18.04.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Ausgabe 10/16 vom 11.03.2016

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

In Wahrheit ein Desaster
EU-Türkei: Die Umverteilung von Flüchtlingen in Europa wird erneut scheitern

Der EU-Türkei-Gipfel endete als Steilvorlage für die AfD. Daran hatte ausgerechnet Kanzlerin Merkel einen entscheidenden Anteil.

Der EU-Türkei-Gipfel sollte den Durchbruch in der Flüchtlingspolitik bringen und so der AfD in letzter Minute vor den drei Landtagswahlen das Wasser zumindest ein wenig abgraben. Am Ende des Brüsseler Treffens musste jedoch sogar Angela Merkel einräumen, wie schwach das Resultat tatsächlich ausfiel.

„Viele waren sich einig, dass das ein Durchbruch ist“, fabulierte die Kanzlerin am Montag. Dünner geht es kaum. Dabei war es ausgerechnet Merkel selbst, die ein zumindest symbolisch starkes Signal der EU verhindert hat. Die Balkan-Route sei nun geschlossen, hatte es im ersten Entwurf des Schlussdokuments noch geheißen. Die Kanzlerin ließ die Formulierung streichen und verkündete: „Es kann nicht darum gehen, dass irgendetwas geschlossen wird.“

Damit hat sie den wichtigsten Trumpf gegenüber der Türkei und auch gegenüber Griechenland – das vergangenes Jahr ebenfalls versucht hatte, mit dem „Durchwinken“ von Flüchtlingen nach Deutschland Milliardenzusagen zu erpressen – fallen gelassen. Ihr Motiv: Merkel wollte den Balkan-Ländern, voran Ungarn, um keinen Preis nachträglich Recht geben.

Am 18. März soll weiterverhandelt werden mit der Türkei. Die angestrebte Einigung: Ankara sichert seine Westgrenze und von den syrischen Flüchtlingen, die zunächst in der Türkei verbleiben, wird jeder zweite in der EU verteilt. Dazu gibt es Visumfreiheit für Türken schon ab Juni, weitere Milliarden und ein beschleunigtes EU-Aufnahmeverfahren.

Eine Verteilung von 160000 Flüchtlingen hatte die EU bereits 2015 beschlossen, in Wahrheit wurden nur wenige hundert verteilt. Nichts spricht dafür, dass es diesmal besser läuft.

Für die Kandidaten von CDU und SPD bei den Landtagswahlen sind die Gipfel-Ergebnisse ein Desaster. Für die AfD dagegen bringen sie weiteren Rückenwind, nachdem sich die Partei bei den Kommunalwahlen in Hessen bereits eine glänzende Vorlage besorgt hat.

Regierungsnahe Medien trösten sich mit der geringen Wahlbeteiligung in Hessen. Die habe der AfD geholfen und werde sich am Sonntag so nicht wiederholen. Dabei übersehen sie: Bei ehemaligen Nichtwählern hat die AfD in Hessen besonders gepunktet. Das Lager der Wahlenthaltung erweist sich immer mehr als Transitzone für frühere Wähler der Etablierten auf dem Weg zu neuen Ufern.

Wenn die etablierten Parteien der jungen Konkurrenz begegnen wollen, sollten sie sich bei Horst Seehofer Nachhilfe holen. Der CSU-Chef tut die Befürchtungen im Volk nicht als „diffuse Ängste“ ab oder diffamiert sie gar als rechtsradikale Reflexe. Er versucht sich stattdessen als Stimme einer pragmatischen Vernunft. Die Folge: In Bayern verbucht die AfD mit ihre schwächsten Umfrage-Ergebnisse.   Hans Heckel


Aus dem Stand zum Triumph
AfD bei Kommunalwahl in Hessen drittstärkste Kraft – Etablierte Parteien realitätsfern und zu Selbstkritik unfähig

Das Trendergebnis der hessischen Kommunalwahl sorgt für Ernüchterung bei den etablierten Parteien und für Jubel beim Drittplatzierten, der erstmals angetretenen AfD. Überall dort, wo sie sich zur Wahl stellte, fuhr sie zweistellige Ergebnisse ein.

Die CDU bleibt mit landesweit 28,2 Prozent stärkste Partei, knapp vor der SPD mit 28,0 Prozent, der mit 13,2 Prozent die AfD folgt. Die Grünen kommen auf 11,6 Prozent und verzeichnen mit einem landesweiten Minus von 6,7 Prozentpunkten den größten Verlust aller Parteien. Im Vergleich zur letzten Kommunalwahl vor fünf Jahren verliert die CDU 5,5 und die SPD 3,5 Prozentpunkte, während die FDP deutlich um 2,4 Punkte auf 6,3 Prozent der Stimmen und die Linkspartei auf 3,7 Prozent kommt und damit ein Plus von einem Prozent einfährt. Die Wahlbeteiligung liegt bei nur 48 Prozent.

Zur Ermittlung des Trendergebnisses werden ausschließlich die Stimmzettel ausgezählt, bei denen die Wähler eine Liste angekreuzt haben. Da zudem auch bis zu drei Stimmen für einen Kandidaten abgegeben oder listenübergreifend Kandidaten gewählt werden dürfen, gestaltet sich die Ermittlung des endgültigen Endergebnisses langwierig, sodass es bei Redaktionsschluss noch nicht vorlag. Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass es gravierend von diesem Zwischenstand abweichen wird. In jedem Fall ist es eine kräftige Ohrfeige für die beiden großen Parteien, die sich zu Unrecht immer noch als Volksparteien sehen.

