mai

Rogowski, Maria, geb. Hoos, aus Lyck, am 24. Mai

Schettkat, Gerda, geb. Borm, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 25. Mai

Sembach, Hermann, aus Ebenrode, am 25. Mai

Weiß, Willi, aus Parnehnen, Kreis Wehlau, am 29. Mai

ZUM 92. GEBURTSTAG

Bolsch, Otto, aus Steinkendorf, Kreis Lyck, am 29. Mai

Fritsche, Helene, geb. Luft, aus Birkenmühle, Kreis Ebenrode, am 26. Mai

Gaszek, Edith, geb. Kostrewa, aus Ebendorf, Kreis Ortelsburg, am 23. Mai

Hoff, Inge, geb. Weingärtner, aus Plauen, Kreis Wehlau, am 29. Mai

Klingohr, Emmy, geb. Bokühn, aus Gottesgnade, Kreis Preußisch Eylau, am 25. Mai

Laskowski, Walter, aus Reimannswalde, Kreis Treuburg, am 28. Mai

Lischka, Waltraud, geb. Wendt, aus Weißengrund, Kreis Ortelsburg, am 23. Mai

Scheffler, Lieselotte, geb. Tersch, aus Wehlau, am 26. Mai

Thiede, Horst, aus Sonnau, Kreis Lyck, am 27. Mai

ZUM 91. GEBURTSTAG

Dibbert, Lotte, geb. Kumpies, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 25. Mai

Franke, Sigrid, geb. Becker, aus Lyck, am 28. Mai

Hartmann, Edeltraud, geb. Lietke, aus Irglacken, Kreis Wehlau, am 29. Mai

Hopp, Annemarie, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 25. Mai

Katzmarzik, Luise, geb. Notebohm, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 24. Mai

Koppetsch, Martha, geb. Fuchs, aus Mecken, Kreis Ebenrode, am 23. Mai

Malinowski, Willi, aus Suleiken, Kreis Treuburg, am 25. Mai

Neumann, Gertrud, geb. Ludszuweit, aus Sokaiten, Kreis Tilsit-Ragnit, am 27. Mai

Penski, Werner, aus Lötzen, am 23. Mai

Stimmel, Renate, geb. Burghardt, aus Lindenfließ, Kreis Lyck, am 29. Mai

Viell, Erika, geb. Saborowski, aus Hornheim, Kreis Neidenburg, am 26. Mai

Viergutz, Traute, aus Lyck, am 26. Mai

ZUM 90. GEBURTSTAG

Deußing, Rolf, aus Wehlau, am 28. Mai

Dombrowski, Else, aus Lyck, am 26. Mai

Eggert, Ursula, geb. Karschau, aus Heiligenkreutz, Kreis Samland, am 24. Mai

Grywatsch, Horst, aus Hartwichs, Kreis Preußisch Holland, am 29. Mai

Gutheil, Erna, aus Neuendorf, Kreis Lyck, am 26. Mai

Händel, Gertrud, geb. Ruschinczyk, aus Kleschen, Kreis Treuburg, am 26. Mai

Jeromin, Käthe, geb. Riemenschneider, aus Neumalken, Kreis Lyck, am 24. Mai

Köring, Elisabeth, geb. Romoth, aus Treuburg, am 27. Mai

Losigkeit, Benno, aus Eisenbeil, Kreis Heiligenbeil, am 25. Mai

Maier, Irma, geb. Windisch, aus Saalfeld, Kreis Mohrungen, am 25. Mai

Makoschey, Helmut, aus Deumenrode, Kreis Lyck, am 26. Mai

Pagio, Helene, aus Millau, Kreis Lyck, am 24. Mai

Regutzky, Walter, aus Deutscheck, Kreis Treuburg, am 23. Mai

Schröder, Fritz, aus Garbseiden, Kreis Samland, am 27. Mai

Schubert, Gertrud, aus Lyck, am 25. Mai

Stabbert, Erna, geb. Jebramzik, aus Glinken, Kreis Lyck, am 28. Mai

Stolz, Ernst, aus Inse, Kreis Elchniederung, am 29. Mai

Tanbach, Willi, aus Liebenberg, Kreis Ortelsburg, am 26. Mai

Till, Eva, geb. Hartmann, aus Wehlau, am 29. Mai

Wegner, Helena, geb. Stolzenwald, aus Neuendorf, Kreis Wehlau, am 29. Mai

ZUM 85. GEBURTSTAG

Bartz, Horst, aus Klein Röderdorf, Kreis Heiligenbeil, am 27. Mai

Benoni, Marianne, geb. Kalweit, aus Lyck, am 24. Mai

Buse, Gertrud, geb. Zimek, aus Lindenort, Kreis Ortelsburg, am 29. Mai

Fabik, Arno, aus Groß Stürlack, Kreis Lötzen, am 25. Mai

Ficht, Ernst, aus Rohmanen, Kreis Ortelsburg, am 28. Mai

Gengel, Gerhard, aus Karkeln, Kreis Elchniederung, am 29. Mai

Janke, Hannelore, geb. Cremer, aus Neidenburg, am 24. Mai

Kallinowski, Horst, aus Dippelsee, Kreis Lyck, am 29. Mai

Kelpe, Erika, geb. Nagaitschik, aus Goldenau, Kreis Lyck, am 26. Mai

Kolpak, Brigitte, geb. Angermann, aus Lötzen, am 24. Mai

Nertz, Johannes, aus Preußisch Holland, Kreis Ortelsburg, am 24. Mai

Oschkinat, Annemarie, geb. Skatikat, aus Angertal, Kreis Angerburg, am 29. Mai

Pempe, Horst, aus Schwalg, Kreis Treuburg, am 27. Mai

Pfahl, Gerhard, aus Grenzberg, Kreis Elchniederung, am 29. Mai

Puppik, Ruth, geb. Janzik, aus Waiblingen, Kreis Lyck, am 23. Mai

Sakowski, Otto-Wilhelm, aus Klein Jerutten, Kreis Ortelsburg, am 24. Mai

Scholz, Jutta, geb. Haack, aus Poppendorf, Kreis Wehlau, am 29. Mai

Sielski, Gerda, geb. Luxa, aus Rogonnen, Kreis Treuburg, am 25. Mai

Siska, Paul Gerhard, aus Lötzen, am 26. Mai

Starkjohann, Eva-Marie, geb. Engelke, aus Kussenberg, Kreis Elchniederung, am 27. Mai

Surkus, Hans-Georg, aus Grünau, Kreis Elchniederung, am 28. Mai

Utschakowski, Gert, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 23. Mai

Wulf, Elli, aus Königsberg/Preußen, Lümmerweg 17, am 25. Mai

ZUM 80. GEBURTSTAG

Balzer, Gerhard, aus Glinken, Kreis Lyck, am 23. Mai

Bongers, Irene, geb. Mollowitz, aus Lindenheim, Kreis Lötzen, am 23. Mai

Britt, Charlotte, geb. Laupichler, aus Taplacken, Kreis Wehlau, am 29. Mai

Czub, Gerhard, aus Glinken, Kreis Lyck, am 23. Mai

Deilhardt, Hans-Jürgen, aus Rettkau, Kreis Neidenburg, am 23. Mai

Deininger, Lisbeth, geb. Quednau, aus Windberge, Kreis Ebenrode, am 26. Mai

Ehlert, Leo, aus Rossen, Kreis Heiligenbeil, am 25. Mai

von Frantzius, Wolf-Dietrich, aus Eichen, Kreis Wehlau, am 28. Mai

Fröhlich, Wilhelm, aus Kalgendorf, Kreis Lyck, am 28. Mai

Heidrich, Egon, aus Groß Nuhr, Kreis Wehlau, am 26. Mai

Hermenau, Bruno, aus Gallgarben, Kreis Samland, am 29. Mai

Hilles, Lieselotte, geb. Lask, aus Waldwerder, Kreis Lyck, am 25. Mai

Hohla, Frieda, geb. Klein, aus Grieben, Kreis Ebenrode, am 29. Mai

Hoppe, Elli, geb. Wilkehl, aus Erlen, Kreis Elchniederung, am 25. Mai

Hose, Helmut, aus Waldwerder, Kreis Lyck, am 28. Mai

Hustadt, Irmgard, aus Schönhofen, Kreis Treuburg, am 23. Mai

Kalcher, Margit, geb. Schulz, aus Reinkental, Kreis Treuburg, am 27. Mai

Kreusch, Marianne, geb. Kubbilun, aus Kischken, Kreis Ebenrode, am 27. Mai

Krüger, Gerda, geb. Scheffler, aus Wehlau, am 26. Mai

Lau, Helga, geb. Maszutt, aus Tawe, Kreis Elchniederung, am 23. Mai

Pentzek, Heinrich, aus Borschimmen, Kreis Lyck, am 25. Mai

Pietruschinski, Peter, aus Suleiken, Kreis Treuburg, am 23. Mai

Pries, Peter, aus Dippelsee, Kreis Lyck, am 25. Mai

Reilein, Helmut, aus Alexbrück, Kreis Ebenrode, am 23. Mai

Schadwinkel, Hilde, geb. Krohn, aus Weidlacken, Kreis Wehlau, am 24. Mai

Schliwinski, Ernst, aus Mulden, Kreis Lyck, am 23. Mai

Schmitt, Waltraud, geb. Hanke, aus Gilgenfeld, Kreis Elchniederung, am 29. Mai

Schneider, Ingrid, geb. Fischer, aus Pobethen, Kreis Samland, am 29. Mai

Schröder, Gerhard, aus Pobethen, Kreis Samland, am 26. Mai

Schuer, Waltraud, geb. Hobuk, aus Lehmfelde, Kreis Ebenrode, am 27. Mai

Sypli, Helmut, aus Wehlau, am 23. Mai

Timmler, Wolfgang, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 25. Mai

Wadehn, Bodo, aus Goldbach, Kreis Wehlau, am 27. Mai

Wege, Hannelore, geb. Laupsien, aus Seesken, Kreis Treuburg, am 24. Mai

Weiß, Marianne, aus Parnehnen, Kreis Wehlau, am 24. Mai

Wilkehl, Willi, aus Erlen, Kreis Elchniederung, am 25. Mai

Wodka, Dieter, aus Kalkofen, Kreis Lyck, am 23. Mai

Zscheckel, Christel, geb. Salewski, aus Neuendorf, Kreis Treuburg, am 26. Mai

ZUM 75. GEBURTSTAG

Hänschen, Brunhilde, geb. Schirrmann, aus Richau, Kreis Wehlau, am 24. Mai

Hube, Helmut, aus Schwengels, OT.-Dothen, Kreis Heiligenbeil, am 29. Mai

Janella, Karin, aus Wilhelmsdorf, Kreis Rastenburg, am 24. Mai

Knaul, Gerda, geb. Ludorf, aus Pregelswalde, Kreis Wehlau, am 29. Mai

Nickeleit, Bruno, aus Anmut Kreis Elchniederung, am 27. Mai

Renn, Ingrid, geb. Mönch, Kreis Neidenburg, und aus Hohenwalde, Kreis Heiligenbeil, am 27. Mai

Rost, Peter, aus Eibenau, Kreis Treuburg, am 25. Mai

Schlichtenberger, Horst, aus Kirschken, Kreis Ebenrode, am 28. Mai

Diamantene Hochzeit

Tiedtke, Werner, und Ehefrau Anni, geb. Boll, aus Altkirchen, Kreis Ortelsburg, am 28. Mai


S. 16-17 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BUND JUNGES OSTPREUSSEN

Vorsitzender: Stefan Hein, Gst.: Buchtstr. 4, 22087 Hamburg, Tel.: (040) 4140080, E-Post: kontakt@junge-ostpreussen.de, www.junge-ostpreu­ssen.de.

Schloss Burg – Sonntag, 5. Juli: Der BJO beteiligt sich am Kleinen Ostpreußen- und Schlesiertreffen auf Schloss Burg an der Wupper. Beginn der Veranstaltung: 10 Uhr, Kundgebung: 14 Uhr. Weitere Informationen: www.ostpreussen-nrw.de. Dort links auf den Button „Ostpreußentreffen“ klicken.

Breslau – 26. September: In der niederschlesischen Stadt Breslau findet dieses Jahr das Kulturfestival der deutschen Minderheit in der Jahrhunderthalle statt. Dieses gibt es nur alle drei Jahre und ist durchaus etwas Besonderes. Die Stadtfahrt dient dazu, sich gemeinsam einen Eindruck von der Veranstaltung zu verschaffen, und bietet Gelegenheit, die schöne Stadt zu erkunden, und das natürlich nicht nur am Tage. Die Teilnehmer treffen sich in Breslau am Abend des 24. Septembers und reisen am 27. September wieder ab. Der Altersschwerpunkt der Stadtfahrt liegt zwischen 16 und 35 Jahren. Die Einladung mit weiteren Einzelheiten findet sich auf www.junge-ostpreussen.de.

 

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Frauengruppe – Freitag, 29., bis Sonnabend, 30. Mai., Haus der Heimat, Stuttgart: Landesfrauentagung des BdV.

Göppingen – Jeweils am ersten Mittwoch im Monat trifft sich um 14 Uhr im Lokal Glashaus, Salach, die Kreisfrauengruppe zu ihren Kulturnachmittagen. Ansprechpartner ist Vera Pallas, Telefon (07162) 5870.

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Altmühlfranken – Freitag, 19. Juni, Gasthof Krone, Gunzenhausen: Heimatliches Essen: „Pommersche Kartoffelsup“. Anschließend Lesung aus Ernst-Moritz Arndts Reisebericht aus Franken.

Kitzingen – Freitag, 29. Mai,

15 Uhr, Hotel Würzburger Hof: Vortrag durch Gustav Patz und gemütliches Beisammensein.

München – Freitag, 12. Juni,

14 Uhr, Haus der Deutschen Ostens. Lilienberg 5, 81669 München: Treffen der Frauengruppe.

Nürnberg – Dienstag, 26. Mai, 15 Uhr, Haus der Heimat, Imbuschstraße 1 (Endstation U1): Wir gedenken unserer Mütter (Muttertagsfeier). Gäste sind willkommen.

