19.04.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Folge 23/15 vom 06.06.2015

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

Ein Spiegel der Nation
200 Jahre Burschenschaft: Über den Umgang der Deutschen mit sich selbst

Der 12. Juni 1815 ist in Deutschland fast vergessen. Das sagt einiges aus über den Zustand dieser verunsicherten Nation.

In anderen Ländern wäre das Datum Anlass für ausgiebige nationale Feierlichkeiten, für umfangreiche Sonderausstellungen und Volksfeste mit Historienspielen. In Deutschland aber bleibt es weitgehend still am 12. Juni.

Was ist Besonderes geschehen an jenem Datum? Am 12. Juni vor 200 Jahren fanden sich Studenten, die siegreich aus den Befreiungskriegen zurückgekehrt waren, in Jena zusammen, um die erste „Burschenschaft“ zu gründen (siehe Seite 4). Sie wurde die Keimzelle der deutschen Einigungs-, Freiheits- und Demokratiebewegung und damit der modernen deutschen Nation schlechthin. Ein Jahr darauf stifteten die „Frauen und Jungfrauen von Jena“ den Studenten eine von ihnen gestickte Fahne. Sie war in den Uniformfarben des Lützowschen Freikorps, das sich im Befreiungskampf gegen Napoleon besonders hervorgetan hatte, gestaltet, und wurde zur Urform von Schwarz-Rot-Gold.

Die Burschenschafter waren die Speerspitze des „Vormärz“, jener Jahre der freiheitlich-patriotischen Erhebungen in Deutschland, die in die Märzrevolution von 1848 mündeten. Heute fristen die Burschenschaften nur mehr ein Nischendasein, schlimmer noch: Vom linken Spektrum werden sie mit namenlosem Hass verfolgt. Innerlich geben die Burschenschafter ein Bild der Zerrissenheit und Verunsicherung ab. Die Mehrheit der Deutschen quittiert ihre zähe Weiterexistenz mit einer Mischung aus Befremden und Desinteresse, manchmal sogar mit Häme.

Die Burschenschaft, der Umgang mit ihr und ihrer Tradition sowie auch ihr innerer Zustand sind somit ein beredter Widerhall deutscher Zustände, ein Spiegel der Nation. Denn näher betrachtet spiegelt sich darin nichts anderes als das Verhältnis der Deutschen zu sich selbst.

Es ist eine Nation, die ihre Wurzeln nicht mehr findet oder vielleicht sogar nicht einmal mehr finden will. Eine Nation, die den Kompass verloren hat und zwischen eifernder Selbstgeißelung und erlahmter Europabegeisterung herumtorkelt. Die sich höchstens ab und zu eine maue Auszeit nimmt von ihrer Seelenkrise in einem demonstrativ niedlichen Fußball-Patriotismus.

Deutschland, so wird seit einigen Jahren immer eindringlicher verlangt, solle endlich „Führung zeigen“ in Europa, um die schwankende Gemeinschaft wieder auf Kurs zu bringen. Eine absurde Forderung: Wie soll ein Volk anderen die Richtung zeigen, wenn es nicht einmal den Weg zu sich selbst finden mag? Für Europa kann Deutschland nur etwas Wertvolles leisten, wenn es zuvor die Kraft aufbringt, Deutschland zu sein.

Wer die Absonderlichkeiten des Erinnerungskults um den 8. Mai und die Ignoranz gegenüber dem 12. Juni zusammendenkt, der entdeckt, dass es zu dieser Selbstfindung noch ein weiter, steiniger Weg ist. Hans Heckel


Keine Entlastung geplant
EU will Deutschland noch mehr Asylbewerber zuschieben

Als die Pläne der EU-Kommission bekannt wurden, Asylbewerber unter den Mitgliedstaaten „gerechter“ zu verteilen, wurde dies den Deutschen zunächst als eine gute Nachricht für ihr Land verkauft. Medien sprachen von einer „Entlastung“ Deutschlands.

Die wäre auch angeraten: Im laufenden Jahr erwartet die EU die Ankunft von 700000 Asylbewerbern. Davon gehen nach vorsichtigen Schätzungen etwa 400000 nach Deutschland, mehr als die Hälfte, obwohl die Bundesrepublik nur ein Sechstel der Einwohnerschaft der EU ausmacht.

Doch an eine „Entlastung“ Deutschlands denkt Brüssel gar nicht. Im Gegenteil: 40000 Asylbewerber, die sich derzeit in Italien und Griechenland aufhalten, sollen auf die übrigen Staaten verteilt werden, Deutschland soll 22 Prozent zusätzlich aufnehmen, während die schon hier angelandeten mutmaßlichen „Flüchtlinge“ nicht berücksichtigt werden. Obendrein will die EU-Kommission 20000 weitere Menschen aus Krisengebieten nach Europa holen, wo diese nach dem selben Schlüssel verteilt werden sollen.

Großbritannien, Irland und Dänemark nehmen keinen einzigen Asylbewerber und berufen sich dabei auf ausgehandelte Sonderrechte, welche die EU respektiert. Frankreich, Spanien, Polen, Tschechien, Ungarn, Portugal, die Slowakei und die Balten-Republiken sperren sich ebenfalls gegen die Zuteilung von Asylbewerbern.

Somit dürfte es darin enden, dass weiterhin Deutschland Hauptaufnahmeland bleibt. Nur, dass auf EU-Initiative noch zusätzlich Tausende aus Italien, Griechenland und direkt aus Krisenländern in die Bundesrepublik transportiert würden, die sonst vielleicht nie die deutsche Grenze überschritten hätten. H.H.


Europa wählt Protest
Etablierte Parteien verlieren weiter gegen EU-Kritiker

Der bereits bei den Wahlen in Polen und Spanien zu beobachtende Trend, dass sich die Wähler in der EU zunehmend von den etablierten Parteien abwenden (siehe PAZ 22/2015), setzt sich fort. So konnte in Österreich, wo am vergangenen Wochenende in zwei Bundesländern gewählt wurde, die nationalkonservative FPÖ kräftig zulegen. Im Burgenland gewann sie sechs Prozentpunkte hinzu und kam auf 15 Prozent der Stimmen, in der Steiermark mit einem Zugewinn von sogar 16 Prozentpunkten auf 26,8 Prozent. Großer Verlierer in beiden Bundesländern ist die sozialdemokratische SPÖ, die im Burgenland auf knapp 42 Prozent und in der Steiermark sogar auf nur noch 29,3 Prozent kam. Auch die christlich-soziale ÖVP büßte kräftig ein und fiel in beiden Bundesländern auf unter 30 Prozent. Während SPÖ und ÖVP in der Steiermark trotz der Verluste ihre Regierungskoalition unbedingt fortsetzen wollen, schließt der burgenländische SPÖ-Chef und Landeshauptmann Hans Niessl ein Regierungsbündnis seiner Sozialdemokraten mit der FPÖ nicht mehr aus.

Bei den Regional- und Kommunalwahlen in sieben italienischen Regionen haben die EU-kritischen Parteien Lega Nord und M5S deutlich zugelegt. In Ligurien, das zehn Jahre lang von einer Mitte-Links-Koalition regiert wurde, hat die Lega Nord mit 20 Prozent Silvio Berlusconis konservativ-wirtschaftsliberale Forza Italia, die hier lediglich 13 Prozent erreichte und landesweit unter 20 Prozent blieb, klar hinter sich gelassen. Regionspräsident wird der von beiden Parteien unterstützte Giovanni Toti. Die vom sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi favorisierte Raffaella Paita landete in der Region bei unter 28 Prozent. Etwa ein Viertel der Stimmen ging an Beppe Grillos linke M5S, die in einigen Gemeinden sogar stärkste Partei wurde. J.H.


Jan Heitmann:
Dammbruch

Der Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung bedeutet einen tiefen Eingriff in unsere Grundrechte, der einem rechtsstaatlichen Dammbruch gleichkommt. Mit der anlasslosen Massenüberwachung ihrer Kommunikation werden 80 Millionen unbescholtene Bürger unter Generalverdacht gestellt. Zwar wird nur gespeichert, wer mit wem wie lange und von wo aus telefoniert oder wie er sich im Internet bewegt, während die Abfrage weiterer Kommunikationsdaten vorab von einem Richter genehmigt werden muss. Doch so harmlos, wie die Bundesregierung die Sache hinstellt, ist sie in Wahrheit nicht.

Beispielsweise ist die Behauptung, mit den sogenannten Metadaten allein könne der Staat gar nicht viel anfangen, unzutreffend. Mit ihnen lassen sich Kommunikationsnetzwerke abbilden und Bewegungsprofile erstellen, auch wenn es die nach offizieller Lesart nicht geben soll. Ein extremes Beispiel dafür, was der Staat damit noch alles anfangen kann: Die USA nutzen sie sogar für gezielte Tötungen. Mit ihrer Hilfe werden Zielpersonen wie beispielsweise islamistische Terroristenführer lokalisiert und ausgeschaltet. In dem Fall trifft es sicher die Richtigen, der Staat könnte diese Möglichkeiten aber auch missbräuchlich nutzen.

Alles das ließe sich im Interesse der Sicherheit hinnehmen, wenn die Wirksamkeit der Vorratsdatenspeicherung erwiesen wäre. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Eine Studie des Max-Planck-Instituts für Strafrecht weist nach, dass die Vorratsdatenspeicherung dort, wo sie bereits praktiziert wird, nicht zu erhöhten Ermittlungserfolgen geführt hat. Wenn ihre Effizienz sich aber nicht nachprüfbar belegen lässt, gehört der Gesetzentwurf in den Papierkorb.


S. 2 Aktuell

Taiwan zu Gast in Berlin
Jahrestagung der Weltliga für Freiheit und Demokratie in Baden-Württembergs Landesvertretung

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit hat in der Berliner Landesvertretung Baden-Württembergs die „Weltliga für Freiheit und Demokratie“ (World League for Freedom and Democracy, WLFD) getagt. Die Vereinigung wurde 1954 in Südkorea gegründet. Der große Gegenspieler Mao Tse-tungs, Tschiang Kai-shek, gehörte zu den Initiatoren. Ein Hauptziel war die Bekämpfung des Kommunismus.

Freiheit, die man sich auf die Fahnen schrieb, herrschte gleichwohl auch noch lange nicht in Taiwan, der „Republik China“, wie dessen Staatsname bis heute offiziell lautet. Auch Tschiang Kai-Shek herrschte noch lange mit harter Hand, wenngleich die Verhältnisse in der Volksrepublik China unter Mao Tse-tung viel schlimmer waren. Die WLFD ist heute eine Nichtregierungsorganisation (NGO) mit Generalsekretariat in Taipeh, die sich für die Stärkung der Zivilgesellschaften einsetzt. Präsident ist der Ex-Vizepräsident des taiwanischen Parlamentes, Eng-Chi Yao.

In der Landesvertretung erinnerte der frühere Außenminister Taiwans von der „Demokratischen Fortschrittspartei“, Tan Sun Chen, an sein langjähriges Exil in den USA. Von 1964 bis 1992 hatte er nicht nach Taiwan zurückkehren dürfen. Chen erklärte: „Nicht einmal anlässlich der Beerdigung meines Vaters erhielt ich ein Einreisevisum.“

Längst hat sich Taiwan zu einer Demokratie gewandelt. Das betonte auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Petra Ernstberger vor den rund 100 Teilnehmern der WLFD-Konferenz aus 33 Staaten. Ernstberger ist stellvertretende Vorsitzende des „parlamentarischen Freundeskreises Berlin-Taipeh“ im Bundestag, dem fast 50 Abgeordnete angehören.

Durch die Ein-China-Politik auch Deutschlands gebe es leider keine offiziellen diplomatischen Beziehungen mit Taipeh, sagte Ernstberger. Dabei sei Taiwan eine „wirklich gefestigte Demokratie, und das ist in dieser Region keine Selbstverständlichkeit“. Die Taiwaner könnten „richtig stolz“ darauf sein. Taiwan teile „unsere Werte und Vorstellungen gerade im politischen Bereich“. Die Wirtschaftsbeziehungen mit der Inselrepublik seien „extrem gut“. „Viele Kolleginnen und Kollegen, mich eingeschlossen, bedauern es daher sehr, dass Taiwan trotz der florierenden wirtschaftlichen Beziehungen und den politischen und moralischen Gemeinsamkeiten sehr zögerlich und mit Vorbehalt behandelt wird“, sagte sie.

Was die Abgeordnete nicht erwähnte: Bis heute dürfen weder der Präsident Taiwans noch sein Vizepräsident, der Ministerpräsident, der Außenminister oder der Verteidigungsminister in die EU einreisen, auch nicht nach Deutschland. Nicht einmal zu einem Privatbesuch. So tief reicht der Kotau der Europäer vor dem mächtigen China.

Die Vertreter Pekings, die mit Argusaugen jede Aktivität Taiwans auch in Deutschland verfolgen, sollen dem Vernehmen nach vor der WLFD-Konferenz bei Ministerpräsident Winfried Kretschmann interveniert haben. Kretschmann soll auch zuerst gezögert haben, sie in der Landesvertretung zu genehmigen. Doch soll ihn der baden-württembergische CDU-Bundestagsabgeordnete Axel Fischer, der Vorsitzender der deutschen WLFD-Sektion ist, beruhigt haben mit der Erklärung, es handele sich um eine NGO mit vielen internationalen Teilnehmern.

Vor diesem Hintergrund konnte man darüber schmunzeln, dass neben der Deutschland- und der Europafahne auch die Fahne Taiwans in den Saal der Landesvertretung getragen wurde. Neben Europahymne und Deutschlandlied wurde die Hymne Taiwans von der Kapelle „Musikverein Ellwangen“ gespielt, die der baden-württembergische CDU-Bundestagsabgeordnete Josef Rief, aus seinem Wahlkreis nach Berlin geholt hatte.

Die listigen Taiwanesen hatten überdies in Geschenktüten für die Delegierten einen Schal in den rot-blauen Farben der Taiwan-Flagge gepackt. Auch die weiße Sonne auf blauem Grund von der Taiwan-Fahne ziert die Schals, mit denen sich die Teilnehmer später für ein Abschlussfoto vor der Landesvertretung schmückten.

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Anita Schäfer, gleichfalls im Vorstand der deutschen WLFD-Sektion und Vorsitzende der „Deutsch-Chinesischen Gesellschaft – Freunde Taiwans“, erklärte: „Was nicht geschehen darf ist, dass das System der viel größeren Volksrepublik die Freiheit auf Taiwan erstickt. Deswegen dürfen wir in unserer Arbeit nicht nachlassen, auch in Deutschland das Bewusstsein für seine Situation aufrechtzuerhalten. Hierfür spielen Nichtregierungsorganisationen wie die unsere eine entscheidende Rolle.“ Michael Leh


Gretchenfrage Irakkrieg
US-Präsidentschaftskandidaten beziehen nolens volens Stellung

Das Gespenst des Irakkrieges wird die US-amerikanische Politik noch lange nicht verlassen. Lange Schatten wirft die verheerende Invasion in Saddam Husseins Land auch auf die Präsidentschaftswahl 2016. Die Kandidaten für die Nachfolge von Präsident Barack Obama, dessen Amtszeit im Dezember 2016 zu Ende geht, geraten fast alle in peinliches Wanken, wenn sie die Gretchenfrage trifft: „Wie hältst Du es mit dem Einmarsch in den Irak?“

Da ist die haushohe Favoritin der Demokraten, Hillary Clinton, damals Senatorin von New York, die 2003 dafür gestimmt hat, wie alle unter dem Schrecken von 9/11 stehend. Clinton hat seit Langem ihre Zustimmung bereut und dies immer wieder verkündet. Doch wie steht es mit den mittlerweile ein Dutzend Kandidaten der Republikaner? Für diese war es damals selbstverständlich, ihrem Präsidenten George W. Bush begeistert in den Krieg zu folgen und keinen Zweifel aufkommen zu lassen an der falschen Anschuldigung, der Irak besäße Nuklear-Waffen, die Hussein nicht zuletzt gegen Israel und die USA einsetzen könnte. Doch nachdem sich das als unwahr herausgestellt hat, und angesichts von fast 4000 US-amerikanischen Gefallenen und Kosten von drei Billionen US-Dollar – ganz zu schweigen von der durch den Irakkrieg total veränderten Situation im Mittleren Osten und dem Wüten des Islamischen Staates – ist die Gretchenfrage vor allem für die republikanischen Kandidaten zu einem Kernpunkt für die Wahl geworden.

In einer guten Position sind die Neulinge im Senat wie Ted Cruz (Texas) und Mark Rubio (Florida). Hingegen am schwersten tut sich Präsident George W. Bushs Bruder Jeb Bush, Ex-Gouverneur von Florida und bisher Favorit der Republikaner. Bush strauchelte vor zwei Wochen bei einem Interview mit der Fernsehstation Fox. Er erklärte, dass er „auch im Nachhinein, selbst mit dem was man heute weiß, in den Irak einmarschiert wäre“. Ein Aufschrei unter den Demokraten, aber auch unter vielen seiner Parteigenossen folgte. „Er hat einen Witz gemacht“, bemerkte entgeistert Mo Elleithee, Sprecher des „Nationalen Demokratischen Komitees“. „Mit Ihnen stimmt was nicht“, empörte sich die konservative Rundfunkmoderatorin Laura Ingraham. „Wie kann jemand mit gesundem Menschenverstand behaupten, der Irakkrieg war richtig.“ Bushs Konkurrenten um die Kandidatur ergriffen schnell die Gelegenheit beim Zopfe. Chris Christie, Gouverneur von New Jersey, und Mark Rubio, Bushs Nachfolger in Florida, eilten zu CNN und erklärten, dass man nie hätte einmarschieren dürfen, hätte man gewusst… Bei einem weiteren Interview nahm Bush seine Aussage zurück, er hätte die Frage nicht richtig verstanden. Doch gefragt, was er nun meinte, erklärte er, er wisse auch nicht, was er bei so etwas „Hypothetischem“ gemacht hätte. Seine neueste Aussage ist: Nein, er wäre nicht einmarschiert. Ob dieses Chaos ihn das angestrebte Weiße Haus kosten wird, bleibt abzuwarten. Liselotte Millauer


Südtirol schert aus
Dissens über Kriegseintritt vor 100 Jahren

Die Weigerung von Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP), anlässlich von Gedenkfeiern zum Eintritt Italiens in den Ersten Weltkrieg öffentliche Gebäuden mit der Trikolore zu beflaggen, hat in Rom scharfe Reaktionen ausgelöst. Ignazio La Russa, Spitzenpolitiker der Partei „Fratelli d’Italia“ (Brüder Italiens) betonte: „Die Beflaggung öffentlicher Gebäude zu bestimmten Anlässen ist eine Pflicht seitens der Verwaltungen und keine freie Wahl.“ Seine Parteichefin Giorgia Meloni forderte sogar den Rücktritt des Südtiroler Landeshauptmannes. Kompatscher könne gern in einen anderen Staat ziehen, wenn ihm Italien nicht passe, so die Vorsitzende der „Fratelli d’Italia“. Scharfe Kritik kam ebenso von Mario Mantovani (Forza Italia), dem Vizepräsidenten der Region Lombardei: „Offenkundig sind die Südtiroler Politiker nur Italiener, wenn es darum geht, Geld für die Autonomie zu bekommen.“. Südtirols Landeshauptmann Kompatscher selbst begründete seine Weigerung damit, dass der Beginn eines Krieges kein Anlass zum Feiern sei.

Während Kompatscher angeordnet hatte, an Gebäuden, die in seine Zuständigkeit fallen, am 24. Mai generell keine italienischen Fahnen zu hissen, veranlasste Bozens Bürgermeister Luigi Spagnolli zumindest eine Beflaggung auf halbmast. Notwendig war die Beflaggung, weil in Bozen die Stichwahl der Kommunalwahlen anstand. Das Setzen auf halbmast begründete Spagnolli damit, dass der Beginn des Ersten Weltkriegs sowie jedes anderen Kriegs eine Niederlage für die Menschheit bedeuten würde.

Bereits am 23. Mai hatte in Innsbruck die „Europaregion Tirol“ – bestehend aus dem Bundesland Tirol und den beiden Ländern Südtirol und dem Trentino – der Kriegserklärung Italiens an Österreich-Ungarn am 23. Mai 1915 gedacht. Das zuvor neutrale Italien war mit dem Schritt vor 100 Jahren in den Ersten Weltkrieg eingetreten. Das mehrheitlich deutschsprachig besiedelte Südtirol wurde erst im November 1918 durch italienische Truppen besetzt und von Italien annektiert.

Norman Hanert


MELDUNGEN

IS: Haft für 14-Jährigen

St. Pölten – Kurzen Prozess hat das Landesgericht St. Pölten mit einem 14-jährigen Unterstützer der islamistischen Terrororganisation IS gemacht. Nach nur vierstündiger Verhandlung verurteilte es den Jungen zu zwei Jahren Haft, von denen allerdings 16 Monate zur Bewährung ausgesetzt wurden. Die österreichischen Richter sahen es als erwiesen an, dass der Angeklagte im vergangenen Herbst in Wien Kontakt zu Verbindungsleuten des IS aufgenommen hatte, um sich dem Kampf der Terroristen in Syrien anzuschließen. Zudem hatte er sich aus dem Internet Anleitungen zum Bau von Sprengsätzen beschafft, um einen Anschlag zu begehen. Als mögliches Ziel wird der Wiener Westbahnhof genannt. J.H.

 

Herber Schlag für Erdogan

Ankara – Zu der an Personenkult grenzenden Selbstinszenierung des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan gehört auch eine protzige Residenz. Die ruht allerdings auf tönernen Füßen, denn das oberste Verwaltungsgericht der Türkei hat eine Ausnahmeregelung als Grundlage für den Bau des 400 Millionen Euro teuren „Weißen Palasts“ in einem Naturschutzgebiet im Westen Ankaras für rechtswidrig erklärt. Geklagt hatte die regierungskritische Architektenkammer in Ankara. Dass der Schwarzbau nun abgerissen werden muss, ist nicht zu erwarten, denn der selbstgefällige Präsident pflegt, ihm nicht genehme Vorschriften und Urteile einfach zu ignorieren. Wohl aber muss Erdogan befürchten, dass das Urteil Auswirkungen auf das Ergebnis seiner in Umfragen schwächelnden Partei AKP bei den kommenden Parlamentswahlen haben könnte. Einer Umfrage zufolge sagten 71,8 Prozent der Befragten, die AKP habe schwere Fehler begangen. Davon wiederum meinen 34,4 Prozent, der Bau des Präsidentenpalastes sei ein solcher Fehler gewesen. Sollte die oppositionelle HDP die Zehnprozenthürde meistern, wäre Erdogans Traum von der Errichtung eines Präsidialsystems ausgeträumt. J.H.

 

Von der Nato abgeschossen?

Memel – Eine Maschine der litauischen Fluglinie Klaipeda Airlines ist bei einem Flug über die Ostsee verschwunden. Die Fluggesellschaft hatte die noch zu Sowjetzeiten gebaute Antonow An-2 in Schweden gekauft und ließ sie von zwei ihrer erfahrensten Piloten nach Memel überführen, als der Kontakt 180 Kilometer vor der litauischen Küste abbrach. Trotz intensiver Suche konnten bisher keine Überreste des Flugzeugs gefunden werden. Der Besitzer der Fluglinie mutmaßt, daß die Antonow abgeschossen worden sein könnte. Tatsächlich hatten in letzter Zeit vor der baltischen Küste des öfteren Nato-Flugzeuge russische Maschinen dieses Typs abgedrängt, da sie angeblich auf nicht abgestimmten Routen unterwegs gewesen seien. Bislang erwiesen sich diese Vorwürfe nach Auskunft der baltischen Flugsicherheitszentren im Nachhinein als falsch. Die Nato-Piloten hatten dabei regelmäßig keinen Sprechfunkkontakt mit den russischen Maschinen gesucht, durch den sich ein etwaiges Mißverständnis hätte klären lassen. T.W.W.


S. 3 Deutschland

Was bringt Duda den Deutschen?
Einem Parteifreund des zukünftigen polnischen Präsidenten nach zu urteilen blüht neue politische Eiszeit

Bislang gilt die Amtszeit von Premierminister Jaroslaw Kaczynski von 2005 bis 2007 als Tiefpunkt der Beziehungen zwischen Deutschland und Polen in der jüngeren Geschichte. Der Sieg von Kaczynskis politischem Ziehsohn Andrzej Duda von der Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) hat nun Befürchtungen vor einer neuen politischen Eiszeit in den deutsch-polnischen Beziehungen aufkommen lassen.

Noch sind es nur Vermutungen, in welche Richtungen sich Polens neuer Präsident Duda außenpolitisch hin entwickelt, wenn er im September sein Amt antritt. Anders als der Bundespräsident in Deutschland ist der polnische Präsident mehr als eine bloße Repräsentationsfigur. Mit eigenen Gesetzesinitiativen und einem Vetorecht bei Gesetzen kann der Präsident in die Tagespolitik eingreifen. Selbst wenn es der PiS nicht gelingen sollte, im kommenden Herbst auch noch die Parlamentswahlen zu gewinnen, könnte die Wahl Dudas deshalb für Deutschland folgenreich werden.

Im Wahlkampf hatte sich Duda weitgehend auf sozialpolitische Themen konzentriert. Erkennbar war immerhin, dass Duda ein EU-Skeptiker ist. So hatte er in einem Interview mit der „Financial Times“ ganz offen gesagt, die Europäische Union sei zwar eine gute Sache, mit zusätzlichen Kompetenzen für Brüssel müsse nun aber Schluss sein. Die Distanz zu Brüssel ist so offensichtlich, dass die britische „Times“ bereits spekuliert, London habe nun in Polen einen Verbündeten in seiner Auseinandersetzung mit der EU gefunden.

Weitgehend identisch sind die Positionen von Dudas Partei und der aktuell regierenden „Bürgerplattform“ (PO) in der Russlandpolitik. Parteiübergreifend gilt, was der EU-Ratspräsident Donald Tusk bereits im vergangenen Jahr geäußert hat: Polen stehe in der Auseinandersetzung mit Moskau „immer einen Schritt vor der EU und einen halben vor den USA“.

Wirkliche Rätsel gibt bislang die Deutschlandpolitik auf, die der neue Staatspräsident verfolgen wird. Dudas politischem Mentor, Jaroslaw Kaczynski, eilt in Polen der Ruf eines regelrechten Deutschland-Hassers voraus. Auch wird aus den Reihen der PiS der regierenden „Bürgerplattform“ regelmäßig vorgeworfen, Warschau habe sich deutschen Interessen unterworfen.

Welche Strategie die PiS verfolgen könnte, wenn es ihr gelingt, im Herbst auch noch den Ministerpräsidenten zu stellen, macht ein Artikel deutlich, der bereits im Mai in der „Gazeta Wyborcza“ erschienen ist. Bei dem Autor handelte es sich um Ludwik Dorn, der unter Jaroslaw Kaczynski Vize-Premier war.

Zwar hat sich Dorn mit Kaczynski zerstritten, doch gilt der Mitbegründer der PiS im nationalkonservativen Lager bis heute als einflussreiche Größe. Vor diesem Hintergrund ist Dorns Entwurf einer außenpolitischen Strategie für Polen durchaus ernst zu nehmen. Demzufolge soll sich Polen in der Nato um die offizielle Aufkündigung der Nato-Russland-Akte von 1997 bemühen. Faktisch würde der Schritt den Weg für die Stationierung größerer US-Kampfverbände auch östlich von Deutschland freimachen. Abgerundet werden soll der Aufbau von US-Stützpunkten in Polen nach Ansicht von Dorn durch ein polnisches Mitspracherecht für den Einsatz taktischer Atomwaffen der USA. Aus deutscher Sicht alarmierend ist der Grundgedanke hinter der gesamten Strategie: Polen solle nicht länger Pufferstaat der Nato sein, sondern Frontstaat werden. Aus Sicht Dorns stellt Deutschland wegen seiner „Russland-Lobby“ bei diesem Vorhaben für Polen einen unsicherer Bündnispartner dar. Polen müsse daher mit der Drohung „diskreter Sabotage“ in der EU dafür sorgen, dass Deutschland unter Druck gesetzt werde.

Ernst genommen werden solche Überlegungen nicht nur wegen der Bedeutung, die Dorn im nationalkonservativen Lager hat. Die Gedankenspiele von einem Polen, das gegenüber Deutschland und Russland gleichermaßen auftrumpft und Großmacht spielt, ähneln verblüffende dem, was von einflussreichen geopolitischen Vordenkern in Washington zu hören ist. So prognostiziert die Denkfabrik Stratfor, dass die USA Polen zu einer führenden Macht in Europa aufbauen würden. Zusammen mit Rumänien soll das Land in Europa vor allem als Anführer einer Anti-Russland-Koalition reüssieren.

Sollten derartige Pläne tatsächlich umgesetzt werden, würde dies für Deutschlands bisherige Außen- und Europapolitik ein Fiasko bedeuten. Wie von Dorn richtig erkannt, besteht für Warschau nämlich durchaus die Möglichkeit, innerhalb der EU gegen Deutschland Sabotage zu betreiben, um notfalls polnische Vorstellungen durchzusetzen.

Den Grundstein für eine derartige Strategie hätte Berlin selbst gelegt: Wie kein anderes Land hat sich Deutschland für einen EU-Beitritt Polens stark gemacht. Mehr noch. Blickt man auf die Nettoeinzahlungen Deutschlands in den EU-Haushalt, dann entsprechen die Milliardenbeträge fast genau dem, was Polen an Transfers von der Europäischen Union erhält. Norman Hanert


»Ihre Papiere bitte«
Deutschland setzt Schengen-Abkommen aus – aber nur für den G7-Gipfel

Reisende müssen an den deutschen „land-, luft- und seeseitigen Schengen-Binnengrenzen“ noch bis zum 15. Juni mit Kontrollen rechnen. Grund für die vorübergehende Aussetzung des Schengen-Abkommens, das seit 20 Jahren das unkontrollierte Reisen über die EU-Binnengrenzen hinweg garantiert, sind laut der Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums „erhöhte Sicherheitsanforderungen“ anlässlich des G7-Gipfels. Durch die „lageabhängig“, dass heißt örtlich und zeitlich flexibel, durchgeführten Kontrollen soll „Sicherheitsbelangen Rechnung getragen, die Anreise potentieller Gewalttäter in das Bundesgebiet verhindert und ein störungsfreier Verlauf der Veranstaltung garantiert werden“. Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte die vorübergehende Wiedereinführung von Grenzkontrollen beschlossen, obwohl es laut Bundespolizei keine konkreten Anhaltspunkte für eine „besondere Lage“, sprich eine akute Bedrohung der Sicherheit der Gipfelteilnehmer, gibt.

Der Schengener Grenzkodex sieht Kontrollen an den Schengen-Binnengrenzen in besonderen Situationen ausdrücklich vor. Bisher wurde deutscherseits allerdings nur sehr zurückhaltend von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, beispielsweise vor dem Hintergrund von sportlichen Großereignissen oder zur Abwehr von Tierseuchen. Oder aber, wie jetzt, um einige wenige mächtige Personen vor einer abstrakten Bedrohung zu schützen. Geht es dagegen um den Schutz von Millionen Deutschen vor grenzüberschreitender Kriminalität, ausländischen Diebesbanden oder die Eindämmung des unkontrollierten Zustroms von Illegalen aus aller Herren Länder, lehnt die Politik dieses legitime Mittel eines jeden souveränen Staats ab. Dann wird die Freizügigkeit innerhalb der EU stets als unveräußerliches Gut gepriesen, und jeder, der daran im Interesse der inneren Sicherheit rütteln will, des Rückfalls in „dumpfes nationalstaatliches Denken“ beschuldigt.

Für Österreich allerdings hat ein ganz anderer Aspekt des derzeit eingeschränkten Reiseverkehrs Bedeutung. Hier stauen sich wegen der deutschen Grenzkontrollen nämlich die Zuwanderer auf ihrem Weg ins gelobte Land nördlich der Alpen. Weil die Stadt Bozen und der Brennerpass Transitstationen für die aus Italien durchreisenden Illegalen sind, reicht der Rückstau sogar bis in die norditalienische Provinz Südtirol. Bisher kamen jede Woche mehrere hundert Personen ohne gültige Reisedokumente von Italien über Tirol nach Deutschland. Derzeit ist für den, der keine gültigen Papiere hat, in Österreich Endstation.

Das Bundesland Tirol, die Polizei, das Rote Kreuz und andere karitative Organisationen haben allerdings Vorbereitungen für das „erhöhte Flüchtlingsaufkommen“ getroffen. Hierzu gehören Notquartiere in Turnhallen und Großraumzelten sowie improvisierte Verpflegungsstationen und Sanitäranlagen. Laut dem Bürgermeister der direkt an der Grenze zum Freistaat Bayern liegenden Stadt Kufstein sind diese Maßnahmen allerdings nur „ein Angebot der öffentlichen Hand, die Flüchtlinge unterzubringen und zu versorgen“. Ob sie es annehmen, ist ihre Sache, denn nach der ersten Aufnahme durch die Polizei dürfen sie sich frei bewegen. Sie müssen sich zwar nach 14 Tagen wieder melden, aber das ist, wie sogar der Bürgermeister einräumt, „natürlich sehr unrealistisch“. J.H.


Teure Symbolpolitik
Trotz gerichtlichen Baustopps hält Hamburg an Asylbewerberheim fest

Senat und Verwaltung wollen es unbedingt haben, das Asylbewerberheim in allerbester Hamburger Wohnlage. Doch die Gerichte spielen nicht mit. Das Hamburger Oberverwaltungsgericht hat die Beschwerde des zuständigen Bezirksamtes Eimsbüttel gegen den von der Vorinstanz verfügten Baustopp abgewiesen. Mehrere Anwohner aus dem Nobelviertel Harvestehude hatten vor dem Verwaltungsgericht geklagt, weil die Einrichtung einer Gemeinschaftsunterkunft in dem ehemaligen Kreiswehrersatzamt „durch keinerlei bodenrechtliche Argumente gedeckt“ und für ein besonders geschütztes Wohngebiet „nicht gebietsverträglich“ sei (siehe PAZ 44/2014 und 5/15). Das Verwaltungsgericht gab der Klage erwartungsgemäß statt, weil für das Areal seit Jahrzehnten besonders strenge Bau- und Nutzungsregeln gelten, die beispielsweise „gewerbliche und handwerkliche Betriebe, Läden und Wirtschaften sowie Leuchtreklame“ verbieten. Neben den baurechtlichen Gründen führten die Kläger ein „erhebliches Störungspotenzial“ und „Unruhe“ im Stadtteil durch ein Asylbewerberheim an. Das Oberverwaltungsgericht schloss sich den Argumenten der Vorinstanz an, weil mit der Beschwerde des Bezirksamtes nicht dargelegt worden sei, dass die im Bebauungsplan festgelegte Ausweisung des Gebiets als besonders geschütztes Wohngebiet „ganz oder teilweise funktionslos geworden“ sei.

Auch dieses Urteil war vorhersehbar und ist eine „richtige Klatsche“ für den Senat, wie die CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Karin Prien meint. Doch der zeigt sich davon nicht beeindruckt und denkt gar nicht daran, das für über 14 Millionen Euro vom Bund erworbene Filetstück an der vornehmen Sophienterrasse nun ohne Verlust wieder zu verkaufen. Stattdessen hält die Stadt „in jedem Fall“ weiter an dem Ziel fest, in dem Gebäude nach dem mit 4,8 Millionen Euro veranschlagten Umbau rund 220 Asylbewerber unterzubringen. Das Bezirksamt befindet das leer stehende Gebäude für diesen Zweck nämlich als „hochgradig geeignet“ und hatte schon zu Beginn der Planung angekündigt, dass man an der Sache „auch bei Widerstand aus der Nachbarschaft nicht ruckeln“ werde. Wie der Senat über deren von den Gerichten geteilte Bedenken urteilt, macht Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) deutlich: „Es sind nur drei reiche Pinsel in Harvestehude, die Stimmung machen.“

Immerhin haben diese „drei reichen Pinsel“ das einstweilige Aus für die Gemeinschaftsunterkunft durchgesetzt, denn das Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar. Um den Richterspruch auszuhebeln, will der Senat den Bebauungsplan ändern. Dazu soll das Bezirksamt angewiesen werden, „das Bebauungsplanverfahren mit dem Ziel der Ausweitung der Gemeinbedarfsfläche für die Unterbringung von Flüchtlingen zügig und mit Priorität durchzuführen“. Für Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke (SPD) steht fest: „Wir werden hier modernes Planrecht schaffen und sind fest entschlossen, so die dauerhafte Unterbringung von 220 Flüchtlingen an der Sophienterrasse zu ermöglichen.“ Worum es der rot-grün regierten Stadt dabei geht, ist klar: Sie will ein Zeichen setzen, dass auch die Bewohner exklusiver Stadtteile zur Bewältigung des Zuwandererstroms ein Opfer bringen sollen. Eine ebenso verfehlte wie teure Symbolpolitik. J.H.


MELDUNGEN

7,5 Millionen Analphabeten

Berlin – In Deutschland leben nach Erkenntnissen der Bundesregierung rund 7,5 Millionen „funktionale Analphabeten“ im arbeitsfähigen Alter. Das seien 14,5 Prozent der deutschsprechenden erwerbstätigen Bevölkerung zwischen 18 und 64 Jahren. Diese könnten „die Funktion von Schrift nur sehr eingeschränkt nutzen“. Die Bundesregierung strebe daher ein breites Bündnis aller gesellschaftlichen Gruppen gegen den Analphabetismus Erwachsener an, schreibt sie weiter in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen. J.H.

 

Kehrtwende bei Hamburgs CDU

Hamburg – Mit großer Mehrheit hat die Hamburger CDU auf einem Parteitag einen Forderungskatalog zur Flüchtlingspolitik beschlossen. In dem Papier mit dem Titel „Missbrauch des Asylrechts und falsche Migrationsanreize verhindern – Hilfe in Not und wirksame Integration vorantreiben“ heißt es, „die große Anzahl von Armuts- und Wirtschaftsmigranten bindet zunehmend Kapazitäten, die an anderer Stelle für Kriegs- und Krisenflüchtlinge fehlen“. Das Asylrecht sei „kein geeignetes Instrument für Arbeits- und Armutsmigration“. Deshalb sollten abgelehnte Asylbewerber konsequent abgeschoben werden. Auf der anderen Seite wird eine bessere Unterstützung für Kriegs- und Krisenflüchtlinge, die in ihrer Not zu uns kommen“, gefordert. Diese klare Positionierung auf einem Feld christdemokratischer Kernkompetenz dürfte eine Folge der vernichtenden Niederlage bei der Bürgerschaftswahl im Februar sein. Mit einem Ergebnis von 15,9 Prozent hatten die Wähler dem Projekt der profilarmen „modernen Großstadtpartei“ mit kaum noch konservativen Standpunkten eine klare Absage erteilt. J.H.


