17.04.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Folge 32/15 vom 08.08.2015

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

Was Kretschmann enthüllt
Asylflut: Die Grünen werden von den Folgen ihrer eigenen Politik eingeholt

Winfried Kretschmann bietet neuen Bundesländern Geld für die Übernahme von Asylbewerbern – das sagt einiges über seine Partei.

Kaum etwas macht die Ratlosigkeit, vor allem aber die moralische Kapitulation der Politik angesichts der von ihr verursachten Asylflut sichtbarer als der jüngste Vorschlag von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann: Der einzige Landesvater mit grünem Parteibuch bietet den neuen Bundesländern Geld an, wenn sie Asylbewerber aus dem Südwest-Staat für die Dauer ihres Anerkennungsverfahrens übernehmen.

Es mute eigentümlich an, wenn ausgerechnet ein grüner Politiker „Flüchtlinge“ als Handelsware etikettiere, höhnt Brandenburgs Landesvater Dietmar Woidke (SPD). Auch die Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt wiesen das Angebot aus Stuttgart zurück.

Kretschmanns Vorstoß zielt auf eine „Armutswanderung“ ganz neuer Qualität: Reichere Bundesländer laden ihre Probleme für Geld bei ärmeren ab, kaufen sich damit frei von den Folgen ihrer eigenen falschen Politik. So also sieht grüne „Gutmenschlichkeit“ aus, wenn sie vom Ernst der Lage auf die Probe gestellt wird.

Damit wird ein Grundzug des politischen Milieus freigelegt, das die Grünen prägt: Dort herrschte bislang die infantile Sicherheit, nie mit den Folgen eigener Fehlentscheidungen konfrontiert zu werden. Diese Sicherheit wurzelt in der Geschichte der Bewegung.

Zahlreiche Pioniere der Grünen erlebten ihre politische Erweckung in linksextremen Gruppen, welche die bürgerliche Demokratie abräumen und durch eine rote Volksrepublik ersetzen wollten. Zu ihrem Glück wurden sie gebremst. Nur deshalb konnten sich die Protagonisten später bequem einrichten im eben noch bekämpften Staat. Die, die den Kapitalismus erledigen wollten, sind heute die Partei mit den am besten verdienenden Anhängern von allen. Sie riefen „Frieden schaffen ohne Waffen!“, wollten die Bundeswehr beseitigen. Auch das wurde nichts. Nur deshalb konnten sie, 1998 an die Macht gelangt, erstmals seit 1945 deutsche Soldaten wieder in den Krieg schicken.

Die Urerfahrung grüner Politiker besteht nach alldem darin, dass sie nie Verantwortung übernehmen müssen für das, was sie fordern. Denn bislang gab es immer starke Gegenspieler, die das Land (und die Grünen selbst) vor der Umsetzung und damit den Folgen des verlangten Irrsinns bewahrten.

Mittlerweile aber ist grünes Empfinden in den Medien weithin bestimmend und lenkt auch die politische Elite bis tief in die Union hinein. Die Ausputzer, welche den Grünen früher in den Arm fielen, sind heutzutage verschwunden oder machtlos. Im Zulassen wahlloser Zuwanderung schlägt sich grünes Gedankengut daher erstmals eins zu eins in der Wirklichkeit nieder. Nun sollen sie plötzlich auslöffeln, was sie jahrelang betrieben haben, und versagen – wie Kretschmanns Gestammel enthüllt – jämmerlich. Hans Heckel


Forum für Spekulationen?
Gründe für Russlands Veto zum UN-Tribunal für MH17

Russland blockiert unabhängiges Tribunal für MH17 Flug“ und verhindere, dass die Uno zur Aufklärung der Umstände beitragen könne, unter denen die Boeing der Malaysia Airlines vor einem Jahr über der Ostukraine abstürzte, schreibt „Spiegel Online“ am 29. Juli. Zu den Gründen für das russische Veto erfährt man von den großen Medien lediglich, der russische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Witalij Tschurkin, habe als Hauptargument für die russische Seite gegen die Einrichtung des MH17 Tribunals angeführt, dass es verfrüht und „nicht zeitgemäß“ sei.

Kein Wort darüber, dass bereits vor einem Jahr die Resolution 2166 des UN-Sicherheitsrates, die klare und professionelle Anforderungen an die Untersuchung der MH17-Katastrophe festlegt, einstimmig beschlossen, aber bis heute nicht umgesetzt wurde.

Voraussetzung für ein UN-Tribunal ist, dass die Ermittlungen abgeschlossen sind. Der Abschluss- bericht der holländischen Ermittler soll aber erst im Oktober vorliegen. Für CNN war das kein Hindernis, aus einem Bericht, der noch gar nicht vorliegt, zu zitieren. In Presseberichten wird nicht mehr von russlandfreundlichen Separatisten als Schuldigen gesprochen, sondern gleich von „den Russen“. Ohne Beweise steht der Schuldige also schon längst fest.

Russland setzt sich gegen die Diskriminierung zur Wehr, es hat wiederholt bemängelt, von einer Teilnahme an der Untersuchung ausgeschlosen zu sein. Der Zugang zu den Materialien der gemeinsamen Ermittlungsgruppe wurde ihm verwehrt und die ukrainische Seite weigert sich, die Aufzeichnung des Funkverkehrs der Fluglotsen mit den Piloten von Flug MH17 zu veröffentlichen. Aus diesen Gründen hält Russland ein UN-Tribunal als weiteres „Forum für Spekulationen“ für sinnlos. M. Rosenthal-Kappi


Dafür ist plötzlich Geld da
25 Milliarden Euro für Asylbewerber allein in diesem Jahr

Die in den letzten Monaten sprunghaft angestiegene Zahl an Zuwanderern stellt die Länder, Kreise und Kommunen nicht nur hinsichtlich der Unterkunftskapazitäten, sondern auch finanziell vor kaum zu bewältigende Probleme. Aktuellen Schätzungen zufolge werden die öffentlichen Haushalte in diesem Jahr dadurch mit mindestens 25 Milliarden Euro belastet. Zum Vergleich: Für Verkehrsinvestitionen sieht der Bundeshaushalt 12 Milliarden, für Bildung und Forschung 15,3 und für Innere Sicherheit 5,3 Milliarden Euro vor.

Die Hamburger Sozialbehörde rechnet für dieses Jahr mit einer erneuten Verdoppelung der zur Bewältigung des Zuwandererstroms erforderlichen Haushaltsmittel auf 600 Millionen Euro. Das ist etwa die Summe, mit der sich sämtliche maroden Straßen in der Hansestadt instandsetzen ließen – etwas, worauf die Hamburger seit Jahren vergeblich warten.

Zur Begründung für die Erhöhung listet die Sozialbehörde den Finanzbedarf pro Asylbewerber auf. Demnach kosten Unterkunft und Verpflegung beispielsweise in einer Erstaufnahmeeinrichtung die Stadt pro Person 675 Euro im Monat. Bar ausgezahlt werden außerdem 149 Euro „Taschengeld“, wovon 44,13 für „Freizeit und Kultur“, 35,29 für ein Mobiltelefon, 25,15 für Fahrkarten und 1,53 Euro für Bildung angesetzt werden. Der Rest dient zur Abdeckung „individuell benötigter Ausgaben“. Summe: 824 Euro. Um die tatsächlichen Kosten zu ermitteln, müssten auch die Ausgaben für den Bau beziehungsweise die Herrichtung der Unterkunft, Heilfürsorge, Schulbesuch, Polizei- und Feuerwehreinsätze und Verwaltungsaufwand berücksichtigt werden, die sich jedoch nicht beziffern lassen. Der tatsächliche Aufwand pro Kopf und Monat dürfte mit 1000 Euro eher zu niedrig angesetzt sein. J.H.


Jan Heitmann:
Keine Staatsaffäre

Nur dort, wo öffentliche Kritik und Kontrolle möglich sind, ist Demokratie möglich. Das Instrument dafür sind die Medien. Nach ihrem Selbstverständnis üben sie ein „Wächteramt“ aus, repräsentieren die „4. Gewalt“ im Staate. Dementsprechend empfindlich reagieren sie auf jede staatliche Einflussnahme. So ist es kein Wunder, dass die Ermittlungen des Generalbundesanwalts gegen zwei Journalisten des Internetportals „netzpolitik.org“ einen medialen Sturm der Entrüstung entfacht haben.

Bei aller gerechtfertigten Empörung, eine Staatsaffäre analog zur „Spiegel-Affäre“ von 1962 ist der Fall nicht. Ein Skandal hingegen schon. Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen hat die Veröffentlichung von behördeninternen Informationen in seinem Zorn zu einem Fall von Landesverrat aufgebauscht und Generalbundesanwalt Harald Range ist bereitwillig auf das von Maaßen geführte Pferd aufgestiegen. Das war dumm, doch als er merkte, dass er in die Irre galoppiert, ist Range gerade noch rechtzeitig abgesprungen. Beide haben letztlich ihre Arbeit gemacht. Es ist aber anzunehmen, dass die Spitzenjuristen sehr wohl wussten, dass sie dabei übertrieben. Auch darf ihnen unterstellt werden, dass sie den Medien einen Schuss vor den Bug geben wollten. Damit haben sie sich eines Angriffs auf die Freiheit der Presse schuldig gemacht, von einer grundsätzlichen Gefahr für die Pressefreiheit kann aber keine Rede sein.

Ebenso wenig war die nationale Sicherheit in Gefahr, weil ein nur wenig bekanntes Internetportal als lediglich vertraulich eingestuftes Material von geringer Brisanz veröffentlicht hat. Die angeblichen Landesverräter können sich freuen, denn „netzpolitik.org“ kennt jetzt jeder.


S. 2 Aktuell

Brisanter Fund hinter Trümmern
Prorussische Bürgermiliz entdeckt auf dem Flughafen Lugansk Waffen aus US-Produktion

Es sei eine der größten Schandtaten in der Geschichte der Vereinigten Staaten, dass sie der Ukraine keine Waffen schickten, meint der republikanische US-Senator John McCain. Doch er mag sich trösten: US-Waffen sind in der Ukraine längst vorhanden.

Die Bürgermilizen der von Kiew abtrünnigen Volksrepublik Lugansk haben im zerstörten Flughafen der Stadt ein Depot entdeckt, das hauptsächlich mit Waffen aus den USA bestückt war. Der Flughafen war unter der Kontrolle der Kiewer Truppen, bevor er vor einem Jahr von den Milizen eingenommen wurde. Beim Bemühen, Ordnung in das Chaos der zerschossenen Gebäude zu bringen, sind die Milizen jetzt auf das Arsenal in einem Raum gestoßen, dessen Eingang bisher von Trümmern verschüttet war. „Beim Aufräumen haben die Arbeiter ein Depot mit Munition, Handfeuerwaffen und schweren Waffen, darunter auch solche Made in USA, entdeckt“, berichtete der zuständige Beamte der Generalstaatsanwaltschaft Lugansk, Leonid Tkatschenko. Unter anderem traten Stinger-Raketen zutage, infrarot-gelenkte Flugabwehrraketen, die von einem einzelnen Mann abgefeuert werden können. Auch im Flughafen von Donezk wurden Waffen aus den USA gefunden. Laut Tkatschenko ist die Identifizierung der Waffen nur vorläufig. Sie würden jetzt weiter untersucht.

Die USA leugnen bis heute solche Waffenlieferungen ebenso wie sie leugnen, Militär in der Ukraine im Einsatz zu haben. Letzteres ist die elegantere Abart der Unwahrheit, denn seit Monaten kämpfen US-Söldner von der berüchtigten „Blackwater-Truppe“ an der Seite der Truppen des Rechten Sektors und des Asow-Bataillons. Da sie Söldner einer privaten Firma sind, erklärt das Pentagon, damit nichts zu tun zu haben. Auch wenn es die US-Regierung ist, welche die Söldner angeheuert hat. Sie ist seit langem der größte Kunde der Firma.

Was die Waffen angeht, so hat sich Washington dazu bislang nicht geäußert, doch es scheint, dass man die Taktik ändern will. So wurde angekündigt, künftig werde man „nichttödliche Waffen“ liefern, darauf wurde ergänzt, auch „halbtödliche“ könnten dabei sein, wobei offen bleibt, was darunter zu verstehen ist. Jedenfalls ist Washington bereit, leistungsstarke Radar-Systeme und Panzerabwehrwaffen zu liefern, denn dabei handele es sich nicht um „tödliche Waffen“. Kiew erwartet noch im Herbst etwa 1000 mobile Anti-Panzer-Komplexe vom Typ FGM-148 Javelin. Glaubt man dem „Wall Street Journal“, so dürfte die US-Regierung dafür grünes Licht geben. Derzeit beläuft sich die US-Militärhilfe für die Ukraine auf 200 Millionen Dollar pro Jahr. Doch schon hat der Senat einen Gesetzentwurf gebilligt, der für das kommende Jahr 300 Millionen vorsieht. Das wird man sicher nicht alles für Stiefel und Gulaschkanonen ausgeben.

Dass die USA ihre Geheimhaltung um die Waffenlieferungen etwas lockern, mag damit zusammenhängen, dass sich der neue ukrainische Botschafter in den USA, Valeri Tschaly, öffentlich damit gebrüstet hatte, dass sein Land längst von den USA und dem Wes­ten insgesamt mit Waffen beliefert werde: „Wir bekommen Waffen, auch tödliche“, verkündete er. „Niemand kann das der souveränen Ukraine verbieten.“ Daran seien nicht nur die USA beteiligt. „Es handelt sich um rund ein Dutzend Staaten allein aus Europa. Wir bauen unsere militärtechnische Zusammenarbeit mit ihnen aus.“ Dazu ist es unerlässlich, für eine ausreichende Finanzierung zu sorgen. Vor wenigen Wochen stimmte das Parlament in Kiew der Erhöhung der Militärausgaben um weitere 241 Millionen Dollar zu. Innerhalb der vergangenen zwei Jahre hat sich der Militärhaushalt der Ukraine verneunfacht. Er beträgt nun mehr als fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Zum Vergleich: In Deutschland beläuft sich der Verteidigungshaushalt auf rund 1,5 Prozent.

Auf der politischen Ebene spielt sich in Washington ein großes Tauziehen um die Ukraine-Politik ab. Die eine Protagonist ist McCain, für den die Ukraine nur ein Mittel ist, einen Konflikt mit Russland vom Zaun zu brechen, der andere Außenminister John Kerry, der die vorsichtige, um nicht zu sagen immer etwas ratlose, Politik des Präsidenten Barack Obama vertritt. Ein früherer Berater des Außenamtes, James Carden, schrieb in seiner Kolumne für „The Nation“: „Zu der Partei des Krieges, zu der McCain, Pentagon-Chef Ashton Carter, Staatssekretärin Victoria Nuland und der Oberkommandierende der Nato-Streitkräfte in Europa, Phillip Breedlove, gehören, gesellte sich jetzt General Dunford, der von Obama zum nächsten Chef des Vereinigten Stabes der US-Streitkräfte ernannt wurde.“ Der Senatsausschuss für die Streitkräfte, dem McCain vorsitzt, sei zu einem Forum geworden, in dem die Partei des Krieges die naive Außenpolitik Obamas niederwalze. Als erstes wurde Dunford gebeten, Waffenlieferungen in die Ukraine zu erwägen, nach den neuesten Erkenntnissen muss man wohl sagen: die Waffenlieferungen endlich offiziell zu machen.

Dunford wiederum hat Russland als die „Hyperbedrohung“ des 21. Jahrhunderts bezeichnet. „Wir müssen das System der Eindämmung erneuern“, erklärte er, „um auf die Hyperbedrohung durch Russland zu antworten.“ Diese Meinung teilt der General mit Hillary Clinton, die kürzlich die Rolle der USA skizzierte: „Kein anderes Land ist besser geeignet, den alten Bedrohungen durch Russland, den Iran und Nordkorea zu begegnen und aufstrebenden Mächten wie China Paroli zu bieten.“ Florian Stumfall


Der IS etabliert sich in Europa
Erster Stützpunkt in Bosnien – Unterdessen gehen einzelne islamische Staaten gegen den Salafismus vor

Vor Kurzem noch gedachte man in Bosnien des 20. Jahrestages des Massakers von Srebrenica, als Tausende muslimische Bosniaken von Serben ermordet wurden. Aber nicht nur die tätlichen Angriffe auf den serbischen Präsidenten während der Feier machten der Welt deutlich, dass die religiösen Spannungen auf dem Balkan noch lange nicht zur Ruhe gekommen sind. Fast zeitgleich berichtete der britische „Daily Mirror“ von einem ersten Trainingscamp der Terrormiliz „Islamischer Staat“ auf europäischen Boden, und zwar in der Nähe von Srebrenica, in dem kleinen Ort Osve in Zentralbosnien, wo Dschihadisten für den Heiligen Krieg in Syrien und dem Irak ausgebildet werden und vielleicht auch für den im eigenen Land.

Auch der bosnische Inlandsgeheimdienst veröffentlichte vor Kurzem erdrückende Beweise für eine Ausbildungsstätte des Islamischen Staates (IS) in Bosnien. Osve liegt zwischen bewaldeten Hängen auf einem Hügel. Von den zerfallenen Häusern im Ort, die fast alle mit einer schwarzen IS-Fahne geschmückt sind, sind viele von in Australien oder in Luxemburg ansässigen Auslandsbosniern aufgekauft worden, um den Dschihadisten als Bleibe zu dienen. Da es kaum befahrbare Wege zu der kleinen Siedlung gibt, ist der Ort auch in keiner Karte verzeichnet und nur schwer über GPS zu orten, ideale Voraussetzungen für ein IS-Lager.

In der Nähe dieses Ortes sei in Wäldern regelmäßig Gewehrfeuer zu hören, berichteten Bewohner von Nachbardörfern den Reportern des „Mirror“, die sich dem Ort genähert hatten, aber dann abgewiesen wurden. Zum Ort gehören auch zahlreiche Burkaträger, die Burka ist ein beliebter Tarnanzug für männliche Selbstmordattentäter. Die bosnischen Behörden geben an, Osve seit Mai zu beobachten. Allerdings gelten die örtlichen Behörden in Bosnien als nicht besonders durchschlagskräftig.

Aufgrund der geographischen Lage bietet sich Bosnien-Herzegowina gut als Drehkreuz für Islamisten auf ihrem Weg nach Syrien an. Auch liegt Bosnien günstig an der in umgekehrter Richtung gehenden großen Flüchtlingsroute aus den Kriegsgebieten des Nahen Ostens nach Zentraleuropa, dem sich Zehntausende von Roma aus dem Westbalkan angeschlossen haben, um bei der Verteilung des großen Kuchens nicht zu kurz zu kommen. Zudem ist es in dem Balkanstaat seit dem Zerfall Jugoslawiens einfach, an Waffen zu kommen, da diese nach dem Krieg in den 1990er Jahren illegal in privatem Besitz verblieben sind und jetzt aufgekauft werden können. Geheimdienste befürchten, dass der islamische Terror von Bosnien aus ins Herz von Europa getragen werden könnte.

Bosnien bietet sich auch aus historischen Gründen als erster Stützpunkt des IS in Europa an, weil hier bereits in der Mitte der 1990er Jahre die muslimische Freiwilligenarmee der „Mudschahidin“ als Helfer der bosnischen Armee gewütet hatte. Die Anführer dieser Armee und viele Freiwillige kamen damals direkt aus den Bürgerkriegen in Tschetschenien und Afghanistan nach Europa. Viele dieser „Mudschahidin“ heirateten damals einheimische Frauen und sind im Lande geblieben. Sie verfügen heute noch unter den muslimischen Einheimischen über großes Ansehen und gute Kontakte zur bosnischen Armee, die ihre Waffenbrüder von damals bis heute nicht entwaffnet hat und weiter deckt. Tschetschenen spielen auch heute wieder in den internationalen Terrornetzwerken des Islamischen Staates eine zentrale Rolle, sie gelten als besonders tapfer, aber auch als besonders grausam.

Unterdessen treffen angesichts des rasanten Aufstiegs des Islamismus sogar einzelne Länder der islamischen Welt Vorkehrungen gegen diese radikale Form des Islam. So hat die Al-Azhar-Universität in Kairo ihren Lehrplan reformiert, um extremistische Haltungen zu unterbinden. Als Sofortmaßnahme wurden zudem 15 Lehrkräfte entlassen, die extremistische Ansichten vertreten hatten und als nicht belehrbar galten. Auch eine Reihe von Büchern islamistischen Inhalts wurde konfisziert. Die Universität hat dazu Interessengruppen gegründet, um „Fehldeutungen“ entgegenzutreten. Diese besuchen jetzt die entlegenen Gebiete Ägyptens, um dort vor allem junge Menschen zu erreichen. Auch in Tunesien hat sich nach dem jüngsten Anschlag in kurzer Zeit die lasche Haltung der Regierung gegenüber dem Treiben der Salafisten geändert. Alle inoffiziellen Moscheen des Landes, die Brutstätten des radikalen Islams, der in Tunesien besonders erfolgreich war, so dass das Land mit die größten Salafistenkontingente in Syrien stellt, wurden geschlossen. Moscheen, „die Propaganda verbreiten und zum Terrorismus aufrufen“, beschädigen das Bild des Islam, so Ministerpräsident Habib Essid.

Sogar in Saudi-Arabien, dessen wahhabitische, mit Ölreichtum genährte Staatsideologie einst dem Salafismus zu Geld und Ansehen verholfen hatte, kündigt sich ein Wandel an. In einer einzigen Aktion hat die Polizei am Ende des Fastenmonats Ramadan 450 Sympathisanten des IS verhaftet, weitere 40 Terror-Sympathisanten sind bei der Aktion ums Leben gekommen. Bei den Feierlichkeiten um das Fest des Fastenbrechens hörte man diesmal von den wahhabitischen Predigern in den heiligen Stätten Mekka und Medina eher moderate Töne, auch das könnte auf einen Sinneswandel hindeuten. Bodo Bost


MELDUNGEN

Ton im Internet wird schärfer

Dresden – Der Ton im Internet in Sachen Asylpolitik wird schärfer. Das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz stellt eine „spürbare Intensivierung verbalradikaler Äußerungen“ fest und stuft inzwischen 53 Facebook-Seiten als „rechtsextremistisch“ ein. Martin Döring, der Sprecher der Behörde, beklagt, dass man „unter der „komfortablen Anonymität“ des Internets „längst mehr als nur Stammtischparolen“ austausche. Dabei ist die Grenze zwischen extremen, aber noch zulässigen Äußerungen und dem verdeckten oder offenen Aufruf zu einer Straftat fließend. Laut dem Dresdner Oberstaatsanwalt Claus Bogner gibt es bereits einige Verfahren, allerdings seien die Ermittlungen bei anonymen Äußerungen schwierig und sehr zeitaufwendig. U.M.

(siehe Kommentar Seite 8)

 

Referendum zur Staatsbürgerschaft

Memel – Zugleich mit der Parla-mentswahl 2016 wird es in Litauen ein Referendum zur Frage der doppelten Staatsangehörigkeit geben. Laut der litauischen Verfassung verlor bisher jeder Bürger, der eine ausländische Staatsangehörigkeit annahm, automatisch die litauische. Dies betrifft vor allem die zahlreichen Auslandslitauer, die seit der „Wende“ nach Westeuropa ausgewandert sind und welche die im Aufwind befindliche Liberale Partei mit ihrer Gesetzesinitiative stärker an ihre Ursprungsheimat binden will. Bedeutsam wird die Entscheidung aber auch für die im Memelland verbliebenen Deutschen sowie die ostpreußischen Wolfskinder, denen der litauische Staat bisher nicht selten ihr natürliches Anrecht auf die deutsche Staatsbürgerschaft durch einen Verweis auf die Verfassungsregelung erschwerte, sowie für die wenigen deutschen Rückkehrer ins Memelland, die sich auch als Staatsbürger in den litauischen Staat integrieren möchten. T.W.W.

 

Dänisches Militär ist kriegsmüde

Kopenhagen – Die dänischen Soldaten, die vom Irak und von Kuwait aus am zermürbenden Kampf der internationalen Allianz gegen die Terrororganisation Islamischer Staat beteiligen, sind am Ende ihrer Kräfte. In einem Brief an Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen und andere Parteichefs fordern ihre Gewerkschaft sowie militärische Vertrauensleute ein Ende des Einsatzes. Das Mandat läuft im Okto­ber aus und muss durch das Parlament verlängert werden. In dem Brandbrief heißt es, die Soldaten seien extrem gestresst: „Wir und unsere Kameraden werden durch die Entsendung an die Brandherde dieser Welt und Übungen im Ausland bis zum Äußersten getrieben.“ Und weiter: „Geben Sie den Mitarbeitern eine wohlverdiente Pause. Der Bogen ist überspannt. Sie können nicht mehr.“ Die Dänen sind mit Luftfahrzeugen und Ausbildern für die irakische Armee am Kampf gegen den IS beteiligt. Die Regierungspartei Venstre und die Konservativen sind für eine Verlängerung des Einsatzes, doch in Politik und Bevölkerung mehren sich die kritischen Stimmen. Die dänischen Streitkräfte sind in den letzten Jahren stark verkleinert worden, die Wehrpflicht wurde de facto außer Kraft gesetzt und auf Freiwilligkeit gesetzt. Dieser Einsatzwille scheint nicht mehr vorhanden zu sein. J.H.


S. 3 Deutschland

Mao hätte seine helle Freude
Verleumdungsfeministen nutzen die digitalen Medien zur Hetzjagd auf renommierte Wissenschaftler

Die modernen Mittel des Internet und altbekannte Methoden aus Maos Kulturrevolution sind die Zutaten, mit denen immer öfter eine mediale Treibjagd gegen anerkannte Wissenschaftler betrieben wird.

Jüngstes Opfer ist der renommierte Krebsforscher und Nobelpreisträger Sir Tim Hunt, dem sexistische Äußerungen vorgeworfen wurden (siehe PAZ 26/2015). Anfang Juni soll der Biochemiker auf einer Konferenz von Wissenschaftsjournalisten in Korea ganz ernsthaft getrennte Labors für Männer und Frauen angeregt haben - so zumindest die Darstellung, die weltweit durch die Medien ging. Nachdem inzwischen ein inoffizielles Protokoll und ein Audiomittschnitt der Veranstaltung aufgetaucht sind, ist es Zeit, nicht mehr von einem Fall Tim Hunt zu sprechen, sondern über eine neue Form von Verleumdungsfeminismus. Bislang unbestritten war, dass der Brite auf dem Empfang scherzhaft gesagt hatte, dass „drei Dinge passieren, wenn sie (Frauen) im Labor sind: Du verliebst dich in sie, sie verlieben sich in dich, und wenn du sie kritisierst, fangen sie an zu heulen“.

Nach bisheriger Darstellung soll diese Äußerung zu einer eisigen Stimmung unter den Anwesenden geführt haben. Dass dem nicht so war, sondern dass Hunt einen durchaus als solchen verstandenen Witz auf eigene Kosten gemacht hat, wurden nun durch Recherchen einer Journalistin der „Times“ deutlich. Wie aus dem Audiomittschnitt der Veranstaltung hervorgeht, gab sich der Nobelpreisträger nämlich selbstironisch und lobte ausdrücklich die Rolle der Frauen in der Forschung: „Jetzt im Ernst, ich bin beeindruckt von der ökonomischen Entwicklung Koreas. Und Wissenschaftlerinnen spielten darin ohne jeden Zweifel eine wichtige Rolle. Die Wissenschaft braucht Frauen, und sie sollten trotz aller Hindernisse Wissenschaft betreiben, auch trotz solcher Scheusale wie mir.“ Auch wenn sich die Vorwürfe gegen den Nobelpreisträger inzwischen als haltlos herausgestellt haben, der Ruf von Hunt scheint zerstört zu sein. Als Sexist gebranntmarkt, trat Hunt von seinem Posten als Honorarprofessor am University College London zurück.

Deutlich geworden ist im Fall Hunt, dass renommierte Medien wie der „Guardian“ und die BBC allzu unkritisch die Beschuldigungen aufgegriffen haben. Skeptisch stimmen muss ebenso die Rolle das Internets bei der Rufmordkampagne gegen Hunt. Kritisch zu sehen ist insbesondere der Kurznachrichtendienst Twitter, der von jedermann genutzt werden kann, um zu allem und jedem einen Kommentar abzugeben. Die zur Verfügung stehenden 140 Zeichen bieten zu wenig Platz, um auch nur im Ansatz sinnvolle Argumente vorzubringen. Gleichzeitig sind es oftmals die aggressiv formulierten Kommentare, welche die meiste Beachtung finden.

Wie Splittergruppen versuchen, über das Internet Druck auf Wissenschaftler ausüben, ist mittlerweile auch in deutschen Hochschulstädten wie Berlin, Rostock und Frankfurt immer öfter zu beobachten. Dort suchen kleine studentische Gruppen in den Äußerungen von Professoren mit akribischem Aufwand nach allem, was nicht zu ihrem meist links-sektiererischem Weltbild passt. Im Stil einer Gesinnungspolizei werden dann über das Internet Wissenschaftler wie der Politologe Herfried Münkler oder der Historiker Jörg Baberowski an den Pranger gestellt. Die Vorwürfe reichen dabei von militaristischen Tendenzen bis hin zu Rassismus, den man an einem eurozentrischen Weltbild auszumachen glaubt. Im Einzelfall reicht es schon, wenn in wissenschaftlichen Texten bei „Student(*)innen“ das (*) für das „Transgendergeschlecht“ fehlt, damit der Vorwurf des Sexismus laut wird. Angebote, sich einer offenen Diskussion zu stellen werden von den Kritikern abgelehnt, bevorzugt wird die Anonymität des Internets.

Den wenigsten der beteiligten Studenten dürfte dabei wahrscheinlich bewusst sein, auf welchen heiklen Spuren sie eigentlich mit ihrer Gesinnungsschnüffelei an den Universitäten wandeln. So ist der Begriff der „politischen Korrektheit“ zuerst vom chinesischen Diktator Mao Tse-tung geprägt worden, der damit versucht hat, abweichendes Denken zu stigmatisieren. Inzwischen weigehend vergessen ist ebenso, wie unter Mao im Zuge der 1966 bis 1976 wütenden „Großen Proletarische Kulturrevolution‘ Lehre und Forschung an den chinesischen Universitäten faktisch zum Erliegen kamen. Von fanatisierten Studenten als Klassenfeinde deklarierte Professoren wurden damals so drangsaliert, dass sie oftmals nur noch im Selbstmord einen Ausweg sahen.

Inzwischen um die Gender-Ideologie und das Totschlagargumente „Rassismus“ angereichert, besteht nun erneut die Gefahr, dass die Freiheit der Wissenschaft unter die Räder der von Ideologen vorgegebenen „politischen Korrektheit“ kommt. Norman Hanert


Grüne in Angst
Asylproblem gefährdet Machterhalt in Baden-Württemberg

Die steigende Zahl von Asylbewerbern stellt zunehmend die Chancen der Grünen in Frage, nach den Landtagswahlen im März 2016 noch den Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg zu stellen. Winfried Kretschmann, bundesweit bislang der einzige Regierungschef der Grünen, muss angesichts der Flut neuer Asylanträge zum einen auf die Sorgen vieler Bürger reagieren, auf der anderen Seite will ein einflussreicher Teil seiner Partei an der bislang verfolgten Asylpolitik festhalten.

So war bereits im Herbst letzten Jahres der Aufschrei unter den Grünen groß, als Kretschmann im Bundesrat der Anerkennung von Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als sichere Herkunftsländer seine Zustimmung gab. Im Bundestag sprachen einige Abgeordnete der Grüne damals sogar von einem „Angriff auf das Grundrecht auf Asyl“. Ähnlich die Ablehnungsfront nun, da es darum geht, ob weitere Staaten des Westbalkan als sichere Drittstaaten deklariert werden, was eine massive Entlastung des Asylsystems zur Folge hätte. Ungeachtet von Asyl­anerkennungsquoten, die bei den betreffenden Herkunftsstaaten nahe der Null-Prozent-Marke liegen, argumentiert etwa der Grünen-Innenpolitiker Volker Beck in Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Herkunftsländer können nicht nach politischer Lust und Laune für sicher erklärt werden“. Ähnlich kritisch wird eine Änderung bei der Ausweisung sicherer Herkunftsländer von Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter und Parteichef Cem Özdemir gesehen.

Auf der anderen Seite bekommt Kretschmann in Baden-Württemberg angesichts der Überlastung des Asylsystems den wachsenden Unmut in den Kommunen zu spüren. „Uns brennt der Kittel“, so etwa die Klage von Freiburgs Oberbürgermeister Dieter Salomon (Grüne). Einkalkulieren muss die grün-rote Regierung zudem, dass sie eigentlich in einem durch und durch konservativen Bundesland regiert, in dem fast alle Landräte nach wie vor von der CDU gestellt werden. Regelrecht um die Ohren fliegen könnte den Grünen das Thema Asyl, sollte die Stimmung der Bevölkerung im „Ländle“ kippen. Gut acht Monate vor den Landtagswahlen wird dies zunehmend wahrscheinlicher. Zum Tragen kommt dabei, dass die Zuwanderungsthematik einige Besonderheiten aufweist. So geht von „Migrations“-Zahlen, die in kurzer Zeit rapide ansteigen, ein starker Mobilisierungseffekt auch auf unpolitische Bevölkerungsschichten aus. Anders als bei der Euro-Krise werden Auswirkungen unmittelbar und ohne Verzögerung spürbar: Ein Anstieg der Kriminalität, die Entwertung von Eigenheimbesitz durch sinkende Immobilienpreise, wenn in der Nachbarschaft eine Großunterkunft für Asylbewerber errichtet wird, entfalten auf die Betroffenen eine ganz andere Wirkung, als wenn der Bundestag abstrakte Bürgschaften zur „Euro-Rettung“ genehmigt.

Enttarnt wird in Zusammenhang mit den Problemen um die steigenden Asylbewerberzahlen oftmals auch die Arroganz der Politik: Die Probleme müssen der Bevölkerung nur richtig vermittelt werden, so eine häufig gebrauchte Standardformel, die in Zusammenhang mit der Asylproblematik oft gebraucht wird. Tatsächlich machen viele betroffene Bürger aber die Erfahrung, dass eine geänderte Darstellung nichts an den eigentlichen Grundproblemen ändert. N.H.


MELDUNGEN

Linkspartei will Hausbesetzungen

Berlin – Die Linkspartei will Hausbesetzungen legalisieren. Dies sei eine Reaktion auf steigende Mieten und Wohnungsknappheit, erklärte Vorstandsmitglied Marco Höne: „Nachdem in den letzten Jahrzehnten vor allem die Eigentümer und Spekulanten gestärkt worden sind, ist es an der Zeit, die Fähigkeit der Menschen zur Selbsthilfe zu stärken.“ Wo Leerstand herrsche, müsse es möglich sein, „diesen Wohnraum der reinen Verwertungslogik zu entreißen, um darin zu wohnen“. Hausbesetzungen könnten „ein sinnvolles Werkzeug selbstorganisierter Sozialpolitik sein“, so Höne weiter. Der Immobilienverband Deutschland kritisiert diese Äußerungen als Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes und bemängelt eine „Erosion des Rechtsbewusstseins“. J.H.

 

Gericht prüft Wahlergebnis

Bremen – Ein aus dem Präsidenten des Bremer Verwaltungsgerichts, dem Vizepräsidenten und fünf Bürgerschaftsabgeordneten bestehendes Wahlprüfungsgericht wird über das Ergebnis für Bremerhaven bei der Bremer Landtagswahl im Mai entscheiden. Die AfD hatte, nachdem sie per Eilantrag beim Verwaltungsgericht durchgesetzt hatte, die Wahlzettel auszählen zu dürfen, festgestellt, dass Stimmen für die AfD anderen Parteien zugeschlagen worden waren (siehe PAZ 30/2015). Die Partei hat jetzt Einspruch gegen das Wahlergebnis eingelegt und fordert eine Neuauszählung. Wann das Wahlprüfungsgericht sich mit der Sache beschäftigen wird, steht noch nicht fest. Die AfD war nach der Wahl am 10. Mai mit vier Abgeordneten in das Landesparlament eingezogen, ein fünftes Mandat scheiterte an nur wenigen Stimmen im Wahlbereich Bremerhaven. U.M.


S. 4 Versicherungsbetrug

Ein teurer Volkssport
Betrugsfälle verschlingen Milliarden – Versicherungen lassen die Ehrlichen zahlen

Viele Menschen halten Versicherungsbetrug für ein Kavaliersdelikt und denken nicht daran, dass sie die Allgemeinheit schädigen. Der geschätzte Schaden durch Versicherungsbetrug lag im vergangenen Jahr allein in Deutschland bei etwa vier Milliarden Euro.

Es vergeht kaum eine Woche, ohne dass ein TV-Magazin von Versicherungsgesellschaften berichtet, die Forderungen ihrer Kunden ablehnen oder die Zahlungen hinauszögern. Für Opfer von Unfällen etwa steht die Existenz auf dem Spiel, wenn die Versicherung die vertraglich zugesicherte Rente nicht zahlt.

Wen wundert es da, dass bei Versicherten der Eindruck entsteht, die Gesellschaften würden ihre Kunden über den Tisch ziehen. Laut einer vom Gesamtverband deutscher Versicherer (GdV) in Auftrag gegebenen Studie hält bereits jeder vierte Deutsche Versicherungsbetrug für ein Kavaliersdelikt. Grund für den Anstieg von Betrugsfällen sind laut dem Versicherungsexperten Horst Müller-Peters die veraltete Technik der Versicherer und eine unzureichende Schaden-Analyse.

Der Grundgedanke der Versicherung ist alt und ein positives Instrument, um sich gegen existenzielle Not abzusichern. Eigentlich hält jeder eine Haftpflicht-, Kranken-, Renten- oder Lebensversicherung für sinnvoll.

Dennoch trauen viele Menschen ihren Versicherungen nicht mehr. Die Betrugsmethoden werden immer dreister. Versicherer und ihre Agenten wissen: Nehmen die gemeldeten Haftpflichtschäden für Mobiltelefone zu, ist das neueste Smartphone auf den Markt gekommen. Zu den üblichen Schwindeleien gehört, dass ein Freund das alte Handy versehentlich beschädigt hat und er es über seine Haftpflicht abrechnet.

Für Betrugsfälle ist auch die Kfz-Sparte besonders anfällig. Organisierte Banden provozieren Verkehrsunfälle und kassieren ab. Doch auch die selbstverschuldete Schramme an der Tür wird gerne über die Haftpflicht eines anderen abgewickelt. Bekannt werden nur die großen Fälle, kleinere Mogeleien bleiben meist unentdeckt, weil für die Versicherer der Aufwand für die Überprüfung zu groß ist. Die überwiegende Zahl der gemeldeten Haftpflichtschäden liegt im Schnitt unter 100 Euro. Weil sie kaum geprüft werden, ist hier die Betrugsquote vermutlich am höchsten.