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Tilsit-Ragnit, Tilsit-Stadt – Sonnabend, 30. Mai, 15 Uhr, Ratskeller Charlottenburg, Otto-Suhr-Allee 102, 10565 Berlin: Gemeinsames Treffen. Weitere Informationen: Hermann Trilus, Telefon (03303) 40 38 81.

 

BREMEN

Vorsitzender: Helmut Gutzeit, Telefon (0421) 25 09 29, Fax (0421) 25 01 88, Hodenberger Straße 39 b, 28355 Bremen. Stellvertrende Vorsitzende: Marita Jachens-Paul, Ratiborer Straße 48, 27578 Bremerhaven, Telefon (0471) 86176. Landesgeschäftsführer: Jörg Schulz, Am Anjes Moor 4, 27628 Uthlede, Telefon (04296) 74 77 01.

Bremen – Freitag, 29. Mai, 12.30 Uhr, Hotel Robben – Grollander Krug, Emslandstraße 30 (Haltestelle Norderländer Straße der BSAG-Linien 1 oder 8): Spargelessen der Frauengruppe. Alle Mitglieder und Freunde sind herzlich eingeladen. Es gibt pro Person 500 Gramm Stangenspargel, dazu Sauce Hollandaise oder Butter, Salzkartoffeln sowie wahlweise Schnitzel, Schinken oder Schweinemedaillons. Zusätzlich kann Suppe und/oder Dessert bestellt werden. Der Preis beträgt 19,90 Euro. Anmeldungen bis 26. Mai bei Frau Richter, Telefon 405515 oder in der Geschäftsstelle.

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Haus der Heimat, Teilfeld 8, 20459 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

KREISGRUPPEN

Insterburg – Die Heimatkreisgruppe trifft sich jeden ersten Mittwoch im Monat (außer im Januar und im Juli) zum Singen und einem kulturellem Programm um 12 Uhr, Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123–125. Kontakt: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69b, 22459 Hamburg. Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

Gumbinnen – Sonnabend, 6. Juni,

14 Uhr, Traditionshaus Lackemann, Litzowstieg 8, 22041 Hamburg: Heimatnachmittag. Für ein abwechslungsreiches Programm ist gesorgt. Über jeden neuen Gast würden wir uns freuen. Klären möchten wir bei diesem Treffen auch die Frage, wie es mit der Heimatgruppe weitergeht.

Das Haus Lackemann ist mit der U1 bis Wandsbek Markt gut zu erreichen. Zwischen dem Einkaufszentrum Quarree und dem Hotel Thiefenthal den Durchgang „Hinterm Stern“ nehmen, dann sind es nur wenige Schritte zum Restaurant.

Heiligenbeil – Sonnabend, 20. Juni, 14 Uhr, AWO-Seniorentreff, Bauerbergweg 7: Sommerfest. Alle Mitglieder und Freunde der Gruppe sind herzlich eingeladen, in geselliger Runde fröhliche Stunden miteinander zu verbringen. Es gibt Kaffee, Kuchen und dem Filmvortrag „65 Jahre Landsmannschaft Ostpreußen – Landesgruppe Hamburg“.

Der Kostenbeitrag liegt bei 5 Euro. Sie erreichen den Seniorentreff mit der Buslinie 116 (Haltestelle Bauerberg) von den U-Bahnstationen Hammer Kirche, Billstedt oder Wandsbek-Markt aus. Von der Haltestelle Bauerberg sind es noch zwei Gehminuten bis zum Seniorentreff.

Anmeldung bitte bis 18. Juni bei Konrad Wien, Telefon (040) 32049041.

 

HESSEN

Vorsitzender: Eberhard Traum, Wächtersbacherstraße 33, 63636 Brachtal, Telefon (06053) 708612.

Frankfurt am Main – Das Frühjahrsprogramm der Landsmannschaft bescherte der Kreisgruppe Frankfurt einen Ausflug in den Mai. Bei strahlend schönem Wetter ging die Fahrt durch den schönen Hintertaunus. Der Weg führte durch die maigrünen und hügeligen Wälder, an den in den Talsenken eingebetteten Dörfchen und an gelb blühenden Rapsfeldern vorbei, zu der früheren Residenzstadt Weilburg an der Lahn. Eindrucksvoll lag dieser Ort vor uns mit seiner vierflügeligen Renaissance-Schlossanlage der ehemaligen Fürsten von Nassau-Weilburg. Sie präsentierte sich uns, auf einem Hügel-Plateau gelegen, von der Lahn-Schleife umflossen und zählt zu den bedeutendsten Kulturdenkmälern Hessens. Schöne alte Bürgerhäuser umrahmten diesen Anblick. Die Vorsitzende, Gerlinde Groß, wusste zu berichten, dass diese Residenz das Stammhaus der Großherzöge von Luxemburg ist, die auch heute noch in ihrem Namen Nassau-Weilburg tragen.

Die ersten Erwähnungen dieser Stadt reichen in das Jahr 906 zurück. Selbst die Reichsinsignien wurden hier einige Zeit bewahrt, bevor sie durch das Weilburger Testament dem Sachsenherzog Heinrich übergeben wurden. Das Stadtrecht besitzt Weilburg genau so lange wie die Mainstadt Frankfurt. In Erstaunen versetzte es uns Betrachter, dass die Fürsten der damaligen Kleinstaaterei so viel Geldmittel für ihre Bauvorhaben und Hofhaltung aus der Bevölkerung herausholen konnten. Diese Residenz diente aber auch als Finanzamt. Durch den hoch über der Lahn gelegenen Standort waren die Wege der kleinen Handelsschiffchen, die auf dem Fluss ihren Weg nach Flandern und Böhmen suchten, gut zu kontrollieren um Zölle zu kassieren. Heute haben wir das Glück, dass uns trotz der beiden unglücklichen Kriege des letzten Jahrhunderts dieses Kleinod erhalten geblieben ist. Weilburg zählt zu den vollständig erhaltenen Beispielen für deutsche Kleinresidenzen des Absolutismus, berichtete Gerlinde Groß.

Im Jahr 1866 fiel dieser Ort an das Königreich Preußen. Kurhessen mit den Nassauern hatte auf der Seite Österreichs gegen Preußen gekämpft und den Krieg verloren. Ein solches Besatzungsbild, wie es 1945 das besiegte deutsche Volk ertragen musste, hat es unter den preußischen Besatzern jedoch nicht gegeben.

Nach weiterer ausgiebiger Betrachtung des schönen Ortes und den inneren Räumen des Schlosses bot es sich an, in einem Café auf dem Marktplatz bei einigen Leckereien, über das Gesehene zu sprechen. Erwähnenswert war noch, dass in der Nachbarschaft der Weilburger, dem Braunfelser-Land im 18. Jahrhundert eine preußische Fürstin Hof hielt – Friederike von Solms-Braunfels. Sie war die Schwester der Königin Luise von Preußen.

Nach weiterem humorigem Gedankenaustausch wurde die Heimreise an diesem schönen Tag angetreten.

Wetzlar – Montag, 8. Juni, 19 Uhr, Restaurant Grillstuben, Stoppelberger Hohl 128: Dia-Vortrag zum Thema „Der Westpreuße Hermann Löns“. Referentin ist die Kulturbeauftragte der ost- und westpreußischen Landsmannschaft in Hessen, Karla Weyland. Der Eintritt ist frei. Kontakt: Kuno Kutz, Telefon (06441) 770559.

– Bericht –

Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist über die Deutschen im Osten unsägliches Leid hereingebrochen. Soldaten vergewaltigten Frauen und Mädchen, schlachteten das Vieh, erschossen Erwachsene und Kinder und führten viele Männer in Gefangenschaft nach Sibirien. Schließlich wurden mehr als zwölf Millionen Deutsche aus ihrer Heimat vertrieben.

Das Ende des Krieges vor 70 Jahren war bei der Landsmannschaft der Ost- und Westpreußen – Kreisgruppe Wetzlar – Anlass, um sich der furchtbaren Erlebnisse zu erinnern. Hildegard Henning konnte zu dem Abend rund 30 Besucher und Wolfgang Kopiske aus Weilrod-Hasselbach als Referenten begrüßen. Kopiske, dessen Eltern aus Westpreußen stammen, las Schicksale von Vertriebenen vor. So präsentierte er Ausschnitte aus dem Buch „Ich sah Königsberg sterben – Tagebuch eines Arztes in Königsberg 1945 bis 1948“ von Hans Deichelmann sowie aus „Die Stunde der Frauen. Bericht aus Pommern 1944 bis 1947“ von Christian Graf von Krockow.

Der Pfarrer im Ruhestand Karl-Oskar Henning begrüßte unter den Besuchern auch die Alt-Oberin des Königsberger Mutterhauses der Barmherzigkeit, Schwester Hannelore Skorzinski, die in Ostpreußen geboren ist. Sie vertrete ein Mutterhaus, dessen Heimat politisch verspielt wurde, so Henning. Dabei erinnerte er daran, dass seit 25 Jahren wieder Kontakte nach Ostpreußen möglich sind. Die Kraft der Barmherzigkeit habe sich bemerkbar gemacht, als vor einigen Jahren die Leitung des 600-Betten-Krankenhauses, das einst von Diakonissen geleitet und heute Gebietskrankenhaus in Königsberg ist, einen Gedenkstein für die Schwestern und ihre Tätigkeit setzte. Dies sei fast 70 Jahre nach ihrer Vertreibung geschehen. Henning verwies auch darauf, dass die Beziehungen, die nach dem Fall des Eisernen Vorhangs möglich wurden, seit nunmehr 25 Jahren zu einer Freundschaft geführt haben. Diese soll mit einer Festwoche vom 18. bis 24. Juli begangen werden. Dazu werden auch der Chefarzt der Klinik, Konstantin Iwanowitsch Poljakov, und die leitende Schwester Natascha Androsowa erwartet.

Karla Weyland und Friederike Preuß trugen dann Geschichten aus Ostpreußen zum Muttertag vor. So las Karla Weyland die Erzählung „Als Gott die Mutter schuf“ von Erna Bambeck. Friederike Preuß hatte unter anderem die Geschichte von Olga Brauner „Mutter der Vertriebenen“ mitgebracht.

Wiesbaden – Dienstag, 9. Juni, 14.30 Uhr Wappensaal, Haus der Heimat, Friedrichstraße 35: Treffen der Frauengruppe. Das Beisammensein steht unter dem Motto „Anekdoten und Wissenswertes von großen und kleinen Leuten“. Bitte den geänderten Beginn beachten. 14.30 Uhr gilt auch in Zukunft. – Donnerstag, 11. Juni, 12 Uhr, Gaststätte „Haus Waldlust“, Ostpreußenstraße 46, Wiesbaden-Rambach: Stammtisch. Serviert wird Spargel mit Schinken. Es kann auch nach der Speisekarte bestellt werden. Wegen der Platz- und Essendisposition bitte anmelden bis spätestens Freitag, 5. Juni, bei Irmgard Steffen (0611) 844938. Anreise: ESWE-Busverbindung Linie 16, Haltestelle Ostpreußenstraße.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Braunschweig – Mittwoch, 27. Mai, 15 Uhr, Stadtparkrestaurant (Eingang Sozialverband), Jasperallee 42: „2015 – das Jahr der Jahrestage“.

Buxtehude – Donnerstag, 28. Mai, 7 Uhr, Stade Bahnhof (Grell-Bus): Tagesfahrt in die Rosenstadt Eutin. Der Bus nimmt weitere Teilnehmer in Buxtehude (8.30 Uhr) und Neu Wulmstorf (9 Uhr) auf. Das Programm: Gemeinsames Mittagessen in der Alten Mühle in Eutin. Ab 13.30 Uhr: Besichtigung des herzoglichen Schlosses am Ufer des großen Sees. Ab 14.45 Uhr: Eutiner Seenrundfahrt mit einer Kaffeetafel an Bord des Schiffes. Ab 16 Uhr: Besuch im Holsteiner Obsthof. Um 17.30 Uhr: Rückfahrt.

Die Kosten betragen 45 Euro pro Person. Anmeldungen bis zum 21. Mai bei Familie Wandert, Telefon (04161) 87918.

Helmstedt – Donnerstag, 11. Juni, 15 Uhr, Begegnungsstätte Schützenwall 4: Gemeinsames Treffen. Weitere Auskünfte: Frau Anders, Telefon (05351) 9111.

Osnabrück – Donnerstag, 28. Mai, 15 Uhr, Gaststätte Bürgerbräu, Blumenhaller Weg 43: Treffen des Literaturkreises – Dienstag, 2. Juni, Hotel Ibis, Blumenthaller Weg 152: Kegeln – Freitag, 19. Juni, 15 Uhr, Gaststätte Bürgerbräu: Treffen der Frauengruppe.

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Bielefeld – Die Kreisgruppe möchte auf die Gästewoche der Ost-, Westpreußen und Sudetendeutschen in Seeboden in Kärnten hinweisen. Sie findet vom 21. bis 27. Juni statt. Ein umfangreiches Programm erwartet die Teilnehmer. Angehörige des Vorstandes aus Bielefeld haben schon an der Gästewoche teilgenommen und empfehlen sie sehr! Anmeldungen und weitere Informationen beim Tourismusbüro Seeboden, Frau Kutin, Hauptplatz 1,

A-9871 Seeboden/Millstätter See, Telefon (0043) 476281210.

Düsseldorf – Jeden Mittwoch, 18.30 Uhr, Eichendorff-Saal, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus (GHH), Bismarckstraße 90: Chorprobe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft „Ostpreußen-Westpreußen-Sudetenland“ unter Leitung von Radostina Hristova. – 24. Mai: 66. Sudetendeutscher Tag in Augsburg unter dem Motto „Menschenrechte ohne Grenzen“. – Mittwoch, 3. Juni, 15 Uhr, Raum 311, GHH; Ostdeutsche Stickerei mit Helga Lehmann und Christel Knackstädt. – Donnerstag, 11. Juni, 19 Uhr, Konferenzraum, GHH: „Wien 1814/15 – Versailles 1919 – Potsdam 1945. Friedenskonferenzen im Vergleich“ – Vortrag von Professor Guido Thiemeyer. – Freitag, 12. Juni, Restaurant Lau-

ren’s, Bismarckstraße 62: Stammtisch.