S. 4 Burschenschaften

Alte Zöpfe abgeschnitten
Der Kampf der Burschenschaft für Demokratie und Einheit

Die Farben sind Schwarz-Rot-Gold, ein vereintes, demokratisches Deutschland ist das Leitbild, die Gleichstellung aller Deutschen vor dem Gesetz, Abschaffung der Geburtsvorrechte und der Leibeigenschaft, Rede- und Pressefreiheit – dieses Bild einer künftigen Ordnung formulierten Studenten vor 200 Jahren, als sie sich zur Urburschenschaft zusammenschlossen.

Es herrschte Unruhe an den deutschen Universitäten. Der Wiener Kongress schob 1815 nach der Niederlage Napoleons jeglichen freiheitlichen oder nationalen Bestrebungen einen Riegel vor. Überzeugt, dass nur durch gemeinsames Handeln der Unterdrückung zu begegnen sei, gründeten am 12. Juni 1815 Mitglieder von vier studentischen Landsmannschaften die Urburschenschaft. Als 1817 der 300. Jahrestag des Thesenanschlags Martin Luthers gefeiert wurde, luden Jenaer Burschenschafter am 18. Oktober Studenten aus ganz Deutschland auf die Wartburg ein. Mehr als 500 kamen. Symbolisch verbrannten die Studenten Schriften von Autoren, die sie als antinational empfanden. Als Zeichen der Unterdrückung warfen sie einen Schnürleib, einen Soldatenzopf und einen Korporalstock in die Flammen.

Überall in Deutschland kam es anschließend zur Gründungen von Burschenschaften, die sich als Teil einer großen Verbindung verstanden. Auf dem Burschentag 1818 in Jena wurde die „Allgemeine Deutsche Burschenschaft“ ausgerufen. Die bürgerlichen Rechte, die damals formuliert wurden, sind heute Kernpunkte im Grundgesetzt der Bundesrepublik Deutschland. Zu ihrer Zeit allerdings galten die Forderungen als revolutionär.

Im März 1819 erstach der Theologiestudent und ehemalige Burschenschafter Karl Ludwig Sand in Mannheim den Schriftsteller und russischen Generalkonsul August von Kotzebue, dem er Verrat an Deutschland vorwarf. Der Mord an Kotzebue setzte das Zeichen zur Verfolgung der Burschenschafter. Unter Vorsitz des österreichischen Außenministers Klemens Wenzel Lothar von Metternich trafen sich in Karlsbad Politiker des Deutschen Bundes. Sie beschlossen ein Verbot der Burschenschaften, verschärfte Kontrolle der Studenten und Professoren, missliebigen Professoren drohte Berufsverbot. Die Allgemeine Deutsche Burschenschaft überstand diese Verfolgung nicht, restaurierte sich aber 1827.

Die nationalen und bürgerrechtlichen Gedanken fanden zunehmend Zustimmung außerhalb der Studentenschaft. Über 30000 Menschen versammelten sich vom 27. bis 30. Mai 1832 zu einem sogenannten „Volksfest“ am Hambacher Schloss. Tatsächlich war es eine politische Demonstration für Freiheit, Demokratie und die Einheit Deutschlands. Die Farben der Burschenschaft, die späteren Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold, wurden zum Kennzeichen.

Radikale Burschenschafter und Offiziere versuchten 1833 ver­geb­lich, mit einem Angriff auf die Frankfurter Hauptwache einen Volksaufstand auszulösen. Dabei gab es neun Tote. Jahrelang fahndete eine Kommission nach Verschwörern, schrieb mehr als 1800 Personen zur Fahndung aus, mehrheitlich Burschenschafter. 39 Personen verurteilte man zum Tode.

Dennoch entwickelten sich die Burschenschaften zum Motor der Revolution von 1848. Der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche gehörten 163 Burschenschafter an. Die Versammlung hob die Karlsbader Beschlüsse auf, erklärte Schwarz-Rot-Gold zu den Farben der Nation. Doch die Revolution von 1848/49 scheiterte und mit ihr die Paulskirchenverfassung. Viele Burschenschafter mussten die Heimat mit dem Ziel Nordamerika verlassen.

Klaus J. Groth


Zurück in den Vormärz
Staatliche Verfolgung der Burschenschaften in der NS-Zeit

Geschichte wiederholt sich nicht; sie ist aber voller (partieller) Analogien und Déjà-vu-Erlebnisse. Das gemeinsame Fronterlebnis war für viele deutsche Teilnehmer des Ersten Weltkrieges prägend. Im Schützengraben verloren viele der Standesunterschiede, welche die Deutschen in der Vorkriegszeit erlebt hatten, an Bedeutung. Insbesondere unter den Idealisten war der Wunsch groß, diese kameradschaftliche Gemeinschaft in die deutsche Nachkriegsgesellschaft hinüberzuretten und nicht zu den alten Standesunterschieden zurückzukehren. Die Volkskirchenbewegung zeugt hiervon ebenso wie das Streben nach einer Volksgemeinschaft.

Gut ein Jahrhundert zuvor hatten die Befreiungskriege eine ähnliche Wirkung auf die Studentenschaft. Historiker schätzen, dass jeder fünfte bis jeder zweite Student an diesen Kriegen teilnahm. Im Anschluss entstand das Bedürfnis, die Aufspaltung der Studentenschaft in Landsmannschaften und Corps zu überwinden. An ihre Stelle sollte als einigendes Band die Urburschenschaft treten als Fortsetzung der Kampfgemeinschaft in Friedenszeiten.

Doch wie der nach dem Ersten Weltkrieg scheiterte auch dieser Versuch. Statt einer gemeinsamen Burschenschaft traten an die Seite der diversen Corps nun diverse Burschenschaften. Auch ansonsten änderte sich manches bei den Burschenschaftern. Nachdem sie im Vormärz verfolgt worden waren, gelang ihnen allmählich der Marsch durch die Institutionen, sie etablierten sich und wurden staatstragend. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch die Reichsgründung, durch die ein wesentliches Ziel, die nationale Einheit, zumindest für den nichtösterreichischen Teil Deutschlands erreicht war. Viele Burschenschafter passten sich in ihrem elitären Habitus den Corpsstudenten an in dem Bewusstsein, die Funktionselite und Bestandteil der Oberschicht von morgen zu sein.

Dieses elitäre Bewusstsein auf Seiten der Verbindungen stieß spätestens ab 1933 auf das egalitäre Selbstverständnis des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes (NDStB). Wie weiland die ersten Burschenschafter nach den Befreiungskriegen versuchte nun auch er eine Vereinigung der Studenten durchzusetzen – allerdings im Gegensatz zu erstgenannten auf totalitärer Basis und unter Zuhilfenahme der Machtmittel des Staates.

Nach dem sogenannten Heidelberger Spargelessen von 1935 sprach sich Adolf Hitler vor Parteifreunden für den „langsamen Tod“ der Verbindungen aus. Noch im selben Jahr erklärte der Reichsjugendführer Baldur von Schirach die Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft in der Hitlerjugend (HJ) und einer Studentenverbindung. Im darauffolgenden Jahr folgte Adolf Hitlers Stellvertreter in der Partei, Rudolf Heß mit der Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft in der NSDAP und einer Studentenverbindung. Und 1938 schließlich verkündete der Reichsstudentenführer Gustav Adolf Scheel das Ende der traditionellen Studentenverbindungen. Die Burschenschaften waren zurück im Vormärz; sie waren wieder Opfer staatlicher Verfolgung. Manuel Ruoff


Seit 1996 auf die Hälfte geschrumpft

Derzeit umfasst der Dachverband der Deutschen Burschenschaft (DB) noch 66 Verbindungen in der Bundesrepublik und in Österreich mit zusammen rund 7000 Mitgliedern (Studenten und Alte Herren). Noch zu Beginn der 1990er Jahren waren in der DB mehr als 120 Bünde mit insgesamt fast 20000 Mitgliedern vereint.

Das Zusammenschmelzen des Verbandes begann 1996. Damals zogen sich sieben Bünde aus der DB zurück und bildeten die „Neue Deutsche Burschenschaft“ (NDB), die heute 22 Verbindungen umfasst. Ab 2012 erfasste die DB dann eine massive Austrittswelle.

Zusammen mit drei im alten Verband verbliebenen Bünden gründeten 34 Ex-DB-Burschenschaften die „Initiative Burschenschaftliche Zukunft“, die sich allerdings nicht als Dachverband versteht, sondern vor allem das Ausfransen der burschenschaftlichen Bewegung nach dem Exodus aus der DB eindämmen will.

Die Gründe für die Aufspaltung des burschenschaftlichen Lebens sind zum Teil innerhalb, zum Teil außerhalb der DB zu suchen. So störten sich etliche Verbindungen des linken Verbandsflügels an Aussagen von Vertretern des rechten DB-Spektrums, die sie als rassistisch und historisch inakzeptabel erachteten.

Andererseits blieb es nicht ohne Wirkung, dass einige Medien, allen voran der „Spiegel“, einzelne Äußerungen vom rechten DB-Flügel ausgiebig skandalisiert haben. Dies setzte die Burschenschafter in ihren Studienorten, wo sie ohnehin seit Jahren Opfer linksextremer, oft gewalttätiger Attacken sind, zusätzlichem Druck aus. Viele sahen da, um ihren Bund zu erhalten, keine Wahl mehr als den Austritt aus der DB. H.H.


Zeitzeugen

Klemens Wenzel Lothar von Metternich – Damals gab es noch keinen Kampf gegen den Terror, aber bereits den Missbrauch von Anschlägen für die Verschärfung von Gesetzen. Der österreichische Staatskanzler nutzte Sands Tat zur Verfolgung von Burschenschaftern und anderen Oppositionellen mit den Karlsbader Beschlüssen.

August Heinrich Hoffmann von Fallersleben – Nicht nur dass die Farben der Bundesrepublik Deutschland von der Jenaer Urburschenschaft stammen, es stammt auch der Text der Nationalhymne, das „Lied der Deutschen“, von einem Burschenschaftler. August Heinrich Hoffmann, bekannt als Hoffmann von Fallersleben, wurde 1816 Mitglied der Alten Göttinger Burschenschaft und 1819 Angehöriger der Alten Bonner Burschenschaft.

Ludwig Adolf Wilhelm von Lützow – Der preußische Offizier kommandierte das nach ihm benannte Freikorps. Da die Uniformen seiner „Schwarzen Jäger“ häufig eingefärbte Zivilkleidung waren und sich Schwarz gut zum Einfärben eignet, war der Grundton der Uniformierung Schwarz. Die Paspelierungen waren rot und die Knöpfe golden. Da in dem Korps viele Studenten kämpften, fanden sich in der Fahne der Urburschenschaft diese drei Farben wieder.

Karl Ludwig Sand – Der Angehörige der Jenaer Urburschenschaft erstach 1819 den auch als russischer Generalkonsul tätigen deutscher Autoren August von Kotzebue mit den Worten: „… hier, Du Verräter des Vaterlandes.“ 1820 wurde er in Mannheim hingerichtet. Noch vor der Reichsgründung, nämlich im Jahre 1865, wurde er in ein von der Bürgerschaft gestiftetes Ehrengrab umgebettet.

Heinrich von Gagern – Der Beamte und erste Präsident der Frankfurter Nationalversammlung ist ein schönes Beispiel für die Burschenschafter, denen der Marsch durch die Institutionen gelang. Personen wie er prägten die Nationalversammlung. Ungeachtet der Tatsache, dass sie mittlerweile zum Establishment gehörten, fühlten sie sich nach wie vor den Idealen ihrer Jugend und aktiven Zeit als Burschenschafter verbunden.


S. 5 Preussen/Berlin

Brachial vergrault
»Fäkalien durchs Fenster geworfen«: Zuwanderer machen Berliner Mietern das Leben zur Hölle

„Horrorhaus“ ist in den Berliner Medien die gängige Bezeichnung, wenn es um ein verwahrlostes Mietshaus im Bezirk Schöneberg geht. Anwohner, Bezirk und Mieterverein vermuten, dass alteingesessene Anwohner ganz gezielt vergrault werden sollen, um das leere Haus dann luxussanieren und teuer vermarkten zu können.

Eine wichtige Rolle spielen dabei Neumieter aus Südosteuropa: Wie der Berliner Mieterverein e.V. berichtet, tauchten in dem Haus in der Schöneberger Grunewaldstraße bereits im Oktober vergangenen Jahres plötzlich neue Bewohner mit Bettdecken und Matratzen auf, um leerstehende Wohnungen zu beziehen.

Weil dabei auch Wohnungstüren aufgebrochen wurden, lag für die Anwohner der Verdacht nahe, es handele sich um einen Einbruch. Ein Trugschluss, wie sich bald herausstellte: Die neuen Mitbewohner – zum großen Teil aus Rumänien und Serbien – konnten allesamt befristete Mietverträge vorweisen.

Inzwischen sind nur wenige Monate vergangen und der Berliner Gründerzeitbau sieht aus, als würde er in einem Dritte-Welt-Slum stehen: Treppenhausfenster sind eingeschlagen, auf dem Hof türmen sich Müllberge, zerschlissene Matratzen und kaputte Möbel. Umweht wird das Ganze von beißendem Fäkalgeruch. Die Erklärung zu den nun herrschenden Zuständen liefert ein alteingesessener Hausbewohner: „Bei mir im Haus unter mir, die haben keine Toilette, die machen das in Eimer und schmeißen das durchs Fenster raus. Und ich muss aufpassen, dass ich nicht was auf den Kopf kriege. Alle schmeißen ihren Müll aus dem Fenster.“ Ohne Vorwarnung aus dem Fenster entsorgt werden offenbar sogar Möbel. Kabel zu Stromkästen im Treppenhaus, mit denen offensichtlich illegal Strom entnommen wird, runden das Bild ab.

Altmieter, die sich über die Zustände beschweren oder es gar wagen, die Polizei zu rufen, sehen sich massiven Bedrohungen ausgesetzt. Die Einschüchterungsversuche haben indes nicht verhindern können, dass das Haus bei der Berliner Polizei längst einschlägig bekannt ist. Die erfassten Delikte reichen von Sachbeschädigung über häusliche Gewalt bis zum versuchten Einbruch.

Sprunghaft gestiegen ist in umliegenden Geschäften ebenso die Zahl der Ladendiebstähle. Als Folge sind inzwischen nicht nur zusätzliche Streifenwagen im Einsatz, die Polizei hat sogar eine eigene Ermittlungsgruppe gebildet, die sich nur mit der Kriminalität im Zusammenhang mit dem Haus kümmert. Insgesamt summierten sich die Einsätze der Polizei rund um Berlins „Horrorhaus“ allein von November 2014 bis Mai 2015 inzwischen auf rund 200.

Zum Hintergrund der Verwahrlosung kursieren nur Vermutungen. Möglich scheint, dass aus Profitinteresse eine bestimmte Klientel als Mieter akzeptiert wird, die sonst auf dem Wohnungsmarkt nahezu chancenlos ist. In Berichten der Berliner Presse ist von Mieten für die Südosteuropäer die Rede, die angesichts von Ofenheizung und Außentoilette weit überzogen erscheinen. So sollen fast zwölf Euro pro Quadratmeter verlangt werden.

Inzwischen wurde der Verdacht geäußert, dass es um einen möglichst lukrativen Verkauf der Immobilie gehen könnte. Hintergrundinformationen, die in diese Richtung deuten, sind im „Mieter-Magazin“ zu lesen. Danach soll der zuständige Geschäftsführer bereits im Prenzlauer Berg ein Haus „mit rüden Methoden entmietet und in Eigentumswohnungen umgewandelt“ haben.

Tatsächlich ist das Schöneberger „Horrorhaus“ in Berlin längst kein Einzelfall mehr. Nach Angaben von Sibyll Klotz (Bündnis 90/Die Grünen), der Stadträtin für Gesundheit, Soziales und Stadtentwicklung in Tempelhof-Schöneberg, gibt es in Berlin bis zu 30 Häuser, in denen ähnlich katastrophale Zustände herrschen. Die Mittel, die den Bezirksämtern in solchen Fällen zur Verfügung stehen, haben sich inzwischen als weitgehend untauglich herausgestellt. „Die Wohnungsaufsicht ist ein zahnloser Tiger im Land Berlin, nicht nur hier bei uns im Bezirk“, beklagt Klotz. Nach ihren Angaben hat das Bezirksamt die Eigentümer des Hauses in der Grunewaldstraße mehrfach aufgefordert, die Missstände zu beseitigen, aber nach kurzer Zeit seien die Probleme erneut aufgetreten.

Wie begrenzt die behördlichen Einflussmöglichkeiten sind, macht Gerrit Reitmeyer, der Leiter der Bauaufsicht im Bezirk Tempelhof-Schöneberg, deutlich: „Es besteht weder Gefahr für Leib und Leben der Bewohner, noch ist das unter Denkmalschutz stehende Gebäude gefährdet. Eine Zweckentfremdung liegt nicht vor, auch die kurzfristigen Mietverträge sind legal.“

Zu befürchten ist, dass die Verdrängung alteingesessener Mieter durch eine gezielte Verwahrlosung von Immobilien zügig weitere Nachahmer finden wird. Abzuwarten bleibt, ob ein Problem wie das „Horrorhaus“ in Berlin tatsächlich offen diskutiert werden kann. Für einen Teil der „Gentrifizierungskritiker“ dürfte das Phänomen nämlich ein ernstes Dilemma bergen: Offenkundig ist, dass es aus Profitinteresse um die Verdrängung von Altmietern geht. Klar benannt werden müsste aber ebenso, dass das Geschäftsmodell nur funktioniert, weil ein Teil der Zuwanderer, die nach Deutschland kommen, nicht einmal zivilisatorische Minimalstandards im Zusammenleben einhält. Solche Hinweise werden von jenen linken Kreisen, aus denen sich der Großteil der „Gentrifizierungskritiker“ speist, meist pauschal als „rassistisch“ verworfen. Doch mit dieser Linie haben sie sich nun selbst ideologisch blockiert Norman Hanert


Schatten auf den Moralaposteln
von Theo Maass

Keine Partei in Deutschland hat sich seit ihrem Bestehen so sehr als Moralapostel aufgespielt wie die Grünen. Die eigene Elterngeneration (Nazis und Kriegsverbrecher), normale Familienstrukturen (undemokratisch, frauenfeindlich), Umgang mit der Natur (CO²-Emission, der Wald stirbt) und die katholische Kirche (frauenfeindlich, Kinderschänder) waren nur einige Angriffspunkte ihrer „Gesellschaftskritik“, mit der sie sich darin gefielen, über Andersdenkende moralisch zu Gericht zu sitzen.

Da trifft es die Partei umso härter, wie nach und nach ein Pädophilen-Sumpf ans Licht kommt, dessen Ausmaße von Woche zu Woche größer zu werden scheinen. In Berlin-Kreuzberg erlangte ein Freizeitladen namens „Falckenstein“-Keller gruselig-traurige Berühmtheit. Das waren keineswegs Rand­erscheinungen, wie das Buch „Der große Basar“ des damals in Frankfurt wirkenden, nunmehrigen grünen EU-Abgeordneten Daniel Cohn-Bendit aus Frankreich dokumentiert. Die von der Partei beauftragte Kommission ermittelte bis zu 1000 Opfer – alles minderjährige Jungen – die von Grünen-Aktivisten in den 80er und 90er Jahren sexuell missbraucht wurden. Die Stellungnahmen der Berliner Landesvorsitzenden Bettina Jarasch und Daniel Wesener zu dem Skandal fielen recht einsilbig aus.

Kein Wunder: Im damaligen Berlin (West) kandidierten wegen Kindesmissbrauchs verurteilte Straftäter sogar aus dem Gefängnis heraus auf der Liste der Grünen für Parlamente. Thomas Birk, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, bestätigt die hohe Zahl von Opfern. „Es ist schwer auszuhalten, aber es gab Täter in den Reihen der Grünen.“ Sie seien sowohl in die Partei hinein, als auch zu gesellschaftlichen Gruppen gut vernetzt gewesen. „Wir hatten damit bis Mitte der 1990er Jahre zu tun. Die Schwulen-AG unserer Partei war bis 1993 mehr oder minder ein Pädo-Bereich.“

Diese Aussage führt auf direkten Weg zum Bundestagsabgeordneten der Grünen, Volker Beck. Der war von 1987 bis 1990 „Schwulenreferent“ der Bundestagsfraktion und bis 1994 Sprecher der „Bundesarbeitsgemeinschaft Schwulenpolitik“. Seinen Namen trägt ein Papier, das die „Entkriminalisierung der Pädosexualität“ fordert. Dazu mag sich Beck heute nicht mehr bekennen, das Papier sei von ihm „nicht autorisiert“ gewesen. Auch in der linksalternativen Tageszeitung „taz“ gab es Versuche, das Ausmaß des Missbrauchs zu relativieren. Es ist kein Zufall, dass die beiden Autoren des „Tagesspiegels“, Christian Füller und Gerd Nowakowski, die am 19. Mai 2015 zu diesem Thema den Aufmacher schrieben, vormals bei der „taz“ angestellt waren. Dort wollte man ihre Enthüllung wohl lieber nicht bringen.


Imame von der Uni
Berlin will muslimische Geistliche an der Hochschule ausbilden

Berlin will Imame an staatlichen Hochschulen ausbilden. Anfang Mai bemängelte der „Zentralrat der Muslime“, die deutsche Imam-Ausbildung sei noch am Anfang, es gebe keine Standorte für eine klassische Ausbildung. Die Politik reagiert: Ende Mai will der Senat eine Arbeitsgruppe zu einem universitären Studium bilden. Berlin folgt damit Hamburg, Nürnberg, Tübingen, Münster, Frankfurt und Paderborn, ohne deren Probleme mit dem Fach zu berücksichtigen.

Das Institut Buhara in Berlin bildet seit 2009 Imame aus. Bisher machten dort 21 Imame ihren Abschluss. Die Kenntnis Deutschlands und seiner Gesetze sei wichtig, Integration erwünscht, beteuert Institutschef Yasar Erkan. Unterrichtssprache ist neben Deutsch indes auch Türkisch.

Der jüngste Vorstoß des Senats schließt keine Lücke, beschreitet aber für Berlin Neuland, weil die Politik für den staatlichen Lehrbetrieb eine oder mehrere islamische Glaubensgemeinschaften als offizielle Partner wählen müsste. Hochschulen dürfen in bekenntnisgebundenen Fächern nicht im Alleingang Professoren und Inhalte bestimmen. Ein unabhängiger, staatlicher und streng wissenschaftlich orientierter „deutscher“ Lehrbetrieb ist so nicht zu erwarten, schon gar nicht „feministische Perspektiven“, wie eine große Berliner Tageszeitung schrieb.

Die Wahl passender islamischer Partner bereitet der Deutschen Islamkonferenz schon auf Gesprächsebene Probleme. Der „Zentralrat der Muslime“ vertritt nur eine Minderheit im Promillebereich. Wer die Inhalte des neuen steuerfinanzierten Lehr- und damit Missionsbetriebs bestimmt und warum er staatlich legitimiert sein muss, ist unklar. Die Legitimierung bestimmter Gruppen bei vergleichbaren Projekten und der Streit um den damit verbundenen Ausschluss anderer schaffen an Hochschulen Probleme.

Erfolgreiche Absolventen deutscher Imamlehrgänge sind zudem für viele Moscheen eher unattraktiv: „Absolventen in Deutschland haben eine andere Erwartungshaltung als Imame, die zum Beispiel aus der Türkei kommen“, sagte jüngst der an Osnabrücks islamischer Fakultät lehrende Sozialwissenschaftler Coskun Saglam. Doch Berlin bleibt dabei: Obwohl es in der Hauptstadt keinen regulären Religionsunterricht gebe, wachse der Bedarf an qualifizierten muslimischen Religionslehrern, Seelsorgern und wissenschaftlichem Nachwuchs, so Berlins Staatssekretär für Wissenschaft, Steffen Krach. SV


»Auch ohne Lucke«
Brandenburgische AfD positioniert sich für nahen Bundesparteitag

Der parteiinterne Richtungsstreit der AfD geht in eine neue Runde: In Hessen setzen sich die Gegner von Gründer Bernd Lucke und dessen wirtschaftsliberalem Kurs durch. Entscheidende Schützenhilfe dafür kommt aus Brandenburg. Dort wurde in Henningsdorf gerade der erste Ortsverband gegründet, womit die AfD nun auch unterhalb der Kreisebene organisiert ist.

„Wir brauchen den liberalen Flügel, aber ohne Bernd Lucke“, gab Alexander Gauland, Bundesvize der AfD und zugleich Landeschef in der Mark, beim hessischen Treffen in Hofheim als Losung aus. Alle drei Sprecherposten gingen an Gegner Luckes. Kaum ein Mitglied stellte die damit verbundenen Positionen so hervor wie Gauland.

Seit der Eskalation des Richtungsstreits gilt der Polit-Profi und einstige CDU-Politiker neben Sachsens AfD-Chefin Frauke Petry als Gegenpol zu Lucke. Im Unterschied zu Petry vermied er aber bislang den direkten Schlagabtausch.

Brandenburgs Landesverband bleibt bisher nach außen geschlossen, wirbt weiter mit Plakaten von Lucke mit Gauland. Hinter den Kulissen aber geht der Vorkampf um entscheidende Posten und Stimmen gegen Lucke aus: Gauland klärt quasi im Mittelfeld hinter den Reihen, während die Spitze aus Lucke und Petry um den Kurs zum Tor streitet.

Erst am 22. Mai hatte Lucke die Märker AfD-Fraktion besucht. Dabei hielt Gauland sichtbar Distanz zu ihm. Lucke vor dem Treffen: „Ich würde nicht in eine Partei eintreten, die sich vorrangig oder ausschließlich mit Themen wie Zuwanderung und Asyl und Islam und Migration befasst.“ Er verwies auf den Parteitag im Juni, der die Eurokritik wieder in den Vordergrund stellen werde.

Gauland konterte taktisch, er betrachte Luckes „Weckruf 2015“ sehr kritisch, „aber wir haben sachliche Differenzen und die muss man anständig und vernünftig austragen“. Zur Führungsrolle Luckes hielt er sich bedeckt: „Er ist der gewählte Parteivorsitzende bis zum Parteitag.“

Dennoch schränkte er vielsagend ein: „Eine AfD ohne Lucke habe ich mir bisher nicht vorstellen können. Aber jetzt muss ich sie mir vorstellen können.“ Inzwischen hat Gauland den „Weckruf“ als „innerparteiliches Kampfinstrument“ bezeichnet. „Wenn Bernd Lucke von diesem Weg zurück will, muss er sich auf uns zu bewegen“, so Gauland. Er ließ weiter offen, ob er selbst erneut für den Bundesvorstand kandidiert. SV


S. 6 Ausland

Gefährlicher Insel-Zank
Die Spratlys: Kampf zwischen China und den USA um die Vorherrschaft im Pazifischen Raum

Die Rivalität zwischen China und den USA ist längst zu einem bestimmenden Faktor der Weltpolitik geworden. Allerdings nimmt sie in jüngster Zeit die Qualität einer aktuellen Krise an. Da es dabei zunächst um die Vorherrschaft im Pazifischen Raum geht, kann es nicht verwundern, dass sich die derzeitigen Auseinandersetzungen an einigen Atollen in der Südchinesischen See entzünden, den Spratly-Inseln.

Dass politische Ansprüche aus der Geschichte abgeleitet werden, ist nichts Neues, und so geschieht es auch in diesem Fall. Doch da jedes Land die Historie anders liest, kommt man zu unterschiedlichen Ergebnissen. Demnach finden sowohl China als auch Vietnam, die Philippinen und Taiwan jeweils ihre eigenen Gründe für die Behauptung, sie seien die rechtmäßigen Eigentümer der Handvoll Koralleninseln, um die es geht. Und bei alledem dürfen natürlich die USA nicht fehlen.

Weil das so ist, hat sich China dazu entschlossen, harte Fakten zu schaffen. Die Volksrepublik hat damit begonnen, verschiedene Eilande aufzuschütten und baulich zu befestigen, so dass daraus künstliche Inseln werden. Eine von ihnen ist sogar schon mit einer Landebahn für Flugzeuge versehen. Diese Arbeiten haben zunächst zu den üblichen Scharmützeln geführt, bei denen es darum geht, sich einem fremden Kriegsschiff zu nähern oder Fischerboote aus dem Land des Konkurrenten zu behelligen. Mittlerweile aber wird der Ton rauer. Bei allem treten die USA forsch auf, die ihre Einflusszone bis hin zu den chinesischen Hoheitsgewässern aufrechterhalten wollen.

Daher schickte die US-Marine Aufklärungsflugzeuge und eine Drohne in den Luftraum über dem Südchinesischen Meer. Peking beließ es nicht dabei, die Funksteuerung einer Drohne zu stören, sondern schickte die Staatspresse und einen „Militärexperten“ vor. Die gemeinsame Erklärung war, dass China provoziert werde, nicht zurückweichen dürfe und sich auf eine Konfrontation vorbereiten müsse. Die chinesische „Global Times“ schrieb dazu: „Falls die USA kategorisch darauf bestehen, dass China seine Aktivitäten einstellt, ist ein amerikanisch-chinesischer Krieg im Südchi­nesischen Meer unausweichlich.“

Keine chinesische Zeitung schreibt dergleichen ohne Auftrag von ganz oben, das weiß jeder und versteht jeder so. Um trotzdem mögliche Zweifel zu beheben, ließ das Außenministerium in Peking im Zusammenhang mit dem Flug der Drohne verlauten: „Wir rufen die USA dazu auf, ihren Fehler zu revidieren, sich rational zu verhalten und die verantwortungslosen Handlungen einzustellen.“ Mit diesem Appell wird Peking nicht viel bewirken. Denn bei den Spratly-Inseln geht es nicht nur um Erdöl und einen Seeweg auf dem jedes Jahr Frachten im Wert von fünf Billionen US-Dollar bewegt werden, sondern um ein erstes Kräftemessen beim Ringen um die Vorherrschaft im pazifischen Raum.

Daher kann es auch kein Zufall sein, dass um dieselbe Zeit, in der sich die Krise um die Inseln zuspitzt, China die neue Doktrin seiner Kriegsmarine vorgestellt hat. Dabei geht es Peking darum, von der reinen Verteidigung seiner Küstengewässer überzugehen zu einer Präsenz auf hoher See. Dazu soll eine multifunktionale Flotte aufgebaut werden, die über die Möglichkeiten zur strategischen Abschreckung verfügt.

Demgegenüber scheint Wa­shington China gegenüber die „Brzezinski-Doktrin“ anzuwenden, die vorsieht, dass die USA im Sinne der neuen Weltordnung ihre Vorherrschaft auf ganz Eurasien vorantreiben. Gegen China wurde flankierend der „Air-Sea Battle Plan“ entwickelt, wonach die USA 60 Prozent ihrer gesamten Streitkräfte in die asiatisch-pazifische Region verlegen, im wesentlichen auf die Philippinen, nach Südkorea und Japan.

Der kanadische Journalist Eric Sommer sieht diese Planung als den militärischen Teil eines US-Hybrid-Krieges gegen China an. Die wirtschaftliche Komponente bestehe in der „Transpazifischen Partnerschaft“, einer Entsprechung zu TTIP, während als Drittes die Propaganda eingesetzt werde, die Angst vor einer chinesischen Bedrohung zu verbreiten habe. Mit dieser Strategie wolle Wa­shington die chinesische Regierung schwächen oder gar zu Fall bringen. Doch das sei brandgefährlich, so Sommer. „China ist eine starke Atomwaffenmacht. Ihre Souveränität oder ihren Status in Gefahr zu bringen, wäre unvergleichbar mit der Intervention im Irak oder in Libyen.“

Für die USA gibt es außerdem zwei Unwägbarkeiten. Da ist zum einen die immer enger werdende chinesisch-russische Partnerschaft, die sich längst auch auf den militärischen Bereich erstreckt. Außer Acht zu lassen, wie sich Russland im Konfliktfall zwischen China und ihr verhielte, könnte für die USA selbstmörderisch werden.

Zum anderen ist die Frage nach der wirtschaftlichen Rivalität mit der „Transpazifischen Partnerschaft“ keineswegs beantwortet. China ist der größte Gläubiger der immens verschuldeten USA. Die Rolle des US-Dollar als Weltreserve-Währung gerät mehr und mehr ins Wanken. Die Taiwaner Zeitung „Want China Times“ schrieb vor Kurzem, China sei im Stande, mit 30000 Tonnen Gold die instabile US-Währung zu Fall zu bringen. Dass das keineswegs einem Wunschdenken entspricht, zeigt eine Prognose der OECD, wonach China – sofern das nicht ohnehin schon geschehen ist – spätestens im kommenden Jahr die USA als größte Wirtschaftsmacht überholen und der Yuan den Dollar ablösen werde.

Sobald dies der Fall wäre, müssten die USA ihre vielen Kriege selber zahlen, das heißt, sie wären sehr schnell bankrott. Denn zum Kriegführen, auch wenn dieser vorerst nur kalt wäre, braucht man drei Dinge: Geld, Geld und noch einmal Geld. Florian Stumfall


USA unterstützen den IS
Judical Watch erzwingt Herausgabe eines DIA-Berichts

Noch sind die Geheimdienste in den USA nicht allmächtig. So hat ein Gericht einer Klage der Bürgerrechtsgruppe „Judical Watch“ stattgegeben und verfügt, dass der militärische Nachrichtendienst Defense Intelligence Agency (DIA) einen Geheimbericht herausgeben muss. Dabei geht es um nichts weniger als den IS, den Islamischen Staat.

Zwar ist das Dokument aus dem Jahr 2012 nur sieben Seiten lang und zudem in vielem Passagen geschwärzt, doch was dennoch übrig geblieben ist, sollte reichen, um nicht nur das Pentagon, sondern auch das Weiße Haus in Bedrängnis zu bringen. Eine der wesentlichen Passagen wirft fundamentale Fragen auf: „Es gibt die Möglichkeit der Schaffung eines sich konstituierenden oder nicht offiziell erklärten salafistischen Kalifats im Osten Syriens, und das ist genau das, was die Unterstützer der (syrischen) Opposition (so eben auch die USA) wollen, um das syrische Regime zu isolieren und die schiitische Expansion im Irak durch Iran einzudämmen.“

Das heißt nicht nur, dass die USA von Anfang an über die Gründung des IS informiert waren, sondern sie auch als willkommene „Möglichkeit“ betrachteten. Obendrein legt die Formulierung, „es gibt die Möglichkeit zur Schaffung eines Kalifats“, die unmittelbare Beteiligung der USA nahe, zumal ausdrücklich festgestellt wird, dass diese Gründung dem Interesse Washingtons entspräche.

Diese Motivlage der USA ist umso schlüssiger, als diese schon vor 2012 angestrengt an der Destabilisierung Syriens gearbeitet hatten. Außerdem entspricht die Erkenntnis aus dem Geheimbericht dem Umstand, dass die USA regelmäßig den IS mit Waffen versorgen, was vor allem die irakische Generalität beklagt.

Was den Irak selbst angeht, so heißt es in dem DIA-Papier: Die Gründung des IS schaffe „ideale Voraussetzungen für die Rückkehr von al-Kaida im Irak in ihre früheren Enklaven in Mossul und Ramadi und einen neuen Impuls, den Dschihad der irakischen und syrischen Sunniten sowie der übrigen Sunniten der arabischen Welt gegen die Abtrünnigen … zu vereinigen“. Dies belegt neben vielen, immer wieder auftauchenden Verdachtsmomenten und Zeugenschaften, dass die USA sowohl al-Kaida, die sie einst in Afghanistan selbst ins Leben gerufen haben, als auch den IS als brauchbare Vasallen in Nahost betrachten und behandeln.

In diesem Zusammenhang gewinnt jetzt auch der Besuch des US-Senators John McCain in Syrien und im Irak an Bedeutung, den dieser den beiden Ländern vor ziemlich genau einem Jahr abgestattet hat. Damals traf er sich unter anderem mit dem Befehlshaber des IS, Abu Bakr al-Baghdadi, und einigen weiteren Führern, wovon Bilddokumente Zeugnis geben.

Die Strategie, die aus dem Geheimpapier sichtbar wird, entspricht genau den Empfehlungen der US-amerikanischen Rand-Corporation, die seit Langem vorschlägt, im Nahen und Mittleren Osten Sunniten und Schiiten gegeneinander auszuspielen. Das empfahl kürzlich wieder George Friedman, der Chef von Stratfor, wie die Rand-Corporation eine sogenannte Denkfabrik. Die „Deutschen Wirtschafts-Nachrichten“ schrieben dazu: „Wenn sich Sunniten und Schiiten gegenseitig bekämpfen, gäbe dies der US-Regierung die Möglichkeit, ihren Einfluss in der Region zu vergrößern. Die Strategie ist als ‚divide et impera‘ (teile und herrsche) gut bekannt und seit jeher fester Bestandteil aller politischen Aktivitäten.“ F.S.


IS in der Offensive
Riad und Ankara profitieren von der Existenz des Terrorstaates

Hatte man nach der Rückeroberung von Kobane in Syrien und Tikrit im Irak geglaubt, der IS wäre in der Defensive, militärisch und finanziell, so wurde man jetzt nach der Eroberung der Hauptstadt der irakischen Provinz Anbar, Ramadi, und der syrischen Oasenstadt Palmyra eines Besseren belehrt. Beide Siege waren strategisch und symbolisch für den IS äußerst wichtig, weil sie ihre Herrschaft in beiden Staaten zementieren und als Ausgangsbasis für weitere Eroberungen gelten.

In Syrien war es dem IS gelungen, trotz der Militärschläge der internationalen Allianz tonnenschweres Militärmaterial unbehelligt durch Luftschläge über Hunderte Kilometer Wüstenstrecken vor die Oasenstadt zu bringen, die als größte und besterhaltene historische Stadt des Nahen Osten gilt und seit 2013 als Weltkulturerbe unter dem Schutz der Unesco steht. Nachdem der IS bereits in antiken Stätten wie Nimrud und Hatra im Irak schwere Zerstörungen angerichtet hat, sind nun die antiken Stätten von Palmyra in Gefahr. Alles, was nicht islamisch ist und aus anderen, vorislamischen Religionen stammt, droht die Zerstörung.

Dem IS ist es offenbar gelungen, in den vergangenen Monaten weiter Tausende von Freiwilligen und ganze dschihadistische Gruppen von al-Kaida abzuwerben und auf seine Seite zu ziehen. Sprachen US-Analysten letztes Jahr noch von 20000 bis 30000 Dschihadisten, geht man inzwischen von 100000 bis 200000 IS-Kämpfern aus, eine rasante und besorgniserregende Entwicklung.

Der IS hat es geschafft, einen Staat aufzubauen, ein Territorium zu beherrschen – und dadurch weltweit Sympathisanten zu gewinnen, die an der Errichtung eines wahren islamischen Staates – der Schaffung einer in ihren Augen wahrhaft großen Sache – mitwirken wollen. Das begeistert muslimische Jugendliche, insbesondere wenn sie sich in ihren Herkunftsländern als benachteiligt und diskriminiert empfinden. Die wichtigste Regionalmacht Saudi-Arabien hat kein primäres Interesse daran, den IS zu vernichten. Davon würde nämlich die schiitische Regierung im Irak profitieren – und die ist wiederum verbündet mit dem Iran. Ähnlich sieht das die Türkei, die in Syrien vor allem auf einen Sturz von Baschar al-Assad setzt und kein Interesse daran hat, dass die vom IS angegriffenen Kurden zu stark werden.