Dementsprechend hilflos und realitätsfern reagieren deren Vertreter auf das Wahlergebnis. Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sieht den Grund dafür in der geringen Wahlbeteiligung und beteuert, es sei „ganz sicherlich nicht“ ein Test für die bevorstehenden Landtagswahlen. Hessens CDU-Generalsekretär Manfred Pentz tröstet sich damit, dass der Erfolg der AfD mit der Arbeit der Landesregierung angeblich „nichts zu tun“ habe. Eva Högl, Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, betreibt Wählerschelte, statt sich dem eigenen Versagen zu stellen: „Es ist sehr erschreckend. Wahlen sind zu wichtig, um Denkzettel zu verpassen.“ Und der hessische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel will gleich das kommunale Wahlrecht ändern und zudem eine Drei-Prozent-Sperrklausel einführen, um das Erstarken von Konkurrenzparteien zu erschweren.

Nach Angaben der AfD zeigten die Detailergebnisse, dass sie in den Gegenden mit hohem Arbeiteranteil noch weit besser abgeschnitten habe als mit den landesweit durchschnittlich 16 Prozent. Dort wohnten die Leute, die unter dem Asylantenzustrom am meisten zu leiden hätten und erleben müssten, dass weder ihre Partei noch ihre Gewerkschaft sich um ihre Interessen kümmern würde. Die AfD habe in den betreffenden Gegenden gezielt Wahlwerbung betrieben. Sogar die von einem Parteiverbot bedrohte NPD erzielte mancherorts zweistellige Ergebnisse, allerdings nur dort, wo die AfD nicht angetreten war.

Auch bei den Parlamentswahlen in der Slowakei haben die etablierten Parteien einen herben Dämpfer erhalten. Die bisher allein regierenden Sozialdemokraten des Ministerpräsidenten Robert Fico blieben zwar stärkste Kraft, stürzten aber von 44 auf nur noch gut 28 Prozent ab. Während die Christdemokraten erstmals seit der politischen Wende vor 25 Jahren nicht mehr im Parlament vertreten sind, gelang der rechtskonservativen Volkspartei „Unsere Slowakei“ mit acht Prozent locker der Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde. Die neoliberale Partei „Freiheit und Solidarität“ des EU-Kritikers Richard Sulik erreichte 12,5 Prozent der Stimmen, die Protestpartei „Gewöhnliche Menschen“ von Igor Matovic landete nur knapp dahinter. Damit passt das slowakische Wahlergebnis zu dem in Polen, Ungarn sowie Tschechien und bestätigt den politischen Trend in den ehemaligen mitteleuropäischen Volksrepubliken.             Jan Heitmann


Jan Heitmann:
Doppelmoralist

Kann nichts, ist nichts, hat nichts. Qualifikation: Schwul. So könnte man den designierten Ex-Bundestagsabgeordneten Volker Beck (Grüne) charakterisieren, der mit harten Drogen erwischt wurde. Er ist das, was man als gescheiterte Existenz bezeichnen darf. Ohne Berufsausbildung, nicht einmal ein Kunstgeschichtsstudium hat er auf die Reihe gekriegt. Kein Wunder, dass er seine Biografie offiziell erst 1987 beginnen lässt. In dem Jahr wurde er „Schwulenreferent“ der Grünen-Fraktion, was ihn vor dem zu- künftigen Dauerbezug von Sozialhilfe bewahrt haben dürfte. Das Bundestagsmandat 1994 war dann schon mehr als ein warmer Regen, nämlich die gesicherte Alimentierung eines Zivilversagers durch den Steuerzahler. Aber das dürfte spätestens bei der nächsten Bundestagswahl vorbei sein. Seine Doppelmoral bringt ihn nun endlich dahin, wo er seinen Fähigkeiten und seinem Charakter entsprechend hingehört: ins Abseits.

Die meisten seiner Politikerkollegen und die Medien gehen mit Beck wegen seines Drogenkonsums hart ins Gericht, meinen aber, Häme wegen seines tiefen Falls sei deplatziert. Falsch! Gerade er hat jede Häme verdient. Denn nur wenige sind so unerträglich selbstgerecht aufgetreten, haben so wortgewaltig mit der Moralkeule um sich geschlagen, haben so dem politischen Gegner die Aufrichtigkeit abgesprochen wie er. Jetzt ist klar, dass der hochmütige Oberlehrer die Öffentlichkeit getäuscht hat. Er war nichts als ein Popanz, dessen politischer Erfolg einzig und allein auf seiner Fähigkeit zur Selbstdarstellung beruhte. Damit ist es jetzt vorbei, der Politiker Beck ist Vergangenheit. Niemand wird diesen scheinheiligen Doppelmoralisten vermissen.


S. 2 Aktuell

»Einflussloser Verein«
Gernot Facius kritisiert im PAZ-Interview die Entpolitisierung der Vertriebenenverbände

Der 1942 in Karlsbad geborene deutsche Zeitungsjournalist Gernot Facius schreibt seit Ende 2010 regelmäßig Artikel zu Themen aus der Vertriebenenpolitik. Der Christdemokrat ist seit 1988 Mitglied der Gesellschaft katholischer Journalisten (GKP). Die Fragen stellte Bernd Kallina.