Leverkusen – Sonnabend, 30. Mai, 15 Uhr: Traditionelles Blumenfest mit Beteiligung der Kulturgruppen Chor, Tanzgruppe und Laienspielgruppe. Gewählt wird die Königin der Blumen nach alten Überlieferungen aus der Pruzzenzeit. Ein schönes Programm mit Liedern, Gedichten, Tänzen und Spielen nach einem gemeinsamen Kaffeetrinken soll die Stunden unvergesslich machen. Wer fröhlich feiern möchte und dabei an alte Traditionen anknüpfen möchte, ist herzlich eingeladen. Anmeldungen bei Frau Pelke, Telefon (0214) 95763. Wir freuen uns auf sie.

Siegen – Die Frauengruppe der Ost- und Westpreußen trifft sich an jedem dritten Dienstag im Monat um 14 Uhr ab sofort im barrierefreien Café Patmos in Siegen-Geisweid in der Sohlbacher Straße.

– Nachruf –

Für uns alle unerwartet und mit 61 Jahren viel zu früh verstarb am 13. April unser langjähriges Vorstandsmitglied Frank Schneidewind. Das ist für die Ost- und Westpreußen der Kreisgruppe Siegen ein herber, unersetzlicher Verlust.

Durch seine Reisen nach Ostpreußen in Verbindung mit der Bruderhilfe und durch die jahrelange Betreuung der dort verbliebenen Landsleute mit Geldspenden und Paketen hatte er ein unglaublich reiches Detailwissen erworben, verbunden mit einem allzeit hilfsbereiten Einsatz.

Bei unseren Versammlungen und Feiern war er darauf bedacht, den heimatlichen Bezug zu wahren. Er hielt selbst des Öfteren einen Beitrag bereit. Mit seinen Vorträgen zur Landesnatur, zur Geschichte, zu Kultur und Bräuchen fand er immer ein tiefes Interesse bei den Zuhörern. Seine landesweiten Verbindungen nutzte er zudem um Literatur und Sachspenden für unsere Ostpreußische Bücherstube zu sammeln. Ohne seinen Einsatz wäre niemals so viel zusammen gekommen. So wird er als langjähriger Kulturwart und als aufrichtiger Mensch uns stets in dankbarer Erinnerung bleiben.

Anton Olbrich, Vorsitzender der Ost- und Westpreußen, Kreisgruppe Siegen

 

SACHSEN

Vorsitzender: Alexander Schulz, Willy-Reinl-Straße 2, 09116 Chemnitz, E-Mail: alexander.schulz-agentur@gmx.de, Telefon (0371) 301616.

Zwickau – Die Treffen der Heimatgruppe der Insterburger finden in diesem Jahr in Zwickau im Brauhaus hinter dem Dom statt. Termine sind der 5. Juni, der 11. September und der 12. Dezember. Die Treffen beginnen jeweils um 14 Uhr, das Weihnachtstreffen schon um 12 Uhr.

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle, Telefon privat (0345) 2080680.

Dessau – Montag, 8. Juni, 14 Uhr. Krötenhof, Wasserstadt 40: Lesenswert – Heimatliteratur.

Gardelegen – Donnerstag, 28. Mai, 12.30 Uhr: Halbtagsfahrt zum Storchenhof Loburg.

Magdeburg – Freitag, 29. Mai, 16 Uhr, Sportgaststätte TuS Fortschritt, Zielitzer Straße: Treffen des Singekreises. – Dienstag, 9. Juni, 13 Uhr, Immermannstraße: Treffen der Stickerchen.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner. Geschäftsstelle: Telefon (0431) 554758, Wilhelminenstr. 47/49, 24103 Kiel.

Flensburg – Mittwoch, 3. Juni, 11.30 Uhr, Delfter Stüben, Flensburg-Mürwik: Spargelessen.

– Bericht –

Bei trübem regnerischem Wetter fand am 9. Mai, dem 70. Jahrestag des Kriegsendes, auf dem Friedenshügel in Flensburg, eine stille Gedenkveranstaltung an den drei Grabfeldern für 165 in deutscher Kriegsgefangenschaft und Zwangsarbeit verstorbene sowjetische Staatsangehörige statt.

Die Stadtpräsidentin Swetlana Krätzschmar legte an den Grabstellen Blumen nieder. In ihrer Gedenkrede erwähnte sie, dass der Zweite Weltkrieg circa 50 bis 60 Millionen Menschen das Leben gekostet habe. Die größten Opfer, mit etwa 27 Millionen Toten, darunter Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, habe die Sowjetunion gebracht. In den drei Grabfeldern ruhen Russen, Ukrainer, Weißrussen, Menschen aus dem Kaukasus, Zentralasien und Sibirien. Manche von ihnen wurden aus KZ’ in Norddeutschland in Fußmärschen oder auf dem Seeweg nach Flensburg getrieben.

Auf dem Gedenkstein im Hauptgräberfeld steht: „Im ewigen Gedenken an die russischen Soldaten, die durch den faschistischen Terror ihr Leben verloren haben. Hier ruhen 108 in Kriegsgefangenschaft verstorbene russische Soldaten. Die Heimat kennt eure Qualen.“ Gleich nebenan ist ein Zweiergrab mit einem Hauptmann und einem Sergeanten, ein weiteres Grabfeld ist 55 sowjetischen Zwangsverschleppten und deren Kindern gewidmet. „Wenn Kriegsgräber überhaupt einen Sinn haben“, sagte die Stadtpräsidentin, „dann uns Lebende zu mahnen. Kriege lösen keine Probleme, sondern führen in die Katastrophe.“

Bernhard Mroß von der deutschen Freundschaftsgesellschaft West-Ost sagte in seiner Gedenkrede „Möge den hier ruhenden Toten die fremde deutsche Erde ein sanftes Ruhekissen sein.“ Er gedachte auch der in einem mörderischen Krieg gefallenen deutschen Soldaten, der infolge vom Flucht und Vertreibung, bei Zwangsarbeit und in Kriegsgefangenschaft ums Leben gekommenen deutschen Landsleute.

Teilgenommen an der Veranstaltung haben etwa 50 Personen, darunter Vertreter der Vereinigten Landsmannschaften Flensburg (Ostpreußen und Pommern) mit dem Vorsitzenden Winfried Brandes, Vertreter der Marinekameradschaft Flensburg von 1896, der Maritimen Vereinigung Flensburg, der Kameradschaft Flensburger Jäger und Schützen, der Reservistenverband der Bundeswehr sowie Bürger der Stadt Flensburg.

Es wurden Gebinde, Blumensträuße, auch von einzelnen Bürgern, niedergelegt. Aus Hamburg war der Vizekonsul des russischen Generalkonsulats, Pavel Reshetnikov mit Gattin angereist und legte einen Kranz am Hauptgrabfeld nieder. Am Vortag wurden die Gedenksteine durch Angehörige der jüdischen Gemeinde Flensburg mit Blumensträußen geschmückt. Bernhard Mroß

Malente – Mittwoch, 3. Juni, 15.30 Uhr, Lenter Kate, Bahnhofstraße 13a: Treffen der Landsmannschaft der Ost- und Westpreußen sowie der Schlesier. Helga Mäder liest aus ihrem Erzählband „Jetzt spucke ich“ über ihre Erlebnisse in Schlesien. Auch das aktuelle Thema „70 Jahre Kriegs-ende“ wird angesprochen. Gäste der Landsmannschaft sind herzlich eingeladen. Kaffee und ein Stück Kuchen ist für eine Kostenbeteiligung von zwei Euro erhältlich. Anmeldungen bitte bis Sonnabend, 30. Mai, im Blumenhaus Franck (Inhaber St. Munkelt), Bahnhofstraße 26. Telefonische Anmeldungen (04523) 2659 nur in dringenden Fällen.

Mölln – Mittwoch, 27. Mai, 15 Uhr, Quellenhof: Mitgliederversammlung. Das Hauptthema ist ein interessanter Videofilm von ungefähr 60 Minuten mit dem Titel „Ostpreußen: Land, Leute und ihre Verhältnisse 1913 bis 1945“. Es werden unter anderem die spektakulären Küsten des Samlandes, die Nehrung, die Seenplatte des Oberlandes und Masuren gezeigt. Weiter die Städte Königsberg, Elbing, Insterburg und einige der typischen Landesstädtchen. Zu dieser Veranstaltung laden wir auch die Landsleute aus Pommern, Danzig, Schlesien, Mölln, Freunde und Bekannte recht herzlich ein.


S.18-19 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

ALLENSTEIN LAND

Kreisvertreter: Hans-Peter Blasche, Lankerstraße 40, 40545 Düsseldorf, Telefon (0211) 17181290; (02131) 902700 (dienstl.), Telefax (02131) 902430 (dienstl.) Geschäftsstelle: Gemeindeverwaltung Hagen, Postfach 1209, 49170 Hagen, Telefon (05401) 9770. www.allenstein-landkreis.de

30. Mai, Bochum-Werne: Kirchspieltreffen Göttkendorf, Alt Schöneberg, Jonkendorf zusammen mit Kirchspiel Dietrichswalde, Nagladen und Woriten im Hölterweg 2. Beginn: 14 Uhr. Weitere Informationen: Familie Sawitzki, Telefon (0234) 230624 oder J. Certa (02334) 54077.

 

ANGERAPP (DARKEHMEN)

Kreisvertreterin: Edeltraut Mai, Weißdornweg 8, 22926 Ahrensburg, Telefon (04102) 823300, Internet: www.angerapp.com

Das Jahreshaupttreffen der Kreisgemeinschaft findet am 30. Mai um 10 Uhr in der Gaststätte/Hotel Fuchs, Hauptstraße 35, 21256 Handeloh, Telefon (04188) 414, statt. Wir möchten Sie bitten, sich möglichst mittels der Anmeldekarten aus dem Heimatbrief anzumelden, damit die Gastronomie sich auf die Personalzahl hinsichtlich des Mittagessens einstellen kann. Hotelunterkünfte müssen selbst gebucht werden, da das Hotel Fuchs bereits ausgebucht ist. Zum Treffen sind alle Landsleute und auch Gäste herzlich eingeladen.

 

EBENRODE (STALLUPÖNEN)

Kreisvertreter: Dr. Gerhard Kuebart, Schiefe Breite 12a, 632657 Lemgo, Telefon (05261) 8 81 39, E-Mail: gerhard.kuebart@ googlemail.com.

Dieses Jahr wird das Hauptkreistreffen mit der Feier des Jubiläums der 100-jährigen Patenschaft von Kassel für Ebenrode (Stallupönen) verbunden. Die Veranstaltung findet vom Sonnabend, 30., bis Sonntag, 31. Mai, im Rathaus von Kassel statt. Der Ablauf am Sonnabend:

10 Uhr: Vorstandssitzung

11 Uhr: Kreistagssitzung

14 Uhr: Mitgliederversammlung

17 Uhr: Lesung und Vortrag mit Arno Surminski

19 Uhr: Gemütlicher Abend im Hotel Deutscher Hof. Musikalische Begleitung durch die Deutsche Schule aus Trakehnen [Jasnaja Poljana]

Der Ablauf am Sonntag: 10 Uhr: Totenehrung mit Kranzniederlegung am Ehrenmal in der Karlsaue mit dem Pfarrer im Ruhestand Kurt Perrey.

11 Uhr: Festakt im Bürgersaal mit musikalischer Begleitung durch die Deutsche Schule aus Trakehnen. Zu den Rednern gehören Kassels Bürgermeister Bertram Hilgen, der Kreisvertreter Gerhard Kuebart und der Sprecher der Landmannschaft Stephan Grigat.

13 Uhr: Empfang auf Einladung der Stadt Kassel im Bürgersaal.

15 Uhr: Gottesdienst in der Karlskirche.

 

GERDAUEN

Kreisvertreter: Walter Mogk, Am Eichengrund 1f, , 39629 Bismark (Altmark), Telefon (0151) 12 30 53 77, Fax (03 90 00) 5 13 17. Gst.: Doris Biewald, Blümnerstraße 32, 04229 Leipzig, Telefon (0341) 9600987, E-Mail: geschaeftsstelle@ kreis-gerdauen.de.

Im Herbst dieses Jahres endet die Legislaturperiode des Kreistages unserer Heimatkreisgemeinschaft. Die Neuwahl der Kreistagsmitglieder erfolgt während des Hauptkreistreffens am Sonnabend, 3. Oktober 2015, um 9.30 Uhr im Hotel Esplanade in 31542 Bad Nenndorf, Bahnhofstraße 8.

Laut Paragraph 1 der Wahlordnung werden 25 Kreistagsmitglieder gewählt. Ihre Verteilung auf die Kirchspiele und Abteilungen sieht wie folgt aus: Gerdauen: 6 Vertreter, Nordenburg: 4, Assaunen: 2, Friedenberg: 1, Groß Schönau: 1, Karpowen (Karpauen): 1, Klein Gnie: 2, Laggarben: 1, Löwenstein: 1, Molthainen: 1, Momehnen: 1, Muldszen (Mulden): 2, Abteilung GIRDAWE: 2.