Eine beliebte Vorlage von Versicherungsbetrug bilden Unwetter, nach denen Hochspannungsschäden bei Fernsehern gehäuft gemeldet werden. Schäden, die eigentlich nicht versichert sind, werden so hingebogen, dass sie „passen“ und die Versicherung bezahlt. Oft helfen Vermittler ihren Kunden bei der richtigen Formulierung der Schadenmeldung. Eine kosten-trächtige Sparte ist die Wohngebäudeversicherung. Lösen sich Dachpfannen, kommen Abflüsse in die Jahre, müssen Terrassen, Bäder und Fußböden erneuert werden, erstellen geschäftstüchtige Handwerker gerne Kostenvoranschläge, die statt einer Reparatur eines an sich kleinen Schadens gleich die Sanierung des Gesamten vorsehen. Ein interessantes Phänomen ist, dass sich die Kosten einer Reparatur – wie der eines Handys – gleich verdoppeln, wenn der Kunde signalisiert, dass es sich um einen Versicherungsschaden handelt. Versicherungskunden stellen ohne jegliches Unrechtbewusstsein immer dreister Forderungen gegenüber ihren Agenten: „Wenn das nicht versichert ist, dann lassen Sie sich eben etwas einfallen.“ Sie sind sich nicht darüber bewusst, dass dies Anstiftung zum Betrug, also einer Straftat ist. Versicherungsbetrug ist ein Volkssport, für den die Allgemeinheit die Kosten trägt. Der Dumme ist am Ende der Ehrliche. M. Rosenthal-Kappi


Wunsch nach Sicherheit
Industrialisierung ließ viele Versicherungsanstalten entstehen

Der Wunsch des Menschen nach Absicherung seines Besitzes ist so alt wie die Menschheit. Schon im zweiten Jahrtausend vor Christus ist der Begriff „Versicherung“ in Babylonien nachzuweisen. In Deutschland gab es gemeinschaftliche Verpflichtungen, wie zum Beispiel die Holzbevorratungspflicht für Bauern. Brannte im Dorf ein Haus ab, konnte es mit den Holzvorräten der Nachbarn wieder aufgebaut werden.

Im Mittelalter entstand die „Risikoabsicherung gegen Geld“ beim Seehandel mit Werten wie Gold, Silber, Diamanten und Gewürzen. Der älteste Seeversicherungsvertrag von 1347 liegt im Staatsarchiv von Genua.

Am Ende des 17. Jahrhunderts hafteten vor allem englische Versicherungen wie „Lloyds London“ für Schäden im Seehandel. Die Londoner „Phoenix Assurance Company“ hatte sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine marktbeherrschende Stellung in Deutschland verschafft. Das führte zu überhöhten Prämien für die Versicherten, die damals meist Kaufleute und Fabrikanten waren. Als in Deutschland verheerende Großbrände einige deutsche Städte verwüsteten, wuchs der Wunsch nach einer eigenen Absicherung gegen Feuer. Private Versicherungsgesellschaften schossen wie Pilze aus dem Boden, die in heftigem Konkurrenzdruck standen. Neben der Feuerversicherung konnte man seit 1820 auch private Lebensversicherungen abschließen.

Der Zersplitterung und der Willkür bei Beiträgen und Leistungen wollte Friedrich Wilhelm III. durch die Gründung einer Pflichtversicherung gegen Feuer entgegenwirken. 1836 wurden per Dekret die „Provinzial-Feuersozietäten“ gegründet, deren Aufgabe es war, sich im Rahmen des Gegenseitigkeitsgedankens abzusichern.

Im Laufe der fortschreitenden Industrialisierung kamen weitere Risiken auf, die versichert werden mussten. Gegen Risiken wie Feuer und Tod konnte man sich absichern, eine Unfallversicherung gab es aber noch nicht. Die Idee zu einer solchen hatte Karl Ferdinand Wehle. Seit Öffnung der Zollgrenzen trat die Eisenbahn ihren Siegeszug an. Wehle wollte Reisende Bahnbeamte und Bahnarbeiter mit einer Unfallversicherung schützen. Seine Bemühungen führten zur Gründung der „,Thuringia, Eisenbahn- und Allgemeine Rück-Versicherungsgesellschaft“ in Erfurt. Mit der Untergliederung in Transport-, Unfall-, Lebens- und Feuerversicherung war die Idee des Kompositversicherers (alle Sparten aus einer Hand) geboren.

Während der Industrialisierung hatten sich zahlreiche Versicherungsgesellschaften gegründet, die sich zunächst einen harten Wettbewerb lieferten, später aber miteinander kooperierten, indem sie größere Risiken über gemeinsam in Anspruch genommene Rück-versicherungsgesellschaften absicherten. Große Namen sind unter anderen Ernst Wilhelm Arnoldi in Verbindung mit der Gründung der „Gothaer Feuerversicherungsbank a.G.“ und Robert Gerling, der mit dem Gerling Konzern den größten deutschen Industrieversicherer aufbaute. MRK


Strategien zur Vermeidung von Betrug

Wer ein Auto kauft, das zuvor als Totalschaden abgerechnet worden war, riskiert, bei einem Unfall mit diesem Fahrzeug seinen Versicherungsschutz zu verlieren. Denn die Fahrgestellnummer solcher Autos wird in einem zentralen Verzeichnis erfasst, auf das alle Gesellschaften Zugriff haben.

Auch wer zu viele Schäden innerhalb eines kurzen Zeit-raums hatte, sei es in der Haftpflicht-, Hausrat-, oder Wohngebäudeversicherung, riskiert eine „Sanierung“ (meist eine Verschlechterung der Versicherungs-bedingungen)  oder die Kündigung des Vertrags. Kündigt der Versicherer, ist es oft schwer, eine andere Gesellschaft zu finden, die gleiche Bedingungen bietet. Bei Neuabschluss wird nach Vorverträgen und -schäden gefragt.

Vorgetäuschter Kfz-Diebstahl, Falschangaben bei Wohnungseinbrüchen und provozierte Verkehrsunfälle bis hin zum Betrug bei Hypothekendarlehen nehmen laut Allianz laufend zu, in den vergangenen Jahren um etwa zehn Prozent. Um die Verluste gering zu halten, setzen die Unternehmen auf moderne Technologien zur Betrugsabwehr, Agenten werden zur Schadenbegrenzung gezwungen, indem sich die Höhe der Schäden in ihrem Agenturbestand negativ auf den jährlichen Bonus auswirkt.

Die Zurich-Versicherung hat ein eigenes Betrugsdezernat gegründet, um den schwarzen Schafen unter ihren Kunden auf die Schliche zu kommen. Das Personal wird darin geschult, besonders dreiste Betrüger bereits am Telefon zu erkennen.

Verstrickt sich jemand in Widersprüche, schildert einen Tathergang, der nicht zum Schaden passt, ist er verdächtig. Auch Branchenführer Allianz beschäftigt mittlerweile über 100 Spezialisten zur Betrugsabwehr. MRK


Zeitzeugen

Ernst Wilhelm Arnoldi (1782–1841) – Er gilt als Vater des deutschen Versicherungswesens. Der Kaufmann aus Gotha gründete aufbauend auf dem Geschäft seines Vaters mehrere Fabriken. Die Enttäuschung über die unzureichende Entschädigung nach dem Brand der väterlichen Tabakfabrik durch die Londoner Phoenix Assurance Company führte ihn zu der Idee einer eigenen deutschen Feuerversicherung, die schließlich in der Gründung der „Gothaer Versicherungsbank“ in seiner Heimatstadt Gotha führte.

Friedrich Wilhelm III. (1770–1840)– Weil zu viele private Feuerversicherungen miteinander konkurrierten, die Beiträge zu hoch waren und die Sicherheit der vertragsmäßigen Zahlungen an die Verunglückten nicht gewährleistet war, ließ der König von Preußen das gesamte Feuersozietätswesen einer allgemeinen Revision unterziehen. Mit Kabinettsorder vom 5. Januar 1836 wurde die „Provinzial-Feuersozietät“ in Preußen geschaffen.

Karl Ferdinand Wehle (1819–1874) – Mit dem Ausbau von Eisenbahnlinien stieg auch die Gefahr von Unfällen. Da es die Idee einer Lebensversicherung schon gab, setzte Wehle sich für die Einführung einer Unfallversicherung ein. Im September 1853 erhielt er die Genehmigung zur Gründung der „Thuringia“-Versicherung.

Alfred Manes (1877–1963) – Der deutsch-amerikanische Volkswirtschaftler gilt als bedeutender Pionier der Versicherungswirtschaft. Er trug maßgeblich zur Entwick-lung der wissenschaftlichen Forschung von Versicherungen im „Deutschen Verein für Versicherungswissenschaft“ bei. Als Jude verlor er 1935 seine Professur in Deutschland. Er lehrte dann an der Universität von Indiana.

Horst Müller-Peters – Der Professor des Instituts für Versicherungswesen an der Fachhochschule Köln forscht zur Betrugsprävention. Typisch seien Kleindelikte, die selten aufgedeckt werden. Müller-Peters rät den Versicherungsgesellschaften, moderne Informationstechnologie und Psychologie einzusetzen, also die Gelegenheit und die moralische Rechtfertigung für Betrug zu erschweren und zum Beispiel die Selbstbeteiligung im Schadensfall abzuschaffen.


S. 5 Preussen/Berlin

Berlins Politik auf der Flucht
Der Zuwandererstrom begräbt alle politischen Legenden und Illusionen unter sich

Die Berliner Landespolitik versagt mehrfach bei der Zuwanderung – sie steuert nicht, verwaltet nicht einmal mehr, sie vergibt wertlose Scheine und verliert ihre Glaubwürdigkeit.

Rund 1000 Zuwanderer in Berlin werden gerade obdachlos, und die Behörden nehmen es in Kauf, kritisiert jetzt der Berliner „Flüchtlingsrat“. Rund 4000 Syrer und Afghanen übernachten bereits in Parks (die PAZ berichtete). Die Schere zwischen der Kapazität der Unterkünfte und der Menge der Neuankömmlinge klafft immer weiter auseinander, genauso die zwischen politischen Ansprüchen und Wirklichkeit.

Eine allein reisende Afghanin erhält bei der ersten Vorsprache in der Zentralen Asylaufnahmestelle Berlin statt eines Platzes in einem Wohnheim einen Gutschein. Das Blankopapier berechtigt zur Übernachtung in einem Hostel (einer Art Kreuzung aus Jugendherberge und günstigem Hotel) ihrer Wahl.

Weil aber kein Hostel sie aufnehmen will, ist die Frau „gezwungen, tagelang im Park zu schlafen“. Denn das Land Berlin bezahlt die Hostels nicht mehr regelmäßig. Eine Syrerin musste mit ihren drei minderjährigen Kindern ebenfalls im Freien schlafen. Ein Syrer wird aus dem Krankenhaus ohne Umweg auf die Straße entlassen – sein Hostelgutschein: wertlos.

Mit der Schilderung dieser Fälle erhebt der „Flüchtlingsrat“ Berlin schwere Vorwürfe. Berlin biete keine Unterstützung bei der Suche nach einer Unterkunft. Mehr noch: In einem offenen Brief an Bürgermeister Michael Müller (SPD) zeichnet die Dachorganisation von Flüchtlingsvereinen und deren Lobbyisten das Bild heillos von der aktuellen Zuwanderung überforderter Behörden. Die mit der linken Gruppe „Pro Asyl“ vernetzte Gruppe warnt vor der Obdachlosigkeit von Zuwanderern im großen Stil. „Neu ankommende Asylsuchende werden entgegen der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften obdachlos gelassen und erhalten willkürlich geminderte Sozialleistungen und frei erfundene Identitätspapiere.“

Berliner Sammelunterkünfte beherbergen rund 15300 Asylbewerber. Sozialsenator Mario Czaja (CDU) spricht von „dringend benötigten 8000 Plätzen“. Allein im Juli kamen mit knapp 4000 mehr als dreimal so viele Personen wie im Vergleichsmonat 2014. Die Politik rennt ihren humanitären Ansprüchen hinterher.

Um die große Zahl unterzubringen, greift das zuständige Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) auf Hostels zurück, doch mit der Bezahlung der privaten Unterbringung – noch vor Monaten ein lukratives Geschäft – kommt die Verwaltung nicht mehr mit. Viele Hostels akzeptieren die behördlich ausgestellten Scheine nicht mehr, wie Unterstützer aus dem Umfeld des „Flüchtlingsrates“ jetzt bei Anfragen ermittelten. Auch die Gutscheine der Bezirke nimmt demnach kaum eine Unterkunft an. Die Verwaltung der 1800 Hostelplätze für Zuwanderer in der Metropole ist demnach zusammengebrochen. Maximal 600 der Plätze stehen wirklich zur Verfügung. „Aufgrund unserer Erfahrungen gehen wir davon aus, dass die Mehrzahl der betroffenen Flüchtlinge im Ergebnis obdachlos bleibt“, so der „Flüchtlingsrat“. Der offene Brief fordert eine Aufstockung von Räumen und Personal.

Allgemein sieht es die Organisation als staatliche Aufgabe an, „Flüchtlingen unter seriöser Beachtung ihrer Fluchtgründe und humanitären Nöte, großzügige Aufnahme, effektiven Schutz, nachhaltige Integration und eine selbst bestimmte Zukunftsperspektive einzuräumen“. Die schiere Zahl der Zuwanderer macht diesen Anspruch allerdings kaum einlösbar.

Jenseits der Verfechtung von immer irrealeren Ansprüchen sendet der Rat mit den geschilderten Fällen ein Warnsignal an Berlins Politik. Was der Brief nicht ausdrücklich schreibt: Für Herbst und Winter drohen Kältetote. Berlins Landespolitik ist in der Zuwanderung an die Grenzen des Machbaren und darüber hinaus gegangen. Selbst Containersiedlungen bewältigen die Massen nicht mehr. Nun weist ausgerechnet der „Flüchtlingsrat“ nach, gegen welche Gesetze Berlins Politik verstößt: Asylverfahrensgesetz, Polizeigesetz, Grundgesetz. „Das Obdachlos-Aussetzen“ wie die Organisation es nennt, hat demnach Methode, ist nur ein Puzzlestück der sich ständig verschlechternden Lage von Zuwanderern. Asylverfahren dauern in Berlin zunehmend länger. Der „Flüchtlingsrat“ wirft der Politik zudem vor, „erfundene Ausweispapiere“ zu erstellen. Dabei haben die mit solchen Dokumenten ausgestatteten Menschen noch nicht einmal vor einer Behörde wenigstens vorgesprochen – es gibt keine Termine mehr. Vor Monaten schon ist die Ausländerbehörde unter der Last des Ansturms zusammengebrochen und vergibt rechtswidrige Duldungen und Aufenthaltstitel, um sich Zeit zu erkaufen.

Die Zeit aber läuft der Politik davon: „Erklären Sie das Thema zur Chefsache!“ schließt der offene Brief. Das hat Müller getan: Vor Tagen wandte er sich an den Bund und forderte mehr Geld. Der Bund solle eine Kopfpauschale je Zuwanderer überweisen. Doch der Bund ist in der Frage finanziell nicht mehr als die Summe seiner Länder, und die sehen insgesamt fünf Milliarden Euro Kosten für Zuwanderung in diesem Jahr voraus.

Noch in dieser Legislaturperiode, so hofft Berlins Landespolitik, gibt es auf Bundesebene ein neues Einwanderungsgesetz. Erst kürzlich entdeckte Müller, es gebe nicht nur Kriegsflüchtlinge, sondern auch „Menschen, die aus anderen Gründen kommen“, etwa rein wirtschaftliche – eine überaus späte Einsicht. Sverre Gutschmidt


Schutzsuchende in Schrottimmobilien
von Vera Lengsfeld

Berlin ächzt in diesem Sommer nicht nur unter der Rekordhitze, sondern unter einem Problem, das nach dem Willen von Politikern und militanten Gutmenschen nicht mehr benannt werden darf. Tausende Flüchtlinge strömen in die Stadt, die nicht mehr weiß, wohin sie diesen Strom, der keiner sein darf, weil dieses Wort bereits unter Kuratel gefallen ist, hinlenken soll. Mit mindestens 30000 Neuankömmlingen wird in diesem Jahr gerechnet. Man beachte das „mindestens“. Schon jetzt werden die Menschen in Traglufthallen untergebracht, die aber bald nicht mehr ausreichen.

Zurzeit hausen 15300 Flüchtlinge in 60 Gemeinschaftsunterkünften, 1550 in Hostels und rund 9000 in Wohnungen. Drei von sechs geplanten Wohncontainer-Siedlungen wurden inzwischen eröffnet. Weitere drei Containerdörfer sollen bis September folgen. Das reicht aber nicht aus. Deshalb erhalten Ankommende in der Erstaufnahme bei Platzmangel in den Sammelunterkünften Gutscheine für Hostels im Wert zwischen 30 und 50 Euro. Die Flüchtlinge suchen sich dann selbst Zimmer. Ob die Hostels auf die Dauer mit einer so niedrigen Pauschale zufrieden sein werden, bleibt abzuwarten. Schon jetzt lädt die Situation zum Missbrauch ein. Die Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen sind explosionsartig gestiegen, von 778 auf 8425 Euro. In diesem Durchschnittswert, heißt es, seien die Kosten für die kurzfristige Nutzung von Liegenschaften plus höhere Sanierungskosten eingeschlossen. Unter den Geschäftemachern herrscht Goldgräberstimmung. Wer eine alte Garage, einen verfallenen Schuppen, ein Abrisshaus sein Eigen nennt, kann diesen bislang nutzlosen Besitz in eine Goldgrube verwandeln.

Ausgerechnet im rot-grün regierten Pankow wurde soeben entdeckt, dass eine Firma in einem Gewerbe-Hinterhof für angebliche Asylbewerber in heruntergekommenen Räumen mit unzureichenden sanitären Einrichtungen den Höchstsatz von 50 Euro pro Nacht und Flüchtling beim Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) abrechnet. Das Gewerbegebiet ist für Wohnunterkünfte nicht zugelassen, was weder der Lageso noch dem ansonsten außerordentlich eifrigen Ordnungsamt auffiel.

Das Bezirksamt ist erst durch Beschwerden von Nachbarn auf den Skandal aufmerksam geworden. Daraufhin wurde dem Eigentümer für eines seiner Schrotthäuser die Nutzung als Wohnraum untersagt. Für das zweite gesperrte Haus hat der Besitzer sofort Bauanträge gestellt, um es für die Unterbringung von 20 Menschen zu sanieren. Wer die illegal Untergebrachten sind, wussten weder Lageso noch Bezirksamt, aber das Flüchtlingsgeschäft boomt.


Piratenpartei vor dem Aus
Berliner Fraktionschef frustriert, andere liebäugeln mit Linkspartei

Martin Delius, Vorsitzender der Berliner Piratenfraktion, rechnet nicht mehr mit einem Wiedereinzug seiner Partei ins Abgeordnetenhaus. Im Herbst 2016 stehen Neuwahlen zum Landesparlament an. In Umfragen ist die linke Protestpartei schon seit Juni 2013 nur noch selten über fünf Prozent gekommen.

Dennoch geben einige Lokalmedien Delius Gelegenheit, sich in der Öffentlichkeit zu äußern. Im Juni verfasste er einen Beitrag für den „Tagesspiegel“, am 23. Juli 2015 interviewte ihn die „taz“ und fragte, ob man den erwähnten Beitrag als Bewerbungsschreiben für die CDU interpretieren könne. Auf die Frage nach dem Niedergang der Partei weiß er nichts Konkretes zu antworten.

Bei der Wahl 2011 erreichten die Piraten 8,9 Prozent und zogen mit 15 Abgeordneten ins Landesparlament ein. Warum die Piraten gescheitert sind? „Ich bin kein Politikwissenschaftler, und ich habe auch nicht Zeit, mich mit Aufstieg und Fall der Piratenpartei zu beschäftigen“, gibt sich Delius gegenüber der „taz“ ratlos, und mutmaßt nebulös: Für den Erfolg einer Partei wie der Piraten fehle das „revolutionäre Element“. Nach einem möglichen Zusammenhang zwischen der neuen bürgerlichen Protestpartei AfD und dem Niedergang der Piraten mochte die linke „taz“ nicht fragen.

Dabei hatten die Piraten zunächst auch in der Mitte Anhänger. Erst als die linksextremen „Antifa“-Aktivisten um Oliver Höfinghoff an Einfluss gewannen, dürften bürgerliche Wähler endgültig geflüchtet sein. Viele Funktionäre und Mandatsträger der Piraten schielen nun in Richtung Linkspartei. Anne Helm, Neuköllner Bezirksverordnete: „Ich spiele mit dem Gedanken, in die Linke einzutreten“. Helm trat mit nackter Oberweite in Dresden mit dem Plakat „Bomber Harris do it again“ auf. Auch Höfinghoff scheint es zu den SED-Erben zu ziehen. „Es gäbe viele Möglichkeiten, auch außerparlamentarisch, wo ich mich politisch Zuhause fühlen könnte.“ Die „Linke“ sei dabei eine Option.

Delius selbst macht einen politisch desorientierten Eindruck. Er weiß nicht einmal zu berichten, wie viele Mitglieder seiner Fraktion noch der Partei angehören. Den jüngsten Bundesparteitag habe er urlaubsbedingt nicht besucht. Aber sinnvolle Aufgaben sieht Delius für sich und die Seinen dennoch: „Wir haben die gut laufenden Projekte ,Fahrscheinloser Nahverkehr‘, und, und, und.“

Theo Maass


Lohndumping
Botanischer Garten in der Kritik

Der Botanische Garten Berlin – ein Tochterunternehmen der Freien Universität – versucht allem Anschein nach, seine Mitarbeiter kurzzuhalten. Gleich zwei DGB-Gewerkschaften, IG Bau und Verdi, mühen sich damit ab, die Einrichtung an den Tarifvertrag der Landesbeschäftigten des öffentlichen Dienstes „heranzuführen“.

Die Beschäftigten werden bislang mit nur 55 bis 86 Prozent der Löhne vergleichbarer Bediensteter abgefunden. 2010 wurde letztmalig ein Tarifvertrag unterzeichnet. Für ältere Mitarbeiter wirkt dieser nach. Für 70 der rund 135 Beschäftigten gilt aber gar kein Entgelttarifvertrag mehr. Dieses Lohndumping wurde möglich, weil nicht der Botanische Garten sondern die „Betriebsgesellschaft für die Zentraleinrichtung Botanischer Garten und Botanisches Museum“ (BG BGBM) die Arbeit in der Gartenanlage verantwortet. Einige Berufsgruppen leisten Angaben zufolge im Monat bis zu 25 Überstunden und erhalten dafür seit 2010 kein Geld. Die Reinigungskräfte sollen nun „ausgegliedert“ werden. Ein Teil des Besucherservices ging schon an eine Fremdfirma, was allerdings einer verwaltungsgerichtlichen Klärung bedarf, weil dabei womöglich die Mitbestimmungs- und Informationsrechte des Betriebsrats missachtet wurden.

Gleichzeitig gibt es Klagen über Repressionen gegen Betriebsrat und Gewerkschaftler. Der Vize-Vorsitzende und ein weiteres Betriebsratsmitglied haben den Botanischen Garten gegen eine Abfindung bereits verlassen. Solidaritätsversprechen führender Sozialdemokraten blieben bislang ohne Wirkung. Hans Lody


Aufkleber sorgen für Aufregung

Mitte Juli wurden in der brandenburgischen Kleinstadt Lenzen (Elbe) 100 angeblich „flüchtlingsfeindliche“ Aufkleber an Straßenlaternen, Verteilerkästen, Schaufenster und Verkehrszeichen angebracht. Mittlerweile seien alle Aufkleber abgekratzt worden. Einwohner, die nicht namentlich genannt werden wollen, befürchten, dass in ihrem 2000-Seelen-Ort Wirtschaftsimmigranten einquartiert werden sollen. Tatsächlich gibt es eine Mitteilung der Brandenburger Polizei, nach der in Lenzen „Flüchtlinge“ in leerstehenden Wohnungen untergebracht werden sollen. Auf Nachfrage erklärte die Polizei in Perleberg, zum Stand der Ermittlungen keine Auskunft geben zu wollen. Neben der Staatsanwaltschaft hat sogar der Polizeiliche Staatsschutz die Suche nach „den Klebern“ aufgenommen. Der Vorwurf lautet auf „Volksverhetzung“. Nach einer Erklärung der Polizeidirektion Nord-Brandenburg ist nun die Bevölkerung aufgerufen, bei der Tätersuche zu helfen. H.L.


S. 6 Ausland

Angst vor dem Landvolk
Bauernproteste versetzen französische Regierung in Alarmstimmung – Paris zu Zugeständnissen bereit

Wie schon in der Vergangenheit, haben auch die jüngsten Proteste und Straßenblockaden französischer Bauern im Elysee-Palast fast panische Reaktion ausgelöst. Nachdem finanzielle Zugeständnisse keine Wirkung gezeigt haben, trommelt die französische Regierung nun sogar die EU-Agrarminister zu einem Sondergipfel zusammen.

Gleich nach der politischen Sommerpause sollen auf französischen Wunsch am 7. September die zuständigen EU-Fachminister zu einem außerordentlichen Gipfeltreffen zusammenkommen. Zur Sprache bringen will Paris dabei die, aus seiner Ansicht, ungleichen Arbeitsbedingungen. Beklagt wird unter anderem, dass durch den Einsatz von Erntehelfern aus Osteuropa die Arbeitskosten in Deutschland beträchtlich niedriger seien als in Frankreich. Ein ganz spezieller Groll richtet sich gegen deutsche Fleischereibetriebe, die auf Arbeitskräfte aus Südosteuropa zurückgreifen und nach französischem Empfinden damit den Wettbewerb verzerren. Dazu kommt ein Problem, über das auch zunehmend die deutschen Landwirte klagen: Nicht zuletzt wegen der Russland-Sanktionen sind die Erzeugerpreise für Schweinefleisch, Milch, Obst und Gemüse stark gesunken. Insgesamt sieht sich die französische Regierung damit einer Gemengelage gegenüber, für die sich kaum eine schnelle Lösung abzeichnet.

Auf der anderen Seite üben die Landwirte mit spektakulären Aktionen Druck aus. Unter anderem in der Normandie, der Bretagne und an der elsässisch-badischen Grenze errichteten Landwirte Straßensperren, um Lastwagen aus dem Ausland zur Umkehr zu zwingen. Blockiert wurden ebenso die Zufahrten von Supermärkten, um das Entladen von Fleischimporten zu verhindern. Andernorts wurden Ladungen von Mist und Abfällen vor Molkereien ausgekippt. Aus Sicht der Regierung war zusätzlich alarmierend, dass auch eilig angekündigte Zugeständnisse an die Milchbauern und Züchter keine Entspannung brachten. Trotz Etatproblemen hatte man in Paris unter dem Druck der Straßenblockaden Finanzhilfen für Schweine- und Rinderzüchter sowie eine Exportförderung angekündigt.

Bei der fast panischen Reaktion der sozialistischen Regierung spielen gleich mehrere Faktoren mit. Wie aus einer Umfrage hervorgeht, die im April vom landwirtschaftlichen Barometer Terre-net BVA durchgeführt wurde, tendieren Frankreichs Landwirte politisch zum Front National. Demnach würden zur Präsidentschaftswahl im Jahr 2017 gut 36 Prozent der Landwirte die Wahl des Front National in Erwägung ziehen. Bei der Gesamtheit aller Wähler kam die Partei von Marine Le Pen zum Zeitpunkt der Umfrage dagegen nur auf einen Anteil von 24 Prozent. Zusätzlich kompliziert macht die aktuellen Bauernproteste aus Sicht der Regierung noch, dass die Landwirte auf eine große Rückendeckung in der französischen Bevölkerung zählen können. Laut einer in der Tageszeitung „Le Figaro“ publizierten Umfrage ergreifen derzeit neun von zehn Befragten für die Bauern Partei. 78 Prozent von ihnen glauben indes nicht, dass die Regierung fähig sei, für deren Probleme eine Lösung zu finden.

Hinzu kommt ein Faktor, der nicht nur die amtierende sozialistische Regierung betrifft, sondern auch schon Regierungen anderer Coleur regelrechte Angst vor der Landbevölkerung eingeflößt hat. Durch Frankreichs Geschichte zieht sich seit dem Ende des 14. Jahrhunderts eine Spur regelmäßig wiederkehrender und oft gewaltsamer Proteste von Bauern. Mit dem Wort „Jacqueries“ existiert in der französischen Sprache sogar ein eigener Begriff für diese Art von Revolten. Nachhaltige Folge dieses Grundphänomens ist eine gehörige Portion Respekt vor den Landwirten unter Frankreichs Politikern. Seit Jahrzehnten klar erkennbar ist etwa die Motivation in der französischen Europapolitik, die Töpfe der Europäischen Gemeinschaft ganz massiv zur Subventionierung der eigenen Landwirtschaft auszunutzen. Absurderweise war es die von Paris selbst forcierte EU-Erweiterungspolitik, die dazu geführt, dass diese Geldquelle für Frankreichs Bauern nicht mehr so ergiebig wie in der Vergangenheit sprudelt.

Wie groß die Angst der Pariser Zentralmacht vor der Wut der Landwirte bis in die Gegenwart ist, zeigt sich nicht nur bei den aktuellen Straßenblockaden. Erst im vergangenen Jahr war die Regierung beim Plan für eine Schwerverkehrsabgabe eingeknickt. In der Bretagne hatten sich zuvor Bauern und Gewerbetreibende zu Protesten zusammengeschlossen. Unterschwellig stets mitschwingend bei den Aktionen war die Erinnerung an die blutig niedergeschlagene Steuerrevolte der „Roten Mützen“ zur Zeit Ludwigs XIV. Die panische Reaktion der Regierung auf die modernen „Roten Mützen“ führte dazu, dass der klammen Staatskasse durch den Verzicht auf die Schwerverkehrsabgabe mehr als eine Milliarde Euro entgehen.

Norman Hanert


Chaos an den Grenzen
Erstaufnahmeländer für Zuwanderer unattraktiv

Die EU hat angesichts des Massenansturms von Zuwanderern nicht nur ihre Außengrenzen immer weniger im Griff, sondern auch an den EU Binnengrenzen bereitet sich immer mehr das Chaos aus. Die französischen Behörden geben sich nicht einmal die Mühe, die Zahl der Getöteten oder schwer Verletzten am Kanaltunnel zu registrieren. Eine „Solidaritätsgruppe für die Migranten von Calais“ hat seit Anfang 2014 mehr als dreißig Menschen gezählt, die beim Versuch, Großbritannien durch den Eurotunnel zu erreichen, ums Leben gekommen sind, seit Öffnung des Tunnels 1994 rechnet man mit mehreren hundert vielleicht tausend getöteten Flüchtlingen. Neben dem Erstickungstod sind die Flüchtlinge von Stürzen, Verbrennungen, Ertrinken und Zermalmen bedroht.

Von Fluchtversuchen von über eintausend Flüchtlingen, vergleichbar nur mit den Anstürmen auf die Schutzwälle der EU-Außengrenze in Nordafrika in Ceuta und Melilla, wird immer häufiger berichtet. Keine Polizei und kein noch so dichter Zaun können diese Flüchtlinge aufhalten, die oft monate- oder sogar jahrelang illegal in Frankreich in der Nähe des Tunneleingangs wild kampiert haben. Früher versuchten die meisten, sich als blinde Passagiere in einem LKW auf der 50 Kilometer langen Strecke durch den Kanaltunnel nach Dover zu schmuggeln. Seit die Eurotunnel-Gesellschaft in Calais eine Atemluft-Messstation und Röntgengeräte installiert hat, die nach blinden Passagieren fahnden, sind die Zahlen zurückgegangen. Die Zuwanderer haben sich auf die Eisenbahngüterzüge verlagert, die direkt den Tunnel passieren. Die Betreibergesellschaft des Eurotunnels hat ihre Sicherheitsanlagen am französischen Terminal, das die ganze Nacht taghell beleuchtet wird, mit Elektrozäunen, Stacheldrahtreihen, Videokameras und Patrouillen wie ein militärisches Sperrgebiet gesichert.

Von 1999 bis 2002 gab es in der Nähe des Tunnels noch ein offizielles vom Roten Kreuz betreutes Migranten-Lager, Sangatte, über das fast 500000 Menschen nach England gelangt sind. Seit das Lager geschlossen wurde, leben Tausende von Menschen in improvisierten Zeltlagern auf Müllhalden, die wie die Elendsquartiere der Großstädte der Dritten Welt aussehen. Die Menschen wollen nach Großbritannien, weil man dort auch ohne Pass Arbeit findet und keinen Asylantrag stellen muss. In Frankreich dagegen ist der Zugang zum Asylverfahren sehr restriktiv und nur in wenigen Zentren möglich, so dass viele der Zuwanderer erst gar keinen Antrag stellen.

Ähnlich wie in Frankreich sieht es in Italien aus. Auch in Venti­miglia an der Riviera und am Brenner, auf italienischer Seite der Grenzen zu Frankreich und Österreich, kampieren Tausende in provisorischen Camps und warten trotz massiver Polizeipräsenz auf eine Chance, aus Italien hinaus zu gelangen. Die EU Richtlinie, nach der Ankömmlinge in Ihrem Erst­aufnahmeland verbleiben müssen, sind schon seit Jahren ausgehebelt, angesichts des Massenansturms denkt in der EU jedes Land nur noch an sich.

Von Verhältnissen wie in Frankreich und Italien ist man in Deutschland weit entfernt, immerhin kann man hier in jeder Polizeidienststelle Asyl beantragen. Aber gerade das hat in den grenznahen Gebieten Deutschlands in letzter Zeit zu chaotischen Verhältnissen auf Autobahnen und Eisenbahnstrecken geführt, weil Schleuser ihre „Fracht“ einfach hinter der Grenze entladen, die dann durch die Gegend irrt. Bodo Bost


Asylanten? Nej tak!
Dänemark greift zur Abschreckung zu drastischen Mitteln

Dänemarks neue Regierung will die Bezüge für Asylsuchende halbieren und diese durch eine Medienkampagne auch generell von der Reise nach Dänemark abbringen. Das Streichen wirtschaftlicher Anreize soll es generell weniger attraktiv machen, über einen Asylantrag nach Dänemark einzuwandern. Bereits kurz nach dem Antritt der Minderheitsregierung unter Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen hatte Ende Juni dessen liberale Venstre-Partei gemeinsam mit ihren Verbündeten ein Gesetz auf den Weg gebracht, das Kürzungen der monatlichen Leistungen für Asylbewerber vorsieht. So sollen ab September Alleinstehende statt umgerechnet rund 1450 Euro künftig nur noch rund 800 Euro pro Monat erhalten. Ausländer, die den dänischen Sprachtest bestehen, sollen wiederum etwa 200 Euro zusätzlich erhalten. Inzwischen wurde angekündigt, dass die Regierung in Kopenhagen weitere Kürzungen vornehmen will, wenn die Maßnahmen nicht ausreichen sollten, die Zahl der Asylanträge noch in diesem Jahr zu reduzieren.

So sind im Jahr 2014 fast 15000 neue Asylgesuche gestellt worden. Das sind doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Um sicherzugehen, dass die Botschaft über die Kürzungen von Geldleistungen für Asylbewerber auch das Zielpublikum erreicht, plant Migrationsministerin Inger Støjberg zusätzlich eine breite Informationskampagne mit Annoncen in ausländischen Zeitungen. Die beschlossenen Änderungen wolle man „nüchtern und deutlich“ im Ausland kommunizieren, so ihre Ankündigung im Dänischen Rundfunk: „Ich finde es wichtig, diese Leute darüber zu informieren, dass wir Leistungen eingeschränkt und im sozialen Bereich gleich halbiert haben. Wenn wir dies mit Anzeigen in Zeitungen anderer Länder tun, wäre das hilfreich.“ Gedacht wird insbesondere an Zeitungsanzeigen in der Türkei und anderen Knotenpunkten des internationalen Menschenschmuggels.

Inzwischen haben die vorgelegten Pläne noch zusätzlichen medialen Rückenwind erhalten: Die Tageszeitung „Jyllands-Posten“ hat eine Vergleichstabelle veröffentlicht, die von ihr als „Reiseführer“ in die „Luxusklasse“ der Asyl-Aufnahmeländer betitelt wurde. Wohl von Schleppern unter Asylbewerbern verbreitet, listet das Dokument die zu erwartenden Geldleistungen für Asylbewerber in Ländern wie Dänemark, Deutschland, Schweden und Norwegen auf. Neben den finanziellen Bezügen werden ebenso die Dauer für die Familienzusammenführung, Wartezeiten und der Zustand der Unterkünfte aufgeführt.

Das ist wie ein warmer Regen für die einwanderungskritische Dansk Folkeparti, die sich dadurch bestätigt fühlen kann. Schon länger setzt sie die großen Parteien Dänemarks unter Druck. Aus den Wahlen Ende Juni war die Volkspartei als zweitgrößte politische Kraft Dänemarks hervorgegangen. Mit einem Sprung von 8,8 auf 21,1 Prozent, erreichte sie erstmals mehr Stimmen als Rasmussens regierende Venstre-Partei. Wie bereits in der Vergangenheit praktiziert, beteiligt sich die Volkspartei nicht direkt an der Regierung, sondern sie beschränkt sich auf eine Duldung der Minderheitsregierung. Resultat ist, dass sie auf diese Weise erfolgreich Einfluss auf die Regierungsarbeit nehmen kann, ohne mit etwaigen Misserfolgen der Regierung in Verbindung gebracht zu werden. N.H.


MELDUNGEN

Weltbevölkerung explodiert

New York – Nach Berechnungen der Vereinten Nationen wird die Weltbevölkerung bis zum Jahr 2050 stärker wachsen als bislang angenommen. Wie die private Deutsche Stiftung Weltbevölkerung erklärte, korrigierte die Uno ihre Hochrechnungen von 2013 und rechnet nun mit einem Anstieg der Weltbevölkerung von heute etwa 7,3 Milliarden auf rund 9,7 Milliarden Menschen. Das seien über 170 Millionen mehr als prognostiziert. Verantwortlich für das Wachstum sind UN-Angaben zufolge fast ausschließlich die Entwicklungsländer, wo die Geburtenrate weniger stark zurückgeht als angenommen. Die Stiftung fordert die Bundesregierung auf, sich hier beim Ermöglichen von Verhütung „stärker finanziell einzubringen“. J.H.

 

OSZE hilft bei Minenräumung

Kiew – Ende Juli hat die OSZE ein Projekt zur Räumung von Minen und Blindgängern in der Ostukraine gestartet. Finanziert wird es von Deutschland. Zur Begründung teilte das Auswärtige Amt mit, das Projekt diene „in erster Linie dem Schutz der Zivilbevölkerung und damit langfristig auch der Stabilisierung der Region“. Das mit einer Million Euro geförderte Projekt sieht die Ausstattung mehrerer Expertenteams des staatlichen ukrainischen Katastrophenschutzes mit dringend benötigter Ausrüstung wie Schutzkleidung, Telekommunikationsausrüstung, Fahrzeugen sowie Metall- und Explosivstoffdetektoren vor. Außerdem werden die Mitarbeiter der Behörde geschult und Arbeitsanweisungen auf den aktuellen und situationsgerechten Stand gebracht. Zudem soll neues Informationsmaterial gedruckt werden, mit dem die Gefahrenaufklärung der Bevölkerung erleichtert werden soll. U.M.