PAZ: Herr Facius, Sie gehörten zu den Erstunterzeichnern der sudetendeutsch-tschechischen „Initiative Versöhnung ’95“ und beklagen sich 20 Jahre später in Ihrer soeben erschienen Streitschrift „Getäuscht und allein gelassen – Die deutschen Vertriebenen – Von Opferverbänden zu Trachtenvereinen?“ (Gerhard Hess-Verlag), dass sich Prag nicht ohne Wenn und Aber von der völkerrechtswidrigen Vertreibung der Sudetendeutschen distanziert habe. Was hatten Sie denn eigentlich erwartet und warum trat es nicht ein?

Gernot Facius: Fünf Jahre nach der „samtenen Revolution“ herrschte ja eine gewisse Euphorie. Von Vaclav Havel, ausgezeichnet mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, erhoffte man sich ein Zeichen der klaren Distanzierung von der Vertreibung. Es gab auch hoffnungsvolle Ansätze, aber bald zeigte es sich, dass selbst eine intellektuelle „Lichtgestalt“ wie Havel auf Dauer nicht in der Lage war, den nationalistischen Betonköpfen in seinem Land, die die rassistischen Benesch-Dekrete als Teil der tschechischen Staatsräson verteidigten, Einhalt zu gebieten. Am Schluss knickte er vor ihnen ein.

PAZ: Nun hat die Sudetendeutsche Bundesversammlung unter Sprecher Bernd Posselt das jahrzehntelange Satzungsziel der Landsmannschaft dahingehend verändert, dass eine „Wiedergewinnung der Heimat“ als „völlig veraltete Formulierung“ gestrichen wurde. Die Befürworter sehen darin ein hoffnungsvolles Signal – und Sie?

Facius: Dass die Formel „Wiedergewinnung der Heimat“ missverständlich sein kann, leuchtet selbst vielen Kritikern der „Reformpolitik“ ein. Man hätte natürlich mit einer geschickten Zusatzformulierung zu Paragraf 3 der Satzung klarstellen können, dass damit keine territorialen Ansprüche gemeint sind. Das ist leider unterblieben. Der Wertbegriff Heimat wurde nicht richtig gedeutet. Zudem ist auf die Abkehr von der über Jahrzehnte durchgehaltenen konkreten Forderung nach Restitution des konfiszierten Vermögens der Sudetendeutschen beziehungsweise nach Entschädigung kein Signal aus dem offiziellen Prag gefolgt, das als Beginn eines konstruktiven Dialogs mit den ehemaligen Mitbewohnern Böhmens, Mährens und Schlesiens angesehen werden könnte. Im Gegenteil, man betrachtet das alles als selbstverständlich, Staatspräsident Milos Zeman nennt die Sudetendeutsche Landsmannschaft (SL) einen „einflusslosen Verein“, über den die Zeit hinweggegangen sei. Alles abgehakt!

PAZ: Was bedeutet das?

Facius: Man muss sich frei machen von der Hoffnung, dass die Satzungsreform Positives bewirken werde. Gegen den Hauptstrom der politischen Meinung in Prag vermag selbst der christdemokratische Parteichef Pavel Belobradek, der an den Sudetendeutschen Tag 2015 in Augsburg eine Videobotschaft gerichtet hatte und später das Sudetendeutsche Haus in München besuchte, nicht zu schwimmen. Aus der tschechischen „nationalen Front“ gegen die Sudetendeutschen bricht so leicht keiner aus. Er sei froh, sagte der von Posselt hofierte Belobradek nach dem ersten Versuch der Satzungsänderung, dass auf der Bundesversammlung „kein einziges Wort über die Benesch-Dekrete oder die Rückgabe von Eigentum“ gefallen sei.

PAZ: Als Motiv für diese Satzungsänderung, die kürzlich von der Bundesversammlung der SL mit 72 Prozent bestätigt wurde, äußern Sie in Ihrem Buch eine zu weitgehende Anpassung an Erwartungen der CSU. Was meinen Sie damit genau?

Facius: Nun, es ist doch nicht zu übersehen, dass die bayerische Staatsregierung und die CSU unter Horst Seehofer in der Tschechischen Republik eigene, auch ökonomische Absichten verfolgt. Es existiert bereits eine bayerische Repräsentanz an der Moldau, eine Art weiß-blaue Botschaft. Seehofer und seine Minister werden nicht müde, das Hohe Lied auf die guten bayerisch-tschechischen Beziehungen zu singen. Da müssen die Vertriebenen eben auf als störend empfundene Forderungen verzichten – trotz der „Schirmherrschaft“ des Freistaates über die sudetendeutsche Volksgruppe.

PAZ: Ihre Bilanz ist ja nicht gerade ermutigend, wenn man einmal die traditionellen Forderungen der im BdV organisierten Vertriebenen sich vor Augen hält. Sind sie tatsächlich auf dem Weg „von Opferverbänden zu Trachtenvereinen“, wie der Untertitel Ihres Buches nahelegt?

Facius: Man mag es ja als polemisch empfinden, dass in dem Buch von einer Mutation von Opferverbänden zu Trachtenvereinen die Rede ist. Aber ist meine Formulierung wirklich von so weit hergeholt? Seit Jahr und Tag wurden, vom „Blechtrommler“ Günter Grass bis zur ehemaligen Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer, die Vertriebenenorganisationen aufgefordert, sich auf böhmischen Barock, schlesische Mundarten und folkloristische Begegnungen zu konzentrieren, aber politisch „endlich das Maul zu halten“ (Grass). Wenn man die Arbeit der Landsmannschaft von konkreten politischen Forderungen entkernt, diese vielleicht gerade noch in wohlklingende, aber schwammige Formulierungen unter Verweis auf die EU-Grundrechtscharta verpackt, begibt man sich auf einen Weg hin zu „Trachtenvereinen“. Und dieser Weg ist nicht ohne Risiko: Er birgt die Gefahr eines verbandsinternen „Krieges der Generationen“: Erlebnisgeneration gegen Bekenntnisgeneration. Das alles könnte letztlich die Sudetendeutsche Landsmannschaft wie alle anderen Organisationen der Vertriebenen weiter marginalisieren.