Wahlberechtigt und wählbar sind alle Mitglieder gemäß Paragraph 2 Absatz 1 unserer Vereinssatzung, die am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben. Laut Paragraph 5 der Wahlordnung schlägt der jetzige Vorstand nachstehende Landsleute für den neuen Kreistag vor:

Kirchspiel Gerdauen: Jörg Beißel, Hannelore Gruschwitz, Hans Eckart Meyer, Dietmar Plaumann, Lothar Scharnowski;

Kirchspiel Nordenburg: Doris Biewald, Brigitte Havertz-Krüger, Walter Mogk, Margitta Romagno;

Kirchspiel Assaunen: Arnold Schumacher, Dr. Jürgen Wokulat;

Kirchspiel Friedenberg: Klaus-Dietrich Rahn;

Kirchspiel Groß Schönau: Karin Leon;

Kirchspiel Klein Gnie: Dirk Bannick, Frauke Bannick;

Kirchspiel Laggarben: Gertrud Holtermann;

Kirchspiel Molthainen: Monika Weppelmann;

Kirchspiel Muldszen (Mulden): Dietmar Hoffmann;

Abteilung GIRDAWE: Wolfgang Gay.

Für die Kirchspiele Karpowen (Karpauen), Löwenstein und Momehnen, für die zweite Vertreterposition der Abteilung GIRDAWE sowie die sechste Vertreterposition für das Kirchspiel Gerdauen und die zweite Vertreterposition für das Kirchspiel Muldszen (Mulden) liegen keine Wahlvorschläge des Vorstandes vor.

Gleichzeitig werden hiermit alle Mitglieder gebeten, weitere Wahlvorschläge bis spätestens zum 3. August bei der Vorsitzenden des Wahlausschusses, Irmgard Kalipke, Buchenweg 22, 47447 Moers, einzureichen. Insbesondere wird um Wahlvorschläge für diejenigen Kirchspiele gebeten, für die bisher keine oder nicht genügend Kandidaten zur Verfügung stehen.

Die Wahlvorschläge müssen von mindestens zehn wahlberechtigten Mitgliedern des jeweiligen Kirchspiels unterzeichnet sein. Aus dem Wahlvorschlag müssen Vor- und Zuname, Geburtsdatum, Heimat- bzw. Geburtsort und die vollständige aktuelle Anschrift sowohl des Bewerbers als auch der Unterzeichner erkennbar sein. Dem Wahlvorschlag ist die schriftliche Zustimmung des Bewerbers beizufügen. Jedes wahlberechtigte Mitglied darf nur einen Wahlvorschlag unterzeichnen. Einen Abdruck der kompletten Wahlordnung mit Stand vom 12. September 2009 können Sie bei der Geschäftsstelle anfordern.

Walter Mogk, Kreisvertreter

 

LÖTZEN

Kreisvertreter: Dieter Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg. Geschäftsstelle: Ute Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg, Telefon (040) 6083003, Fax: (040) 60890478, E-Mail: KGL.Archiv@gmx.de

Am 10. Mai fand in Neumünster die Wahl zum Amt des Oberbürgermeisters statt. Vier Kandidaten hatten sich beworben: Neben dem bisherigen – parteilosen – Amtsinhaber Olaf Tauras, der von der CDU, der FDP und den Grünen unterstützt wird, waren es ein Kandidat jeweils von der NPD und AfD sowie die chancenreichste Herausforderin Elke Christina Roeder. Die SPD-Politikerin war einmal Bürgermeisterin in Bad Pyrmont! – Das Wahlergebnis war eindeutig: Mit 59,8 Prozent hat Amtsinhaber Tauras den direkten Wahlsieg geschafft. Für Elke Christina Roeder gab es 34,5 Prozent der Stimmen – das entspricht genau der Höhe der auffallend nied-rigen Wahlbeteiligung. Dabei hatten in Neumünster die letzten Wochen sichtbar unter allen Formen des Wahlkampfes gestanden. Sven Schmidt (AfD) erhielt 3,2 Prozent der Stimmen, und der Ratsherr Michael Proch (NPD) kam auf 2,6 Prozent. – Der 1. Vorsitzende der Kreisgemeinschaft Lötzen, Dieter Eichler, gratulierte dem alten und nunmehr neuen Oberbürgermeister zum Wahlsieg und drückte seine Freude über die Kontinuität in der Fortsetzung vertrauensvoll und freundschaftlich gewachsener Kontakte zur Verwaltungsspitze der Patenstadt aus. Ute Eichler

23. Mai, Davensberg: Treffen der Dorfgemeinschaft Weidicken (und umliegende Gemeinden) in der Gaststätte Haus Börger, Burgstraße 60. Organisation: Johannes Waschulewski, Telefon: (05251) 55524.

 

NEIDENBURG

Kreisvertreter: Jürgen Szepanek, Nachtigallenweg 43, 46459 Rees-Haldern, Tel. / Fax (02850) 1017.

Der Pfingstheimatbrief Nummer 144 ist inzwischen fertiggestellt und in Druck gegeben worden. Diese Ausgabe enthält neben vielen anderen Themen auch eine Beschreibung unseres diesjährigen Heimattreffens, das am Sonntag, dem 6. September, erstmalig im Erich-Brühmann-Haus in Bochum-Werne stattfindet.

Das Veranstaltungslokal liegt genau gegenüber unserer Heimatstube, die an diesem Sonntag geöffnet sein wird. Alle Landsleute und Freunde der Kreisgemeinschaft, die in der Versandliste erfasst sind, erhalten den Heimatbrief noch vor Pfingsten. Wer den Heimatbrief noch nicht erhält, ihn aber haben möchte, teile bitte seine Anschrift dem Schriftleiter Jürgen Kowalek, Bromberger Straße 26, 28816 Stuhr, mit. Umgehend wird dann ein Exemplar zugesandt.

Eine große Anzahl der Weih-nachtsausgabe konnte leider auch diesmal nicht zugestellt werden, da sich die Anschriften der Landsleute geändert haben. Alle Bezieher werden deshalb erneut dringend gebeten, Adressen- und sonstige Personenstandsänderungen sofort dem Mitgliederdatenverwalter Hans-Ulrich Pokraka, An der Friedenseiche 44, 59597 Erwitte, mitzuteilen. Sie vermeiden dadurch Zustellungsverzögerungen und kostenaufwendige Nachforschungen und Nachsendungen. Auch weisen wir daraufhin, dass wir Geburtstagsdaten nur veröffentlichen können, wenn sie vorhanden sind beziehungsweise uns bei Fehlen mitgeteilt werden.

Zurzeit sind noch DVDs von allen Heimatbriefen ab 1947, Kreisbüchern und Bildbänden vorhanden. Bestellungen – 15 Euro pro Stück, alle drei zusammen 40 Euro inklusive Versandkosten – sind an den Kreisvertreter zu richten. Der Versand erfolgt umgehend. Jürgen Szepanek

 

MOHRUNGEN

Kreisvertreterin (kommissarisch): Ingrid Tkacz, Knicktwiete 2, 25436 Tornesch, Telefon/Fax (04122) 55079. Frank Panke, Schatzmeister, Eschenweg 2, 92334 Berching, Telefon (08462) 2452. Geschäftsstelle Horst Sommerfeld, Lübecker Straße 4, 50858 Köln, Telefon (02234) 498365.

Freitag, 19. Juni, 11 Uhr, Kirche Groß Simnau [Szymonowo]: Sommerfest der Deutschen Bevölkerung „Herder“ in Mohrungen.

20. Juni, Sensburg [Mragowo]: Sommerfest der Deutschen Vereine.

25. Juli: Das Dorf Kröcken (Gr. Arnsdorf) feiert sein 700-jähriges Jubiläum. Freunde und ehemalige Bewohner sind herzlich eingeladen. Wir wären dankbar für Informationen oder alte Fotos für die Jubiläumsfeier. Ansprechpartner: Leszek Meller, Vorsitzender des Freundeskreis Groß Arnsdorf, Am Wäldchen 1 a, D 66292 Riegelsberg, Mail: L.Meller@t-online.de.

 

TILSIT-RAGNIT

Kreisvertreter: Dieter Neukamm, Am Rosenbaum 48, 51570 Windeck, Telefon (02243) 2999, Fax (02243) 844199. Geschäftsstelle: Eva Lüders, Telefon/Fax (04342) 5335, Kührenerstraße 1 b, 24211 Preetz, E-Mail: Eva.lueders@arcor.de.

Wir laden herzlich ein zum satzungsgemäßen Hauptkreistreffen und zur Mitgliederversammlung mit der Wahl des neuen Kreistages. Die Veranstaltung findet am Freitag, 11. September, 14 Uhr, Hotel Hannover (Telefon 05723/7920), Buchenallee 1, 31542 Bad Nenndorf. Das Programm:

1) Eröffnung der Mitgliederversammlung und Begrüßung durch den Kreisvertreter

2) Totenehrung und geistliches Wort

3) Bericht des Kreisvertreters über die Tätigkeit in der abgelaufenen Wahlperiode

4) Erläuterung des Wahlvorgangs

5) Wahl des Versammlungsleiters, der Wahlhelfer und des Protokollführers

7) Wahl der Mitglieder des Kreistages für die Wahlperiode 2015 bis 2019

8) Konstituierende Sitzung des neuen Kreistages

9) Gemütliches Beisammensein und Ausklang.

Wahlvorschläge zum neuen Kreistag sind bis zum 10. Juni an den Kreisvertreter Dieter Neukamm, Am Rosenbaum 48, 51570 Windeck einzureichen. Dem Wahlvorschlag muss eine vom vorgeschlagenen Kandidaten unterschriebene Einwilligungserklärung beiliegen.

Bei Ihrer Terminplanung beachten Sie bitte, dass am Samstag, den 12. September, am Tag nach unserem Hauptkreistreffen, ab 10 Uhr das Regionaltreffen der Kreisgemeinschaften Tilsit-Ragnit und Elchniederung sowie der Stadtgemeinschaft Tilsit stattfindet, ebenfalls in Bad Nenndorf, im Hotel Esplanade in der Bahnhofstraße 8a.

Kommen Sie bitte zu beiden Veranstaltungen, sofern es Ihnen möglich ist und bringen Sie Ihren Nachwuchs mit!

Dieter Neukamm

 

TILSIT–STADT

Stadtvertreter: Hans Dzieran, Stadtgemeinschaft Tilsit, Postfach 241, 09002 Chemnitz. Geschäftsführer: Manfred Urbschat, E-Mail: info@tilsit-stadt.de.

Vom 1. bis 3. Juni findet in Lübeck das Schultreffen statt. Austragungsort ist das Hotel Excelsior in der Hansestraße 3. Beginn ist am Montag, 1. Juni, um 16 Uhr mit dem gemeinsamen Kaffeetrinken. Anschließend folgen die Regularien und abends ein Bildvortrag über die Einweihung des Königin-Luise-Denkmals in Tilsit. Am Dienstag steht eine Stadtrundfahrt auf dem Programm, nachmittags eine Schiffsreise vorbei an den schönsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Am Mittwoch um 8.30 Uhr: Fahrt zur Marzipanmanufaktur Niederegger. Nach einer Führung und Marzipanverkostung heißt es Abschied nehmen. Anmeldungen bei Schulsprecher Siegfried Dannath-Grabs, Telefon (0351) 8037740.

 

TREUBURG

Kreisvertreterin: Ingrid Meyer-Huwe, Heinrich-Heine-Straße 51, 30173 Hannover, Telefon/Fax (0511) 884928, E-Mail: eusebius@kabelmail.de. Stellvertreterin: Eva Knierim, Kaiserstraße 38, 58300 Wetter, Telefon (02335) 846853, e-knierim@t-online.de. Geschäftsführerin: Irmgard Klink, Schlehdornweg 30, 47647 Kerken, Telefon (02833) 3984 (Fax: 3970), iklink@gmx.de. www.treuburg.de. Ansprechpartnerin in Ostpreußen: Hannelore Muraczewska, Wisniowa 1, PL 19-400 Olecko, Telefon (0048) 875 20-3180.

Liebe Treuburger aus Stadt und Land!

Heute möchte ich Sie noch einmal erinnern, dass wir uns vom 1. bis 5. Juni in Fintel treffen. Der Festtag selbst wird am 4. Juni stattfinden. Es wäre natürlich schön, wenn Sie sich ein paar Tage Urlaub für Fintel nehmen könnten. Es lohnt sich bestimmt.

Die angebotenen Ausflüge werden einmal nach Lüneburg gehen, dieser Ausflug ist eine Halbtagestour. Die Ganztagestour geht zuerst ins Teufelsmoor und dann nach Bremen. Das wird sicherlich sehr interessant, besonders für alle diejenigen, die das noch nicht kennen.

Ich hoffe, dass ich noch einige von Ihnen motivieren kann, an diesem Treuburger Treffen teilzunehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Ingrid Meyer-Huwe

31. Mai, Gütersloh: Treffen Bärengrund im Restaurant „Bonne Vie“, Carl-Bertelsmann-Straße 267. Weitere Informationen: Manfred Bednarzik (05244) 9275888, E-Mail: M.bednarzik@versanet.de


Ein Kranz mit roten Rosen
Würdevolles Gedenken an die Opfer der Flucht über die Ostsee vor 70 Jahren

Der polnische Kapitän des Ausflugsschiffes zeigte viel Verständnis. Er stimmte umgehend zu, als Manfred Schukat und Friedhelm Schülke, die Organisatoren und Leiter einer Reise durch Masuren und nach Danzig, in der zweiten Maiwoche mit der Bitte an ihn herantraten, auf dem Oberdeck des Schiffes eine Andacht abzuhalten. Gedacht werden sollte der Opfer, die durch Schiffsversenkungen in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs den Fluchtweg über die Ostsee nicht geschafft hatten.

Aus Danzigs Altstadthafen kommend, stoppte der Kapitän die Maschinen in Sichtweite des Hafens Hela. Die 78 Personen umfassende Reisegruppe versammelte sich an Deck. Friedhelm Schülke spielte eine ruhige Melodie auf dem Akkordeon. Manfred Schukat, der Vorsitzende der Landsmannschaft in Mecklenburg-Vorpommern, dankte den Teilnehmern für ihre Bereitschaft, der Opfer zu gedenken. Er sagte: „Wer, wenn nicht wir sind aufgerufen zu den Stätten zu gehen, an denen das Leben so vieler Menschen endete.“ Schon am Vortag hatte die Reisegruppe in Gdingen die Kirche Stella Maris besucht. In einer Seitenkapelle erinnert dort eine Gedenktafel an den Untergang von „Wilhelm Gustloff“, „Goya“ und „Steuben“. Die Namen der drei Schiffe standen auch auf einer der Kranzschleife, die den Tannenkranz mit dunkelroten Rosen schmückte. Auf der anderen Schleife war zu lesen: „Ostsee 1945“.