S. 7 Wirtschaft

Der Schuh drückt kräftig
Görtz, Thalia, Peek & Cloppenburg – immer mehr Geschäfte verlieren ihre Kunden an das Internet

Verödete Innenstädte ohne Boutiquen, Buchläden oder andere Geschäfte? Ein radikaler Wandel im Einkaufsverhalten der Deutschen könnte dazu führen. Immer mehr Menschen beziehen immer mehr Waren aus dem Internet. Der klassische Einzelhandel wirkt weitgehend hilflos.

Einkaufen im Internet macht unsagbar glücklich. Kaum klingelt der Paketbote mit dem heißersehnten Neuerwerb, entschlüpft dem Käufer ein Schrei des Glücks. So zeigt es jedenfalls der Internethändler Zalando in seinen Werbespots. Die witzigen Filmchen wurden ob ihrer Originalität hochgelobt und sind mehrfach preisgekrönt. Was sie nicht zeigen: Vor dem Gefühlsausbruch an der Türschwelle steht oft gewitztes Kundenkalkül. Viele Internetkäufer lassen sich vorab im Ladengeschäft um die Ecke gründlich beraten, bevor sie sich für ein Produkt entscheiden. Dann wird es zum günstigeren Preis im Internet bestellt. Der Online-Anbieter hat es dabei leicht den Konkurrenten aus der Offline-Welt zu unterbieten. Er muss keine teure Miete für ein Ladengeschäft bezahlen, sondern braucht nur vergleichsweise günstige Räume für Lager und Büro, um sein Unternehmen zu betreiben.

Angesichts des Zalando-Jubelspots dürfte daher so manchem Einzelhändler ein rasender Wutschrei entfahren sein. „Showrooming“ wird das Phänomen genannt, wenn Geschäfte als bloße Info-Stände missbraucht werden. Es ist ein besonders bitterer Teil des Strukturwandels, der gerade im Einzelhandel stattfindet. Eine Befragung des Kölner Instituts für Handelsforschung ergab, dass 38 Prozent der Verbraucher kaum noch zum Einkaufsbummel in die Innenstädte fahren und ihren Bedarf lieber aus dem Internet decken. Die Folgen, die sich daraus ergeben, sind radikal: Da der Onlinehandel wächst, der Gesamtmarkt aber stagniert, befindet sich der gesamte Einzelhandel mit seinen mehr als drei Millionen Beschäftigten in einem erbitterten Verdrängungswettbewerb.

Josef Sanktjohhanser, der Präsident des deutschen Einzelhandels rechnet damit, dass in den nächsten fünf Jahren bis zu 50000 Läden sterben werden. „Das betrifft tausende Arbeitsplätze vor allem in Geschäften in strukturschwachen Gebieten. Ihr Betrieb rechnet sich schon heute vielerorts nicht mehr, weil die Kundenfrequenz eingebrochen ist.“, warnt Sanktjohhanser. Besonders vielen kleinen und mittleren Städten drohe die Verödung.

Betroffen sind aber auch namhafte Traditionsunternehmen. Jüngstes Beispiel ist die im Jahr 1900 gegründete Modekette Peek & Cloppenburg mit ihren 73 Verkaufshäusern und 12300 Mitarbeitern. „Wie P&C die Zukunft verpasst“, überschrieb die „Wirtschaftswoche“ einen Artikel, in dem die unsicheren und hilflosen Versuche des Düsseldorfer Unternehmens beschrieben werden, sich im Strukturwandel zu behaupten. Eine 15 Millionen Euro teure Werbekampagne für das P&C-eigene Online-Kaufhaus Fashion ID wurde kurzfristig abgesagt. Der Schauspielstar Matthias Schwaighöfer, der das Gesicht der Kampagne werden sollte, durfte wieder nach Hause fahren.

Die Schuhkette Görtz mit ihren 160 Filialen und 3200 Angestellten geriet – bedrängt von Zalando und Co. – 2011 in die roten Zahlen. Mit einem radikalen Sparprogramm und einem Mitinvestor hangelte sich das Hamburger Familienunternehmen mühsam in die Gewinnzone zurück. Nun aber drückt der Schuh wieder kräftig: Im ersten Halbjahr 2015 verzeichnete das Unternehmen ein Umsatzminus. Entnervt schmiss am vergangenen Dienstag Goertz-Geschäftsführer Thorsten Hermelink hin.

Peek & Cloppenburg, Görtz, C&A, die Thalia-Buchhandlungen, die Hugendubel-Buchhandlungen, aber auch Saturn und Media-Markt streiten erbittert gegen die Verkaufsrevolutionäre aus dem Internet. Andere haben den Kampf bereits verloren. Die Düsseldorfer Warenhauskette Strauss Innovation mit ihren 96 Filialen meldete im Frühjahr Insolvenz an. Ebenso das Nördlinger Modeunternehmen Strenesse mit seinen 15 eigenen Geschäften.

Das größte Problem: Es fehlen Konzept und Königsweg im Ringen um die abtrünnige Kundschaft. Der Handelsverband Deutschland forderte jetzt, die Abschaffung eines Gesetzes, dass es Geschäften erschwert, kabelloses Internet, sogenanntes WLAN, anzubieten. Die Hoffnung: Männliche Ehepartner können sich mit dem Tablet oder Smartphone die Zeit vertreiben, während die bessere Hälfte in aller Ruhe Kleidsames für sich auswählt. Ob die Verantwortlichen vom Handelsverband berücksichtigt haben, dass Kunden mit einem Internetzugang vor Ort noch leichter nach günstigeren Online-Anbietern Ausschau halten können?

Frank Horns


Ausgesperrte Volksvertreter
Bundestagspräsident verlangt Einsicht in TTIP-Unterlagen

Bundestagspräsident Norbert Lammert hat die US-Regierung aufgefordert, deutschen Parlamentariern Einsicht in Verhandlungsdokumente zum Freihandelsabkommen TTIP zu gewähren. Medienberichten zufolge soll er in einem Brief an US-Botschafter John B. Emerson gefordert haben, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestages „in geeigneter Weise“ im Gebäude der US-Botschaft Zugang zu den Unterlagen bekommen.

Von Lammert angesprochen ist damit der Umstand, dass aufgrund heftiger Kritik wegen mangelnder Offenheit im Jahr 2014 eigentlich höhere Transparenzstandards bei den Verhandlungen zum Freihandelsvertrag vereinbart worden sind. Bereits seit einigen Wochen richten die USA in ihren Botschaften in den EU-Ländern Leseräume ein, in denen Zusammenfassungen der Verhandlungsprotokolle ausliegen, die unter anderem auch Einblick in die amerikanische Position geben. Wie die „Wirtschaftswoche“ unter Berufung auf das Bundeswirtschaftsministerium berichtet, erhalten bislang nur Regierungsmitglieder Zugang zu den Leseräumen mit den Verhandlungsunterlagen, während den Abgeordneten der Zugang verwehrt ist.

Kritisch gesehen wird dieses Vorgehen indessen nicht nur vom Bundestagspräsidenten Lammert. Auch Peter Ramsauer, dem Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses des Bundestages, gibt die mangelnde Transparenz zu denken: „Ich bin im Kern ein Befürworter des Freihandelsabkommens, aber wenn ich von Informationen ausgeschlossen werde, macht mich das skeptisch“, so der CSU-Politiker. Tatsächlich mehren sich inzwischen die Zeichen dafür, dass sich das bisherige Übergehen der gewählten Volksvertreter im Fall des TTIP-Freihandelsabkommens noch als politische Dummheit herausstellen könnte. So kommt eine Studie, die das Institut für Völkerrecht Köln kürzlich vorgelegt hat, zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem geplanten Vertrag um ein sogenanntes „gemischtes Abkommen“ handelt, das die Zustimmung der nationalen Parlamente erfordert.

Bisher behauptet die EU, der TTIP-Vertrag mit den USA würde eine reine EU-Angelegenheit darstellen. Als solche müsste nur der EU-Rat einen Beschluss fassen, für die parlamentarische Zustimmung würde dann lediglich das EU-Parlament zuständig sein. Die vorgelegte Untersuchung kommt allerdings zu einem völlig anderen Schluss. Nach Ansicht des Kölner Instituts müssen – bis auf die Ausnahme Malta – auch die nationalen Parlamente aller EU-Staaten dem TTIP-Abkommen zustimmen. Als notwendig betrachtet wird die Einbeziehung der Mitgliedsländer, weil bei dem Abkommen auch Themen abgedeckt werden, für die die EU eigentlich keine eigene Zuständigkeit besitzt. Geschlossen werden könnte diese Kompetenzlücke nur dadurch, dass neben der EU auch die einzelnen EU-Mitgliedstaaten den Vertrag abschlössen, so der Tenor des Gutachtens.

Allerdings droht nicht allein dem TTIP-Abkommen das Scheitern, wenn ein einzelnes nationales Parlament „Nein“ sagt. Die Kölner Untersuchung kommt auch zu dem Schluss, dass in der Hälfte aller EU-Mitgliedstaaten grundsätzlich sogar Volksabstimmungen zu völkerrechtlichen Verträgen wie dem TTIP möglich seien. N.H.


Neue Achse Wien-Athen
Beide Länder in Schieflage – Grund für die merwürdige Allianz?

Irritiert registrierten viele Beobachter in den letzten Wochen, dass ausgerechnet der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) den Schulterschluss mit den schuldengeplagten Griechen suchte. Ein Blick auf die Entwicklung der österreichischen Wirtschaft der letzten Jahre gibt Aufschluss über diese ungewöhnliche Allianz. Kurz gesagt, sind beide Länder auf einem Abwärtstrend. Während bei den Griechen die Ampeln längst auf Rot stehen, leuchten sie in Österreich noch auf Gelb. Österreich ist zwar nicht das nächste Griechenland, wie eine Zeitung titelte, aber das Land befindet sich bereits ebenso in einer Schieflage. Das Wirtschaftswachstum beträgt magere 0,4 Prozent, dagegen sind die Lohnstück­kosten seit 2008 um 20 Prozent gestiegen. So verliert das Alpenland Marktanteile – das Ergebnis eines mächtigen Kartells der Sozialpartner und Gewerkschaften.

Die mit knapper Mehrheit regierende Koalition aus SPÖ und ÖVP verwaltet seit Jahrzehnten den wirtschaftlichen Reformstau und ein überbordendes Sozialsystem. Tatsächlich verteilen die beiden großen Parteien durch ein Quotensystem unter der Hand die lukrativen und zahlreichen Staatsposten. „Freundl-Wirtschaft“ wird das im Alpenland genannt, nicht unähnlich der „Vetternwirtschaft“ in Griechenland. Ungemütlich wird es den Politikern von SPÖ/ÖVP erst in letzter Zeit, weil die Steuereinnahmen nicht mehr für alle Pfründe ausreichen und nun Sparmaßnahmen ergriffen werden müssen. Das Milliarden-Debakel um die Hypo Alpe Adria-Bank verschärft die Situation der Staatsfinanzen. Im Vergleich mit Deutschland, das sich in weitgehender Lohnzurückhaltung übte und vor zehn Jahren Arbeitsmärkte und Sozialsysteme zumindest in Ansätzen reformierte, fällt der Blick auf Österreich ernüchternd aus. 2005 war die Arbeitslosenquote in Deutschland noch doppelt so hoch wie im Alpenland; heute ist sie niedriger. Der deutsche Export ist seither fast um die Hälfte gewachsen, der österreichische nur um ein Drittel. Der Leistungsbilanzsaldo des Alpenlandes ist – anders als in Griechenland – zwar positiv, aber bleibt hinter dem Durchschnitt im Euroraum zurück, erst recht hinter dem deutschen. Reformen, die etwas dagegen tun könnten, kommen nur halbherzig voran. Die von der ÖVP/SPÖ-Koalition gerade gefeierte Senkung der Einkommensteuer lebt von Umverteilungen und vagen Hoffnungen auf Gegenfinanzierung aus der erwarteten Konjunkturbelebung und Betrugsbekämpfung.

Als wesentlichster Grund für die Schieflage des Staates gelten die überbordenden öffentlichen Ausgaben. Österreich ist kleiner als Bayern, leistet sich aber neun Bundesländer. Bei den Subventionen ist es Europameister und gibt dafür jedes Jahr 20 Milliarden Euro aus. Streichungen sind nicht in Sicht. Ähnlich wie in Griechenland treten die Privatisierungen auf der Stelle, obgleich Wien interessante Werte im Angebot hat. Desaströs ist das Pensionssystem. Jedes Jahr muss der Staat es mit Milliarden stützen. Schuld daran ist das tatsächliche Alter beim Eintritt in den Ruhestand. Mit 59 Jahren liegt es noch unter dem griechischen, aber keiner redet in Österreich von Reformen.

Vielleicht fühlt sich der österreichische Bundeskanzler wegen all dieser Ähnlichkeiten so mit Athen verbunden. Hinrich E. Bues


MELDUNGEN

Medien-Mega-Fusion abgesagt

Unterföhring – Die Fusion des Medienmultis Axel Springer mit dem TV-Konzern ProSiebenSat1 (siehe PAZ 29/2015) ist vom Tisch. Nun droht ProSiebenSat1 selbst zum Übernahme-Kandidaten zu werden, denn sein solides Wachstum vor allem im Digitalbereich macht das Unternehmen für Käufer attraktiv. Der Zuschauermarktanteil erreichte mit fast 30 Prozent im zweiten Quartal den höchsten Wert seit zehn Jahren und die Digital­sparte legte zweistellig zu. Zudem befindet sich der Konzern überwiegend im Streubesitz und gerade Kleinanteilseigner sind häufig bereit, sich von ihren Anteilen zu trennen, wenn ihnen ein attraktives Angebot gemacht wird. J.H.

 

Acht Millionen neue Firmen

Berlin – In den Jahren 2003 bis 2014 hat es nach Angaben der Bundesregierung in Deutschland insgesamt knapp acht Millionen gewerbliche Gründungen gegeben. Davon waren gut 5,1 Millionen Existenzgründungen und fast 2.8 Millionen sogenannte Nebenerwerbsgründungen. Die meisten Gründungen gab es dabei jeweils im Bereich Handel, Gastgewerbe, Verkehr, Information und Kommunikation sowie in sonstigen Dienstleistungsbranchen. U.M.


S. 8 Forum

Ohne Verstand
von Florian Stumfall

Man kann seine Staatsbürgerschaft ablegen, sich scheiden lassen oder die Mitgliedschaft im Automobilverein beenden. Staaten können Koalitionen auflösen oder Abkommen auslaufen lassen. Das alles ist kein Problem, nur eines geht angeblich nicht: Es ist unmöglich, aus der EU oder der Währungsunion auszuscheiden. Dass die Eurokraten ein Ausscheiden aus den Gemeinschaften oder einer der beiden nicht vorgesehen haben, war wohl das allererste Kennzeichen dafür, dass es sich um Fehlkonstruktionen handelt. Daher droht sich jetzt die Wirklichkeit Bahn zu brechen.

Das britische Unterhaus hat vor Kurzem den Entwurf eines Referendums zum Austritt Großbritanniens aus der EU gebilligt. Dies dient der Vorbereitung der Volksabstimmung, die Premier David Cameron seiner Nation versprochen hat. Das Abstimmungsergebnis war eindeutig. Dadurch, dass so eine Möglichkeit geschaffen wurde, die in den EU-Verträgen nicht vorgesehen ist, beansprucht zum ersten Mal seit langer Zeit das Parlament eines EU-Staates seine originären Rechte gegenüber Brüssel. Das ist eine stille Sensation, und es kann nicht verwundern, dass Großbritannien es ist, das sich dieses selbstverständliche Recht herausnimmt.

Doch die Briten sind nicht die einzigen. Der Vizepräsident des französischen Front National, Florian Phillippot, erklärte , es sei absolut notwendig, dass Frankreich aus der Euro-Zone austrete und zu der selbstständigen Steuerung einer nationalen Währung zurückkehre. Phillippot schrieb: „Ein Austritt aus der Euro-Zone und die Steuerung der eigenen nationalen Währung, wie dies 95 Prozent der Länder tun, das ist nicht nur ein Wunsch, sondern eine absolute Notwendigkeit.“

In Italien ruft Giuseppe Grillo, Chef der „Fünf-Sterne-Bewegung“, sein Land zum Austritt aus dem Euro auf. In diesem Zusammenhang verweist er auf die Erfahrungen in und mit Griechenland und schreibt: „Griechenland hat Italien eine neue Lehre erteilt, und es wäre gut, sie zu beherzigen, damit wir den Gläubigern Italiens wiederstehen können, wenn wir an der Reihe sein werden.“

Grillos Landsmann sowie Wirtschafts- und Finanzminister Pier Carlo Padoan ist der Meinung, bei entsprechenden finanzpolitischen Turbulenzen werde ein jedes Land aus der Euro-Zone ausbrechen wollen. „In allernächster Zukunft können Regierungen entstehen, die sich auf eine Mehrheit stützen, die mit Europa nicht zufrieden ist“, wird Padoan von der „Financial Times“ zitiert. „Als Folge kann es dazu kommen, dass ein jedes dieser Länder die Euro-Zone wird verlassen wollen, und zwar nicht nur weil es, wie Griechenland, in eine hoffnungslose Situation gerät, sondern weil es diesen Schritt für die Lösung seiner Probleme als besonders geeignet betrachten würde.“

Denn Länder suchen, einen befriedigenden mentalen Gesundheitszustand vorausgesetzt, ebenso ihren Vorteil, wie Individuen das tun, und das zu Recht. Nur Deutschland macht das anders. Das Land, das mit Abstand am meisten Geld in das Fass ohne Boden wirft, steht am unbeirrbarsten zu dem System, das längst nicht mehr leitbar ist, sondern sich nur noch durch ständige Reparaturen von einer Panne zur nächsten schleppt. Angeblich ist das ohne Alternative. Tatsächlich ist das ohne jeden Verstand.


Rote Linien
von Hans-Jürgen Mahlitz

Wir leben in aufregenden Zeiten: Muss Griechenland gerettet werden? Wenn ja, besser mit oder ohne Euro? Und wie halten wir es mit den hunderttausenden von Flüchtlingen? Wie viele sollen wir aufnehmen? Und welche? Wäre es vielleicht besser, diesen Menschen zu helfen, die Fluchtursachen vor Ort zu bekämpfen? Wie viel Geld wollen oder können wir dafür aufwenden? Hieße „mehr für Afrika“ automatisch „weniger für Griechenland“? Oder müssen wir generell Härte zeigen, da ohnehin „das Boot voll“ ist?

Es ist richtig, dass über diese Fragen intensiv diskutiert, oft auch leidenschaftlich gestritten wird. Demokratie ist nun einmal keine Schönwetterveranstaltung; sie hat auch anstrengende, manchmal sogar ärgerliche und unangenehme Seiten. Meinungsfreiheit ist einer der Grundpfeiler unseres Rechtsstaates. Aber sie hat auch Grenzen.

Wir leben in einem – angesichts des erstarkenden Islam muss daran erinnert werden – christlichen, neu- und alttestamentlich geprägten Land, auch wenn man das im täglichen Leben leider immer weniger spürt. Aber die Popularität des derzeitigen Papstes zeigt über alle Konfessionsgrenzen hinweg, dass unsere traditionellen Grundwerte doch noch nicht völlig vergessen sind. Wenn ein Mensch Hilfe braucht, fragt man nicht nach Schuld und Ursachen – man hilft. Bezogen auf die Themen, die uns konkret gerade bewegen: Wir lassen niemanden in Griechenland verhungern, und wir lassen niemanden im Mittelmeer ertrinken. Wer diese Roten Linien überschreitet, stellt sich selber außerhalb unseres abendländischen Rechtsstaates. Wer sich daran hält, hat auch das Recht, dann alle weiteren Fragen zu dis­kutieren. Meinetwegen kontrovers, meinetwegen hart in der Sache und meinetwegen auch deutlich in der persönlichen Ansprache.

Aber bitte nicht in jenem verkommenen Stil, wie er von weiten Teilen der sogenannten Netzgemeinde im Internet „gepflegt“ wird. Was da an sprachlichem und geistigem Unrat abgesondert wird, hat mit Meinungsfreiheit nichts mehr zu tun; hier erschließt sich die „Sprache des Unmenschen“ eine neue, weltweite Dimension. Und für „Wehret den Anfängen“ ist es schon zu spät, der „shitstorm“ fegt längst über uns hinweg.


Moment mal!
Die Lügenpresse – es gibt sie!
von Klaus Rainer Röhl

Seit Oktober 2014 tat sich etwas in Dresden und anderen Städten. Bürger, die sich unter dem Schlagwort „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) zusammengefunden hatten, machten sich auf weitgehend friedliche Spaziergänge, die bald erstaunlichen Zuspruch fanden. Sie fühlten sich nicht zu Unrecht in ihren Sorgen und Befürchtungen von Parteien und Politikern nicht ernst genommen. Derartige Aussagen sind zwar in einer Demokratie durchaus legal, erschienen aber vielen Medien, vor allem der Presse, und Politikern zu gefährlich, um einfach übergangen zu werden. Also griff man, um den Widerstand im Keim zu ersticken, zum Mittel der Diffamierung. Die Protestierer wurden kurzerhand zum Prekariat gerechnet oder man unterstellte ihnen, sie fürchteten den eigenen Abstieg und zögen daher gegen den Islam und Ausländer zu Felde

Eine offensichtliche Fehleinschätzung, die man nicht auf sich sitzen lassen wollte. Der Begriff „Lügenpresse“, der seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts in jeder Art von Propagandafeldzügen reichlich verwendet wurde, war plötzlich wieder populär. Auf manchen Transparenten stand sogar „Lügenpresse, auf die Fresse!“ oder „Lügenpresse, halt die Fresse!“. Kein Wunder, dass die Journalisten, die sich nach eigener Aussage mehrheitlich als links oder linksliberal einschätzen, zum Gegenschlag ausholten. Und als jemand herausfand, auch die Nazis hätten diese Floskel benutzt, gab es keinen Zweifel mehr: Die vorher herablassend als Verlierer abgestempelten Pegida-Anhänger mutierten zu lupenreinen ausländerfeindlichen, rassistischen Neo-Nazis.

Was sich danach abspielte, könnte man als eine neue Abart des Pawlowschen Reflexes bezeichnen. Konditioniert von der „Reeducation“, treffender „Umerziehung“, die die westlichen Sieger nach dem Zweiten Weltkrieg über Deutschland verhängten und die wir, eingedenk unserer Schuld, seit 70 Jahren selbst eifrig betreiben. Hierzulande genügt schon der Nazi-Vorwurf, um eine ähnliche Wirkung zu erzielen wie der Klingelton bei Pawlows Hund: Der Speichel beginnt zu fließen, obwohl kein Futter mehr angeboten wird. Linke Gegendemos formierten sich und sorgten mancherorts für die Aushebelung des Demonstrationsrechts. Toleranz wurde gefordert, jedoch nicht gegenüberAndersdenkenden. Sprüche wie „Farbe bekennen“ oder „Gesicht zeigen“ wurden aus der Mottenkiste hervorgeholt. Auch Politiker griffen beherzt zu. Erst als sich der Aberwitz bis zu den lachhaften „Nazis in Nadelstreifen“ des Innenministers von Nord­rhein-Westfalen steigerte, ruderten die Vernünftigen zurück und bekundeten, dass es sich bei Pegida in erster Linie um ganz normale Bürger mit normalen Berufen handele. Natürlich gäbe es auch am Rande rechte Rattenfänger, aber die seien doch in der Minderheit. Sie hatten spät, aber immerhin doch recherchiert. Und auch die Hartgesottenen unter den Medienleuten konnten bald ihre Kampagne abblasen, da sich die Bürgerbewegung wegen ihres dubiosen Initiators selbst geschadet und sich faktisch totgelaufen hat. Schade, sie hätte vielleicht etwas bewegen können.

Wer ein gutes Gedächtnis hat, erinnert sich womöglich an den Fall Martin Hohmann, der nach ähnlichem Muster verlief. Obwohl er genau das Gegenteil von dem gesagt hatte, was ein Journalist schlankweg behauptete, wurde er wegen angeblich antisemitischer Äußerungen aus der CDU ausgeschlossen. Mehrere Gerichte bestätigten im Nachhinein seine Unschuld. Trotzdem war er nicht nur als Politiker erledigt.

Lügen haben kurze Beine? In Deutschland nicht unbedingt. Und was fällt Ihnen ein, wenn Sie den Namen Sebnitz hören? Das war doch die sächsische Stadt, in der ein kleiner ausländischer Junge vor aller Augen im Schwimmbad von rechtsradikalen Jugendlichen ertränkt worden sein soll, wie seine Mutter behauptete. Nicht nur der Sebnitzer Stadtrat, sondern auch der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder fiel auf diese Horrormeldung herein. Und auch viele seriöse Zeitungen, die sie ungeprüft verbreiteten und Sebnitz als Hort des Rechtsradikalismus brandmarkten. Aus Sensationslust, Hass auf alles Deutsche oder bloß Mangel an beruflicher Qualifikation? Später stellte sich heraus, dass der Junge starb, weil er einen angeborenen Herzfehler hatte.

Die Medien gingen danach nicht in sich, lernten jedenfalls wenig oder nichts aus diesem Skandal. Auch danach verfälschten sie die Wirklichkeit durch tendenziöse Wortwahl, durch Verdrehen oder simples Weglassen entscheidender Fakten oder massenhafte wortgleiche Übernahme ungeprüfter Agentur-Nachrichten.

Schnee vor gestern? Leider nicht! Im Jahre 2010 gab es die Verleumdungskampagne gegen Thilo Sarrazin, der ein Buch mit dem Titel „Deutschland schafft sich ab“ geschrieben hatte, weil er es nicht mehr ertragen konnte, wie wir sehenden Auges in unseren Untergang rennen. Ein Patriot also. Die Folge: Eine unheilige Allianz von Medien und Politik stempelte ihn zum Rassisten und verdrängte ihn gegen Recht und Gesetz von seinem Posten bei der Bundesbank, obwohl er sich beruflich nichts hatte zuschulden kommen lassen. Man diffamierte den Autor persönlich auf gemeinste Weise, zeigte ihn wegen Fremdenfeindlichkeit an. Auch hier nur Freisprüche. Die meisten Kritiker hatten sein mit Statistiken gespicktes Buch übrigens nicht gelesen, auch Frau Merkel nicht, die es trotzdem als „nicht hilfreich“ bezeichnete. Das „Volk“ (auch so eine Vokabel aus dem „Wörterbuch des Unmenschen“), dieses Volk allerdings machte es zum Bestseller. Ein Ausschluss des Autors aus der SPD unterblieb freilich, so leicht lässt sie keinen Genossen fallen. Pikant jedoch die zeitgleich mit Unterstützung der Medien angezettelte Mobbing-Kampagne gegen Frau Sarrazin, die schließlich genervt ihren Beruf als Grundschullehrerin an den Nagel hängte. Ein Schelm, der Böses dabei denkt! Jedenfalls – es ist was faul in diesem unserem Lande! Genauer: Eine ganze Menge.

Hörer, Zuschauer und Leser werden fortwährend manipuliert. Gegner der veröffentlichten Meinung werden stummgeschaltet, weil die Medien die Deutungsmacht innehaben. Haben Sie beispielsweise jemals einen sogenannten „Klimaleugner“ erlebt, der seine wohlerwogenen Bedenken gegen die Behauptung vom menschengemachten Klimawandel vortragen durfte? Fehlanzeige! Alle beten nach, was man ihnen tagtäglich eingetrichtert hat. Weshalb lassen wir uns so hinters Licht führen? Benutzen wir unseren Verstand und nähren wir den Zweifel an dem, was man uns vorkaut.

Wie lehrt uns Bertolt Brecht, der große Dramariker und Formulierer: „Von den sicheren Dingen ist das Sicherste der Zweifel.“ Ohne ihn glaubten wir noch immer, dass die Sonne sich um die Erde dreht.


S. 9 Kultur

Die Kultur kommt wieder an die Ruhr
Spartenübergreifende Produktionen sollen dieses Jahr den Schwerpunkt der Ruhrtriennale bilden

Das bekannteste Aushängeschild der Großregion Ruhr ist die Ruhrtriennale, das seit 2002 jährlich im Spätsommer stattfindende ex­perimentelle Festival für Musiktheater, Theater, Konzert, Tanz und Installation. Vom 14. August bis zum 26. September werden auch in diesem Jahr wieder die Industriedenkmäler – ehemalige Zechen und Stahlwerke, Halden und Brachen von Bergbau- und Stahlindustrie – zur atmosphärischen Kulisse für die Präsentation von aktuellen Inszenierungen und Ausstellungen.

Neuer Intendant der Ruhrtriennale von 2015 bis 2017 ist der 67-jährige Niederländer Johan Simons. Aus diesem Grund hat er die künstlerische Leitung der Münchner Kammerspiele niedergelegt, die er 2010 übernommen hatte. Simons gab bekannt, dass er schwerpunktmäßig spartenübergreifende Produktionen für Musik, Kunst, Tanz und Theater machen werde. Für das Revier interessiert sich der profilierte Theatermann, seitdem er dort während der ersten Ruhrtriennale unter Gérard Mortier 2002 erstmals als Regisseur gearbeitet hat. Für dieses Jahr wählte er als Leitmotto das Schiller-Zitat „Seid umschlungen“, da er ein breit gefächertes Triennale-Publikum erreichen möchte, das alle Gesellschaftsschichten repräsentiert.

In der durch Deindustrialisierung und Globalisierung arg gebeutelten Region fühlen sich vergleichsweise viele Menschen gesellschaftlich ausgegrenzt. Ihnen gelte die Einladung in besonderem Maße. Der Zustand unserer Arbeitswelt und unserer Gesellschaft ist auch Thema einer Debatte, die zum Auftakt des Großfestivals am 14. August vorgesehen ist und die provokative Überschrift trägt: „Die Zukunft den Arbeitslosen!“ In der Zentralwerkstatt Zeche Lohberg Dinslaken wird sich die TV-Moderatorin Bettina Böttinger ab 17.30 Uhr mit dem koreanischen Philosophen Byung-Chul Han unterhalten, nachdem Han seine Festivalrede gehalten hat. Beginn ist 17 Uhr, der Eintritt ist frei.

Zum Auftakt der Ruhrtriennale sind für Sonnabend, den 15.  Au­gust, zwei Vernissagen angekündigt. Für 18 Uhr ist die Eröffnung einer Installation des bekannten niederländischen Objektkünstlers Joep van Lieshout auf dem Vorplatz der Jahrhunderthalle Bo­chum festgesetzt, betitelt „The Good, the Bad and the Ugly“ nach dem gleichnamigen Western von Sergio Leone. Aus großformatigen, bunten Elementen wurde ein Kunstdorf aufgebaut.

In dem zentral gelegenen „Refectorium“ finden über den gesamten Festivalzeitraum Lesungen, Konzerte, Filmvorführungen und Debatten statt, viele davon bei freiem Eintritt. Eine weitere Vernissage beginnt am 15. August um 16 Uhr im Ruhrort Duisburg, wo unter dem Titel „Normanslanding“ eine begehbare Installation eingerichtet ist. Es handelt sich um eine Koproduktion von Urbane Künste Ruhr/Ruhrtriennale und Glasgow Arts/Merchant City Festival.

Aus dem umfangreichen Festivalprogramm werden an dieser Stelle nur einige der Uraufführungen und Neuinszenierungen im Bereich Musik, Theater und Tanz herausgegriffen. Am Sonnabend, dem 14. August, wird im Salzlager Kokerei Zollverein Essen um 20 Uhr eine Choreografie des amerikanischen Tänzers und Choreographen Richard Siegal mit dem Titel „Model“ uraufgeführt. Die Zuschauer erwartet Ausdruckstanz zu elektronischer Musik und experimenteller Beleuchtung. Am 12. September ist die Jahrhunderthalle/Turbinenhalle Bochum Schauplatz der Premiere von Richard Wagners Oper „Rheingold“, neu inszeniert von Johan Simons in Zusammenarbeit mit dem Dirigenten Teodor Currentzis. Wagner wird als scharfer Kritiker des Frühkapitalismus interpretiert. Angekündigt ist eine „Kreation“ an der Schnittstelle zwischen Oper, Theater, Installation und Ritual.

Gleich drei Bühnenbearbeitungen literarischer Vorlagen aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert stehen auf dem Programm. Rund fünf Stunden dauert die Adaption „Die Franzosen“ von Marcel Prousts Roman „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ in der Maschinenhalle Zweckel Gladbeck, erstmals präsentiert am 21. August. Weiterhin ist eine Theaterproduktion nach sieben Ro­manen von Émile Zola vorgesehen, darunter der berühmte Bergarbeiterroman „Germinal“. Zur Uraufführung des Schauspiels mit dem Titel „Liebe. Trilogie meiner Familie, 1“ kommt es am 9. September in der Gießhalle Duisburg. Zwei Fortsetzungen sind für die Ruhrtriennale der kommenden Jahre geplant. Regisseur Luc Perceval hat den Stoff ausgewählt, weil er eine generationenübergreifende Geschichte erzählt, die an das Schicksal des Ruhrgebiets anknüpft.

Der in Batavia auf Java aufgewachsene niederländische Schriftsteller Louis Couperus (1863–1923) beschrieb vor über 100 Jahren in seinem großartigen Roman „Die stille Kraft“, wie in einer südostasiatischen Kolonie heftige Konflikte ausbrechen, als westliche und östliche Wertvorstellungen kollidieren. Für den 14. August ist die erste Vorstellung einer Neuinszenierung der Adaption von Peter van Kraaij im Salzlager Kokerei Zollverein Essen geplant. Kommentar des Regisseurs Ivo van Hove: „Couperus’ Werk trifft den Nerv unseres 21. Jahrhunderts.“

Als Festivalbeitrag für die Innenstädte von Bochum, Dinslaken und Duisburg werden zwölf junge Künstler sechs Wochen lang in den Schaufenstern leer stehender Ladengeschäfte arbeiten. Publikumsbesuch ist willkommen. Desgleichen wird der schauspielerische Nachwuchs gefördert. Unter dem Themenkreis „Unter Welten“ bereiten Künstlergruppen mit Unterstützung renommierter Theatermacher drei Uraufführun­gen vor, die am 12. und 13. September im Schauspiel Essen, Theater Oberhausen und Ringlokschuppen Ruhr vorgestellt werden. Im Übrigen hoffen die Veranstalter, anknüpfend an die Zahlen der Besucherstatistik vom vergangenen Jahr, auf eine abermalige Verjüngung des Publikums. In dieser Hinsicht gibt es durchaus noch Luft nach oben.

Von November 2015 bis April 2016 findet als Fortsetzung der Ruhrtriennale eine ausgedehnte Lesereise durch das Ruhrgebiet statt. Unterlegt mit Musik des 20. Jahrhunderts wird vom 15. No­vember (Essen) bis zum 7. April (Bochum) in den sechs größten Schauspielhäusern aus dem Weltbestseller „The Rest is Noise“ des amerikanischen Musikkritikers Alex Ross gelesen: in Bochum, Dortmund und Essen, im Schlosstheater Moers, im Theater Oberhausen sowie im Theater an der Ruhr. Rezitatoren sind die jeweiligen Ensemblemitglieder, musikalisch begleitet werden sie von Mitgliedern der Bochumer Symphoniker sowie dem Musiker und Komponisten Carl Oesterhelt.

D. Jestrzemski


Warum Stadtburgen einst »Kindergärten« hießen
Die Bezeichnungen für Befestigungsbauten im slawischen Raum sagen viel über dessen Geschichte aus

So manche Bauten gelten als Synonym für die große Politik: Das Weiße Haus, Downing Street, der Elysée-Palast – oder der Kreml. Dabei gibt es in Russland viele Kremls. Denn der Name steht für die „Stadtfestung“, die sich ab dem 9. Jahrhundert zur Keimzelle nahezu aller größeren russischen Siedlungen entwickelt haben.

Kremls waren typisch für Russland, wo bereits zu Zeiten des „Mongolensturms“ im 13. Jahrhundert rund 400 standen, von denen bis heute gute 100 überdauerten. Ob der Name „Kreml“, 1317 erstmalig in der Wolgastadt Twer verwendet, aus dem Griechischen oder Türkischen stammt, ist unter Philologen umstritten. Zumal bis zum 14. Jahrhundert die Bezeichnung „detinez“ (Kindergarten) überwog, weil diese Stadtburgen Wohnsitze kinderreicher Oberschicht-Familien waren.

Die Kremls von Nowgorod und Kiew tragen diesen Namen immer noch, unter welchem der aus Nowgorod 2000 auf die Unesco-Liste des Weltkulturerbes gelangte, zusammen mit den Kremls von Moskau, Kasan und Susdal.

2009 edierte die russische Post eine Serie von zwölf Marken mit Abbildungen der am besten erhaltenen Kremls, darunter der Moskauer Kreml, das 27,7 Hektar große, dreieckige Areal in Moskaus Altstadt, ab 1482 auf dem Borowizkij-Hügel über dem Fluss Moskwa erbaut. Hier stand die alte Kirche „Retter vom Wald“, Grabstätte der Moskauer Fürsten, 1933 gegen wütenden Widerstand von Kultusminister Lunatscharskij von den Stalinisten gesprengt wie auch 14 weitere historische Bauten, um Wohnraum für Josef Stalin und weitere 30 Sowjetführer sowie Platz für gigantische Protzbauten wie den „Großen Kreml-Palast“ zu schaffen. Seit 1991 ist der Kreml Sitz des Präsidenten Russlands. Kaum verändert blieben die 2235 Meter Kreml-Mauern, von gezack­ten Spitzen, sogenannten Schwalbenschwänzen, gekrönt und erst seit 1880 im weltberühmten Rot getüncht. An der Mauer liegt die kommunistische Nekropole mit rund 130 Gräbern, unter anderem für die Deutsche Clara Zetkin und Stalin, der 1961 aus dem Lenin-Mausoleum „ausziehen“ musste.

Erst seit März 1918 ist Moskau russische Hauptstadt, zuvor war es Sankt Petersburg, von Peter dem Großen aus Motiven gegründet, die Alexander Puschkin in seinem Epos „Eherner Reiter“ in sprichwörtlicher Weise formulierte: „Hier hatte die Natur im Sinn / ein Fenster nach Europa hin / ich brech’ es in des Reiches Feste.“ Beschlossen und verkündet am 16. (27.) Mai 1703 auf der kleinen Insel Enisaari (finnisch „Hase“) des Flusses „Große Newa“ und ausgeführt in der „Peter- und Paulsfestung“, innerhalb derer bis 1712 die „Peter- und Pauls-Kathedrale“ entstand. In ihr fand Peter 1725 seine letzte Ruhestätte, dito alle Zaren nach ihm. Einen „Kreml“ hat Petersburg nie gebraucht, dafür eine wehrhafte „Festung“, bei deren Bau berühmte Fortifikatoren den Zaren berieten, vor allem deutsche, wie die weithin deutsche Bauterminologie im „Venedig des Nordens“ verrät.

In Südosteuropa finden sich zahlreiche Wehrburgen, die man schon vom Namen her zeitlich einordnen kann. Eine „Festung“ oder die kleinere „Zitadelle“ sind abendländisch, etwa die wunderschöne Zitadelle von Budapest, die längst auf der Unesco-Liste steht, oder die „Festung“ von Peterwardein (Petrovaradin) in der einst ungarischen, seit 1918 serbischen Woiwodina. Hier hatte am 5. August 1716 Prinz Eugen die doppelt so starken osmanischen Truppen vernichtend geschlagen, wozu die größte Festung Europas einen soliden Rückhalt gab.