Wie islamische Staaten Schwule behandeln
Ob der Koran, in dem gleichgeschlechtliche Liebe nicht erwähnt wird, über Homosexuelle urteilt, ist umstritten

Obwohl im Koran Homosexualität gar nicht erwähnt wird, verfolgen immer mehr islamische Staaten die gleichgeschlechtliche Liebe, der IS sogar mit Tod durch Stoßen von einem Hochhaus. Mindestens 25 Homosexuelle sind in Syrien durch den sogenannten Islamischen Staat (IS) ermordet worden, wie eine in Großbritannien ansässige Monitoring-Gruppe im Januar mitteilte und wie ins Internet gestellte Videos des IS bestätigen. Die Opfer, darunter ein Rollstuhlfahrer, wurden zumeist von einem Hochhaus in der vom IS beherrschten Stadt Deir ez-Zor in den Tod gestoßen.

Die neueste und brutalste Hinrichtungsmethode des IS wurde vor den Augen von Tausenden von Schaulustigen durchgeführt, darunter auch vielen Kindern. Diejenigen Opfer, die den Sturz überlebt haben, wurden dann am Boden liegend von zahlreichen Zuschauern zu Tode gesteinigt. Zwei der Getöteten waren unter 18 Jahre alt. Die Beschuldigungen der Homosexualität seien allesamt per Denunziationen, oberflächlichen Informationen und ohne gerichtliche Untersuchung erfolgt, behauptet gegenüber einer Nachrichtenagentur der Bürgerrechtler Rawd Ahmed. Er sagte: „Obwohl das islamische Recht Homosexualität verbietet, gab es solch eine brutale Bestrafung wie vom IS nie in der Geschichte des Islam.“

Die Verwendung der neuen Hinrichtungsmethode des zu Tode Stürzens könnte auch damit zu tun haben, dass dem IS langsam die Scharfrichter ausgehen. Nachdem im November letzten Jahres der Brite Jihadi John, der für die Hinrichtung einiger ausländischer Journalisten verantwortlich war, bei einem US-Luftschlag in der Nähe von Raqqa getötet wurde, und auch der deutsche Rapper, Denis Cuspert aus Berlin, alias Deso Dogg, der ebenfalls öfters mit abgeschlagenen Köpfen posiert hatte, einem Luftschlag zum Opfer fielen, scheint nun der aus Luxemburg stammende Portugiese und Ex-Rapper Steve Duarte zum Chefvollstrecker des IS aufgestiegen zu sein.

Nach Aussage des Islamwissenschaftlers Thomas Bauer aus Münster ist der Islam jahrhundertelang tolerant mit homosexuellen Menschen umgegangen. In der arabisch-islamischen Kulturgeschichte zwischen 800 und 1800 findet sich „kaum eine Spur von Homophobie“. Dagegen sind aus der islamischen Literatur zahlreiche homoerotische Gedichte überliefert. Hâfiz – ein Dichter aus dem heutigen Iran, der im

14. Jahrhundert gelebt und der später unter anderem Johann Wolfgang von Goethe zu seiner Gedichtsammlung „West-östlicher Divan“ inspiriert hat – ist mit Versen über homoerotisches Verlangen zu einem der größten Poeten der islamischen Geschichte geworden. Ob der Koran selbst über Homosexuelle urteilt, ist umstritten. Gleichgeschlechtliche Liebe wird dort an keiner Stelle erwähnt. Meist werde die auch im Koran erwähnte biblische Geschichte von Sodom und Gomorra herangezogen, um sexuelle Orientierungen jenseits der Heterosexualität zu delegitimieren. Nichts lässt jedoch darauf schließen, dass Gott Sodom und Gomorra zerstörte, weil die Bewohner gleichgeschlechtlichen Sex hatten. Es geht in dieser Geschichte auch im Koran nicht primär um Homosexualität.

Vor der Islamischen Revolution im Iran im Jahr 1979 ist im islamischen Nahen Osten und Nordafrika angeblich kein Fall bekannt, in dem ein Mann aufgrund von einvernehmlichem Sex mit einem anderen Mann strafrechtlich angeklagt worden wäre. Heute werden in vielen islamischen Staaten Homosexuelle strafrechtlich verfolgt. In sieben Staaten, darunter auch Saudi-Arabien, das allgemein als Lehrmeister des IS gilt, steht auf Homosexualität die Steinigung. Aber es wird auch geduldet, dass Homosexuelle in Scheinehen flüchten. Durch die strikte Geschlechterteilung ist die arabische Öffentlichkeit eine fast rein männliche. Der Anthropologe Malek Chebel spricht, wenn Männer Hand in Hand spazierengehen, von Homosensualität. Solche Körperkontakte können verführerisch wirken für junge Männer in extrem geschlechtertrennenden Gesellschaften.