Die Vereinigten Staaten sitzen in der Zwick­mühle. Im Irak gehen sie gemeinsam mit der schiitischen Führung und dem alten Gegner Iran gegen den IS vor. In Syrien lehnt man ein solches gemeinsames Vorgehen mit dem Assad-Regime noch ab und ermöglicht so dem IS weitere Eroberungen. Andererseits wird der Druck auf die USA, Bodentruppen zu entsenden und die Luftschläge zu intensivieren, immer stärker. Viele sehen die US-amerikanische Besetzung des Iraks und den Sturz von Saddam Hussein als Geburtsstunde des IS an. Erst die ausgemusterten Baath-Kämpfer Saddams, die zu Tausenden zum IS übergelaufen sind, haben diesen so stark gemacht. Sie stellen bis heute die militärischen Kommandeure des IS. Die irakische Armee ist praktisch zusammengebrochen. Dennoch ist bislang die einzige Antwort von US-Präsident Barack Obama, 200 Panzerabwehrraketen zusätzlich in den Irak zu schicken – mit dem erheblichen Risiko, dass diese auch wieder in die Hände des IS fallen. Bodo Bost


MELDUNGEN

»Wahrer Finne« Außenminister

Helsinki – Finnlands neuer Außenminister ist Timo Soini von der rechtskonservativen Partei „Wahre Finnen“, die aus den Parlamentswahlen im April als zweitstärkste Fraktion hervorging. Soini nennt sich selbst einen „kritischen Freund Europas“. Die Mitgliedschaft in der EU steht für den auf die volle Souveränität seines Landes pochenden Soini nicht zur Disposition, aber er fordert von der Gemeinschaft, sich zu ändern. Ein radikaler Kurswechsel in der Außenpolitik ist nicht zu erwarten. Die „Wahren Finnen“ gelten als volksnah und sind daher sehr populär. Auch Soini selbst ist bei den Finnen sehr beliebt. M.H.

 

Thorning-Schmidt holt auf

Kopenhagen – Dänemarks Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt hat die Parlamentswahlen für den 18. Juni angesetzt. In den Umfragen hat Thorning-Schmidt in den vergangenen Wochen deutlich aufgeholt. Zwei Umfragen in der vorigen Woche zufolge könnte ihre Sozialdemokratische Partei mit 26 Prozent stärkste Kraft werden, gefolgt von den oppositionellen Liberalen und der Dänischen Volkspartei mit jeweils 20 Prozent. Demnach käme die regierende Mitte-Links-Koalition aus Sozialdemokraten und Sozialliberalen auf 48 Prozent, die Mitte-Rechts-Opposition auf 52 Prozent der Stimmen. Politische Beobachter, die bereits von einem „späten Durchbruch“ für die Regierungschefin sprechen, gehen davon aus, dass sie bis zum Wahltag noch um einige Prozentpunkte dazugewinnen wird. Ihr rechtsliberaler Gegenspieler, der bei seinen Landsleuten ohnehin äußerst unbeliebte ehemalige Ministerpräsident Lars Lokke Rasmussen, dürfte dagegen weiter deutlich in der Gunst der Wähler verlieren. M.H.


S. 7 Wirtschaft

Experte: Im Oktober kracht’s
Alles eine Blase: Aktien, Immobilien, Anleihen, Derivate sowieso – der Wohlstand der Welt wankt

Droht im Herbst der größte Börsen-Krach seit Generationen? Etliche Zeichen deuten auf Ereignisse, die unseren Wohlstand in den Grundfesten erschüttern könnten.

Gerade erst hat es sein bewegtes Leben auf die Kino-Leinwand geschafft. „The Forecaster“ (Der Vorhersager) ist ein Börsenkrimi um den schillernden Wertpapierhändler Martin Armstrong. Als junger Mann hat er in den 70er Jahren eine Formel entwickelt, nach der sich Börsenzusammenbrüche angeblich zuverlässig vorausberechnen lassen. Sein nächstes Datum für den Einsturz der Kurse ist der 17. Oktober 2015.

Man könnte diese Prognose zu all den anderen Untergangsprophezeiungen werfen, die ununterbrochen durch die Medien geistern und fast alle immer falsch liegen. Doch es gibt einen Haken: Armstrong hat seit 1987 schon mehrere dramatische Kurseinbrüche beängstigend zuverlässig vorausgesagt. An seiner Formel könnte also etwas dran sein.

Doch selbst das lässt die allermeisten Menschen weiter ruhig schlafen: In dem Wissen, keine oder nur sehr wenig eigene Aktien zu besitzen, halten sie einen Börsen-Krach für ein Risiko, das nur andere trifft. Das letzte Mal, dass ein solches Ereignis die ganze Welt in den Abgrund riss, war 1929, das wiederholt sich nicht, glauben viele.

Genau hier aber könnten sie erstmals seit Jahrzehnten gründlich falsch liegen. Nicht allein Armstrong, es sind mittlerweile zahlreiche Experten, die vor einem bevorstehenden Zusammenbruch des gesamten Finanzsystems warnen, mit brutalen Folgen für jedermann. Der Grund für die neue Dimension ist vor allem: Nie waren die Schulden weltweit so hoch, und nie waren die Spekulationsblasen so gigantisch wie heute. Allein seit dem Jahr des jüngsten Beinahe-Zusammenbruchs des Weltfinanzsystems 2008 sind die weltweiten Schulden um gewaltige 40 Prozent auf 200 Billionen US-Dollar angewachsen, also in nur sieben Jahren. Zum Vergleich: Die gesamte deutsche Jahreswirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt, kurz BIP) umfasst 3,6 Billionen US-Dollar, die der USA, der größten Volkswirtschaft der Welt, etwa 15 Billionen.

Wie kam es zu dem rasanten Anstieg der Schulden? Um die Krise unter Kontrolle zu bekommen, senkten die Notenbanken ab 2008 die Zinsen auf nahe Null oder darunter und druckten Geld. Mit beiden Maßnahmen sollte die Realwirtschaft angekurbelt werden. Die Länder sollten aus den damals schon astronomischen Schulden „herauswachsen“.

Stattdessen landeten die Tausenden von Milliarden als Spekulationsgeld in den Märkten für Aktien, Anleihen, Immobilien und den berüchtigten Derivaten. All deren Preise stiegen und steigen derzeit noch weiter. Und vieles, viel zu vieles, wurde auf Pump finanziert, weil die Zinsen rekordartig niedrig sind und der „Wert“ des Erworbenen ja immer weiter steigen würde.

So etwas ist in der Geschichte noch nie gut gegangen. Um aber einen Absturz zu verhindern, sehen sich die Notenbanken gezwungen, weiter Geld zu drucken und die Zinsen im Keller zu halten. Ansonsten müssten sie etwa fürchten, dass Schuldner, die auslaufende alte Kredite mit neuen Krediten „refinanzieren“ müssen, zahlungsunfähig würden. Das Szenario kann am Beispiel Griechenlands gut studiert werden: Um den Offenbarungseid zu vermeiden, dass alle bislang gewährten Kredite verloren sind, billigen die Gläubiger den Griechen immer neue Gelder zu. Das Verhängnisvolle ist nur, dass damit die Kreditblase immer weiter aufgeblasen wird, wie schon an der globalen Verschuldungsentwick­lung der vergangenen sieben Jahre abzulesen ist. Irgendwann aber platzt jede Blase, das liegt in der Natur der Märkte seit alters her.

Diesmal könnte es für alle gefährlich werden, auch für den Otto Normalverbraucher ohne Aktiendepot. Lebensversicherungen, private Zusatzrenten wie die betriebliche oder die Riesterrente ebenso wie berufsständische Pensionskassen basieren größtenteils auf Anleihen, besonders auf Staatsanleihen. Diese galten bislang als besonders sicher und daher hervorragend geeignet für langfristig stabile Anlagen – etwa für die Altersversorgung.

Was dabei leicht aus dem Blick gerät: Auch Anleihen werden an der Börse gehandelt und folgen den Gesetzen des Finanzmarkts, auch sie sind jetzt Teil der Spekulationsblase. Für den kommenden Crash fürchten Experten daher auch einen Einbruch bei den Anleihen, einen „Bond-Crash“ (Bond = Anleihe).

Der Grund: Wie die abnorme Zahl von 200 Billionen US-Dollar Weltverschuldung aufzeigt, lebt ein Großteil der Menschheit in einem Scheinwohlstand. Konkret: Die Ansprüche, die die Bürger über ihre in Anleihen angelegten Renten, Pensionen und Kapitallebensversicherungen besitzen, sind in ihrer Gänze gar nicht mehr einlösbar, ebenso wie die Ansprüche der Gläubigerstaaten gegen Griechenland.

Wie sich ein Anleihe-Crash, verbunden mit einem rabiaten Einbruch bei den Preisen für andere Wertpapiere und Immobilien für den Einzelnen auswirkt, ist schwer abzusehen und von der individuellen Lage abhängig. Noch schwieriger sind Empfehlungen zur Vorsorge.

Die enge Verklumpung von Regierungen und Finanzbranche lässt jedoch vermuten, dass Politik und Notenbanken alles tun werden, um die großen Finanzhäuser zu retten, auch auf Kosten der einfachen Bürger und Sparer. So werten Beobachter die bizarre Debatte über ein Bargeld-Verbot (die PAZ berichtete) ebenso als Warnsignal wie öffentliche Gedankenspiele des Internationalen Währungsfonds (IWF) und prominenter Ökonomen über eine pauschale Vermögensabgabe auf jedwedes Privateigentum. Für die Folgen des Spekulations-Kasinos sollen demnach ausgerechnet diejenigen bluten, die sparsam waren und gar nicht teilgenommen haben an dem Spiel, weil nur bei ihren noch etwas zu holen ist.

Wenn Martin Armstrong recht behalten sollte, könnten ab diesem Herbst schlimme Überraschungen auf die Bürger zukommen. Hans Heckel


Kopierrepublik China
Aus dem Kunden von gestern wird der Konkurrent von morgen

Über Gemeinschaftsunternehmen haben Bahnhersteller wie Siemens lange Zeit gute Geschäfte in China gemacht, obwohl offensichtlich war, dass dabei ein schleichender Technologietransfer stattfindet. Inzwischen werden die Folgen dieser Herangehensweise immer deutlicher. Mit westlicher Hilfe haben die chinesischen Hersteller von Schienenfahrzeugen so stark aufgeholt, dass sie westliche Anbieter vom Weltmarkt drängen.

Wie grundlegend der Wandel ist, macht die Ankündigung der Deutschen Bahn deutlich, künftig Züge und Ersatzteile in China kaufen zu wollen. Wie von der Deutsche Bahn mitgeteilt wurde, soll schon bis zum Herbst ein Einkaufsbüro in Peking eingerichtet werden. Mit dem Schritt erhöht die Bahn den Druck auf deutsche Hersteller.

Produzenten moderner Zugtechnik wie Siemens, Alstom, Bombardier oder das japanische Unternehmenskonsortium Japan Rail (JR) müssen sich allerdings noch auf weit mehr gefasst machen. Die beiden größten chinesischen Zughersteller CSR Corporation Limited und China CNR Corporation haben nicht nur technologisch stark aufgeholt. Druck der Führung in Peking hat auch dazu geführt, dass beide Unternehmen schon Ende vergangenen Jahres ihre Fusion bekanntgegeben haben. Bei dem entstandenen Megaunternehmen namens „China Railway Rolling Stock Corp.“ (CRRC) handelt es sich um den größten Produzenten von Bahntechnik weltweit. Weiteres Wachstum ist bereits absehbar. Medienberichten zufolge laufen intensive Verhandlungen mit den USA, Russland, Indien und weiteren Staaten über Zugexporte.

Als akut gefährdet gilt für westliche Bahnhersteller inzwischen der indische Markt. Speziell für den deutschen Bahnhersteller Siemens kann der Aufstieg der Chinesen als selbstverschuldetes Fiasko gewertet werden. So warnte bereits vor Jahren die „Wirtschaftswoche“, dass der Konzern, gelockt von der Aussicht auf gigantische Umsätze, alle Konditionen der kommunistischen Kader in Peking akzeptiert habe. So hatte Chinas Regierung etwa im Jahr 2005 ausländische Konzerne dazu eingeladen, 60 Züge für die Strecke Peking–Tianjin zu liefern. Eine Bedingung für das Geschäft: Die Züge sollten in China hergestellt werden. Siemens gewann den Auftrag in Höhe von umgerechnet 669 Millionen Euro. Allerdings wurden nur drei der Züge in Deutschland hergestellt. Der größte Teil des Lieferung, nämlich 57 Züge, musste in China gefertigt werden, so die damalige Bedingung Pekings. Siemens liefert dazu die Teile, die in einem Gemeinschaftsunternehmen mit CNR im Reich der Mitte zusammengesetzt werden. Teil der Vereinbarung war ebenfalls, dass Siemens für die Ausbildung von 1000 Fachkräften bei CNR sorgt. Bereits im folgenden Jahr wurde die Kehrseite des Geschäfts deutlich. Peking vergab einen weiteren Großauftrag über 100 Zügen, diesmal allerdings direkt an den Siemens-Partner CNR. Die Deutschen durften nur noch einzelne Komponenten zuliefern. Offiziell gilt der unter dem Namen CRH380 gebaute Zug als chinesisches Erzeugnis. Eine Forderung von Siemens auf zusätzliche 390 Millionen Euro für die Rechte an der Technik wurde vom Eisenbahnministerium in Peking am Ende mit einer Zahlung von lediglich 80 Millionen Euro für den Technologietransfer beantwortet. Norman Hanert


MELDUNGEN

Immer mehr Banknoten

Frankfurt – Allen Bemühungen zur Abschaffung des Bargeldes zum Trotz nimmt die Anzahl der Banknoten weiter zu. Nach Angaben der Europäischen Zentralbank waren Ende 2013 etwa 17 Milliarden Euro-Banknoten im Umlauf. Das sind mehr als doppelt so viele wie bei der Einführung der Gemeinschaftswährung 2002. Der Wert der ausgegebenen Geldscheine stieg im selben Zeit­raum von 200 Milliarden auf eine Billion Euro. Am häufigsten im Verkehr ist mit 42 Prozent aller Noten der 50-Euro-Schein. Außerdem waren Ende 2013 rund 106 Milliarden Euro-Münzen im Wert von 28 Milliarden Euro im Umlauf. J.H.

 

Strompreis am zweithöchsten

Luxemburg – Das EU-Statistikamt Eurostat hat ermittelt, dass die Privathaushalte in Deutschland den zweithöchsten Strompreis in der EU zahlen. Danach mussten die Haushalte im zweiten Halbjahr 2014 für 100 Kilowattstunden Strom im Durchschnitt 29,30 Euro zahlen. Über die Hälfte des Strompreises kassiert dabei der Staat in Form von Steuern und Abgaben. Der durchschnittliche Preis für Haushaltsstrom lag in der EU bei 20,80 Euro. U.M.


S. 8 Forum

Gerontokratie
von Harald Tews

Das verstehe einer: Erst lässt sich Sepp Blatter zum Fifa-Chef wählen, dann tritt er völlig überraschend zurück. Ein konsequenter Schritt, wenngleich er viel zu spät kam. Lange genug hatte er das Weltunternehmen Fifa als Alleinherrscher geleitet. Dass er auf den Korruptionsvorwürfen ausgerutscht ist, liegt wohl in der Natur der Sache. Staaten, die ähnlich totalitäre Ziele verfolgen wie die Fifa mit ihrem Ansprach auf die weltweite Alleinvermarktung des Fußballs, können ein Lied davon singen. Da passt es ins Bild, dass sich Blatter mit 79 Jahren noch jung genug fühlte, um die Fußballmacht Fifa ursprünglich fünf Jahre weiter regieren zu wollen.

Haben nicht auch Breschnew, Tito, Ceaucescu oder Honecker bis zum bitteren Ende durchgehalten? Gerontokratie nennt man eine solche Herrschaft alter Männer, und diesem patriarchalischen „Ideal“ nähert sich nun auch die Fifa auf gefährliche Weise an. Gefährlich deshalb, weil allen genannten Staatslenkern eine Erfahrung gemeinsam ist: Halsstarrigkeit, Stillstand und ein in allen Nischen ausgebreiteter Korruptionssumpf. Wohin das führte, weiß jeder: zu Revolution und dem Zerfall ganzer Staaten.

Halsstarrig, wie man nur sein kann, wies Blatter jeden Rat der Kritiker zurück, auf eine Wiederwahl nach 17 Amtsjahren zu verzichten. Er sonnte sich im Glanz jener Claqueure, denen es gut geht, solange ihr Sonnenkönig an der Macht ist. Die mutmaßlich gekaufte Liebe dieser meistens aus Afrika und kleinen Karibikstaaten stammenden Hofschranzen hat dank des korrupten Systems einen Personenkult um Blatter geschaffen, mit dem jeder Kritiker mundtot gemacht wird.

So geriet die Wiederwahl Blatters zur Farce. Der einzige Gegenkandidat, ein aus dem Fußball-Entwicklungsland Jordanien stammender Prinz, war nur der Alibi-Opponent in dieser Scheindemokratie. So wird mit Blatters Neuwahl weitere fünf Jahre Stillstand herrschen, in dem nur das Geld regiert und sich Staaten eine Weltmeisterschaft kaufen können, die es sich leisten können wie die Russen 2018 oder die Katarer 2022. Hätten die Grönländer genug Geld, gäbe es 2026 eine WM mitten im Eis.

Dass die Qualität des Fußballs auch unter diesem kommerziellen Primat leidet, ist Blatters Verdienst. Und die Fans leiden mit. In Katar, so viel scheint festzustehen, werden die meisten Stadien nur halb gefüllt sein. Welcher Fan will da schon hin und für Stimmung sorgen?

Angesichts solcher abstruser Fifa-Entscheidungen ist es kein Wunder, dass Europas Fußballverbände einen Boykott von Weltmeisterschaften erwägen. Die Basis begehrt auf. Aber wird es auch zur Revolution kommen? Wird die Fußballmacht Fifa zerbrechen, wenn andere Verbände wie zum Beispiel die Uefa eine alternative WM veranstalten? Was das für Folgen hätte, sieht man beim Boxen, wo es bereits vier große Verbände gibt, die jeweils einen Weltmeister stellen. Wenn man auch beim Fußball bald den Überblick verlieren sollte, dann war das auch dem gerontokratischen Alleinherrschersystem Blatters zu verdanken. Gut, dass es vorbei ist.


Künstliche Aufregung
von Jan Heitmann

Eigentlich gilt der norwegische Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg als besonnen und Freund leiser Töne. Umso bemerkenswerter ist es, dass er sich bei seinem Besuch in Washington fast schon in Kriegsrhetorik erging. Er erklärte, die Nato werde „die Unabhängigkeit aller europäischen Länder“ aufrechterhalten. Explizit nannte er dabei die Ukraine, Georgien und Moldawien. Der Terminus „alle europäischen Länder“ beinhaltet also auch die, die sich dafür entschieden haben, dem Bündnis fernzubleiben und nichts zur gemeinsamen Sicherheit Europas beizutragen. Diesen gegenüber besteht keine Beistandsverpflichtung seitens der Nato. Dementsprechend haben sie auch keinen Anspruch auf Schutz durch das Bündnis. Zudem gehören die drei von Stoltenberg genannten Länder zu der von Russland reklamierten Sicherheitszone, was seiner Äußerung zusätzliche Brisanz verleiht. Stoltenbergs Worte sind Ausdruck einer Machtanmaßung.

Er begründet diese mit der „zunehmend aggressiven Haltung Russlands“ und „Putins atomaren Muskelspielen“. Wer uns ernsthaft weismachen will, wir hätten uns vor Putins Atomwaffen zu fürchten, macht sich lächerlich. Putin, der keineswegs aus einer Position der strategischen Stärke heraus handelt, ist für große Worte und Drohgehabe bekannt. Sein Gedankenspiel, atomwaffenfähige Flugkörper nach Königsberg zu verlegen, darf man daher getrost in der Rubrik Kinnmuskelspannerei ablegen. Vor allem ist Putin kein Dummkopf. Er weiß, dass man mit Atomwaffen nicht spielt. Wie bei seinen Vorgängern im Kreml während des Kalten Krieges wirkt auch bei ihm die Selbstabschreckung, also die Angst vor der Reaktion des Gegners, die zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Massenvernichtungswaffen führt.

Auch Stoltenbergs Empörung über russische Großmanöver ist nicht überzeugend. Jedes Land hat das Recht, auf seinem Territorium Übungen abzuhalten, soviel es will, sofern es dabei nicht die Grenzen anderer Länder verletzt. Außerdem ist die Nato in dieser Hinsicht keinen Deut besser als Russland. Ein Blick in ihren Übungs-Kalender verrät, dass sie selbst seit vielen Monaten permanent zu Lande, zur See und in der Luft im Manöver ist, auch an den Land- und Seegrenzen zu Russland.

Stoltenbergs Worte sind nichts als künstliche Aufregung, um ein Bedrohungsszenario zu konstruieren und Teil eines fragwürdigen Machtspiels mit wechselseitigen Drohgebärden.


Frei gedacht
Warum Deutschland wirklich ausstirbt
von Eva Herman

Eine Nachricht war es, die unser Land aktuell wie Donnerhall hätte durchdringen müssen: In Deutschland werden weltweit die wenigsten Kinder geboren! Mit anderen Worten: Das Land stirbt aus. Wenn jetzt einer einwenden will, dass ja genügend Zuwanderer kommen, so sei ihm mitgeteilt, dass bei der aktuellen Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO und des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts die Gebärtätigkeit unserer ausländischen Mitbürger bereits eingerechnet ist. Es bleibt also dabei: In Deutschland werden so wenige Kinder geboren wie auf der ganzen übrigen Welt nicht. Genauer gesagt, sind es 8,3 Kinder, die auf 1000 Einwohner kommen. Pro Jahr.

Was heißt das? Eigentlich nichts anderes, als dass unsere Kultur nun relativ schnell den Bach runtergeht. Dies interessiert heutzutage jedoch nicht mehr allzu viele Leute, wie ich schon vor Jahren feststellte. Als ich 2012 in einer österreichischen Diskussionssendung über diese Entwicklung sprach, raunzte mich ein linker Aktivist an, der eine Mutter mehrerer Kinder, die aus Kamerun stammte, begleitet hatte: Ich würde ihre afrikanischen Landsleute diskriminieren, die doch schließlich jetzt herüberkämen, um das Ruder zu übernehmen. Mit anderen Worten: Ihr könnt ruhig aussterben, für Euch gibt es genügend Ersatz. Damals fragte ich mich, ob dies keine Diskriminierung gegenüber den Deutschen sei, aber, wie gesagt, die Frage interessierte damals niemanden, und heute schert sich ohnehin kein alter Hund mehr darum.

Seit mehr als zehn Jahren beschäftigen mich Fragen wie: Warum ist Deutschland so kinderfeindlich? Warum wird hier der kleinste Kern der Gemeinschaft, die Familie, systematisch zerstört? Warum werden Mütter diffamiert, warum erhalten sie keine Anerkennung, weder gesellschaftlich, noch finanziell? Wer solche Fragen stellt, wird schnell und ohne Umschweife in die rechte Ecke gestellt, meinen doch die politisch korrekten Gutmenschen, dass gerade die Mutter in der dunklen Zeit Deutschlands hochverehrt worden sei. Doch dies ist weit gefehlt: Neben dem billigen Propaganda-Instrument des Mutterordens begann genau dort der Leidensweg der deutschen Mutter und ihrer Kinder – und damit auch der Männern; somit entstand auch die Kinderfeindlichkeit, die heute, 80 Jahre später, all ihre demoralisierenden Auswirkungen zeigt. Wie man weiß, schrieb ich über dieses Thema einige Bücher, ich forschte, untersuchte, recherchierte. Die von mir veröffentlichten Resultate waren derartig verheerend, dass das System mich so schnell wie möglich aus selbigem entfernen wollte, was dann auch geschah. Mit allen Mitteln suchte man eine öffentliche Diskussion über die wahren Gründe zu verhindern. Aber die Wahrheit lässt sich stets nur eine Zeitlang vertuschen, sie wird sich immer ihren Weg suchen, auch wenn es manchmal etwas länger dauert. Wer also ernsthaft wissen will, was hier in Deutschland dazu führte, dass die Bevölkerung ihre eigene Zukunft ablehnt, sich selbst als nicht mehr lebenswert zu betrachten scheint, der muss sich in die tiefsten Abgründe unserer Geschichte begeben, in die Nazizeit. Hier nahm man einst flächendeckend die rigorose Trennung von Müttern und ihren Babys vor. Doch was hat das mit der heutigen, niederschmetternden Geburtenrate zu tun? Fragen wir einmal Anatoli Lunatscharski (1875–1933), marxistischer Kulturpolitiker Russlands, der unter dem Kommunisten-Idol Wladimir Lenin als Volkskommissar für das Bildungswesen fungierte. Er offenbarte vor fast 100 Jahren, was bei den Nazis dann ganz konkret ins Familienprogramm aufgenommen und stringent umgesetzt wurde: „Unsere jetzige Aufgabe ist die Zerstörung der Familie und die Ablösung der Frau von der Erziehung ihrer Kinder. Wenn wir in unseren Gemeinschaftshäusern gut vorbereitete Abteilungen für Kinder organisiert haben, ergibt es sich zweifellos, dass die Eltern ihre Kinder von allein dorthin senden werden, wo sie durch medizinisch und pädagogisch qualifiziertes Personal überwacht sind.“

In „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ legte die 1900 geborene, überzeugte Nazi-Autorin Johanna Haarer eine umfassende Anleitung vor, wie Mütter mit ihren Kindern umgehen sollten. Das schaurige Werk erschien erstmals 1934 und wurde bis zum Ende des Krieges mehr als eine halbe Million Mal verkauft. 1936 kam „Unsere kleinen Kinder“ auf den Markt, ebenfalls ein Bestseller. Es wurde das Grundlagenwerk der „Reichsmütterschulung“ und galt als wegweisend bis in die 80er Jahre. Zwei Gedanken prägten Haarers Bücher: die physische Trennung von Mutter und Kind und die emotionale Distanz. Eindringlich warnte sie vor einem „Übermaß an Liebe“ und empfahl, den Säugling einzig zum Stillen in den Arm zu nehmen. Wenn das Baby schreit, lautete die Devise: „Schreien lassen, das stärkt die Lunge!“ „Liebe Mutter, werde hart“, gab Haarer zu verstehen. „Fange nur ja nicht an, das Kind aus dem Bette herauszunehmen, es zu tragen, zu wiegen, zu fahren oder es auf dem Schoß zu halten.“ Die Schriften Haarers degradierten Kinder systematisch zu widerspenstigen Störenfrieden. „Kleine Nichtsnutze“ nannte sie den Nachwuchs, Erziehung war für sie der Kampf gegen den Willen des Kindes. Alle elementaren Gefühle wurden als „Affenliebe“ eingestuft. Im Zentrum der Mutter-Kind-Beziehung stand für Haarer das Postulat, das Kind zur „Selbstständigkeit“ zu erziehen. Was damit gemeint war, ist klar: Es ging, genau wie im Kommunismus, auch bei den Nazis darum, bindungslose Kinder heranzuziehen, die sich früh in das ideologische Erziehungssystem integrieren ließen. Soldatische Tugenden wie Disziplin und Gehorsam wurden den Kindern vom ersten Schrei an abgefordert, das Bereitstellen von Nachwuchs, der sich mühelos in das System eingliedern ließ, war oberstes Gebot. Das Kind der Nazizeit wurde in einem ständigen Spannungszustand gehalten, seine existenziellen Bedürfnisse wurden permanent mit Füßen getreten. Das frühe Ersterbenlassen eigener Gefühle musste schließlich zum inneren Todsein, führen. Wer nie die Liebe erfuhr als Kind, die er braucht, der wird niemals richtig lieben können, weder sich selbst, noch andere.

Die Nazi-Theorien Haarers prägen bis heute die Mütter, damit auch die Kinder und Kindeskinder, die seit dieser Zeit geboren wurden – und die selbst Mutter wurden. Das muss man wissen, wenn man sich fragt, warum Frauen heute offenbar leichten Herzens dazu bereit sind, ihre Babys in fremde Hände wegzugeben, um wieder zu arbeiten. Viele spüren den Schmerz nicht einmal mehr. Der später aufgekommene Feminismus, angeführt von Chef-Emanze Alice Schwarzer, rück­te die von den Nazis vorbereiteten Bahnen der Familienauf­lösung endgültig in die gewünschte Richtung.

Und nun? Noch lamentieren die Obersten, noch lassen sie diffuse Ideen kursieren, um angeblich etwas zu ändern. Doch es wird nichts mehr werden damit, denn es ist zu spät. Wir sind nicht eine Gesellschaft des Lebens, sondern des Sterbens geworden, aber, das stört ja keinen alten Hund mehr.

Zu träge sind wir, zu müde offenbar, um zu widersprechen. Gerne sage ich am Ende meiner Aufsätze etwas Hoffnungsvolles, doch heute will mir einfach nichts mehr einfallen.


S. 9 Kultur

Auf Nebenwegen zum Ziel
Der kauzige »Ikarus vom Lautertal« − Gustav Mesmer und seine gänzlich flugunfähigen Flugfahrräder

Wovon träumt ein kreativer Kopf, wenn er jahrelang in der Psychiatrie eingesperrt war? Von Freiheit. Auf mit Muskelkraft betriebenen geflügelten Fahrrädern wollte der Konstrukteur Gustav Mesmer sein großes Ziel erreichen. In Fried­richshafen am Bodensee ist dem Visionär jetzt eine facettenreiche Schau gewidmet.

„Ich habe mir die Aufgabe gemacht u. Sie gestatten gefällig: das Forschen in der Luftzeugintustrie.“ So stellte sich Gustav Mesmer (1903–1994) in einer seiner „Flugforschungsschriften“ dem Publikum vor. Die abenteuerlichen Ergebnisse seiner Forschungen sind im Zeppelin-Museum Friedrichshafen zu erleben. Alte Fahrräder, deren Flügel mit Plastikfolie bespannt sind. An den Armen zu montierende Schwingenflügel aus Materialien von der Müllhalde. Abgelatschte Schuhe, unter denen Sprungfedern befestigt sind.

So ausgerüstet, sorgte der Kauz in seinen späten Jahren auf der Schwäbischen Alb für Furore. Dass seine Flugversuche erfolglos blieben, war egal. Sie trugen ihm trotzdem den Titel „Ikarus vom Lautertal“ ein. Zeitungsartikel, Rundfunkbeiträge und Filme machten ihn weithin bekannt. Und zwei Jahre vor seinem Tod nahm er mit einem seiner Flugfahrräder sogar in der Abteilung „Der Traum vom Fliegen“ an der Weltausstellung in Sevilla teil.

Im Zeppelin-Museum werden Leben und Werk des im oberschwäbischen Altshausen geborenen Tüftlers und Künstlers so ausführlich wie noch nie vorgestellt. Die Schau ist Prototyp eines neuen Ausstellungskonzepts, das die voriges Jahr vom Kunstpalais Erlangen nach Friedrichshafen gewechselte Museumsleiterin Claudia Emmert entwickelt hat.

Die Jahreshauptausstellung vereint ab sofort Kunst und Technik, was den beiden Sammlungsschwerpunkten des Museums entspricht. Im ersten Teil der von Sabine Mücke kuratierten Schau ist Mesmer daher mit seinen Konstruktionszeichnungen vertreten, die etwa mit aufgespannten Regenschirmen, beweglichen Schwingen oder zeppelinähnlichen Flugblasen ausgerüstete Fahrräder zeigen. Hinzu treten erläuternde Texte und verwirklichte Fluggeräte. Im zweiten Teil wird er als Künstler präsentiert. Da gibt es Aquarelle zu sehen, auf denen seine bevorzugt mit Muskelkraft angetriebenen Flugapparate über schöne Landschaften gleiten und Porträts, die seinen Vater und seine Geschwister darstellen. Sein merkwürdigstes Bildnis harrt noch der Deutung. Es zeigt das gut getroffene Konterfei Hitlers. Der schaut wehleidig gedankenverloren drein, während ihn Mesmers seltsame Fluggeräte um­schwirren.

Mesmer selbst tritt auf einem seiner Bilder als „Bruder Alexander“ auf. Unter diesem Namen verbrachte er nämlich ab 1921 sechs Jahre im Kloster Beuron, aus dem er dann wegen seiner eigenmächtigen religiösen An­sichten verwiesen wurde. In seiner 1962 selbst verfassten „Biografie unbekannt. Von einer Person, deren Lebensweg durch Orden wie Psych. Krankenhaus führt“ schilderte er sein Schicksal und seine Privatreligion. Seine Aufzeichnungen enden mit dem Satz: „Göttliche Ehre gebürt uns Menschen, Anbeten solt ihr Euch gegenseitig Als Gottes größen, Da ist der Thron des Menschen, Ewiglich würdig, Gustav Mesmer.“ Die eigenwillige Rechtschreibung ist darauf zurückzuführen, dass er nur vier Schuljahre absolvierte. Mesmer machte dafür die langwierige Genesung nach zwei schweren Halsoperationen sowie den durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs be­dingten Einsatz invalider, schlecht ausgebildeter Aushilfslehrer verantwortlich und konstatierte: „Wo die Schule versagt, geht das ganze Leben einen Nebenweg.“

Zunächst arbeitete der aus einer Familie mit zwölf Kindern stammende Mesmer als „Verdingbub“ auf Bauernhöfen. Nachdem er aus Kloster Beuron verwiesen worden war, unterlief ihm 1929 ein folgenschwerer „religiöser Unfall“, wie er es nannte: „Am Abendmahltag trat ich in die Nachbar Kirche (Evangl.) Bekam eine Übernachtung, Predigte, wurde Abgeführt.“ Mesmer wurde in die Psychiatrie des Klosters Schussenried eingewiesen, die ihn heute mit Stolz ihren „berühmtesten Patienten“ nennt.

In Schussenried bescheinigte man ihm damals Schizophrenie und Erfinderwahn, denn er be­gann, Fluggeräte zu entwerfen: „Hat eine Flugmaschine erfunden, gibt entsprechende Zeichnungen ab.“ Nachdem er auf eigenen Wunsch 1949 in das Psychiatrische Landeskrankenhaus Weißenau verlegt worden war, begann Mesmer, auf der Grundlage seiner Entwürfe in der ihm zur Verfügung gestellten Werkstatt Fluggeräte zu bauen.

Wiederholt stellte Mesmer An­träge auf Entlassung aus der „Schädel-Invaliden-Anstalt“, denn er wollte auf eigenen Füßen stehen und eine „Geschäftsfrau“ an­werben, „was aber von der An­stalt sehr streng verboten“. Dem Einsatz von Familienangehörigen ist es zu verdanken, dass er 1964 in das Landheim Buttenhausen auf der Schwäbischen Alb entlassen wurde. Dort konnte er sich endlich frei entfalten, arbeitete als Korbmacher, baute und erprobte unter großem Hallo der Bevölkerung seine Flugfahrräder und Schwingenflügel. Doch damit nicht genug. Die neue Freiheit beflügelte ihn zu weiteren kreativen Höhenflügen, wie die Schau erweist. Mit Wort und Bild stellt Mesmer seine Fluggeräte in einem „Tageslichtfilm“ vor, produziert auf der Rück­seite aneinander geklebter Tapetenrollen. Er montierte Musikinstrumente wie die „Doppelhalsgitarre“ und „Wortmaschinen“ aus Metallstücken und anderen Materialien auf Holz, die beim An­schlagen mit den Fingern lautmalerisch ein Wort von sich geben, beispielsweise „Lüften“.

Auch um die Sicherheit im Straßenverkehr machte sich Mesmer verdient, wie Kuratorin Sabine Mücke berichtet: „Er empfahl die Haftpflicht des Wirtes bei von betrunkenen Gästen verursachten Unfällen sowie die Anmeldung von Mitfahrgelegenheiten.“ Mesmer wollte etwas Eigenständiges schaffen, das ihn nach seinen Worten „größeren Weltweiten be­kannt machte“. Der Sonderling hat auf Nebenwegen sein Lebensziel erreicht. Veit-Mario Thiede

Bis 28. Juni im Zeppelin-Museum, Seestraße 22, Friedrichshafen. Geöffnet Dienstag bis Sonntag 9 bis 17 Uhr. Telefon (07541) 38010, Internet: www.zeppelin-museum.de


Strahlende Aussage
Regisseur als »Kameramann« − Wim Wenders zeigt in Düsseldorf großformatige Fotografien

Als Filmemacher gilt der in Düsseldorf geborene Wim Wenders als ein Weltstar. Seine Filme wie „Der Himmel über Berlin“, „Pina“ oder „Paris Texas“ sind vielfach ausgezeichnet worden. Eine weniger bekannte Kunstfertigkeit des 69-Jährigen ist das Fotografieren. Weil der Künstler im August seinen 70. Geburtstag feiern kann, hat das Düsseldorfer „Museum Kunstpalast“ – quasi als Geschenk für den berühmten Sohn der Stadt – eine Ausstellung seiner Bilder organisiert. Gezeigt werden bis zum 16. August, Wenders Geburtstag eingeschlossen, rund 80 großformatige und großartige Fotografien des Meisters.

Wenders hat klar definierte Vorstellungen vom Fotografieren: Fotos würden millionenfach mit digitalen Aufnahmegeräten er­stellt, teilweise mit Bildbearbeitungsprogrammen am Computer „verschönert“ und „verbessert“ und zeigen schließlich, was gezeigt werden solle. Beispiel: Bewerbungsfotos oder Politikerbilder auf Wahlkampf-Plakaten.

Der Filmemacher und Fotograf Wenders dagegen fotografiert grundsätzlich nur mit analogen Kameras und Rollfilmen im Negativformat sechs mal 17 oder sechs mal sieben Zentimeter. Bei fast allen Aufnahmen verzichtet er auf Kunstlicht und auf ein Stativ. Seine Bilder nennt er bewusst und ausdrücklich „Photographien“ (mit „ph“). Eine „Photographie“ solle zeigen, was „wirklich und wahrhaftig da“ sei. Wenders’ Credo lautet: „Alles ist echt. Da ist nichts manipuliert.“

Bei den Aufnahmen rund um den zerstörten Atomreaktor Fukushima in Japan stellte Wenders nach der Entwicklung der Rollfilme fest, dass die Negative durch die Radioaktivität zerstört waren, „wie zerfressen, und (sie) zeigten alle dieselbe Sinuskurve. Auf dem Film war die unsichtbare Strahlung doch sichtbar geworden.“ Weil die Bilder aber trotz der Strahlenschäden „echt“ ge­blieben sind, fanden auch sie einen Platz in der Ausstellung.