Der Pfarrer im Ruhestand Martin Schomerus, ein Mitglied der Reisegruppe, leitete sein geistliches Wort in das Vaterunser über. Friedhelm Schülke rezitierte das Gedicht „Wagen an Wagen“ von Agnes Miegel, das hier eine ganz besondere Wirkung entfaltete. Die noch in Danzig geborene Reni Rack und der aus Masuren stammende Lötzener Kreisvertreter Dieter Eichler übergaben den Kranz den an diesem Tag besonders sanften Wellen. Mit dem Singen von „Dona nobis pacem“ endete das würdevolle Gedenken. Nach einem dreifachen Ehrensalut aus dem Typhoon, dem Schiffshorn, nahm der der Kapitän wieder Kurs auf den Hafen von Hela.

Diejenigen Teilnehmer der Reisegruppe, die dann den Weg zur Spitze der Halbinsel erkundeten, sahen dort nicht nur neue, und an vielen Stellen mit Informationstafeln ausgestattete Brettstege, sondern unübersehbar auch Reste von Bunkeranlagen. Auf engstem Raum: Noch immer Spuren des II. Weltkrieges und die Schönheit einer besonderen Landschaft. Ute Eichler


S. 20 Heimatarbeit

Abschied mit Mozarts »Ave verum«
Nach 65-jährigen Bestehen und vielen erfolgreichen Auftritten, gab der Ostpreußenchor Hamburg sein Abschiedskonzert

Mit einem feierlichen Gottesdienst würdigte die evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde St. Gabriel in Hamburg-Barmbek den Ostpreußenchor Hamburg. Traurig, besinnlich und denkwürdig war der Anlass: Der Chor feierte einerseits sein 65-Jähriges Bestehen und gab andererseits seine Auflösung bekannt. Er trat aus Altersgründen zum allerletzten Mal auf.

Zum ersten Sonntag im Mai um 10 Uhr hatte der Chor in das Gotteshaus eingeladen. Natürlich auch dabei war Ilse Schmidt. Die Vereinsvorsitzende, trat vor über 30 Jahren der Chorgemeinschaft bei. Vor drei Jahren zur Gründung des Vereins befragt, berichtete sie, wie es begann: „An einem Frühlingstag im Jahre 1950 trafen sich am frühen Morgen im U-Bahnhof Klosterstern zwei Herren, die sich zuletzt in ihrer Heimat Ostpreußen gesehen hatten. Es war eine freudige Begegnung. Es war einerseits Herr Kirchner, bis Kriegsende war er Vorstandsmitglied im Deutschen Sängerbund für dessen Sektion 2 Ostpreußen, und Herr Raulien andererseits, ebenfalls bis Kriegsende ein bekannter Chorleiter in Ostpreußen.

Beide Herren stammten aus Wehlau. Sie fassten spontan den Entschluss, einen Ostpreußenchor zu gründen. Gesagt, getan. Zunächst fehlte es an Liederbüchern, Übungsraum und Sängern. Diese wurden schnell gefunden, da es in Hamburg viele Flüchtlinge aus Ostpreußen gab. Und mit ‚materiellen Sachen‘ war die Unterstützung durch den Sängerbund aus Hamburg groß. Am 7. Mai 1950 erschienen zur Gründungsversammlung 22 ostpreußische Sänger. Es wurde der Vorstand gewählt. Im Laufe der Jahre gab es viele Konzerte und Auftritte. So zum ‚Tag der Heimat‘ in der Musikhalle und zu landsmannschaftlichen Veranstaltungen. Die höchste Mitgliederzahl betrug 153 Personen. Er war ein Erfolg auf der ganzen Linie.“

Ilse Schmidt berichtete damals vor 13 Jahren, dass man, solange es ginge, weitermachen wolle und dass man noch sehr gefragt sei. „Mit 14 öffentlichen Auftritten im Jahr sind wir dabei“, erklärte sie. Mit dem Jahr 2015 aber ging es nicht mehr. Der Ostpreußenchor Hamburg bat zum Abschiedskonzert. Eine gute halbe Stunde vor Beginn strömten die Besucher in die Kirche und füllten die Bänke bis zum letzten Platz. Harald Ehlbeck, Pastor der Gemeinde, begrüßte die zahlreichen Besucher und Chormitglieder, die sich mit stimmungsvollen Liedern auf die festliche Veranstaltung einstimmten.

Aufgabe des Chores war es auch an diesem Tage, das überlieferte Liedgut der Ostpreußen, erneut zu Gehör zu bringen und vor dem Vergessen zu bewahren. In diesem Sinne hatte die Chorleiterin Hanna Guzinski ein fröhlich besinnliches Programm erstellt. Der nun im Jahre 2015 noch 18 Mitglieder zählende Chor nahm seine Zuhörer auf eine musikalische Reise durch vergangene Zeiten mit. Brillant gesungen und Höhepunkte zugleich waren das „Ave verum“ von Mozart, „Ännchen von Tharau“ von Simon Dach und das „Anne Mämel, anne Mämel“ von Charlotte Keyser im ostpreußischen Platt.

Musikalisch standen die schwarz-weiß gekleideten und Bernsteinschmuck tragenden Chormitglieder im Zeichen heimatlicher Liedtradition und wurden für die Zuhörer zu einem Erlebnis. Hanna Guzinski leitete das Konzert unter Einsatz voller Gestik und Mimik. Sie spielte selbst ein Stück auf der Querflöte und lud zum Mitsingen bekannter Weisen ein. Ilse Schmidt trug Gedichte und Erlebtes vor. Zur Erinnerung und als Andenken überreichte sie danach der Chorleiterin ihre eigene Bernsteinkette.

Nach dem gemeinsamen Vaterunser sprach Pastor Ehlbeck dem Ostpreußenchor für sein langjähriges Wirken Dank und Anerkennung aus. Mit dem Lied „Land der dunklen Wälder“ endete die Veranstaltung. Jedes Mitglied des Chores erhielt eine Rose zum Abschied.

Beim anschließenden Beisammensein und Plachandern im Gemeindesaal gratulierte die Landesgruppe Hamburg dem Ostpreußenchor, der auf viele Jahre Aktivitäten zurückblicken kann. Lange Jahre traf sich der Chor wöchentlich zu Proben im „Haus der Heimat“ vor dem Holstentor. In und außerhalb der Hansestadt trat er auf bei Konzerten in Kirchen, bei Jahresfesten der Landsmannschaft oder zum „Singen im Advent“ im Ostpreußischen Landesmuseum.

In der Adventszeit prägten seine Mitglieder so manche „ostpreußische Weihnacht“ mit Gesang und Vorträgen in unverwechselbarem Dialekt. Der Chor ging auch auf Tournee: Auf dem Deutschlandtreffen der Ostpreußen in Berlin war er Teil des Programms. Über viele Jahre ist es ihm gelungen, seine Zuhörer mit bewegenden Konzerten zu erfreuen. Nicht nur Landsleute erinnern sich gern an jenen besonderen Chor, dessen Mitglieder sich idealerweise in Treue und Liebe zur Heimat verdient gemacht haben.

Herzlichen Glückwunsch und vielen Dank an all die Sängerinnen und Sänger. Wöchentliche Gesangsproben finden nun nicht mehr statt, doch werden sich weiterhin ab 13. Juli jeden zweiten Montag im Monat um 12 Uhr im Traditionshaus Lackemann in Wandsbek jene Freunde des Gesangs treffen. Kontakt: Ilse Schmidt, Telefon (040) 2543935.

Hartmut Klingbeutel


S. 21 Lebensstil

Was klappert da am rauschenden Bach?
Pfingstmontag ist Mühlentag − Besucher können historische Mühlen besichtigen und dabei eine wichtige Frage klären

In früheren Zeiten waren Mühlen die Kraftwerke des Volkes. Ehe sie Opfer der Industrialisierung wurden oder als Denkmäler stillgelegt worden sind, wurde dort nicht nur Korn gemahlen, sondern auch Holz gesägt oder Wasser gepumpt.

Alljährlich findet am Pfingstmontag landesweit der Deutsche Mühlentag statt, in diesem Jahr zum 22. Mal. Veranstalter ist die Deutsche Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung e.V. (DGM) zusammen mit den Landes- und Regionalvereinen. Auch 2015 laden die Mitglieder und Freunde der DGM in 14 Bundesländern wieder zu einem Aktions- und Thementag ein, um die Mühle als technisches Kulturgut vorzustellen und die Besucher mit der Geschichte der einzelnen Mühlen bekannt zu machen.

Welche Mühlen in den einzelnen Bundesländern teilnehmen, listet die DGM auf ihren Internetseiten auf. Unter den hunderten historischen Mühlen in Deutschland, die ihre Pforten öffnen, sind funktionstüchtige Wind- und Wassermühlen, Ross- und Göpelmühlen sowie Motormühlen. So wird man die Mühlen wieder einmal klappern hören, wenn sie den Schaulustigen im Betrieb vorgeführt werden. An den Veranstaltungsorten erwartet die Besucher gastronomische Versorgung, mancherorts wird dazu ein buntes Rahmenprogramm geboten. Die offizielle Auftaktveranstaltung wird in diesem Jahr vom DGM-Landesverband Baden-Württemberg ausgerichtet und findet an der Mönchhofsägemühle in Waldachtal-Vesperweiler statt. Der Schirmherr ist der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann.

Die heute noch vorhandenen Wind- und Wassermühlen sind Relikte aus einer vergangenen Zeit, ebenso ist das Müllerhandwerk ausgestorben. Am Mühlentag bekommt man eine Ahnung davon, welch schwere Arbeit der Müller zu verrichten hatte, um Mehl für unser Hauptnahrungsmittel Brot herzustellen.

Überwiegend ist die Sanierung und Instandsetzung funktionstüchtiger historischer Mühlen einzelnen Enthusiasten zu verdanken. Ein Beispiel mag dies verdeutlichen. Die denkmalgeschützte Holländermühle (Turmwindmühle) im Spreewalddorf Straupitz ist europaweit die letzte noch produzierende Windmühle mit drei originalen Müllereigewerken unter einem Dach. Sie wurde 1850 an der Stelle einer älteren Bockwindmühle errichtet. Im Jahr 1885 erfolgte ein Anbau. Seitdem arbeitete die Mühle auch als windbetriebene Sägemühle, bis diese 1904 nach der Umstellung auf Dampfbetrieb durch eine Lo­komobile wind­unabhängig wurde. 1910 kam noch eine kleine Ölmühle hinzu. 1988 wurde die Mühle aus Privatbesitz verkauft.

Nach Beginn der langwierigen und aufwendigen Instandsetzungsarbeiten Anfang der 1990er Jahre ging sie in den Besitz der Gemeinde Straupitz über, die sie an den Mühlenverein Holländermühle e.V. Straupitz verpachtete. Die Mühle wird in der Kombination von Mahl-, Säge- und Ölmühle mit mehreren hauptberuflich Beschäftigten ganzjährig und ohne öffentliche Zuschüsse als produzierendes technisches Denkmal betrieben.

Am Pfingstmontag werden alle drei Mühlengewerke von 10 bis 17 Uhr im vollen Betrieb zu besichtigen sein. Führungen finden nach Voranmeldung statt. Zu Gratiskostproben des berühmten, frisch gepressten Spreewaldgold-Leinöls wird eingeladen. Im Müllerhaus wird das Spreewälder Nationalgericht „Pellkartoffeln mit Quark und Leinöl“ angeboten sowie das Omega-3-Mühlenbrot, das aus Mehl, Roggenschrot und eigenem Lein(öl)kuchenmehl hergestellt wird. Kaffee und Kuchen gibt es im Café des Müllerhauses.

Die Anregung der Veranstaltung eines jährlich stattfindenden Mühlentags erging Anfang der 1990er Jahre von der DGM. 1987 wurde die DGM als Dachverband ins Leben gerufen, um die teilweise schon seit Jahrzehnten bestehenden Einzelinitiativen zur Mühlenerhaltung zu koordinieren. Innerhalb weniger Jahre kam es in allen Bundesländern zur Gründung von Landes- und Regionalverbänden. Ziel der über 3000 Müller, Mühlenbauer, Mühlenforscher und Freunde der Mühlen und Müllerei ist es, zusammen mit dem Denkmalschutz die letzten, kulturhistorisch bedeutenden Mühlen als Sehenswürdigkeit und technische Denkmäler zu bewahren. Damit verbunden besteht das Ziel, das technische und kulturelle Erbe des Müllerhandwerks einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln.

Mühlen sind die ältesten und wichtigsten Kraftmaschinen der Menschheit. Durch die Antriebskraft der Mühle lässt sich nahezu jedes Werkzeug bedienen, das durch eine Dreh- oder Schlagbewegung angetrieben wird. Im Mittelalter gehörte zu jedem Dorf oder zu einer Mahlgemeinschaft von Dörfern mindestens eine Wind- oder Wassermühle. Die Mühle als Universalmaschine war jahrhundertelang eine der wesentlichen Grundlage des Alltagslebens.

Um Mühlen und ihre Betreiber, die Müller, ranken sich viele heitere und ernste Geschichten aus aller Welt. Inzwischen aber haben die meisten Menschen keine Vorstellung mehr von der Kulturleistung, Muskelkraft durch eine maschinelle Konstruktion und mittels der in der Natur vorhandenen Energien Wasser und Wind zu ersetzen.