Andere Regionen wurden von den Osmanen erobert, weswegen die Befestigungen türkisch „Kale“ hießen. Oder so ähnlich, wie beim Belgrader Festungshügel „Kalemegdan“ oberhalb des Zusammenflusses von Sava und Donau zu erkennen. Im 4. bis 6. nachchristlichen Jahrhundert saßen in „Singidunum“, wie Belgrad damals hieß, die Römer, danach kamen Byzanz, das Belgrad zur Zitadelle ausbaute, dann die Ungarn und von 1521 bis 1867 die Türken. Details berichtete 1829 Leopold von Ranke in „Die serbische Revolution“, die bis heute Kultbuch bei Serben ist. Seit Ende der Weltkriege ist der Kalemegdan ein schöner Park mit beeindruckenden Monumenten, etwa dem „Denkmal der Dankbarkeit an Frankreich“ für dessen Unterstützung im Ersten Weltkrieg. Die alten Festungsgräben dienen als Freiluftmuseum für Wehrtechnik des 20. Jahrhunderts oder als Tennisplätze, wo die Linien noch mit Kreidekästen gezogen werden.

Die eigentliche „Heimat“ alter und ältester Festungswerke ist Mazedonien, das in seiner über 5000 Jahre langen Geschichte sehr unfriedliche Zeiten durchlebte, wovon rund 80 erhaltene Wehrbauten zeugen: Stadtburgen (kastroni), Grenzposten (frurioni), Wehrklöster und Schutzbunker (sbegovi). Die erhabenste Anlage, allgemein „Skopjer Kale“ genannt und in vielen Liedern besungen, steht über dem Fluss Vardar und stammt aus dem 6. Jahrhundert, als Skopje zu Byzanz gehörte und römisch „Skupi“ hieß. 1963 litten Stadt und Festung unter einem verheerenden Erdbeben. Die Hauptstadt baute man wieder auf, die Festung wurde ab 2007 archäologisch von 300 Fachleuten „durchleuchtet“, erst danach wieder restauriert, unglaublich schön in ihrer Stilsicherheit.

Ähnlich war es mit der Ohrider Kale, offiziell „Zar Samuils Festung“. Samuil herrschte im 10. Jahrhundert, erst mit seiner Niederlage gegen Byzanz erlebte Mazedonien bis zu seiner Eigenstaatlichkeit 1991 wechselnde Fremdherrschaften. Die Stadt und ihr gleichnamiger Bergsee figurieren längst auf Unesco-Listen, die Kale mit ihrem massiven Tor wurde ab 2000 in historischer Werkstreue renoviert. Seither hat man beim Rundgang auf der Festungsmauer Traumblicke auf das „balkanische Jerusalem“ Ohrid. Unterhalb der Kale wird seit Jahren eine Geistesfestung freigelegt, die altslawische Universität, gegründet 890 vom Heiligen Kliment von Ohrid, Schüler von Kyrill und Method, die seit 1980 Schutzpatrone Europas sind.

Wolf Oschlies


S. 10 Geschichte

Mittäter eines nie begangenen Attentats
Am 14. Juli ist in der Kleinstadt Ebermannstadt Peter Kienesberger gestorben

Der ehedem weithin bekannte, wirkmächtige Südtirol-Aktivist Peter Kienesberger, der besonders mutig, tapfer, konspirativ und effektvoll vorging, gehörte zu den von den italienischen Diensten und Sicherheitskräften in den 1960er Jahren am meisten gefürchteten „Partisanen“. PAZ-Lesern ist er durch die „Causa Porzescharte“ (siehe Nr. 47 vom 23. November 2013) bekannt.

Wider die im Internet massenweise kursierenden Vorwürfe, wonach Printmedien sowie Rundfunk- und Fernsehanstalten nur noch unter dem Rubrum „Lügenpresse“ gefasst werden könnten, stimmen deren „Macher“ Loblieder auf ihren Ethos, ihre Güte und ihre Seriosität an. Wie es darum bestellt ist, konnten interessierte „Medien-Konsumenten“ diesseits und jenseits der Alpen soeben wieder einmal an einem hinsichtlich des Umgangs mit dem Wahrheitsgehalt von Informationen und deren Verbreitung symptomatischen Fall beobachten. Berichte vom Ableben Peter Kienesbergers strotzten nur so von Fehlinformationen, Unwahrheiten und Stigmatisierungen.

Die entscheidende Wende im Leben des 1942 im oberösterreichischen Wels Gebürtigen leiteten die Folgen der Herz-Jesu-Nacht 1961 ein, als die Männer des Befreiungsausschusses Südtirol (BAS) am 11. und 12. Juni rund um Bozen 40 Masten sprengten, um die Welt auf die nicht anders als kolonialistisch zu nennende Politik Italiens gegenüber den Südtirolern aufmerksam zu machen. Als die „Besatzungsmacht“ – so die Terminologie nicht allein der BAS-Leute – daraufhin 22000 Carabinieri und Soldaten nach Südtirol verlegte, als es zu Massenverhaftungen und zu Folterungen der inhaftierten BAS-Aktivisten kam, kündigte Kienesberger kurzerhand seinen Arbeitsplatz und schloss sich deren Widerstand an. Der gelernte Elektriker war – im Gegensatz zu den in Medienberichten verbreiteten Falschinformationen – nie Student. Er gehörte folglich nicht der Innsbrucker Verbindung „Brixia“ an. Da er nie studiert hatte, konnte er auch nicht „Diplom-Kaufmann“ gewesen sein, als der er in diesen Medienberichten unter Bezug auf den viel später in Nürnberg von ihm betriebenen Verlag und Buchdienst bezeichnet worden ist. Kienesberger war auch nie Mitglied der Nationaldemokratischen Partei (NDP), wenngleich er deren Vorsitzenden Norbert Burger gut kannte.

Schon am 22. August 1961 stand der junge Bursche mit dem legendären Südtiroler Schützenmajor Georg („Jörg“) Klotz und einigen anderen Mitverschwörern im Passeier im Einsatz. Die Gruppe sprengte einen Hochspannungsmast. Es folgten Mastensprengungen im Bozner Unterland, Sprengstofftransporte über Gletscher und Jöcher hinweg, Kommandounternehmen im Passeier- und im Sarntal. Kienesberger begleitete Klotz und dessen engen, 1964 im Auftrag des „Ufficio riservato“ (Abteilung für vertrauliche Angelegenheiten) des italienischen Innenministeriums von eine, Agenten ermordeten Kameraden Luis Amplatz, einen (gewählten) Offizier der Schützenkompanie Bozen-Gries, bei diversen weiteren Einsätzen.

In Italien war Kienesberger – stets in Abwesenheit und in Verfahren, die von österreichischen und bundesdeutschen Höchstgerichten später als menschenrechtswidrige Fehlurteile eingestuft wurden – durch ein Mailänder Gericht zu 47 Jahren sowie zu lebenslänglicher Haft duch ein Florentiner Gericht verurteilt worden. In Österreich hingegen, wo er mehrmals wegen Südtirol-Verfahren vor Gericht stand, wurde er stets freigesprochen. Zeitlebens hatte es Peter Kienesberger bedrückt und empört, dass ihm und seinen damaligen Mitangeklagten – dem aus Innsbruck stammenden späteren Düsseldorfer Anästhesie-Professor Erhard Hartung und dem Unteroffizier des österreichischen Bundesheeres Egon Kufner – der Tod von vier italienischen Soldaten angelastet wurde, die angeblich im Juni 1967 auf der Porzescharte durch ein von ihm geplantes Attentat zu Tode gekommen sein sollten. Stets wiesen sie diese Anschuldigung vehement von sich. Sie waren durch „Geständnisse“ belastet worden, welche die italienischen Sicherheitsbehörden von zwei verhafteten österreichischen BAS-Mitgliedern unter Folter erpresst hatten.

Im Gegensatz zu dem im menschenrechtswidrigen Abwesenheitsverfahren zu Florenz 1971 ergangenen Urteil wurden Kienesberger, Hartung und Kufner in Österreich in zweiter Instanz freigesprochen, Bundespräsident Rudolf Kirchschläger unterband den von der Staatsanwaltschaft initiierten nächstinstanzlichen Fortgang. Peter Kienesberger aber hatte allein wegen der „Causa Porzescharte“ drei Jahre und sieben Monate unschuldig in Untersuchungshaft verbracht und bis zur Einstellung des Verfahrens dreieinhalb Jahre in der Bundesrepublik Deutschland im Exil gelebt. Insgesamt brachte er sechs Jahre und acht Monate seines Lebens in österreichischer Untersuchungs- und bundesdeutscher Auslieferungshaft zu. Italien versuchte zwischen 1978 und 1992 in mehreren juristischen und politischen Vorstößen von der Bundesrepublik Deutschland seine Auslieferung zu erwirken. Diese Versuche, gegen die österreichische Politiker, so Bundeskanzler Bruno Kreisky (SPÖ) und Justizminister Harald Ofner (FPÖ), bei der Bundesregierung intervenierten, scheiterten schließlich am Bundesgerichtshof (BGH) sowie am Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe. Mehrere Entführungs- und Mordpläne italienischer Geheimdienste gegen Kienesberger mit bereits konkreten Vorbereitungen schlugen fehl, da sie vorzeitig enthüllt wurden.

Im erzwungenen Exil in Nürnberg hatte Kienesberger seine Frau Elke kennengelernt und mit ihr den formell von ihr verlegerisch geführten „Buchdienst Südtirol“ gegründet, in dem er seinen kämpferischen Einsatz für die Freiheit Südtirols mit publizistischen Mitteln – historischen Dokumentationen, Kalendarien und der Zeitschrift „Der Tiroler“ im Namen der von ihm mitbegründeten „Kameradschaft ehemaliger Südtiroler Freiheitskämpfer“ – fortführte. Einschlägigen Medienberichten, denen zufolge Kienesberger laut den bayerischen Verfassungsschutzberichten über seinen „Buchdienst Südtirol“ „rechtsextremistisches Gedankengut verbreitet“ habe, steht an tatsächlichem Wahrheitsgehalt entgegen, dass er lediglich ein einziges Mal im Jahresbericht 2001 des Bayerischen Verfassungsschutzes erwähnt worden war, weil er vor der „Burschenschaft Danubia“, die eigentlich Gegenstand von dessen Beobachtung war, einen Vortrag über die Ereignisse in Südtirol in den 1960er Jahren gehalten hatte. Das mag genügen, um aufzuzeigen, wie aus einer faktischen Singularität medial das Generalverdikt „rechtsextrem“ wird. Bleibt hinzuzufügen, dass heutzutage jeder, der Zweifel an der offiziellen Wiener, Innsbrucker und Bozner Südtirol-Politik äußert und stattdessen die den Südtirolern stets verweigerte Selbstbestimmungslösung verlangt, in Politik und Medien „politisch-korrekt“ und „main­streamig“ als „Rechtsextremist“ gebranntmarkt wird. Die Ablehnung der „Tiroler Tageszeitung“ („TT“), eine von der „Kameradschaft ehemaliger Südtiroler Freiheitskämpfer“ begehrte Todesanzeige für Kienesberger zu bringen, spricht Bände.

Eine Genugtuung war es für den Verstorbenen, noch erleben zu dürfen, dass der österreichische (Militär-)Historiker Hubert Speck­ner anhand bis dato geheimer österreichischer Akten und zufolge eigener Untersuchungen unter Beiziehung von Sprengstoff-Experten in dreijähriger Arbeit schlüssig bewiesen hat, dass der sogenannte „Tatort“ auf der Porzescharte seinerzeit offenbar manipuliert worden war und demzufolge Kienesberger mitsamt damaligen Mitangeklagten am einstigen Geschehen auf der Porzescharte nicht beteiligt gewesen sein konnte. Stattdessen müssen, wie der Historiker und Publizist Reinhard Olt in seiner Einleitung zu Speck­ners Untersuchung(sergebniss)en darlegte, die zugrundeliegenden Geschehnisse im Zusammenwirken konspirativer Machenschaften italienischer Geheimdienstler mit im italienischen „Gladio“-Arm der geheimen „Stay-behind“-Nato-Sabotagetruppe aktiven Angehörigen neo-faschistischer Gruppierungen gesehen werden, unterfüttert von einer aus römischen und regionalen Stellen gespeisten Desinformationskampagne, das österreichisch-italienische Spannungsverhältnis zu verschärfen und damit Wiens EWG-Assoziationsbegehr zu unterlaufen.

Fehl geht, wer glaubt(e), Speck­ners 2013 veröffentlichte Studie, die nachträglich die Berechtigung des einstigen zweitinstanzlichen österreichischen Freispruchs der drei unterstreicht und sie rehabilitiert, führe alsbald auch zu deren juristischer Rehabilitierung. Nichts dergleichen ist auf absehbare Zeit erwartbar. Weder sind Bemühungen erkennbar, das florentinische Fehlurteil von 1971 zu annullieren, noch eine Wiederaufnahme des Verfahrens überhaupt anzustrengen. Geschweige denn, dass der österreichische Bundespräsident Heinz Fischer – dem an der Universität Innsbruck habilitierten Juristen ging Speckners Buch zu – die Courage (gehabt) hätte, bei seinem italienischen Gegenüber auf Annullierung zu dringen.

Noch unerträglicher stellt sich indes das Verhalten von sonst eigenlöblich auf Korrektheit und informationelle Zuverlässigkeit bedachten Presseorganen in der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und Südtirol dar. Zwar berichteten seinerzeit einige wenige über Speck­ners Erkenntnisse in der „Causa Porzescharte“; doch in den soeben aus Anlass von Kiensbergers Ableben veröffentlichten Meldungen und Berichten war davon nichts mehr zu finden. Im Gegenteil: Wenn man bedenkt, was über ihn an Unwahrheiten oder Fehlinformationen verbreitet wurde, glaubt man sich in die damalige italienische Desinformationskampagne zurück­ver­setzt. Dass die italienische Agentur Ansa und die in Bozen erscheinende italienisch-nationale Tageszeitung „Alto Adige“ das Sammelsurium althergebrachter Verdikte aufwärmten, konnte von dieser Seite eigentlich nicht anders erwartet werden. Doch dass auch Publikationsorgane aus dem Südtiroler Verlagshaus Athesia ihr offenkundig ewiggleiches, auf Kienesberger und andere Freiheitskämpfer, die nicht für die von der Südtiroler Volkspartei verabsolutierte Autonomie, sondern für Selbstbestimmung, Loslösung von Italien und Wiedervereinigung mit Österreich fochten, bezogenes „Geschichtsbild“ nicht revi­dier(t)en, ist ihrer nicht würdig.

Den Gipfel journalistisch-ethischer Unwürdigkeit – im Sinne der Verbreitung von Fehlinformationen – überschritt indes die Austria Presse Agentur (APA). Sie kupferte kurzerhand und ohne dessen Angaben einer nachrecherchierenden Überprüfung/Kontrolle zu unterziehen, nahezu wortwörtlich den unwahren Wikipedia-Eintrag zu Peter Kienesberger ab und verbreitete ihn. Obschon auf Wikipedia mittlerweile leicht korrigiert – wenngleich er noch immer die fälschliche Berufsbezeichnung „Diplom-Kaufmann“, welcher der unstudierte Elektriker nie war, und andere Unkorrektheiten aufweist – hielt es Multiplikator APA (zumindest bis zur Abfassung dieses Beitrags) nicht für nötig, deren Inhalt zu korrigieren. Ebensowenig jene Organe, welche besagte, um 11.42 Uhr ins APA-Tagesprogramm eingestellte Agenturmeldung Nr. 0211 vom 15. Juli 2015 ungeprüft übernahmen und – mitunter durch eigene Ungenauigkeiten ergänzt – publizierten.

Angesichts dessen erübrigt es sich fast, desillusioniert festzustellen, dass Kienesberger und seine Kameraden von den etablierten Medien in Italien, Österreich und der Bundesrepublik Deutschland sowie von politisch korrekten Zeitgenossen nach wie vor als „Terroristen“ und „Mörder“ sowie als Rechtsextremisten diffamiert werden. Und als Fazit kann festgehalten werden: Erfahrungen im Umgang von Medien mit dem Schicksal Einzelner, wie sie hier aufgezeigt wurden, mach(t)en nicht wenige Zeitgenossen wütend. Dass es Agenturen, Zeitschriften, Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen mit der Wahrheit nicht immer so genau nehmen, lässt sie zu „Wutbürgern“ werden. Als solche äußern sie sich über die sogenannten „Sozialen Netzwerke“ und behängen Medien mit wiederbelebten pejorativen Begriffen wie „Lügen-“ und/oder „Systempresse“. Rainer Liesing


S. 11 Preussen

In der Tradition Walters von der Vogelweide
Johann Georg Scheffner war Jurist, Schriftsteller, Übersetzer, Beamter, Aufklärer, Freimaurer und »eingefleischter Preuße«

Manche haben Johann Georg Scheffner den Rang eines Dichters absprechen wollen. Doch erscheint dies nur dann gerechtfertigt, wenn man ihn an seinen größeren Zeitgenossen misst und wenn man nur dem überzeitlich Gültigen die Bezeichnung Dichtung vorbehalten will. Immerhin steht der Königsberger in der Tradition eines ganz Großen: Walters von der Volgelweide.

Als „Zeitreime“ wollte er selbst seine Verse verstanden wissen, modern würde man dazu vielleicht Gelegenheitsgedichte sagen oder – je nach Anlass – auch „politische Gedichte“. Dieses Genre hat seit der Spruchdichtung Walthers von der Vogelweide und der Kasualpoesie der Barockzeit eine ehrwürdige Tradition. In dieser Tradition steht als Schriftsteller auch Johann George Scheffner, wenngleich die künstlerische Qualität nicht immer höchsten Ansprüchen genügt.

Wer war dieser Mann, enger Freund Theodor Gottlieb Hippels und Tischgenosse Immanuel Kants, der in seinem langen Leben mit Johann Christoph Gottsched, Johann Gottfried Herder, Johann Georg Hamann und Zacharias Werner ebenso korrespondierte wie mit dem Reichsfreiherrn Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein, den Schrötters, mit Hans Jakob von Auerswald und Theodor von Schön und der von Mitgliedern der preußischen Königsfamilie, darunter vor allem der Königin Luise, als Gesellschafter hoch geschätzt wurde?

Johann George Scheffner wurde am 8. August 1736 in Königsberg als Sohn des Domänenpächters in Szirkupönen bei Trakehnen Gottfried Scheffner geboren. Er besuchte das Altstädtische Gymnasium und bezog 1752 die Albertus-Universität zum Studium der Rechte. Nach dem Staatsexamen 1758 wurde er Sekretär beim Herzog von Holstein-Beck in Königsberg, verließ aber 1761 zusammen mit seinem Studienfreund sowie späteren Generalmajor und Verteidiger der Festung Cosel David Neumann heimlich die damals russisch besetzte Stadt und schlug sich zum preußischen Heer durch, um unter Friedrich dem Großen am Siebenjährigen Krieg teilzunehmen. Nach dem Friedensschluss wurde er 1765 Sekretär an der Kriegs- und Domänenkammer in Königsberg. Im selben Jahr heiratete er die aus der französischen Kolonie stammende Susanne Elisabeth Bouisson. 1767 wurde er Kriegs- und Domänenrat, erst in Gumbinnen, ab 1770 in Königsberg und ab 1772 schließlich an der neugebildeten Kammer in Marienwerder. 1775 schied er nach einem Konflikt der Kammer mit Friedrich dem Großen „ungnädig“ und damit ohne Pensionsanspruch aus dem Staatsdienst aus. Er lebte zunächst in Stolzenberg bei Danzig. Dann erwarb er das Gut Sprintlack bei Tapiau, das er einige Jahre bewirtschaftete, bis er es mit dem Gut Ebertswalde bei Königsberg vertauschte. 1796 zog er nach Königsberg, wo er bis zu seinem Tod am 16. August 1820 lebte und wirkte.

Seine frühen Gedichte wie „Campagnen-Gedichte“ von 1761 oder „Freundschaftliche Poesien eines Soldaten“ von 1764 sind aus den Zeitereignissen hervorgegangen und kreisen um die Gestalt Fried­richs des Großen und um Werte wie Freundschaft und Treue. In späteren Gedichten griff Scheffner auf Formen und Inhalte des Rokoko zurück, so in seinen „Gedichten im Geschmack des Grécourt“, die von 1771 bis 1783 anonym in mehreren Auflagen erschienen. Die „Gedichte vom Übersetzer des treuen Schäfers“ (1773) und „Spätlinge“ (1803) haben die Eigenart der Bewohner Ostpreußens oder von Zeitgenossen wie Kant und Hamann zum Thema. Sie geben Ereignisse und Stimmungen seiner Zeit wieder, seine Ansichten über Staat und Gesellschaft. Nicht wenige erhalten auch Ermahnungen und Aufforderungen an die führenden Persönlichkeiten der Politik.

Über Anlass und Zweck seiner Gedichte schrieb Scheffner einmal: „Sie wurden insgesamt geschrieben, nicht um schriftstellerisches Glück zu machen, sondern weil sich in Reimen manches sagen lässt, was sich in der sammetartigsten Prosa viel rauer ausnehmen, und mündlich gar nicht anbringen lassen, teils in der Absicht und mit dem Wunsche, auf die Personen, an die sie gerichtet waren, oder die mir beim Niederschreiben vorzüglich im Sinne lagen, einigen Eindruck zu machen, teils um zu bezeugen, wie manche Zeitgenossen damals dachten, teils zu eigenem herzerleichternden Zeitvertreibe.“ Aus diesen Zeilen wird deutlich, worum es Scheffner als Schriftsteller ging: Er hatte gar nicht den Ehrgeiz, zeitlos gültige Lyrik zu schaffen, sondern wollte mit seiner Dichtung die Mentalität seiner Zeit dokumentieren, und, was noch wichtiger ist, auf seine Zeitgenossen Einfluss nehmen.

So heißt es beispielsweise in der „Epistel“ vom 3./4. November 1806: „König, macht die große Zahl / Von unköniglichen Tagen / Dir nicht im Gewissen Qual? / Was wird die Geschichte sagen, / Wenn die Nachwelt sie wird fragen: / Wo blieb Preußens alter Ruhm …?“

In einem anderen Gedicht vom Juni 1807 findet er die harten Worte: „O König, willst du denn nicht wissen, / Dass Du die Krone ruhmlos trägst?“

Neben dem philosophischen Lehrgedicht „Acheron und Anti-Acheron. Eine Theodizee in Versen“ (1799), in denen er ein optimistisches Weltbild entwarf, sind seine aphoristischen „Gedanken und Meinungen über manches im Dienst“ (1802) bedeutend, da sie viele auch heute noch zutreffende Aussprüche zur Beamtenmoral enthalten. Scheffner war auch Mitarbeiter an der von Christian Jacob Kraus verfassten Schrift „Über die Aufhebung der Erbunterthänigkeit in Preußen“, die 1803 verboten wurde und erst 1807 erscheinen durfte. Daneben trat er als Übersetzer des „Pastor fido“ aus dem Italienischen hervor und versuchte sich, allerdings mit weniger Glück, an einer hochdeutschen Übertragung der Alemannischen Gedichte Johann Peter Hebels.

Auch seine umfassende Korrespondenz lässt sein Interesse an allen Gebieten des geistigen und politischen Lebens erkennen und gibt tiefe Einblicke in die Zeitum­stände. Ebenso wie die in fünf Bänden vorliegenden „Briefe an und von Johann George Scheffner“, die Arthur Warda 1918 bis 1938 herausgab, ist für den am politischen und geistigen Leben Ostpreußens von der Aufklärung bis zur Restaurationszeit Interessierten aber seine Autobiographie „Mein Leben, wie ich, Johann George Scheffner, es selbst beschrieben“ eine Informationsquelle ersten Ranges. Hier schildert er sein Leben von der Teilnahme am Siebenjährigen Krieg über die Niederlage Preußens im Vierten Koalitionskrieg gegen Napoleon bis zu den Befreiungskriegen und porträtiert plastisch viele bedeutende Persönlichkeiten seiner Zeit.

Johann George Scheffner blieb immer, wie er selbst einmal schrieb, „ein eingefleischter Preuße, so dass ich dieses mein Vaterland über alles liebe und nicht einsehe, wie man ihm andere Länder an Justiz, Moralität und politischer Freiheit vorziehen kann“. So sind seine oft auch recht kritischen Zeilen diktiert vor allem von der Sorge um sein Vaterland und die Liebe zu seiner Heimat.

Aus seiner Identifizierung mit dem Schicksal Preußens entstand der Gedanke, auf dem Galtgarben, der höchsten Erhebung des Samlandes, ein Landwehrkreuz der Befreiungskriege zu stiften. Kurz vor seinem Tode konnte seine Idee verwirklicht werden. Er selbst fand dort seine letzte Ruhestätte. Das Kreuz stand noch bis 1945.

E.B.


Preußische Disziplin für Portugals Armee
Vor 150 Jahren starb Johann Karl von Rebentisch, mutmaßlich vergiftet von den Gegnern der Reformpolitik König Josephs I.

Wann genau Johann Karl von Rebentisch geboren wurde, lässt sich heute nicht mehr ermitteln. Möglicherweise kam er am 5. September 1701 auf die Welt, vielleicht jedoch auch erst 1710. Auf jeden Fall aber entstammte er einer alten mährischen Familie, die in Siebenbürgen ansässig war. Dort fungierte sein Vater, Samuel Franz von Rebentisch, als Hofkammerrat und Cameralpräsident, was am 19. Januar 1728 mit der Erhebung in den Freiherrenstand honoriert wurde.

Sein Sohn hingegen entschied sich für die militärische Laufbahn und avancierte sukzessive zum Major in der österreichischen Armee. 1747 fühlte er sich bei einer Beförderung übergangen und wechselte deshalb nach Sondierungsgesprächen mit dem preußischen Generalmajor Hans Karl von Winterfeldt in die Dienste Friedrichs des Großen. Der machte Rebentisch sofort zum Obristlieutenant und ernannte ihn zudem noch zu seinem Flügel­adjutanten. Dem folgte 1751 die Beförderung zum Oberst im Infanterieregiment von Kalsow.

Mit selbigem zog Rebentisch dann 1756 in den Siebenjährigen Krieg, in dessen Verlauf er sich zunächst einige Verdienste erwarb. Am 6. Mai 1757 nahm er an der Schlacht von Prag teil. Diese gewannen zwar die Preußen, aber Rebentisch wurde derart schwer verwundet, dass er in die Festung Schweidnitz versetzt wurde. Diese verließ er wenig später als Gefangener, nachdem es den Truppen des österreichischen Kavalleriegenerals Franz Leopold von Nadasdy gelungen war, Schweidnitz trotz aller Gegenwehr einzunehmen. Durch einen Austausch wieder freigekommen, wurde Rebentisch im Mai 1758 zum Generalmajor ernannt. Dem schloss sich die Teilnahme an der Belagerung von Olmütz an, während der er einen großen Ausfallversuch der Österreicher abwehrte. Kurz darauf bekam Rebentisch das Kommando über das Infanterieregiment Nr. 11 übertragen.

Am 12. August 1759 kämpfte er mit diesem Truppenverband in der Schlacht von Kunersdorf und marschierte anschließend unter dem Oberbefehl des Generalleutnants Friedrich August von Finck nach Sachsen. Dort hatte er maßgeblichen Anteil am erfolgreichen Ausgang des Gefechts von Meißen. Am 15. Oktober focht Rebentisch bei Schildau gegen das Korps des österreichischen Feldmarschall-Lieutenants Adolf Nikolaus von Buccow. Dem folgte am 29. Oktober ein Treffen mit der Streitmacht von Feldmarschall Karl Maria Raimund von Arenberg bei Pretzsch an der Elbe, das ebenfalls mit einem preußischen Sieg über die Österreicher endete. Das war dann allerdings auch schon der Höhepunkt der Karriere des Freiherrn in der Armee von Friedrich dem Großen, weil es bald darauf zu einem Ereignis kommen sollte, das alles veränderte.

Nach dem Abbruch der österreichisch-russischen Offensive an der Oder konnte der preußische König wieder offensiver vorgehen und den Versuch wagen, die Lage in Sachsen zu stabilisieren. Hierzu schick­te er das Gros seiner Truppen unter Prinz Heinrich von Preußen, Generalmajor Johann Jakob von Wunsch und Generalleutnant von Finck gegen die österreichische Hauptmacht, die rund um Dresden stand. Dabei kam dem Kontingent Fincks, zu dem auch wieder das Infanterieregiment Nr. 11 gehörte, die Aufgabe zu, die rückwärtigen Verbindungslinien des Feindes in Richtung Böhmen zu stören. Um die Unterbrechung seines Nachschubs zu verhindern, befahl der österreichische Oberkommandierende, Feldmarschall Leopold Joseph von Daun, einen konzentrischen Angriff auf Fincks Truppen. Dieser führte am 19. November 1759 zur Schlacht von Maxen, in der die Preußen schnell in die Defensive gerieten, weil die Gegenseite über doppelt so viele Soldaten verfügte. Zudem desertierte jeder zweite preußische Infanterist – nun rächte es sich, dass man so viele kriegsgefangene Österreicher, Russen und Sachsen in das Heer Friedrichs II. gepresst hatte.

Angesichts der aussichtslosen Lage machte Rebentisch, der mittlerweile nur noch über 200 Mann verfügte, am 20. November den Vorschlag, die Waffen zu strecken, welchen von Finck auch sofort annahm. Anschließend schickte er den ehemals österreichischen Offizier ins Lager Dauns, um die Kapitulation auszuhandeln, die dann am nächsten Tag in Kraft trat. Damit gerieten rund 12000 preußische Soldaten in österreichische Kriegsgefangenschaft; zudem fielen Daun beim sogenannten „Finkenfang von Maxen“ auch noch 70 Kanonen in die Hände.

Als Friedrich der Große von der Kapitulation erfuhr, schäumte er vor Wut ob dieses „schändlichen Abenteuers“: „Es ist ein ganz unerhörtes Exempel, dass ein preußisches Korps das Gewehr vor dem Feind niederleget!“ Deshalb traf Rebentisch dann auch der Bannstrahl der Rache des Königs, als er nach Kriegsende wieder in Berlin eintraf. Trotz der Aussagen Fincks, der seinen früheren Untergebenen zu entlasten versuchte, landete dieser vor dem Kriegsgericht. Und das verurteilte Rebentisch im Juni 1763 zu einem Jahr Festungshaft und der unehrenhaften Entlassung aus der preußischen Armee.

Seine Strafe saß der Geschasste in Spandau ab. Danach ging er verbittert nach Wien. Dort machte er die Bekanntschaft des portugiesischen Gesandten Don Ambrosio Freyre d’Andrade e Castro, der mit einer weitläufigen Verwandten von Rebentischs Frau verheiratet war. Der Diplomat unterbreitete ihm den Vorschlag, in die Dienste König Josephs I. von Portugal zu treten, der sich gerade anschickte, seine Streitkräfte nach preußischem Vorbild umzugestalten. Da Rebentisch ohne Einkommen dastand und in Lissabon ein fürstliches Jahresgehalt von 6000 Cruseidos winkte, nahm er das Angebot an.

Anlässlich seiner ersten Audienz bei Joseph I. wurde Rebentisch am 7. Februar 1765 zum Generalleutnant befördert. Jedoch kam er nicht mehr dazu, die Vorstellungen des portugiesischen Monarchen umzusetzen, weil ihn bereits am 20. August 1765 der Tod ereilte. Gerüchten zufolge starb Rebentisch an Gift. Die Täter werden unter den reichlich vorhandenen Gegnern des Modernisierungskurses von Joseph I. vermutet. Wolfgang Kaufmann


S. 12 Leserforum

Leserforum

Letzte Chance gegen den Wahnsinn

Zu: Der Scheidung folgt der Rosenkrieg (Nr. 31)

Nach zweieinhalb Jahren rasanten Aufstiegs mit dem Einzug ins EU-Parlament und fünf deutsche Länderparlamente ist die „Alternative für Deutschland“ nun in einer tiefen Krise. Professor Bernd Lucke, einer der Gründer, hat das Handtuch geworfen, nachdem er von den Mitgliedern abgewählt wurde. Mit 60 Prozent hoben sie Frauke Petry, die smarte sächsische Landes- und Fraktionschefin auf den Schild der AfD. Ich finde es schäbig von Lucke, dass er nun die Partei verlassen hat und eine Konkurrenzveranstaltung, die „Alfa“-Partei gründet. Dies offenbart seinen egomanischen Charakter. Die Splitterpartei mit dem gekünstelten Namen „Allianz für Fortschritt und Aufbruch“ hat nicht den Hauch einer Chance. Lucke wollte die Alleinherrschaft und nie Kompromisse eingehen, war nie teamfähig. Dennoch schadet sein Abgang nun in der öffentlichen Wahrnehmung.

Umso mehr müssen die verbliebenen 20000 AfD-Mitglieder zusammenhalten und ihr Engagement verdoppeln. Frau Petry ist eine hochintelligente, eloquente und menschlich charmante Frau, die beide Flügel der Partei zusammenhalten kann und das Gesicht einer modernen konservativ-rechtsliberalen Partei sein wird, während alle anderen Parteien, inklusive der Union, sich links der Mitte befinden.

Die AfD ist für die Patrioten in Deutschland vermutlich die letzte Chance für sehr lange Zeit, gegen den Wahnsinn der Eurorettungspakete, des EU-Zentralismus, des Ausverkaufs deutscher Interessen, die ungeregelte Zuwanderung und die Zersetzung der Familie (durch die Gender- und Homo-Lobby) ein Gegengewicht zu schaffen. Ich hoffe, dass es Petry gelingt, ihre Partei zu stabilisieren und im März 2016 in die Landtage von Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt zu führen.Dr. Peter Müller, München

 

 

Europa, höre die Signale!

Zu: Bis alles zusammenbricht (Nr. 29)

Ohne einen Plan kann kein Landwirt, Industriebetrieb und auch keine Verwaltung erfolgreich wirtschaften. Zutreffender wäre hier sicherlich, „sozialistisches Denken“ mit Gleichmacherei, Abschöpfung und Selbstbedienung zu beschreiben. Auch wenn die Kapitalisten andauernd nur Gewinnmaximierung praktizieren, kommt es zur Überproduktion, welche der Steuerzahler mit Verschrottungsprämien finanzieren muss.

Die soziale Marktwirtschaft ist auf der Strecke geblieben, und das US-Wirtschaftssystem ist kein guter Ersatz. Darum ist es immer wichtig, auf Fachleute zu hören und – wie im Artikel angeführt – richtige Entscheidungen zu treffen. Entweder hören die Verantwortlichen für Europa noch nicht „die Signale“ oder sie fügen sich wieder einmal dem imperialen Willen der USA.

Martin Schröder, Detmold

 

 

Schwarzes Loch

Zu: Bis alles zusammenbricht (Nr. 29)

Unter vertrackten Sachzwängen stehend, haben die europäischen Politiker beschlossen, weitere Milliarden Eurohilfen in das schwarze Loch Griechenland zu pumpen.

Der andauernde Versuch des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble, die Griechen zu einer soliden Finanzpolitik zu bewegen, wird sogar vom Koalitionspartner SPD verdächtigt und als Angriff auf die europäische Idee gewertet. Aber hinter dem sentimentalen Europa-Gerede steckt die Lieblingsidee der SPD, Europa zur Transferunion auf deutsche Kosten zu machen. Es entspricht nun einmal der Mentalität der SPD, alles in einen Pott zu schütten und umzurühren.

Neuerdings wird von den Franzosen die Idee einer europäischen Wirtschaftsregierung ins Spiel gebracht. Nach meiner Erinnerung kamen von Frankreich ähnliche Forderungen bereits bei der Einführung des Euro. Damals wurde das von Deutschland abgelehnt. Man hatte die berechtigte Befürchtung, dass die Franzosen uns auf diese Weise ihre Inflationspolitik aufs Auge drücken wollten.

Gerhard Synowzik, Stadtoldendorf

 

 

Nichts zu lachen

Zu: Bis alles zusammenbricht (Nr. 29)

Was an Kungeleien des alle abschmatzenden Juncker – noch am 12. Juli hat er unseren Intimfeind beim Euro-Gipfel in Brüssel geküsst – mit der Gegenseite so durchsickert, kann nicht den Verdacht ausschließen, dass dieses dem Tatbestand eines Hochverrats ziemlich nahekommt. Da hat er aber Glück, dass man für sowas heute nicht mehr gehenkt oder geköpft wird.

Und was den Dauerlächler, Griechenlands Premier Alexis Tsipras betrifft, so fällt mir dazu ein Hexameter aus meinem Griechischbuch (Schiering, Krüger: Griechisches Übungsbuch, erster Teil, Berlin 1944, S. 31) ein, der auf Deutsch lautet: „Es lacht der Dummkopf aber, und wenn es nichts zu lachen gibt.“ Immer nach dem Motto: „Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.“

Anstatt unentwegt mit Anspielungen auf sein Land als Wiege der Demokratie hausieren zu gehen (davon ist nicht viel übriggeblieben), sollte er lieber mal die Weisheiten und das Demokratieverständnis seiner Urahnen verinnerlichen; vom Verständnis Platons ist er astronomisch weit entfernt.

Übrigens sollte auch bei uns mal das Volk demokratisch beschließen, dass wir keinerlei Steuern an unser Gemeinwesen zu entrichten und keine verlorenen Gelder an Griechenland mehr zu zahlen haben. Griechenland hat uns dankenswerterweise vorgeführt, dass sowas funktionieren kann. Und die Politik ist dumm genug, sich darauf einzulassen, und das noch als vollen Erfolg zu verkaufen. Frankreichs Präsident François Hollande sprach vom „Sieg für Europa“. Offenbar kennt er nicht den Unterschied von Sieg und Pyrrhussieg („Noch ein solcher Sieg, und wir sind verloren“).

Keinen Tag hat es gedauert, bis sich die Indizien für die Rolle rückwärts zeigten. Man redet zwar von verspieltem Vertrauen, fällt aber immer wieder auf die Beteuerungen herein. Das ist der Gipfel der Lernverweigerung – natürlich auf anderer Leute Kosten.

Solange das griechische Volk solchen Rattenfängern nachläuft und sich weigert, Bedingungen zu akzeptieren, die in den Geberländern längst zur Normalität geworden sind, hält sich mein Mitgefühl mit ihm in sehr engen Grenzen; die Nichtnachläufer tun mir natürlich leid.

Dr.-Ing. Hans-Joachim Kucharski, Mühleim

 

 

Uraltes Gequake

Zu: Verbrannte Erde (Nr. 28)

An sich ist Ihrer wunderbaren Zeitung kaum etwas hinzuzufügen. Aber das Griechenland-Debakel erinnert mich doch sehr an das alte Gedicht von den Fröschen im zugefrorenen Teich.

Darin schwören die Frösche: Fänden sie nur da oben Raum, wie die Nachtigallen wollten sie singen! Doch kaum ist der Frühling da, sitzen sie am Ufer weit und breit und quaken wie zu alter Zeit.