Apropos Schäden und Zerstörung. Das Motiv taucht in zahlreichen Varianten auf: Autofriedhöfe, Indianerfriedhöfe, stillgelegte Eisenbahntunnel und verrottende Riesenräder werden von Wenders ebenso aufs Papier gebannt wie die skurrile, fast schon lustige Szene eines halb eingegrabenen Trabis in einem Garten in Mitteldeutschland. Eher bedrückend dagegen die Bilder von „Ground Zero“ nach dem 11. September 2001 in New York, die zeitnah im Oktober 2001 aufgenommen worden sind.

Der Ausstellungsbesucher be­kommt von Wenders den Charme des Maroden vermittelt. Aber auch Bilder mit unendlich er­scheinenden Landschaften, mit Meteoritenkratern und staubigen Wüstenpisten sind zu sehen. Alle seine Fotographien, so der Künstler, erzählen eine Geschichte.

Für die in Düsseldorf ausgestellten Bilder reiste Wenders zwischen 1976 und 2014 rund 400000 Kilometer rund um die Welt. Wenders: „Ich finde unseren Planeten so aufregend und möchte die Realität zeigen, wie ich sie gesehen habe.“

Vom Marktwert der Wenders’schen Photographien konnte man sich auf der Kunstmesse „Art Cologne“ überzeugen: Für 30000 Euro wurden dort einige Motive angeboten. Siegfried Schmidtke

Die Ausstellung „4 real & true 2. Wim Wenders – Landschaften. Photographien“ im Museum Kunstpalast, Ehrenhof 4–5, 40479 Düsseldorf läuft bis 16. August. Geöffnet Dienstag bis Sonntag 11–18 Uhr, Donnerstag bis 21 Uhr. Eintritt: 12 Euro. Sparda-Tag am 14. Juni: Eintritt frei. Der Katalog kostet im Museum 29,80 Euro


Kino: Österreichs »Mona Lisa«

2006 erwarb ein Sohn der Kosmetik-Magnatin Estée Lauder das Bild „Adele Bloch-Bauer I“ des Jugendstil-Künstlers Gustav Klimt für 135 Millionen Dollar. Es war bis dahin der höchste Preis, der je für ein Gemälde erzielt wurde. Das im goldfarbenen Mosaikstil gehaltene Porträt einer Wiener Industriellengattin hing zuvor über 60 Jahre lang in der Galerie Belvedere.

Wie es dazu kam, dass Österreichs „Mona Lisa“ ihre Heimat verlassen und nach New York um­ziehen musste, erzählt der gerade in den Kinos angelaufene Film „Die Frau in Gold“. Es geht – na­türlich – um die NS-Zeit, um Raub­kunst, Provenienz (Herkunft) und Restitution (Rückgabe). In dem auf einen wahren Fall beruhenden Film spielt Englands Schauspiel-Ikone Helen Mirren die in Los Angeles lebende Maria Altmann, eine Nichte Adele-Bloch-Bauers, die 1906 für das Klimt-Bild Porträt stand. Mit Hilfe eines eifrigen jungen Rechtsanwalts (Ryan Reynolds) zerrt Altmann den Staat Österreich bis vor das höchste US-Gericht, um die Rückgabe des Bildes zu erstreiten, das ihr nach ihrer Meinung als Erbin zusteht.

Dass der Fall etwas komplizierter ist, macht den Reiz der Ge­schichte aus. Es gibt zwei sich widersprechende Testamente. Die 1925 ge­storbene Adele verfügte, dass fünf in ihrem Besitz befindliche Klimt-Gemälde, darunter das be­rühmte Porträt, nach dem Tod ihres Mannes dem Wiener Belvedere übergeben werden sollten. Als nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich die Kunstsammlung des jüdischen Großindustriellen be­schlagnahmt wurde, ignorierte er den Wunsch seiner Frau und vermachte, da er selbst kinderlos blieb, die Werke den Kindern seines Bruders.

Während sich die Österreicher auf Adeles Testament beriefen, be­harrte Altmann auf das Testament des Onkels und klagte wegen Kunst­raub. Ein österreichisches Schiedsgericht gab ihr zuletzt recht.

Was nach einem Gerichtsthriller aussieht, entpuppt sich als Porträt zweier Personen und einer Ge­schichtsepoche. Dem Leben Altmanns und ihres Anwalts wird in Rückblenden das Leben der jungen Altmann und ihre Flucht während der NS-Zeit in Wien entgegengestellt. Zusammen wirkt es als ambitionierter Kontrast zwischen den Achsen des Guten und des Bösen, was sich auch in der Besetzung widerspiegelt: hier die von Deutschen gemimten Kunsträuber, dort die von internationalen Akteuren gespielten anständigen Leute. Einzig Helen Mirren zuliebe lohnt sich der Gang ins Kino. Harald Tews


MELDUNGEN

Junge Besucher aus Boston

Berlin − Das Boston Philharmonic Youth Orchestra gehört zur musikalischen Nachwuchselite der USA. Am 22. Juni sind die jungen Musiker erstmals in Deutschland zu erleben. In der Berliner Philharmonie treten sie mit Schostakowitsch, Dvorák und Bartók auf. Solistin in Dvoráks Konzert für Violoncello ist die erfahrene russische Cellistin Natalia Gutman. Karten ab 22 Euro unter der Telefonnummer (01806) 570070. tws

 

Schloss-Feier an der Alster

Hamburg − Am 12. Juni findet das Richtfest des wiedererrichteten Berliner Schlosses mit dem Humboldt-Forum statt. Die Berliner dürfen das in den beiden folgenden Tagen auf der offenen Baustelle als Volksfest feiern. Der Hamburger Freundeskreis des Fördervereins Berliner Schloss feiert dafür am 21. Juni im Ruderclub Favorite Hammonia, Alsterufer 9, ab 13.30 Uhr mit einer Matinee. Zu „Jazz, Lyrik und Schloss-Prosa“ wirkt der Schauspieler Ulrich von Bock und Polach mit. Anmeldung unter: g-krage@t-online.de. tws


S. 10 Geschichte

Sechs Fragen an die Vergangenheit
Political-Correctness-Fanatiker sollten weiterblättern. Dieser Blick auf den Zweiten Weltkrieg kommt ohne Scheuklappen aus

Deutschland im totalen Krieg: Landauf, landab zelebrieren Politiker und Medien das Ende des Völkermordens vor 70 Jahren. In allen TV-Kanälen, auf den Radiowellen, im Blätterwald und im Internetdschungel wird scharf geschossen. In dutzenden publikumswirksamen Medienformaten geht Deutschland stets aufs Neue und immer wieder der totalen Niederlage entgegen.

Da zu den ersten Kriegsopfern bekanntlich die Wahrheit zählt, lohnt ein kritischer Blick auf die „todsicheren“ Fakten, mit denen uns ARD und ZDF, „Spiegel“ und „Bild,“ Staatsmänner und Würdenträgerinnen bombardieren. Denn wohin man auch sieht im medialen Kriegsgebiet, fleißig wird übernommen, was anscheinend niemand mehr hinterfragt. Auf sechs wichtige Fragen und Themenkomplexe zum Zweiten Weltkriegs, stehen hier Antworten, die gern verschwiegen werden. Gleichwohl beruhen sie auf anerkannten historischen Fakten.


Der Hitler-Stalin-Pakt
War die Sowjetunion nur ein weiteres Kriegsopfer Adolf Hitlers, als die deutsche Wehrmacht am 22. Juni 1941 zum Unternehmen Barbarossa antrat?

Ein „Molodjez“, ein Prachtkerl, sei dieser Hitler, freute sich Josef Stalin kurz nach Mitternacht des 23. August 1939 im Kreml. Soeben hatte er mit dem deutschen Diktator den folgenschwersten und fürchterlichsten Pakt des 20. Jahrhunderts geschlossen. Erst das Bündnis mit Stalin ermöglichte es Adolf Hitler, in den Krieg zu ziehen. „Der Zweite Weltkrieg ist eine Konsequenz des Paktes zweier Diktatoren. Beide gemeinsam erklärten dem Frieden in Europa quasi den Krieg“, stellt der russische Historiker Dmitrij Chmelnizki fest. Seiner Meinung nach könnte man genauso gut den 23. August 1941 als Tag des Kriegsbeginns festsetzen.

Während Adolf Hiler danach Polen und seine Verbündeten bekriegte, wandte sich der rote Diktator neben Polen gegen das Baltikum und gegen Finnland. Ein geheimes Zusatzprotokoll des deutsch-sowjetischen Nichtangrifsspaktes hatte diese Länder zum sowjetischen Interessengebiet erklärt. Finnland beispielsweise wurde am 30. Oktober 1939 überfallen. 400 Bomber griffen ohne vorherige Kriegserklärung Helsinki und zwei andere Städte an. Am 22. Juni 1941 trafen also zwei federführende Täter des Zweiten Weltkrieges aufeinander.


Der Bombenkrieg
Waren Englands verheerenden Luftangriffe auf deutsche Städte eine Antwort auf vorangegangene Einsätze der deutschen Luftwaffe?

Der Britische Historiker Richard Overy setzt sich in seinem 2014 erschienen Standardwerk „Der Bombenkrieg. Europa 1939 bis 1945“ mit dieser Frage auseinander. Er weist ausdrücklich darauf hin, dass sich die deutsche Luftwaffe bis in das letzte Kriegsjahr hinein bemühte, vor allem militärisch relevante Objekte zu bombardieren. Flughäfen, Hafenanlagen, Rüstungsfabriken oder militärische Ziele im Frontgebiet zählten dazu. Auch der deutsche Angriff auf Coventry am 14. November 1940 galt einem Zentrum der britischen Rüstungsindustrie, den Rolls-Royce-Flugzeugmotorenwerken. Es kam zu den 568 zivilen Opfern, weil die 17 anvisierten Fabriken über das ganze Stadtgebiet verstreut lagen.

Ganz anders die Einsatzdoktrin der englischen Royal Air Force (RAF). Overy betont, dass es ihr schon ab 1928 um den Kampf gegen die feindliche Moral ging. Somit wurde die Zivilbevölkerung zum Angriffsziel. Erst in zweiter und dritter Linie folgten Wirtschaft, Industrie und Militär. Flächenbombardierungen, Demoralisierung der Zivilbevölkerung und eine tiefe Zerrüttung der Heimatfront waren das Ziel. Diese Überlegungen wurden zur Grundlage des strategischen Denkens der RAF. Mit einem Bauauftrag für 500 Bomber im Jahre 1938 und einer Gesamtzahl von fast 2000 Bombern ging Großbritannien daher 1939 schon in den Krieg.

Von Interesse ist auch ein Blick auf die historischen Daten. Der erste britische Luftangriff gegen eine deutsche Stadt richtete sich in der Nacht zum 12. Mai 1940 gegen Mönchengladbach. Also Wochen, bevor die Luftschlacht um England begann, und zwei Tage vor dem unglücklichen Angriff der deutschen Luftwaffe auf Rotterdam. Der britische Völkerrechtsexperte und Staatssekretär im britischen Luftfahrtministerium

James Molony Spaight (1877–1968) erklärte: „Wir haben angefangen, Ziele auf dem deutschen Festland zu bombardieren, bevor die Deutschen begannen, Ziele auf dem britischen Festland zu bombardieren. Das ist eine historische Tatsache.“


Die Wehrmacht
Handelte es sich bei den deutschen Soldaten um eine Truppe von Kriminellen und Kriegsverbrechern?

„Bei vielen Journalisten – sogar bei manchen Juristen und Historikern – ist eine Karikaturvorstellung der Wehrmacht entstanden, wonach Wehrmachtrichter nur Nazijustiz betrieben und Wehrmachtsoldaten den Freibrief hatten, Verbrechen an Nichtdeutschen zu begehen“, beklagt der amerikanischer Völkerrechtler, Historiker und ehemalige Sekretär des UN-Menschenrechtsausschusses Alfred Maurice de Zayas.

Insgesamt dienten in der Wehrmacht 18,2 Millionen Männer. Natürlich waren auch kriminelle Menschen darunter, die Verwerfliches taten. De Zayas, der seit 2005 als Professor für Völkerrecht an der Geneva School of Diplomacy and International Relations in der Schweiz tätig ist und sich intensiv mit der Gerichtsbarkeit der Wehrmacht auseinandergesetzt hat, stellt aber fest: „Hunderte Feldurteile belegen, dass die Gerichte Ausschreitungen deutscher Soldaten gegen die Zivilbevölkerung in besetzten Gebieten ahndeten. Auf allen Kriegsschauplätzen, in Frankreich, Griechenland, Italien, Norwegen und in der Sowjetunion sind Plünderung, Vergewaltigung und Morde an Zivilisten bestraft worden.“

Bestätigt wird diese Aussagen beispielsweise auch von ganz unerwarteter Seite: Tausende deutscher Soldaten waren von sowjetischen Gerichten in den Jahren 1943 bis 1953 wegen Kriegsverbrechen zum Tode oder zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Seit Anfang der 90er Jahre werden sie von russischen Staatsanwaltschaften in großer Zahl rehabilitiert. 5100 Urteile erklärten die Juristen nach eingehender Untersuchung bislang für null und nichtig. Nur 730 Rehabilitierungsanträge wurden abgelehnt.

Es war also kein „öffentlicher Meineid“, wie manche Wehrmachtskritiker heutzutage behaupten, als am 7. Oktober 1955 600 ehemalige Angehörige der Wehrmacht und der Waffen-SS im Lager Friedland im Landkreis Göttingen einen öffentlichen Schwur leisteten: „Vor dem deutschen Volke und den Toten der deutschen und der sowjetischen Wehrmacht schwören wir, daß wir nicht gemordet, nicht geschändet und nicht geplündert haben. Wenn wir Leid und Not über andere Menschen gebracht haben, so geschah es nach den Gesetzen des Krieges.“

 

Die Sowjetarmee

Waren die Kriegsverbrechen der Roten Armee eine Reaktion auf Gräueltaten deutscher Verbände in der Sowjetunion?

Als im Oktober 1944 erste Verbände der Roten Armee deutsches Reichsgebiet betraten, „hub ein Rauben, Morden, Schänden und Metzeln an, das auch neutralen Betrachtern die Vorstellung der altmongolischen Horde einflößte“, schreibt der Berliner Historiker Jörg Friedrich. Entschuldigend werde dieses Verbrechen immer wieder als Vergeltung für deutsche Untaten in der Sowjet-union gewertet.

Zunächst einmal gilt festzuhalten, dass kein Verbrechen ein anderes aufwiegt. Es ist zynisch, einer vergewaltigten Frau zu erklären, dass das, was ihr angetan wurde, weniger schlimm sei, weil andere anderswo ebenfalls Unrecht begangen hätten. Der Sowjetsoldat, der raubt, vergewaltigt und mordet, begeht zweifellos im Augenblick seiner Tat ein Verbrechen.

Darüber hinaus gibt es zehntausende „blutige“ Beweise, die belegen, dass die marodierenden Soldaten der Roten Armee wohl nicht von Rache, sondern von krimineller Energie getrieben waren: Sie mordeten, plünderten und schändeten ebenso in den Ländern, die sie von den Nationalsozialisten „befreiten“.

Nach der Einnahme Budapests im Februar 1945 überfielen marodierende Rotarmisten sogar das Gebäude der schwedischen Gesandtschaft und vergingen sich an den Frauen darin, ungeachtet ihrer Nationalität. Ebenso wurden ukrainische, russische und weißrussischen Frauen, die aus deutscher Zwangsarbeit befreit wurden, zu ihren Opfern. „Diese „verbreiteten Vorkommnisse“, so der englische Historiker Antony Bee-vor in seinem Buch „Berlin 1945: Das Ende“: „führen alle Versuche ad absurdum, das Verhalten der Roten Armee mit Vergeltung für das brutale Vorgehen der Deutschen in der Sowjetunion zu rechtfertigen.“

 

Der Antisemitismus

Der Holocaust zählt zu den schrecklichsten Menschheitsverbrechen. Aber stimmt es, dass die Mehrheit der Deutschen ihn gut geheißen hat? Stimmt die Behauptung vom Tätervolk?

„Das deutsche Volk hat in seiner überwiegenden Mehrheit die an Juden begangenen Verbrechen verabscheut und hat sich nicht an ihnen beteiligt“, erklärte Konrad Adenauer 1953 in einer Rede im Deutschen Bundestag. Viele Aussagen auch und gerade von Verfolgten stützen Adenauers Behauptung. Ein wichtiger Zeuge ist zum Beispiel der Romanistikprofessor Viktor Klemperer. In seinen Tagebüchern beschreibt er sein Leben und sein Leiden als verfolgter Jude. Er notiert aber auch: „Fraglos empfindet das Volk die Judenverfolgung als Sünde.“ Immer wieder ist in seinen Aufzeichnungen nachzulesen, wie mitfühlend ein Großteil der Bevölkerung auf ihn als verfemten Träger des Judensterns reagiert.

Der Bayreuther Politikwissenschaftler Konrad Löw hat viele hundert ähnliche Briefe, Tagebücher und sonstige Aufzeichnungen ausgewertet („Deutsche Schuld 1933–1945?: Die ignorierten Antworten der Zeitzeugen“) und fand, dass sie meist Klemperers Aussagen bestätigen. Sein Fazit: „Wir dürfen nicht zögern, die Verbrechen des NS-Regimes als wichtigen Teil der deutschen Geschichte zu bekennen. Aber wir sollten jenen entgegentreten, die allgemein von deutscher Schuld sprechen, wenn damit gemeint ist, dass die große Mehrheit der damals lebenden Deutschen mitschuldig gewesen sei.“

 

Der Marshallplan

Hat der Marshallplan das deutsche Wirtschaftswunder bewirkt? Wie wichtig war er für den Wiederaufbau nach dem Krieg?

Das amerikanische European Recovery Program (ERP), nach dem damaligen US-Außenminister George Marshall auch Mar-shall-Plan genannt, wird hierzulande mit geradezu mysthischer Verklärung gesehen. Nur durch die 1,4 Milliarden Dollar, die Westdeutschland gemäß ERP erhielt, waren Wiederaufbau und Wirtschaftswunder möglich, heißt es.

Bei genauerem Hinsehen allerdings wird der Mythos zum Hirngespinst. Deutschland war bei weitem nicht der größte Geldempfänger. Frankreich erhielt mit 2,8 Milliarden US-Dollar das zweifache. England bekam sogar 3,4 Milliarden. Gleichzeitig musste die damaligen Westzonen Reparationen leisten. Sachwerte in Höhe von 1,35 Milliarden US-Dollar gingen in Form von Demontagen an die Alliierten. Die Besatzungskosten hatte das Land ebenfalls zu tragen. Zudem wurden ihm als einzigem Staat die Marshall-Millionen nur als Kredit gewährt.

Misst man den Hilfsgeldern tatsächlich entscheidende Bedeutung bei, müssten andere Länder, die stärker davon profitierten, die Folgen des Krieges noch leichter überwunden haben. Das Gegenteil ist der Fall: Während Deutschland schon 1952 nicht mehr zu den bedürftigen Staaten gezählt wurde, gab es in England noch bis 1954 Lebensmittelrationierungen. Keine Dollar-Millionen, sondern menschliche Tatkraft bewirkten wohl eher den wundersamen wirtschaftlichen Wiederaufstieg. Studien belegen zum Beispiel, dass Ostpreußen, Schlesier, Pommern, Sudetendeutsche und andere Vertrieben bei ihrem Neustart enormes ökonomisches Potenzial freisetzten. Frank Horns


S. 11 Preussen

Für das Verdienst
Vor 275 Jahren stiftete Friedrich der Große den »Pour le Mérite«

Im Juni 1740 stiftete Friedrich der Große den Orden Pour le Mérite, der bis 1918 insgesamt 5430-mal vergeben wurde. Er war und ist die angesehendste preußische Auszeichnung überhaupt.

Als Friedrich II. am 31. Mai 1740 den Thron bestieg, existierte nur ein einziger sogenannter „Großer Orden“, mit dem der Monarch hochverdiente Untertanen „begnaden“ konnte, wie es damals hieß, nämlich der Königlich Preußische Orden vom Schwarzen Adler, den Friedrichs gleichnamiger Großvater anlässlich der Erhebung des Herzogtums Preußens zum Königreich 1701 gestiftet hatte. Allerdings war diese Auszeichnung im Regelfall zur Verleihung an Personen vom Minister oder Generalleutnant aufwärts vorgesehen. Damit bestand praktisch keine Möglichkeit, den tatkräftigen Einsatz von Offizieren un­ter­halb des Generalsranges angemessen zu würdigen.

Um dies zu ändern, stiftete der neue Herrscher am 7. Juni 1740 den Orden Pour le Mérite. Dabei griff er auf den auch „Gnadenkreuz“ genannten Ordre de la Générosité (Orden der Großzügigkeit) zurück, der 1667 vom damals zehnjährigen Prinzen Fried­rich von Brandenburg, dem späteren König Friedrich I. in Preußen, kreiert worden war und seit Längerem an Bedeutung und Ansehen verloren hatte; seit 1715 hatte er praktisch fast nur noch als profane Fangprämie für die Anwerbung der Langen Kerls, die der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. so liebte, gedient. Dessen Nachfolger Friedrich der Große ließ das achtspitzige, auffällig blau emaillierte Malteserkreuz mit den vier preußischen Adlern in den Ecken, das zu dieser Zeit von den Berliner Goldschmieden Daniel und Philipp Collivaux angefertigt wurde, einfach mit dem Schriftzug „Pour le Mérite“ versehen und begann dann schon ab dem 16. Juni 1740 mit der Verleihung der neuen Auszeichnung.

Eigentlich sollte sie als Militär-Verdienstorden fungieren, aber der Ordensstifter hatte keine verbindlichen Prinzipien für die Vergabe formuliert und so erhielten sie auch Zivilpersonen. Bereits im Sommer 1740 wurden die Minister Samuel von Marschall und Heinrich Graf von Podewils mit dem Pour le Mérite ausgezeichnet. Ihnen folgten in späteren Jahren Pierre Louis Moreau de Mauper­tuis, der Präsident der Berliner Akademie der Wissenschaften, Fried­richs Kammerherr Francesco Graf von Algarotti, der Landrat des Münsterbergischen Kreises Ernst Wilhelm von Eckwricht-Seyffersdorf sowie François-Marie Arouet, besser bekannt als Voltaire. Diesem Philosophen und Schriftsteller wurde der Orden dann allerdings wegen seines Zerwürfnisses mit Friedrich dem Großen wieder entzogen. Nach diesem vermeintlichen Missgriff entschied der König, keine weiteren Zivilisten mehr mit dem Pour le Mérite zu dekorieren.

Bei der Verleihung an Offiziere verfuhr Friedrich ebenfalls relativ locker. Das eine Mal bekundete er damit seine Anerkennung für persönlich geleistete Dienste oder ein besonders schneidiges Auftreten in Manövern und Paraden, ein andermal vergab er den Orden summarisch an ganze Offiziersgruppen, beispielsweise den Kompaniechefs eines bestimmten Truppenteils. Oder es wurden kleinere waffentechnische Erfindungen damit belohnt, wie im Falle des Premierleutnants Christian Wilhelm von Freytag von den Lossow-Füsilieren, dem es gelungen war, die Feuergeschwindigkeit der Infanteriegewehre noch etwas zu erhöhen. Dafür ging im Gegenzug so mancher, der den Pour le Mérite aufgrund seiner herausragenden Tapferkeit vor dem Feind definitiv verdient gehabt hätte, leer aus. Ein typisches Exempel hierfür ist der Freikorpsführer Konstantin Nathanael von Salenmon, der sich bei der Verteidigung von Geldern und Wittenberg hervortat. Ja, selbst der Husarenrittmeister Joachim Bernhard von Prittwitz, der den König 1759 nach der verheerenden Niederlage in der Schlacht von Kunersdorf vor dem Tode oder zumindest der Gefangennahme durch russische Reiter zu retten vermochte, erhielt dafür keinen Pour le Mé­rite. Offensichtlich tendierte Friedrich der Große dazu, den Orden mit einer gewissen Impulsivität zu vergeben, wobei er den Einsatz in verlorenen Treffen deutlich seltener honorierte als im Siegesfall.

Unteroffiziere und Mannschaften mit dem Pour le Mérite auszuzeichnen – selbst wenn diese absolut heroische Taten vollbracht hatten wie der Musketier David Krauel, der 1744 während des zweiten Schlesischen Krieges eine Bastion der Festung Prag im Alleingang gestürmt hatte – war für Friedrich undenkbar. Für derartige Fälle gab es ab 1793 das Goldene Militär-Verdienst-Kreuz, das bald als „Pour le Mérite für Unteroffiziere“ galt.

In seinen 46 Herrschaftsjahren dekorierte Friedrich der Große 918 Offiziere und sechs Zivilisten mit dem von ihm gestifteten Orden. Seine beiden Nachfolger Friedrich Wilhelm II. und Friedrich Wilhelm III. nahmen 1006 beziehungsweise 2454 Verleihungen vor.

Es war Friedrichs Großneffe, der am 18. Januar 1810 festlegte, dass der Orden nun nur noch für „das im Kampfe gegen den Feind erworbene Verdienst“ vergeben werden dürfe. Die Träger der Auszeichnung bildeten nun eine eigene Ritterschaft und erhielten einen lebenslangen Ehrensold. Friedrich Wilhelm III. war es auch, der 1813 damit begann, Offiziere, die sich wiederholt hervorgetan hatten, mit dem Eichenlaub zum Pour le Mérite zu ehren. Friedrich Wil­helm IV. führte 1844 den Brauch ein, eine zusätzliche Krone zu vergeben, wenn jemand den Orden mehr als 50 Jahre trug. Zum Ausgang des Deutschen Krieges von 1866 stiftete Wilhelm I. schließlich noch das Großkreuz des Pour le Mérite.

Auf Drängen des Gelehrten Alexander von Humboldt hatte bereits 1842 Friedrich Wilhelm IV. eine optisch anders gestaltete Friedensklasse des Ordens, den Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste, gestiftet. Mehrfachauszeichnungen waren möglich. Zu nennen wären hier Helmuth Karl Bernhard von Moltke, Julius von Verdy du Vernois, Otto von Bismarck, Hermann von Kuhl oder Ernst Jünger.

Mit dem Ende der preußischen Monarchie infolge der Novemberrevolution kam es zu keinen weiteren Verleihungen in der ursprünglichen, militärischen Klasse, wenn auch 1920 noch eine letzte Zuerkennung im Nachhinein erfolgte. Die Friedensklasse verlor zwar ihren Status als vom Staat beziehungsweise Herrscher vergebener Orden, doch existiert sie als halboffizielle Auszeichnung fort. Immerhin führt der Kulturstaatsminister beim Bundeskanzler das Ordenssekretariat, und der Bundespräsident ist ihr Protektor.

Wolfgang Kaufmann


Wo sich einst die Künstler auf Hiddensee trafen
Nach einer ausgiebigen Sanierung ist Asta Nielsens ehemaliges Sommerdomizil in Vitte der Öffentlichkeit übergeben worden

Das Asta-Nielsen-Haus in Vitte auf der Insel Hiddensee in Mecklenburg-Vorpommern ist nach gründlicher Sanierung für rund eine halbe Million Euro neu eröffnet worden. Das denkmalgeschützte Haus entstand 1922/23, als die Insel noch zum preußischen Kreis Rügen gehörte. Als Baumeister ist Max Taut aus Königsberg in Ostpreußen überliefert, der zu den herausragenden Architekten des sachlichen Bauens im 20. Jahrhundert in Deutschland gehörte. 1929 erwarb der damalige Filmstar Asta Nielsen das Gebäude. Sie gab dem Haus den Namen „Karusel“ und machte es zu ihrer Sommerresidenz. Das „Karusel“ gedieh für einige Jahre zu einem Künstler- Treffpunkt, wo sich die Prominenz der Künstlerkolonie auf der Insel traf. Nach 1945 kam der Bau in den Besitz der Gemeinde. Er wurde ein simples Wohnhaus und verfiel ohne jede Sanierung in einen ruinösen Zustand. Seit Frühjahr 2009 stand das „Karusel“ dann leer, ehe nach jahrelangem Tauziehen 2014 die überfällige Restaurierung begann.

Nach der originalgetreuen Instandsetzung entwickelt sich das architektonische Kleinod jetzt wieder zu einem kulturellen Mittelpunkt für die Insel und die vielen Inselgäste. Die Befürchtung, dass das Asta-Nielsen-Haus das Schicksal des Palucca-Hauses teilen werde, bewahrheitete sich nicht. Das „Karusel“ beherbergt nach der Neueröffnung im Erdgeschoss eine Ausstellung zu Asta Nielsen sowie zu Max Taut. Im Obergeschoss mit herrlichem Blick über die Insel gibt es einen Standesamtsraum für heiratswillige Besucher sowie einen kleinen Schlafraum mit Originalmobiliar der Nielsentochter Jesta.

Max Taut, der in der Weimarer Republik mit seinen richtungsweisenden Büro-, Schul- und Gewerkschaftsbauten parallel zu seinem Bruder Bruno Taut Bekanntheit erlangte, war auch auf der Insel Hiddensee gefragt, wo er zwischen 1922 und 1925 jedes Jahr für zahlungskräftige Kunden ein Haus baute. Das „Karusel“ schuf Max Taut wohl in Anlehnung an einen Entwurf seines Bruders in Worpswede bei Bremen. Dieser Worpsweder Vorbildbau zieht heute unter dem Namen „Käseglocke“ Touristen aus aller Welt an.

Der Vitte-Bau entspricht im Grundriss einem Quadrat, in dem zwei gegenüberliegende Ecken abgerundet sind, was den Eindruck eines runden Baus erweckt. Er war zunächst im Besitz einer vermögenden Familie Müller, die das Haus als Folge der Weltwirtschaftskrise an Asta Nielsen verkaufte. Der überaus attraktive Filmstar aus Dänemark, der in Deutschland mit enormer Ausdruckskraft Karriere gemacht hatte, als „Duse des Films“ galt und die Neuerwerbung in Vitte wegen der runden Form in Abwandlung aus dem Dänischen „Karusel“ nannte, überschrieb das Haus aus Steuergründen formell auf seine Tochter Jesta und verbrachte hier seine Sommermonate.

Bei Asta Nielsen versammelte sich die Künstlerkolonie von Hiddensee. Die diesbezügliche Palette reichte vom quirligen Dichter Joachim Ringelnatz über den einst bekannten Schauspieler Heinrich George bis zum Dramatiker Gerhart Hauptmann, der zu Fuß von Kloster nach Vitte pilgerte, um dem Sexsymbol der frühen Kinozeit seine Aufwartung zu machen. Am Nachmittag saß man plaudernd im Garten. Am Abend versammelte sich die prominente Künstlerrunde im Kaminzimmer im Erdgeschoss und diskutierte.

Doch Asta Nielsen war weit mehr als eine attraktive Schauspielerin. Die Tochter eines Arbeiters und einer Waschfrau blieb auch auf der Erfolgsspur bodenständig. Sie ließ sich nie auf ein Rollenfach festlegen, spielte Prostituierte und Tänzerinnen ebenso wie leidende Arbeiterfrauen. Ihre uneheliche Tochter Jesta zog sie allein groß. Für sie war es wichtiger, ein Kind zu haben als einen Ehemann. Ihren Weltruhm bagatellisierte sie bis ins Alter mit Humor.

Aber nach 1933 erlebte auch die Inselidylle mit dem Haus „Karusel“ eine Zäsur. Die Nationalsozialisten eroberten das Refugium der Künstler. Braune Eiferer erstrebten Gleichschaltung und Judenfreiheit für Hiddensee. Da war kein Platz mehr für die Künstlerrunde aus dem „Karusel“ und andere progressive Inselbesucher. Asta Nielsen war 1936 ein letztes Mal in Vitte. Sie verweigerte sich mit Zivilcourage den Nationalsozialisten, brüskierte sogar Propagandaminister Josef Goebbels, der ihr eine eigene Produktionsgesellschaft angetragen hatte, und kehrte von ihrem letzten Berliner Wohnsitz in der Fasanenstraße 69 nach Dänemark zurück, wo sie bis 1940 noch Theater spielte und später als erfolgreiche Schriftstellerin wirkte.

Ihr „Karusel“ gelangte in den Besitz der Inselgemeinde, die es zunächst als Flüchtlingsbleibe nutzte und dann an eine Lehrerfamilie vermietete. Große Teile des Nielsen-Mobilars wurden nach 1945 über die ganze Insel verstreut. Jetzt lässt der Neubeginn des Hauses als kultureller Mittelpunkt hoffen. Erfreulich, das neben der Nielsen- Erinnerung auch das Wirken des Baumeisters Max Taut vorgestellt wird, der von den Nationalsozialisten ebenfalls ins Abseits gestellt worden war.

Martin Stolzenau

Nähere Informationen erteilt das Asta-Nielsen-Haus Hiddensee, Zum Seglerhafen 7, 18565 Vitte/Hiddensee, und der Hiddenseer Hafen- und Kurbetrieb, Norderende 162, 18565 Vitte/Hiddensee, Telefon (038300) 642-10, Telefax (038300) 642-15, E-Mail: hafenkurbetrieb@seebad-hiddensee.de


S. 12 Leserforum

Leserforum

Zustände wie in der DDR

Zu: Moral und Heuchelei (Nr. 17)

Die Katastrophe bahnt sich an! Als stets unpolitischer, trotzdem eher leicht links orientierter Kosmopolit kehrte ich 2012 nach jahrzehntelangem Lateinamerikaaufenthalt ins Land meiner Mutter und Vorfahren zurück. Seitdem befällt mich − und nur so kann ich meinen Zustand be­schreiben − das nackte Grauen, erkenne Deutschland nicht mehr wieder und fühle mich fremd im eigenen Land.

Fremde haben mehr und mehr das Sagen, die Deutschen verleugnen ihre heimatliche und kulturelle Herkunft. Mit einem Wort: Deutschland befindet sich in einer gefährlichen Schieflage, droht zu kentern, Staat, Kirchen, Exekutive, Legislative knicken ein und es weht ein Hauch von Weimar durch das Land. Die Parteien von links, grün, rot sowie rosaschwarz bilden für jedermann ersichtlich eine geschlossene Einheitsfront. Nur um das Gesicht zu wahren, wird in den Parlamenten um Banalitäten gestritten. In den uns betreffenden Kardinalfragen um Sein oder Nichtsein unserer Nation, unserer Werte, unserer Kultur und Religion sind sich alle einig – ja überbieten sich gegenseitig mit immer abstruseren Vorlagen, Eingaben und Gesetzen.

Es liegt klar auf der Hand: Deutschland soll abgeschafft werden. In stillen Momenten ziehen Vergleiche mit 1918, 1945, DDR und 1989 an meinem Inneren vorbei. Hier wird etwas unwiederbringlich ausgehebelt. Wir nähern uns der Stunde null, schauen alle zu, meckern im stillen Kämmerlein und lassen es geschehen. Anfänge von Diktatur sind hier und da unübersehbar, Einheitsfront, Einheitsmeinung, sowie Einheitsparteien stülpen sich uns heimlich und stetig, mancherorten recht offen über.

Wer nicht die konkreten politischen Vorgaben nachvollzieht oder gar wiederspricht, wird zum Rassisten, zur Dumpfbacke oder zum Nazi degradiert. Und er wird von roten, gut organisierten Horden niedergebrüllt oder gar verprügelt.

P. de Castro, Luckenwalde

 

 

Kleine Flaggenkunde

Zu: Als der C-Doppelstander für Deutschland stand (Nr. 20)

Ein sehr informativer und interessanter Artikel über ein bisher wenig beachtetes Kapitel deutscher Geschichte. Eine kleine, aber nicht unwichtige Ergänzung scheint mir angebracht.

In der Weimarer Republik war nicht nur die Flagge der Handelsschiffe Schwarz-Weiß-Rot, sondern auch die der Reichsmarine. Nachdem ihre Einheiten noch bis Ende 1921 die Kaiserliche Reichskriegsflagge geführt hatten, wurde 1922 auf Anweisung von Reichspräsident Ebert eine neue Reichskriegsflagge eingeführt. Ihre Farben waren Schwarz-Weiß-Rot mit einem über alle drei Felder sich erstreckenden Eisernen Kreuz und mit Schwarz-Rot-Gold in der linken oberen Ecke. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde die Flagge modifiziert. Die Farben Schwarz-Rot-Gold verschwanden und um das Eiserne Kreuz wurde ein zusätzlicher weißer Rand gezogen. 1935 wurde die Flagge durch eine Hakenkreuzflagge ersetzt.

Interessant noch: Die Dienstflagge der Reichsbehörden zu Lande war Schwarz-Rot-Gold mit dem Reichsadler auf einem Wappenschild. Die Dienstflagge der Reichsbehörden zur See war schwarz-weiß-rot ebenfalls mit dem Reichsadler auf einem Wappenschild.

Rolf Bürgel, Darmstadt

 

 

Fünfte Kolonne

Zu: Erbärmlich (Nr. 20)

Hinter jedem der 14000 AKP-Anhänger, die Erdogan zujubelten, steht in der Regel eine gleichgesinnte Familie oder ein ganzer Clan, so dass die Zahl „seiner“ Türken, die Deutschland demokratiekritisch bis -feindlich ge­genüberstehen, viel höher eingeschätzt werden muss. Das Nicht-Reagieren der Kanzlerin auf die faschistoiden Hetzreden Erdogans lässt nur einen Schluss zu: Sie haben uns der Türkifizierung bereits ausgeliefert. Das bestätigt auch das Bundesverfassungsgericht, das seine Urteile im Sinne der Kanzlerin, der Islam gehöre zu Deutschland, verkündet.

Erdogans Fünfte Kolonne wird sich in seinem Sinne integrieren, um unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung weiter auszuhöhlen. Wann werden die Deutschen das begreifen und es bei Wahlen ausdrücken? Nicht grundlos fühlen sich viele Autochthone von Funktionseliten und lokalen Entscheidungsträgern längst verraten und verkauft.

Gisela Recki, Troisdorf

 

 

Meister des Verbrechens

Zu: Hinterm braunen Paravent (Nr. 20)

Der Autor Hans Heckel schreibt in seinem Artikel: „Außenminister Steinmeier hat davor gewarnt, den Armeniermord als Genozid, als Völkermord zu bezeichnen, denn das ‚relativiere‘ die NS-Verbrechen.“ Offenbar hatte Steinmeier in Geschichte eine schlechte Note, denn dass er sich demagogisch betätigt, möchte ich nicht unterstellen. So muss er sich leider sagen lassen, dass er die sowjetkommunistischen Verbrechen „relativiere“, wenn er die NS-Verbrechen ständig in den Vordergrund rückt.

Hier nur einige Fakten, die sich zu Friedenszeiten in Stalins kommunistischem Sowjetreich auf tragischste Weise ereignet haben: Von 20000 Kirchen und Moscheen 1936 waren 1941 nur noch 1000 übrig. Alle anderen waren zerstört oder zu Gulags beziehungsweise Warenlagern umgewandelt. In zwei Monaten: Von 105000 Verhafteten kamen nur 137 frei. Schlussbilanz gegen Nationalitäten: 350000 Menschen wurden verhaftet, 247157 hingerichtet, 88356 ins Gefängnis oder in den Gulag gesteckt. 100000 Häftlinge sind beim Bau des Weißmeerkanals umgekommen, die Leichen blieben unbestattet liegen. Frauen erlebten die Hölle. „Kulaken“ mussten im Winter 1932/33 in Zelten hausen, kein Kind unter zehn Jahren überlebte. 1930 bis 1941: 20 Millionen Menschen wurden verurteilt, mindestens ein Angehöriger jeder zweiten Familie hingerichtet, verhaftet oder in Gewahrsam genommen, unabhängig von den Massendeportationen in den Gulag.