Ihre Nutzung begann vor rund 2500 Jahren. Ursprünglich dienten Mühlen der Bewässerung der Felder durch Wasserschöpfräder. Vor mehr als 2000 Jahren betrieben die Römer bereits Wassermühlen mit einem Steinmahlgang als Getreidemühlen. Ihr Ingenieurwissen brachten sie in die Rheinprovinzen mit. In den Klöstern bewahrten die Mönche diese Technologie und wendeten sie für die Eigenversorgung mit Mehl an. In der Neuzeit wurden Wasser- und Windkraft bei nahezu jeder Maschine zur Ver- und Bearbeitung von Rohstoffen als Energiequelle genutzt. Mehr als 160 Anwendungsbereiche sind nachgewiesen. Neben der Verarbeitung von Getreide dienten Mühlen dem Sägen von Holz, dem Pressen von Öl, Stampfen von Flachs (Bokemühle), Schöpfen und Pumpen von Wasser, als Antrieb für Schmiedehämmer, zum Schleifen, zur Papierherstellung und anderen handwerklichen Tätigkeiten.

Noch in der Zeit nach 1945 waren Mühlen, zum Teil mit Elektroenergie betrieben, unverzichtbare Kraftmaschinen. Im Zuge der seit Ende der 50er Jahre durch staatliche Prämien geförderten Stilllegung wurden in der Bundesrepublik Deutschland die meisten Mühlen aufgegeben. Motorgetriebene, wetterunabhängige Industriemühlen verdrängten in wenigen Jahren die Wind- und Wassermühlen sowie sonstige Mühlen mit veralteten Gewerken. Heute sieht man nur noch in wenigen Ortschaften Windmühlen, manche davon sind flügellose Mühlentürme. Wo immer sie die Zeitläufte überstanden haben, erfreuen sich die Menschen an ihrer Existenz.

Übrigens: Was bei der Mühle am rauschenden Bach „klappert“, ist der Rüttelschuh, der Getreide aus dem Trichter in das Steinauge des Mahlsteins rüttelt. Dabei schlägt der hölzerne Rüttelschuh gegen das eiserne obere Mühleisen. Dieses dreht sich mit dem Mahlstein als „Nockenwelle“, das ist die technische Vorrichtung zur Umwandlung von rotierenden in lineare Bewegungen – eine Erfindung der Antike. D. Jestrzemski


Mit Flügeln entschweben
Wien lädt ein zum Schlagerwettbewerb ESC − und lässt dafür kräftig trommeln

Bis zu 200 Millionen Menschen werden am 23. Mai weltweit am Fernseher das Finale des „Eurovision Song Contest“ 2015 (ESC) aus der Wiener Stadthalle verfolgen. Österreich ist in diesem Jahr der Veranstalter des Schlagerwettbewerbs, nachdem vor einem Jahr die schräge österreichische Bartträgerin Conchita Wurst den Schlagertitel in Kopenhagen gewonnen hatte.

In der Finalshow werden mit Teilnehmen aus 27 Ländern so viele antreten wie nie zuvor. Erstmals wird bei dem europäischen Schlagerwettbewerb − der globalen Kommerzialisierung sei Dank! − auch Australien vertreten sein. Für Deutschland geht die Hamburgerin Ann Sophie ins Rennen, in der Hoffnung mehr als nur einen Punkt zu gewinnen. Sie gilt zumindest nicht als Favoritin.

Um bei der Mammutveranstaltung die neunminütige Lücke bei der Abstimmung zu füllen und um in dieser Zeit die Zuschauer in der Wiener Stadthalle bei der Stange zu halten, hat der österreichische Sender ORF ein Showprogramm gestalten lassen, das als musikalische Visitenkarte des Landes fungieren soll. Die musikalische Verantwortung liegt in den Händen von Martin Grubinger, dem aus Österreich stammenden Weltklasse-Schlagzeuger.

Der sogenannte „Interval Act“ ist ein unterhaltender Pausenblock und nicht Teil der Wertung. Für den ESC 2015 hat Grubinger ein einzigartiges Stück komponiert, das Big Band und klassische Musik, Chorgesang und Schlagwerk zu einer harmonischen Symbiose vereint. In dem neunminütigen Programmpunkt, der ein wichtiger Teil der Final­show sein wird, stehen 40 Instrumentalmusiker sowie der weltbekannte Arnold-Schönberg-Chor unter der Leitung von Erwin Ortner an der Seite des Salzburger Trommlers. Ge­meinsam will man eine verbindende Brücke zwischen den internationalen Künstlern und der österreichischen Musik schlagen – in ihrer traditionellen genauso wie modernen Ausprägung.

Der 31-jährige Grubinger ist ein internationaler Star-Percussionist, der das Schlagwerk in den großen Konzertsälen der Welt hoffähig gemacht hat. In Salzburg geboren, studierte er am Bruckner-Konservatorium in Linz sowie am Mo­zarteum in Salzburg und machte bereits als Jugendlicher bei internationalen Wettbewerben auf sich aufmerksam. Für erste internationale Aufmerksamkeit sorgte er im Mozartjahr 2006, als er vor einem enthusiastischen Publikum fünf Schlagzeugkonzerte an einem Abend im traditionsreichen Wiener Musikverein zur Aufführung brachte. Sein „Percussive Planet“, eine spektakuläre Bühnenshow, ist bei der Deutschen Grammophon erschienen. In Österreich hat ihn der „Kaiser“ Robert Palfrader in seiner auch in Deutschland bei 3Sat bekannten Comedy-Talkshow kürzlich im Fernsehen sogar zu einer Frühlingsaudienz eingeladen.

Man werde beim Wiener Schlagerwettbewerb ge­meinsam mit großartigen österreichischen Künstlern für ein 200-Millionen-Publikum Geschichten über das Land der Berge erzählen, heißt es seitens der Veranstalter. Von See bis Berg, von Tracht bis Avantgarde, von Klassik bis Hip-Hop soll alles kunterbunt vertreten sein.

„Es ehrt uns, dass wir am 23. Mai die Halbzeit beim Eurovision Song Contest musikalisch gestalten dürfen“, freut sich Grubinger. „In diesem Auftritt wollen wir die Faszination und Bandbreite österreichischer Musiktradition präsentieren.“

Aufbauend auf klassischen Themen großer österreichischer Komponisten wie beispielsweise Gustav Mahlers 2. Sinfonie mit ihrem fulminanten Schlusschor, Anton Bruckners 8. Sinfonie oder Mahlers 3. Sinfonie transformiert Grubinger diese Elemente der klassischen Tradition in die Gegenwart und bettet sie ein in die unterschiedlichsten musikalischen Stilrichtungen wie Salsa, Funk, Fusion oder Afro-Cuban.

„Gleichzeitig ist es uns aber auch wichtig, diese musikalischen Themen im Original und ganz pur zu spielen. Dies soll Österreich als Musikland darstellen und in den musikalischen Transformationen unseren Blick auf andere Kulturen schärfen“, erklärt der Musiker. Im Bewusstsein der österreichischen musikalischen Tradition – wie Blasmusik, Volksmusik, klassische Musik, zeitgenössische Musik – und Bräuchen, der österreichischen Naturverbundenheit und den landschaftlichen Schönheiten von Bergen und Seen soll dies dem Fernsehpublikum und den Menschen in der Wiener Stadthalle vermittelt werden.

Das Schlussthema von Mahlers 2. Sinfonie – „Mit Flügeln, die ich mir errungen, werde ich entschweben“ – ist übrigens Grubingers Botschaft an die Künstler und an das Publikum. tws


Tatort Jungfrau
»Polizei« ruft Touristen zur Mörderjagd auf

Unfassbare Tat im Schweizer Bergdorf Grindelwald: Der Grindelwalder Bauer Ruedi Kern wurde erstochen in seinem Misthaufen aufgefunden. Wer steckt hinter dem Verbrechen? Weil die Polizei bei ihren Ermittlungen keine Fortschritte macht, ruft sie die Touristen zur Mithilfe auf: „Helfen Sie mit, den Mörder zu finden. Tatort Jungfrau er­wartet Sie!“

Doch halt: Es ist alles nur erfunden. Bauer Kern, der Mord und der Polizeiaufruf sind eine Idee des örtlichen Tourismusverbandes, um zu Pfingsten hunderte detektivische Spürnasen, Hobbydetektive und Krimifans in die Jungfrau-Region zu locken. In einem interaktiven Krimi sollen sie sich auf die spannende und rätselhafte Suche nach dem Mörder des Bauern machen.

„Tatort Jungfrau“ wird an diesen Pfingsten bereits zum dritten Mal organisiert. Die Veranstaltung findet über drei Tage vom 23. bis 25. Mai statt und erstreckt sich über das Gebiet des Berner Oberlands zwischen Grindelwald, Wengen, Lauterbrunnen und Mürren. Die Teilnehmer erleben dabei in einer Art Schnitzeljagd einen Krimi hautnah mit. Als Attraktionen sind zehn Schauspieler mit im mörderischen Spiel, die als Zeugen und Verdächtige fungieren und den De­tektiven da­bei Rede und Antwort stehen.

Wer daran teilnehmen will, benötigt einen Drei-Tages-Pass der Jungfrau-Bahnen, der ab 135 Euro kostet. Die Detektive, die den Mörder am Pfingstmontag überführen, können ein Skiwochenende in Grindelwald, Ausflüge aufs Jungfraujoch oder Gutscheine für einen Dinner-Krimi gewinnen.

Parallel zum Fall Kern wird ein Kriminalfall für Kinder eingebaut. Die jungen Detektive zwischen sechs und zwölf Jahren können so einen eigenen, ihrem Alter entsprechenden Fall lösen. tws

Internet: www.tatortjungfrau.ch


S. 22 Neue Bücher

Gegen Drachen
Ein Streitbarer erzählt

Was für ein Querulant, was für ein Störenfried! – Das werden viele gedacht haben, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten mit Konrad Löw aneinandergerieten. Als da wären zum Beispiel: das Bayerische Kultusministerium, die Staatsmacht der Tschechoslowakei, der bayerische Rundfunk, die Bundeszentrale für politische Bildung und etliche mehr.

Geht es um seine Überzeugungen, schreckt der studierte Jurist und emeritierte Professor für Politikwissenschaft der Universität Bayreuth vor keinem Streit zurück. Seine Waffen sind wissenschaftliche Fakten, die argumentative Logik und notfalls die juristische Auseinandersetzung. Hinzu kommt seine Beharrlichkeit. Letztere brachte ihn sogar 1975 bei einem offiziellen Besuch in der Tschechoslowakei für mehrere Tage ins Zuchthaus, als er bei einer Diskussion die dortigen Kommunismus-Koryphäen zu sehr in Bedrängnis argumentierte.

All das nötigt Respekt ab und liest sich in seiner Autobiografie „Lasst uns trotzdem weiterkämpfen“ ebenso fesselnd wie erhellend. Für drei große Themen ficht Löw. Er nennt sie seine drei Herausforderungen: Zum einen ist es die kritische Auseinandersetzung mit Karl Marx und seiner Lehre. „Dieser Mythos, dieser Drache war für mich die große Herausforderung und sollte es jahrzehntelang bleiben“, schreibt er.

Noch ein anderer Mythos lässt ihn nicht ruhen. Es geht um Deutschlands dunkelste Epoche. Löw, dessen Vater in München im aktiven Widerstand gegen den Nationalsozialismus war und nur mit Glück den Schergen des Regimes entkam, wendet sich gegen die These, dass die Deutschen ein Volk der Antisemiten waren, dass Deutschland ein Land der Täter gewesen sei. Mit wissenschaftlicher Gründlichkeit sammelt er Fakten und Augenzeugenberichte von Verfolgten – der vielbeachtete Tagebuchschreiber Victor Klemperer gehört unter anderem dazu –, die das Gegenteil belegen. Löws Fazit: „Wir dürfen nicht zögern, die Verbrechen des NS-Regimes als wichtigen Teil der deutschen Geschichte, der deutschen Identität zu bekennen. Aber wir sollten jenen entgegentreten, die allgemein von deutscher Schuld sprechen, wenn damit gemeint ist, dass die große Mehrheit der damals lebenden Deutschen mitschuldig gewesen sei an einem der größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte.“

Die dritte große Herausforderung des Autors hat gleichfalls damit zu tun, Menschen Gerechtigkeit angedeihen zu lassen. Löw, der selbst praktizierender Katholik ist, stört sich am diskriminierenden Umgang mit neureligiösen Gemeinschaften. Speziell die Benachteiligung der sogenannten Vereinigungskirche des Koreaners Sun Myung Moon weckte seinen Kampfgeist. Unter anderem kündigte er in den 90. Jahren seine jahrzehntelange Mitgliedschaft in der CSU, als ihm auch von dort die „Sektenhysterie“ entgegenschlug.

Diese drei „Herausforderungen“ hätten wahrscheinlich locker ausgereicht, drei ganze Leben zu füllen. So liest sich diese Vita alles andere als langweilig. Der mittlerweile 84-jährige Löw blickt aber nicht nur auf ein ereignisreiches Leben zurück, in seinem Buch tut er dies in einem angenehm flüssigen und lockeren Schreibstil. Wer zwischen den Zeilen nach einem notorischen Rechthaber und Besserwisser sucht, wird ihn nicht finden. Auch das macht dieses Buch beeindruckend und empfehlenswert. Frank Horns

Konrad Löw: „Lasst uns trotzdem weiterkämpfen! Erfahrungen mit dem Versuch ‘Verantwortung für Gott und den Menschen’ zu leben“, Gerhard-Hess-Verlag, Bad Schussenried 2015, broschiert, 308 Seiten, 18 Euro


Hintersinniger Poet
Eine gelungene Biografie über den Dichter Joachim Ringelnatz

In der Hansestadt an der Elbe kennt die humorigen Verse jedes Kind: „In Hamburg lebten zwei Ameisen, die wollten nach Australien reisen. Bei Altona, auf der Chaussee, da taten ihnen die Beine weh, und da verzichteten sie weise dann auf den letzten Teil der Reise.“ Ihr Schöpfer ist unverkennbar der Reimkünstler Joachim Ringelnatz, eigentlich Hans Bötticher, der sich 1919 seinen Künstlernamen nach der seemännischen Bezeichnung „Ringelnass“ für das glückbringende Seepferdchen zulegte. Der hintersinnige Poet Ringelnatz (1883–1934) gilt vielen als einer der heitersten, zärtlichsten und geistreichsten deutschen Dichter des 20. Jahrhunderts.