Doch offenbar müssen die EU-Staaten nochmals zigmilliarden Euro herüberwachsen lassen, bevor sie den Nachtigallengesang endlich als Gequake wahrnehmen. Herrn Soros und die USA wird’s freuen!

Eva-Maria Licht, Herrsching

 

 

Allein die Deutschen sollen für alle Zukunft zahlen

Zu: Gutes Geschäft (Nr. 29)

Wenn nun nach mehr als 100 Jahren immer noch Reparationen gefordert werden, so wirft sich in der Tat die Frage auf, wie das gerechtfertigt werden soll, da ja die Urenkel-Generation der „Täter“ bezahlen müsste, die nun wirklich für nichts mehr verantwortlich zu machen ist.

Im Zusammenhang mit der Forderung der Griechen nach Reparationen für von Deutschen während des Zweiten Weltkrieges verübte Verbrechen erdreistete sich ein Journalist zu der Aussage, solche Forderungen verjährten nie, „egal, wie lange die Verbrechen schon zurückliegen“.

Wenn diese These aber wirklich Gültigkeit hätte, sollte Deutschland alsbald an die Regierung in Paris herantreten und Reparationen für die Verwüstungen fordern, die französische Revolutionsarmeen und danach die napoleonischen Truppen in Deutschland anrichteten. Auch von den Schweden könnte man Wiedergutmachung verlangen für ihre Brandschatzungen, Foltern („Schwedentrunk“) und Vernichtung ganzer Landschaften in Deutschland während des Dreißigjährigen Krieges. Und schließlich nicht zu vergessen, wie die Römer vor 2000 Jahren auf heutigem deutschen Boden gehaust haben!

Auf Namibia übertragen würde dies bedeuten, dass Reparationen, die Deutschland etwa an die Nama bezahlte, gleich wieder an die Herero „abgeliefert“ werden müssten, die ja im 19. Jahrhundert von eben jenen Nama unterjocht wurden. Und die Damara wiederum könnten sowohl von den Herero als auch von den Nama Wiedergutmachung für ihre Un­terdrückung über Jahrhunderte hinweg verlangen. Wo ist da das Ende? Man spürt, diese Diskussion kann endlos weitergeführt werden.

Bezeichnend ist zuletzt aber, dass solche Gedankengänge überhaupt nur im deutschsprachigen Raum erwogen werden, denn wie bereits mehrfach erwähnt wurde, ist dies bei allen anderen Kolonialmächten der Vergangenheit undenkbar.

Die Vernichtung der Indianer-Kulturen durch Spanier und Portugiesen, die Kriege der Briten gegen Aborigines in Australien und Maori in Neuseeland, die Vernichtungsfeldzüge der weißen US-Amerikaner gegen ihre roten Landsleute und vieles andere mehr würden milliardenschwere Reparationsforderungen nach sich ziehen. Aber niemand kommt auf die Idee, diese zu fordern, allein Deutschland soll sich schuldig bekennen und kann – als reiches Land – ja auch für alle Zukunft bezahlen.

Nicht umsonst wurde schon da­rüber spekuliert, ob Deutschland nicht auch eine Schuld am Genozid an den Armeniern treffe, da es seinerzeit mit dem Osmanischen Reich verbündet war. Und so kann man über Jahrhunderte hinweg immer wieder Ereignisse „konstruieren“, an denen die Deutschen, wenn nicht allein, aber doch irgendwie mitschuldig waren und deshalb heute noch bezahlen sollten. Wie naiv muss man sein, um dieses „Spiel“ nicht zu durchschauen?

Wolfgang Reith, Neuss und Kapstadt/Südafrika

 

 

Gut recherchiert

Zu: Angelsächsisches Anliegen (Nr. 24)

Die Artikel der PAZ zeichnen sich durch hervorragende Recherche aus. So auch dieser Beitrag über die Bilderberg-Konferenz in Tirol. Vor wenigen Wochen sendete der Deutschlandfunk ein Interview mit einem Hochschullehrer, zu dessen Forschungsgebieten die Bilderberger-Treffen gehören: Es gab keine Abweichungen zum PAZ-Artikel.

Hochinteressant und den Artikel ergänzend: Zwei Jahre vor Einführung des Euro im Jahr 2002 sei dieser das Thema eines Bilderberg-Treffens gewesen. „Die Wirtschaft“ habe es dann wohl „aufgegriffen“.

Gudrun Schlüter, Münster

 

 

Eine Entdeckung, die eine Kettenreaktion auslöste

Zu: Von Menschenhand angerichtete Apokalypse (Nr. 31)

Lassen Sie mich noch ein paar Ergänzungen zu diesem ihrem Artikel anlässlich des 70. Jahrestags des Atombombenabwurfs auf Hiroshima anfügen, die nützlich sein können: Der Name Otto Hahn wurde textlich so gebracht, als hätte er zielgerichtet auf die Kernspaltung des Urans hingearbeitet. Nein, es war ganz anders. Otto Hahn und sein Assistent Fritz Straßmann haben am zweiten Weihnachtstag 1938 eine luzide Eingebung gehabt.

Hahn war seinerzeit der beste analytische Chemiker und hat in seinem Labor überprüfen wollen, was im Besonderen seine französische Kollegen in Fachzeitschriften angesprochen hatten, nämlich das unerklärliche Vorhandensein des relativ leichten Elements Barium beim Beschuss von Uran mit Neutronen.

Alle Forscher meinten nämlich, dass es eigentlich das Element Thorium sein müsse, weil sich das Uran nach Beschuss unter Strahlung umgewandelt hätte. Die künstliche Radioaktivität und die Kernumwandlung waren ja bekannt nach Chadwics Entdeckung des Neutrons 1932. Auf die Möglichkeit der Kernspaltung ist niemand gekommen: Sie war damals gar kein Thema, da theoretisch damals nicht bekannt.

Auch Enrico Fermi hat ab 1936 in seinem Labor in Rom Urankerne gespalten, ohne es zu bemerken. So hat Hahn am oben erwähnten Datum das Element Barium (zirka ein Drittel der Masse des Urans) zweifelsfrei nachgewiesen, und er konnte sich dessen Vorhandensein nur so erklären: der Urankern ist zerplatzt! Erst viel später konnte der andere Bruchstückkern, der Kern des Gases namens Krypton, experimentell bewiesen werden.

Jetzt stellen wir uns alle mal vor, Mitte der 30er Jahre schon wäre die Möglichkeit der Kernspaltung bekannt geworden – ein großer Zufall, dass es nicht passierte. Als Folge davon wäre ein halbes Jahr später nachgewiesen worden, dass es sich selbsterhaltende Kettenrektionen geben kann mit den enormen Energie­freisetzungen. Die politische Landkarte sähe heute ganz anders aus! Nur zum Vergleich: Die Spaltung eines Uran- oder Plutoniumkerns setzt rund 50 Millionen mal mehr Energie frei als die Verbrennung eines Moleküls fossiler Brennstoffe.

In den deutschen Medien konnte man im Jahr 2008 zur Entdeckung der Kernspaltung vor (damals) 70 Jahren nichts lesen, hören und sehen – eine große Unterlassungssünde.

Prof. Dr. Eckhard Rückl, Eschershausen


S. 13 Das Ostpreußenblatt

Englisch statt Deutsch
Neue Schilder und Tafeln geben Orientierungshilfen – Königsberg und Rauschen sind Vorreiter

Das Königsberger Gebiet gibt sich europäisch. Zurzeit werden Hinweisschilder und -tafeln für Sehenswürdigkeiten aufgestellt. Ansporn dazu ist ein Anstieg von Besucherzahlen, vor allem aus Russland.

Wegen der sich verschlechternden geopolitischen Lage, des Verfalls des Rubelkurses, des massenweisen Bankrotts von Reiseagenturen im vergangenen Jahr ziehen es viele Russen vor, auf dem Territorium ihres Staates Urlaub zu machen. Der Binnentourismus hat einen unerwarteten Aufschwung erfahren.

Zu den Maifeiertagen war das Königsberger Gebiet neben Sotschi, Simferopol und Mineralnye Wody zum beliebtesten Reiseziel der Russen aufgestiegen. Schon Anfang Mai waren die Hotels im Gebiet zu 90 Prozent ausgebucht. Das hatte es zuvor noch nicht gegeben. Einen Besucheranstieg verzeichnen auch die Museen des Gebiets. Vor allem der Dom, das Bernsteinmuseum und das Ozeanmuseum erfreuen sich großer Beliebtheit.

Vor diesem Hintergrund erscheint es logisch, dass man sich im Gebiet darauf vorbereitet und bemüht ist, die Infrastruktur zu verbessern. Kürzlich hat man deshalb damit begonnen, touristische Informationstafeln und Hinweisschilder aufzustellen. In Königsberg wurden 28 Informationstafeln aufgestellt. Sie befinden sich an den belebtesten Orten der Stadt, in der Nähe von Sehenswürdigkeiten und an wichtigen Straßenkreuzungen wie im Stadtteil Amalienau und an den Kreuzungen in Richtung Friedländer Tor oder am Litauer Wall. Vier Hinweisschilder wurden allein auf dem Hansaplatz aufgestellt.

Außerdem enthalten die Hinweisschilder einen Stadtplan, auf dem die Lage der Sehenswürdigkeiten angezeigt wird, die in einem Radius von einem 15-minütigen Fußweg liegen. Die Informationstafeln wurden auf Empfehlung des Kulturministeriums der Russischen Föderation erarbeitet. Auf den Tafeln gibt es neben Angaben der Lage auch Informationen zur Geschichte der Denkmäler.

Laut Stadtverwaltung sind die Tafeln in ihrem Stil denen der meisten europäischen Länder angepasst: Weiße Schrift auf dunkelbraunem Grund wird auch in Polen und der Bundesrepublik Deutschland für touristische Hinweisschilder genutzt.

Hinweistafeln hat es in Königsberg zwar schon vor einigen Jahren gegeben, doch da diese auf Initiative einzelner kultureller Einrichtungen oder von der Verwaltung angefertigt wurden, sind sie in ihrem Stil uneinheitlich.

Die neuen Hinweistafeln wurden von der Regionalregierung im Rahmen des „Tourismus“-Programms finanziert. Im Frühjahr dieses Jahres hatte das Regionalministerium für Tourismus einen Wettbewerb ausgeschrieben. Den Zuschlag erhielt die Firma „Meteksnak“, die beauftragt wurde, insgesamt 28 Schilder für Königsberg anzufertigen. Auf 14 von ihnen sind Karten abgebildet, auf denen die Sehenswürdigkeiten und touristische Besonderheiten der Stadt angezeigt werden. Bemerkenswert ist, dass auf den Karten eigentlich neben öffentlichen Toiletten auch Bereiche mit kostenlosem Internet angezeigt werden sollten, dies aber nicht geschehen ist. Das hängt offenbar damit zusammen, dass es dies einfach noch nicht gibt.

Erstaunen ruft auch hervor, dass die Informationen auf den Tafeln nur auf Russisch und Englisch erfolgen. Und das, obwohl die weitaus meisten Touristen im Königsberger Gebiet aus der Bundesrepublik kommen. Offensichtlich gehen die Autoren der Tafeln davon aus, dass diese die englische Sprache ausreichend beherrschen.

Ein solches System mit Informationstafeln wird auch in Rauschen installiert. Den Vertrag in Höhe von umgerechnet 132000 Euro erhielt dieselbe Firma wie in Königsberg. In dem Kurort werden die Tafeln bereits aufgestellt. Insgesamt soll es dort 18 Hinweisschilder geben. Jurij Tschernyschew


Spuren des Mittelalters
Allenstein richtet einen »Pfad der Stadtbefestigungen« ein

An vielen Stellen der Allensteiner Altstadt finden sich noch Reste von Stadtbefestigungen aus unterschiedlichen Phasen des Mittelalters. Vor einiger Zeit hat die Stadt damit begonnen, sich unter Leitung des Archäologen Adam Mackiewicz dieser Bauwerke systematisch anzunehmen. Unter seiner Mitwirkung ist jetzt ein Führer zum „Pfad der mittelalterlichen Befestigungen Allensteins“ erschienen, der bei der Touristen-Information am Rathaus zu bekommen ist.

„Vorbereitet für Touristen, können sie auch manchen Allensteiner in Erstaunen versetzen“, ließ das Pressereferat der Stadt Allenstein verlauten, Umfangreiche Informationen zu den einzelnen Stationen sind auf der Rückseite des Faltplans zu finden. Bis jetzt allerdings ausschließlich auf Polnisch.


Zum 80. Geburtstag
Surminski-Ausstellung in Königsberg

Am 6. August wird im Museum Friedländer Tor um 17 Uhr eine Ausstellung zum 80. Geburtstag des ostpreußischen Schriftstellers Arno Surminski mit dem Titel „Erfahrungen – Erinnerungen“ eröffnet .

Surminskis Werk beschäftigt sich unter anderem mit dem Zweiten Weltkrieg. „Vaterland ohne Väter“ basiert auf historischen Fakten und Originaldokumenten. Der Krieg ist die schwerwiegendste Erfahrung für den einzelnen Menschen wie für ein ganzes Land. Waisen- und Witwentum sind die bitteren Folgen von Kriegsjahren und ein unauffüllbarer Verlust für alle.

Bei der Eröffnung wird Arno Surminski Ausschnitte aus seinen Werken lesen. Die Ausstellung läuft bis zum 25. September. PAZ


MELDUNGEN

Gute Bedingung für Geschäfte

Allenstein – Das südliche Ostpreußen hat nicht nur schöne Landschaften, sondern es ist auch ein ideales Zentrum für eine wirtschaftliche Tätigkeit. Geschäftsleute, die in dieser Region investieren wollen, können mit guten Bedingungen rechnen, unterstrich Marcin Kuchcinski, Direktor der Abteilung für Gewinnung von Investoren bei der Ermländisch-Masuren Sonder-Wirtschaftszone, in der 80 Firmen tätig sind. Die Steuerermäßigung für kleine Firmen beträgt 70 Prozent, für mittlere 60 Prozent und für große 50 Prozent. PAZ

 

Seehandel floriert

Memel – In den großen Hafenstädten der Ostsee hat der Seehandel seit Beginn des Jahres trotz der Russland-Sanktionen deutlich zugenommen, während die kleineren Häfen spürbare Verluste erlitten und Frachtmengen meist an die größeren Nachbarhäfen im eigenen Land abtreten mussten. Der Memel-Polanger Hafen Budendingshof setzte etwa 14 Millionen Tonnen Fracht um, was eine Steigerung von 22 Prozentz gegen-über den Vorjahreszahlen bedeutet. Dies entspricht dem Umschlag des Hafens von Riga und ist etwa halb so viel wie der des größten russischen Ostseehafens, Ust-Luga. Vor den baltischen Häfen rangieren in der östlichen Ostsee auch die beiden anderen russischen Großhäfen Primorsk und St. Petersburg. T.W.W.

 

Störungen des Verkehrs

Allenstein – Straße Nr. S7: Liebemühl [Miłomłyn], Baustelle. Straße Nr. 7: Liebemühl [Miłomłyn] – Osterode [Ostróda], Baustelle; Osterode [Ostróda] – Hohenstein [Olsztynek], Baustelle; Berghof [Tatary] – Candien [Kanigowo], Baustelle; Palicken [Pawliki] – Powiersen [Powierz], Baustelle; Powiersen [Powierz] – Napierken [Napierki], Baustelle. Straße Nr. 16: Groß Herzogswalde [Laseczno] Fuß-gängerzonenbau; Lyck [Ełk] – Rutki, Baustelle; Kulessen [Kulesze] – Skomentnen [Skometno], Baustelle. Straße Nr. 16d: Lyck [Ełk], Umgehungsstraße, Baustelle. Straße Nr. 51: Bartenstein [Bartoszyce], Baustelle; Heilsberg [Lidzbark Warminski], Olsztynskastraße, Baustelle; Allenstein [Olsztyn] – Pagelshof [Ameryka], Baustelle. Straße Nr. 57: Groß Schiemanen (Szymany), Baustelle. Straße Nr. 58: Hohenstein [Olsztynek] – Gedwangen [Jedwabno], Baustelle. Straße Nr. 59: Altkelbunken [Stare Kiełbonki] – Friedrichshof [Rozogi], Rasenmähen. Straße Nr. 65: Staatsgrenze – Goldap [Gołdap] – Treuburg [Olecko] – Lyck [Ełk], Baustelle; Lyck [Ełk] – Grajewo, Baustelle; Bogusze – Staatsgrenze, Baustelle. E.G.


S. 14 Ostpreussische Familie

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

an diesem Sonnabend findet im dänischen Esbjerg die vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge veranstaltete Feier zum Gedenken der während der Internierung in Dänemark verstorbenen Vertriebenen und Wehrmachtsangehörigen statt. Es werden Teilnehmer dabei sein, die damals als Kind im Dünensand zwischen den Baracken gespielt haben, und auch Nachkommen derjenigen, die auf einem der dänischen Friedhöfe begraben liegen. „O Erde Dänemarks ...“ beginnt das Gedicht von Agnes Miegel, das sie im Lager Oxböl geschrieben hat, und man hätte wohl keinen besseren literarischen Beitrag zu dieser Feier wählen können als dieses Gedicht über das Leben hinter Stacheldraht in einem Land, das wie die verlassene Heimat im Seewind liegt, und der war damals doch tröstlich. Wir Ostpreußen sind sehr froh, dass der verantwortliche Leiter der Gedenkfeier, Herr Hauke Homeier, der uns um Mitarbeit bat, auf unseren Vorschlag einging, das Gedicht von einem Ostpreußen vortragen zu lassen, und keiner ist dafür mehr prädestiniert als der aus dem Memelland stammende Schauspieler Herbert Tennigkeit, der seiner unvergessenen Heimat die Stimme gibt. Sie wird über den 1300 Gräbern des Friedhofs Fourfeld erklingen, auf dem viele Soldaten aber auch 151 Flüchtlinge liegen, und die hier ihre letzte Ruhe fanden. Sie werden nun nach 70 Jahren das feierliche Gedenken erhalten, das ihnen lange versagt blieb. Das Programm wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt: Nach den Grußworten des Verteidigungsattaches an der deutschen Botschaft in Kopenhagen, Oberstleutnant i. G. Axel Gerke, und des Vizebürgermeisters von Esbjerg, Jesper Frost Rasmussen, hält Herr Wolfgang Wieland vom Bundesvorstand des VDK die Gedenkansprache, umrahmt von den musikalischen Darbietungen des Prinsens Musikkorps und den von Herbert Tennigkeit gesprochenen Gedichten, zu denen auch das des Königsberger Dichters Walter Scheffler „Samländers Heimweh“ gehört. Auch er, der seit früher Jugend taube Literat, war zusammen mit seiner langjährigen Lebensgefährtin, die ihm half, sein schweres Schicksal durch die gemeinsame Freude am künstlerischen Schaffen zu ertragen, in Oxböl interniert. Er hatte mit Agnes Miegel den gleichen Fluchtweg über See nehmen müssen und war mit ihr so eng verbunden, dass sie seine Trauzeugin wurde, als er im Lager seine Lebensgefährtin heiratete. Das Glück des damals 65-Jährigen währte nicht lange: von Krankheit und Heimweh zerrieben verstarb seine Frau bereits nach einem Jahr. Mit großem Einfühlungsvermögen wurde auch das Lied aus unserer Heimat ausgewählt, das – vom Prinsens Musikkorps gespielt – das Schicksal der hier bestatteten Soldaten symbolisiert: „Zogen einst fünf wilde Schwäne …“ Denn es erzählt von den jungen Burschen, die frisch und froh zum Kampf auszogen, und von denen keiner nach Hause zurückkehrt. Das wird schon die Anwesenden berühren, aber wohl noch mehr das – nach der von der Pastorin der Nordschleswigschen Gemeinde abgehaltenen Andacht – erklingende Trompetensignal: „Ich hatt´ einen Kameraden!“ In Gedanken wird so manch einer von uns, der den Weg nach Esbjerg nicht schaffte, in dieser Gedenkstunde dabei sein. Für Herbert Tennigkeit wird sie sicher unvergesslich bleiben.

Vielleicht kann schon ein Teilnehmer an der Veranstaltung, der diese Ausgabe der PAZ in die Hände bekommt und der somit auch unsere Kolumne liest, Herrn Daniel Hermann aus Hohenwulsch einen Rat geben, der ihm auf seiner Suche nach einer bestimmten Militärliteratur hilfreich sein könnte. Seine Frage führt ein Jahrhundert zurück, denn es handelt sich um seinen im Ersten Weltkrieg gefallenen Großonkel. Herr Hermann formuliert sie so:

„Im vergangenen Jahr richtete ich an die Deutsche Dienststelle (WaSt) eine Anfrage. Es ging dabei um meinen Großonkel Gustav Hermann, der am 2. Juli 1893 in Treetz, Kreis Schlawe (Pommern) geboren wurde. Gefallen ist er am 3. Februar 1915 im Osten. Leider konnte mir die Deutsche Dienststelle nichts Näheres über meinen Großonkel mitteilen, da die damals vom Zentralnachweisamt für Kriegerverluste und Kriegergräber in Berlin (ZAK) verwalteten Unterlagen über die Teilnehmer am Ersten Weltkrieg im Jahr 1945 durch Kriegseinwirkung vernichtet worden sind. Es konnte allerdings ein Namensträger durch eine Überprüfung der Deutschen Verlustlisten Nummer 168 und 290 ermittelt werden. Danach war mein Großonkel Musketier in der 4. Kompanie Reserve im Infanterieregiment 225. Es soll Literatur zur Geschichte dieses Regiments geben. Nun meine Anfrage, vielmehr Bitte: Gibt es Leser der PAZ, die im Besitz dieser Literatur sind und mir Näheres über meinen Großonkel Gustav Hermann mitteilen können wie über seine letzte Ruhestätte?“

Soweit der Brief von Herrn Daniel Hermann, der zwar nur einen kleinen in Frage kommenden Leserkreis betrifft, aber doch hoffen lässt, dass es wenigstens Hinweise auf die gesuchte Militärliteratur geben wird. (Daniel Herrmann, Am Bahnhof 2 in 39606 Hohenwulsch, Telefon 039089/3828 und 0160/97474092.)

Ein Wort in unserer Kolumne in Folge 30 hat besonders unsere Leserinnen und Leser bewegt: Heimwehtourist! Herr Reinhold Kalisch hatte es in seinen geschilderten Eindrücken, die er auf einer Ostpreußenreise gewonnen hatte, ins Spiel gebracht. Ich hatte nur kurz dazu Stellung genommen, weil ich – seit vor Jahrzehnten dieses Wort in deutschen Reiseprospekten auftauchte – die Bezeichnung als Floskel empfand, weil man nicht das Wort Heimweh, das eine tiefe Empfindlichkeit beinhaltet, mit einem merkantilen Begriff, wie es die Branchenbezeichnung Tourismus nun einmal ist, vereinen kann. Die Zuschriften, die spontan erfolgten, bestätigten mir dies. Wie die der Schriftstellerin Elisabeth Krahn aus Celle, die ihre eigenen Gedanken zu diesem Thema einbringt, wie wir ihrem Schreiben entnehmen:

„Zum Zeitpunkt der Flucht war ich gerade neun Jahre alt. Mit meinen vier Geschwistern erlebte ich diese Jahre in einem geordneten Familien-Verwandten-Freundeskreis. Innerhalb meiner Familie war bis zum 22. Januar 1945 bei mir alles fest im Erleben verankert. Die Großeltern väterlicherseits wohnten mit uns zusammen in einem Haus, die Großeltern mütterlicherseits schräg gegenüber. Ich lernte durch Verwandtenreisen auch andere ostpreußische Gegenden kennen. Die Eltern erzählten uns viel – Sagen, Märchen und Geschichten aus meiner Heimatstadt Mohrungen. Als eine Großmutter 1942 starb, erinnerte ich mich bei Besuchen an ihrem Grab, wie lieb sie war – aber auch daran, dass wir beide an einem Tag Geburtstag feierten. Rückblickend kann ich sagen, dass sich mein Grundverständnis für mein weiteres Leben dadurch gefestigt hat. Das Grab der Großmutter ist verschwunden, aber der Friedhof ist gepflegt. Und doch ist die Erinnerung da, verbunden mit unserer Familiengeschichte, die im Westen ... zu erkennen ist. Meine Reisen nach Ostpreußen haben nichts mit Heimwehtourismus zu tun. Die verschiedenen Empfindungen hängen mit den unterschiedlichen Situationen der Zeiten zusammen: Die nicht vertriebenen Deutschen konnten nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Identität in Museen/Archiven wieder aufbauen und überall ortsgebunden pflegen und erweitern. Die vertriebenen Deutschen müssen zu ihrer Identität reisen, beziehungsweise im Westen an oft unauffälligen Stellen suchen. Eine Verflechtung wie früher zur gesamtdeutschen Geschichte gibt es nicht mehr. Meine Frage: Sind nicht vertriebene Deutsche während eines Besuches ihres Heimatmuseums auch „Heimwehtouristen“?

Soweit Elisabeth Kran, die damit eine neue Version dieses Themas in den Ring wirft. Wie verschieden die Empfindungen der Vertriebenen bei einem Aufenthalt in der Heimat sind, beweist der Brief von Frau Gisela Harder, der ebenfalls nach Mohrungen führt. Frau Harder, Kulturreferentin der Kreisgemeinschaft Mohrungen, sendet uns herzliche Grüße aus dem Oberland: „Wir genießen die grandiose ostpreußische Landschaft, den Fortschritt, die Gastfreundschaft, die guten Straßen und atmen die Heimat tief ein – Ostpreußen lebt!“ Und Frau Harder gibt den Beweis mit der Schilderung eines Besuches bei Frau Hilde Klosinska, Mitglied der ,Deutschen Bevölkerung Herder’ in Mohrungen, die Frau Harder betreut und die sie nun zu deren 90. Geburtstag mit 90 roten Rosen erfreuen konnte. „Es war eine schillernde Gesellschaft, halb Deutsche, halb Polen, wir haben uns alle herrlich unterhalten und verstanden.“ Erlebnisreiche, Erinnerung weckende Tage in der Heimat, mit einem Besuch der Mohrungen Stuben im alten Rathaus und des Herder-Museums im Dohna Schlösschen und mit der Teilnahme am Sommerfest der Deutschen Minderheit in Sensburg, von dem vor allem die sehr gute Rede unseres Sprechers Stephan Grigat in Erinnerung bleiben wird.“ So Frau Harder, die aber auch einen Wunsch hat, den vielleicht unsere Ostpreußische Familie erfüllen kann. Ihre Freundin Krystyna Kasprozak, die das Saalfelder Kulturheft „Zapiski Zalewski“ herausbringt, brachte einen Bericht über die Renovierung des Oberländischen Kanals und seines Erbauers Georg Steenke, von dem es leider kein Bild geben soll. Die „Freunde des Oberlandkanals“ hatten einen Künstlerwettbewerb „Wer kennt Baurat Steenke?“ gestartet, das preisgekrönte Porträt soll jetzt im neuen Museum zur Geschichte des Kanals seinen gebührenden Platz bekommen. Auf Frau Harder wirkt das Bild doch reichlich verfremdet, und so startet sie nun ihrerseits einen Versuch über unsere Ostpreußische Familie, ein Porträt des seinerzeit berühmten Baumeisters zu finden, dessen Lebenswerk der Bau des Kanals war, für dessen Planung und Bau er 23 Jahre benötigte. Bei der Einweihung im Jahr 1862 war sein Erbauer, der nach langem Suchen in Nordamerika im Morriskanal die Lösung zur Bewältigung der Höhenunterschiede durch die „geneigten Ebenen“ gefunden hatte, bereits über 60 Jahre alt. Er verstarb 1884 in Elbing, ein Gedenkstein in Buchwalde erinnert an seine großartige Leistung. Es dürfte schwer sein, ein Bild des Königlichen Baumeisters zu erhalten, jedenfalls in Privatbesitz, wie Frau Harder hofft, dürfte es kaum zu finden sein, eher als Illustration in Fachorganen oder alten Heimatbüchern, vor allem aus dem Oberland oder Elbing, weil Steenke Ehrenbürger dieser Stadt war wie auch von Liebemühl. (Gisela Harder, K.G. Mohrungen e.V. Moorfleeter Deich 395 in 22113 Hamburg, Telefon/Fax: 040/7373220).

Eure Ruth Geede


Die Sinne auf Empfang eingestellt
Jörn Pekrul nimmt auf seine nächste Wanderung Familienwünsche mit

Es hätte mich auch gewundert, wenn sich unser „Königsberger Wanderer“ Jörn Pekrul nicht zu den verschiedenen Ansichten zum Thema „Nachfolgegenerationen“ gemeldet hätte, das ich in Folge 30 unseren Leserinnen und Lesern zur Diskussion vorlegte. Dass es aber so schnell und dazu sehr eingehend geschah, hat mich doch überrascht. Ich möchte den Beitrag von Jörn Pekrul in voller Länge bringen, denn seine Gedankengänge sind so verzahnt, dass sie keine Lücken vertragen.

„Zu den von Herrn Kalisch aufgeworfenen Gedanken folgende Ausführungen: Ich bin Angehöriger der Nachfluchtgeneration, geboren 1963 in Köln. Ein Zufall, weil dort der Treck meiner Eltern versickerte. Bin ich deswegen ein Kölner? Die Heimatvertriebenen wurden an ihren Flüchtlingszielen teilweise sehr schlecht behandelt und das über lange Zeit. Selbst der Nachgeborene kann sich noch an manche bestürzende Situation erinnern, und das war schon Jahrzehnte später. Dadurch bin ich kein Kölner geworden, wenngleich die grundheitere Lebensart und positive Ausnahmen manche Inspiration gaben. Also nicht nur Schlechtes. Aber prägender war und ist das Elternhaus, das durch die Fürsorge untereinander auf dem Riesenfres-ko der elterlichen Vertreibung eine besondere Bindung erfuhr. Das ist bis heute so geblieben. Was hilft denn dem nachgeborenen Helfer? Zum Beispiel das Lesen Ihrer Kolumne. Der ,Goldene Ball der Erfahrungen’, den wir in der Ostpreußischen Familie untereinander weiterreichen. Diese Bedeutung darf nicht unterschätzt werden. An dieser Stelle Dank und Gruß an alle, die sich angesprochen fühlen. Bin ich ein Königsberger? Wenn ich alleine durch die Stadt wandere, spüre ich oft einen geistigen Kraftstrom, den ich nicht beschreiben kann. Ich will es versuchen. Es ist ein rein emotionaler Vorgang. Manchmal kommt es mir so vor, als lägen in Königsberg geistige Schwingungen in der Luft, ähnlich wie Radiowellen von einem Sender. Die noch vorhandenen Relikte, ob es nun der Dom auf dem Kneiphof ist oder auch nur das Bruchstück eines roten Backsteins, der auf der Freifläche hinter der Frischbierschule auf dem Rossgarten aus einer Grasnarbe ragt: Sie scheinen diese Schwingungen zu reflektieren und geben sie an mich zurück. Meine Sinne sind dann auf Empfang gestellt, auf Konzentration, auf Annahme oder Zuordnung. Und ich spüre eine starke Vertrautheit mit diesem Ort, ohne genau definieren zu können, woher diese Vertrautheit kommt. Ich habe das bisher noch nirgendwo anders so intensiv erfahren. Ich versuche es mir damit zu erklären, dass eine gewisse geistige Disposition aus dem Elternhaus vererbt wurde. Die über Jahre gehörten und erarbeiteten Worte und Bilder – hier konkretisieren sie sich noch in ihren Überresten. Dazu das trotz seiner unglaublichen Versehrtheit immer noch so wunderschöne, für sich einnehmende Land.

Die Summe dessen, bewusst durchdacht, mag diese sinnlichen Erfahrungen in Königsberg ermöglichen. Und es beweist mir die immer noch währende Präsenz der Hochkultur, die ich ja auch im Umgang mit der Erlebnisgeneration finde. Manches Gedicht von Agnes Miegel ist für mich an Erkenntnissen reicher als ein modernes pädagogisches Kompendium. Man könnte das als „Identifikation“ beschreiben. Ein geistiges Zuhause. Wohlgemerkt in Königsberg – nicht in Kaliningrad.

Dennoch: Ich kann mich nicht als Königsberger bezeichnen. Das würde ich der Erlebnisgeneration gegenüber als anmaßend empfinden. Aber es ist so, dass ich im Alltag besser funktioniere. Wenn ich meinen ostpreußischen Wurzeln gemäß lebe und nicht mit einer rheinischen Plagiatsidentität, die doch nur wie ein schlecht sitzendes Kleidungsstück übergezogen wäre. Ich freue mich für jeden Nachgeborenen, der das an seinem Wohnort anders empfindet. Er ist kompatibel zu seiner Umwelt und kann Ostpreußen neutral bereisen. Dadurch dürfte ihm mancher Trauerschatten erspart bleiben. Aber ich bedauere ihn auch, denn ihm wird der Zugang zu einem Schatz an Erkenntnissen verschlossen bleiben.

Meine Identifikation von Königsberg als „geistiges Zuhause“ ist nicht gegen die russischen Menschen gerichtet, die heute in Königsberg leben – im Gegenteil. Wenn ich mit meinem russischen Freund zusammen bin, wissen wir um die unterschiedlichen inneren und äußeren Wege, die uns nach Königsberg geführt haben. Auch er ist auf seine Art als Kaliningrader nicht unberührt von Königsberg. Seine Eltern sind im Strudel der Nachkriegszeit hier gelandet, sie hatten es sich nicht ausgesucht. Auch hier: keine Monstranz, stattdessen die leise innere Unruhe, die die Suche nach einer Identität verursacht. Eine behutsame Annäherung an das Einst und das Jetzt, so würde ich unsere gemeinsam verbrachte Zeit vor Ort beschreiben.

Indem ich Ihnen diese Zeilen schreibe, bereite ich die nächsten „Königsberger Wanderungen“ vor, die Ende August stattfinden sollen. Der Koffer füllt sich so langsam mit Gepäck und mit Aufträgen aus der Ostpreußischen Familie. Ich werde mich bemühen, alle Wünsche zu erfüllen. In Gedanken werde ich Sie alle dabei haben“. R.G.