Die Aufzählung könnte weit fortgesetzt werden, bis man bei den – laut dem Sozialpädagogen Gunnar Heinsohn – über 42 Mil­lionen Toten allein unter Stalin angelangt ist. Die Fakten, die ich aufgezählt habe, stammen auch nicht von einem „Winkel-Historiker“, sondern stehen im Buch „Lenin, Stalin und Hitler“ des renommierten kanadischen Historikers Robert Gellately.

Mögen die deutschen Selbstankläger noch so aktiv sein, es bleibt doch objektiv wahr, was der Literaturnobelpreisträger Alexander Solschenizyn im „Archipel Gulag“ in die Sätze gekleidet hat: „Diese Menschen, die am eigenen Leib 24 Jahre kommunistisches Glück zu spüren bekommen hatten, wussten 1941 bereits, was noch niemand in der Welt wusste: Dass es auf dem ganzen Planeten und in der ganzen Geschichte kein bösartigeres, blutrünstigeres und gleichzeitig raffinierteres Regime gibt als das bolschewistische, welches sich ‚sowjetisches‘ nennt; dass ihm weder an Vernichtungseifer noch an Beharrungsvermögen, noch an radikaler Zielsetzung, noch an durch und durch ‚unifizierter Totalitarität‘ irgend ein anderes Regime gleichkommt, nicht einmal das schülermäßige Hitlerregime, welches damals dem gesamten Westen den Blick trübte.“

Peter Alexander Hussóck, Berlin

 

 

Fehler im System

Zu: USA ändern ihre Taktik (Nr. 21)

Griechenland und seine aktuellen Forderungen nach Reparationszahlungen aus dem Zweiten Weltkrieg sind ein leidiges Thema. Nun, hier haben die Griechen aber überhaupt keine Ahnung. Nicht die Wehrmacht unter Hitler hat Griechenland überfallen, sondern Italien unter Mussolini. Da die Operetten-Armee Italiens fast diesen Konflikt verloren hätte, bat Mussolini Deutschland um Beistand. Also, Griechenland soll seine Forderungen an Rom richten und nicht an Deutschland. Finanziellen Forderungen seitens Griechenlands wegen der Ermordung von Bürgern durch die Wehrmacht muss ebenfalls eine Absage erteilt werden.

Bei solchen Strafmaßnahmen handelt es sich im Vorfeld um Verbrechen von Partisanen an Soldaten der Wehrmacht. Nach der Haager Landkriegsordnung war das eine legitime Maßnahme, welche bei allen kriegsführenden Staaten angewendet wurde. Im Übrigen, Griechenland hat selbst aus der Vergangenheit Schulden. Das Bundesland Bayern wartet noch heute auf Begleichung von Altschulden.

Es ist einfach eine Tatsache: Dieser Staat war immer ein Pleitestaat und wird es bleiben. In dieses Land kann man Billionen von Euro pumpen, aber auch dies wird nichts helfen. Eher geht die gesamte EU pleite, bevor Griechenland auf die Beine kommt. Wenn die Linken und Bündnis90/ Grüne die Zahlung von Reparationen an Griechenland unterstützen, so ist das nicht verwunderlich. Diese beiden Parteien schaden Deutschland mit dieser Meinung und somit auch seiner Bevölkerung. Immerhin gibt es bei diesen Parteien auch keinen Aufschrei, wenn die Antifa in Deutschland ihr Unwesen treibt. Es werden sogar Stimmen laut, welche besagen, die Antifa erhält finanzielle Zuwendungen, um Randale zu provozieren.

Wenn man bei Forderungen von Reparationen genau sein will, so könnte Deutschland ebenfalls in die Mottenkiste der Geschichte greifen und Frankreich verklagen. Immerhin hat Napoleon Europa und auch Deutschland mit Krieg überzogen und Schäden angerichtet. Es ist auch bedauerlich, wie sich Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble von den Griechen vorführen lassen. Wie oft mussten die Bürger hören, die rote Linie sei überschritten und es gebe keine Hilfspakete mehr. Schön wäre es ja, aber leider fehlt die Härte in der Sache. Fakt ist auch, je länger die Griechenland-Krise dauert, desto wahrscheinlicher wird auch ein Sturz der Kanzlerin. Gerade Merkel ist ja eine Verfechterin, wenn es um die Rettung von Griechenland geht.

Tatsache ist auch: Die Krise mit Griechenland ist die größte Insolvenzverschleppung der Weltgeschichte. Ich höre heute noch die Politik tönen, kein EU-Land müsse für die Schulden eines anderen EU-Staates aufkommen. Was ist die Realität? Alles ver­gessen − wir wurden und werden weiterhin belogen, dass sich die Balken biegen. Oh, deutscher Michel, wann wirst du aus deinem Koma erwachen? Meine Einschätzung: nie!

Die Vereinigten Staaten haben eine regelrechte Angstpsychose, wenn es zu einer intensiveren wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland kommen sollte. Immerhin, die unermesslichen Bodenschätze Russlands und deutsche Technologie könnten hier zu einer optimalen Paarung für die Zukunft werden. Diese wirtschaftliche Kombination fürchten die USA und das muss aus ihrer Sicht verhindert werden.

Die USA schüren Zwietracht unter den Völkern. Das war schon immer so. Der Konflikt in der Ukraine ist das aktuellste Beispiel. Die USA haben ihre Maske fallen lassen und die Welt ist informiert, wer die wirklichen Kriegstreiber sind. Man kann auch sagen, der Niedergang Deutschlands begann bereits 1949 und fand seinen weiteren Verlauf im Jahre 1990. Der Abschied von der ethnisch homogenen Nation, politisch und kulturell, ist so gut wie realisiert. Das Ergebnis sehen wir aktuell, alles ist im Niedergang. Wie schon erwähnt: Die Politik der Bundesregierung ist nicht nachvollziehbar. Dies auch deshalb, weil Deutschland keine direkte Demokratie hat, sondern eine parlamentarische Demokratie. Genau hier liegt der Fehler im System und sollte, wenn möglich, geändert werden. Die anstehenden Wahlen 2016 könnten hier eine Wende herbei führen.

Wolfgang Rohde, Sigmaringen

 

 

Augenwischerei

Zu: Brünn bedauert Vertreibung (Nr. 22)

Was da die Stadt Brünn so angeblich bedauert, ist doch nur Augenwischerei. Die große Mehrheit der Tschechen findet das, was damals passierte, in Ordnung und sie hassen uns noch immer. Ein paar Ausnahmen mag es geben.

Erst wenn dieser Staat die Benesch-Dekrete zurücknimmt und verurteilt und die große Mehrheit der Tschechen das genauso sieht, kann man von einer Aufarbeitung des mörderischen Treibens von damals sprechen. Es ist einfach unglaublich, zu welch einer Mörderbande viele Tschechen damals mutierten. Das hatte mit Rache an schuldigen Deutschen, die es wohl auch gab, nichts zu tun. Es war über Jahrhunderte aufgestauter Hass gegen fleißige und erfolgreiche Deutsche. Erstaunlich an all diesem mörderischen Tun der tschechischen Bevölkerung an unschuldigen Deutschen ist die Erkenntnis, wie schnell die Deutschen das alles vergessen haben.

Für billig saufen und fressen in Tschechien nehmen heute viele Deutsche an Wochenenden kilometerlange Staus auf sich. Ein wenig in die wahre Geschichte schauend, verbietet sich jedem Deutschen, dieses Land jetzt zu betreten.

Peter Schumacher, Melsungen

 

 

Törichte Deutsche

Zu: Verdruss und Verdacht (Nr. 19)

Der 8. Mai 2015 gehört mittlerweile der Geschichte an. Wie nicht anders zu erwarten, wurde die Rede von Weizsäckers von 1985 hervorgekramt und als beispielhaft dargestellt. Nicht erwähnt wurden die darin enthaltenen zwei „Freudschen Fehlleistungen“ des damaligen Bundespräsidenten. Er sagte im ersten Teil seiner Rede: „Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung.“ Es kann vermutet werden, dass er sagen wollte: „Der 8. Mai war ,mein‘ Tag der Befreiung“, der Befreiung von der Angst vor einer Festnahme durch die Feldjäger der Wehrmacht nach meiner Fahnenflucht mitten aus den Kämpfen um Balga. Die anschließende Reise gen Westen war eine „freiwillige Wanderung“ und keine erzwungene, wie er weiter in seiner Rede die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus den besetzten Gebieten bezeichnete.

Die unsäglichen Reden des jetzigen Bundespräsidenten Joachim Gauck geraten hoffentlich in Vergessenheit. Wenn nicht, dienen sie als Beispiel dafür, wie lange der Geschichtsunterricht der ehemaligen DDR oder die desolate Wehrmachtsaustellung von Jan Reemtsma bis heute nachwirkt. Auch für Bundespräsidenten gilt das dem französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle zugeschriebene Wort: „Den Charakter eines Volkes erkannt man daran, wie es nach einem verlorenem Kriege mit seinen Soldaten umgeht.“

Und Napoleon meinte: „Es gibt kein gutmütigeres, aber auch kein leichtgläubigeres Volk als das deutsche. Zwiespalt brauchte ich unter ihnen nicht zu säen. Ich brauchte nur meine Netze auszuspannen, dann liefen sie wie ein scheues Wild hinein. Untereinander haben sie sich gewürgt, und sie meinten, damit ihre Pflicht zu tun. Törichter ist kein anderes Volk auf der Erde. Keine Lüge kann grob genug ersonnen werden, die Deutschen glauben sie. Um eine Parole, die man ihnen gab, verfolgten sie ihre Landsleute mit größerer Erbitterung als ihre wirklichen Feinde.“

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Gebhard Knull, Buxtehude


S. 13 Das Ostpreußenblatt

Chance für Königsbergs Flughafen
Ausbau sorgt für größere Kapazität – Wiederaufnahme von Direktfluglinien in europäische Metropolen

Königsbergs Flughafen im 17 Kilometer nördlich der Gebietshauptstadt gelegenen Powunden glich lange Zeit einer Bauruine. Mit der Modernisierung, dem weiteren Ausbau und verbesserten Dienstleistungen soll der Flughafen wieder attraktiver werden.

Vor zehn Jahren galt der Königsberger Flughafen in Powunden als zukunftsträchtig. Er sollte ein Drehkreuz zwischen Russland und Europa werden. Von hier konnte man in viele Städte Europas fliegen. Der Flughafen verfügte über zirka 30 verschiedene Flugrouten, die meisten führten nach Europa, einige davon auch in die Bundesrepublik Deutschland.

Mit Beginn der Wirtschaftskrise der Jahre 2008 und 2009 geriet die Königsberger Fluggesellschaft „KD Avia“ in Schwierigkeiten, die zur Pleite der ambitionierten Fluggesellschaft führten. Statt ein attraktives Drehkreuz zu werden, führte der Flughafen in der Folge ein Sack­gassen-Dasein. Zurzeit gibt es nur noch eine Direktflugverbindung nach Berlin, und die wird nicht von einer russischen Gesellschaft bedient, sondern von Air Berlin. Obwohl Königsberg in unmittelbarer Nähe zu vielen europäischen Hauptstädten liegt, kann man von seinem Flughafen nur in die Hauptstädte zentralasiatischer Staaten, etwa Taschkent oder Bischkek, fliegen, die tausende Kilometer entfernt liegen.

Von dem Schattendasein des Königsberger Flughafens profitieren die Flughäfen in der Nachbarschaft. Besonders Danzig und Riga erleben eine positive Entwicklung, da Bewohner des Königsberger Gebiets dorthin ausweichen, wenn sie in andere Länder Europas oder auch der Welt reisen möchten. Königsbergs Flughafen könnte wesentlich mehr Passagiere anlocken, da seine geografische Lage für Russen auf dem Weg ins europäische Ausland günstig ist. Eine solche Chance könnte der Flughafen nach neuesten Plänen wieder bekommen.

Der laufende Ausbau des Flughafens, der Ende 2016 beendet sein soll, ermöglicht es, dreimal so viele Passagiere abzufertigen, das heißt bis zu fünf Millionen pro Jahr. Zum Vergleich: 2014 ist der Passagier-Luftverkehr um elf Prozent gestiegen. Insgesamt wurden 1,5 Millionen Passagiere befördert. Der größte Anteilseigner des Flughafens, das Unternehmen „Aeroinvest“, leitet die Arbeiten zum Ausbau des Flughafens. Die Kosten, die für die Erweiterung des Passagierterminals, des Frachtterminals und anderer Bauten benötigt werden, betragen umgerechnet fast 251 Millionen Euro. Die staatlichen Auftraggeber sind das russische Verkehrsministerium und die staatliche Agentur für Luftverkehr.

Das Bauprojekt beinhaltet die Sanierung der bestehenden Anlagen und die Erweiterung des Terminalbereichs. Die erste Etappe der Bauarbeiten soll im März 2016 abgeschlossen sein, die zweite Anfang 2017. Das größte Entwick­lungspotenzial des Flughafens liegt in der Erweiterung der von Powunden ausgehenden Flugrouten. Um das zu erreichen, muss der Flughafen zu einem Verkehrsknotenpunkt weiterentwickelt werden, der europäischen Standards entspricht. Das heißt, er muss eine Infrastruktur haben, um zur Transit-Drehscheibe zwischen Russland und anderen Ländern werden zu können.

Während des Umbaus muss auch die Start- und Landebahn auf 3350 Meter verlängert werden, damit alle Typen von Flugzeugen sie nutzen können. Insbesondere Langstreckenflugzeuge könnten dann auch Powunden anfliegen.

An den Flughafenausbau knüpft sich die Hoffnung, dass er die Grundlage schafft, um die Region besser erreichbar zu machen, was auch zusätzliche Chancen für die Entwicklung des Tourismus birgt. Nach dem neuen Sommerplan für den Flugverkehr ist geplant, Direktflüge nach Berlin, Barcelona und Thessaloniki einzurichten.

Die bisher schon durchgeführten Neuerungen erfreuen in letzter Zeit die Passagiere. Die Fluggesellschaft S7 Airlines hat beispielsweise Automaten für das Ausdrucken von Bordkarten aufgestellt. Dieser Dienst ist inzwischen auch für Passagiere anderer Fluggesellschaften verfügbar und wird bereits von zehn Prozent der Passagiere genutzt. Bereits in dieser Flugsaison ist mit zusätzlichen Dienstleistungen zu rechnen, die den Reisenden den Aufenthalt im Königsberger Flughafen angenehmer machen. Jurij Tschernyschew


Komorowski in Masuren vorn
In Süd-Ostpreußen stimmten 56,4 Prozent für den Wahlverlierer

Bei dem zweiten Wahlgang der Präsidentenwahlen in Polen hat sich der konservative Kandidat der Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PIS), Andrzej Duda, gegen den Amtsinhaber Bronisław Komorowski mit 51,55 gegen 48,45 Prozent durchgesetzt. Die Wahlbeteiligung betrug 55,34 Prozent. Noch vor ein paar Monaten führte Bronisław Komorowski in den Umfragen, aber schon am 10. Mai bei dem ersten Wahlgang hatte Duda vorn gelegen.

Seit acht Jahren regiert in Polen die liberale Bürgerplattform. Komorowskis Niederlage gegen Duda könnte richtungweisend für die im Herbst stattfindende nächste Parlamentswahl sein.

Ähnlich wie im ersten Wahlgang dominierte Duda in den südlichen und östlichen Regionen der Republik Polen und auf den Dörfern, während Komorowski im Westen und Norden des Staates sowie in den Städten mehr Stimmen bekam. In der Woiwodschaft Ermland und Masuren gewann Bronisław Komorowski mit 56,4 Prozent.

Andrzej Duda war den meisten Polen noch vor Kurzem wenig bekannt. Er ist Jurist und seit vergangenem Jahr Mitglied des Europaparlaments. Er war Staatssekretär in der Präsidialkanzlei von Lech Kaczynski, der 2010 bei einem Flugzeugunglück in Smolensk ums Leben kam. Die Ehefrau von Duda, Agata, ist Deutschlehrerin.

In Polen liegt der Großteil der Macht nicht beim Präsidenten, sondern beim Regierungschef. Doch das Staatsoberhaupt beeinflusst nicht nur die Außen- und Verteidigungspolitik, sondern kann auch Gesetze initiieren und sein Veto gegen Gesetze einlegen.

Im Wahlkampf hatte Duda Steuervorteile versprochen. Er kündigte auch an, die umstrittene Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre rückgängig zu machen, auch wenn die Sozialpolitik gar nicht zum Kompetenzbereich des polnischen Präsidenten gehört. Die polnische Tageszeitung „Rzeczpospolita“ errechnete, dass dieser Schritt 45 Milliarden Zloty (rund elf Milliarden Euro) kosten würde und das Portal Pracodawcy RP (Arbeitsgeber Polens) schätzte die Kosten sogar auf 71,5 Milliarden Zloty (über 17 Milliarden Euro). Zu den weiteren Versprechen gehörte das Kindergeld für die ärmsten Familien, was 120 Milliarden Zloty (fast 30 Milliarden Euro) kosten kann. Wird der zukünftige Präsident diese Versprechen auch halten?

Edyta Gładkowska


Gleisanschluss
Bahnhof für Schiemanens neuen Flughafen

Von Anfang des kommenden Jahres an wird man mit der Eisenbahn von Allenstein zum Flughafen „Mazury“ in Schiemanen, Kreis Ortelsburg, reisen können. Die Reise wird eine Dreiviertelstunde dauern. Auf dem Abschnitt Allenstein–Ortelsburg werden die Züge mit 100 Kilometer pro Stunde und auf dem Abschnitt Ortelsburg–Schiemanen gar mit 110 Kilometern in der Stunde fahren.

Gebaut wird jetzt noch am letzten Abschnitt dieser Strecke und dem barrierefreien Bahnsteig beim Terminal. Das teilte die Polnische Staatsbahn (PKP) mit. Im April wurden bereits die Schwellen auf den aufgeschütteten Unterbau gelegt. Die Arbeiten sollen im Sommer beendet sein. Geplant ist ebenso der Bau eines lokalen Stellwerkes auf dem Bahnhof in Ortelsburg, das den Verkehr auf dieser Trasse regeln soll. Mit neuen Gleisen versehen und auch ansonsten erneuert, wird der zehn Kilometer lange Abschnitt von Ortelsburg nach Schiemanen. Umgebaut werden ebenso die Bahnsteige, und der Straßenbelag auf 37 Überwegen wird ausgetauscht. Auf dem Abschnitt Allenstein–Ortelsburg und auf dem Bahnhof in Ortelsburg sind bereits auf 44 Kilometern neue Gleise gelegt worden.

Der Regionalflughafen „Mazury“ befindet sich auf einem früheren Militärflugplatz. Der Bau des Terminals und der Infrastruktur dauern noch an. Die Investition muss noch dieses Jahr abgerechnet werden, damit der Zuschuss der Europäischen Union nicht verfällt. Die Kosten werden auf 205 Millionen Zloty (rund 50 Millionen Euro) geschätzt. Die Bezuschussung durch die EU beträgt 76 Prozent. Die Instandsetzung und Modernisierung der Eisenbahnlinien Allenstein–Ortelsburg-Schiemanen wurde auch von der EU mitfinanziert. PAZ


MELDUNGEN

Saudis wollen investieren

Allenstein – Möbelproduzenten aus dem südlichen Ostpreußen haben mit Hilfe der Woiwodschaftsverwaltung ein Angebot für den arabischen Markt vorbereitet. Die Zusammenarbeit wurde während einer Begegnung des Vize-Marschalls Jacek Protas mit dem Vertreter Saudi-Arabiens, Scheich Abdullah Alkraide, vorgestellt. Der Scheich ist an der Möbelbranche interessiert, aber auch an einer Investition in die Tourismusbranche und die Milchindustrie sowie in den Obstexport nach Arabien. In der Woiwodschaft Ermland und Masuren befassen sich mit der Produktion von Möbeln 1100 Firmen, in denen mehr als 12000 Beschäftigte arbeiten. Das ist die höchste Konzentration dieser Branche in Europa. PAZ

 

Ford zieht sich zurück

Königsberg – Mit der Ford Motor Company mit Sitz in Dearborn bei Detroit zieht sich der nach Toyota, General Motors, Volkswagen und Hyundai fünftgrößte Autohersteller der Welt aus der Russischen Föderation zurück. Betroffen ist auch die Zusammenarbeit mit Awtotor. In dem Königsberger Unternehmen ist die Lizenzproduktion bereits eingestellt worden. 500 Mitarbeiter mussten entlassen werden. Awtotor verhandelt zur Zeit mit BMW über die Möglichkeit, den BMW X6 in Königsberg zu fertigen. T.W.W.

 

Störungen des Verkehrs

Allenstein – Straße Nr. S7: Liebemühl [Miłomłyn], Baustelle. Straße Nr. 7: Liebemühl [Miłomłyn] – Osterode [Ostóda], Baustelle; Berghof [Tatary] – Candien [Kanigowo], Baustelle; Palicken [Pawliki] – Poweirsen [Powierz], Baustelle; Poweirsen [Powierz] – Napierken [Napierki], Baustelle. Straße Nr. 16: Groß Herzogswalde [Laseczno] Fußgängerzonenbau; Sensburg [Mragowo] – Kossewen [Kosewo], Randstreifenarbeiten; Nikoleiken [Mikołajki], Baustelle; Wensewen [Wezewo] – Gregersdorf [Grzegorze], Randsreifenarbeiten. Straße Nr. 51: Bartenstein [Bartoszyce], Baustelle; Heilsberg [Lidzbark Warminski], Olsztynska­straße, Baustelle; Hochwalde [Ługwałd] – Diwitten [Dywity], Rasenmähen; Allenstein [Olsztyn] – Pagelshof [Ameryka], Baustelle. Straße Nr. 54: Tiedmannsdorf [Chrusciel] – Braunsberg [Braniweo], Baustelle. Straße Nr. 58: Johannisburg [Pisz] – Bialla [Biała Piska], Randstreifenabreiten. Straße Nr. 59: Wilkassen [Wilkasy] – Schönballen [Szczybały Gizyckie], Randstreifenarbeiten. Straße Nr. 63: Angerburg [Wegorzewo], Zamkowastraße, Baustelle. Straße Nr. 65: Herzogskirchen [Gaski] – Przytullen [Przytuły], Baustelle; Lyck [Ełk] – Neuendorf [Nowa Wies Ełcka], Fußgängerzonenbau. PAZ


S. 14 Ostpreussische Familie

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

für alle Leserinnen und Leser, die mit Ostpreußen verbunden sind – gleich ob von der Abstammung her oder aus Liebe zu dem schönen Land –, ist unsere Zeitung ein stetes Spiegelbild unserer Heimat, das Vergangenheit und Gegenwart ausleuchtet und somit Erfreuliches wie Deprimierendes bieten muss, um der Wahrheit gerecht zu werden. So wie in dem Bericht auf der Titelseite des Ostpreußenblattes der Folge 17 über den Verfall des sogenannten Kanthauses in dem im Kreis Gumbinnen gelegenen Judtschen, das seit 1938 Kanthausen hieß. Er hat bei unserer Leserin Karin Brandt aus Elmshorn Erinnerungen an ihren dortigen Besuch vor einigen Jahren geweckt, von dem sie uns einige Fotos übermittelt. Was ihren Bericht so eindrucksvoll macht, ist ihre Schilderung der Begegnung mit einer Bewohnerin des Kanthauses, der alten Russin Baba Raissa, die der Besucherin ihre Meinung über das Schicksal des sichtlich dem Verfall preisgegebenen Gebäudes sagt.

„Die Baba Raissa erzählte uns, dass auch im Jahr 2004, also zum 200. Todesjahr Kants, ein großes Aufgebot an Reportern, Fernsehen und Prominenz, wie der Bürgermeister, dort versammelt war, geschockt vom Anblick des Hauses, in dem Kant angeblich als Hauslehrer tätig war, und alle vereinbarten, sofort etwas zu unternehmen. Aber wie das so ist: Es gab wohl andere wichtigere Themen – und das Haus war vergessen! Baba Raissa kam aus dem hinter Moskau gelegenen Kaluga und lebte hier mit Sohn und Enkel. Als ich dort war, stapelte der Sohn gerade Holz, das sie von ihrer kargen Rente für den Winter gekauft hatte, im verfallenen Teil des Hauses. Sie hatte die Hoffnung auf etwas Hilfe aufgegeben, war nun 78 Jahre alt und wollte nur noch ,auf die andere Seite der Straße‘! Auf meine Frage, was denn dort sei, nahm sie mich an die Hand, ging mit mir über die Straße und zeigte – auf den Friedhof! Es war alles sehr deprimierend und traurig. Diese Begegnung mit Baba Raissa ist eine der vielen Geschichten, die ich im Laufe der Jahre auf meinen Ostpreußenreisen mithilfe des russischen Taxifahrers Boris, der sehr gut Deutsch spricht, vernahm und auf denen ich viel berührende Menschlichkeit erfahren habe!“

Auf dem von Karin Brandt aufgenommenen Foto mit der betagten Russin ist noch ein wackliger Holzzaun zu sehen, der inzwischen wohl verheizt worden ist. Ob es tatsächlich nach den nie realisierten Instandsetzungsvorhaben jetzt zu einer Restaurierung des ehemaligen Schulgebäudes kommt, bleibt nur zu hoffen. Das etwa zehn Kilometer von Kanthausen entfernte Gumbinnen bietet ja da ein gutes Beispiel.

So wie es Jörn Pekrul in seinen Wanderungen durch Gumbinnen, die wir in Folge 20 brachten, empfunden und interpretiert hat. Es tut gut, wenn man etwas Positives aus dem nördlichen Ostpreußen erfährt und dies an unsere Leserinnen und Leser weitergeben kann. Dass es in dieser erkennbar gebliebenen Stadt auch andere Straßen und Plätze gibt, die noch von Beschuss und Brand erzählen, hat Jörn Pekrul auf seinen Wanderungen natürlich auch registriert, wie einige Aufnahmen aus seinem „Fotopaket Gumbinnen“ beweisen, von denen wir ja leider nur wenige bringen können. Ich gehe damit auf die Zuschrift von Herrn Gerald R. Schiller aus Berlin ein, der den Bericht interessiert und etwas erstaunt gelesen hat und dazu wie folgt Stellung nimmt: „Selbstverständlich sind Restaurationsarbeiten in der Stadt erkennbar beziehungsweise werden durchgeführt. Ganz besonders ist das als Fragment nach 1945 stehen gebliebene Landesregierungsgebäude von den Russen original wieder wie vor 1945 aufgebaut worden. Aber der überwiegende Teil in Gumbinnen befindet sich doch in keinem guten Zustand, was die Urbanität anbelangt.“ Hierzu legt Herr Schiller zwei Fotos von heruntergekommenen Gebäuden aus dem nördlichen Ostpreußen bei. „Man muss aber zugestehen, dass die Russen zu einem gewissen Teil endlich anfangen, die herunter gekommene deutsche Bausubstanz zu restaurieren. Und das werden sie auch machen müssen, wenn sie mit den EU-Staaten, die das dortige Gebiet heute umschließt, mithalten wollen.“

Manchmal genügt nur ein Name – und schon ist die Erinnerung da und lässt zur Feder greifen. Um uns mitzuteilen: Ich weiß auch etwas über die genannte Person. So erging es Frau Eva-Maria Ludwig aus Hamburg, als sie in Folge 18. den Namen von Professor Bamberger las. Werner Nagel begegnete dem früheren Chefarzt der Königsberger Universitäts-Kinderklinik im Johanniter-Krankenhaus in Pr. Holland, als er dort im Frühling 1945 mit einer aufgebrochenen Operationsnarbe lag. Vor einigen Jahren wurde in der Ostpreußischen Familie nach Informationen über Bamberger gefragt, da konnte Herr Nagel mit seiner Erinnerung zu einem Teil beitragen. Der Arzt soll dann im Sommer 1945 ganz plötzlich aus dem Krankenhaus verschwunden sein. Und da schließen sich nun Frau Ludwigs Erinnerungen an, die uns Folgendes mitteilt: „Herr Prof. Bamberger war 1947 als Professor an der Universität Heidelberg. Es war ein Geheimtipp, dort einen Studienplatz zu bekommen, wenn man sich bei ihm meldete und nachweisen konnte, dass man an der Königsberger Albertina studiert hatte. Eine Schulfreundin von mir, die ,schwarz‘ über die Grenze aus Jena gekommen war – dorthin war nach den Bombenangriffen auf Königsberg im August 1944 ein Teil des Universitätsbetriebes ausgelagert worden –, hatte sich auf der Toilette in Heidelberg umgezogen, und stellte sich dann ohne sichtbare Spuren des heimlichen Grenzübergangs dem Professor vor. Sie konnte ihm eine Studienbescheinigung der Albertina vorlegen und bekam sofort einen Studienplatz. Später ist sie in eigener Praxis als Allgemeinärztin in Heidelberg tätig gewesen.“

Und auch im nächsten Fall genügte ein Name, um eine Suchfrage an uns zu stellen, die aber im Grunde nichts mit dem auslösenden Namen zu tun hat – lediglich, dass er wie der Gesuchte lautet. In Folge 48/14 berichteten wir über die junge Geschichtsforscherin Margund Hinz aus Berlin und zeigten ein Foto, das anlässlich ihres Vortrages auf einem Seminar der Landsmannschaft Ostpreußen gemacht wurde. Die Bildunterschrift „Margund Hinz bei ihrem Referat im Ostheim“ war der Auslöser zu der Frage von Herrn Kurt Finkel aus Bochum, die ein bisher ungelöstes Familienrätsel beinhaltete. Herr Finkel kannte bis dahin nicht die PAZ, so war für ihn auch unsere „Ostpreußische Familie“ kein Begriff. Als er nun „durch Zufall“ die PAZ erhielt und in unserer Kolumne auf das Bild von Margund Hinz mit der Namensnennung stieß, schlug in ihm die Alarmglocke an: Könnten wir vielleicht jetzt eine Spur von jener Tante Emilie finden? Die geistert nämlich als unbekanntes Wesen durch seine Familiengeschichte. Also schritt Herr Finkel zur Tat und schrieb uns, dass er im Nachlass seines Vaters Gustav Finkel eine Karte gefunden habe, auf deren Rückseite der Vermerk stehe: „Zur freundlichen Erinnerung im Kriegsjahr 1916. Dein Neffe Gustav, Gnesen.“ Die Feldpostkarte ist adressiert an „Fräulein Emilie Hinz, Gross Konojard, Kreis Strasburg Westr./Pr.“ Nun haben weder Herr Finkel noch sein Bruder je etwas von einer Tante Emilie gehört, ihr Name wurde nie genannt noch taucht er in einem Dokument oder Brief auf. Das schwache Fünkchen Hoffnung, dass Herr Finkel in seinem Suchantrag hegt, beruht auf der Möglichkeit, dass sich in unserem Leserkreis auch Bewohner der im damaligen Kreis Strasburg gelegenen Ortschaft Gross Konojard finden, die sich vielleicht an eine dort wohnende Familie Hinz erinnern. Da Tante Emilie unverheiratet war, müsste ihr Nachname auch der Familienname sein. Aber nach 100 Jahren noch irgendwelche Spuren zu finden scheint gerade in diesem Gebiet, das gravierenden politischen Verwerfungen ausgesetzt war, kaum möglich. Eins ist allerdings gewiss: Margunds Familienname Hinz ist nur der Auslöser, denn diese alteingesessene Königsberger Familie ist mit Sicherheit nicht mit der gesuchten Hinz-Familie versippt. (Kurt Finkel, Zur Wegschere 49 in 44791 Bochum, Telefon 0234/596384.)

Da wir nun schon auf Spurensuche sind, wechseln wir kurz nach Bischofsburg. Dorthin führt die Suchfrage von Frau Helga Hafen aus Spaichingen, die sie für ihre Mutter Luzia Hippel stellt. Denn diese stammt aus Klackendorf, Kreis Rößel, und ihre Gedanken gehen wohl oft in die Heimat zurück, denn sie möchte gerne mit Landsleuten in Verbindung treten, die sie aus ihrer frühen Berufstätigkeit in Bischofsburg kennen. Da sie dort vier Jahre lang – von 1940 bis zur Flucht im Januar 1945 – in der Fleischerei Gustav Ley gearbeitet hat, dürften sich vielleicht noch ehemalige Kunden an die junge Frau erinnern. Luzia Hippel, die seit ihrer Heirat Mollerus heißt, würde sich sehr freuen, wenn sich jemand von den alten Bischofsburgern melden würde. (Helga Hafen, Baldenbergstraße 10 in 78549 Spaichingen, Mobiltelefon 0160/3555517.)

Unser Nachschrapselchen: Ein Lied wird gesucht. Frau Dagmar Adomeit aus Frankenberg erreichte die Anfrage einer ehemaligen Mitschülerin der Tragheimer Mädchen-Mittelschule in Königsberg, die es aus ihrer Schulzeit kennt. Frau Adomeit hat es allerdings nie gesungen, und deshalb wendet sie sich an uns mit der Bitte, unsere Familie nach diesem Lied zu befragen, das so beginnt: „Hinter grünen Fensterläden …“ Es soll sich um die Vertonung eines Gedichts von Walter Scheffler handeln. (Dagmar Adomeit, Hepenberg 8 in 35066 Frankenberg, Telefon 06451/21164.)

Eure Ruth Geede


Bisher unbekannt: die erste Liebe der Frieda Jung
Entdeckt in dem Memoiren des Königsberger Publizisten Ludwig Goldstein

Also manchmal denke ich: Das kann doch nicht wahr sein! So wie jetzt beim Gestalten dieser Familienseite. Für den Sonderbeitrag hatte ich schon einen Erlebnisbericht über die missglückte Flucht einer Familie aus dem nördlichen Ostpreußen herausgesucht, der als Fortsetzung unserer Zeitreise in das Jahr 1945 gedacht war, da wurde ich durch ein Telefongespräch auf ein Buch aufmerksam gemacht, das ich vor einiger Zeit mit der Bitte um eine Besprechung erhalten hatte: „Heimatgebunden – aus dem Leben eines Königsbergers“. Da es sich um die Memoiren des für das Königsberger Kulturleben im frühen 20. Jahrhundert sehr bedeutenden Publizisten und Kunsthistorikers Ludwig Goldstein handelt, muss ich mich eingehend mit dem Buch befassen, und das verlangt bei einem 600 Seiten starken Werk schon eine gewisse Zeit! Nach dem Gespräch, bei dem ich der Herausgeberin des Buches, Monika Boes, zugesichert hatte, dass eine ausführliche Besprechung demnächst erfolgen werde, um dieser ungemein facettenreichen Dokumentation über die damalige Kulturszene gerecht zu werden, schlug ich in Gedanken einen Bogen zu der in der letzten Folge veröffentlichten Laudatio über Frieda Jung von ihrem Urgroßneffen Eberhard Jung. In beiden Fällen sind es Nachkommen von ostpreußischen Kulturschaffenden, die das Vermächtnis in der Familie bewahren und lebendig halten. Dass sich eine noch viel engere Verbindung ergeben würde, konnte ich nicht ahnen, als ich mir einige Leseproben aus dem Goldstein-Buch gönnte. Doch da fiel mein Blick auf den Namen „Frieda Jung“ und was ich dann aus den Aufzeichnungen des Autors entnehmen konnte, führte eben zu der Feststellung: Das kann doch nicht wahr sein. Denn sie entpuppten sich als die Geschichte einer beginnenden ersten Liebe zwischen dem Sekundaner Ludwig und der jungen Lehrertochter Frieda. Sie erhellt nun die in den Biografien als „frühe Wanderjahre“ bezeichnete Zeit im Leben der Dichterin, über die kaum etwas bekannt ist. Auch Eberhard Jung, dem ich dies sofort mitteilte, war überrascht von dieser nun ent­deck­ten Jugendliebe. Die leider schon früh erlosch, wie Ludwig Goldstein in seinen im Jahr 1936 beendeten Memoiren bedauert, die erst jetzt durch seine Großnichte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Lassen wir ihn erzählen:

„In ganz jungen Jahren – sie zählte wohl erst 16 – war Frieda Jung nach Königsberg gekommen, um ihrem früh verwitweten Bruder August, der Zahlmeister beim 3. Regiment war, die Wirtschaft zu führen und an seinen beiden Kindern Mutterstelle zu vertreten. Ich sehe die Friedel von damals noch so lebendig vor mir: ein anmutiges, dunkelblondes Mädchen, zier und zart, mit nicht großen doch klugen und gütigen Augen. Frieda fügte sich trefflich in die noch ungewohnte Rolle als rühriges Hausmütterchen ein, das doch nie den Sinn für das Höhere verlor und verleugnete. Sie las gerne, lernte noch lieber und gelegentlich entstand auch schon ein Gedicht. Ich hielt dies für nichts Ungewöhnliches, erlaubte mir sogar einige Kritteleien, nichts verriet die geistige Entwicklung, die die bescheidene Verfasserin einmal nehmen sollte. Ich hatte sie einfach gern in all ihrer Munterkeit. Wir hatten uns auf einem von Familie W. veranstalteten Ausflug kennen gelernt. Bei der abendlichen Heimkehr hatte ich das Glück oder ehrlicher: hatte ich alles darauf angelegt, dass ich neben ihr zu sitzen kam, und in dieser dämmerigen Journaliere zwischen allmählich ausgehenden Zigarren, halb eingeschlafenen, reiferen Damen und hin und her baumelnden Papierlaternen fühlten zwei junge Herzen zum ersten Mal ein heftigeres Schlagen, das nicht bloß körperlichen Ursprungs war.

Es stellten sich noch weitläufige Verwandtschaftsbeziehungen ein, um einen regelmäßigen, wenn auch unschuldigen Verkehr zu ermöglichen. Nicht bloß der guten Sitte wegen bestellte mich Friedas angeborener Bildungseifer zum Literaturlehrer, obwohl meine Sekundaner-Weisheit noch recht lückenhaft war. Aber wir nahmen es verteufelt ernst, ich als streng sachlicher Unterrichter, sie als ergebene fast peinlich aufmerksame Hörerin. Es waren schöne Stunden, beseelt von jugendlichem Gleichklang und ahnungsfrohem Zukunftsmut. Damals begann das ,Himmelhoch jauchzend – zu Tode betrübt‘, das mir im Leben noch so schwer zu schaffen machen sollte, sich erstmals auszuwirken.“

Doch die ersten Fäden einer jungen Liebe, die sich zwischen Frieda und Ludwig zu spinnen begannen, wurden schon bald durch einen ungewöhnlichen Vorfall zerrissen. Sie hatten sich zu einem Treffen an einem zauberhaften Frühlingsmorgen vor der Kaserne verabredet, und Ludwig kam „mit der Seligkeit eines still Verliebten“ – und stürzte dann jäh aus allen Himmeln, denn die beiden jungen Menschen wurden Zeugen eines schockierenden Zwischenfalls. Ein kleiner Soldatentrupp rückte gerade zum Schießen aus, und einer der Rekruten lachte, spielte den Hanswurst und steckte die Kameraden mit seiner Fröhlichkeit an – der ein übelgelaunter Unteroffizier je ein Ende setzte, indem er ihm mit der Faust so heftig in das Gesicht schlug, dass der Helm zu Boden fiel. „Es legte sich wie ein Schleier über die Dinge, und es war, als ob ich selber etwas abbekommen hätte“, so beschreibt Goldstein diesen Vorfall, der die Hochstimmung der beiden auf den Tiefpunkt sinken ließ.