Jessica Stern, die Geschäftsführerin der Internationalen Homosexuellen- und Lesben-Menschenrechtskommission, sagte vor den Vereinten Nationen im August 2015, dass der IS eigene Gerichte in Syrien und im Irak errichtet habe, die Männer des Verbrechens der Sodomie für schuldig befinden sollen. Über die Zahlen, wie viele Menschen bislang diesen Gerichten zum Opfer gefallen sind, variieren die Zahlen. Frau Stern betonte, dass die Verfolgung von homosexuellen Menschen im Irak und in Syrien lange vor der Entstehung des IS begonnen habe. Sie forderte die UN auf, gegen diese unmenschliche und abscheuliche Praxis vorzugehen und mehr humanitäre und menschenrechtliche Aktivitäten für die Homosexuellen durchzusetzen.            Bodo Bost


MELDUNGEN

Dem Zustrom nicht gewachsen

Berlin – Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben der Bundesregierung an den EU-Außengrenzen rund 1,8 Millionen unerlaubte Grenzübertritte registriert. Die betroffenen Mitgliedstaaten wären und seien dadurch außergewöhnlichen Herausforderungen ausgesetzt. Demnach seien sie zu einer effektiven Grenzkontrolle und zur Identifizierung und Registrierung irregulärer Grenzgänger „nicht oder nur bedingt in der Lage“. Diese Lageentwicklung habe „angesichts unzureichender personeller und materieller Ressourcen sowie der fehlenden Möglichkeit zur Einleitung und Durchführung grenzpolizeilicher Maßnahmen deutlich gemacht, dass auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten die vorhandenen Strukturen den Herausforderungen eines solchen Zustroms nicht gewachsen sind“.           U.M.

 

Chemiewaffen bei IS gefunden

Ramadi – In der irakischen Provinz Anbar haben Regierungs-Soldaten ein Chemiewaffenlager des IS entdeckt. Es wird angenommen, dass die Terroristen diese Kampfstoffe im nordirakischen Sindschar eingesetzt haben. Die russische Agentur Sputnik veröf-fentlichte exklusive Bilder der tödlichen Arsenale. Das Lager befindet sich im Westen von Ramadi, 110 Kilometer westlich von Bagdad. Die Stadt war bis vor kurzem unter der Kontrolle des IS, wurde aber in den letzten Februartagen freigekämpft. Das Lager war vermint, so dass der Zugang erst freigeräumt werden musste. Es wurden 40 Behälter mit Vinyltrichlorsilan (UN-Bezeichnung Corrosive UN 1305) sichergestellt, einer giftigen Substanz, die schwere Verätzungen der Haut, der Atemwege und des Verdauungssystems verursacht. Ein iraki-scher Offizier sagte dazu: „Die Daesh-(IS)-Terroristen beladen mit diesem chemischen Stoff ihre Minen und Raketen, mit denen sie dann die Zivilisten und die Sicherheitskräfte beschießen.“        FS

 

Japan geht auf Russland zu

Tokio – Die japanische Führung unter Ministerpräsident Shinzo Abe sucht die Annäherung an Russland. Den Japanern geht es nicht zuletzt um den Abschluss eines formalen Friedensvertrages, der seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges auf sich warten lässt, sowie um die Rückgabe zumindest eines Teils der Kurilischen Inseln. Abe nahm daher während des G20-Gipfels im November den Kontakt zu Putin auf und vereinbarte anschließend im Januar in einem Telefonat inoffizielle Besuche beider Staatschefs im jeweils anderen Land, wobei er selbst voraussichtlich am 6. Mai nach Sotschi reisen und dort Unterredungen mit der russischen Staatsführung führen wird. Diese japanisch-russische Annäherung beunruhigt die USA, zu deren treuesten Freunden Japan seit dem Kriegsende gehörte. US-Präsident Barack Obama rief deshalb persönlich Ministerpräsident Abe an, um ihn zu einer Absage seines Besuchs zu bewegen, holte sich von diesem aber einen klaren Korb. Offensichtlich geht nun auch nach japanischer Ansicht die pazifische Vormachtstellung der USA zunehmend ihrem Ende entgegen.          T.W.W.


S. 3 Deutschland

Merkels Lügengebäude wankt
Die Behauptung, die deutsche Gesellschaft könne durch Zuwanderung »nur gewinnen«, ist längst widerlegt

Je länger sich die Zuwanderungskrise hinzieht, desto offensichtlicher entpuppt sich eine Reihe von Behauptungen zur Asylpolitik von Politik und Medien als Propaganda und regelrechte Lügen.

Wenig mit der Realität zu tun hat bereits der pauschalisierend gebrauchte Begriff „Flüchtlinge“. So geht sogar die EU-Kommission davon aus, dass ein großer Teil der über die sogenannte Balkanroute kommenden Personen wieder zurück muss. Der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ zufolge geht man in Brüssel davon aus, dass etwa 40 Prozent dieser Menschen keine realistische Aussicht auf Asyl oder Flüchtlingsschutz in der Europäischen Union haben. Dies wird wahrscheinlich wenig daran ändern, dass in der öffentlichen Diskussion an dem Begriff „Flüchtlinge“ festgehalten wird.