Aus seinem bewegtem Leben gibt es ungeheuer viel zu erzählen. Dieser schon aufgrund der inhaltlichen Fülle keinesfalls leichten Aufgabe hat sich der 1966 geborene Publizist, Buchautor und Herausgeber Alexander Kluy hingebungsvoll gewidmet und ein 500 Seiten starkes Buch mit dem Titel „Joachim Ringelnatz. Die Biografie“ verfasst.

Kluy erzählt die Lebensgeschichte des (was das Körpermaß betrifft) kleinen Künstlers mit prägnantem Aussehen und dem Hang zu Schnurren ebenso wie zur Seefahrt empathisch und so nah wie möglich an seiner Person. Dafür boten unter anderem dessen autobiografische Bücher eine ausgezeichnete Grundlage. Für den Autor stand außer Frage, dass Ringelnatzens nur gut ein halbes Jahrhundert währendes Leben in enger Verflechtung mit seiner turbulenten Zeit zu schildern sei. Zu Recht nennt ihn der Autor einen „Zeit-Dichter, der auf seine eigene, hochoriginelle Weise als Sprachvirtuose und artistischer Dichter von jener Zeit durchfärbt und marmoriert wurde“.

Im Ersten Weltkrieg ging er, damals noch Hans Bötticher, zur Marine und stieg bis zum Leutnant zur See auf. Seit 1917 war er in Seeheim bei Cuxhaven als Kommandant eines Minensuchboots stationiert. Nach dem Ersten Weltkrieg machte Ringelnatz dann als Lyriker und Essayist sowie als Maler und Kabarettist Karriere.

Kluy entdeckte hinter seiner künstlerischen Entwicklung Metamorphosen und Verwandlungsstufen. Er macht sie vor allem an Wirkungsstätten des Künstlers fest. Die wichtigste der Stufen hieß ab 1910, mit Unterbrechung durch den Ersten Weltkrieg, München. Die letzte und nicht weniger bedeutende war seit 1930 Berlin, wo er sich bereits seit 1920 als Rezitator hören ließ und später häufig im literarischen Kabarett „Schall und Rauch“ auftrat. Im legendären Münchner „Simpl“ avancierte „Ringel“ Anfang der 20er Jahre zum beliebtesten Rezitator. Stets präsentierte er sich in Matrosenkleidung. Im Moritaten- und Bänkelsängerton trug er seine aus Sinn und Unsinn gemischten Gedichte vor.

Seit 1920 war er mit der 15 Jahre jüngeren Lehrerin Leonharda Piper verheiratet, die er Muschelkalk nannte, wobei wieder seine Jahre „vorm Mast“, das heißt als Matrose von 1903 bis 1906, Inspirationsquelle waren. Die Nationalsozialisten hat er lange unterschätzt. Ihren Hass zog er sich besonders mit der Autobiografie „Als Mariner im Krieg“ von 1928 zu. Sie galt wie Erich Maria Remarques „Im Westen nichts Neues“ als „literarischer Verrat am Soldaten des Weltkrieges“. Auch seine frechen Verse um den Seemann Kuttel Daddeldu und seine anarchischen Kinderbücher stießen in deutsch-nationalen und völkischen Kreisen auf Ablehnung.

1933, im Jahr der Machtergreifung, erhielt er daher von den Nationalsozialisten Auftrittsverbot. Gleichzeitig wurden seine Kuttel-Daddeldu-Bücher und Turngedichte beschlagnahmt. Da keine Rücklagen vorhanden waren, verarmte das Ehepaar Muschelkalk/Ringelnatz fast sofort. 1934 gastierte er noch einmal in Zürich und Basel. „Er trug eine Reminiszenz aus seinem kunterbunten Kuddel-Daddeldu-Gedächtniskram hervor: ein kleines Gedicht, das aufflackert, sein bizarres Koboldwesen treibt und dann wieder verflackert. Aber diese einzigartige, zwielichtige Atmosphäre haftet“, heißt es in der „Neuen Zürcher Zeitung“.

Noch im gleichen Jahr starb Ringelnatz an der Tuberkulose. Er konnte sich die teure ärztliche Behandlung nicht leisten. Zwar sammelte sein Freundeskreis Geld und ließ sogar in Tageszeitungen Spendenaufrufe drucken, doch alle Hilfe kam zu spät.

„Sein wahres Wesen kennen wir nicht“, meint Buchautor Alexander Kluy abschließend bescheiden. Dennoch: Mit seinem fesselnden Buch löst er den hohen Anspruch ein, der durch den Untertitel „Die Biografie“ anklingt. Dagmar Jestrzemski

Alexander Kluy: „Joachim Ringelnatz. Die Biographie“, Osburg Verlag, Hamburg 2015, gebunden, 503 Seiten, 24,90 Euro


Die Erde ist kein Treibhaus
Kurz und präzise: Fakten gegen die These von der Klimaerwärmung

Es gibt ihn noch, den gesunden Menschenverstand, der gerne von Intellektuellen auf das „Bauchgefühl“ oder die „emotionale Intelligenz“ herabgewürdigt wird. Doch der gesunde Menschenverstand ist unersetzlich: In ihm steckt das Wort „verstehen“. Es zeichnete schon unsere angeblich so primitiven Vorfahren aus, dass sie die Natur, die Wirklichkeit intensiv beobachteten, um sie zu verstehen.

Die „Neolithische Revolution“, die der Menschheit vor rund 10000 Jahren Ackerbau und Viehzucht brachte, war eine wissenschaftliche Großtat. Unsere Vorfahren gingen nicht von abstrakten Modellen aus, um die Natur hineinzupressen. Ihr Beobachten und dann – viel später – das Messen führte schließlich zur Blüte der Experimentalphysik im 19. Jahrhundert.

Anknüpfen an genau diese Tradition tut „Fakten, nichts als Fakten! Globale Erwärmung oder globale Verblödung des Menschen?“. Auf 93 Seiten trägt der Autor kurz und präzise alle Fakten zusammen, um die Hypothese von der Erde als „Treibhaus“ zu widerlegen. Er widmet sich neben der Klimapolitik auch der Energiepolitik und enttarnt beide neuartigen Politikzweige als Versuche, eine totale Gesellschaftsveränderung herbeizuführen. Das Ziel: Eine postmaterialistische Gesellschaft. Stichwort ist die „De-Karbonisierung“ der Wirtschaft, das Streben nach Kohlendioxid-Freiheit. Die geistige Führung soll in die Hände einer Art „Priestergesellschaft von Intellektuellen“ gelegt werden. Diese manipuliert nach Belieben über die Medien die „tumbe Masse“.

Das Interessanteste an dem Buch ist der Autor Otto Hahn. Er hat nichts mit dem deutschen Chemiker und Nobelpreisträger Otto Hahn zu tun. Dieser Otto Hahn ist Naturschützer, Autor von Tier- wie Naturbüchern und Filmemacher. 1998 wurde er sogar von der Deutschen Umwelthilfe ausgezeichnet. Seit 2008 beschäftigt er sich mit der „Klimaerwärmung“. Leiten lässt sich Hahn vom „Sapere aude“ des großen Königsberger Philosophen Immanuel Kant (1724–1804): „Habe den Mut, Dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.“ Vereinzelt gibt es sie also noch, die selbstständig denkenden Journalisten. Daher die Empfehlung an den Leser, bei diesem Buch beherzt zuzugreifen und selbst den gesunden Menschenverstand zu aktivieren. Wolfgang Thüne

Otto Hahn: „Fakten, nichts als Fakten! Globale Erwärmung oder globale Verblödung des Menschen?“, Wittgenstein-Verlag, Huisheim 2014, broschiert, 93 Seiten, 8,90 Euro


Zugewachsener Wahnsinn
Deutsch-deutsche Geschichte in 300 Bildern. Zu sehen: Die Grenze einst und was aus ihr wurde – ein wichtiges Buch

Der Bau der Berliner Mauer im August 1961 machte die DDR-Bevölkerung zu Gefangenen der SED-Diktatur. 45000 Soldaten bewachten die annähernd 1400 Kilometer lange Grenze zur Bundesrepublik und die 160 Kilometer, die Ostberlin vom Westen der Stadt trennten. Nur wenigen Menschen gelang es, die Grenzsoldaten und die Sperranlagen zu überwinden. Etwa 1600 Männer, Frauen und auch Kinder bezahlten dabei ihre Sehnsucht nach Freiheit mit ihrem Leben.

Ein Buch lässt dieses dunkle Kapitel deutscher Geschichte wieder lebendig werden. „Deutschland grenzenlos“ ist jüngst in seiner dritten, verbesserten Auflage erschienen. Es stellt historischen Aufnahmen der damaligen Grenze, heutigen Fotos, die an gleicher Stelle gemacht wurden, gegenüber. Der Leser erhält auf diese Art einen tiefen Eindruck des Wandels, der während der letzten 25 Jahre stattgefunden hat.

Die beiden Verfasser des Buches sind bereits durch ihre bisherigen Publikationen über die Grenze mitten in Deutschland als Experten bekannt. Peter Lapp, der die Texte verfasste, ist ein promovierter Politologe, der selber jahrelang politischer Häftling in der DDR war. Inzwischen gilt er auch international als bester Kenner der dortigen Grenztruppen und der Sperranlagen.

Von Jürgen Ritter kommen die über 300 Bilder im Buch. Zu Zeiten der Teilung hat er von westlicher Seite die deutsch-deutsche Trennungslinie sowie die Spaltung in Berlin in insgesamt 44000 Fotos dokumentiert. Die Stasi, die in den Aufnahmen die Vorbereitung für „terroristische Angriffe“ befürchtete, setzte gleich mehrere Spitzel aus Westdeutschland auf ihn an. Schwierigkeiten bereiteten ihm aber auch westdeutsche „Entspannungspolitiker“, die ihn als „Kalten Krieger“ diffamierten. Sie sahen die Demarkationslinien als unabänderlich an und forderten den Fotografen auf, doch mehr Rücksichtnahme auf die Empfindlichkeiten Ost-Berlins zu nehmen.

Er hat sich zum Glück nicht darum geschert. Nach der Wiedervereinigung hielt Ritter dann aus gleicher Perspektive wie in den Bildern damals die inzwischen erfolgten landwirtschaftlichen und baulichen Veränderungen fest. Ein verblüffender Wandel ist festzustellen: Die brutal geschlagenen Grenzrodungen für ein freies Schussfeld gegen Fliehende sind längst zugewachsen – gerade die Natur hat sich das Ihre zurückgeholt. Der heute freie und idyllische Blick über Täler und Berge macht allerdings auch allzu leicht vergessen, welche unmenschlichen Tragödien mit der unnatürlichen Trennung verbunden waren.

Nicht selten zerschnitt die Grenze ganze Dörfer und schlug die eine Seite dem Westen zu, während der andere Teil zur DDR gehörte. Das alles scheint inzwischen ferne Vergangenheit. Längst sind geteilte Orte in jeder Weise wiedervereinigt, Spuren der damaligen Verhältnisse finden sich kaum noch. Im Harz führte der Grenzverlauf mitten durch eine zweigeteilte Eiche. Eine alte DDR-Säule erinnert noch jetzt an den damaligen Wahnsinn. An vielen Stellen sind Gedenktafeln angebracht, die an dort ermordete Flüchtlinge ermahnen.

Noch deutlicher ist der Unterschied in Berlin: Bis 1989 war der Potsdamer Platz eine stark befestigte Mauer mit einem großen Schussfeld und etlichen Wachtürmen, heutzutage stellt er einen der verkehrsreichsten Plätze der Hauptstadt dar. Das Buch ist eine einzigartige Dokumentation über eine Zeit, die wir niemals vergessen sollten!

Friedrich-Wilhelm Schlomann

Jürgen Ritter, Peter Joachim Lapp: „Deutschland grenzenlos. Bilder der deutsch-deutschen Grenze. Damals und heute“, Chr. Links-Verlag, Berlin 2015, gebunden, 192 Seiten, 29.90 Euro


S. 23 Rautenberg Buchhandlung

Rautenberg Buchhandlung


S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Pfiffige Kifferhöhle / Warum den Liberalen das Hemd aus der Hose hängt, wieso die FDP so westerwellig wirkt, und wer uns da so toll die Leviten liest

Wohin nur mit den Gören? Die Kitas sind zu! Kein Problem, für Kinder gibt es ab sofort eine Alternative: Die FDP hat wieder auf! „German Mut“ prangte auf der Stirnseite ihres Bundesparteitags in kunterbunten Farben. Sah aus wie Werbung im Kinderkanal: quietschbunte Schrift, umrahmt von ebenso farbenfrohen Rechtecken. Die Dekoration hätte man gleich nach der Veranstaltung an ein Straßenfest im umliegenden Kreuzberg weiterreichen können, wo der Parteitag stattfand.

„German Mut“ soll die Antwort sein auf den im Angelsächsischen einst gebräuchlichen Spott über die „German Angst“. Der Bericht­erstatter einer großen Tageszeitung findet das „pfiffig“. Die Jungen Liberalen seien statt im Streberlook von einst diesmal mit Jeans, Turnschuhen und heraushängenden Hemden herumgeschlurft. Das allerdings ließ in dem Kollegen einen Verdacht lodern. Die Aufmachung sei ihm derart oft begegnet, „dass es schon wieder eine gewisse Uniformität signalisiert“.

Aha? Hat es da etwa eine zentrale Anweisung gegeben? Etwa: „Liebe Freunde, unsere Werbeberater haben die Parole ,Pfiffigkeit‘ ausgegeben, also: Jeans, Turnschuhe, Hemd raus – und KEINE Krawatten. Abmarsch.“

Dass uns die Vorführung von Jugendlichkeit ein wenig angestrengt vorkam, mag noch einen anderen Grund haben als den, dass sich „pfiffig“ so peinlich gut auf „piefig“ reimt. Die Zeiten, als man mit penetrant aufgesetzter Jugendfrische punkten konnte, sind spätestens vorbei, seit es zahllose Senioren schick finden, in Turnschuhen, Baseball-Mützen und schrill-bunten Hemden über die Kurpromenade vor der Rehaklinik zu latschen.