Vielleicht wäre es doch noch zu einer engeren Verbindung gekommen, wenn sich nicht August Jung wieder verheiratet und Frieda Königsberg verlassen hätte, um zu ihren auf dem Lande lebenden Verwandten zu gehen. Ludwig besuchte sie noch einmal in Darkehmen, wo sie bei ihrer Mutter wohnte. „Wir sagten einander Lebewohl für lange, lange Zeit, und am Ende vergaß eines das andere im Alltag. Erst nach einem vollen Menschenalter sollte es noch ein unvermutetes und darum umso herzlicheres Wiedersehen geben, doch davon später!“ Das gilt auch für unsere Ostpreußische Familie. (Ludwig Goldstein: „Heimatgebunden. Aus dem Leben eines alten Königsbergers“, ISBN-Nummer 978-3-86557-367-4.) R.G.


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 99. GEBURTSTAG

Kamm, Waltraut, geb. Meyer, aus Metgethen, Kreis Samland, am 9. Juni

Lubowitz, Martha, aus Dreimühlen, Kreis Lyck, am 12. Juni

Mrotzek, Gertrud, geb. Przytulla, aus Kölmersdorf, Kreis Lyck, am 6. Juni

ZUM 98. GEBURTSTAG

Roehr, Erna, geb. Bobrowski, verwitwete Dudda, aus Treuburg, am 8. Juni

ZUM 96. GEBURTSTAG

Johann, Hildegard, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 6. Juni

Reincke, Grete, geb. Summek, aus Borschimmen, Kreis Lyck, am 11. Juni

Wedler, Richard, aus Friedlau, Kreis Elchniederung, am 10. Juni

ZUM 95. GEBURTSTAG

Heidrich, Elfriede, geb. Dudda, aus Farienen, Kreis Ortelsburg, am 6. Juni

Klein, Gisela, geb. Reinecker, aus Stadtfelde, Kreis Ebenrode, am 11. Juni

Ruddat, Hilde, geb. Timsries, aus Kripfelde, Kreis Elchniederung, am 9. Juni

Tiefenbach, Werner, aus Göritten, Kreis Ebenrode, am 6. Juni

Wenzel, Ottilie, geb. Becker, aus Lindenort, Kreis Ortelsburg, am 8. Juni

Ziegler, Irmgard, geb. Lungwitz, aus Lyck, Kaiser-Wilhelm-Straße 141, am 9. Juni

ZUM 94. GEBURTSTAG

Borriß, Anna, geb. Niedzella, aus Neuendorf, Kreis Lyck, am 7. Juni

Fligge, Heinz, aus Drugehnen, Kreis Samland, am 10. Juni

Gorriahn, Irmgard, geb. Stamm, aus Lyck, Kaiser-Wilhelm-Straße 123, am 8. Juni

Wörner, Edith, geb. Dangeleit, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 9. Juni

ZUM 93. GEBURTSTAG

Balewsky, Elly, geb. Bähr, aus Loye, Kreis Elchniederung, am 11. Juni

Hayn, Waltraud, geb. Gurrack, aus Groß Hoppenbruch, Kreis Heiligenbeil, am 8. Juni

Kabbe, Eva, geb. Poesze, aus Kurwensee, Kreis Elchniederung, am 11. Juni

Krieger, Elfriede, geb. Grieger, aus Starkenberg, Kreis Wehlau, am 8. Juni

Objartel, Hann, geb. Kobjolke, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 10. Juni

Roggon, Kurt, aus Friedrichsheide, Kreis Treuburg, am 12. Juni

ZUM 92. GEBURTSTAG

Grewer, Elfriede, geb. Marwinski, aus Rauschen, Kreis Samland, am 7. Juni

Kraska, Hanna, geb. Heise, aus Pobethen, Kreis Samland, am 12. Juni

Lange, Herta, geb. Wittke, aus Nadrau, Kreis Samland, am 10. Juni

Pruß, Hildegard, aus Eichensee, Kreis Lyck, am 12. Juni

Schmidt, Hedi, geb. Gudzus, aus Kalkhof, Kreis Treuburg, am 11. Juni

Steicher, Margarete, geb. Kubat, aus Alt Seckenburg, Kreis Elchniederung, am 11. Juni

Tulowitzki, Hilde, aus Neufließ, Kreis Ortelsburg, am 11. Juni

ZUM 91. GEBURTSTAG

Budzinski, Waltraut, geb. Hermann, aus Lyck, Sentker Chaussee, am 6. Juni

Gesk, Ewald, aus Jakubben, Kreis Johannisburg, am 17. Mai

Hibbeler, Ruth, geb. Negt, aus Gauleden, Kreis Wehlau, am 9. Juni

Kiefer, Willi, aus Zimmerbude, Kreis Samland, am 8. Juni

Koos, Liesbeth, geb. Dölinski, aus Reichenwalde, Kreis Lyck, am 11. Juni

Mehner, Lieselotte, geb. Mertins, aus Langenberg, Kreis Elchniederung, am 6. Juni

Scherf, Gertrud, geb. Sawetzki, aus Schiewenau, Kreis Wehlau, am 10. Juni

ZUM 90. GEBURTSTAG

Bernatzki, Gerda, geb. Schwarz, aus Germau, Kreis Samland, am 6. Juni

Bondzio, Ilse, aus Borschimmen, Kreis Lyck, am 8. Juni

Bromm, Karl-Heinz, aus Prostken, Kreis Lyck, am 9. Juni

Burgwinkel, Hedwig, geb. Jakobswalde, Kreis Ortelsburg, am 8. Juni

Dreisbach, Hildegard, geb. Blesch, aus Gedwangen, Kreis Neidenburg, am 8. Juni

Franke, Waltraut, aus Scharfenrade, Kreis Lyck, am 10. Juni

Hansen, Hildegard, geb. Wenzlawski, aus Grammen, Kreis Ortelsburg, am 8. Juni

Hennecke, Lilli, geb. Peßlin, aus Argemünde, Kreis Elchniederung, am 10. Juni

Hollstein, Rolf, aus Friedrichsthal, Kreis Wehlau, am 7. Juni

Klaproth, Else, geb. Kunzat, aus Ebenrode, am 8. Juni

Kroekel, Irmgard, geb. Heun, aus Wehlau, am 6. Juni

Paulokat, Heinz, aus Mühlenhöh/Schwirblienen, Kreis Tilsit-Ragnit, am 8. Juni

Rebmann, Edeltraut, aus Walden, Kreis Lyck, am 7. Juni

Schiwiora, Erika, aus Zielhausen, Kreis Lyck, am 8. Juni

Schmidt, Anna Elisabeth, geb. Tresp, aus Kölmersdorf, Kreis Lyck, am 8. Juni

Schiwiora, Erika, geb. Lemke, aus Zielaßen, Kreis Lyck, am 8. Juni

Schroeter, Herta, geb. Ragnitz, aus Treuburg, am 7. Juni

Vosgerau, Hildegard, geb. Meya, aus Gorlau, Kreis Lyck, am 7. Juni

ZUM 85. GEBURTSTAG

Auf dem Berg, Edith, geb. Kupzyk, aus Kreuzdorf, Kreis Treuburg, am 12. Juni

Baranowski, Karl, aus Altkirchen, Kreis Ortelsburg, am 6. Juni

Barz, Erika, geb. Pokern, aus Pillau, Kreis Samland, am 8. Juni

Bilie, Lotte, geb. Romanowski, aus Millau, Kreis Lyck, am 8. Juni

Carstensen, Hildegard, geb. Sadlowski, aus Liebenberg, Kreis Ortelsburg, am 10. Juni

Christ, Ruth, geb. Wizorrek, aus Siewen, und Phein, Kreis Lötzen, am 6. Juni

Dunkel, Veronika, geb. Beck, aus Weißensee, Kreis Wehlau, am 8. Juni

Gordon, Gisela, geb. Krisch, aus Lötzen, am 7. Juni

Handke, Ingrid, geb. Gröbert, aus Seckenburg, Kreis Elchniederung, am 10. Juni

Hansen, Jens, aus Ostseebad Cranz, Kreis Samland, und aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 9. Juni

Harden, Edeltraut, geb. Soppa, aus Kielen, Kreis Lyck, am 9. Juni

Herold, Rosemarie, aus Cojehnen, Kreis Samland, am10. Juni

Janz, Gerhard, aus Stobingen, Kreis Elchniederung, am 10. Juni

Jeglinski, Hans, aus Seedranken, Kreis Treuburg, am 7. Juni

Kargoll, Erika, geb. Rausch, aus Canditten, Kreis Preußisch Eylau, am 12. Juni

Karsch, Liesbeth, geb. Barth, aus Eichhagen, Kreis Ebenrode, am 9. Juni

Kolwe, Horst-Günter, aus Goldensee, Kreis Lötzen, am 8. Juni

Kramer, Rosemarie, geb. Bialluch, aus Preußenwall, Kreis Ebenrode, am 9. Juni

Krüger, Irma, geb. Räse, aus Gundau, Kreis Wehlau, am 6. Juni

Kulschewski, Herbert, aus Eiserwagen, Kreis Wehlau, am 11. Juni

Lattko, Heinz, aus Wiesengrund, Kreis Lyck, am 8. Juni

Liebetruth, Erika, geb. Breitmayer, aus Gottesgnade, Kreis Preußisch Eylau, am 7. Juni

Palme, Edith, geb. Kasper, aus Fließdorf, Kreis Lyck, am 11. Juni

Peters, Klara, geb. Kaiser, aus Kobbelbude, Kreis Samland, am 6. Juni

Rothe, Herta, aus Matzken, Kreis Heydekrug, am 11. Juni

Schwiderowski, Helene, geb. Renner, aus Bieberswalde, Kreis Wehlau, am 6. Juni

Seemann, Edith, geb. Jacksteit, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 12. Juni

Tau, Elli, geb. Packhäuser, aus Klein Nuhr, Kreis Wehlau, am 8. Juni

Völkner, Hans, aus Karkeln, Kreis Elchniederung, am 9. Juni

Walendy, Lisa, geb. Honek, aus Markgrafsfelde, Kreis Treuburg, am 10. Juni

Winkler, Margot, geb. Link, aus Inse, Kreis Elchniederung, am 10. Juni

ZUM 80. GEBURTSTAG

Bludau, Alfred, aus Grunau, Kreis Heiligenbeil, am 9. Juni

Bluhm, Siegrid, geb. Gaschk, aus Schwentainen, Kreis Treuburg, am 11. Juni

Bruns, Margarete, geb. Heysel, aus Klein Rauschen, Kreis Lyck, am 12. Juni

Carli, Remo, aus Lyck, am 6. Juni

Czremin, Ernst, aus Friedrichshof, Kreis Ortelsburg, am 9. Juni

Dowideit, Horst, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 9. Juni

Eggert, Telse, geb. Peters, aus Aßlacken, Kreis Wehlau, am 12. Juni

Gieseler, Gernot, aus Tawellenbruch, Kreis Elchniederung, am 9. Juni

Hasenpusch, Marie-Luise, geb. Koch, aus Windkeim, Groß Windkeim, Kreis Heiligenbeil, am 10. Juni

Heyer, Gertrud, geb. Schlachta, aus Talhöfen, Kreis Neidenburg, am 8. Juni

Hillbrunner, Siegfried, aus Langheide, Kreis Lyck, am 6. Juni

Iwanowski, Erich, aus Lyck, am 6. Juni

John, Elsbeth, geb. Stelke, aus Föhrenhorst, Kreis Ebenrode, am 10. Juni

Kanngießer, Helga, geb. Rasokat, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 7. Juni

Kehl, Werner, aus Alt Keykuth, Kreis Ortelsburg, am 6. Juni

Kownatzki, geb. Szislewski, aus Kleineppingen, Kreis Neidenburg, am 11. Juni

Krumpe, Helga, geb. Kollien, aus Hohenfürst, Kreis Heiligenbeil, am 5. Juni

Marks, Paul, aus Reuß, Kreis Treuburg, am 7. Juni

Marx, Christel, geb. Adam, aus Lesgewangen, Kreis Tilsit-Ragnit, am 11. Juni

Müller, Maria, geb. Lorenz, aus Hohenschanz, Kreis Ebenrode, am 11. Juni

Nikoleyczik, Irmgard, aus Lyck, am 8. Juni

Pfeifer, Irmgard, geb. Salomon, aus Sprindlack, Kreis Wehlau, am 8. Juni

Pipin, Dieter, aus Tilsit, am 10. Juni

Prothmann, Franz, aus Bladiau, Kreis Heiligenbeil, am 12. Juni

Schneider, Inge, geb. Sayk, aus Groß Degesen, Kreis Ebenrode, am 12. Juni

Schomacker, Erich, aus Quickborn, am 9. Juni

Sodeik, Werner, aus Groß Budlacken, Kreis Wehlau, am 8. Juni

Will, Helga, geb. Dunkel, aus Moterau, Kreis Wehlau, am 12. Juni

Zeuschner, Gerda, geb. Bartlick, aus Klein Stürlack, Kreis Lötzen, am 7. Juni

ZUM 75. GEBURTSTAG

Baum, Christa, geb. Buschmann, aus Kalkhof, Kreis Treuburg, am 11. Juni

Döring, Rosemarie, geb. Jurkschat, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 7. Juni

Dzugga, Reinhold, aus Rogonnen, Kreis Treuburg, am 8. Juni

Franzke, Rosemarie, geb. Truschkowski, aus Groß Tauernsee, Kreis Neidenburg, am 7. Juni

Herrmann, Edeltraud, geb. Statz, aus Muschaken, Kreis Neidenburg, am 10. Juni

Klostermeyer, Klaus, aus Hanswalde, Kreis Wehlau, am 6. Juni

Kramp, Johannes, aus Palmnicken, Kreis Samland, am 8. Juni

Krauß, Gisela, geb. Rekat, aus Kreis Elchniederung, am 9. Juni

Kühn, Manfred, aus Klimmen, Kreis Ebenrode, am 9. Juni

Limberg, Ilse, geb. Kretzing, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 10. Juni

Rogait, Günter, aus Rehwalde, Kreis Elchniederung, am 10. Juni

Schatull, Rosemarie, geb. Rubba, aus Schwengels, OT Dothen, Kreis Heiligenbeil, am 6. Juni

Siska, Ekkehard, aus Lötzen, am 8. Juni

Spey-Acker, Ursula, geb. Spey, aus Treuburg, am 6. Juni

Stober, Dieter, aus Goldbach, Kreis Wehlau, am 9. Juni

Tietz, Ernst, aus Groß Jauer, Kreis Lötzen, am 8. Juni

Tißberger, Asta, geb. Weitschies, aus Seckenburg, Kreis Elchniederung, am 12. Juni

Wolf, Eva, geb. Schulz, aus Eiserwagen, Kreis Wehlau, am 6. Juni

Ziems, Manfred, aus Seckenburg, Kreis Elchniederung, am 10. Juni


S. 16-17 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BUND JUNGES OSTPREUSSEN

Vorsitzender: Stefan Hein, Gst.: Buchtstr. 4, 22087 Hamburg, Tel.: (040) 4140080, E-Post: kontakt@junge-ostpreussen.de, www.junge-ostpreu­ssen.de.

Schloss Burg – Sonntag, 5. Juli: Der BJO beteiligt sich am Kleinen Ostpreußen- und Schlesiertreffen auf Schloss Burg an der Wupper. Beginn der Veranstaltung: 10 Uhr, Kundgebung: 14 Uhr. Weitere Informationen: www.ostpreussen-nrw.de. Dort links auf den Button „Ostpreußentreffen“ klicken.

Breslau – 26. September: In der niederschlesischen Stadt Breslau findet dieses Jahr das Kulturfestival der deutschen Minderheit in der Jahrhunderthalle statt. Dieses gibt es nur alle drei Jahre und ist durchaus etwas Besonderes.

Die Stadtfahrt dient dazu, sich gemeinsam einen Eindruck von der Veranstaltung zu verschaffen, und bietet Gelegenheit, die schöne Stadt zu erkunden, und das natürlich nicht nur am Tage. Die Teilnehmer treffen sich in Breslau am Abend des 24. Septembers und reisen am 27. September wieder ab. Der Altersschwerpunkt der Stadtfahrt liegt zwischen 16 und 35 Jahren. Die Einladung mit weiteren Einzelheiten findet sich auf www.junge-ostpreussen.de.

 

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Buchen – Sonntag, 21. Juni, 9 Uhr, Haupteingang der Basilika in Walldürn: Teilnahme an der Vertriebenen-Wallfahrt. Weitere Informationen: R. S. Winkler, Telefon (06821) 8137.

Göppingen – Jeweils am ersten Mittwoch im Monat trifft sich um 14 Uhr im Lokal Glashaus, Vordere Karlstraße 41, 73033 Göppingen die Kreisfrauengruppe zu ihren Kulturnachmittagen. Ansprechpartner ist Vera Pallas, Telefon (07162) 5870.

Ulm/Neu Ulm – Sonnabend, 13. Juni, 14.30 Uhr, Ulmer Stuben: Monatliches Treffen.

Weinheim/Bergstraße – Mittwoch, 10. Juni, 14.30 Uhr, Café Wolf: Gemütliches Beisammensein der Frauengruppe. Es wird aus dem Buch „Ostpreußisches Lachen“ von Hermann Bink vorgelesen.

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Altmühlfranken – Freitag, 19. Juni, Gasthof Krone, Gunzenhausen: Heimatliches Essen: „Pommersche Kartoffelsup“. Anschließend Lesung aus Ernst-Moritz Arndts Reisebericht aus Franken.

Anspach – Sonnabend, 20. Juni, 14.30 Uhr: Lesung „Prußische Geschichten“ von Heinz Georg Podehl. Erinnerung an unsere Vorfahren und die Namensgeber Preußens.

Bamberg – Mittwoch, 17. Juni, 15 Uhr, Hotel Wilde Rose: „Masuren in den Jahren 1945–1962“ – ein Erlebnisbericht von H. Sakowski.

Erlangen – Donnerstag, 11. Juni, 15.45 Uhr, Raum 20, Freizeitzentrum Frankenhof, Südliche Stadtmauerstraße 35: Vortrag und Dis-kussion über Käthe Kollwitz. Gäste sind herzlich willkommen.

Landshut – Dienstag, 16. Juni, 14 Uhr, Insel: Zusammenkunft.

München – Freitag, 12. Juni, 14 Uhr, Haus der Deutschen Ostens. Lilienberg 5, 81669 München: Treffen der Frauengruppe. – Sonnabend, 27. Juni, 14.30 Uhr, Haus des Deutschen Ostens: Sommerfest mit der Drehorgel-Spielerin Uschi Walter. Zu Beginn gemeinsame Kaffeetafel.

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Frauengruppe – Mittwoch, 10. Juni, 13.30 Uhr, Pflegestützpunkt, Wilhelmstr. 116–117, 10963 Berlin: Referat zum Thema „Landleben in Ostpreußen“. Anfragen: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Rastenburg – Sonntag, 14. Juni, 15 Uhr, Restaurant Stammhaus Rohrdamm 24 B, 13629 Berlin: Treffen. Anfragen: Martina Sontag, Telefon (033232) 188826.

Gumbinnen, Johannisburg, Lötzen, Sensburg – Dienstag, 16. Juni, 13 Uhr, Restaurant Dalmata, Albrechtstr. 52, 12167 Berlin: Gemeinsames Treffen. Anfragen Gumbinnen: Joseph Lirche, Telefon (030) 4032681. Johannisburg und Sensburg: Andreas Maziul, Telefon (030) 5429917, Lötzen: Gabriele Reiß, (030) 75635633.

 

BREMEN

Vorsitzender: Helmut Gutzeit, Telefon (0421) 25 09 29, Fax (0421) 25 01 88, Hodenberger Straße 39 b, 28355 Bremen. Stellvertrende Vorsitzende: Marita Jachens-Paul, Ratiborer Straße 48, 27578 Bremerhaven, Telefon (0471) 86176. Landesgeschäftsführer: Jörg Schulz, Am Anjes Moor 4, 27628 Uthlede, Telefon (04296) 74 77 01.

Bremen – Montag, 8. Juni, 15.30 Uhr, Großer Salon, Hotel zur Post, Bahnhofsplatz, 28215 Bremen: „Nikolaus Kopernikus, Leben und Werk“ – Vortrag von Hans-Jürgen Kämpfert, Lübeck-Stockelsdorf.

Der Referent ist seiner Heimatstadt Danzig sehr engagiert verbunden. Bereits während seiner aktiven Berufszeit, zuletzt als Oberstudiendirektor, engagierte er sich führend im „Akademischen Freundeskreis Danzig-Westpreußen“ und als Bundeskulturreferent des „Bundes der Danziger“. Nach seiner Pensionierung übernahm er den Vorsitz der „Copernicus-Vereinigung für Geschichte und Landeskunde Westpreußens“ und wurde Präsident der „Danziger Naturforschenden Gesellschaft“, die gemeinsame Tagungen mit polnischen Wissenschaftlern entweder in Danzig oder in Travemünde veranstaltet.

Der Vortrag findet im Anschluss an eine Kaffeetafel statt. Der Eintritt ist frei.

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Haus der Heimat, Teilfeld 8, 20459 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

KREISGRUPPEN

Insterburg – Die Heimatkreisgruppe trifft sich jeden ersten Mittwoch im Monat (außer im Januar und im Juli) zum Singen und einem kulturellem Programm um 12 Uhr, Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123–125. Kontakt: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69b, 22459 Hamburg. Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

Gumbinnen – Sonnabend, 6. Juni, 14 Uhr, Traditionshaus Lackemann, Litzowstieg 8, 22041 Hamburg: Heimatnachmittag. Für ein abwechslungsreiches Programm ist gesorgt. Über jeden neuen Gast würden wir uns freuen. Klären möchten wir bei diesem Treffen auch die Frage, wie es mit der Heimatgruppe weitergeht.

Das Haus Lackemann ist mit der U1 bis Wandsbek Markt gut zu erreichen. Zwischen dem Einkaufszentrum Quarree und dem Hotel Thiefenthal den Durchgang „Hinterm Stern“ nehmen, dann sind es nur wenige Schritte zum Restaurant.

Frauengruppe – Donnerstag, 11. Juni, 15 Uhr, Harderhof, Moorfleeter Deich 395, 22113 Hamburg: Die Frauengruppe der Ost- und Westpreußen in Hamburg-Bergedorf trifft sich Erdbeeressen mit Hofbesichtigung auf dem Harderhof.

Heiligenbeil – Achtung Terminverschiebung: Aus organisatorischen Gründen hat sich eine Änderung für das Sommerfest ergeben. Es findet nicht am 20. Juni statt, sondern am Sonnabend, 13. Juni. Ort: AWO-Seniorentreff, Bauerbergweg 7. Beginn: 14 Uhr. Alle Mitglieder und Freunde der Gruppe sind herzlich eingeladen, in geselliger Runde fröhliche Stunden miteinander zu verbringen. Es gibt Kaffee, Kuchen und dem Filmvortrag „65 Jahre Landsmannschaft Ostpreußen – Landesgruppe Hamburg“.

Der Kostenbeitrag liegt bei 5 Euro. Sie erreichen den Seniorentreff mit der Buslinie 116 (Haltestelle Bauerberg) von den U-Bahnstationen Hammer Kirche, Billstedt oder Wandsbek-Markt aus. Von der Haltestelle Bauerberg sind es noch zwei Gehminuten bis zum Seniorentreff. Anmeldung bitte bis 12. Juni bei Konrad Wien, Telefon (040) 32049041.

Osterode – Sonnabend, 20. Juni, 14 Uhr. Magnolienzimmer, Restaurant Ribling (früher Krohn), Fuhlsbüttler Str. 755, Hamburg-Ohlsdorf: Sommerfest.

Das Restaurant liegt unmittelbar am U/S-Bahn Ausgang Fuhlsbüttler Straße. Der Nachmittag beginnt mit einer gemeinsamen Kaffeetafel. Den herannahenden Sommer begrüßen wir mit Liedern und Geschichten.

 

HESSEN

Vorsitzender: Eberhard Traum, Wächtersbacherstraße 33, 63636 Brachtal, Telefon (06053) 708612.

Darmstadt/Dieburg – Erfreulicherweise war unsere Veranstaltung am 16. Mai gut besucht, und durch die Mithilfe aller konnte der Tag gut gestaltet werden. Es konnten auch wieder viele Gäste begrüßt werden. Mit musikalischer Unterstützung durch Herrn Fischer und Herrn Kröhnert erklangen viele Lieder zur Begrüßung des Frühlings. Zwischendurch gab es abwechslungsreiche Kurzgeschichten und Gedichte zu hören. Christiane Mertz trug ein Gedicht zum Muttertag vor.

Jetzt gehen wir bis zum 15. August in die Sommerpause. Bei unserem geplanten Treffen am 15. August hält Karla Wyland einen Lichtbildervortrag mit dem Titel: „Auf unserer Wiese gehet was“.

Leider gibt es zum 16. Mai auch einen traurigen Anlass zu verkünden, denn an diesem Tag ist unser langjähriges Vorstandsmitglied Erhard Karnetzke nach kurzer Krankheit verstorben. Alle Landsleute trauern mit der Familie. Wir werden ihn sehr vermissen.

Kassel – Donnerstag, 11. Juni 2015, 14.30 Uhr. AWO-Heim, Am Wehrturm 3: „Das Samland - eine Perle des deutschen Ostens“ – Vortrag von Ruth Barthel.

– Bericht -

Beim Mai-Treffen der Gruppe lenkte Karla Weyland, Landesfrauenreferentin der LOW Hessen, den Blick der zahlreich erschienenen Mitglieder und Gäste auf ost- und westpreußische Künstler, Schauspieler und Sänger, welche noch weit in die Nachkriegszeit hinein die Bühnen beherrschten, in den Medien präsent waren und die empfänglichen Gemüter bewegten.

Leider gerieten die meisten Größen in Vergessenheit: „Die Nachwelt flicht dem Mimen eben keine Kränze“ – so lautete auch die Überschrift des künstlerischen Rückblicks. Am Anfang der Ehrentafel stand Rudi Schuricke. Er war der populärste Schlagersänger der Nachkriegszeit und stammte aus Königsberg. Kaum einer wusste, dass zwischen ihm und dem ebenfalls am Pregel aufgewachsenen Naturfilmer Heinz Sielmann eine lebenslange Freundschaft bestand. Als eines seiner erfolgreichsten Lieder gilt: „Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt“.

In Nakel im westpreußischen Kreis Wirsitz wurde 1890 der Kabarettist und Autor Fred Endrikat geboren. Aus seiner Feder stammen solche uns heute noch ansprechenden Zeilen wie: „Jeder muss sein Päckchen tragen, teils mit Wohl-, teils Unbehagen. Schau nach vorn, dort gehen sie: Hans im Glück und Pech-Marie.“

In Erinnerung geblieben ist manchen die Musikgruppe „Insterburg & Co.“. Der Gründer, Ingo Insterburg, stammt tatsächlich aus der gleichnamigen Stadt südlich der Inster. Durch seine Unterhaltungsmusik und seine Schlager bekannt ist Theo Mackeben aus Preußisch Stargard in Westpreußen. Seine Lieder sind noch nicht ganz vergessen, beispielsweise „Komm auf die Schaukel, Luise“ oder „Du hast Glück bei den Frau’n“.

Auch Ivan Rebroff stammt aus dem Osten. Vermutlich wurde er in Cranz geboren und trug den bürgerlichen Namen Hans-Rolf Rippert. 2008 starb er mit 76 Jahren in Berlin. Viele weitere Persönlichkeiten, deren östliche Herkunft man gar nicht vermutete, stellte Karla Weyland den aufmerksam zuhörenden Teilnehmern vor, etwa Otto Nicolai (Königsberg), Klaus Kinski (Zoppot), Justus Frantz (Hohensalza), Alexandra (Heydekrug) und den Schelm Heinz Ehrhard (Riga), um nur diese zu nennen. Wieder wurde deutlich, welch reichen Segen unser Vaterland dem deutschen Osten zu verdanken hat. Großer Dank an die Vermittlerin!

Gerhard Landau

Wetzlar – Montag, 8. Juni, 19 Uhr, Restaurant Grillstuben, Stoppelberger Hohl 128: Dia-Vortrag zum Thema „Der Westpreuße Hermann Löns“. Referentin ist die Kulturbeauftragte der ost- und westpreußischen Landsmannschaft in Hessen, Karla Weyland. Der Eintritt ist frei. Kontakt: Kuno Kutz, Telefon (06441) 770559.

Wiesbaden – Dienstag, 9. Juni, 14.30 Uhr Wappensaal, Haus der Heimat, Friedrichstraße 35: Treffen der Frauengruppe. Das Beisammensein steht unter dem Motto „Anekdoten und Wissenswertes von großen und kleinen Leuten“. Bitte den geänderten Beginn beachten. 14.30 Uhr gilt auch in Zukunft. – Donnerstag, 11. Juni, 12 Uhr, Gaststätte „Haus Waldlust“, Ostpreußenstraße 46, Wiesbaden-Rambach: Stammtisch. Serviert wird Spargel mit Schinken. Es kann auch nach der Speisekarte bestellt werden. Wegen der Platz- und Essendis-position bitte anmelden bis spätestens Freitag, 5. Juni, bei Irmgard Steffen (0611) 844938. Anreise: ESWE-Busverbindung Linie 16, Haltestelle Ostpreußenstraße.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Helmstedt – Donnerstag, 11. Juni, 15 Uhr, Begegnungsstätte, Schützenwall 4: Gemeinsames Treffen. Weitere Informationen: Frau Anders, Telefon (05351) 9111.

Osnabrück – Donnerstag, 25. Juni, 15 Uhr, Gaststätte Bürgerbräu, Blumenhaller Weg 43: Literaturkreis.

Rinteln – Donnerstag, 11. Juni, 15 Uhr, Hotel Stadt Kassel, Klosterstraße 42, 31737 Rinteln: Bei diesem Monatstreffen können die Teilnehmer spontan über ihre Herkunft und gegebenenfalls auch über Reisen in ihre Heimat oder die ihrer Vorfahren berichten. Neben den Mitgliedern der Gruppe sind Angehörige und Freunde sowie interessierte Gäste aus Nah und Fern ebenfalls herzlich willkommen. Auskünfte und Informationen zur landsmannschaftlichen Arbeit in Rinteln gibt es beim Vorsitzenden Joachim Rebuschat unter Telefon (05751) 53 86 oder über: rebuschat@web.de

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Bielefeld – Die Kreisgruppe möchte auf die Gästewoche der Ost-, Westpreußen und Sudetendeutschen in Seeboden in Kärnten hinweisen. Sie findet vom 21. bis 27. Juni statt. Ein umfangreiches Programm erwartet die Teilnehmer. Angehörige des Vorstandes aus Bielefeld haben schon an der Gästewoche teilgenommen und empfehlen sie sehr! Anmeldungen und weitere Informationen beim Tourismusbüro Seeboden, Frau Kutin, Hauptplatz 1, A-9871 Seeboden/Millstätter See, Telefon (0043) 476281210.

Bonn – Dienstag, 23. Juni, 14 Uhr, Nachbarschaftszentrum Brüser Berg, Fahrenheitstraße 49: Treffen des Frauenkreises.

Düsseldorf – Jeden Mittwoch, 18.30 Uhr, Eichendorff-Saal, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus (GHH), Bismarckstraße 90: Chorprobe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft „Ostpreußen-Westpreußen-Sudetenland“ unter Leitung von Radostina Hristova. – Donnerstag, 11. Juni, 19 Uhr, Konferenzraum, GHH: „Wien 1814/15 – Versailles 1919 – Potsdam 1945. Friedenskonferenzen im Vergleich“ – Vortrag von Professor Guido Thiemeyer. – Freitag, 12. Juni, Restaurant Lauren’s, Bismarckstraße 62: Stammtisch. – Montag, 15. Juni, 19 Uhr, Raum 412, GHH: „Stalin und der große Vaterländische Krieg“ – Vortrag von Professor Stefan Creuzberger. – Donnerstag, 25. Juni, 19.30 Uhr, Raum 412, GHH: Offenes Singen mit Barbara Schoch.

Ennepetal – Donnerstag, 18. Juni, 16 Uhr, Heimatstube, Kirchstraße 52: Monatsversammlung.

Siegen – Die Frauengruppe der Ost- und Westpreußen trifft sich an jedem dritten Dienstag im Monat um 14 Uhr im barrierefreien Café Patmos in Siegen-Geisweid in der Sohlbacher Straße.

Witten – Montag, 15. Juni, 15 Uhr, Versammlungsraum, evangelisch-lutherische Kreuzgemeinde, Lutherstraße 6–10: Ostpreußische Kaffeetafel. Thema: Der Aufstand in der DDR 1953.

Wuppertal – Sonnabend, 6. Juni, 14 Uhr, „Die Färberei“, Stennert 8, Wuppertal-Oberbarmen: Da die Gruppe keinen Maitermin bekommen konnte, findet das Maifest im schönen Juni statt. Zum Tanz spielt das bewährte Duo Hans und Hansi Konnert auf. Weitere Mitwirkende sind die Chorfreunde Wuppertal, die Tanzgruppe von Ursula Knocks, die Kindergruppe Rasselbande und andere. Auch ein Sketch sowie Wortbeiträge sind vorgesehen. Für Speis und Trank ist wie immer gesorgt.

 

RHEINLAND-PFALZ

Vors.: Dr. Wolfgang Thüne, Wormser Straße 22, 55276 Oppenheim.

Mainz – Jeden Freitag, 13 Uhr, Café Oase, Schönbornstraße 16: Kartenspielen. – Jeder vierte Dienstag im Monat, 15 Uhr, Mundus Residenz, Große Bleiche 44: Heimatliche Gesprächsrunde. – Donnerstag, 21. Juni, 13.30 Uhr, Haupteingang des Hauptbahnhofes: Fahrt mit dem Zug nach Bad Münster am Stein/Ebernburg. Besuch des Weingutes Rapp.

 

SACHSEN

Vorsitzender: Alexander Schulz, Willy-Reinl-Straße 2, 09116 Chemnitz, E-Mail: alexander.schulz-agentur@gmx.de, Telefon (0371) 301616.

Limbach–Oberfrohna – Zur Veranstaltung am 16. Mai sollte den Wolfskindern aus Ostpreußen und deren tragisches Schick-sal gedacht werden. Dazu hatten wir Erna Felber eingeladen, und sie war bereit über ihre ganz persönlichen Erlebnisse zu berichten. Leider hat es das Schicksal anders gewollt. Erna Felber wurde krank und konnte leider nicht dabei sein. Sie übergab ihre Aufzeichnungen an Hannelore Kedzierski und bat um eine gute Vertretung ihrer Person.

Zu Beginn begrüßte Reinhard Gerullis alle Teilnehmer sehr herzlich und bedankte sich für das zahlreiche Erscheinen. Besonders freudig wurde der Limbach-Oberfrohnas Bürgermeister Carsten Schmidt als Ehrengast mit einem herzlichen Willkommen begrüßt. Mit musikalischer Begleitung von Herrn Weihe sangen wir das Ostpreußen- und Pommernlied. Elli Springwald rezitierte das Gedicht von Agnes Miegel „Wagen an Wagen“. Reinhard Gerullis sprach über das Kriegsende vor 70 Jahren und den schrecklichen Folgen.

Anschließend sprach Hannelore Kedzierski im Namen von Erna Felber über deren Erlebnisse. Sie konnte dabei kaum noch ihre Tränen verbergen und fühlte mit wie schlimm es war, wenn ein Kind wie ein einsamer Wolf alleine durch die Gegend zog und betteln musste um zu überleben. Erna Felber ist heute noch den Menschen in Litauen dankbar für die Hilfe die ihr zuteil wurde. Nach dieser Veranstaltung überbrachte das Ehepaar Kedzierski einen bunten Blumenstrauß mit den besten Dankes- und Genesungswünschen von allen Teilnehmern an Erna Felber.

Am 9. Mai wurde in Thüringen am Altvaterturm in Lehesten eine Gedenktafel angebracht und feierlich geweiht zum Gedenken aller Wolfskinder von Ostpreußen. Harald und Hannelore Kedzierski hatten die große Ehre dabei zu sein. Von dieser Gedenktafel konnten Bilder besichtigt werden. Mit gemeinsamen Gesang und musikalischer Unterstützung ging es weiter.

Bürgermeister Carsten Schmidt überbrachte vom Rat der Stadt die herzlichsten Grüße und Wünsche und versprach auch weiterhin eine gute Zusammenarbeit. Es wird darüber nachgedacht eine Ehrentafel anzubringen als Dank und Anerkennung für die Leistungen aller Heimatvertriebenen beim Wiederaufbau nach dem Krieg. In dieser Region Limbach und Umgebung haben circa 10000 Menschen ein neues zuhause gefunden. Der Bürgermeister befürwortet und unterstützt dieses Vorhaben.

Es folgte nun eine erholsame Pause mit Kaffee und Kuchen. Alle Anwesenden nutzten die Zeit zum regen Gedankenaustausch. Frisch gestärkt ging es weiter mit einem Gedicht von Ingrid Koch: „Heimat“ wurde vorgetragen von Hannelore Kedzierski. Es erinnerte an unsere Heimat Ostpreußen und an den Auftrag es an unsere Kinder weiterzugeben. Irmgard Gläser rezitierte ein Frühlingsgedicht. Mit frohem Gesang unserer Heimatlieder ging es weiter. Jürgen Scheffler berichtete von seiner erlebnisreichen Ostpreußenfahrt und trug nun ein Gedicht vor von der „Heimkehr“ welches im Einklang mit seinen persönlichen Erlebnissen war.

Reinhard Gerullis trug dann ein selbst geschriebenes Gedicht vor. Es sprach in fröhlichen Reimen von den gemeinsamen Erlebnissen der Landsleute in der Kreisgemeinschaft Limbach-Oberfrohna. Er erhielt großen Beifall.

Nun wurden noch wichtige Informationen bekannt gegeben. Es konnten Fragen gestellt werden an Kurt Weihe und Reinhard Gerullis. Gerullis wünschte allen einen guten Heimweg und bedankte sich für das zahlreiche Erscheinen und die beste Gesundheit bis zum frohen Wiedersehen. Herzlichen Dank an das Innenministerium in Dresden und insbesondere an Dr. Baumann für die hilfreiche Unterstützung unserer Veranstaltungen.