Weitgehend verschwunden ist dagegen die Darstellung, wonach mit der Menschenflut Fachkräfte ins Land kämen. So wies Raimund Becker, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, gegen­über der „Süddeutschen Zeitung“ unlängst darauf hin, dass etwa 80 Prozent der „Flüchtlinge“ ohne formale Qualifikation nach deutschen Standards in die Bundesrepublik kämen. „Diese Menschen, die heute zu uns kommen, sind nicht die Fachkräfte von morgen. Sie sind die Fachkräfte von übermorgen“, so die Einschätzung Beckers. Skeptisch zu sehen ist damit auch die Prophezeiung, „hochmotivierte, junge Flüchtlinge“, würden ein neues „Wirtschaftswunder“ in Gang bringen, wie dies etwa vom Daimler-Chef Dieter Zetsche im September letzten Jahres zu hören war. Statistiken des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) lassen befürchten, dass die Zuwanderungswelle kein Wirtschaftswunder, sondern eine Belastung der Sozialkassen verursachen wird. Demnach liegt die Beschäftigungsquote von Asylanten aus den derzeit wichtigsten Herkunftsländern weit unter dem deutschen Durchnittswert von über 60 Prozent. So betrug die Beschäftigungsquote bei Afghanen im letzten November nur 24,5 Prozent, bei Syrern sogar nur rund neun Prozent. Dass Deutschland als hochentwickelte Industrienation generell in der Lage sein wird, eine große Zahl von Arbeitsplätzen für Geringqualifizierte bereitzustellen, darf stark bezweifelt werden. Entsprechend ist Skepsis bei der Behauptung angebracht, die Zuwanderer seien „eine Bereicherung für Deutschland“.

Bereits abzusehen ist, dass auf die Deutschen immense finanzielle Belastungen zukommen werden. Noch bis Mitte letzten Jahres war sehr vage lediglich von einem einstelligen Milliardenbetrag die Rede: „Allein in diesem Jahr werden sich die Ausgaben auf mindestens fünf Milliarden Euro verdoppeln... Die tatsächlichen Kosten liegen vermutlich noch höher, da nicht alle Bundesländer präzise Zahlen nennen“, berichtete etwa die „Bild“ im Juli 2015. Mittlerweile prognostiziert das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft für die Jahre 2016 und 2017 knapp 50 Milliarden Euro. Ins Bild passen auch Berechnungen des Freiburger Finanzwissenschaftlers Bernd Raffelhüschen, wonach pro Zuwanderer Kosten in Höhe von 450000 Euro entstehen. Entsprechend zu bewerten ist die Behauptung, wonach die Zuwanderer künftig die Rente für die heutige Erwerbsgeneration zahlen würden, so etwa die Darstellung von SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann im September 2015. Die niedrige Beschäftigungsquote und die fehlenden Qualifikationen sprechen realistischerweise dagegen, dass aus den Zuwanderern im Regelfall auch Arbeitnehmer und Beitragszahler werden.

Mit den Ereignissen der Kölner Silvesternacht ganz offensichtlich hinfällig ist auch die Behauptung, die Zuwanderungswelle würde nicht mit einer Erhöhung der Kriminalität einhergehen. Kaum noch ernst zu nehmen sind auch Behauptungen, bei den Asylunterkünften würde es sich sogar um Orte mit ganz besonders wenig Kriminalität handeln. Massenschlägereien, Tötungsdelikte und sexuelle Gewalt in den Unterkünften sorgen mittlerweile regelmäßig für Schlagzeilen. Mit den Anschlägen von Paris vom vergangenen November ist auch die Behauptung widerlegt, dass sich die Terrorgefahr nicht erhöht habe. Stellvertretend für die Tonlage, die lange zu vernehmen war, kann das ARD-Magazin „Monitor“ vom 15. Oktober 2015 stehen: „Die Warnungen vor der angeblichen Terrorgefahr durch vermehrte Zuwanderung von Flüchtlingen reißen nicht ab. Immer wieder warnen Innenpolitiker und sogenannte Sicherheitsexperten davor, dass sich IS-Kämpfer oder andere Dschihadisten gezielt unter die Flüchtlinge mischen, um nach Deutschland zu gelangen. Ein Spiel mit der Angst der Bevölkerung, sagen Fachleute.“ Nur vier Wochen später waren die von der ARD bemühten „Fachleute“ von der Realität widerlegt: In Paris kam es am 13. November 2015 zu Terroranschlägen von Islamisten mit 130 Toten und mehr als 350 Verletzten. Seitdem sind auch in Deutschland wiederholt „Flüchtlinge“ wegen Terrorverdachts ins Visier der Sicherheitsbehörden geraten.    Norman Hanert


Zahnarzt-Sieg vor dem BGH
Bewertungsportale wie Jameda müssen Bewertungen überprüfen

Die Suche nach einem passenden oder bezahlbaren Arzt scheint für Patienten dank Internet leicht. Wer sucht, stößt häufig auf Bewertungsportale wie Jameda oder Docinsider. Dass Ärzte nicht alles hinnehmen müssen, was dort über sie verbreitet wird, urteilte jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) in letzter Instanz. Ein Zahnarzt klagte gegen eine negative Bewertung in einem Netzportal. Er habe den Patienten nie behandelt – das Gericht gab ihm Recht (Az.: VI ZR 34/15).

Eine solche Bewertung könne seine berufliche Existenz gefährden, urteilte das Gericht und sah dabei die Anonymität des Internet kritisch. Die Macht der Bewertungsportale scheint damit korrigiert, die Portale müssen künftig Belege liefern. Die Prüfbarkeit dürfe andererseits nicht den wirtschaftlichen Betrieb der Portale verhindern, so die Karlsruher Richter. Das Urteil könnte auch für die Bewertung anderer Berufsgruppen im Netz wegweisend sein.