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 108. GEBURTSTAG

Amonat, Gustav, aus Rotbach, Kreis Lyck, am 9. August

ZUM 102. GEBURTSTAG

Siemund, Fritz, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 13. August

ZUM 96. GEBURTSTAG

Rabe, Hildegard, aus Bartendorf, Kreis Lyck, am 11. August

ZUM 95. GEBURTSTAG

Borchers, Ella, geb. Schmidt, aus Genslack, Kreis Wehlau, am 13. August

Flemming, Helmut, aus Rodenau, Kreis Lötzen, am 9. August

Franke, Martha-Maria, aus Buschwalde, Kreis Neidenburg, am 13. August

Hartmann, Elisabeth, geb. Pohl, aus Ortelsburg, am 11. August

Littmann, Gerda, geb. Reschat, aus Hainau, Kreis Ebenrode, am 12. August

Rimek, Erich, aus Altkirchen, Kreis Ortelsburg, am 11. August

Schweiger, Edith, geb. Merten, aus Dreimühlen, Kreis Lyck, am 11. August

ZUM 94. GEBURTSTAG

Balscheit, Hans Georg, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 12. August

Draasch, Käte, aus Pillau, Kreis Samland, am 9. August

Hartmann, Luci, geb. Deckmann, aus Argemünde, Kreis Elchniederung, am 11. August

Kadelka, Marie, geb. Niklas, aus Kechlersdorf, Kreis Lyck, am 9. August

Koropp, Sönnlin, geb. Hilger, aus Dullen, Kreis Treuburg, am 11. August

Motikat, Grete-Maria, aus Wildwiese, Kreis Elchniederung, am 12. August

Redetzky, Horst, aus Kleindünen, Kreis Elchniederung, am 14. August

Rudas, Elisabeth, geb. Weber, aus Allenburg, Kreis Wehlau, am 11. August

ZUM 93. GEBURTSTAG

Buch, Emilie, geb. Broska, aus Kobulten, Kreis Ortelsburg, am 8. August

Ehrlich, Charlotte, geb. Chittka, aus Michelsdorf, Kreis Ortelsburg, am 8. August

Kubelke, Christel, geb. Sprengel, aus Rhein, Kreis Lötzen, am 12. August

Pehrs, Hildegard, geb. Guddusch, aus Tilsit, am 10. August

Ramuschat, Elfriede, geb. Wrobel, aus Satticken, Kreis Treuburg, am 8. August

Voss, Else, geb. Matheuszik, aus Sentken, Kreis Lyck, am 8. August

Walraven, Gertrud, geb. Franke, aus Zohpen, Kreis Wehlau, am 10. August

Zornig, Edith, geb. Fuhrmann, aus Wehlau, am 8. August

ZUM 92. GEBURTSTAG

Fendt, Hildegard, geb. Podworny, aus Milussen, Kreis Lyck, am 12. August

Fischer, Gerhard, aus Baitenberg, Kreis Lyck, am 9. August

Gäßler, Gerda, geb. Bomke, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 10. August

Kiefer, Dora, geb. Glagau, aus Posselau, Kreis Samland, am 14. August

Klimaschewski, Ursula, geb. Zielinski, aus Prostken, Kreis Lyck, am 9. August

Kochan, Lieselotte, aus Herzogshöhe, Kreis Treuburg, am 14. August

Noetzel, Bruno, aus Langenberg, Kreis Elchniederung, am 11. August

Schatta, Kurt, aus Rechenberg, Kreis Sensburg, am 9. August

Steinbacher, Margrete, aus Stärken, Kreis Ebenrode, am 11. August

von Treuenfels, Ruth, aus Schönfeld, Kreis Preußisch Holland, am 10. August

ZUM 91. GEBURTSTAG

Döge, Elisabeth, geb. Kühne-mann, aus Königsberg, am 8. August

Dombrowski, Helmut, aus Bobern, Kreis Lyck, am 8. August

Hoffmann, Alfred, aus Malissen, Kreis Ebenrode, am 8. August

Hoffmeister, Edith, geb. Nagu-schewski, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 9. August

Koch, Waltraud, geb. Tutas, aus Klein Jerutten, Kreis Ortelsburg, am 8. August

Kröhnert, Eva, geb. Naujoks, aus Balten, Kreis Elchniederung, am 14. August

Soboll, Walter, aus Sentken, Kreis Lyck, am 9. August

Sommerfeld, Hanna, geb. Langer, aus Willenheim, Kreis Lyck, am 9. August

ZUM 90. GEBURTSTAG

Bondzio, Irmgard, aus Rotbach, Kreis Lyck, am 12. August

Ebnöther-Turnheer, Martin, geb. Ebnöther, aus Brittanien, Kreis Elchniederung, am 12. August

Froh, Elli, aus Lyck, am 9. August

Gelhaar, Emma, geb. Radzuweit, aus Föhrenhorst, Kreis Ebenrode, am 12. August

Gocht, Erika, geb. Felkeneyer, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 10. August

Gonschorrek, Liselotte, geb. Taetz, aus Pillau, Kreis Samland, am 9. August

Handke, Leonore, geb. Tetlowski, aus Kuglacken, Kreis Wehlau, am 11. August

Haupt, Anneliese, geb. Glaus, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 12. August

Mittendorf, Jürgen, aus Lötzen, am 13. August

Müller, Helga, geb. Kummetz, aus Erlen, Kreis Elchniederung, am 13. August

Powels, Elisabeth, geb. Juckel, aus Stucken, Kreis Elchniederung, am 13. August

Sawatzki, Paul, aus Schölen, Kreis Heiligenbeil, am 9. August

Schlittke, Willi, aus Karkeln, Kreis Elchniederung, am 11. August

Schmidtke, Elisabeth, geb. Kaul-bars, aus Mülsen, Kreis Samland, am 08. August

Wutz, Herta, geb. Josun, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 9. August

ZUM 85. GEBURTSTAG

Brodowski, Günter, aus Borschimmen, Kreis Lyck, am 10. August

Cordts, Christel, aus Neudims, Kreis Rößel, am 8. August

Gerlach, Jokadia, geb. Taut, aus Grabnick, Kreis Lyck, am 14. August

Gottschalk, Kurt, aus Ebendorf, Kreis Ortelsburg, am 13. August

Graefe, Inge, geb. Erdmann, aus Lyck, am 9. August

Growitz, Irmgard, aus Bärwalde, Kreis Samland, am 12. August

Hausmann, Hanna, geb. Rohde, aus Quilitten, Kreis Heiligenbeil, am 10. August

Huebers, Ingrid, geb. Rohloff, aus Steintal, Kreis Lötzen, am 8. August

Jablonowski, Eitel, aus Grünfließ, Kreis Neidenburg, am 12. August

Külske, Inge, aus Bartzdorf, Kreis Neidenburg, am 14. August

Niewierra, Hildegard, geb. Masannek, aus Neidenburg, am 11. August

Palluch, Lieselotte, geb. Maleyka, aus Gorlau, Kreis Lyck, am 14. August

Radmacher, Gerhard, aus Plauen, Kreis Wehlau, am 13. August

Rohder, Ernst, aus Gerswalde, Kreis Mohrungen, am 9. August

Spohrer, Ursula, geb. Matern, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 9. August

Tuchlinski, Carmen, geb. Wöhre, aus Dippelsee, Kreis Lyck, am 9. August

Wegner, Ella, geb. Kruck, aus Steintal, Kreis Neidenburg, am 12. August

Wehr, Edith, geb. Beinhoff, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 12. August

Witt, Margarete, geb. Ferner, aus Schönwalde, Kreis Samland, am 12. August

Zschäbitz, Ingeborg, geb. Becker, aus Eichensee, Kreis Lyck, am 11. August

ZUM 80. GEBURTSTAG

Bautz, Adolf, aus Neuendorf, Kreis Elchniederung, am 9. August

Biegel, Hildegard, geb. Kegler, aus Borken, Kreis Lyck, am 14. August

Chaymowski, Emma, geb. Bombor, aus Krupinnen, Kreis Treuburg, am 8. August

Dannenberg, Fritz, aus Klein Nuhr, Kreis Wehlau, am 8. August

Dzikonski, Waltraud, geb. Joswig, aus Selmenthöhe, Kreis Lyck, am 9. August

Elsner, Helga, aus Lyck, am 14. August

Habermann jun., Ernst, aus Neidenburg, am 9. August

Hellwig, Gerhard, aus Gruten, Kreis Elchniederung, am 12. August

Hoffmann, Brigitte, geb. Ogait, aus Ostseebad Cranz, Kreis Samland, am 13. August

Katzenski, Herbert, aus Walden, Kreis Lyck, am 11. August

Korsch-Wacker, Ilse, geb. Korsch, aus Pregelswalde, Kreis Wehlau, am 9. August

Peldszus, Peter, aus Rhein, Kreis Lötzen, am 14. August

Plewka, Gustav, aus Saffronken, Kreis Neidenburg, am 10. August

Poetsch, Klaus, aus Widminnen, Kreis Lötzen, am 14. August

Rattay, Erika, geb. Lamers, aus Heiligenhaus, am 8. August

Schmidt, Ellen, geb. Borowski, aus Eibenau, Kreis Treuburg, am 10. August

Schröder, Margot, geb. Reinecker, aus Seckenburg, Kreis Elchniederung, am 12. August

Schug, Elisabeth, geb. Kulessa, aus Groß Warnau, Kreis Lötzen, am 8. August

Schultz-Kalau, Dorothea, aus Sentken, Kreis Lyck, am 8. August

Sdorra, Waldemar, aus Talussen, Kreis Lyck, am 14. August

Slotta, Ursula, geb. Greger, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 11. August

Stobbe, Helmut, aus Pregels-walde, Kreis Wehlau, am 8. August

Taubert, Horst-Werner, aus Lyck, am 11. August

Weyer, Edith, geb. Höltke, aus Schönwiese, Kreis Elchniederung, am 10. August

Wolinski, August, aus Milucken, Kreis Lyck, am 10. August

ZUM 75. GEBURTSTAG

Allzeit, Klaus, aus Goldbach, Kreis Wehlau, am 14. August

Biendarra, Manfred, aus Altkirchen, Kreis Ortelsburg, am 12. August

Darden, Barbara, geb. Krebs, aus Dräwen, Kreis Ebenrode, am 12. August

Diehl, Elisabeth, geb. Pruß, aus Rehbruch, Kreis Ortelsburg, am 10. August

Fröse, Gerhard, aus Erlen, Kreis Elchniederung, am 10. August

Glienke, Karl-Heinz, aus Kandien, Kreis Neidenburg, am 11. August

Hofmann, Eva, geb. Schlisio, aus Goldbach, Kreis Wehlau, am 13. August

Kunath, Annemarie, geb. Rogalski, aus Willenberg, Kreis Ortelsburg, am 14. August

Oestreich, Elke, geb. Denda, aus Mensguth, Kreis Ortelsburg, am 13. August

Peterson, Petra, aus Goldbach, Kreis Wehlau, am 9. August

Pfersich, Karin, geb. Wagner, aus Wehlau, am 11. August

Schlieszus, Brunhilde, geb. Rohde, aus Alt Passarge, Kreis Heiligenbeil, am 14. August

Schmutzler, Erika, geb. Timmler, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 9. August

Uebber, Rosemarie, geb. Danielzik, aus Königsberg, am 9. August

Walenda, Sigrid, geb. Niewiadomski, aus Kraukeln, Kreis Lötzen, am 9. August

Westphal, Peter, aus Rautersdorf, Kreis Elchniederung, am 11. August

Zwahr, Ruth, geb. Schirmacher, aus Warnien, Kreis Wehlau,

Goldene Hochzeit

Jastremski, Ulrich, aus Morgengrund, Kreis Lyck, und Ehefrau Karin, geb. Petersen, am 6. August

Diamantene Hochzeit

Goronczy, Gerhard, aus Sadunen, Kreis Johannisburg, und Ehefrau Irmgard, geb. Hilke, am 28. Juli

Lask, Karl, aus Kleschen, Kreis Treuburg, und Ehefrau Ruth, geb. Sbresny, aus Großrosen, Kreis Johannisburg, am 12. August


S. 16 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BUND JUNGES OSTPREUSSEN

Vorsitzender: Stefan Hein, Gst.: Buchtstr. 4, 22087 Hamburg, Tel.: (040) 4140080, E-Post: kontakt@junge-ostpreussen.de, www.junge-ostpreu­ssen.de.

Breslau – 26. September: In der niederschlesischen Stadt Breslau findet dieses Jahr das Kulturfestival der Deutschen Minderheit in der Jahrhunderthalle statt. Es wird nur alle drei Jahre veranstaltet und ist durchaus etwas Besonderes. Die Stadtfahrt dient dazu, sich gemeinsam einen Eindruck von der Veranstaltung zu verschaffen, und bietet Gelegenheit, die schöne Stadt zu erkunden, und das natürlich nicht nur am Tage. Die Teilnehmer treffen sich in Breslau am Abend des 24. Septembers und reisen am 27. September wieder ab. Der Altersschwerpunkt der Stadtfahrt liegt zwischen 16 und 35 Jahren. Die Einladung mit weiteren Einzelheiten findet sich auf www.junge-ostpreussen.de.

Düsseldorf – Freitag, 9. bis Sonntag 11. Oktober, Düsseldorf: Bundestreffen. Am 11. Oktober 2015 steht in diesem Rahmen eine Führung durch das Museum Stadt Königsberg in Duisburg auf dem Programm, das Ende 2015 seine Tore schließen wird. Anmeldeschluss ist der 31. Juli 2015! Späteren Anmeldungen kann kein Platz in der Jugendherberge ga-rantiert werden.

 

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Göppingen – Jeweils am ersten Mittwoch im Monat trifft sich um 14 Uhr im Lokal Glashaus, Weberstraße 15, 73084 Salach die Kreisfrauengruppe zu ihren Kulturnachmittagen. Ansprechpartner ist Vera Pallas, Telefon (07162) 5870.

Stuttgart – Sonnabend, 29. August, 14,30 Uhr, Großer Saal, Haus der Heimat: Die Westpreußen der Stuttgarter Gruppe treffen sich zum interessanten Kulturnachmittag unter Leitung von Herrn Schwalke. Alle Ostpreußen sind herzlich eingeladen.

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Landshut – Dienstag, 18. August, 14 Uhr, Hotel-Gasthof Zur Insel, Badstraße 16, 84028 Landshut: Gemeinsames Treffen im Garten der „Insel“.

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Gumbinnen – 11. August, Berlin: Treffen im Restaurant „Mazedonia“, Hans-Sachs-Straße 41 (am S-Bahnhof Lichterfelde). Weitere Informationen: Joseph Lirche, Telefon (030) 4032681.

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Haus der Heimat, Teilfeld 8, 20459 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

LANDESGERUPPE

Sonnabend, 29. August, 45. Berlinfahrt zum „Tag der Heimat“ unter dem Leitwort „Vertreibungen sind Unrecht – gestern wie heute“ (siehe auch Seite 18).

Wichtige Hinweise zum Programm:

1) Bitte, am Sonnabend, um 7.30 Uhr am ZOB sein, damit wir um 7.45 Uhr abfahren können. Wir bitten dringend, die 35 Euro Reisekosten zu überweisen, beziehungsweise bar in der Geschäftsstelle im Haus der Heimat einzuzahlen.

2) Auf der Hin- und Rückfahrt werden lmbisse gereicht. Im Bus erhalten Sie die Einlasskarte. Sie wird in Berlin in eine Eintritts- und Platzkarte getauscht. Dort gibt es auch ein Festprogramm und weitere Unterlagen über Aktuelles.

3) Eine Ansprache erfolgt um

12 Uhr durch Bernd Fabritius als Präsident des Bundes der Vertriebenen. Die Festrede hält der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil. Das Programm wird musikalisch von den Potsdamer Turmbläsern umrahmt.

4) Nach dem Festakt erfolgt um 15 Uhr eine Kranzniederlegung am Zentralen Mahnmal. Für die „Hamburger“ beginnt eine historische Berlin-Stadtrundfahrt.

5) Den Mittagsimbiss nehmen wir am Prager Platz 1–3, 10779 Berlin im „Ristorante San Marino“ ein. Die Reisenden erhalten einen „Bonus“. Danach geht es zum „Reiterdenkmal Friedrich des Großen“, Unter den Linden. Dort verabschieden wir uns nach einem traditionellen Sektumtrunk mit deutschem Volksliedgut von der Hauptstadt Berlin mit einem „Dankeschöngeschenk“ zum Abschied!

6) Um rechtzeitig wieder in Hamburg einzutreffen, planen wir etwa gegen 19 Uhr aus Berlin abzufahren und wollen um 22.30 Uhr in Hamburg sein.

Anmeldung unter: Telefon/Fax (040) 34 63 59, Geschäftsstelle (10–14 Uhr), oder Telefon/Fax: (040) 41924456, Haus der Heimat, Teilfeld 8, 20459 Hamburg.

KREISGRUPPEN

Insterburg, Sensburg – Die Heimatkreisgruppe trifft sich jeden ersten Mittwoch im Monat (außer im Januar und im Juli) zum Singen und zu einem kulturellem Programm um

12 Uhr, im Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123–125, 22459 Hamburg. Kontakt: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69b, 22459 Hamburg. Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

 

HESSEN

Vorsitzender: Eberhard Traum, Wächtersbacherstraße 33, 63636 Brachtal, Telefon (06053) 708612.

Darmstadt/Dieburg – Die Sommerpause geht langsam dem Ende zu, und die nächste Zusammenkunft im Luise-Büchner-Haus in Darmstadt-Kranichstein findet am Sonnabend, 15. August um 15 Uhr, wie immer mit Kaffee und Kuchen statt. Wie bereits angekündigt, steht an diesem Nachmittag ein Lichtbildervortrag von Karla Wyland unter dem Titel „Auf unserer Wiese gehet was“ auf dem Programm.

 

MECKLENBURG-VORPOMMERN

Vorsitzender: Manfred F. Schukat, Hirtenstraße 7 a, 17389 Anklam, Telefon (03971) 245688.

Parchim – An jedem dritten Donnerstag, 14.30 Uhr, Café Würfel, Scharnhorststraße 2: Treffen der Kreisgruppe. Gemütlicher Nachmittag, um über Erinnerungen zu sprechen, zu singen und zu lachen. Weitere Informationen: Charlotte Meyer, Kleine Kemenadenstraße 4, 19370 Parchim, Telefon (03871) 213545.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Buxtehude – Donnerstag, 27. –bis Sonntag, 28. August: Berlinfahrt.

Helmstedt – Jeder zweite Donnerstag im Monat, 15 Uhr, Begegnungsstätte, Schützenwall 4: Gemeinsames Treffen. Die nächsten Termine finden am 13. August und am 10. September statt.

Osnabrück – Freitag, 21. August, 15 Uhr, Gaststätte Bürgerbräu, Blumenhaller Weg 43: Gemeinsames Treffen der Frauengruppe. – Dienstag, 25. August, 16.30 Uhr, Hotel Ibis, Blumenhaller Weg 152: Kegeln.

Rinteln – Donnerstag, 13. August, 15 Uhr, Hotel Stadt Kassel, Klosterstraße 42, 31737 Rinteln: Erwin Kornitzki aus Bückeburg berichtet über „Meine Heimat Ostpreußen und Eindrücke von meinen Reisen dorthin“. Angehörige und Freunde sowie interessierte Gäste sind ebenfalls herzlich willkommen. Auskünfte und Informationen zur landsmannschaftlichen Arbeit in Rinteln gibt es beim Vorsitzenden Joachim Rebuschat unter Telefon (05751) 5386 oder per E-Mail: rebuschat@web.de

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Bielefeld – Donnerstag, 13. August, 15 Uhr, Kreisvereinigung, Wilhelmstraße 1B, 33602 Bielefeld: Ostpreußisch Platt.

Düsseldorf – Jeden Mittwoch, 18.30 Uhr, Eichendorff-Saal, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus (GHH), Bismarckstraße 90: Chorprobe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft „Ostpreußen-Westpreußen-Sudetenland“ unter Leitung von Radostina Hristova. – Freitag, 14. August, 17 Uhr, Terrasse, GHH: Grillfest. – Sonnabend, 15. August, 18 Uhr: Feierstunde anlässlich der Ausstelllung der Pommerschen Landsmannschaft „Vertrieben und Vergessen – Pommern in der deutschen und europäischen Geschichte“. Die Ausstellung läuft bis zum 10. September. – Montag, 17. August, 19 Uhr, Konferenzraum, GHH: „Zum 100. Geburtstag von Herbert Hupka“ – Vortrag von Dr. Guido Hitze. – Dienstag, 18. August, 19 Uhr, Eichendorff-Saal, GHH: Bernd Fabritius, Vorsitzender des Bundes der Vertriebenen ist zu Gast.

Ennepetal – Donnerstag, 20. August, 16 Uhr, Heimatstube, Kirchstraße 52: Monatsversammlung.

 

RHEINLAND-PFALZ

Vors.: Dr. Wolfgang Thüne, Wormser Straße 22, 55276 Oppenheim.

Mainz/Stadt – Mittwoch, 19. August, 14.15 Uhr, Fischtor, Anlegestelle der Primus-Linie: Nachmittagsfahrt mit den Schiff in den Rheingau (Rückkehr zum Fischtor gegen 17.05 Uhr),

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle, Telefon privat (0345) 2080680.

Dessau – Montag, 10. August,14 Uhr, Seniorenfreizeitstätte Krötenhof, Wasserstadt 50: Berichte aus der Heimat.

Magdeburg – Dienstag, 11. August, 13 Uhr, Immermannstraße: Treffen der Stickerchen. – Donnerstag, 13. August, 14 Uhr, Sportgaststätte Post, Spielhagenstraßestraße: Tag der Heimat.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner. Geschäftsstelle: Telefon (0431) 554758, Wilhelminenstr. 47/49, 24103 Kiel.

Bad Schwartau – Die Landsmannschaft Ostpreußen startet ihr zweites Halbjahr 2015 am 13. August mit einer Tagesfahrt in das „Alte Land“ und lädt herzlich alle Freunde und Mitglieder dazu ein. „Ein Tag auf dem Lande – so wie es früher war“ beginnt auf dem Obsthof Mathies im Jorker Ortsteil Borstel mit einer Rundfahrt mit dem Hof-Express. Während der Fahrt durch die Obstanlagen erfahren die Gäste alles Wissenswerte über das alte Land – Nordeuropas größtem geschlossenen Obstanbaugebiet. Natürlich gehört vor der Weiterfahrt nach Kutenholz auch ein Besuch im Hofladen dazu, wo man knackiges Obst, selbstgekochte Konfitüren und Gelees, Brot, typische Altländer Wurstwaren und vieles mehr einkaufen kann.

In der Festhalle Kutenholz erwartet Sie dann ein rustikales Buffet mit Leckereien, die schon unseren Großeltern geschmeckt haben. Nach ausgiebigem Schlemmen an „Omas Buffet“ folgt zur Entspannung ein Besuch in der über 200 Jahre alten St. Petri-Kirche in Mulsum mit einer kleinen Andacht und Orgelmusik. Danach wartet in der Festhalle Kutenholz eine Kaffeetafel mit Butterkuchen, Topfkuchen sowie Kaffee und Tee.

Abfahrt ist am 13. August vom ZOB Bad Schwartau um 8 Uhr – Rückfahrt ab Kutenholz gegen 16.30 Uhr. Die Fahrt kostet 45 Euro. Weitere Informationen: Gisela Rowedder, Telefon (04504) 3435 oder Regina Gronau (0451) 26706 nehmen Ihre Anmeldungen gern entgegen.


Doro Radke ist tot

Danke! Gute Reise und komm gut an.“ schrieben ihre nächsten Angehörigen auf die Todesnachricht für ihre Mutter, Schwiegermutter und Oma Doro Radke am 23. Mai 2015.

Schon das lange Leben der Verstorbenen von 85 Jahren war für sie eine sehr, sehr lange Reise. Voller Unruhen, Aktivitäten, weitreichender Ziele und einem nimmer endenden Fleiß und Einsatz in und für ihr reichlich ausgefülltes Lebensumfeld.

Die geborene Berlinerin erlebte in ihrer Heimatstadt nach dem Zusammenbruch des Hitler-Regimes deren Verwüstung und den Einmarsch der Roten Armee. Nach dem Abitur und dem Besuch der „Städtischen Höheren Wirtschaftsschule“ in Berlin begann sie dort ihre berufliche Laufbahn zunächst bei der Deutschen Bank AG in der Presse-Abteilung.

Danach wechselte sie nach München über und absolvierte hier bei der LMU München das Studium der Zeitungswissenschaften und Literaturgeschichte. 1957 promovierte sie hier mit dem Thema „Der publizistische Kampf um die höhere Frauenbildung“ zum akademischen Grad des Dr. phil..

Nach der Heirat 1959 mit dem gebürtigen Ostpreußen und hochrangigen Bundeswehroffiziers im Generalstab, Dr. Heinz Radke, wirkte Doro Radke an dessen Seite mit unermüdlicher Hingabe für die Belange der aus ihren früheren Heimatgebieten vertriebenen Ost- und Westpreußen. Doro Radke war schließlich 1971 Mitbegründerin der „Ost- und Westpreußenstiftung in Bayern e.V.“. Die enge Verbindung zu den Ost- und Westpreußen hielt Doro Radke bis in ihr hohes Alter. Ebenso ließ sie nicht nach in ihrem Streben, deren Kulturerbe für folgende Generationen zu erhalten und zu vermitteln.

Unter ihren unzähligen ehrenamtlichen Positionen seien hier nur herausgestellt, ihr zehnjähriges Engagement als Pressereferentin des BdV Bayern, als Zeitungsberichterstatterin für das Ostpreußenblatt und „Der Westpreuße“, als Landesschriftführerin im Vorstand der Landesgruppe Bayern der Ost- und Westpreußen, als Autorin von Büchern, wissenschaftlichen Publikationen, in Zeitschriften, Schriftenreihen und Anthologien sowie als Redakteurin beim Bayerischen Rundfunk (seit 1978 mit mehr als 50 Sendungen) und als Redakteurin und Mitgestalterin der „Acta Borussica“. Doro Radke wirkte darüber hinaus maßgeblich mit bei der Gestaltung mobiler Ausstellungen über die verlorenen Heimatgebiete.

Für ihre langjährig aufopferungsvollen ehrenamtlichen Leistungen erhielt Doro Radke zahlreiche hohe Ehrungen. Seit den 1980er Jahren war sie Trägerin des Bundesverdienstkreuzes. Der Bund der Vertriebenen BdV ehrte sie 1980 mit dem „Ersten Preis des Medienpreises der Heimatvertriebenen“ für ihre ausgezeichneten Rundfunk- und Fernsehbeiträge im Bayerischen Rundfunk.

Als weitere hohe Auszeichnungen folgten das „Goldene Ehrenzeichen der Landsmannschaft Ostpreußen“, die „Goldene Ehrennadel der Ost- und Westpreußenstiftung in Bayern e.V.“ und im Jahre 2007 die „Bayerische Staatsmedaille für soziale Dienste“.

Dr. Doro Radke wird den Ost- und Westpreußen in dankbarer Erinnerung bleiben.


S. 17-18 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

HEILIGENBEIL

Kreisvertreterin: Elke Ruhnke, Im Bökel 76, 42369 Wuppertal, Tel.: (0202) 46 16 13. E-Mail: ruhnke@kreis-gemeinschaft-heiligenbeil.de. Stellvertreter: Christian Perbandt, Im Stegfeld 1, 31275 Lehrte, Tel.: (05132) 57052. E-Mail: perbandt@kreisge­meinschaft-heiligenbeil.de. 2. stellvertretender Kreisvertreter: Bernd Schmidt, Heideweg 24, 25578 Dägeling, Telefon (04821) 8 42 24. E-Mail: Schmidt.ploessen@gmx.de. 2. Schriftleiterin: Brunhilde Schulz, Zum Rothenstein 22, 58540 Meinerzhagen, Tel.: (02354) 4408, E-Mail: brschulz@dokom.net. Internet: www. kreisgemeinschaft-heiligenbeil.de

Auch in diesem Jahr heißt es wieder, die Koffer zu packen. Unser Kreistreffen in Burgdorf steht vor der Tür! Kommen auch Sie am 5. und 6. September in das Veranstaltungszentrum StadtHaus Burgdorf (ehemals Veranstaltungszentrum) in Burgdorf bei Hannover. Wir freuen uns auf Sie.

Programm:

Sonnabend, 5. September

9 Uhr: Öffnung des Veranstaltungszentrums StadtHaus Burgdorf, Sorgenser Straße 31.

11 Uhr: Gedenkminute und Niederlegung von Blumen am Gedenkstein im Park. Ab 10.45 Uhr fährt ein Bus vom Veranstaltungszentrum hin und zurück.

12 Uhr: Öffentliche Mitgliederversammlung der Kreisgemeinschaft Heiligenbeil im Saal „JohnnyB.“ (ehemals „Haus der Jugend“).

14 Uhr: Öffnung der Heimatstube und des Archivs in der Wilhelmstraße 3A. Buspendelverkehr vom Veranstaltungszentrum zur Heimatstube von 13.45 bis 15.30 Uhr. 16 Uhr: Vortragsveranstaltung.

18.30 Uhr: Gemütliches Beisammensein.

Am Sonnabend wird wiederum im Foyer des Veranstaltungszen-trums ein Infostand des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge präsent sein.

Sonntag, 6. September:

9 Uhr: Öffnung des Veranstaltungszentrums StadtHaus Burgdorf, Sorgenser Straße 31.

Zirca 10 Uhr: Platzkonzert der Schützenkapelle „Gehrden“.

11 Uhr: Feierstunde im Saal „JohnnyB.“ (ehemals „Haus der Jugend“). Begrüßung durch Kreisvertreterin Elke Ruhnke.

Ostpreußenlied.

Totenehrung (Christian Perbandt, stellvertretender Kreisvertreter).

Choral von Leuthen (Nun danket alle Gott …).

Ilse Thomann: „Verloren – aber was?“

Grußworte.

Festansprache: Wilhelm von Gottberg, ehemaliger Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Thema: „Ostpreußen – Heiligenbeil, gestern, heute und in Zukunft“.

Instrumentalstück.

Schlusswort Elke Ruhnke, Kreisvertreterin.

Deutschlandlied 3. Strophe.

13.30 Uhr: Öffnung der Heimat-stube bis 15 Uhr. Es ist ein Pendelverkehr hin und zurück eingerichtet. 16 Uhr: Offizielles Ende des Hauptkreistreffens.

Änderungen vorbehalten.

Sondertreffen Kirchspiel Bladiau:

Freitag, 4. September, ab 15 Uhr bis Zirca 17 Uhr im Hotel „Försterberg“ in Burgdorf in der Immenser Straße 10.

Leitung: Wolfgang Milewski.

Sondertreffen Stadtgemeinschaft Zinten:

Sonnabend, 5. September 2015, um 15.30 Uhr im Veranstaltungszentrum StadtHaus Burgdorf, Sorgenser Straße 31.

Leitung: Viola Reyentanz, geborene Schlenger.

Sondertreffen Kirchspiele Brandenburg und Pörschken

Das Sondertreffen der Kirchspiele Brandenburg und Pörschken findet in diesem Jahr während des Kreistreffens am 5. und 6. September im Veranstaltungszentrum in Burgdorf statt.

 

LÖTZEN

Kreisvertreter: Dieter Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg. Geschäftsstelle: Ute Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg, Telefon (040) 6083003, Fax: (040) 60890478, E-Mail: KGL.Archiv@gmx.de

Sonnabend, 15. August, Heimatmuseum, Sudetenlandstraße 18 H (Böcklersiedlung), Neumünster: „Deutsch(e) in Polen – über deutsche Sprache und Deutschunterricht in Polen“ – Ein Vortrag von Ewa Galka, aus Ostroleka, Polen. Weitere Informationen: Kreisgemeinschaft Lötzen, Ute Eichler, Telefon: (040) 6083003, Fax (040) 608 90 478, E-Mail: KGL.Archiv@gmx.de.

22./23. August, Bochum: Rheiner Ortstreffen im Kolping-Haus, Maximilian-Kolbe-Straße. 14/18. Organisation: Heinz Rothkamm, Telefon und Fax (02204) 5869835.

 

LYCK

Kreisvertreterin: Bärbel Wiesensee, Diesberg 6a, 41372 Niederkrüchten, Telefon (02163) 898313. Stellvertr. Kreisvertreter: Dieter Czudnochowski, Lärchenweg 23, 37079 Göttingen, Telefon (0551) 61665. Karteiwart: Siegmar Czerwinski, Telefon (02225) 5180, Quittenstraße 2, 53340 Meckenheim.

Die Stadt Hagen und die Kreisgemeinschaft Lyck laden zu den Veranstaltungen des Kreistreffens vom 29. bis 30. August herzlich ein. Wir feiern die 60-jährige Patenschaft zwischen Lyck und der Stadt Hagen. Das Programm am Sonnabend, 29. August:

13 Uhr: Tagung der Orts- und Bezirksvertreter im Ratssaal des Rathauses.

14.30 Uhr: Öffentliche Kreistagssitzung im Ratssaal des Rathauses.

15 Uhr: Öffnung des Sinfoniums in der Stadthalle.

17 Uhr: Kranzniederlegung an den Gedenksteinen im Stadtgarten Hagen.

18 Uhr: Möglichkeit zur Besichtigung des Archivs, Elbersufer 20.

19 Uhr: Heimatabend im Sinfonium der Stadthalle.

Das Programm am Sonntag, 30. August:

9.30 Uhr: Öffnung des Sinfoniums in der Stadthalle.

11 Uhr: Feierstunde im Sinfonium der Stadthalle.

13 Uhr: Arbeitstagung des Arbeitskreises ,,Mittlere Generation“ im Clubraum der Stadthalle.

14 Uhr: Begrüßung und geselliges Beisammensein im Sinfonium der Stadthalle. Musikalische Umrahmung: BernStein.

18 Uhr: Ausklang.

Die Kreistagssitzung am 29. August im Ratssaal des Rathauses, beginnt um 14.30 Uhr. Die Tagesordnung: 1. Eröffnung, Begrüßung, Feststellung der Beschlussfähigkeit und Wahl eines Protokollführers durch die Kreisvertreterin; 2. Totengedenken; 3. Ehrung; 4. Genehmigung der Niederschrift vom 30. August 2014; 5. Berichte: a) aus dem Kreisausschuss, b) der Kreisvertreterin, c) des Karteiwartes, d) der Senioren-und Glückwunschkartei, e) der Archivbetreuerin, f) der Redaktion Hagen-Lycker-Brief und der Internetseite, g) des Bücherversandes, h) des Arbeitskreises Mittlere Generation, i) der Gräberfürsorge; 6. Beratung der Satzungsänderung; 7. Zusammenarbeitsvertrag mit dem Historischen Museum in Lyck, Bericht Oktober 2014; 8. Haushaltsplan 2015; 9. Diesjähriges Heimattreffen; 10. Kreistreffen 2016.

Eine Aufnahme weiterer Themen in die Tagesordnung ist nach Paragraf 16 der Satzung, bis spätestens eine Woche vor dem Tag der Kreistagssitzung bei der Kreisvertreterin zu beantragen.

 

MOHRUNGEN

Kreisvertreterin (kommissarisch): Ingrid Tkacz, Knicktwiete 2, 25436 Tornesch, Telefon/Fax (04122) 55079. Frank Panke, Schatzmeister, Eschenweg 2, 92334 Berching, Telefon (08462) 2452. Geschäftsstelle Horst Sommerfeld, Lübecker Straße 4, 50858 Köln, Telefon (02234) 498365.

Unser Mohrunger Heimatkreistreffen findet am 19. und 20. September in Bad Nenndorf im Grandhotel Esplanade L’Orangerie, Bahnhofstraße 8, statt. Wir laden Sie herzlich dazu ein und würden uns sehr freuen, viele Landsleute, deren Nachkommen und Heimatfreunde in Bad Nenndorf begrüßen zu dürfen.

Das Programm am Sonnabend, 19. September: Wir beginnen um 12.30 Uhr mit der Kreisausschuss-Sitzung. Um 14.30 Uhr folgt die Kreistags-Sitzung. Die genannten Sitzungen finden im Sitzungsraum des Grandhotels Esplanade in Bad Nenndorf, statt. Die Kreisausschuss- und Kreistags-Mitglieder haben eine schriftliche Einladung erhalten. Ab 19. Uhr führt Joachim Berg einen Film vom Jubiläums-Heimatkreistreffen 2014 in Gießen vor. Danach steht gemütliches Beisammensein mit Musik auf dem Programm.

Wenn Sie eine Übernachtung in Kauf nehmen wollen, sind Sie natürlich herzlich eingeladen. Zimmerbuchungen können Sie im Grandhotel Esplanade unter der Telefon (05723) 798110 oder per E-Mail: kontakt@hotel-esplanade.de vornehmen. Ebenso ist Ihnen die Tourist-Information unter Telefon (05723) 748560 oder per E-Mail: tourist-info@badnenndorf.de behilflich.

Das Programm am Sonntag, 20. September:

Ab 9 Uhr Einlass in die Veranstaltungsräume des Grandhotel Esplanade L’Orangerie. 9.30 Uhr: Besuch des Agnes-Miegel-Denkmals mit Blumenniederlegung.

10.30 Uhr: Feierstunde mit gemeinsamer Gesang: „Land der dunklen Wälder“; Begrüßung durch den neugewählten Vorstand; Grußworte der Ehrengäste; Totenehrung durch Elisabeth Krahn, gemeinsam singen wir: „Großer Gott wir loben dich“; Festrede „70 Jahre nach Flucht und Vertreibung“. Referent ist Horst Sommerfeld, Ehrungen, Schlussworte, danach gemeinsamer Gesang des Deutschlandliedes, 3. Strophe.

Um 14 Uhr Mitgliederversammlung. Ab 15 Uhr gemütliches Ausklingen bei Kaffee, Kuchen und guten Gesprächen.

Schon jetzt bedankt sich der geschäftsführende Vorstand ganz herzlich für Ihr Kommen zu unserem diesjährigen Heimatkreistreffen.

Am 18. Juni sind wir als kleine Gruppe, gemeinsam von Berlin aus mit dem Zug Richtung Heimat gestartet. Gegen 18 Uhr sind wir gut in Mohrungen angekommen. Im Hotel Elektor hatten wir eine gute Unterkunft. Unser Ziel war: An dem diesjährigen Sommerfest der Deutschen Bevölkerung „Herder“ in Simnau [Szymonowo] am 19. Juni teilzunehmen. Gleichzeitig haben wir an die anwesenden Deutschstämmigen Bruderhilfegelder (BHG) für 2015 ausbezahlt. Bei den Empfängern war die Freude groß und das Geld wurde dankend angenommen.

Dann haben wir am 20. Juni am Sommerfest des Dachverbandes Ostpreußen in Sensburg [Mragowo] teilgenommen. Es war sehr beeindruckend zu erleben, wie gut alles organisiert war. Trotz des wechselhaften Wetters sorgte das vielseitige Programm vor eindrucksvoller Kulisse am Schloßsee für gute Stimmung. Wir trafen einige Bekannte, Freunde, haben aber auch neue Landsleute kennengelernt mit denen wir uns in guten Gesprächen austauschten.

In den nächsten Tagen wurden in den Mohrunger Stuben von Marlene Wölk und Ingrid Tkacz weitere Bruderhilfegelder ausbezahlt. Wir haben uns auch die Zeit genommen mit den Deutschstämmigen über ihre Sorgen und Lebensart zu sprechen. Darüber waren sie sehr dankbar. Dann sind wir nach Schwalgendorf, Weinsdorf, Saalfeld und Umgebung gefahren um an BHG-Emfänger das Geld zu überbringen, da sie krank beziehungsweise keine Möglichkeit hatten, in die Mohrunger Stuben zu kommen. In den genannten Orten sind wir herzlich und dankbar begrüßt worden.

Wir trafen uns auch mit dem Bürgermeister T. Sobierajski in Mohrungen. Einige Themen wurden besprochen, wie das Ausleihen des Stadtmodells aus den Mohrunger Stuben, Beschilderung der Deutschen Friedhöfe und Deutsch-Polnische Jugendbegegnungen. Es waren sehr gute und informative Gespräche.

Das Lapidarium/Gedenkstätte in Liebstadt [Milakowo] haben wir auch besucht. Die Kreisgemeinschaft lässt dieses pflegen. Es sieht ordentlich aus. In Horn [Zabi Rog] haben wir uns den deutschen Friedhof mit dem Schild in deutscher und polnischer Sprache angesehen. Dieser Friedhof wird von den Schülern aus dem Ort gepflegt. Es ist sehr beeindruckend und lobenswert!

Die Reise vom 18. bis 25. Juni war sehr erfolgreich, wenn auch etwas anstrengend. Wir reisten mit neuen und guten Eindrücken, wieder zurück. Allen Landsleuten und Heimatfreunden wünschen wir eine gesunde und schöne Sommerzeit bis zum Wiedersehen im September in Bad Nenndorf!

 

OSTERODE

Kreisvertreter: Prof. Dr. Edgar Steiner, Friedrich-Hegel-Straße 18, 15230 Frankfurt (Oder), Tel. (0335) 539096, E-Mail: Prof.steiner@arcor.de. Geschäftsstelle: Postfach 1549, 37505 Osterode am Harz, Telefon (05522) 919870. KGOeV@t-online.de; Sprechstunde: Di. 9–12, Do. 14–17 Uhr.

Am 20. September findet anlässlich des Hauptkreistreffens in Osterode am Harz (nach der Feierstunde) um 13 Uhr in der Stadthalle, Foyer 2, unsere diesjährige Mitgliederversammlung statt. Die Tagesordnung lautet wie folgt:

1) Eröffnung;

2) Genehmigung der Niederschrift über die Mitgliederversammlung am 13. September 2014 in Osterode am Harz;

3) Entgegennahme des Jahresberichtes des Kreisvertreters;

4) Entgegennahme der Jahresrechnung 2014;

5) Bericht der Rechnungsprüfer;

6) Genehmigung des Jahresberichts des Kreisvertreters und der Jahresrechnung;

7) Erteilung der Entlastung des Vorstandes;

8) Verschiedenes;

Ich bitte um zahlreiches und rechtzeitiges Erscheinen.

 

PREUSSISCH EYLAU

Kreisvertreterin: Evelyn v. Borries, Tucherweg 80, 40724 Hilden, Telefon (02103) 64759, Fax: (02103) 23068, E-Mail: evborries@gmx.net. Kartei, Buchversand und Preußisch Eylauer-Heimatmuseum im Kreishaus Verden/Aller Lindhooper Straße 67, 27283 Verden/Aller, Telefon (04231) 15589, Bürozeiten: dienstags von 13 bis 15 Uhr, E-Mail: preussisch-eylau@landkreis-verden.de, Internet: www.preussisch-eylau.de.

Die Amtsperiode der Bezirksvertrauensleute und Beisitzer ohne Bezirk läuft mit Ablauf der nächsten Delegiertenversammlung am 19. September ab, so dass eine neue Wahl durchzuführen war. Der geschäftsführende Vorstand der Kreisgemeinschaft Preussisch Eylau hatte deshalb gemäß Paragraf 8 unserer Satzung einen Wahlausschuss einberufen. Zur Wahlleiterin wurde Regina Tryta und als Beisitzerinnen wurden Gisela König und Heike Geiß benannt. Mit der Wahlbekanntmachung Nummer 1 (veröffentlicht im Ostpreußenblatt Nummer 50 vom 13. Dezember 2014 sowie im Preußisch Eylauer Kreisblatt Nummer 98 vom 6. Dezember 2014) wurde zur Einreichung von Wahlvorschlägen aufgerufen. Abgabefrist war der 31. Januar 2015. Es sind insgesamt 31 Wahlvorschläge für 26 Bezirke abgegeben worden, wobei für die Städte Pr. Eylau (von möglichen drei Kandidaten) und Landsberg (von möglichen zwei Kandidaten) jeweils zwei Vertrauensleute und für die Amtsbezirke Buchholz und Nerfken ebenfalls jeweils zwei Vertrauensleute (von jeweils einem möglichen Kandidaten) vorgeschlagen wurden. Ferner sind zwei Beisitzer ohne Bezirk vorgeschlagen worden (anstelle von vier möglichen Kandidaten).