Hannelore Kedzierski

Zwickau – Die Treffen der Heimatgruppe der Insterburger finden 2015 in Zwickau im Brauhaus hinter dem Dom statt. Termine sind der 11. September und der 12. Dezember. Die Treffen beginnen jeweils um 14 Uhr, das Weihnachtstreffen um 12 Uhr.

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle, Telefon privat (0345) 2080680.

Dessau – Montag, 8. Juni, 14 Uhr. Krötenhof, Wasserstadt 40: Lesenswert – Heimatliteratur.

– Bericht –

Kaum zu glauben aber wahr, Sigrid Krüger wird am 14. Juni „90 Jahr“. In Liebe, Güte und Elan hat sie für unsere Landsmannschaft Ost-Westpreußen Dessau-Roßlau viel getan. Heimatverbunden hält sie bei unseren monatlichen Treffen die Erinnerungen an unsere schöne Heimat wach. Wir erlebten viele schöne Fahrten, wunderbare Erinnerungsvorträge, die auch von ihrem Ehemann, Herrn Krüger, unterstützt werden. Sigrid Krüger ist immer für ihre Landsmannschaft da. Sie besucht runde Geburtstage, holt Mitglieder mit ihrem Auto zur Veranstaltung ab. Auch noch vieles mehr macht sie in ihrem hohen dankbaren Alter möglich. Die Landsmannschaft Ost-Westpreußen weiß zu schätzen, dass Sigrid Krüger, die aus Königsberg-Poath stammt, das alles organisiert. Heimatverbunden sind wir alle dankbar und freuen uns auf das nächste Treffen. Darum möchten wir sagen, wir sind froh, dass wir Sigrid Krüger haben. Herzlichen Glückwunsch zum 90. Geburtstag und zu jeder Zeit Gesundheit, Glück, Zufriedenheit wünscht Ihnen die Landsmannschaft Ost-Westpreußen Dessau-Roßlau. Gerda Lietzow

Gardelegen – Donnerstag, 28. Mai, 12.30 Uhr: Halbtagsfahrt zum Storchenhof Loburg.

Magdeburg – Dienstag, 9. Juni, 13 Uhr, Immermannstraße: Treffen der Stickerchen. – Freitag, 12. Juni, 16 Uhr, Sportgaststätte TuS Fortschritt, Zielitzer Straße: Treffen des Singekreises.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner. Geschäftsstelle: Telefon (0431) 554758, Wilhelminenstr. 47/49, 24103 Kiel.

Flensburg – Mittwoch, 3. Juni, 11.30 Uhr, Delfter Stuben, Flensburg-Mürwik: Spargelessen

– Bericht –

Die Vereinigten Landsmannschaften (Ostpreußen und Pommern) wurden erneut von Arno von Spreckelsen durch die herrlich blühenden Rapsfelder in der Landschaft Angeln geführt. Der einmalig schöne Sonnenschein sorgte schon im Reisebus für gute Stimmung im Reisebus.

Eine Zwischenpause wurde auf dem Saatgut Lundsaard, P.H. Petersen bei Grundhof eingelegt. Hier erfuhren wir etwas über das Unternehmen, die Züchtung und das Qualitätsgut. Mit viel Mühe wurde dieses Saatgut im Jahr 1931 vom Vater des heutigen Besitzers gegründet, aufgebaut. Die vielen, unterschiedlichen Kulturarten werden in einem 15000 Quadratmetern überbauten Speicherbetrieb gereinigt und aufgearbeitet. Ein weltweiter Verkauf, in 20 Länder sorgt für Arbeit, Umsatz und Verdienst. Nach einer Kaffeepause fuhr die fröhlich Gruppe in das St. Johannis-Kloster vor Schleswig, das 1194 als Benediktinerinnenkloster gegründet wurde. Die Priörin Henny von Schiller führte durch die Klosteranlage, die Kirche, den Kapitalsaal, Remter und Kreuzgang.

Ein sehr beeindruckender Aufenthalt. Danach ging es weiter in Richtung Eckernförde auf die Halbinsel Schwansen nach Hemmelmark, dem ehemaligen Gut und Wohnsitz von Prinz Heinrich von Preußen (1862–1929). Er war der Bruder Kaiser Wilhelms II. und Großadmiral der Kaiserlichen Marine. Nach seinem Ableben wurde für ihn ein Mausoleum (Feldkapelle) gebaut, in der er beigesetzt wurde. Die Führung durch die Gebäude übernahm Edwina von Posern, aus dem Hause des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin.

Abschließend einen großen Dank an Arno von Spreckelsen und Hans Legies, der die Landsmannschaft nach Flensburg zurückfuhr. Es war ein herrlicher Tag mit vielen beeindruckenden historischen Erlebnissen.

Winfried Brandes

Pinneberg – Sonnabend, 28. Juni, 15 Uhr: Sommerfreuden, Lieder und Gereimtes. Anmeldungen bis spätestens vier Tage vorher, Telefon (04101) 62667.

Meiningen – Freitag, 12. Juni, 14 Uhr, Wolkenlos: Sommerfest der Ost-/Westpreußen RV.


S. 18 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

ALLENSTEIN STADT

Kreisvertreter: Gottfried Hufenbach, Danziger Str. 12, 53340 Meckenheim. Geschäftsstelle: Stadtgemeinschaft Allenstein, Vattmannstraße 11, 45879 Gelsenkirchen, Telefon (0209) 29131 und Fax (0209) 4084891, E-Mail: Stadt-Allenstein@t-online.de

Die Satzung der Stadtgemeinschaft Allenstein e.V. begrenzt die Amtszeit der Stadtvertreter auf vier Jahre. Da die letzte Wahl im Jahre 2011 erfolgte, sind im Jahre 2015 Neuwahlen erforderlich.

Entsprechend der Wahlordnung rufen wir alle Mitglieder der Stadtgemeinschaft zur Wahl der Stadtvertreter auf. Als Mitglieder der Stadtgemeinschaft gelten gebürtige Allensteiner und frühere Bewohner der Stadt Allenstein, ihre Ehegatten und Nachkommen sowie diejenigen, die sich unserer Heimatstadt und der Stadtgemeinschaft besonders verbunden fühlen. Die Mitgliedschaft entsteht durch Aufnahme in die Allensteiner Heimatkartei und kann durch Anmeldung oder eine dieser gleich zu setzenden Erklärung, wie die Beteiligung an der Wahl der Stadtversammlung, erfolgen. Jedes Mitglied der Stadtgemeinschaft ist wahlberechtigt und auch wählbar.

Die Wahl muss schriftlich erfolgen. Die Wahl ist gültig, wenn nicht mehr als zehn Stadtvertreter gewählt werden. Der Wahlbrief muss bis zum 30. Juni bei der Stadtgemeinschaft Allenstein e.V., Wahlausschuss, Vattmannstraße 11, 45879 Gelsenkirchen, eingegangen sein. Auf dem Umschlag sind Name und Anschrift des Wählers anzugeben.

Folgende Mitglieder unserer Stadtgemeinschaft haben sich bereit erklärt, für die Wahl zum Stadtvertreter zu kandidieren: Christel Becker, Hanna Bleck, Stefan Hein, Dr. Peter Herrmann, Gottfried Hufenbach, Artur Korczak, Reinhold Krause, Bruno Mischke, Thomas Nowack, Kristine Plocharski, Felix Poschmann. Der Allensteiner Heimatbrief Nr. 259 enthält einen Wahlschein mit den angegebenen Namen. Jedem Wähler ist es jedoch freigestellt, weitere Kandidaten zu benennen, sofern er nicht mehr als zehn Kandidaten wählt.

Der Wahlausschuss der Stadtgemeinschaft Allenstein e.V.

Hanna Bleck, Wahlleiterin, Eve Hufenbach, Beisitzerin, Bruno Mischke, Beisitzer

 

EBENRODE (STALLUPÖNEN)

Kreisvertreter: Dr. Gerhard Kuebart, Schiefe Breite 12a, 632657 Lemgo, Telefon (05261) 8 81 39, E-Mail: gerhard.kuebart@ googlemail.com.

5. bis 8. Juni, Hotel Heidehof, Billingstraße 29, 29320 Hermannsburg: Treffen der ehemaligen Stallupöner Realgymnasiasten und Luisenschülerinnen. Anmeldung im Heidehof: Telefon (05052) 9700, E-Mail: info@heidehof.bestwestern.de.

 

GERDAUEN

Kreisvertreter: Walter Mogk, Am Eichengrund 1f, , 39629 Bismark (Altmark), Telefon (0151) 12 30 53 77, Fax (03 90 00) 5 13 17. Gst.: Doris Biewald, Blümnerstraße 32, 04229 Leipzig, Telefon (0341) 9600987, E-Mail: geschaeftsstelle@ kreis-gerdauen.de.

22. bis 25. Juni: Ortstreffen Skandau, Sillginnen, Solknick (auch Landsleute aus dem übrigen Kirchspiel Laggarben willkommen) im Ostheim.

 

GOLDAP

Kreisvertreter: Stephan Grigat, Telefon (05231) 37146, Fax (05231) 24820, Heidentalstraße 83, 32760 Detmold. Geschäftsstelle: Annelies Trucewitz, Hohenfelde 37, 21720 Mittelnkirchen, Telefon (04142) 3552, Telefax (04142) 812065, E-Mail: museum@goldap.de. Internet: www.goldap.de.

Sonntag, 21., bis Mittwoch, 24. Juni: Treffen der Groß-Rominter- Gemeinschaft in Celle, Weitere Informationen: Ruth Stübig, Telefon und Fax (05326) 2516

 

HEILSBERG

Kreisvertreter: Erwin Popien, Eichendorffstraße 30, 41564 Kaarst, Telefon (02131) 62403, E-Mail: erwiniptus@aol.com.

26. bis 27. Juni, Werlte: Heimattreffen und Feier zur 60-jährigen Patenschaft mit dem Landkreis Emsland.

 

INSTERBURG − Stadt und Land

Vorsitzender Stadt & Land: Reiner Buslaps, Am Berg 4, 35510 Butzbach-Kirch-Göns, Tel.: (06033) 66228, Fax (03222) 3721953, E-Mail: R.Buslaps@t-online.de. Kreisgemeinschaft Insterburg Stadt & Land e. V., Geschäftsstelle, Am Marktplatz 10, 47829 Krefeld, Postfach 111 208, 47813 Krefeld, Tel.: (02151) 48991, Fax (02151) 491141, E-Mail: info@insterburger.de, Internet: www.insterburger.de, Bürozeiten: Montag – Freitag von 8 bis 12 Uhr.

22. Juni, Bad Pyrmont: Treffen der Seniorenfreizeit der Heimatgruppe Darmstadt und der Kirchspielgemeinde Puschdorf. Weitere Informationen: Werner Kleist, Telefon (05351) 41770.

 

LABIAU

Kreisvertreterin: Brigitte Stramm, Hoper Straße 16, 25693 St. Michaelisdonn/Holstein, Telefon (04853) 562. info­@stramm­verlag. de, Internet: www.labiau.de.

20. Juni, Leipzig: 3. Regionaltreffen der Kreisgemeinschaften Labiau, Königsberg-Land, Fischhausen und Wehlau. in der Gaststätte „Seilbahn“, Max-Liebermann-Straße 91. Beginn: 10 Uhr. Weitere Informationen: Eberhard Grashoff, Telefon (0341) 9010730.

 

LYCK

Kreisvertreterin: Bärbel Wiesensee, Diesberg 6a, 41372 Niederkrüchten, Telefon (02163) 898313. Stellvertr. Kreisvertreter: Dieter Czudnochowski, Lärchenweg 23, 37079 Göttingen, Telefon (0551) 61665. Karteiwart: Siegmar Czerwinski, Telefon (02225) 5180, Quittenstraße 2, 53340 Meckenheim.

Das diesjährige 14. Ortstreffen von Morgengrund, Mostolten, Siegersfeld und Stettenbach fand letztmalig vom 5. bis 7. Mai in Bad Pyrmont im Ostheim statt. Wieder einmal folgten 32 Teilnehmer – darunter auch neue Gesichter – der Einladung der Ortsvertreterin von Morgengrund Anorthe Nilson. Der Freitagabend dieser freundschaftlichen, ja familiären Zusammenkunft begann mit einigen spontanen Erzählungen. Anlässlich des Gedenkens an das Kriegsende 1945 referierten einige Teilnehmer über ihren Weg aus der Heimat Ostpreußen vor 70 Jahren. Es ist immer sehr interessant und ergreifend den Berichten der Erlebnisgeneration zuzuhören.

Dank der heutigen Computer-Technik „wanderten“ alle Teilnehmer mit Gerd Bandilla und Dieter-J. Czudnochowski durch einen Teil des Kreises Lyck, besonders durch die Orte Baitenberg, Morgengrund, Mostolten und Stettenbach. Da das frühlingshafte Wetter uns gut gesonnen war, fand das obligatorische Kaffeetrinken auf der Kurparkterrasse im Hotel Steigenberger statt, und es folgte ein ausgedehnter Spaziergang durch den Kurpark mit dem Palmengarten.

Durch den Umstand, dass die Kreisvertreterin Bärbel Wiesensee und ihr Stellvertreter Dieter-J. Czudnochowski auch dem teilnehmenden Personenkreis angehören, nutzten sie die Gelegenheit, um aus ihren umfangreichen Tätigkeitsbereichen zu berichten. Weiterhin informierte Ilse Kruyk aus der Arbeit der Kreisgemeinschaft Johannisburg, sowie der damaligen grenzüberschreitenden Kirchenzugehörigkeit. Gerd Bandilla erläuterte, dazu passend, die geschichtlichen Hintergründe zum Kirchspiel Baitenberg.

Günter Donder hielt seine humorvoll vorgetragene Fortsetzung vom Treffen 2014 mit dem Titel „Das Schulleben in Stettenbach“. Immer wieder wurden alle Beiträge mit vielen Fragen und eigenen Anmerkungen aufgelockert.

Die Gruppe verabschiedete sich vom Ehepaar Winkler für die jahrelange sehr gute, freundliche Betreuung im Ostheim mit einem Blumenstrauß und einer Original Eichsfelder Mettwurst, diese dankten mit einer Runde Pillkaller. Die harmonisch verlaufende Veranstaltung wurde mit einem Beitrag von Heinz Bartschies über „Das Cholesterinchen“ und dem gemeinschaftlichen Singen des Ostpreußenliedes beendet. Über das nächste Treffen, Zeitpunkt und Ort, wird noch rechtzeitig informiert.

 

SENSBURG

Kreisvertreterin: Gudrun Froemer, In der Dellen 8a, 51399 Burscheid, Telefon (02174) 768799. Alle Post an: Geschäftsstelle Kreisgemeinschaft Sensburg e.V., Stadtverwaltung Remscheid, 42849 Remscheid, Telefon (02191) 163718, Fax (02191) 163117, E-Mail: info@kreisgemeinschaftsensburg.de, www. kreisgemeinschaftsensburg.de

Am 11. April fand das 19. Treffen des Kirchspiels Hoverbeck gemeinsam mit dem 14. Treffen des Kirchspiels Selbongen in Unkel am Rhein im beliebten Weinhaus zur Traube statt. Kirchspielvertreterin Christine Birkner begrüßte die zahlreichen Teilnehmer und übermittelte herzliche Grüße der Kreisvertreterin Gudrun Froemer. Beim gemütlichen Beisammensein wurde viel über die alte Heimat gesprochen. Der frühere Kirchspielvertreter Nikolaus von Ketelhodt berichtete von der Flucht, die er mit seiner Familie vor 70 Jahren durchgestanden hat. Nach der Totenehrung begann dann der Austausch von Neuigkeiten. Man erinnerte sich an gemeinsame Erlebnisse in früheren Zeiten und berichtete von Heimatreisen in den letzten Jahren. Für alle Landsleute, die dabei sein konnten, war es wieder ein frohes Wiedersehen und ein gemütliches Fest. Das nächste Treffen findet am 4. April 2016 wieder in dem Weinhaus zur Traube in Unkel am Rhein statt.

Edith Gorski

 

TILSIT–STADT

Stadtvertreter: Hans Dzieran, Stadtgemeinschaft Tilsit, Postfach 241, 09002 Chemnitz. Geschäftsführer: Manfred Urbschat, E-Mail: info@tilsit-stadt.de.

Das vom Ehepaar Pfiel gut vorbereitete 72. Treffen der Schulgemeinschaft Realgymnasium/ Oberschule für Jungen zu Tilsit fand wunschgemäß wieder im Altstadthotel Potsdam statt. Insgesamt fanden sich 19 Personen ein. Noch mehr hatten sich angekündigt, konnten krankheitsbedingt aber leider nicht kommen.

Alle Anwesenden begrüßten sich freudig. Nach der Kaffeetafel eröffnete Gerhard Pfiel den offiziellen Teil des Treffens mit dem gemeinsamen Gesang des Ostpreußenliedes. Beim Totengedenken wurde der neun Schulkameraden gedacht, die uns seit dem letzten Schultreffen für immer verlassen haben. Hans Dzieran überbrachte die Grüße der Stadtgemeinschaft Tilsit und würdigte das Wirken der Schulgemeinschaft, die zu den aktivsten Tilsiter Basisgruppen gehört.

In seinem Revisionsbericht bestätigte Klaus Bluhm die korrekte Kassenführung sowie die einwandfreie Erfassung und Verwendung der eingegangenen Spenden, für die wir an dieser Stelle noch einmal herzlich danken. Zur Deckung unvermeidbarer Ausgaben für die Schulgemeinschaft sind Spenden immer sehr willkommen, doch leider ist das Spendenaufkommen rückläufig.

Für 19 Uhr war das gemeinsame warme Abendessen bestellt: Beelitzer Spargel mit Schinken, der hervorragend schmeckte. Dann stand gemütliches Plachandern auf dem Programm.

Der Sonntagmorgen war zur freien Verfügung vorgesehen. Und wieder faszinierte die Nähe des Hotels zur Fußgängerzone in der Brandenburger Straße, die zum Bummeln einlädt. Um 14 Uhr stand ein historischer Bus vor dem Hotel und holte uns zu einer Stadtrundfahrt ab, die mit Besichtigung des Schlosses Sanssouci begann. Bei schönem Wetter sahen wir vom Bus aus die russische Kolonie Alexandrowka, den Neuen Garten mit Marmorpalais, fuhren über die Glienicker Brücke und wieder zurück zum Stadtschloss und den umliegenden geschichtsträchtigen Kirchen und Gebäuden. Die vielen Sehenswürdigkeiten auf dieser Rundfahrt wurden uns von unserer Führung ausführlich erklärt. Der Tag klang aus mit gemütlichem Beisammensein und Liedern, die von Albrecht Dyck mit seiner Mundharmonika angestimmt wurden sowie heiteren mundartlichen Versen aus der alten Heimat.

Am nächsten Morgen holte uns der Bus zu einer dreistündigen Havelseenrundfahrt ab. Es war eine interessante und erholsame Fahrt, die wir alle genossen, da auch das Wetter mitspielte. Der Nachmittag stand zur freien Verfügung und wurde zur Erkundung der näheren Umgebung zum Beispiel des Holländerviertels genutzt. Nach dem gemeinsamen Abendessen wurde wieder viel plachandert. Für ein nächstes Schultreffen wurden unterschiedliche Vorschläge gemacht, über die beim bevorstehenden Treffen der drei Kreise in Bad Nenndorf am 12. September abgestimmt werden soll.

Es war ein schönes und harmonisches Schultreffen und so verging die Zeit bis zur Abreise am 19. Mai viel zu schnell. Wir freuen uns jetzt schon auf das nächste Wiedersehen.

Klaus-Jürgen Rausch,

Schulsprecher

Pünktlich zum Pfingstfest wurde die Ausgabe 96 von „Land an der Memel – Tilsiter Rundbrief“ ausgeliefert. Dem neuen Schriftleiter Heiner J. Coenen ist es gelungen, einen in Optik und Inhalt hochwertigen Heimatbrief zusammenzustellen, der bereits sehr positive Reaktionen ausgelöst hat. Alle Tilsiter, die den Heimatbrief nicht bekommen haben, sei es durch nichtgemeldeten Wohnungswechsel oder durch langjährige Spendenabstinenz, haben die Möglichkeit, ein Exemplar anzufordern bei Siegfried Dannath-Grabs, Angelikastraße 13, 01099 Dresden.


S. 19 Heimatarbeit

»Gesundheit, Glück und junge Seelen«
Elchniederung: Nicht nur Festredner Bernd Seiters sorgte für Glanz auf der Jubiläumsfeier in Bad Bentheim

Vom 8. bis 9. Mai wurde im niedersächsischen Bad Bentheim das 60-jährige Jubiläum der Patenschaft zwischen der Grafschaft Bentheim und der Kreisgemeinschaft Elchniederung gefeiert. Die Feierlichkeiten begannen bereits am Freitagabend. Mitglieder der Kreisgemeinschaft und des Fördervereines Nordhorn, über den die Grafschaft Bentheim in der Elchniederung [Rayon Slawsk] größtenteils aktiv ist, trafen sich im Forum des Burg-Gymnasiums zum näheren Kennenlernen. Bei einem gemütlichen Umtrunk, den der Grafschafter Landrat Friedrich Kethorn mit einer kleinen Begrüßungsrede eröffnete, kam man ins Gespräch.

Die offizielle Patenschaftsfeier begann am Samstagmorgen mit einem stimmungsvollen Auftritt des Signor-Chores, einem Männerchor aus der Grafschaft. Friedrich Ket-horn, Landrat der Grafschaft Bentheim, begrüßte besonders den mit 91 Jahren ältesten Gast der Jubiläumsfeier, Heinz Gardeick. Außerdem erwähnte er, dass die Kirchspielvertreterin Irmgard Fürstenberg als einzige Anwesende am 28. August 1955 die Unterzeichnung des Patenschaftsvertrages auf der Bad Bentheimer Freilichtbühne miterlebt hat.

Der Landrat schilderte in seiner Begrüßungsrede, wie sich die Patenschaft im Laufe der Jahre entwickelte. 2001 hat die Grafschaft einen offiziellen Partnerschaftsvertrag mit dem Rayon Slawsk, der russischen Verwaltungseinheit auf dem Gebiet der Elchniederung, geschlossen. Mittlerweile existieren mehrere Austauschprogramme zwischen den beiden Landkreisen.

Manfred Romeike, der Vorstandsvorsitzende der Kreisgemeinschaft Elchniederung, überbrachte in seinem Grußwort den Dank der Kreisgemeinschaft für die langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit. Er würdigte das Engagement seiner Vorgänger, welche die Beziehungen zur Grafschaft und zum Förderverein Nordhorn maßgeblich geprägt haben. Von den ehemaligen Aktiven konnte er Klaus-Dieter Sudau und Reinhard Nikstat persönlich bei der Jubiläumsfeier begrüßen. Auch die Kreisgemeinschaft pflegt intensive Kontakte zum Rayon Slawsk. So wurde zum Beispiel im ehemaligen Heinrichswalde ein deutsch-russisches Museum eingerichtet.

Der Festredner der Patenschaftsfeier, der ehemalige Bundesinnenminister und jetzige Präsident des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Rudolf Seiters, betonte besonders die Aufgaben und Erfolge des Suchdienstes, mit dem das DRK bis heute ungeklärten Schicksalen aus dem Zweiten Weltkrieg nachgeht. Der Suchdienst hat viele Familien, die durch Flucht und Vertreibung getrennt wurden, wieder zusammengeführt. Der Festakt en-dete mit einem Grußwort des Landrates des Rayons Slawsk, Sergei Artjukhow. Es wurde von Lidija Lobakina, die mit einigen anderen Gästen aus Russland angereist war, in deutscher und russischer Sprache vorgelesen. Die Feier klang mit einem gemeinsamen Imbiss und vielen angeregten Gesprächen aus. Astrid Romeike


S. 20 Heimatarbeit

Melancholie zum Greifen nah
Die Kurische Nehrung mit den Augen der Fotografin Monika Schulz-Fieguth gesehen. Ein ungewöhnliches Foto-Lese-Buch

Mit dem Vater reiste die Fotografin Monika Schulz-Fieguth 50 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in dessen Heimat und auf die Kurische Nehrung. Immer wieder erzählte Eduard Braksch seinen Kindern von den Schönheiten dieser Landschaft. Die fast 100 Kilometer lange Landzunge trennt das Haff von der Ostsee. Einst Teil der Kulturlandschaft Ostpreußens, gehört sie heute zu Litauen sowie zu Russland. Künstler aller Couleur siedelten sich auf der Kurischen Nehrung an oder besuchten sie wiederholt. Heutige Zeitgenossen entdecken sie verstärkt und lassen sich nach wie vor von ihr verzaubern. Kraftvoll, spröde, nach innen gekehrt, so präsentiert sie sich dem Besucher. Einfach melancholisch. Schon der Berliner Gelehrte und Politiker Wilhelm von Humboldt war vor 200 Jahren begeistert von der Landschaft. Sein Eindruck: „Die Kurische Nehrung ist so merkwürdig, dass man sie eigentlich ebenso gut wie Spanien und Italien gesehen haben muss, wenn einem nicht ein wunderbares Bild in der Seele fehlen soll.

Der Zweite Weltkrieg brachte Flucht und Vertreibung von Millionen Menschen und neue Grenzen. Das musste auch der Vater der bekannten Potsdamer Fotografin schmerzlich erleben. In Potsdam, fand er seine Frau und gründete eine Familie. Die Havelstadt wurde seine neue Heimat. Doch die Sehnsucht zur Kurischen Nehrung, die jedoch in unerreichbarer Ferne lag, blieb. Erst die politische Wende von 1989/90 machte ein Wiedersehen möglich. Während der ersten Reise waren beklemmende Fragen immer anwesend: Was erwartet mich? Was ist geblieben? Er wusste, dass vieles, was in seiner Kindheit und Jugend Bestand hatte, mit dem Einmarsch der Roten Armee untergegangen war.

Für Monika Schulz-Fieguth wurde die Begegnung mit der Kurischen Nehrung zu einem Erlebnis der besonderen Art. Natürlich war es ihr zunächst wichtig, das Land ihrer Vorfahren mit eigenen Augen kennenzulernen, doch auch den Menschen zu begegnen, für die es heute Heimat ist. Den Fotoapparat hatte sie bei ihren sechs Besuchen stets zur Hand. „Ich suche nach Bildern, die die Geschichte dieses Landstrichs erzählen. Für mich stellen im Besonderen die alten Menschen die Verbundenheit zu ihrer Landschaft und ihrer Geschichte dar. Was ist geblieben – wo sind ihre Hoffnungen und was bleibt von ihnen?“, erzählt Monika Schulz-Fieguth von ihrer Motivation ein Foto-Lese-Buch zu erstellen.

Der von der Prussia-Gesellschaft herausgegebene Band lebt in erster Linie von den Fotografien Monika Schulz-Fieguths. Sie ist eine konzentrierte Beobachterin ihrer Motive. Doch neutral oder gar emotionslos bleibt sie bei der Wiedergabe in keinem Augenblick. Da beobachtete Monika Schulz-Fieguth alte, gläubige Frauen in einer Kirche oder vor ihrem kargen Wohnhaus mit den prallen Obstbäumen, ein kraftvoller bärtiger Mann in besten Jahren, der noch zupacken möchte, schaut neugierig in die Kamera oder junge Leute verraten beim Musizieren noch etwas zurück-haltend von der Aufbruchsstimmung in eine neue Zeit.

Und natürlich sind das Erleben der melancholischen Landschaft und das Einfangen des wechselnden Spiels des Lichts ausdrucksstarke Kennzeichen der Bilder der Potsdamer Künstlerin. Die herbe und stille Landschaft von Haff und Meer mit ihren alten Alleen, Obstbäumen, Feldern und Dörfern in den unterschiedlichen Jahreszeiten sind in den farbigen Fotografien der Künstlerin zum Greifen nah geworden.

Das Melancholische der Kurischen Nehrung durchzieht die Landschaft und auch ihre heutigen Bewohner. In den Texten, die Hildegard Willoweit mit Gedichten und Betrachtungen von Autoren wie Agnes Miegel, Siegfried Lenz, Thomas Mann, Johannes Bobrowski oder Arno Surminski trefflich auswählte, kann man dies ebenfalls entdecken. Sie waren mit der Kurischen Nehrung durch Geburt, Wohnort und immer wiederkehrenden Besuchen eng verbunden. Dietmar Willoweit hat einen informativen Text geschrieben, der in die spannende Geschichte dieser eigenwilligen und emotionsstarken Landschaft und ihrer Einwohner kenntnisreich einführt. Klaus Büstrin

Monika Schulz-Fieguth (Fotografie), Hildegard und Dietmar Willoweit (Texte und Textauswahl), Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, Husum 2015, gebunden, 120 Seiten, 24,95 Euro


S. 21 Lebensstil

Das vererbte Schweigen
Noch 70 Jahre nach Kriegsende sind viele mit dem Trauma konfrontiert, das ihre Eltern oder Großeltern einst erlitten haben

70 Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg sind die Schrecken der Vergangenheit längst nicht vergessen. Weil selbst die Nachkriegsgenerationen noch unter den verdrängten Traumata der Eltern und Großeltern leiden, fordern sie Mitgefühl mit den Opfern.

Die Symptome gleichen sich, als hätte der Körper ein festes Programm an Warnsignalen: Pa­nik­attacken und Ängste zählen dazu, das Herz beginnt zu stolpern. Der Körper ist ein Seismograf für das Verschwiegene, das sich oft Jahrzehnte später Bahn bricht. Das ist so bei den Kindern des Krieges, die sich an ihre Mütter klammerten, als die Bomben fielen. Und das greift tief hinein in die Generation der Kriegsenkel, die als 40- und 50-jährige mit den Schatten der großelterlichen Traumata kämpfen.

70 Jahre nach Kriegsende drängen die Enkel in die Öffentlichkeit, gründen Vereine und „Er­zählcafés“, geben Bücher heraus und haben der Epigenetik, also der Wissenschaft von der vererbten Erfahrung, ein spektakuläres Feld eröffnet: Hinterlassen Traumata Spuren im Erbgut? Alle bisherigen Forschungsergebnisse sprechen dafür. Stress löst chemische Prozesse aus, diese biochemischen Veränderungen können Gene beeinflussen. Erst in der vierten Generation, bei den Kindern der Kriegsenkel, verblassen die seelischen Narben.

Joachim Süss (54) ist ein stattlicher Mann, der es gewohnt ist, seine Stimme zu erheben. In der Anthologie „Nebelkinder“ be­schreibt der Pastor aus Erfurt zusammen mit anderen Autoren die diffusen Ängste der Nachgeborenen. Wie im Nebel wähnen sich die Kinder der Kriegskinder, weil sie am Schweigen der Eltern aufliefen und Familiengeheimnisse nur mühsam enttarnten.

Bei Süss war es das Trauma des Vaters, der 1945 die Erschießung von halbwüchsigen Jugendfreunden im Lager Postelberg in Nordböhmen mit ansehen musste. Es ist, als hätten die Jahrgänge der nach 1960 Geborenen einen Stein ins Wasser geworfen, der nun Kreise zieht. „Wir wünschen uns Mitgefühl mit den deutschen Opfern“, sagt Süss. „Das Verschweigen über Generationen hinweg hat auch uns das Leben schwer gemacht.“ Was die Enkel mit Macht einfordern, ist ein Prozess, der auch bei den Älteren an Dringlichkeit gewinnt. Wann, wenn nicht jetzt, es bleibt nicht mehr viel Zeit.

Vergilbte Blätter sinken vor den Fenstern zu Bo­den, als die Akademie Sankelmark bei Schleswig im vorigen Oktober zum Seminar „Das Schweigen beenden“ lädt. Da sitzen sie im Kreis, Männer und Frauen zwischen 60 und 90 Jahren, grau geworden. Stockend setzen sie Puzzlestücke eines langen Le­bens zusammen. Ein früherer Apotheker erinnert sich, wie die mit ihm hochschwangere Mutter im Dresdner Bombenhagel umherirrte und kurz vor ihrem Tode beiläufig davon er­zählte. Die Panik der Mutter trug er unbewusst ein Leben lang in sich. Jetzt erst, mit 70 Jahren, beginnt er zu verstehen, weshalb in seinen Albträumen brennende Trümmer stürzen. „Wir sind so vertraut miteinander, als würden wir uns schon ewig lange kennen“, sagt der Oberstudienrat, der wegen schwerer Depressionen vorzeitig den Beruf aufgeben musste.

Ein Krieg hört nicht auf, wenn die Waffen schweigen, lernen die Teilnehmer. Das erklärt, warum viele dieser Kriegskinder ihre Eltern als abweisend erlebten. „Traumatisierte Eltern können nicht spiegeln, was ein Kind erlebt“, so Seminarleiterin und Therapeutin Anita Knapek. Die Kinder fühlten sich unverstanden – so wie die Eltern sich seinerzeit verlassen fühlten. Deren Mantra lautete: „Was willst du denn, du warst doch klein, du hast doch von allem nichts mitgekriegt.“ Ein Irrtum, wie man heute weiß.

Der Büchertisch ist penibel sortiert, der Kulturverein Schneverdingen begrüßt eine prominente Autorin: Trauma-Expertin Sabine Bode (68) wird hier ihr neuestes Buch vorstellen: „Nachkriegskin­der − die 1950er Jahrgänge und ihre Soldatenväter“. Der Raum am Bahndamm ist bis zum letzten Platz gefüllt, die Diskussion nach der Lesung gerät emotional. Die Stimme einer jungen Frau klingt tränenerstickt: „Ich ahnte, irgendetwas stimmt nicht mit mir. Erst als ich meiner Familiengeschichte auf die Spur kam, konnte ich weiterleben.“

Bode ermutigt die Zuhörer zum Reden: „Wer seine Identität nicht geklärt hat, ist nicht frei.“ Es ist das gleiche Lied: Das Schweigen der Eltern ließ auch die Kinder verstummen. Aber ein Trauma lässt sich nicht deckeln, die seelische Verletzung sucht sich andere Wege, etwa die einer Depression. Epigenetiker sprechen von „Trauer-Derivaten“, Abspaltungen in einer anderen Form.

Sabine Bode erläutert Verhaltensweisen, die fast alle Nachkriegskinder kennen. Es wird nicht geredet, aber es ist wichtig, dass die Familie zu den Mahlzeiten um den Tisch sitzt. Die Familie als Burg. Andererseits das Ausrasten der Eltern bei Kleinigkeiten. „Bei denen lagen die Nerven blank.“

Mitte der 90er Jahre stieß die Kölner Journalistin auf das Thema der verdrängten Traumata, im Jahre 2005 initiierte sie in Frankfurt einen Kongress der Kriegskinder, zu dem auf Anhieb 600 Teilnehmer kamen. Seit Jahren fordert sie, dass die Kirchen dieser „vergessenen Generation, die so viel für die Demokratisierung dieses Landes getan hat“, ein Forum bieten. „Es müsste öffentliche Trauergottesdienste geben. Einen Raum für Trauer, Klage, Trost. Gut wäre auch ein Wort des Bundespräsidenten.“

Bisher verhallten solche Forderungen. Auch 70 Jahre nach Kriegsende findet die Not der Traumatisierten kaum Gehör.

Das Lied klingt wie eine Be­schwörung, ein Gebet: „Jeden Morgen geht die Sonne auf, in der Wälder wunderbarer Runde.“ Morgensingen in Sankelmark, diesmal treffen sich „Frauen in Kriegs- und Nachkriegszeit“. Wieder ist es ein Prozess, der mit Tränen einhergeht, mit stammelnden Erzählungen über seelische und körperliche Verletzungen. „Traumatisierung ist eine Körpererfahrung wie Radfahren“, sagt Knapek, die auch dieses Seminar im Vorfrühling leitet. „Der Körper vergisst nichts. Solange man jung ist, sind die Abwehrmechanismen stark. Wenn die Menschen aus dem Beruf gehen, brechen dieses Mechanismen zusammen.“

Ein Schatten, das Geheul von Sirenen lösen Erinnerungsstürme aus, von denen die Betroffenen mitgerissen werden. Gibt es überhaupt eine Chance auf Heilung?

„Sie müssen nicht alles verzeihen, aber versöhnen Sie sich mit dem, womit sie sich versöhnen können“, rät Knapek. Vor allem Gemeinschaft ist heilsam. Beim Mittagessen − Steckrübenmus, danach Grießbrei mit Flieder­beersuppe − fliegen Gespräche hin und her, ein Lachen weht durch den Saal.

Ein kleines Haus mitten im Wald bei Oeversee: Marita Arndt-Strehl (62) hat Landkarten und Fotos auf dem Esstisch ausgebreitet. Wenn sie von Masuren erzählt, dann steigen Bilder auf von Kornfeldern und einem weiten Himmel. 1980 fuhr sie erstmals mit einem Sonderzug in die Heimat ihrer Vorfahren, seitdem immer wieder. Auf einer dieser Reisen war auch ihr längst verstorbener Vater Hans dabei. Dieser strenge Mann, der die Tochter schon vor der Schule zum Rübenschneiden schickte und mit der Mistgabel scheuchte, wenn sie ihre Pflichten versäumte. In Masuren erlebt sie ihn wie ausgewechselt. „Damals“, sagt Arndt-Strehl, „habe ich verstanden, was er verloren hat.“ Die gemeinsame Reise war auch ein Weg zueinander: „Ich werfe ihm nichts vor, nehme ihm nichts übel.“

Diesen Sommer wird sie wieder in die Heimat von Vater und Großvater fahren, mit dem Linienbus via Stettin nach Lötzen, das auf Polnisch Gizycko heißt. Sie wird sich im Hotel „Helena“ ein Zimmer mieten und wandern, manchmal 17 Kilometer am Tag. Sie wird auf den Gesang der Lerchen horchen und wilde Birnen, „Kruschkes“, sammeln. „In Masuren“, sagt Arndt-Strehl, „spüre ich die Kraft meiner Wurzeln.“

Angela Meyer-Barg


Pure Energie
Kalkars „Schneller Brüter“ wurde zum Freizeitpark umfunktioniert

Kalkar ist ein kleiner Ort am linken Niederrheinufer, der lange Zeit außer als Ge­burtsstadt des preußischen Kriegshelden Friedrich Wilhelm von Seydlitz (1721−1773) wenig von sich Reden machte. Doch in den 70er und 80er Jahren erlangte die Stadt überregionale Be­kanntheit. Das Kernkraftwerk Kalkar wurde in dieser Zeit quasi auf der grünen Wiese direkt am Rhein gebaut; es ist unter dem Namen „Schneller Brüter“ be­kannt ge­worden. Obwohl die Anlage 1985 fertiggestellt wurde, ist sie nie in Betrieb gegangen. Massendemonstrationen und ein Wandel in der offiziellen Energiepolitik von Bund und Land trugen dazu bei, dass die Anlage eine Industrie­ruine zu werden drohte.

Heute ist dort ein Freizeitzentrum ansässig, das unter dem Namen „Kernwasser Wunderland“ bekannt ist. Auf dem vom holländischen Unternehmer Hennie van der Most betriebenen Gelände befinden sich neben sechs Hotels auch ein Kongress­zentrum mit 20 Tagungsräumen. Auf dem nördlichen Teil des Geländes gibt es den Hubschrauberlandeplatz Kalkar. Absoluter Höhepunkt ist aber der Freizeitpark „Kernie’s Familienpark“.