Das beklagte Portal Jameda hatte die strittige Bewertung zunächst gelöscht, nach einer Prüfung aber wieder online gestellt. Dieser Vorgang und der lange Instanzenweg legen das Dilemma der Bewerter bloß. Mitunter erscheinen negative Kommentare von Nutzern gar nicht oder werden nach wenigen Tagen auf den Seiten gelöscht. Ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen, fällt den Portalen schwer.

Vergangenen Juni legte der Norddeutsche Rundfunk (NDR) im Magazin „Markt“ offen, dass ein Arzt eine negative Bewertung mit der Begründung, sie enthalte eine „Tatsachenbehauptung“, entfernen ließ. Der Arzt hatte fast nur positive Bewertungen.

Geschäfte machen die Portale nicht nur mit den Bewertungen der Patienten, sondern mit dem Wunsch mancher Ärzte nach positiver Außendarstellung. Die ist ihnen auf den sonst in der Wirtschaft üblichen Kanälen weitgehend verwehrt. Klassischer Werbung stehen trotz jüngster Liberalisierung das Heilmittelwerbegesetz (HWG) und die Berufsordnung der deutschen Ärzte (MBO) entgegen. Vergleichende oder anpreisende Werbung sind untersagt. Abwerbung von Patienten gilt als höchst unethisch, ist aber zugleich beispielsweise für viele Zahnärzte verlockend. Statt die Grenzen sachlicher Information werbend auszuloten, ist für manche der Einfluss auf Bewertungen von Patienten ein vielversprechenderer Weg. Hier ist die vermeintliche Glaubwürdigkeit groß. Die Idee zur Einflussnahme haben manche Bewerter selbst beschworen. Sie wollen beiden Seiten zugleich dienen, bieten Dienste „für Ärzte“, beispielsweise spezielle „Siegel“. Die Praxen bezahlen dafür. Das Siegel „Gold“ kann jährlich 780 Euro kosten – im Austausch warb bis vor Kurzem manches Portal, einen „verantwortungsvollen Umgang mit Patientenmeinungen“ zu gewährleisten. Doch warum für das Recht, nicht verleumdet zu werden, zahlen? Für einige Ärzte ist es nun verführerischer denn je, den Spieß umzudrehen: Wir haben die Akten und Fakten und vor Gericht den längeren Hebel.

Manche Bewertungsportale haben ihre Eigenwerbung nun verändert. „Das Jameda-Qualitätsteam garantiert allen Ärzten – unabhängig davon, ob sie Kunden sind oder nicht – einen verantwortungsvollen Umgang“, heißt es jetzt auf der Jameda-Seite. Patienten sollten allzu positiven, aber detailarmen Wertungen kritisch begegnen, besonders wenn bestimmte Floskeln immer wieder auftauchen.  SG


Erhobener Finger statt Dank
Balkanstaaten sind »Wartezone« für Merkels »Willkommenskultur«

Selbst Papst Franziskus hat von einer arabischen Invasion Europas gesprochen. Dieser Eindruck drängt sich beim Anblick tausender aggressiver junger arabischer Männer an der griechisch-mazedonischen Grenze auf, die mit Eisenstangen bewaffnet versuchen, die Grenze eines souveränen europäischen Staates gewaltsam zu stürmen. Die von Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem ähnlichen Ansturm in Ungarn im Spätsommer 2015 eingeleitete „Willkommenskultur“ könnte mit dem Grenzsturm auf Mazedonien ein Ende gefunden haben. Denn diesmal ließ sich die Kanzlerin trotz „Merkel, wo bist du? Mama Merkel, hilf uns!“-Rufen nicht erwärmen und schickte keine deutschen Sondermaschinen, um die Grenzstürmer direkt nach Deutschland zu holen, obwohl sie die mazedonische Regierung dazu aufgerufen hatte, die Grenze zu öffnen. Die Bilder der Grenzstürmung haben auch deutlich gemacht, dass sich in Berlin der Einwanderungsmagnet befindet, dessentwegen sich ein nicht abreißender Strom von Einwanderungswilligen über viele Grenzen Asiens und Europas hinweg auf den Weg gemacht hat.

Angesicht des fortschreitenden Chaos in Griechenland sprechen viele Kommentatoren von einem ersten „failed state“ in Europa. Denn Athen schaut vollkommen macht- und hilflos bei dieser Invasion zu. Von griechischer Polizei oder Militär ist jedenfalls an der Grenze, einer Schengen-Außengrenze, die Griechenland einst sich verpflichtet hatte, mit allen Mittel zu schützen, schon lange nichts mehr zu sehen. Mazedonien dagegen ist weder EU- noch Schengen-Mitglied. Aber jetzt schützt es auch die Grenzen der anderen Balkanländer und der ganzen Rest-EU. Deshalb erhält es die Unterstützung dieser Länder, allen voran Österreichs. Deutschland jedoch beteiligt sich nicht an dieser Hilfe.

Während die Kanzlerin nichts tut, um, wie versprochen, die Flüchtlingszahlen zu senken, haben die Balkan-Länder begonnen, aktiv etwas für die Grenzsicherung zu tun, von der Deutschland am meisten profitiert. Als Dank erhebt das Kanzleramt weiterhin den moralischen Zeigefinger gegen die EU-Partner, die nicht bereit sind, auf unabsehbare Zeit und in unabschätzbaren Dimensionen sich von illegalen Einwanderern fluten zu lassen. Weder Österreich, das sich mit seiner Kontingentierung des Zustroms an die Spitze dieser Länder gesetzt hat, noch Mazedonien oder sonst ein EU-Land möchte zur „Wartezone“ für Merkels „Willkommenskultur“ werden. Der mazedonische Präsident Djordje Ivanov hat wie Merkel bei seiner Amtseinführung geschworen, Unheil von seinem Volk abzuwenden. Doch anders als sie vertraut er dabei auf seine eigene Kraft. Wenn er auf EU-Vorgaben gewartet hätte, „wäre Mazedonien mit Flüchtlingen überschwemmt worden“, ist er überzeugt. Und damit auch Deutschland.