Alle Wahlvorschläge wurden vom Wahlausschuss hinsichtlich der formellen Anforderungen gemäß unserer Satzung geprüft. Bis auf einen Vorschlag (Kreuzburg) sind alle Wahlvorschläge fristgerecht eingegangen. Weitere Beanstandungen haben sich nicht ergeben. Für die vier Amtsbezirke Eichen, Peisten/Groß Peisten, Tharau und Worienen sind keine Kandidaten vorgeschlagen worden. Der Wahlvorschlag für die Stadt Kreuzburg konnte wegen Fristablaufs nicht berücksichtigt werden.

Folgende Wahlvorschläge sind eingegangen: Stadt Pr. Eylau: Martin Lehmann, Dr. Ulrich Kunkel; Stadt Landsberg: Ursel Andres, Nana Jacob; Amtsbezirk Abschwangen und Blankenau: Gisela Scholz; Amtsbezirk Albrechtsdorf und Borken: Fryderyk Tegler; Amtsbezirk Althof und Naunienen: Dirk Bentien; Amtsbezirk Alt Steegen: Gerd Birth; Amtsbezirk Arnsberg: Carola Schäfer; Amtsbezirk Beisleiden und Loschen: Hans Jürgen Dempki; Amtsbezirk Eichhorn: Manfred Sand; Amtsbezirk Gartenstadt Stablack und Groß Dexen: Manfred Klein; Amtsbezirk Glandau: Gerdi Westerkowsky; Amtsbezirk Moritten und Sollnicken: Heinz Rotzoll; Amtsbezirk Mühlhausen und Schrombehnen: Hans Godau; Amtsbezirk Perscheln: Heike Bentien; Amtsbezirk Reddenau und Tolks: Dietmar Anger; Amtsbezirk Rositten: Manfred Klein; Amtsbezirk Seeben und Kilgis: Rüdiger Herzberg; Amtsbezirk Topprienen: Gisela König; Amtsbezirk Uderwangen: Erika Zschiesche; Amtsbezirk Wackern: Manfred Klein; Amtsbezirk Wildenhoff: Evelyn v. Borries; Amtsbezirk Wittenberg: Horst Plebuch; Amtsbezirk Wogau: Dagmar Trowitz. Beisitzer ohne Bezirk: Ulrich Birth, Fryderyk Tegler. Da für diese Bezirke nicht mehr Kandidaten als erforderlich eingegangen sind, gelten die vorgenannten Kandidaten/Kandidatinnen gemäß Paragraf 8 unserer Satzung als gewählt.

Über die Wahlvorschläge zu den Amtsbezirken Buchholz (Hartmut Pohl und Hartwig Meyer) sowie Nefken (Fryderyk Tegler und Christine Bilke-Krause) ist gemäß Paragraf 8 unserer Satzung eine Stichwahl bei der Delegiertenversammlung am 19. September erforderlich. Dieses Wahlergebnis ist auch im Preußisch Eylauer Kreisblatt Nummer 99 vom 9. Mai 2015 bekannt gegeben worden.

Regina Tryta (Wahlleiterin),

Gisela König und Heike Geiß

Unser Kreistreffen findet in diesem Jahr turnusmäßig wieder am dritten September-Wochenende, am Sonnabend, dem 19., und Sonntag, dem 20., in Verden statt. Kommen Sie bitte zahlreich und bringen Sie Familie und Freunde mit! Sie bekunden damit die Heimattreue der Preußisch Eylauer gegenüber unseren Partnergemeinden Stadt- und Landkreis Verden. Es wird wieder viel Interessantes geboten, siehe das Programm im neuesten „Preußisch Eylauer Kreisblatt“ vom Mai.

Wer möchte bei der Archivierung helfen? Die Kreisgemeinschaft sucht dringend einen ehrenamtlichen Helfer für die Einarbeitung der Schriftstücke und anderer Archivalien, die in den letzten Jahren zum bisherigen Bestand des Kreisarchivs hinzugekommen sind. Das Archiv ist im Rahmen eines Computerprogramms in digitalisierter Form erstellt. Die Arbeit erfordert einen PC mit dem Betriebssystem von Windows (mindestens) 7.

Der ideale Arbeitsplatz befindet sich in unserem Dienstzimmer in der Landkreisverwaltung Verden, wo ein solches Gerät steht. Die Tätigkeit ist jedoch auch an jedem anderen Ort mit entsprechender Ausrüstung denkbar. Für die notwendige Anleitung wird gesorgt. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Die Tätigkeit ist – nach Einarbeitung – technisch einfach und bietet andererseits interessante Einblicke in die Geschichte und Landeskunde Ostpreußens. Interessenten-Meldungen beziehungsweise Rückfragen bitte an Gerd Birth, Telefon (02435) 616, E-Mail: g.birth@t-online.de.

Das Preußisch Eylauer Kreisblatt anfordern! Es soll noch Landsleute geben, die eine Beziehung zum Kreis Pr. Eylau haben, aber nicht auf der Versandliste unseres Kreisblatts stehen. Fordern Sie es an! Diese zweimal im Jahr erscheinende Heimatzeitschrift hat auf der Titelseite den Kopf des früheren amtlichen Blatts der Kreisverwaltung bewahrt und berichtet auf fast 100 reich bebilderten Seiten über Gegenwart und Vergangenheit der Region. Viele Autoren, vor allem aus den eigenen Reihen, kommen darin zu Wort. Bestellungen dienstags zwischen 13 und 15 Uhr, Telefon (4231) 15589.

 

TILSIT-RAGNIT

Kreisvertreter: Dieter Neukamm, Am Rosenbaum 48, 51570 Windeck, Telefon (02243) 2999, Fax (02243) 844199. Geschäftsstelle: Eva Lüders, Telefon/Fax (04342) 5335, Kührenerstraße 1 b, 24211 Preetz, E-Mail: Eva.lueders@arcor.de.

Die satzungsgemäße Mitgliederversammlung der Kreisgemeinschaft Tilsit-Ragnit mit der Wahl des neuen Kreistages findet am Freitag, 11. September, um 14 Uhr im Hotel Hannover (Buchenallee 1, 31542 Bad Nenndorf, Telefon 05723/7920) statt. Das Programm:

1) Eröffnung der Mitgliederversammlung und Begrüßung durch den Kreisvertreter.

2) Totenehrung und geistliches Wort.

3) Bericht des Kreisvertreters über die Tätigkeit in der abgelaufenen Wahlperiode.

4) Erläuterung des Wahlvorgangs.

5) Wahl des Versammlungsleiters, der Wahlhelfer und des Protokollführers

7) Wahl der Mitglieder des Kreistages für die Wahlperiode 2015 – 2019

8) Konstituierende Sitzung des neuen Kreistages

9) Gemütliches Beisammensein und Ausklang

Bei der Terminplanung sollte beachtet werden, dass am Sonnabend, 12. September, am Tag nach unserer Mitgliederversammlung, das Regionaltreffen der Kreisgemeinschaften Tilsit-Ragnit und Elchniederung sowie der Stadtgemeinschaft Tilsit stattfindet, ebenfalls in Bad Nenndorf, im Hotel Esplanade, Bahnhofstraße 8a. Es beginnt um 10 Uhr, ab 9 Uhr ist Einlass. Es erwartet Sie ein interessantes Programm: Unter anderem ein Vortrag über das „Naturschutzgebiet Elchwald“ von Jürgen Leiste, eine Festansprache des früheren Sprechers der Landsmannschaft Ostpreußen, Wilhelm von Gottberg und ein Konzert des „Schaumburger Shanty-Chors“. Das Treffen endet gegen 17 Uhr.

Liebe Tilsit-Ragniter! Kommen Sie zu beiden Veranstaltungen nach Bad Nenndorf! In jedem Jahr wird es schwerer, lange Reisen zu machen. Umso mehr sollten aktuell die Treffen genutzt werden, um bei Gesprächen und Begegnungen in geselliger Runde die Erinnerung an Ostpreußen wachzuhalten. In Bad Nenndorf gibt es zahlreiche Hotels. Das Kur- und Tourismusbüro ist unter Telefon (05723)748560 zu erreichen.

 

RASTENBURG

Kreisvertreter: Hubertus Hilgendorff, Tel. (04381) 4366, Dorfstr. 22, 24327 Flehm. Gst.: Patenschaft Rastenburg: Kaiserring 4, 46483 Wesel, Tel. (0281) 26950.

22./23. August, Wesel: Hauptkreistreffen in der Niederrheinhalle, an der Trend 1.

 

SCHLOSSBERG (PILLKALLEN)

Kreisvertreter: Michael Gründling, Große Brauhausstraße 1, 06108 Halle/Saale. Geschäftsstelle: Renate Wiese, Tel. (04171) 2400, Fax (04171) 24 24, Rote-Kreuz-Straße 6, 21423 Winsen (Luhe).

21. bis 23. August, Meiningen: Treffen der Schirwindter im Gasthof „Zum Schlundhaus“.

 

TILSIT–STADT

Stadtvertreter: Hans Dzieran, Stadtgemeinschaft Tilsit, Postfach 241, 09002 Chemnitz. Geschäftsführer: Manfred Urbschat, E-Mail: info@tilsit-stadt.de.

Austragungsort des diesjährigen Heimattreffens ist das Hotel „Esplanade“ in 31542 Bad Nenndorf, Bahnhofstraße 8, Es findet am Sonnabend, dem 12. September, statt. Alle Tilsiter, die schon am Vorabend des Treffens angereist sind, treffen sich am Freitag, dem 11. September ab 19 Uhr im Park-Hotel Deutsches Haus, 31542 Bad Nenndorf, Bahnhofstrasse 22 zur gemütlichen „Tilsiter Runde“.

Am Sonnabend findet dann das Heimattreffen im Grand-Hotel Esplanade, Bahnhofstraße 8 gemeinsam mit unseren Nachbarn aus der Elchniederung und Tilsit-Ragnit statt. Ab 9 Uhr ist Einlass. Ab 10 Uhr erwartet uns ein reichhaltiges Programm. Nach der Eröffnung, dem geistlichen Wort, der Totenehrung und der Begrüßung durch die Kreisvertreter gibt es einen interessanten Vortrag: „Naturschutzgebiet Elchwald – gestern und heute“ von Jürgen Leiste.

Von 11.30 bis 13 Uhr kann ein Mittagessen eingenommen werden. Danach hält der frühere Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Wilhelm von Gottberg, die Festrede. Um 14 Uhr veranstaltet der „Schaumburger Shanty-Chor“ ein heiteres Konzert, welches anschließend in ein geselliges Beisammensein mit viel Zeit zum Plachandern übergeht. Gegen 17 Uhr wird die Veranstaltung zu Ende sein.

Liebe Tilsiterinnen und Tilsiter! Kommt nach Bad Nenndorf, solange Ihr noch gesundheitlich dazu in der Lage seid. Wir wissen, dass es mit jedem Jahr schwerer wird, lange Reisen zu machen, doch umso mehr gilt es, sich aufzuraffen, ehe es zu spät ist. Lasst uns zusammenkommen, um in geselliger Runde, bei Gesprächen und Begegnungen die Erinnerung an die Heimat wachzuhalten. In einer Zeit, wo man die Erinnerung an Ostpreußen zu tilgen versucht, dürfen wir das Land der dunklen Wälder nicht in Vergessenheit geraten lassen.

 

TREUBURG

Kreisvertreterin: Ingrid Meyer-Huwe, Heinrich-Heine-Straße 51, 30173 Hannover, Telefon/Fax (0511) 884928, E-Mail: eusebius@kabelmail.de. Stellvertreterin: Eva Knierim, Kaiserstraße 38, 58300 Wetter, Telefon (02335) 846853, e-knierim@t-online.de. Geschäftsführerin: Irmgard Klink, Schlehdornweg 30, 47647 Kerken, Telefon (02833) 3984 (Fax: 3970), iklink@gmx.de. www.treuburg.de. Ansprechpartnerin in Ostpreußen: Hannelore Muraczewska, Wisniowa 1, PL 19-400 Olecko, Telefon (0048) 875 20-3180.

25. bis 28. August, Schneverdingen: Treffen Schwalgenort im Hotel Schäferhof, Heberer Straße 100. Weitere Informationen: Günter Meyer, Telefon (05162) 985088.

 

WEHLAU

Kreisvertreter: Gerd Gohlke, Syker Straße 26, 27211 Bassum. Telefon (04241) 5586. 2. Vors. und Schriftleiter: Werner Schimkat, Dresdener Ring 18, 65191 Wiesbaden, Telefon (0611) 505009840. Internetseite: www.kreis-wehlau.de

Liebe Mitglieder und Freunde der Kreisgemeinschaft Wehlau, in diesem Jahr führen wir das Kreistreffen anlässlich eines Jubiläums sowie wichtiger und notwendiger Umstrukturierung der Kreisgemeinschaft und Neuwahl des Vorstandes durch. Es findet vom 4. bis 6. September in Syke statt. Wir bitten um zahlreiche Teilnahme besonders am 5. und 6. September. Hier der geplante Ablauf:

FREITAG, 4. SEPTEMBER

Jubiläumsfeier anlässlich 60 Jahre Patenschaft Diepholz – Wehlau

Beginn: 11:30 Uhr auf der Diele des Kreismuseums Syke. Anschließend Führung durch das Wehlauer Heimatmuseum und die Sonderausstellung „Die Not vor Augen – Europa im Blick“ mit Filmvorführung über die Reise 2014 nach Ostpreußen.

Mitgliederoffene Sitzung der Kreisvertreter

Beginn: 19: Uhr im Gasthaus Vollmer in Syke, Hauptstraße 33. Es werden Anfragen und Anregungen durch anwesende Mitglieder der Kreisgemeinschaft erwartet. Tagesordnung: Begrüßung und Feststellung der Beschlussfähigkeit, Haushaltsbericht 2014 (Ingrid Eigenbrod), Bericht der Kassenprüfer, Aussprache und Entlastung des Vorstandes, Diskussion und Beschlussfassung zu Anfragen und Anregungen.

SONNABEND, 5. SEPTEMBER

Blick in unser Archiv im Untergeschoss des Kreishauses in Syke von 10 Uhr bis 11.30 Uhr (Eingang Parkplatz Südseite; Traditionsbau).

Mitgliederversammlung (erste Jahreshauptversammlung)

Beginn 13 Uhr im Gasthaus Vollmer. Alle Mitglieder der Kreisgemeinschaft sind berechtigt, fristgerecht Anträge an den amtierenden Vorstand zu stellen.

Tagesordnung: Begrüßung und Eröffnung durch den Vorsitzenden, Feststellen der satzungsgemäßen Beschlussfähigkeit, Wahl eines Wahlleiters und zwei Beisitzern, Wahl des Vorsitzenden, Wahl des Stellvertreters, Wahl des Schatzmeisters, Wahl von zwei Beisitzern für Aufgaben im erweiterten Vorstand (Presse, Schriftführung, Veranstaltungen), Beratung und Beschluss über den Haushaltsplan für 2016, Beratungen und Beschlüsse über eingegangene Anträge, Beratung und Beschluss über die Terminplanung für 2016, Schlusswort des Vorsitzenden.

Hauptkreistreffen

Ab 17 bis etwa 23 Uhr im Gasthaus Vollmer in Syke, Hauptstraße 33. Eröffnung durch den Vorsitzenden, Unterhaltungs- und Tanzmusik mit Robert Thorn, Auftritt des Shantychores aus Hoya, Lieder und Gedichte aus der Heimat.

SONNTAG, 6. SEPTEMBER

Fortsetzung des Kreistreffens mit einem Gedenken am Wehlauer Stein um 9.15 Uhr auf dem Hof des Kreishauses in Syke,

Feierstunde im Gasthaus Vollmer

10 Uhr: Eröffnung durch den: Vorsitzenden, Totenehrung (Uwe Koch), Musikstück (Robert Thorn), Festvortrag (Hubertus Hilgendorf), Musikstück (Robert Thorn), Ehrungen, Schlusswort des: Vorsitzenden, Ostpreußenlied.

Um 12.30 Uhr lädt die Kreisgemeinschaft ein zum gemeinsamen Erbsensuppenessen bei Unterhaltungsmusik bis zum Ausklang gegen 15 Uhr.

Aus organisatorischen Gründen bitten wir, die Anmeldungen an Uwe Koch zu richten, Telefon (02163) 898536 oder an Gerd Gohlke Telefon: (04241) 5586, E-mail: gerd.gohlke@wehlau.net


S. 19 Heimatarbeit

Am 10. Mai 1945 kam der Stacheldraht
250000 deutsche Flüchtlinge lebten nach Kriegsende auf dänischen Boden. Heinz Voemel war einer von ihnen

Heinz Voemel aus Reutlingen hat ein packendes Buch über seine frühen Kindheitsjahre geschrieben. Wesentlich ist sie durch den Aufenthalt mit seiner Familie in dänischen Internierungslagern von 1945 bis Herbst 1948 geprägt. Dort lebte der Autor als Kind im Alter von vier bis sieben Jahren, nachdem er mit seiner Familie im Frühjahr 1945 von Danzig über die Ostsee in das damals noch vom deutschen Reich besetzte Dänemark evakuiert worden war.

Durch den ungewöhnlichen Buchtitel „Der Weltkrieg hat meine Kindheit versaut“ sollte man sich nicht beirren lassen – der Autor ist nicht verbittert. In der prekären Lage, in der sich die in Dänemark verhassten deutschen Flüchtlinge befanden, entwickelte er jedoch ein feines Gespür für Menschen und Situationen, was ihn in fortgeschrittenem Alter in die Lage versetzte, die Lage der Deutschen hinter Stacheldraht lebhaft und anekdotenreich aus Kindersicht zu schildern. Für die Einordnung der Vorkommnisse hat Voemel sorgfältig recherchiert und von vielen Seiten her Informationen zusammengetragen.

Voemel erzählt seine Geschichte mit einer gehörigen Portion Sarkasmus, dabei aber frisch und humorvoll. Einen Schuss „Berliner Schnauze“ meint man auch herauszuhören, doch das muss Zufall sein, obschon der Autor im Februar 1941 in Berlin-Weißensee zur Welt kam. Seine Wurzeln aber liegen in Danzig, genauer in Danzig-Langfuhr, Archenholzweg 13, wo seine Großmutter mütterlicherseits ein Reihenhaus mit Garten besaß. Sowohl seiner Omi als auch seiner Mutti zollt Voemel in seinen Lebenserinnerungen ein hohes Lob. Beide kämpften in den Notzeiten mit vollem Einsatz für das Wohl des kleinen Heinz und seines vier Jahre älteren Bruders Klaus.

Im Frühjahr 1944, als die Berliner immer stärker von Luftangriffen heimgesucht wurden, hieß es für die beiden Kinder und ihre Mutter: „Ab nach Danzig!“, da die Stadt an der Weichsel damals noch nicht bombardiert wurde. „Es war zwar genau die falsche Richtung“, schreibt Voemel, „aber im Nachhinein ist man ja immer schlauer.“ Seine eigenen klaren Erinnerungen beginnen mit einem fürchterlichen Knall – in der Nähe ihres Danziger Hauses war eine Bombe eingeschlagen. „Seither mag ich kein Knallen mehr hören, auch nicht an Silvester, zumal es in den folgenden Wochen noch kräftig rumsen sollte.“

Es war Anfang März 1945, im Keller war ein Küchenzug der Wehrmacht einquartiert. Doch erst am 25. März flohen sie Hals über Kopf aus Danzig, als auch die gesamte Wehrmacht aus der Stadt abzog und russische Tiefflieger schon Jagd auf Fußgänger machten. Der Autor war damals gerade einmal vier Jahre alt. Bei seinem Bericht über ihre Flucht aus dem Danziger Kessel zusammen mit dem Bruder, der Mutter und der Oma konnte er später auf die Aufzeichnungen seines Bruders zurückgreifen. Den Vater, der als Diplomingenieur bei der AEG beschäftigt war, sollten sie nicht mehr wiedersehen. Er blieb nach Kriegsende verschollen.

Unbeschadet erreichten sie inmitten der dramatischen Massenflucht den Kriegshafen der Halbinsel Hela, wo sie ein Vorpostenboot aufnahm und zusammen mit anderen Flüchtlingen auf See brachte. Frühmorgens am 7. April kam der Frachter „Fortuna“ längsseits, um Personen mit Kindern zu übernehmen. Dabei wurde der kleine Klaus kurzzeitig an ein bekanntes Ehepaar aus Danzig „ausgeliehen“. Schon am nächsten Morgen erreichte das Schiff den Hafen von Kopenhagen.

Da die Aufnahmekapazität für Flüchtlinge im deutschen Reichsgebiet erschöpft zu sein schien, nutzte die Führung der deutschen Kriegsmarine in den letzten Kriegswochen die Möglichkeit, Schiffstransporte mit Flüchtlingen über die Ostsee in das nach wie vor besetzte Dänemark zu organisieren.

Mit dem 10. Mai 1945, also kurz nach der Kapitulation der Wehrmacht, kam dann für alle der Stacheldraht. Die Worte „Deutscher“ und „Flüchtling“ wurden in Dänemark zu Schimpfwörtern. Für den kleinen Heinz und die Seinen bedeutete dies, dass die Schule in Ringstedt, wo sie in einem völlig überfüllten Klassenzimmer untergebracht waren, umzäunt wurde. Nun waren die Dänen bestrebt, die deutschen Flüchtlinge und Vertriebenen so schnell wie möglich abzuschieben, doch die Alliierten erteilten diesem Ansinnen eine Absage.

Dänen und Deutschen gemeinsam war in der Nachkriegszeit das Kohldampfschieben, so Voemel. Die Lagerverpflegung bestand vor allem aus alten Armeebeständen, meist Dörrgemüse. „Die Säcke wurden in Wasser gekippt und das Ganze über Nacht quellen gelassen und dann gekocht.“ Manchmal gab es Fisch, der mitsamt den Gräten gekocht wurde. Später dann durften die Deutschen selber kochen. Hier begann die „Lagerkarriere“ seiner Omi, sie avancierte zur Küchenchefin, wodurch sich die Ernährungslage der ganzen Familie erheblich verbesserte.

Im Sommer erfolgte der Umzug aus der Schule in eine ehemalige Anlage für landwirtschaftliche Ausstellungen. Man wohnte nun in der Box eines ausgedienten Schweinestalls, wobei die einzelnen Boxen nur durch eine ein Meter hohe Wand getrennt waren. Es ist erstaunlich, wie viele Einzelheiten der Autor über die Vorgänge im Lager zu erzählen weiß: vom Schulunterricht auf Eigeninitiative, von den überaus beliebten Stoffpuppen, einer Kindertheatergruppe und dem Lagerchor. Im März 1946 wurde der Umzug in ein neues Lager in Kopenhagen angeordnet. Hier ergab sich für Klaus und seine Mutter, die eine Stellung als Lagersekretärin ergattert hatte, dank eines wohlmeinenden Lagerleiters Gelegenheit für Ausflüge nach Kopenhagen.

Eigentlich hatten alle auf einen Wechsel in ein jütländisches Lager gehofft, da man dort der deutschen Grenze näher war. Letztendlich wurde die neue Bleibe im Lager 130 Kloevermarken im Frühjahr 1946 aber begrüßt, da die Verhältnisse in den Lagern Jütlands bekanntermaßen viel schlechter als auf Seeland waren. Tödliche Infektionskrankheiten wie Ruhr, Typhus und Diphterie rafften allein im berüchtigten Lager Oksböl etwa 6500 Menschen dahin.

Angesichts verbesserter Lebensverhältnisse und der Bürotätigkeit der Mutter blieb Familie Voemel bis zum Herbst 1948 in Dänemark. Ihr neues Zuhause wurde dann Biberach an der Riss in der französischen Besatzungszone. Mit einer kurzen Berichterstattung über seinen Werdegang als „Reingeschmeckter“ unter Einheimischen beendet Voemel seine Geschichte. Es folgen einige Kapitel über die politischen Hintergründe der Flüchtlingslager in Dänemark. Dagmar Jestrzemski

Heinz Voemel: „Der Krieg hat meine Kindheit versaut. Flucht aus Danzig übers Meer, hinter Stacheldraht in Dänemark, fremd im Schwabenland“, Books on Demand, Norderstedt 2015, broschiert, 179 Seiten, 7,99 Euro


Gedenkfeier in Dänemark

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK) veranstaltet am 8. August ab 11 Uhr auf dem Friedhof Fourfeld im dänischen Esbjerg eine Gedenkfeier. Anlässlich des 70. Jahrestages des Kriegsendes soll an die Flüchtlinge erinnert werden, die während ihrer Lagerzeit in Dänemark verstorben sind.

Bei der Gedenkveranstaltung wird der bekannte ostpreußische Schauspieler Herbert Tennigkeit unter anderem das Gedicht „O Erde Dänemarks“ von Agnes Miegel vortragen. Kirstin Kristoffersen, die Pastorin der Nordschlewigschen Gemeinde, wird eine Andacht halten. Zu den Rednern zählen Oberstleutnant Axel Gerke, Verteidigungsattaché an der deutschen Botschaft in Kopenhagen, und Wolfgang Wieland vom Bundesvorstand des VDK.

Etwa 250000 deutsche Flüchtlinge lebten nach Ende des Krieges auf dänischem Boden. Zwischen Februar und Mai 1945 waren sie und zehntausende verwundete Soldaten aus den östlichen deutschen Gebieten meist über die Ostsee nach Dänemark gebracht worden. Erst im Laufe des Jahres 1946 durften die ersten Flüchtlinge Dänemark zunächst in die britische Besatzungszone verlassen. Weitere Informationen: VDK, Arne Schrader, Telefon (0561) 7009275, Internet: www.volksbund.de


S. 20 Heimatarbeit

»Deutsche vergessen ihre Geschichte«
Auftaktveranstaltung zur Ausstellung „Backsteinarchitektur im Ostseeraum“ im Kulturzentrum Ostpreußen

Roter Backstein – diesen Anblick verbindet der Betrachter mit Kirchen und öffentlichen Bauwerken in vielen Orten an der Ostsee. Mehr noch: Die Backsteinarchitektur ist ein wesentlicher Bestandteil der kulturellen Identität der Region und ein großer touristischer Anziehungspunkt.

Eine Ausstellung im Kulturzentrum Ostpreußen im bayerischen Ellingen widmet sich diesem Thema. Erarbeitet von der Bonner Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen und mit Hilfe renommierter Fachwissenschaftler soll „Back-steinarchitektur im Ostseeraum“ Einblicke in aktuelle Forschungsergebnisse aus der Archäologie und Architekturgeschichte bieten.

Welche Bedeutung Gebäude wie die Marienkirche zu Kalundburg auf Seeland in Dänemark, die Bischofsburg im ermländischen Rößel und natürlich die Marienburg haben, wurde auch bei der begleitenden Veranstaltung zur Ausstellung deutlich. Der für die wissenschaftliche Projektleitung verantwortliche Professor Matthias Müller vom Institut für Kunstgeschichte der Universität Mainz berichtete, wie der seit dem Mittelalter bekannte Backstein damals den überall vorhandenen Feldstein ablöste. Dies könne bei Anbauten an alten Kirchen und bei Ausbesserungsarbeiten deutlich erkannt werden. Nicht nur die Bischöfe, auch die Städte zeigten ihren Reichtum und verwendeten bei öffentlichen Bauten Backsteine. Seit dem 19. Jahrhundert wurde dieser durch verbesserte Herstellungsverfahren „billig“ und in der Folge für Wohn- und Geschäftshäuser verwendet.

Karl Friedrich Schinkel, preußischer Baumeister und als Leiter der Oberbaudeputation für fast alle staatlichen Bauvorhaben des Königreiches Preußen zuständig, sorgte nach Müllers Worten als Architekt für die Restaurierung zahlreicher alter Gebäude mit Backsteinen, die heute in dieser Schönheit nicht mehr vorhanden wären. Diesen Stil setzte Schinkel zudem bei seinen zahlreichen Neubauten für Staat und Kirche ein.

Müllers abschließendes, zwiespältiges Fazit zum aktuellen Stand der Forschung: „Die jungen polnischen Wissenschaftler identifizieren sich mit der deutschen Geschichte ihres Landes, die Deutschen vergessen sie!“

In seinem weiteren Vortrag berichtete Müller dann über das Leben Caspar David Friedrichs und dessen Verbindung mit der Backsteinarchitektur. An verschiedenen Werken zeigte Müller, wie der große Maler die verschiedenen Facetten der Backsteinarchitektur darstellte.

Auch Christian Knauer, Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen, sprach in seinem Grußwort die Problematik des Vergessens an. „Die Erlebnisgeneration wird immer kleiner und die Deutschen kennen ihre Herkunft nicht mehr“, unterstrich er. So habe rund ein Drittel der deutschen Bevölkerung Vorfahren aus Schlesien, Ostpreußen oder Pommern. Jedoch würde ein Großteil der heutigen jungen Generation nicht mehr wissen, wo Großvater oder Großmutter geboren sind. Darüber hinaus bedauerte der BdV-Vizepräsident den Zustand der einst blühenden Landschaften in der heutigen russischen Region Königsberg. Die Kirchen sind zerstört oder eingestürzt, die landwirtschaftlichen Flächen liegen brach. Die über Jahrhunderte durchgeführten Kultivierungsmaßnahmen der ehemals deutschen Bevölkerung seien verfallen.

Immerhin: Die Erforschung des südlichen Ostseeraums als hochrangige europäische Kulturlandschaft mache nicht mehr an nationalen Grenzen halt, sondern erweise sich zwischen Deutschland, Schweden, Polen und dem Baltikum als ein völkerverbindendes Bemühen, betonte Hans-Günther Parplies, der Vorsitzende der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen. Manfred E. Fritsche

Die Ausstellung ist noch bis zum 31. August täglich außer montags von 10 bis 12 Uhr und von 13 bis 17 Uhr zu besichtigen. Weitere Informationen: Kulturzentrum Ostpreußen, Schloßstraße 9, 91792 Ellingen, Telefon (09141) 86440, Internet: www.kulturzentrum-ostpreussen.de


Kulturtag in Berlin

Der Polizeichor wird ostdeutsches Liedgut vortragen, und Volkstanzgruppen werden „Buntes aus den Dörfern der Heimat“ aufführen – dies sind nur einige der Programmpunkte beim Kulturtag der Landsmannschaften am Sonnabend, 26. September, im Berliner Rathaus Zehlendorf in der Kirchenstraße 1–3. Die Veranstaltung des Landesverbandes der Vertriebenen (BLV) steht unter dem Motto „Kultur verbindet – Freunde zu Gast“.

Neben den Vorführungen bieten die Informationsstände der Landsmannschaft im Foyer des Rathauses Gelegenheit zu Begegnungen und Gesprächen. Beginn ist um 10 Uhr mit einer ökumenischen Andacht. Danach wird der Kulturtag im Bürgersaal feierlich von Rüdiger Jakesch, dem Landesvorsitzenden des BLV eröffnet. Die letzte Veranstaltung des Tages beginnt um 14 Uhr, wenn die Autorin Eleonora Hummel aus ihrem Roman „In guten Händen, in einem schönen Land“ (PAZ Nummer 16, 2015, Seite 22) liest.

Weitere Informationen: Berliner Landesverband der Vertriebenen, Forckenbeckstraße 1, 14199 Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de


Tag der Heimat in Viersen

Zum Tag der Heimat am Sonnabend, 12. September, lädt der nordrhein-westfälische Kreisverband Viersen des Bundes der Vertriebenen. Im evangelischen Gemeindehaus in Willich-Anrath, Jabobs-Krebs-Straße 121, wird es ab 14 Uhr einen Gottesdienst, eine Kaffeetafel und eine Gedenkstunde geben. Unter anderem werden ein Kinder- und Jugendchor sowie der plattdeutsche Singkreis „De Leddschesweäver“ auftreten. Als Festredner wird der Historiker Hans Kaiser zum Thema „alte Heimat, neue Heimat“ vortragen. Weitere Informationen: Hartmut Perserke, 47877 Willich, Telefon (02156) 2710.


S. 21 Lebensstil

Nicht nur für den Menschen geeignet
Auch in der Tiermedizin ist Homöopathie eine anerkannte Behandlungsmethode

Auch in der Tiermedizin ist Homöopathie eine anerkannte Behandlungsmethode. Immer mehr Pferde-, Hunde- und Katzenhalter entscheiden sich für Globuli und Tropfen mit den stark verdünnten Substanzen, um ihre erkrankten Tiere möglichst schonend zu behandeln und zu heilen. Tierheilpraktiker, aber auch rund die Hälfte aller Veterinärmediziner verschreiben häufig homöopathische Mittel.

Dutzende Bücher über Homöopathie für Haustiere sind ein Hinweis darauf, dass sich diese nun schon gut 200 Jahre alte Heilmethode als erstrangiges Naturheilverfahren auch in der Tierheilkunde etabliert hat. Volkshochschulen bieten Kurse zur Homöopathie für Haustiere an. Homöopathie ist keine Weltanschauung, wie manche Kritiker unterstellen. Über ihre Wirksamkeit sowohl in der Human- als auch in der Veterinärmedizin liegen zwar immer noch keine aussagekräftigen wissenschaftlichen Studien vor, doch Tatsache ist, dass auch Tiere im Allgemeinen sehr gut auf homöopathische Arzneimittel ansprechen. Erklären lässt sich das nicht, da die Heilkraft von mehr oder weniger hochgradig verdünnten (potenzierten) und verschüttelten Substanzen eben unerklärlich ist.

Fast genauso lange wie in der Humanmedizin wird die von Samuel Hahnemann (1755−1843) begründete Homöopathie auch in der Tierheilkunde angewendet. Gemäß Hahnemanns Lehrsatz „Ähnliches soll mit Ähnlichem geheilt werden“ wird mit der Gabe von stark verdünnten Arzneistoffen ein Reiz ausgelöst, der in gleicher Richtung wie die Krankheit wirken soll. Dahinter steht die Grundannahme der Homöopathie, dass die Selbstheilungskräfte des Organismus auf diese Weise aktiviert werden. Dementsprechend werden genau diejenigen Wirkstoffe hoch potenziert, also stark verdünnt, eingesetzt, die unverdünnt bei gesunden Tieren eben jene Symptome hervorrufen würden, gegen die sie angewendet werden.

Ebenso wie die Allopathie oder Schulmedizin ist auch die klassische homöopathische Behandlung von Tieren eine Materie für gut ausgebildete Spezialisten. Hunderte von Mitteln stehen zur Auswahl. Auch die Wahl der Potenzierung ist ausschlaggebend für den Heilerfolg. Zur Auswahl stehen Mittel mit Potenzen von D 2 bis D 300. Bei den Potenzen der D-Reihe wird schrittweise immer wieder zehnfach verdünnt und verschüttelt. Die Verdünnungsbasis ist die 10, das „D“ bezieht sich auf „dezimal“. Die Zahl hinter dem „D“ gibt die Stufe der Potenzierung an.

Haustierhalter sollten ihr erkranktes Tier in schwierigen Fällen nicht in Eigenregie homöopathisch behandeln, sondern zu diesem Zweck mit dem Tier einen Therapeuten aufsuchen. Gegen die kurzfristige Anwendung gängiger, in Apotheken frei verkäuflicher Präparate, etwa zur Beruhigung vor der Silvesterknallerei, ist aber nichts einzuwenden. Dafür wird bei Hunden und Katzen der Wirkstoff der Passionsblume (Passiflora) angewendet. Wer nicht sicher ist, welche Potenzierung oder Darreichungsform für sein Haustier am besten geeignet ist, kann durchaus verschiedene Formen der Verabreichung ausprobieren und die Reaktion des Tieres beobachten. Generell sind Präparate mit Niedrigpotenzen (D 6 bis D 12), die bei akuten körperlichen Beschwerden eingesetzt werden, auch für die Anwendung durch Laien geeignet. Die darin enthaltene Stoffmenge ist noch messbar. Bei Verstauchungen und zur Förderung der Heilung kleiner Wunden werden Hunden, Katzen und Pferden Arnikaglobuli in die Lefzen geschoben. Auf diese Weise entfalten die Globuli – Streukügelchen auf der Basis von Saccharose – die gewünschte Wirkung. Liegt jedoch ein Hautausschlag vor, ist es sinnvoll, mit dem Vierbeiner zunächst einen Veterinärmediziner oder Tierheilpraktiker aufzusuchen.

Unbedingt wird davon abgeraten, bei Hund, Katze, Vogel oder Pferd ohne therapeutischen Rat hoch potenzierte homöopathische Mittel anzuwenden, etwa um die Kosten für den Tierarzt zu sparen. Hohe Potenzen können einen starken Reiz auf den Organismus ausüben, was unter Umständen erhebliche Risiken birgt. Unbedarfte Anwender sind nicht in der Lage, die sogenannte Erstverschlimmerung bei einer homöopathischen Behandlung richtig einzuschätzen. Zudem steht auf den Verpackungen durchweg nichts über die Einnahmevorschriften. In der Homöopathie spielt der Rhythmus bei der Gabe von Medikamenten jedoch eine wichtige Rolle.

Tierheilpraktiker betrachten eine Krankheit im Zusammenhang mit der individuellen körperlichen und seelischen Verfassung, um ein genau passendes Heilmittel auszuwählen. Gerade bei lang anhaltenden und unspezifischen Symptomen wie Haarausfall, Hautausschlag, Verdauungsproblemen und Mattigkeit, deren Ursache manchmal nach schulmedizinischen Untersuchungsmethoden ungewiss bleibt, bedeutet dieser Ansatz nicht selten die letzte Rettung für ein Haustier. Durch eine homöopathische Behandlung, teils parallel zu einer Haaranalyse, ergibt sich die Möglichkeit, der Ursache einer Erkrankung auf die Spur zu kommen und die Therapie dementsprechend fortzusetzen. Manchmal wird zusätzlich ein Spezialfutter verordnet. Tierärzte und Therapeuten erleben aber leider allzu oft, dass bei Tieren mit chronischen Krankheiten die Homöopathie erst als letzte Hoffnung des Besitzers zum Einsatz kommt. Diese sanfte Heilmethode kann bei tierischen Patienten selbst in aussichtslos erscheinenden Fällen noch Hilfe bringen. Nur wenn schon längere Zeit mit Arzneimitteln wie Kortison behandelt wurde, führt die Homöopathie oft nicht zum Heilerfolg. Und bei unheilbaren Krankheiten kann sie allenfalls noch Linderung herbeiführen. D. Jestrzemski


Auf jeder Station ein Alt
Na dann prost − Einblicke in Düsseldorfs Bierproduktion

Düsseldorfs Altstadt gilt im Volksmund als die „längste Theke der Welt“. Hier wird aber nicht nur „Flüssignahrung“ in Form von Altbier in rauen Mengen konsumiert. Mit dem Uerigen, Füchschen und den Hausbrauereien Zum Schlüssel, Schumacher und Kürzer weist der Düsseldorfer Stadtteil auch gleich einige Brauereien auf, in der die obergärige Biersorte „Alt“ hergestellt wird.