Rund 40 verschiedene Stationen kann der Besucher ansteuern. Das Wunderland lockt die Gäste mit Pauschalangeboten an, bei denen Besuche im Theater für Kinder, im Brütermuseum mit Informationen zur Geschichte des Schnellen Brüters mit kostenlosem Imbiss und alkoholfreien Getränken sowie freiem Speiseeis für Kinder kombiniert sind. Doch im Mittelpunkt stehen eindeutig die Fahrgeschäfte. Riesenrad, Achter- und Wildwasserbahn, Hüpfkissen, Kletterwand, Kettenkarusselle und Kartbahn sind die Attraktionen für Menschen von sechs bis 60 Jahren, die am „Schnellen Brüter“ ihre pure Spaß-Energie verströmen.

Mit einem Jahrmarkt hat dieser seit dem Jahr 2000 in Betrieb befindliche und von April bis Oktober geöffnete Familienpark nichts zu tun. Angebote wie Schießbuden, „Hau den Lukas“ oder Losverkäufe gibt es also nicht. Nepp ist auf diese Art und Weise ausgeschlossen.

„Wunderland Kalkar“, wie das Freizeitzentrum offiziell heißt, ist bei schönem Wetter schon ein lohnenswertes Ausflugsziel. Der Park ist zwar flächenmäßig überschaubar, bietet aber attraktive Unterhaltung für Familien und viel Spaß insbesondere für die Kinder. Je nach Wetterlage und Besucheransturm werden umso mehr Angebote bereitgehalten.

Ein Wermutstropfen ist die miserable Verkehrsanbindung per Bahn. Praktischerweise reist der Besucher mit dem Pkw an. Es gibt nur einige wenige Möglichkeiten, mit Bus und Bahn von Xanten und Goch aus anzureisen. Im Rahmen von Bürger- oder Ta­xibussen, die vor Fahrtantritt an­gefordert werden müssen, könnte dieses Angebot durchaus ausgebaut werden. Andreas Rüdig


Einladung für die Täter
In der Ferienzeit haben Einbrecher oft viel zu leichtes Spiel

Ferienzeit heißt Einbruchzeit, oder salopp gesagt: Während der Ferien haben Einbrecher Urlaubssperre. Schutz vor Einbrechern ist für jeden Urlauber daher das erste Gebot vor der Abreise. Oft beobachten die Täter das Haus und schlagen erst zu, wenn es unbewohnt wirkt. Die Täter kommen häufig in den frühen Abendstunden. „Dabei su­chen sie den schnellen Zu­gang und versuchen, jedes Risiko zu vermeiden“, sagt Hanna Harsche, Expertin beim Infocenter der R+V Versicherung. „Wer in zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen investiert, kann die Täter oftmals von ihrem Vorhaben abbringen.“ Das aber kostet einigen Aufwand.

Wichtig sei, den Tätern den Schutz der Dunkelheit zu nehmen, sei es durch Bewegungsmelder, Schweinwerfer in den Außenbereichen oder Licht im Haus. „Lampen mit Zeitschaltuhren sind optimal“, sagt Harsche. „Sie vermitteln den Eindruck, dass jemand zu Hause ist.“ Ein weiteres Sicherheitsplus seien automatische Rollläden. Um Türen und Fenster besser zu schützen, eignen sich Zusatzschlösser, Querriegel, Sicherheitsglas, Rollgitter und Gittertüren. Solche Vorrichtungen tragen dazu bei, dass in Deutschland rund 40 Prozent aller Einbruchsversuche scheitern. Unbedingt vermeiden sollte man, den Tätern unfreiwillig Werkzeug bereitzustellen, sei es, dass eine Leiter im Hof steht oder im offenen Gartenschuppen Axt oder Brecheisen herumliegen.

Für Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund zählt der äußere Eindruck sehr stark: „Wochenlang heruntergelassene Jalousien, überquellende Briefkästen und so weiter sind eine Einladung für Einbrecher.“ Wer dann noch zum Beispiel die Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlasse „bin zur Zeit in Urlaub, komme Ende der Ferien zurück“, dürfe sich über ungebetenen Besuch nicht wundern. Ropertz rät: „Am besten Tageszeitung abbestellen oder sich nachsenden lassen und Nachbarn bitten, ein Auge auf die Wohnung zu werfen.“

Zum Eigentor können Urlaubsmitteilungen via Twitter oder Facebook werden. Auch Einbrecher recherchieren im Internet. „Oft geben Nutzer hier sogar ihre komplette Adresse an“, weiß Mi­chael Urban, Schadensexperte bei der R+V. Das mache es Langfingern leicht. „Wer seine Abwesenheit in einem sozialen Netzwerk kundtut, handelt noch leichtsinniger als jemand, der den Anrufbeantworter damit bespricht.“

Müssen Mieter den Vermieter informieren, bevor sie wegfahren? „Nein“, sagt Ropertz. „Vermieter, Verwaltungen oder Hausmeister haben keinen Anspruch auf einen Schlüssel.“ Er reiche aus, wenn der Vermieter informiert ist, wo ein Wohnungsschlüssel hinterlegt ist. „Nur in Notfällen“, so Ropertz, „darf der Vermieter in die Wohnung.“ Ein solcher Fall kann wiederum ein Einbruchdiebstahl sein.

In einem sind sich aber alle Experten sicher: Egal welche Vorsichtsmaßnahmen man unternimmt, absoluter Einbruchsschutz lässt sich nie garantieren. Man kann den Tätern die „Arbeit“ allenfalls erschweren, verhindern kann man sie nicht. Die Polizei hat die Erfahrung gemacht, dass Einbrecher immer rabiatere Methoden anwenden, auf je mehr Widerstand sie treffen. Da kann der materielle Schaden am Haus schon mal größer sein, als der Verlust im Haus. Kai Althoetmar


S. 22 Neue Bücher

Lümmel mit Kinderstube
Liebeserklärung an Leipzig

Uwe Simon-Netto (78) ist einer der renommiertesten Journalisten unseres Landes. Bekannt wurde er vor allem als Kriegsberichterstatter im Vietnamkrieg. Jetzt hat er mit „Griewatsch! Der Lümmel aus dem Luftschutzkeller“ ein Buch über seine Kindheit in Leipzig geschrieben. Es ist eine hinreißende Liebeserklärung an die 1000-jährige Stadt und ihre Bewohner. Vor allem erinnert Simon-Netto, der heute in Kalifornien lebt, an die großartigen bürgerlichen Wurzeln und Werte dieser Metropole. Trotz Kriegszerstörungen und Sozialismus ist es ihr gelungen, wie Phönix aus der Asche aufzuerstehen.

Es ist aber auch eine Huldigung der Frauen, die es geschafft haben, im Bombenhagel und Feuersturm ihre Würde zu bewahren. Simon-Nettos Großmutter zieht sich immer ihr bestes Kleid an, bevor sie in den Luftschutzkeller geht, denn es könnte ja sein, dass sie an diesem Tag zu ihrem Schöpfer gerufen wird. Als sie nach frechen Reden im Keller denunziert wird und die Gestapo an ihrer Tür erscheint, schlägt sie die Schergen in die Flucht mit der Frage, wieso sie im vierten Kriegsjahr immer noch so fett gefressen seien und warum sie nicht an der Ostfront seien, wo Männer dringend gebraucht würden, die Heimat zu verteidigen. Überhaupt zeichnet Simon-Netto ein sehr differenziertes Bild von den Deutschen in der NS-Diktatur, die keineswegs alle Parteigänger Hitlers und schon gar nicht von Hass oder Verachtung getrieben waren.

Die Mutter des Autors versucht, nachdem ihr Haus einen Volltreffer erhält und in Flammen steht, ein paar Dinge aus der Wohnung im dritten Stock zu retten. Sie wird ohnmächtig und überlebt nur, weil französische Kriegsgefangene, die bei einem Handwerker in der Nachbarschaft arbeiten, sich durch das Feuer kämpfen, um sie rauszuholen. Auch auf beengtestem Raum, in der größten Not, werden die Tischsitten streng eingehalten. Ein Lümmel darf Streiche spielen, so viel er will, aber er darf keinen Augenblick seine gute Kinderstube vergessen. Beim Lesen denkt man wehmütig an die wohlstandsverwahrloste Jugend von heute, die nicht mehr zu wissen scheint, was gutes Benehmen ist.

Faszinierend sind auch die Beschreibungen der wilden Spiele, die es damals gab. Die Kinder waren ständig draußen und bewegten sich angstfrei durch die Trümmer, bis sie, wie manche Spielkameraden von Simon-Netto, selbst unter den Trümmern lagen. Die Lebensfreude inmitten der Gefahr ist für uns Friedenskinder kaum nachvollziehbar. Es gibt wenige Schilderungen, wie die Zivilbevölkerung im Krieg ihren Alltag gemeistert hat. Wer das wissen will, dem sei Simon-Nettos Buch empfohlen.

Interessant ist aber auch sein Blick auf die heutige Stadt und ihre Bewohner. Viel Licht aber auch Schatten, entdeckt er. Dass die Paulinerkirche, die schönste Kirche Leipzigs, die auf Befehl von Walter Ulbricht gesprengt wurde, trotz vorhandener Mittel nicht wieder aufgebaut wurde, weil die Universität sich sperrte, ist ein Wermutstropfen. Oder dass in der Thomaskirche heute Zeitgeist gepredigt wird, statt wenigstens „einmal in der Woche von Trivialitäten und Zank, von den Widernissen und Unappetitlichkeiten des Alltags“ abzulenken, schmerzt den Autor. Aber Simon-Netto wäre nicht er, wenn er nicht überzeugt wäre, dass sein Leipzig, das den Ungeist des Nationalsozialismus und des Realsozialismus überstanden hat, den Zeitgeist erst recht überstehen wird.

Vera Lengsfeld

Uwe Simon-Netto: „Griewatsch! Der Lümmel aus dem Luftschutzkeller“, Fontis Brunnen Verlag, Basel 2015, gebunden, 336 Seiten, 19,99 Euro


Der Reformwille fehlt
Elf Ukraine-Experten über ein Land am Scheideweg

Nicht in erster Linie um die Tagespolitik geht es dem Herausgeber von „Kiew – Revolution 3.0“. Der als Osteuropa-Experte bekannte Schweizer Diplomat Simon Geissbühler lässt in seinem Sammelband elf renommierte Politikwissenschaftler und Publizisten zu Wort kommen, die sich auch mit strukturellen Fragen sowie geopolitischen und geostrategischen Überlegungen auseinandersetzen. Das macht dieses Buch, obwohl es schon im letzten Jahr erschien, immer noch sehr lesenswert und hebt es aus der Flut der aktuellen Publikationen zum Thema hervor.

Beim Blick auf die langfristigen Perspektiven, vergessen die Autoren auch nicht zu erwähnen, dass die Ukraine über eine beachtliche Schwerindustrie verfügt sowie über einen Agrarsektor, der sie einmal zur Kornkammer Europas machte! Leider verfügt das Land kaum über demokratische Traditionen, es fehlt ebenso am echten Reformwillen auf etlichen Gebieten – und das in einer Phase dramatischen Wandels.

Angesichts der sich seit November 2013 überschlagenden Ereignisse bietet Simon Geissbühler dem Leser dankenswerterweise zunächst eine knappe Chronologie der Geschehnisse: Nach der Orangenen Revolution im Jahre 2004 kam es Ende 2013 zu einem Volksaufstand, dem „Euromaidan“. Ausgelöst wurde er durch die Entscheidung des diktatorischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch, Verhandlungen mit der EU abzubrechen. Es war sicherlich der starke Druck Moskaus, der ihn zu diesem Schritt bewog. Er führte aber zu breiter Missbilligung im Volke. Die Demonstranten, die jetzt in großer Zahl auf die Straße gingen, forderten primär die Einhaltung der Menschenrechte, die volle Souveränität und die Beendigung der Korruption. Das Regime reagierte mit Gewalt; im Frühjahr 2014 wurde Janukowitsch gestürzt.

Offen ist nun, ob die neue Regierung – mit Hilfe des Westens – die maßgeblich von Russland inszenierten Trennungstendenzen im Osten und im Süden einzudämmen vermag. Entscheidend ist nach Ansicht aller Autoren die Überwindung der inneren Spaltung: Die westukrainische Mentalität unterscheidet sich sehr von derjenigen, der zumeist russischsprachigen, industrialisierten und oft sowjetnostalgischen Ost-Ukrainer.

Mehrere Beiträge kritisieren auch das Verhalten der EU: In jenen erste Tagen, als die Entwick-lung noch hätte eingedämmt werden können, fehlte ihr eine einheitliche Position und eine klare Strategie. Sie war auf die eigentlich zu erwartende Reaktion Moskaus nicht vorbereitet. Als Janukowitsch zudem schon vor 2013 die ukrainische Demokratie attackierte, etwa mit der Verhaftung Julia Timoschenkos. hätte sie ihn deutlicher warnen müssen. Die EU verlor damals an Glaubwürdigkeit. Auch fehlte es an einer Unterstützung der demokratischen Kräfte in der Ukraine, während die gegnerischen Gruppierungen sie von Russland erhielten.

Dort erachtet man das Land von eminenter (geo-)politischer Bedeutung. Seine Unabhängigkeit 1991 stellte für Moskau einen zentralen Verlust dar, verlor es damit doch seine beherrschenden Positionen am Schwarzen Meer. Der Kreml wird alles versuchen, um Kiew in seine Einflusssphäre zu bringen. Zumal in manchen Moskauer Führungskreisen die Sorge besteht, eine demokratische Ukraine könnte das jetzige russische Modell unterminieren und oppositionelle Kreise stärken.

So stellt die Ukraine für den Westen auch einen Test dar, ob Russland bereit ist, seine heutige imperiale Politik unter Putin aufzugeben oder doch vielleicht sogar verstärkt weiterzuführen. Die große Frage ist, wie es um ihre territoriale Integrität steht: Droht sie zu zerbrechen? Oft scheint es, dass ihre Teilung genau die Option ist, welche der Kreml seit Langem anstrebt. Eine weitere Frage wäre, ob der Westen wirklich bereit ist, der Ukraine als Gegengewicht zum heutigen Russland politisch, wirtschaftlich und gerade auch finanziell zu helfen.

Viel Zeit bleibt der EU nicht mehr, hier eine aktivere Rolle zu spielen. Der massiven Propaganda Russlands sollte sie nach Meinung mehrerer Autoren aktiv entgegentreten, indem sie deutlich ihre Beweggründe für die Schaffung einer Freihandelszone mit der Ukraine darlegt. Dabei könnte sie auf die Länder Mitteleuropas und primär des Baltikums verweisen als Beispiele für jenes wirtschaftliche Wachstum, das auch die Ukraine erreichen könnte. Die Ukraine ihrerseits wird sich entscheiden müssen, welchen Weg sie einschlägt. Nach einhelliger Meinung aller Autoren wird Stabilität jedenfalls auf absehbare Zeit kein typisches Charakteristikum des Landes sein.

Friedrich-Wilhelm Schlomann

Simon Geissbühler (Hg): „Kiew – Revolution 3.0“, ibidem-Verlag, Stuttgart 2014, broschiert, 170 Seiten, 24,90 Euro


»Raus und zwar sofort«
25 Frauen berichten über ihre Haft im DDR-Gefängnis Hoheneck

Knappe 150 Seiten, viele großformatige Fotos und vergleichsweise wenig Text – das hört sich nach einem ziemlich leichtgewichtigen Druckerzeugnis an. Das Gegenteil ist der Fall. Das Buch „Der dunkle Ort. 25 Schicksale aus dem DDR-Frauengefängnis Hoheneck“, verfasst von den Journalisten Maggie Riepl und Dirk von Nayhauß, nimmt sich seines Themas auf sehr eindringliche und angemessene Weise an.

Es sind die ganzseitigen Porträtfotos der 25 Frauen, die als erstes auffallen. Von Nayhauß hat sie gemacht. Man merkt ihnen an, dass der ehemalige Redakteur der „Berliner Morgenpost“ als Mitglied der renommierten Fotoagentur Focus auch ein Könner im Umgang mit der Kamera ist. Berührt schaut man auf diese Aufnahmen. So sehen sie heute aus, die zu Unrecht Verurteilten von damals. Sympathische und vor allem ganz normale Gesichter schauen einen an. Nachbarinnen oder Arbeitskolleginnen könnten das sein. Umso stärker ist der Kontrast, wenn man liest, welches Leid ihnen das DDR-Regime zugefügt hat.

Zu jedem Porträtfoto gibt es einen Lebenslauf und den persönlichen Bericht der Frau über ihre Haftzeit. In Hoheneck, einem düsteren Festungsbau aus dem Mittelalter, erwarteten sie Isolationshaft, Misshandlungen, Zwangsarbeit und überfüllte Zellen.

Die älteste im Buch vorgestellte Frau ist die 1927 geborene Augenoptikerin Anneliese Gabel. 1947 wird sie von den sowjetischen Besatzern als vermeintliches Mitglied einer illegalen Untergrundorganisation verhaftet. Über Bautzen und Sachsenhausen kommt sie 1950 nach Hoheneck. 1955 wird sie entlassen. Sie berichtet von dem Hungerstreik, den sie 1953 mitgemacht hat und von ihrer „Angst davor, noch Jahre sitzen zu müssen und dann zu alt zu sein, um noch eine Familie gründen zu können.

Die Jüngste ist die 1969 geborene Marketing-Fachfrau Birgit Schlicke. Im März 1988 wird sie verhaftet. Es geht um Briefe, die ihr Vater an die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte in Frankfurt am Main geschrieben hat. Er bittet darin um Unterstützung bei der Ausreise für sich und seine Familie. Wegen landesverräterischer Nachrichtenübermittlung wird Birgit Schlicke zu zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsentzug verurteilt. Am 17. November 1989, acht Tage nach dem Fall der Mauer, kommt sie wieder frei. Birgit Schlicke beschreibt, wie es war als 19-Jährige aus behütetem Elternhaus in einer 30-Quadratmeter-Zelle mit elf Kriminellen eingesperrt zu sein. Eine „Frau Major D.“ führt später das Entlassungsgespräch mit ihr und möchte sie allen Ernstes überreden, trotz jetzt offener Grenzen in der DDR zu bleiben und an einer „neuen Gesellschaft mitzubauen“. Birgit Schlicke schleudert ihr nur die Worte „Verbrecherstaat“ und „Ich will raus und zwar sofort!“ entgegen. Frank Horns

Dirk von Nayhauß, Maggie Riepl: „Der dunkle Ort. 25 Schicksale aus dem DDR-Frauengefängnis Hoheneck“, be.bra wissenschaft Verlag, Berlin Brandenburg 2015, broschiert, 148 Seiten, 19,95 Euro


Belagert von engstirnigen Deutschen
Bis vor das Bundesverfassungsgericht zog Lehrerin Fereshta Ludin, um ein Kopftuch tragen zu dürfen. Warum eigentlich?

Ja, Fereshta Ludin ist „die mit dem Kopftuch“. Viele Jahre stritt sie um ihr Recht, als Lehrerin im baden-württembergischen Staatsdienst eines zu tragen. Sie wurde zur bekanntesten Muslimin Deutschlands.

Jetzt nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (BGH) vom März, das ein „generelles Kopftuchverbot an Schulen“ für rechtswidrig erklärte, sieht sie sich bestätigt und spürt früheren „Kultstatus“ zurückkehren. Die 43-jährige hat ihre Autobiografie geschrieben: „Enthüllung der Fereshta Ludin – Die mit dem Kopftuch“ heißt sie.

Allerdings: Eine wirkliche Autobiografie ist das Buch nur streckenweise, etwa wenn Fereshta Ludin ihre afghanische Kindheit beschreibt oder wenn sie sich – man kann es nicht anders nennen – in Eigenlob ergeht, und beschreibt, wie rasch und „fließend“ sie Fremdsprachen lernte. Nicht unerwähnt lässt sie auch, dass sie in Saudi-Arabien „Schülerin des Jahres“ wurde.

Als Tochter eines afghanischen Diplomaten kam die Autorin erstmals im Alter von fünf Jahren nach Deutschland. Danach lebte die Familie in Saudi-Arabien, kehrte aber nach dem Tod des Vaters 1986 in die Bundesrepublik zurück. Ludin studierte in Baden-Württemberg auf Lehramt für Grund- und Hauptschulen, erhielt nach dem Referendariat aber keine Einstellung an staatlichen Schulen, weil sie ein Kopftuch trug. Unterstützt vom „Zentralrat der Muslime in Deutschland“ und wohl auch von der islamistischen Bewegung Milli Görüs klagte sie bis zum Bundesverfassungsgericht. Seit 1999 arbeitet Ludin in Berlin an einer islamischen Privatschule.

Über ihre eigene Schulzeit im Deutschland des Jahres 1984 weiß Fereshta Ludin zu berichten, dass sie – damals 14-jährig – „ein kleiner Star“ war. Störend war nur ihr Kopftuch, wofür sie beschimpft („Türke“) und „beleidigt“ wurde („Juckt dein Kopf nicht darunter?). Man ist also beim Thema, und mit diesen Angaben endet im Grunde die Autobiografie, denn nun folgt das Kriegstagebuch ihres „Kampfes“ für das Kopftuch. Sie schreibt: „Ich möchte meine Umwelt mitgestalten, ein aktives Mitglied der Gesellschaft sein. Und ich möchte zum Nachdenken anregen. Ich war noch nie bloß Zuschauerin.“

Dennoch bleibt der Grund ihres Einsatzes für das Kleidungsstück seltsam verschwommen. Sie scheint nicht recht zu wissen, was das Kopftuch, ein „Stück Stoff“, das sie auch schon „ablegen“ wollte, für sie bedeuten soll. Kein „politisches Zeichen“, keins für die „Unterdrückung der Frau“. Deutsche sollen nur hinnehmen, dass es „wichtiger Bestandteil meiner Person, meiner Identität“ ist. Für diese inhaltsleere Phrase stritt sie mit geradezu selbstzerstörerischem Furor. Für die Deutschen wird sie zur „Kopftuchlehrerin“, bei Muslimen zum Scheusal. „Deinetwegen bekommen alle Frauen mit Kopftuch jetzt keine Jobs mehr“, hört sie von Glaubensgenossinnen. Als Märtyrerin sah sie sich auf der „Anklagebank“, „gehasst“, von „grotesken und dummen Fragen“ verfolgt, erlitt „Belagerung“, „Freiheitsverlust“ und mehr von der „Engstirnigkeit der Deutschen“.

Da mutet es seltsam an, dass sie trotzdem dazugehören möchte: „Ja, ich bin Deutsche“, schreibt sie, und weiter: „aber auch andere Sprachen und Kulturen sind ein Teil von mir: Ich stehe auf und verrichte das Morgengebet auf Arabisch, dann frühstücke ich mit meinem Mann. Wir unterhalten uns auf Deutsch. Ich sehe meine Mutter und schalte auf Persisch um. Das Leben draußen spielt sich auf Schwäbisch ab, in den Geschäften, beim Arzt und bei der Arbeit.“

Ob die Deutsche Fereshta Ludin sich auch Gedanken gemacht hat, welche unvergleichlichen Rechte ihr dieses Land bietet im Vergleich zu jenen muslimischen Ländern, in denen ein Kopftuch – oder Schlimmeres – nicht getragen werden darf, sondern muss?

Wolf Oschlies

Fereshta Ludin, Sandra Abed: „Enthüllung der Fereshta Ludin – Die mit dem Kopftuch“, Deutscher Levante Verlag, Berlin 2015, broschiert, 376 Seiten, 15,90 Euro


S. 23 Rautenberg Buchhandlung

Rautenberg Buchhandlung


S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Zurückpöbeln verboten / Wo der Hass schon in Ordnung geht, warum wir lieber die Klappe halten sollen, und wie man Bürger-Unmut wegpaternostert

Viele Deutsche werden immer aggressiver und intoleranter. Es hat sich ein Pöbel ausgebreitet, für den es „normal“ geworden ist, Andersdenkende zu beleidigen, zu verunglimpfen, zu bedrohen, ihre Wohnungen und Büros zu ramponieren und sie sogar körperlich anzugreifen. Anderen Leuten, auch wenn sie völlig abweichende Ansichten vertreten, ein Mindestmaß an Respekt zu zollen, gerät aus der Mode.

Die „Zeit“ diagnostiziert eine „massenhafte Enthemmung“. Das Blatt wollte nicht mehr schweigen und ließ Politiker, die Opfer von Hassattacken (meist zum Glück „nur“ verbal) geworden sind, zu Wort kommen.

Oder auch nicht. Unter den 27 Opfern, die in der „Zeit“ ihr Leid klagen durften, sind sieben SPD-Politiker, sieben Grüne, vier Linkspartei-Genossen, drei parteilose Kommunalpolitiker und sechs CDU-Vertreter, darunter Veteran Bernhard Vogel, der von seinen Erfahrungen aus der RAF-Zeit berichtet.

Werden auch AfD-Politiker oder Pegida-Demonstranten beleidigt, verunglimpft und attackiert aus politisch motiviertem Hass? Offensichtlich nicht, will uns die „Zeit“ wohl suggerieren.

Wie bitte? Und das nur ein paar Tage, nachdem AfD-Sprecherin Frauke Petry in Göttingen körperlich angegriffen wurde und nur Wochen, nachdem linke Täter versucht haben, Petrys Sprecherkollegen Bernd Lucke unter wüsten Beschimpfungen aus einem Zug zu drängen? Nein, das will uns die Zeitung natürlich nicht suggerieren. Schließlich ist man ein „Qualitätsmedium“, das seine Leserschaft ernstnimmt.

Was uns die „Zeit“ mit dieser delikaten Selektion mitteilt, liegt sittlich betrachtet noch etliche Schubladen tiefer als eine banale Lüge. Die Botschaft lautet: Bedrohungen und Attacken gegen Politiker oder Bürger sind nicht der Rede wert, wenn sie Leute treffen, die dem linken Mainstream nicht in den Kram passen.

Das ist doch mal eine Ansage! Nach dieser Auswahl sind natürlich auch die Täterbeschreibungen sortiert, welche die 27 Opfer in der „Zeit“ abgeben. Bei den Bedrohern handelt es sich um Leute, die sich von der AfD, von Pegida oder Thilo Sarrazin haben inspirieren lassen, weshalb AfD, Pegida und Sarrazin gewissermaßen schuld sind an der Verrohung.

Linke Bedrohung existiert dagegen nicht, und wenn, dann nur noch in Bernhard Vogels fernen Erinnerungen. Und wenn etablierte Politiker „massenhaft enthemmt“ auf Pegida eindreschen mit Sprüchen wie „Nazis in Nadelstreifen“ oder „Mischpoke“, ist das gut und richtig. Sobald die derart verunglimpften Bürger dagegen hilflos zurückpöbeln, haben wir es mit Ekel erregenden „Hassattacken“ zu tun, mit denen ein Niveau erreicht sei, „das um die Demokratie fürchten lässt“, so die „Zeit“.

Wir wollen uns lieber nicht vorstellen, was die Kollegen unter „Demokratie“ verstehen. Eine freiheitliche Ordnung, in der jeder, unabhängig von seiner Weltanschauung, die gleichen Rechte, den gleichen Schutz genießt und daher ohne Furcht von seiner Meinungsfreiheit Gebrauch macht, vermutlich nicht.

Damit bewegen sie sich durchaus auf der Höhe unserer Zeit. Roland Tichy, der ehemalige Chefredakteur der „Wirtschaftswoche“, weist auf eine Umfrage des Allensbach-Instituts hin, welche den Stand der Meinungsfreiheit recht hübsch ins Bild setzt. Danach sind 30 Prozent der Deutschen der Auffassung, man solle besser vorsichtig sein bei dem, was man sagt. Beeindruckende 41 Prozent sind gar der Meinung, man solle zu bestimmten Dingen lieber überhaupt nichts sagen.

Das sind doch Zahlen, die sich hören lassen! Zumal man noch diejenigen hinzuzählen kann, die aus Stolz nicht zugeben mögen, dass sie eher die Zähne zusammenbeißen, als ihr politisches Herz auf die Zunge zu legen. Alles addiert haben wir die DDR schon fast wieder eingeholt.

Nun gibt es noch das Problem, dass die Meiungen nicht automatisch wegsterben, nur weil die Untertanen sich nicht mehr trauen, sie öffentlich zu sagen. In der DDR haben sich die ungesagten Meinungen mit der Zeit dermaßen aufgestaut, dass sie zum Schluss in einer einzigen Erup­tion hervorschossen und das ganze System wegbliesen.

Was, wenn auch wir längst einen solchen Stau im Volk haben, der uns jederzeit um die Ohren fliegen könnte? Solche Ahnungen jagen einem Angst ein. Daher ist es kein Wunder, wenn die linke Politschickeria auf Erscheinungen wie Pegida oder AfD dermaßen hysterisch reagiert. „Geht es schon los?“, fragten sie sich bange.

Um das Volk zuverlässig unter Kontrolle zu halten, wirkt die Nazikeule offenbar nur noch bedingt. Das ist die bittere Erfahrung von Dresden. Doch es gibt noch andere Strategien zur Volkskontrolle – wie etwa diese hier: Man lenkt das Pack ab, schmeißt ihm irgendwelchen Blödsinn hin, über den es dann, politisch völlig ungefährlich, seine „Meinung“ sagen und Dampf ablassen kann.

Oder was meinen Sie, was die Vorschrift mit den Paternostern bewirken soll? Ab sofort darf in die alten Fahrstühle nur noch einsteigen, wer eine Art „Führerschein“ dafür gemacht hat, so der Ukas von Arbeitsministerin Andrea Nahles.

Selbstverständlich weiß die Regierung, dass Treppen viel gefährlicher sind als Paternoster. Zweifellos ist den Verantwortlichen also klar, was für einen Quatsch sie da beschlossen haben.

Aber darum geht es nicht: Wenn sich die Leute (und das werden sie tun) nun erst mal ausgiebig über die „Paternoster-Affäre“ aufregen, haben sie den Eindruck, endlich mal wieder frei und ohne Angst ihre Meinung hinausblöken und auf „die da oben“ schimpfen zu können. Das verschafft Luft und beruhigt die Seele.

Außerdem guckt dann keiner so genau hin, wie zur gleichen Zeit, also genau jetzt, verabredet wird, dass abermals deutsche Steuermilliarden durch den griechischen Schornstein gejagt werden. Dass die politisch gewollte „Zuwanderung“ weiterhin jedes Maß sprengt und dass sich bereits heute abzeichnet, dass aus der „Ausländer-Maut“ über die Bande der EU-Justiz am Ende doch eine Mehrbelastung der deutschen Autofahrer herausspringen wird.

All das bleibt fast unbeachtet, weil die Stammtische fürs Erste mit dem Paternoster-Ding beschäftigt sind. Nur eine Fußball-WM hätte die schönen alten Geräte für uns alle retten können. Dann hätte nämlich das Sportschauspiel die Ablenkungsaufgabe übernommen und die arme Frau Nahles hätte nicht den Clown spielen müssen, der die Bürger ablenkt, während sie bestohlen und hintergangen werden.

Neben der frisch inszenierten Groteske gibt es noch ein weiteres Instrument, um den Blick der Öffentlichkeit in die gewünschte Richtung zu lenken: den lange aufbewahrten Skandal.

Ist Ihnen das auch schon aufgefallen? Immerzu hören wir von irgendwelchen Ungeheuerlichkeiten, oft sogar Jahr für Jahr in regelmäßigen Abständen von derselben Sache. Wann haben Sie das letzte Mal von unhaltbaren Zuständen in der Altenpflege gehört? Letzte Woche? Letzten Monat? Und seit wann geht das so? Seit Jahren und Jahrzehnten.

Doch es passiert nichts, alles läuft stur weiter, niemand sieht sich gezwungen, das Problem wirklich anzupacken. Der Skandal zieht sich hin.

Wollen Sie wissen, wann sich das, wenn überhaupt jemals, ändern wird? Wann die Sache endlich ein großes Thema wird? Das passiert in genau dem Moment, in dem ein mächtiger Akteur das Thema für seine ganz eigenen Zwecke gut gebrauchen kann und es deshalb an die größte erreichbare Glocke hängt.

So wie jetzt bei der Fifa: Alle wissen schon ewig, dass das ein korrupter Saustall ist, doch nichts geschah – trotz zahlloser Berichte, die einen zum Kochen brachten. Ausgerechnet drei Jahre vor der WM im verfemten Russland aber kam der Skandal plötzlich ins Rollen. Verblüffend, was?


MELDUNGEN / ZUR PERSON

Rücktritt wegen Klausurnoten

Aachen – Armin Laschet, Vorsitzender der CDU in NRW, ist als Lehrbeauftragter der RWTH Aachen zurückgetreten. Er hatte von seinen Studenten geschriebene Klausuren verloren und deshalb freihändig Noten vergeben. Aufgeflogen ist alles, weil aus Versehen auch Studenten Klausurnoten bekamen, welche die Arbeit gar nicht mitgeschrieben hatten. Zur Begründung führt Laschet an, er habe seinen Studenten ein Nachschreiben ersparen wollen. M.R.

 

US-Polizei tötet mehr Weiße

Washington – Nach Angaben der „Washington Post“ starben in den USA allein in den ersten fünf Monaten dieses Jahres 385 Menschen durch Polizeigewalt. Entgegen üblicher Erwartungen waren es in den meisten Fällen aber nicht schwarze US-Amerikaner, sondern weiße. Laut der Statistik wurden seit Januar 171 Weiße, 100 Schwarze und 54 Latinos getötet. Der Rest verteilt sich auf Asiaten und andere Ethnien. Für 2015 werden 1000 Opfer erwartet. tws

 

Der ewige Fußball-Sepp

Er hatte es wieder geschafft. Allen Korruptionsvorwürfen und Verhaftungen zum Trotz, die es im Vorfeld des Fifa-Kongresses gegeben hat, ließ sich Josef – Sepp – Blatter für weitere fünf Jahre zum Präsidenten des Weltfußballverbandes wählen – bis zu seinem plötzlichen Rück­tritt (siehe S. 8). Seit 1998 führte er die Fifa, der 209 nationale Fußballverbände angehören. Da reichen selbst die Vereinten Nationen mit ihren „nur“ 193 Mitgliedsstaaten nicht heran. Dass es, gerade was die WM-Vergabe angeht, unschöne Kungeleien gibt, wusste auch Blatter. Doch an ihm perlten alle Bestechungsvorwürfe locker ab.

Ein mehrfacher Millionär wie er hatte es eben nicht nötig, sich über unsaubere Handlungen noch mehr in die Taschen zu stecken. Und was in den unteren Etagen passiert – na, Schwamm drüber. Der 1936 im Schweizer Visp geborene Blatter weiß, wie man Beziehungen knüpft, um eine Rie­senorganisation wie die Fifa zu­sammenzuhalten. Während seines Volkswirtschaftsstudiums war er Mitglied der Studentenverbindung Helvetia, deren „Alter Herr“ er nun ist. So etwas prägt und ist gute Voraussetzung für Verbandsarbeit. Nach einer Zeit als Amateurfußballer war der dreimal verheiratete Blatter Zentralsekretär des Schweizer Eishockeyverbandes, ehe er in den Vorstand des Fußballvereins Neuchâtel Xamax wechselte.

Auf Vorschlag des früheren Adidas-Chefs Horst Dassler kam Blatter 1975 zur Fifa. Bevor er 1998 Nachfolger von João Havelange als Fifa-Präsident wurde, machte sein deutscher Förderer ihn zum Generalsekretär. Überhaupt können die Deutschen mit ihm zufrieden sein. Unter seiner Ägide kam 2006 die WM nach Deutschland, und voriges Jahr wurden „wir“ Weltmeister in Brasilien. Also hatten wir doch eine gute Zeit mit ihm? Harald Tews


MEINUNGEN

Der Gründer und Ex-Inhaber der Wall AG (gut 1000 Mitarbeiter), Hans Wall, verwirft in der „Jungen Freiheit“ (29. Mai) das Argument, Deutschland müsse sich einem europäischen Bundesstaat anschließen, weil es allein zu klein sei für diese Welt:

„Deutschland ist international konkurrenzfähig, steht wirtschaftlich an der Weltspitze und ist mit über 80 Millionen Einwohnern die größte europäische Nation. Uns einzureden, wir wären zu klein, ist geradezu lächerlich. Was würden Australien und Kanada sagen, würde man ähnliches über sie behaupten – und die haben noch nicht mal 50 Millionen Einwohner. Deshalb trete ich für ein Europa der Vaterländer ein.“

 

 

Der in Deutschland tätige griechische Ökonom Alexander Kritikos erklärt im „Focus“ (30. Mai), warum die hellenische Wirtschaft nicht aus der Krise kommt:

„In Griechenland kann es Ihnen passieren, dass Sie in einem bestimmten Bereich auf zehn verschiedene Gesetze stoßen, wovon sich neun widersprechen. Das ist ein Albtraum für Unternehmer und Investoren. Viele Reformversuche, die bislang in diese Richtung gingen, hat die Ministerialbürokratie abgeblockt.“

 

 

Gloria von Thurn und Taxis kritisiert den Sexualunterricht für Grundschulkinder scharf. In der „Welt am Sonntag“ (31. Mai) sagt sie:

„Wir entwickeln uns in eine seltsame Richtung. In Deutschland werden bereits Achtjährige in der Grundschule über verschiedene Arten des Sexlebens unterrichtet. Sie sollen über Kondome und Dildos aufgeklärt werden. Achtjährige Kinder! Das soll bundesweit an allen Grundschulen eingeführt werden. Unfassbar. Gleichzeitig ist das erklärte Ziel, die Pädophilie zu bekämpfen – warum bringt man dann Achtjährigen Sexleben bei? Das passt für mich nicht zusammen.“

 

 

Der Autor Klaus Kelle nimmt in seinem Blog „denken-erwuenscht.com“ (29. Mai) die Verordnung von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) aufs Korn, wonach die Benutzung von Paternostern aus Sicherheitsgründen“ nur noch „geschultem Personal“ erlaubt ist:

„Was kommt als Nächstes? Ich schlage vor: Grillen nur noch im feuerabweisenden Ganzkörper-Schutzanzug. Spielen auf dem Kinderspielplatz nur noch vorschriftsmäßig mit Schutzhelm und Schienbeinschonern. Und wer in Bürogebäuden mit viel Glas arbeitet, bitte immer einen großen Schaumstoffring um den Kopf tragen, damit sich keiner verletzt, wenn er mal gegen eine Glastür läuft. Wenigstens wollen sie uns jetzt das Kiffen erlauben.“

 

 

Im Magazin der CDU/CSU-Mittelstandstandvereinigung (Juni-Nummer) kritisiert Chefredakteur Günter F. Kohl einen jüngsten Regierungsvorschlag zur Verbrechensbekämpfung:

„Um der Wohnungseinbrüche Herr zu werden, sollten Sicherungsmaßnahmen für Häuser und Wohnungen steuerlich begünstigt werden. Ist Schutz der Bürger nicht Sache des Staates und weniger der Stabilität der Wohnungstüren?“