Und da ist noch etwas anderes. Der als Signal des großen Neubeginns angepriesene Kreuzberger Parteitag der Liberalen war nicht bloß piefig, er wirkte vor allem unsagbar – westerwellig! Wer erinnert sich nicht an Guido Westerwelles Konzept von der „Spaßpartei FDP“?

An schwungvollen Sprüchen und „pfiffigen“ Einfällen herrschte bei ihm wahrlich kein Mangel. Der damalige FDP-Chef produzierte den Kram im Stundentakt. Und er gelangte mit der Taktik 2009 tatsächlich an die Regierung. Und dann? Ja, dann ging es leider einfach weiter mit den Sprüchen, den großspurigen Reden und den scheinmodernen Slogans, zu denen „German Mut“ wunderbar gepasst hätte.

Allein: Zum Politikmachen sind Westerwelle und Co. trotz Ministerämtern nicht recht gekommen. Als die Wähler das dann mitgekommen hatten, schickten sie die FDP vom Sternenhimmel des besten Wahlergebnisses aller Zeiten ohne Zwischenstopp in den Ascheimer der Verdammnis, wo ihr Christian Lindner nun „German Mut“ zu machen versucht.

Die FDP will wieder die Partei des breiten Mittelstands werden, der unser Land wirtschaftlich am Laufen hält. Wen sie mit dem breiten Mittelstand meinen, machten die Liberalen mit dem einzigen Beschluss deutlich, der wirklich Wellen schlug: Die Forderung nach der Freigabe von Cannabis. Wo fühlt sich der „breite“ Mittelständler wohler als in einer magentafarbenen Kifferhöhle?

Ich weiß, ich weiß, das war jetzt wieder ungerecht. Ist schließlich die Schuld der Medien und nicht die der FDP, dass die Sache mit dem „Rauschgift für alle“ sämtliche übrigen Kernaussagen an den Rand drängte.

Da war nämlich auch noch das eine oder andere Bemerkenswerte. So geißelte Parteichef Lindner die Europäische Zentralbank, die unter dem Italiener Mario Draghi aus dem Euro eine neue Lira mache. Auch ging er die griechische Misswirtschaft an, für die wir nicht ewig zahlen sollten.

Na? Das ist doch kernig! Na ja, das käme einem zumindest kernig vor, wenn man die Erinnerung daran verdrängt, wie die FDP in den 90er Jahren mit den Euro-Kritikern umgegangen ist, die damals schon gewarnt haben: Im Euro hätten die Weichwährungsländer die Mehrheit, deshalb würde unser neues Geld über kurz oder lang ebenfalls zur Weichwährung verkümmern. Was war die Antwort von der FDP-Spitze? „Angstmacher“, „Europa-Gegner“ oder Schlimmeres.

Lindners Griechen-Schelte kommt auch nur dort wirklich gut an, wo die Leute nicht mehr wissen, wer 2010 mit an der Regierung war, als wir die Irrfahrt in die „Rettungsschirme“ angetreten sind. Dass das Geld im Lokus landet, war den Experten bereits damals klar.

Sollten wir die FDP dann aber nicht wenigstens für ihre späte Erkenntnis loben? Wer will, soll das machen. Indes: Man muss ja nicht in einen Schuldensumpf rasen, wenn man dessen Ausweglosigkeit schon von Anfang an erkennen konnte.

Solchen laut inszenierten „Neuanfängen“ haftet immer der Verdacht an, kaum mehr als Propaganda zu sein. Das weiß auch Stratege Christian Lindner, weshalb er in einem Punkt ohne Abstriche auf der alten FDP-Linie verharrt: Deutschland bleibe ein „Einwanderungsland“, die FDP-Spitze sagt einer grassierenden Mentalität der „Abschottung“, die von „braunen Brandstiftern“ verbreitet werde, den Kampf an.

Jeder mag sich ausmalen, was darunter zu verstehen ist in einer Zeit, in der sich der Andrang von Asylbewerbern jährlich verdoppelt und im laufenden Jahr eine halbe Million kommen könnten: Immer hereinspaziert!

Dabei sollte sich Deutschland eigentlich schämen: Die Anti-Rassismus-Kommission der Vereinten Nationen erhebt schwere Vorwürfe gegen unser Land, das mehr Asylbewerber aufnimmt als irgendein anderer europäischer Staat. „Der Ausschuss ist sehr besorgt wegen der Zunahme und Ausbreitung rassistischen Gedankenguts durch gewisse politische Parteien und Bewegungen“, heißt es aus dem behüteten Genf, wo die Herrschaften sitzen.

Mit den „Bewegungen“ ist offenkundig vor allem Pegida gemeint, unter den verdächtigen Parteien fällt einem derzeit kaum mehr als die AfD ein. In Deutschland, beschweren sich die Uno-Rassismus-Bekämpfer, mangele es an „effizienten Maßnahmen zur Bestrafung und Unterbindung entsprechender Reden und Verhaltensweisen“.

Mit anderen Worten: Die Vereinten Nationen fordern die Bundesrepublik auf, Vertreter von Parteien und Bewegungen zu „bestrafen“, die Dinge sagen, welche den UN-Oberen nicht gefallen. Zudem soll es Deutschland künftig sogar „unterbinden“, dass diese Typen überhaupt noch öffentlich den Mund aufmachen.

In dem Gremium sitzen 18 Vertreter, darunter welche aus China, Pakistan, der Türkei und aus vier Ländern jenes Kontinents, von dem die meisten „Flüchtlinge“ in Richtung Deutschland streben: Afrika. Ist es nicht entzückend?

Selbstverständlich nimmt Berlin die Mahnung der Uno sehr, sehr ernst. Man habe erkannt, dass Rassismus sich nicht allein auf rechtsextreme Kreise beschränke, so die Abteilungsleiterin für Menschenrechte im Bundesjustizministerium, Almut Wittling-Vogel: „Wir erleben, dass man rassistische Diskriminierung und Vorurteile in allen Teilen der Gesellschaft finden kann“, und man werde daher den Kampf gegen Fremdenhass intensivieren und, wo nötig, auch stärker strafrechtlich führen. Da werden die Abgesandten der diversen exotischen Diktaturen, die uns gerügt haben, hoffentlich beruhigt sein.

Es ist jedoch noch mehr zu tun: So sind die Uno-Ausschüssler ebenfalls beunruhigt über Gewalt gegen Fremde in Deutschland. In der Tat hören wir täglich von scheußlichen Attacken auf Asylbewerber. Da müsste die Polizei mal durchgreifen. Allerdings hieße das: Durchgreifen gegen andere Asylbewerber, denn von denen gehen fast alle Angriffe auf ihresgleichen aus. Da blüht also schon die nächste Rüge wegen „rassistischer Polizeigewalt“. Auch mit der „Unterbindung“ böser Reden sollten wir vorsichtig sein. Sonst ermahnt uns demnächst der Uno-Botschafter von Nord-Korea wegen der „besorgniserregenden Einschränkung der Meinungsfreiheit in Deutschland“.


MELDUNGEN / ZUR PERSON

Abdel-Samad bei Burschenschaft

Marburg – Der Islam-Kritiker Hamed Abdel-Samad hat sich scharfe Attacken linksextremer Gruppen zugezogen, weil er am 5. Juni bei der Marburger Burschenschaft Germania einen Vortrag über den „islamischen Faschismus“ halten will. Andere Veranstalter drohten ihm gar mit Ausladung. Abdel-Samad konterte, dass die Germania nicht rechtsextrem sei und er sich nicht erpressen lasse, denn er habe von Demokratie ein „anderes Verständnis“ als die, die ihn nun attackieren. H.H.

 

Griechen kaufen wie verrückt

Athen – In keinem EU-Land ist der Auto-Absatz im April so stark gewachsen wie in Griechenland, nämlich um 47 Prozent. Ein Rekord, der sogar die Vorkrisenzeiten übertraf. Seit nunmehr 20 Monaten steigen die Verkaufszahlen für Autos in dem „Krisenland“. Beobachter vermuten, dass die Griechen gewaltige Geldsummen vor ihrem Staat verstecken, der sich die Verluste von den Euro-Partnern ersetzen lässt. H.H.

 

Brote schmieren für Bremen

Nach dem Rücktritt von Jens Böhrnsen bekommen die Bremer nach der Landtagswahl einen Bürgermeister, den sie gar nicht gewählt haben. In aller Eile musste die SPD, die zwar die meisten Stimmen bekam, aber mit minus 5,8 Prozent deutlich abgestraft wurde, einen Ersatzkandidaten finden. Von acht Bewerbern blieb am Ende der Bremer Bundestagsabgeordnete Carsten Sieling übrig.

Der 56-jährige Vater dreier Kinder reagierte nach seiner Nominierung zur endgültigen Wahl beim Landesparteitag am 2. Juni mit den üblichen Floskeln: Er sprach vom üblichen „Neuanfang“ sowie von einem „Aufbruch“ und „Ruck, bei dem wir Dinge anfassen, die notwendig sind“. Um die Themen Dauerarbeitslosigkeit, Bildung und Erziehung sowie die Weiterentwicklung Bremens als wachsende Stadt wolle er sich vorrangig kümmern. Als ob das seine Vorgänger nicht auch alle versucht hätten!

Die Bremer sollen nun darauf vertrauen, dass ein über den zweiten Bildungsweg promovierter Ökonom die Finanzmisere der Hansestadt in den Griff bekommt. Sieling, der nach einer Tätigkeit in der Bremer Arbeitnehmerkammer viele Jahre in der Bremischen Bürgerschaft und von 2004 bis 2006 SPD-Landesvorsitzender war, gilt als Finanzexperte. Seit 2009 im Bundestag, ist er Mitglied im Finanzausschuss und im Gremium des Finanzmarktstabilisierungsfonds SoFFin. Außerdem gilt der Mann, der regelmäßig „Praxistage“ im Alltag ausübt und dabei schon mal öffentlichkeitswirksam Brote für Obdachlose schmiert, als Gegner des Freihandelsabkommens TTIP.

Obgleich Sieling Sprecher des linken Flügels der SPD-Bundestagsfraktion ist, kann sich Elisabeth Motschmann von der Bremer CDU eine Große Koalition mit ihm vorstellen. Mal sehen, was die Grünen davon halten. Harald Tews


MEINUNGEN

Der Kabarettist Bruno Jonas bekennt in der „Frankfurter Allgemeinen“ (13. Mai), dass er endgültig genug hat von den Phrasen der Euro-Verteidiger:

„Von ,überzeugten Europäern‘ wie Martin Schulz werden wir ungezogenen, uneinsichtigen Europa-Kritiker darauf hingewiesen, dass der ,europäische Prozess unumkehrbar ist‘. Das erinnert mich an einen, der aus dem obersten Stock eines Hochhauses aus dem Fenster springt, und unten stellt einer fest, dass dieser Prozess unumkehrbar ist. Wer hat denn Europa in eine solche Lage manövriert?“

 

 

Europa sei eine Festung und müsse das auch bleiben, fordert Europakorrespondent Dirk Schümer in der „Welt“ (18. Mai), wo er auf die brutalen Konsequenzen offener Außengrenzen hinweist:

„Illegale und unkontrollierte Zuwanderung ist kein Menschenrecht, sondern führt zwangsläufig in den unerklärten Bürgerkrieg – wie im abge­wrackten Athen, wo sich längst schon unter den Augen der Polizei faschistische Banden mit afrikanischen Drogenhändlern und arabischen Obdachlosen einen nächtlichen Straßenkampf liefern. Die Lehre aus solchen Zuständen: Ein Europa als Spiel ohne Grenzen führt den Kontinent ins Chaos.“

 

 

Die rekordniedrige Wahlbeteiligung in Bremen beschäftigt die Republik weiter. Peter Müller gibt im „Spiegel“ (16. Mai) Angela Merkel eine Mitschuld am Wählerstreik:

„Die Strategie Angela Merkels zielte auf asymmetrische Demobilisierung ab, auf einen Sieg durch Entpolitisierung. Aus dieser Strategie ist ihr Regierungsstil geworden ... Auch deshalb ist die deutsche Demokratie nach zehn Jahren mit Angela Merkel entsaftet. Auch deshalb sind Wahlen heute weniger repräsentativ als früher. Aber die Wähler haben einen Anspruch darauf, dass sie von ihren Regierungen ernstgenommen werden, in Bremen wie in Berlin.“

 

 

Unter der Überschrift „Eine bekiffte Schwalbe macht noch keinen liberalen Sommer“ warnt Christoph Seils die FDP im „Cicero“ (18. Mai) vor zu viel neuer Selbstsicherheit:

„Dass der Parteitag am Wochenende vor allem mit seinem Beschluss zur Freigabe von Cannabis Schlagzeilen machte, zeigt, mit wie wenig Ernst die Partei sich bislang vor allem den programmatischen Herausforderungen stellt ... Allzu laut sollten die Liberalen also noch nicht jubeln, sonst fällt den Wählern auf, wie wenig sich die FDP in den letzten anderthalb Jahren erneuert hat. Sonst fällt auf, wie sehr die neue FDP die alte ist.“

 

 

Friedrich Hessel, General a. D. und in den Jahren 2000 bis 2002 stellvertretender Generalstabschef der österreichischen Streitkräfte, kritisiert in der „Jungen Welt“ (18. Mai) eine einseitige Sicht auf den Ukraine-Konflikt:

„Die Ukraine-Krise wird in meinen Augen durch die Medien sehr einseitig hochgespielt, nach dem Motto: Der Westen ist gut, Russland ist böse. Mittlerweile erleben wir eine geradezu lächerliche Kriegsrhetorik.“