Der Name „Alt“ bezeichnet ein Bier nach alter, traditioneller Brauart. Der Gärprozess findet bei einer höheren Temperatur statt als bei einem untergärigen Bier. Die dunkle Farbe rührt von einem höheren Anteil Darrmalz her, bei dessen Herstellung durch Röstung Farbstoffe entstehen.

Die Düsseldorf Marketing & Tourismus GmbH bietet über die Woche verteilt Führungen an, die diese Bierproduzenten ansteuern. Ein kostenloses Glas Altbier pro Station ist dabei im Preis mit inbegriffen. „Bier ist wie Ko­chen in großen Töpfen“, erfährt man gleich an der ersten Station. Dort lernt man auch die Grundzüge des Brauwesens kennen, zumindest was die Herstellung des Altbieres anbelangt.

Nicht die industrielle Herstellung steht hier im Vordergrund; die Führung zeigt eine handwerkliche Braukunst, die wesentlich kleinere Mengen an Bier produziert (bei Kürzer sind es rund 1500 Hektoliter im Jahr) als die Industrie, und auch direkt an den Endverbraucher bringt.

Die Führungen dauern rund zwei Stunden. Es ist ein wenig schwierig, sie inhaltlich einzuordnen. Berufskundliche oder wirtschaftliche Informationen sind hier natürlich nicht zu erwarten; dafür reicht allein schon die Zeit nicht aus. Da aber auch zufällige Besucher von auswärts angesprochen werden sollen, wäre eigentlich deutlich mehr örtlicher Lokalkolorit erfreulich.

Es wird zwar eher pauschal das angebliche oder tatsächliche Konkurrenzverhältnis zur rheinischen Metropole Köln angesprochen. So wird beispielsweise darauf hingewiesen, dass Willy Millowitsch zwar landläufig als Kölner Urgestein und Theatermacher gilt, seine Eltern aber ursprünglich aus Düsseldorf stammen.

Doch sonst bleibt die Führung etwas farblos. Gibt es beispielsweise witzige Anekdoten rund ums Bier? Markante Typen, die in ihrer Zeit der Gastronomie ihren Stempel aufgedrückt ha­ben? Oder legendäre Ereignisse, von denen die Altstadt auch heute noch zehrt? Die Kneipenkultur blitzt nur ansatzweise auf, wenn etwa erklärt wird, warum sich die Gastronomie häufig auf den Straßen und im Stehen abspielt (weil sie schon immer auf die Laufkundschaft abgezielt hat), und warum die Kellner hier – wie in Köln – Köbes heißen: Das Wort Köbes leitet sich vom Vornamen Jakob ab. Ausgehend vom Jakobsweg soll dem Gast signalisiert werden, wo vertrauenswürdige Gastwirte vorhanden sind.

Neben dem direkten wirtschaftlichen Nutzen – die Teilnehmer der Führung erhalten ja, wie schon erwähnt, an jeder Station ein Bier – hat eine solche Führung natürlich auch einen sozialen, kommunikativen Charme. Wer nimmt schon an einer solchen Führung teil, ohne sich hinterher noch in einer Kneipe aufzuhalten, sich mit anderen Leuten zu unterhalten und sich dabei ein leckeres Altbier zu Gemüte zu führen? Andreas Rüdig


Ist Essen überflüssig?
Modegetränk namens »Soylent« soll feste Nahrung ersetzen

Aus Kalifornien kommt ein neuer Trend auf dem Nahrungsmittelsektor: Eine Flüssignahrung namens Soylent, schnell getrunken, soll Arbeitswütigen dabei helfen, mit der Einteilung ihrer knapp bemessenen Zeit besser fertig zu werden. Das Produkt wird von seinem Erfinder Rob Rhinehart bereits international vermarktet.

Der 24-jährige Rhinehart ist Software-Entwick­ler im Silicon Valley und oft viele Stunden hintereinander an seinen Arbeitsplatz ge­bunden. Lange Essenspausen empfand er als störend. Das brachte ihn zur Überlegung, ob es wohl möglich sei, seine täglichen Mahlzeiten in Form von Flüssignahrung zu sich zu nehmen und somit im Laufe des Tages viel Zeit zu sparen. Auch das ganze Drumherum des Essens wie Einkaufen und Kochen wäre dann passé.

Rhinehart begann, in seiner Küche mit pulverisierten Nährstoffen zu experimentieren, rührte sein Pulver mit Wasser und etwas Öl zusammen und trank die Mixtur im Selbstversuch. Damit war Soylent erfunden, ein nahrhaftes Pulver zum Anrühren mit Flüssigkeit. Der Name ist eine Kombination der Wörter Soy, Soja, sowie Lent(il), Linse, und angelehnt an den Science-Fiction-Film „Soylent Green“ (deutscher Titel: „… 2022 … die überleben wollen“). Im Film wird künstlich hergestellte Nahrung thematisiert, wobei ein Präparat namens „Soylent Green“ Entsetzen hervorruft, als herauskommt, dass es aus Menschenfleisch besteht. Davon lassen sich die Anhänger von Soylent nicht beeindrucken, sie vertrauen der Flüssigkeit mit dem Aussehen und der Konsistenz eines dickflüssigen Milchshakes.

Rein rechnerisch enthält der Nährstoffcocktail alles, was der menschliche Organismus benötigt. Hinsichtlich von Kohlehydraten, Proteinen, Fett, Mineralien und Vitaminen wurde auf die Empfehlungen der US-Gesundheitsbehörde geachtet. Im Präparat enthalten sind zusätzlich sekundäre Pflanzenstoffe wie Alpha-Carotin und Ginkgo.

Doch wo bleibt der Genuss? Rhinehart verlegt ihn anscheinend auf das Wochenende. Er behauptet, nur zweimal in der Woche feste Kost zu sich zu nehmen und sich gesund und fit zu fühlen. Über seinen Internet-Blog machte er Soylent bekannt, worauf seine Fan-Gemeinde das Pulver ebenfalls ausprobieren wollte. 2013 gründete er in San Francisco eine Firma und erhielt Vorbestellungen mit einem Volumen von mehr als 200000 US-Dollar. Inzwischen übersteigt der Gewinn den Einsatz längst um ein Vielfaches. In Deutschland ist Soylent bisher noch nicht erhältlich, während es in den USA längst diverse Nachahmungspräparate gibt.

Ernährungswissenschaftler warnen je­doch davor, solche Produkte langfristig anzuwenden. Sie erinnern an die bekannte Tatsache, dass das menschliche Verdauungssystem auf den langsamen Aufschluss von Nahrung durch Kauen und Verdauen angelegt ist.

Zudem ist erwiesen, dass sich Obst und Gemüse nicht durch Vitaminpräparate ersetzen lassen. Zur Trink­nahrung müsse auf jeden Fall öfter etwas Saures hinzukommen, au­ßerdem sei Kaugummikauen wichtig, sonst leiden die Speicheldrüsen und die Zähne. Indessen dürfte wohl kaum jemand diese Form der Nahrungsaufnahme länger als ein paar Wochen durchhalten, ohne wieder einen Riesenappetit auf eine normale Mahlzeit zu bekommen. D. J.


S. 22 Neue Bücher

Feuer statt Diskussion
Eine Biografie über Jan Hus

Salopp gesagt hat er aus Sicht der Kirchenoberen eindeutig die falschen Bücher gelesen. „Oh, Wyclif, nicht nur mir verdrehst du den Kopf“, notierte der böhmische Priester Jan Hus (zirca 1370–1415) nach der Lektüre des Oxforder Theologen John Wyclif. Als Dozent bereitete Hus Vorlesungen für die Studenten der Prager Universität vor und befasste sich dazu auch mit Wyclifs Schriften. Der Kirchenkritiker forderte den Klerus in England auf, sich von Besitz und weltlicher Macht zu trennen. Er schrieb damals hochbrisante Sätze wie „Christus hatte nicht einmal einen Ort, wo er sein Haupt hinlegen konnte, doch dem Papst gehört mehr als das halbe Imperium“.

Angespornt von derlei Gedankengut zog Jan Hus ebenfalls aus, die Kirche zu reformieren, und endete vor 600 Jahren, am 6. Juli 1415 als Ketzer vor den Toren der Stadt Konstanz auf dem Scheiterhaufen (siehe PAZ Nr. 27, S. 10). Noch heute, ziemlich genau 600 Jahre nach seinem Tod, ranken sich viele Geschichten und Mythen um den Reformator.

Der Konstanzer Historiker Walter Rügert, der schon vieles zum Thema Regionalgeschichte publiziert hat, blätterte nun in den Chroniken der Kirchengeschichte bis ins späte Mittelalter zurück und legte mit „Jan Hus. Auf den Spuren des böhmischen Reformators“ eine knappe, aber lesenswerte Biografie vor. Das gut 100 Seiten lange Büchlein ist prall gefüllt mit Informationen, Bildern, Abbildungen von Dokumenten und Zeitzeugenberichten. Leicht geschrieben, liest es sich wie eine Abenteuerreise in eine Zeit, die so fern der unseren ist und dennoch so spannend, dass man das Werk so schnell nicht mehr aus der Hand geben mag.

Hus wurde 1400 nach seinem Theologiestudium zum Priester geweiht. 1401 Dekan der philosophischen Fakultät, 1402 zum Professor ernannt und in dieser Position zum Rektor der Prager Universität. Als Prediger der Prager Bethlehems-Kapelle hielt er seine Reden auf Tschechisch, so dass das einfache Volk ihn verstehen konnte und verbreitete so seine reformerischen Ansichten zur Kirche. Hus reiste im Oktober 1414 nach Konstanz, um auf dem dortigen Konzil seine Lehren zu verteidigen. „Er ging davon aus, dass er seine Thesen dort vortragen und ihre Richtigkeit beziehungsweise Wahrheit in der Diskussion beweisen könnte. Tatsächlich aber war gegen ihn ein Verfahren nach kanonischem Kirchenrecht eingeleitet worden. Eine Diskussion war nicht vorgesehen“, schreibt Rügert.

Schon im November des Jahres wurde er eingekerkert. Als er auch nach mehrfacher Aufforderung seine Standpunkte nicht widerrief, wurde er im Konstanzer Münster verurteilt und am gleichen Tag wegen Ketzerei den Flammen übergeben. Zwei Zeitzeugenberichte beschreiben seine Hinrichtung. Die Asche wurde in den Rhein gestreut.

Rügerts Publikation widmet sich des Weiteren der historischen Entwicklung des Hussitentums, Martin Luthers Verhältnis zum tschechischen Reformator und führt den Leser am Ende auf den Weg in die Gegenwart zurück. Ein Literaturverzeichnis und eine Chronologie zur Lebens- und Wirkungsgeschichte des Reformators im hinteren Klappentextes, runden die Schrift ab.

Silvia Friedrich

Walter Rügert: „Jan Hus. Auf den Spuren des böhmischen Reformators“, Südverlag, Konstanz 2015, broschiert, 96 Seiten, 16 Euro


»Wir lieben dich«
Heino ist ein Phänomen. Seine Autobiografie liefert Erklärungen

Heino, wir lieben Dich“ steht auf Plakaten, die Mädchen mit Zahnspangen bei Heino-Konzerten hochhalten. Ein Phänomen, das sich der blonde Schlagersänger selbst kaum erklären kann. In seiner Autobiografie „Mein Weg“ beschreibt der als Volksliedsänger berühmt gewordene Heino, wie sehr es ihn selbst erstaunt, mit 70 Jahren noch einmal groß gefeiert zu werden und sogar auf Tournee zu gehen.

Eigentlich sollte ein 70-jähriger Sänger doch nur noch auf Volksfesten vor einem altersgerechten Publikum auftreten dürfen oder Autohäuser, Kaufhäuser etcetera eröffnen – so hatten es zumindest seine Manager gesehen. Sie boten ihm einen lebenslangen Plattenvertrag an, unter der Voraussetzung, dass er künftig Fetenhits singt. Doch da hatten sie die Rechnung ohne Heino gemacht, denn nach kurzer Überlegung trennte er sich von seinem langjährigen Management und verjüngte sein Team. Offen für Neues, beschlossen sie, dass der Volksliedsänger es einmal mit Rockmusik versuchen sollte, was sich als kluger Entschluss erwies.

In seiner Autobiografie blickt der Sänger aber natürlich auch noch viel weiter zurück: Seine Kindheit verlief alles andere als glücklich. Der am 13. Dezember 1938 als Heinz-Georg Kramm geborene Sohn eines Zahnarztes teilt das Schicksal vieler Kriegskinder. Der Vater wurde eingezogen und starb 1941. Wegen der Zerstörungen in Düsseldorf wurde die Restfamilie nach Großenhain bei Dresden evakuiert, erlebte im Februar 1945 die Strapazen der Flucht, bis sie im Mai desselben Jahres wieder nach Düsseldorf zurückkehren konnte.

An den Besuch eines Gymnasiums war in der entbehrungsreichen Nachkriegszeit nicht zu denken, doch die Liebe zur Musik linderte manche Not. Heinz-Georg machte eine Bäckerlehre, seine Mutter nahm mehrere Jobs an, um die kleine Familie durchzubringen. Die musikalische Karriere begann mit einem roten Akkordeon, das Heino schon als Neunjähriger sehnsüchtig im Schaufenster einer Musikalienhandlung betrachtet und auf das Mutter Franziska eisern gespart hatte. Es ist der musikalischen Mutter zu verdanken, dass Heinos Talent schon früh gefördert wurde.

1965 wurde Heino, der zu der Zeit mit einem Trio durch Bars tingelte und sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hielt, vom Schlagerproduzenten Ralf Bendix entdeckt. Es folgte eine große Karriere mit deutschen Liedern in einer Zeit, in der alle anderen nur auf Englisch sangen. Zu seinem Repertoire gehörten deutsche Volkslieder wie „Das Wandern ist des Müllers Lust“ und „Alle Vögel sind schon da“. Lieder der Heimat zu singen und zu bewahren wurde Heino zum großen Erfolg und zur Mission.

Sein Bekenntnis zur Heimat wurde und wird Heino immer wieder angekreidet. Medien versuchen, ihn in die rechte Ecke zu stellen, unwissend, dass Lieder wie „Wenn die bunten Fahnen wehen“ aus der Pfadfinder- und Wandervogelbewegung, die man in der Weimarer Republik „Bündische Jugend“ nannte, stammen und mit Nationalsozialisten und Drittem Reich nichts zu tun haben.

Medienhetze, Manipulationen, Rufmord – all das musste Heino über sich ergehen lassen. Er gibt offen zu, dass ihn gehässige und die Wirklichkeit verdrehende Veröffentlichungen über sein Privatleben, vor allem über den Selbstmord seiner unehelichen Tochter, zutiefst verletzt haben. Doch dies hat ihn nicht davon abgehalten, „seinen Weg“ zu gehen. Ein unverbrüchlicher Glaube, ein gesundes Maß an Selbstvertrauen und Ehrlichkeit leiten ihn dabei.

Die dunkle Sonnenbrille ist auch beim neuen Heino geblieben, die bunten Jacketts wichen einem langen Mantel, um den Hals eine Totenkopfkette, ein klobiger schwarzer Ring am Finger, und Lieder wie „Sonne“ der Heavy-Metal-Gruppe Rammstein wurden kopiert. Was zunächst als Provokation oder schlechter Scherz wirkte, wurde ein Riesenerfolg. Heinos tiefe Stimme verleiht den Liedern eine besondere Interpretation, die selbst seinen alten Fans gefällt. Zunächst fanden die kopierten Rockgruppen das gar nicht lustig, vor allem die „Ärzte“ setzten Heino zu, ihr Management wollte das Album stoppen. So bekam der CD-Titel „Mit freundlichen Grüßen“ den Zusatz „Das verbotene Album“ und wurde innerhalb kürzester Zeit zum Kassenschlager. Dieser unerwartete Erfolg brachte die Rockbands zur Einsicht: Sie luden Neu-Rocker Heino zum legendären Heavy-Metal-Festival ins schleswig-holsteinische Wacken ein. Heino trat auf und wurde gefeiert.

Seitdem rockt Heino die Bühnen. Neben dem Zufall, dem nötigen Quäntchen Glück, einer Ehefrau an der Seite, die seine Karriere seit über 30 Jahren begleitet und ihrem Mann den Rücken frei gehalten hat, haben Heinos Persönlichkeit und ein gesunder Optimismus zu dessen Erfolg beigetragen.

Heinos Autobiografie, entstanden unter Mitwirkung der Journalistin Martina Mack, vermittelt ein authentisches Bild eines der größten Stars der deutschen Schlagerbranche. Aufgrund seines leicht lesbaren Stils und einer klaren Gliederung bietet es eine unterhaltsame Lektüre.

Manuela Rosenthal-Kappi

Heino: „Mein Weg“, Lübbe Verlag, Köln 2015, gebunden, 303 Seiten, 19,99 Euro


Schlichtes und Funkelndes
Die schönsten Frauenbriefe verspricht das Buch – Stimmt nicht! – Na, und?

Leicht macht es dieses Buch dem kritischen Leser nicht. „Briefe liebe ich, für Briefe lebe ich“ ist wunderschön gestaltet. „Die schönsten Frauenbriefe“, so der Untertitel, ist klug und liebevoll bebildert. Gemälde, Zeichnungen und Fotos versuchen die jeweilige Atmosphäre, in der die Damen ihre Gedanken zu Papier brachten, einzufangen, und das gelingt auch gut. Zudem hat der studierte Theaterwissenschaftler und Germanist Stefan Bollmann eine Clique beeindruckender Persönlichkeiten in seinem Buch versammelt, etwa die Insektenforscherin Maria Sybilla Merian, die bereits im 17. Jahrhundert anscheinend vollkommen emanzipiert ihren Forschungen nachging. Gegen die Abenteurerin Gertrude Bell, die Anfang des 20. Jahrhunderts eine gefragte Orientexpertin war und als Archäologin alte Wüstenburgen vermaß, wirkt Hollywood-Schatzgräber Indiana Jones beinahe wie ein langweiliger Stubenhocker.

Aber da liegt auch das Problem des Buches. Dass diese bemerkenswerten Personen auch bemerkenswerte Briefe hinterlassen haben, lässt sich bei allem Respekt für deren Lebensleistung nicht unbedingt sagen. Die amerikanische Western-Amazone Calamity Jane mag ziemlich sicher mit der Faustfeuerwaffe umgegangen sein, die Briefe an ihre Tochter fallen eher schlicht aus. Da ist es fast positiv zu bewerten, dass der Titel eigentlich eine Mogelpackung ist. Es werden oft nur sehr kurze Auszüge der Briefe wiedergegeben. Der Autor füllt die restlichen Seiten mit Erklärungen zur Person und zu den Umständen, unter denen die Briefe verfasst wurden.

Warum die Lektüre des Buches trotzdem empfehlenswert ist? Weil diese Mischung zwar nicht dem Buchtitel entspricht, aber dennoch kurzweilig zu lesen ist, weil man den wirklich beeindruckenden Frauen auch mittelmäßige Briefe nachsieht und weil andererseits auch Schreiberinnen dabei sind, die tatsächlich Wunderschönes zu Papier bringen. Etwa Madame de Sévigné, die im 17. Jahrhundert einem Bekannten von den pikanten Skandälchen am Hofe Ludwigs XIV. berichtet und dabei ein funkelndes Meisterwerk der Briefschreibekunst verfasst.

Ganz so wie es der junge Johann Wolfgang Goethe Jahrzehnte später seiner Schwester Cornelia empfiehlt: „Schreibe nur wie du reden würdest und so wirst du einen guten Brief schreiben.“

Frank Horns

Stefan Bollmann: „Briefe liebe ich, für Briefe lebe ich. Die schönsten Frauenbriefe“, Insel Verlag, Berlin 2015, broschiert, 160 Seiten, 12,95 Euro


Wer hört mich wie und von wo ab?
Globale Überwachung und elektronische Kriegsführung: Ein Ex-Geheimdienstler beschreibt, was möglich ist

Die Enthüllungen Edward Snowdens haben es gezeigt: Das elektronische Ausspähen großer Bevölkerungsteile und ganzer Staaten scheint heutzutage beinahe selbstverständlich. Wenn US-Geheimdienste die deutsche und französische Regierung ausspähen, zeigt sich, welchen Stellenwert sogar eine befreundete Macht wie die USA der intimen Kenntnis wichtiger Vorgänge unter den Verbündeten beimisst.

Den gegenwärtigen Umfang der weltweiten elektronischen Nachrichtengewinnung beschreibt Günther K. Weiße in seinem neuesten Buch „Informationsoperationen weltweit“. Für jeden, der wissen möchte, wer wie und von wo bei ihm mithört und mitliest, bietet es eine aufschlussreiche und faszinierende Lektüre. Der renommierte Fachautor („Informationskrieg und Cyber War“) hat für sein Werk umfangreiches Quellenmaterial ausgewertet. Ebenso konnte er auf die eigene Berufserfahrung zurückgreifen. Er blickt auf eine lange Dienstzeit im Militärischen Nachrichtenwesen der Bundeswehr und auch der NATO zurück.

So ist sein Urteil ernst zu nehmen, wenn er feststellt, dass die Informations-Überlegenheit eines Staates eines der wichtigsten Mittel künftiger politischer, wirtschaftlicher und gerade auch militärischer Auseinandersetzungen sei. Sehr genau beschreibt er, welche Möglichkeiten der weltweiten elektronischen Nachrichtengewinnung die „Five Eyes“, die Vereinigten Staaten mit ihren engsten Verbündeten in diesem Bereich, den Ländern Großbritannien, Kanada, Neuseeland und Australien, schon heute haben. Aber auch Russland und die Volksrepublik China sollten keineswegs unterschätzt werden. Sie verfügen über beträchtliche Fähigkeiten in der Kommunikationsüberwachung ebenso wie zur Führung von Informationsoperationen.

Besonderen Wert legt Weiße auch darauf, die elektronische Aufklärung und Kommunikations-Überwachung in der Bundesrepublik Deutschland seit 1989/1990 darzulegen. Die Wiedervereinigung bildete eine Zensur der nachrichtengewinnenden Aufklärung. Die grenznahen Erfassungsstellen in Westdeutschland wurden überflüssig. Ein Wendepunkt war dann wieder der 11. September 2001. Nach den Attentaten auf das World Trade Center und das Pentagon solidarisierte sich Deutschland mit den Vereinigten Staaten, die zur Bekämpfung des weltweiten Terrors aufriefen. Eine folgenschwere Entwicklung setzte ein: Bislang hatten sich die westlichen Nachrichtendienste gescheut, Maßnahmen, die bürgerliche Freiheiten und das informationelle Selbstbestimmungsrecht einschränkten, exzessiv auszulegen. Nun kamen insbesondere die von Washington implementierten zusätzlichen Überwachungsmaßnahmen einer Art Dammbruch gleich. Die deutsche Bundesregierung verschärfte die Sicherheitsgesetze im großen Umfang. Ebenso tat es die Europäische Union.

Gleich wie man dazu steht, gilt es generell, eines zu erkennen: Die Entwicklungen auf dem Gebiet der elektronischen Nachrichtengewinnung und der Kommunikations-Überwachung zeigen, dass die künftige Gefährdung unserer Zivilgesellschaft von Informationsoperationen gegen die jeweiligen „kritischen Infrastrukturen“, die Lebensader eines Landes, ausgeht. Zu den möglichen Angreifern zählen fremde Staaten, Terrorgruppierungen. aber auch die organisierte Kriminalität. Das Zerstörungspotenzial ist immens und kann in seinem Umfang derzeit noch gar nicht abgeschätzt werden. Nur so viel scheint sicher: Die „Cyber-Attacken“ können zur Lähmung und existenziellen Bedrohung ganzer Länder führen.

Die Frage, ob die Bundesrepublik darauf genügend vorbereitet sei, verneint der Autor klar. Nicht nur deswegen wird man sein Buch überaus nachdenklich aus der Hand legen.

Friedrich-Wilhelm Schlomann

Günther K. Weiße: „Informationsoperationen weltweit“, Ibidem Verlag, Stuttgart, 2015, broschiert, 455 Seiten, 39,90 Euro


S. 23 Rautenberg Buchhandlung

Rautenberg Buchhandlung


S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Rechts, ganz außen / Wie sich Heiko Maas verrechnet hat, wie ein ideologischer Polsprung alles durcheinander wirbelt, und warum wir alle Terroristen sind

Der famose Peter Scholl-Latour stieß kurz vor Ende seines langen Lebens eine Warnung an die Jüngeren aus: „Hütet euch vor den alten Männern, denn sie haben nichts mehr zu verlieren.“ Harald Range ist noch gar nicht so alt, doch der 67-Jährige steht kurz vor der Pensionierung als Generalbundesanwalt, weshalb sie ihm karrieretechnisch alle den Buckel runter rutschen können.

Das hat seinen Dienstherrn in eine missliche Lage gebracht. Bundesjustizminister Heiko Maas hatte sich den Ablauf der Affäre um ein Netzportal, das angeblich Staatsgeheimnisse verraten haben soll, ganz anders vorgestellt.

Seit Wochen laufen die Ermittlungen, die Range auf Antrag des Bundesverfassungsschutzes eingeleitet hatte. Maas wusste davon, sagte aber nichts. Erst als ein Gutachter den Vorwurf des Verrats zu bestätigen schien, griff er ein, stellte Range an den Pranger und wusch seine Hände in Unschuld. Er wollte als Kämpfer für die Pressefreiheit über die Bühne stolzieren. Dafür aber hätte Range die Klappe halten müssen über Maas’ Mitwisserschaft und dessen (offenbar politisch motivierten, also unstatthaften) Eingriff in die Ermittlungen.

„Warum sollte ich das tun?“, fragte sich Range jedoch. „Nächstes Jahr ist doch ohnehin Schluss für mich“, und plauderte alles aus. Wie ärgerlich. Hätte Maas auf das nahende Pensionierungsdatum seines Generalbundesanwalts geguckt und auf Scholl-Latour gehört, hätte er sich vielleicht nicht so tief in den Schlamassel geritten.

Ein Gutes hat die allgemeine Aufregung trotzdem. Sie gewährt den bundesdeutschen Medienkanonieren endlich mal eine kurze Feuerpause im Propagandafeldzug für mehr Zuwanderung, den sie seit Monaten führen müssen. Zumal der Feldzug ins Stocken zu geraten droht, wenn wir das verschwitzte Gekeife in den Reihen der Propaganda-Kämpfer richtig deuten.

Woran man erkennt, dass ein Krieg verloren zu gehen droht? Am ehesten an der Sprache der angehenden Verlierer: Je deutlicher sie ihr Ende vor Augen haben, desto aggressiver wird der Ton, pompöser der Anspruch und vor allem: desto abstruser die Verteufelung des Feindes.

Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) lässt hören, dass sie bei Protesten gegen „Flüchtlinge“ künftig nicht mehr von „Asylgegnern“ oder „Asylkritikern“ schreiben will, sondern viel schärfer von „Fremdenfeindlichkeit“. Dass die allermeisten Menschen nicht einmal gegen das Recht auf Asyl, sondern gegen seinen massenhaften Missbrauch protestieren, hatte im Krieg der Worte schon bisher keine Bedeutung. Ab sofort aber ist nicht einmal die falsche Bezeichnung „Asylgegner“ mehr tödlich genug, nun wird kurzer Prozess gemacht: Rassist!

Es geht noch krasser. Der Talkshow-bekannte Autor Sascha Lobo fordert auf „Spiegel-online“: „Nennt sie endlich Terroristen!“ Wen? Die mutmaßlich gerade aus Syrien und dem Irak einsickernden IS-Schläfer? Nein: Er meint angeblich „Leute, die Flüchtlingsheime anzünden“, redet in seinem „Terrorismus“-Beitrag aber von Menschen, die sich lediglich in mehr oder weniger appetitlichen (und teils tatsächlich widerlich rassistischen) Ergüssen im Internet über Ausländer und Asylanten auslassen, nicht über Brandstifter.

Erkennen Sie den Trick? Ob dpa oder Lobo, beide geben vor, die Sache „wahrheitsgetreuer“ benennen zu wollen. Das aber hieße auf alle Fälle, die Leute und ihre Anliegen differenziert zu betrachten. Genau das aber wollen beide nicht, stattdessen gilt: „Hau drauf auf alles, was Unbehagen äußert über die Zuwanderungspolitik.“

Damit kriegen wir die alle klein. Indes: Und wenn nicht? Was ist, wenn das Trommelfeuer abprallt, wenn die deutschen „Terroristen“ dem Dauerbeschuss trotzen und weiter ihre Meinung sagen?

Dann müssen wir eben einen Gang zulegen. Sibylle Berg hat Lobos Artikel gelesen und macht die Sache, ebenfalls auf „Spiegel-Online“, rund: „Gegen Ausländerfeinde helfen keine Artikel mehr“, stellt sie fest und kommt zu dem atemberaubenden Schluss: „Möglicherweise ist die Demokratie an einem Endpunkt angelangt.“

Das ist eine klare Ansage. Wenn das Volk den Anweisungen seiner weisen Führung aus Politikern, Journalisten und Intellektuellen nicht mehr nachkommt, dann muss es eben entrechtet werden. Wir schaffen die Demokratie ab. Wer es wagt, uns dabei in die Quere zu kommen, der ist ein Terrorist und Fremdenfeind.

Wenn Sie jetzt nicht mehr mitkommen, geht es Ihnen wie mir. Die Frau Berg ist doch eine in der Wolle gefärbte Linke, also eine von denen, die sich für unüberholbar „demokratisch“ halten! Und jetzt sagt die ganz offen: „Die Demokratie hat fertig“?

In der Schule haben wir gelernt, was ein Polsprung ist. Dann ist der Nordpol plötzlich der Südpol und der Südpol wird dafür zum Nordpol. Laut den Geologen soll das mit allerhand Holterdiepolter verbunden sein.

Was wir hier staunend betrachten, ist ein Polsprung der politischen Lager: Vor gut 200 Jahren wurde Europa von Feudalherren regiert, die sich sicher waren, dass sie das dumme Volk zu dessen eigenem Besten beherrschen müssen, weil nur sie wissen, was gut und richtig ist. Dem stellten sich die Demokraten entgegen, die sagten: Das Volk weiß selbst, was gut für es ist. Es wählt sich selber eine Regierung, die ihm keine Vorschriften macht, sondern ausführt, was das Volk will.

Jene, die lieber auf die Weisheit des Feudalherrschers bauen wollten, weil sie das Volk für zu dumm zur Selbstbestimmung hielten, saßen in der französischen Nationalversammlung rechts, die Demokraten nahmen links Platz. So kam es zu dieser Zuordnung.

Wo müsste sich die „Linke“ Sibylle Berg demnach niederlassen? Sie sagen es: rechts natürlich, und zwar ganz, ganz außen.

Da spüren wir, was die Geologen mit ihrer Warnung vor dem Holterdiepolter gemeint haben. Nichts bleibt an seinem Ort, alle müssen sich neu orientieren.

In dem Getöse sterben heilige Kühe wie die Fliegen auf dem Fladen. Gestern noch war die „Klimarettung“ so heilig wie dereinst religiöse Schriften, weshalb sich selbst die Kirchen mehr für Windräder und Wetterdiagramme zu interessieren schienen als für Glauben und Seelsorge.

Alles vergessen: Nun auf einmal führt Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius das edle Vieh zur Schlachtbank. Um Asylbewerber schneller unterzubringen, sollten die energetischen Bauvorschriften „ausgesetzt“ werden, fordert der Sozialdemokrat. Warten Sie’s ab: Bald kommt die Glühbirne zurück, weil man die in Mazedonien gewohnt ist. Und dann wird das Rauchen in Speisesälen wieder zugelassen, damit sich die jungen Männer aus Westafrika heimischer fühlen.

So etwas können nur die verruchten „Demokraten“ merkwürdig finden, die sich fragen, warum angesicht einheimischer Wohnungsloser niemand auf Pistorius’ Idee kam. Der Minister will auch das Vergaberecht bei öffentlichen Bauaufträgen aussetzen, das dazu zwingt, größere Vorhaben europaweit auszuschreiben. Das hat kleine, einheimische Betriebe massiv benachteiligt, die mit den internationalen Konzernen nicht mithalten konnten bei der Bewerbung. Doch dies interessierte ebenfalls keine Sau. Aber nun ...

Erstaunlich, was alles denkbar wird, sobald das Wort „Flüchtling“ im Text erscheint. Ob Steuersenkungen, die Ausrüstung der Bundeswehr, die Erhaltung von Polizeiwachen, Straßen, Schulen, Krankenhäusern – nichts ging: Immer hielt man uns die „knappen Kassen“, die „prekäre Lage der öffentlichen Finanzen“ unter die Nase. Da haben wir treuen Steuerbürger natürlich ganz still und einsichtig genickt.

Nachdem wir den Kopf nun wieder gehoben haben, sehen wir die Milliarden nur so umherfliegen bei der Kostenübernahme für die Asylantenbetreuung. Wir würden gerne fragen, wo das viele Geld über Nacht herkam. Tun wir aber nicht, schließlich wollen wir keine Terroristen sein.


MELDUNGEN / ZUR PERSON

Antisemitische Übergriffe

Berlin – Am Rande der internationalen Wettkämpfe von Sportlern jüdischer Makkabi-Vereine in Berlin Ende Juli kam es zu mehreren antisemitischen Übergriffen auf Teilnehmer und Wachleute. In Neukölln, wo 2000 Sportler wohnten, ist eine Makkabi-Gruppe antisemtisch angepöbelt worden, ebenso einige Wettkampfteilnehmer am S-Bahnhof Sonnenallee und Wachleute. Nur ein junger Araber konnte als mutmaßlicher Täter gefasst werden. H.H.

 

Schlüpfrige Presse-Ente

München – Das Pro7-„Wissensmagazin Galileo“ und „Focus-online“ sind einer peinlichen Presse-Ente aufgesessen. Beide berichteten von einer „Innovation auf dem Verhütungsmarkt“. Vorgestellt wurde ein Kondom zum Aufsprühen für Männer wie Frauen, mit dem sich alle „Anpassungsprobleme“ erledigt hätten. Später stellte sich heraus, dass die angebliche Neuerung lediglich ein Design-Projekt war, das niemals funktioniert hätte. H.H.

 

Rotes Tuch mit gelben Rändern

Die Presse ist ein übermächtiger Gegner, mit der man sich besser nicht anlegt. Das hätte Harald Range wissen müssen, bevor er im Fall der Internetblogger von „netzpolitik.org“ ein Ermittlungsverfahren wegen Landesverrats einleitete. Obwohl das Verfahren inzwischen ruht, steht der Generalbundesanwalt jetzt selbst unter Beschuss. Sogar seine Vorgesetzten, Justizminister Heiko Maas und Bundeskanzlerin Angela Merkel, distanzierten sich von ihm. Kein Politiker setzt sich gern dem Verdacht aus, die Pressefreiheit untergraben zu wollen.

Kurz vor seiner Pensionierung muss der 67-Jährige ausbaden, was ihm der Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen mit der Strafanzeige gegen die Internetjournalisten eingebrockt hatte. Dass sich Range ausgerechnet als FDP-Mitglied, dem die freiheitlichen Grundrechte ein hohes Gut sein sollten, mit der Pressefreiheit anlegt, andererseits aber in der NSA-Abhöraffäre um das Telefon der Kanzlerin untätig blieb, verwunderte auch so manchen Parteifreund. Von einer „Fehlbesetzung“ sprach dabei FDP-Vize Wolfgang Kubicki.

Tatsächlich ist Range für viele ein rotes Tuch, weil er 2011 nur dank seines Parteibuches von der damaligen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zum Generalbundesanwalt ernannt wurde. Bis dahin absolvierte der in Göttingen geborene Range eine Bilderbuchkarriere als Jurist bis hin zum Generalstaatsanwalt von Celle.

Als „unerträglichen Eingriff“ der Politik in die Unabhängigkeit der Justiz wehrte sich Range zuletzt gegen die fehlende politische Rückendeckung aus Berlin. Ein Affront gegen seinen Dienstherren! Wäre er jünger, hätte der ihn sofort entlassen. So aber hoffte Range wohl auf eine Gnadenfrist bis zur Pensionierung. Harald Tews


MEINUNGEN

Mark Schieritz fürchtet dramatische Folgen des Euro-Experiments. In der „Zeit“ (30. Juli) warnt er:

„Der Euro ist vielleicht eine der größten wirtschaftspolitischen Fehlentscheidungen des vergangenen Jahrhunderts – und wenn nicht schnell etwas passiert, wird er Europa zerstören ... Der Euro hat sich eben nicht als Wohlstandsmaschine, sondern als Wohlstandsvernichtungsmaschine erwiesen.“

 

 

Tilman Krause irritiert, dass im wiederaufgebauten Berliner Schloss so gut wie nichts zu Preußen und den Hohenzollern ausgestellt werden soll. Für dieses Kuriosum liefert er in der „Welt“ (31. Juli) eine verstörende Erklärung:

„Zu den vielen Verklemmtheiten, die unser Verhältnis zur eigenen Geschichte kennzeichnet, gehört unser Unverhältnis zu Preußen. Man muss es sich einmal auf der Zunge zergehen lassen ... Wir sind noch immer so befangen im Verständnis von deutscher Geschichte als Verhängnisgeschichte, dass nicht einmal ein so anregender Historiker wie der Brite Christopher Clark mit seinem positiven Preußenbild auf unsere staatsoffizielle Sicht von Preußen-Deutschland Einfluss zu nehmen vermag.“

 

 

Rainer Wehaus kritisiert in den „Stuttgarter Nachrichten“ (28. Juli) die Asylpolitik scharf. Insbesondere mit Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) geht er hart ins Gericht:

„Wer dafür sorgt, dass Asylbewerber hierzulande möglichst gut versorgt werden, der heizt die Flüchtlingsströme erst so richtig an, deren Opfer er nach jeder Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer wortreich beklagt. Der mästet die Schleuser-Mafia, die davon lebt, armen Menschen in aller Welt das Paradies zu versprechen. Und nicht zuletzt: Er gibt Geld aus, das ihm gar nicht gehört ... Kretschmanns Verhalten erinnert an einen Familienvater, der die Sparschweine seiner Kinder zertrümmert, um das Geld dann vor deren Augen mit großer Geste einem Bettler zu geben.“

 

 

„Focus“-Chefredakteur Ulrich Reitz stellt in seinem Editorial (1. August) klar, was ein echtes Einwanderungsland von Deutschland unterscheidet:

„Einwanderungsländer sind in erster Linie nicht human, sondern egoistisch. Sie definieren nationale Interessen und Bedürfnisse und suchen sich danach Einwanderer aus. Die anderen müssen draußen bleiben.“

 

 

Simon Poelchau erinnert im „Neuen Deutschland“ (29. Juli) daran, wofür die Deutsche Bahn eigentlich da ist, nämlich nicht, um als Konzern Profite abzuwerfen. in diesem Zusammenhang nimmt er auch Bahn-Chef Rüdiger Grube gegen Kritik in Schutz:

„Die Entscheidung, möglichst viel Profit aus dem Konzern zu schlagen, fiel nicht in der Bahnzentrale sondern in den Ministerien ... Sollen also Entlassungen und der Einstieg von Investoren verhindert werden, so ist jetzt die Politik gefragt. Dafür müsste jedoch die öffentliche Daseinsvorsorge wieder einen höheren Stellenwert erlangen als das kurzfristige Stopfen von Haushaltslöchern.“