Die Bilder aus Mazedonien sprechen eine klare Sprache: Hier haben wir es nicht mit hilfsbedürftigen „Schutzsuchenden“ zu tun, sondern mit zu allem entschlossenen „Eindringlingen“. So heißen Asylbewerber offiziell seit vier Jahren in Israel, das sich Merkel zum Vorbild bei der Integration von Zuwanderern nimmt. Das hat sie anlässlich der jüngsten deutsch-israelischen Regierungskonsultationen erklärt.

                Bodo Bost


MELDUNGEN

Riesenerfolg für Volksinitiative

Hamburg – Die Volksinitiative „Hamburg für gute Integration!“ hat in nur fünf Tagen 26000 Unterschriften gegen Großunterkünfte für Asylbewerber gesammelt. Für einen Erfolg hätten 10000 Unterschriften im Laufe eines halben Jahres gereicht. Ziel ist eine Begrenzung der Unterkünfte auf höchstens 300 Bewohner. Standorte mit mehr als 100 Plätzen sollen mindestens einen Kilometer auseinander liegen. Außerdem soll es einen neuen Verteilungsschlüssel geben. Sollten die Verhandlungen mit dem Senat nun nicht den gewünschten Erfolg bringen, wäre der nächste Schritt ein Volksbegehren, für das innerhalb von drei Wochen 60000 Unterschriften zusammenkommen müssten.                U.M.

 

Nord-CDU will Schweinefleisch

Kiel – Die schleswig-holsteinische CDU kämpft für Schweinefleisch auf dem Speiseplan. In einem Parlamentsantrag fordert sie die Landesregierung auf, „sich dafür einzusetzen, dass Schweinefleisch auch weiterhin im Nahrungsmittelangebot sowohl öffentlicher Kantinen als auch in Kitas und Schulen erhalten bleibt“. Immer mehr Küchen würden Schweinefleisch aus ihrem Angebot nehmen, um auf religiöse Gebräuche Rück­sicht zu nehmen. Das sei falsch. „Wir setzen auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Dazu gehört in unserer Kultur auch der Verzehr von Schweinefleisch“, sagt Fraktionschef Daniel Günther. Wer das nicht essen wolle, müsse es nicht tun. Niemand solle dazu verpflichtet werden. Die CDU wolle aber auch nicht, dass die Mehrheit deshalb auf Schweinefleisch verzichten muss: „Der Minderheitenschutz – auch aus religiösen Gründen – darf nicht dazu führen, dass eine Mehrheit aus falsch verstandener Rücksichtnahme in ihrer freien Entscheidung überstimmt wird.“ J.H.


S. 4 Fünf Jahre Energiewende

Teures Wachstum
Der Anteil der Erneuerbaren Energien nimmt stetig zu

Der Anteil von Ökostrom im deutschen Stromnetz ist im vergangenen Jahr auf ein neues Rekordhoch geklettert. Fast jede dritte Kilowattstunde (32,5 Prozent), die in der Bundesrepublik verbraucht wurde, stammte aus Wind-, Solar-, Wasser- oder Bioenergiekraftwerken. Das geht aus einer Studie der Öko-Organisation Agora hervor.

Im Jahre 2014 lag der Ökostrom­anteil noch bei 27,3 Prozent. Mit diesem Zuwachs sei Deutschland auf dem besten Wege, das von der Bundesregierung ausgegebene Ziel für den Anteil von Ökostrom zu erreichen, so Angora. Bis zum Jahr 2025 sollen 40 bis 45 Prozent des Stroms aus Erneuerbaren Energien stammen.

Für den starken Zuwachs hat vor allem die Windenergie gesorgt. Sie nahm im Vorjahresvergleich um 50 Prozent zu. Dabei ist gerade diese Technologie heftig umstritten. „Wenn es mit der Entwicklung der Windenergie weitergeht, wie von der Bundesregierung geplant, wird Windstrom in 15 Jahren insgesamt billiger sein als fossile Energieträger, selbst dann, wenn der Preis fossiler Brennstoffe in Zukunft stagniert“, erklärte Jürgen Schmid vom Frauenhofer-Institut gegen-über dem Nachrichtenmagazin „Focus“. Bereits jetzt koste On-shore-Strom (also auf dem Land und nicht auf dem  Meer gewonnene Windernergie )bei guten Verhältnissen weniger als der momentane Kurs an der Börse. „Wind schädigt unsere Volkswirtschaft nicht“, lautet das Fazit des Forschers.

Wesentlich kritischer fällt dagegen die Analyse des „Manager Magazins“ aus. Der Windkraftausbau in Deutschland funktioniere nach dem Muster: Viel hilft viel. „Wie im Schlussverkauf rissen sich Investoren um die verfügbaren Flächen. Geld gibt es ja weiterhin für jede produzierte Kilowattstunde über die feste Einspeisevergütung – ganz gleich wie sehr sie in dem Moment benötigt wird“, heißt es. Produce and forget würden Energiefachleute dieses Prinzip etwas abschätzig nennen.

Deutschland ist nach Experteneinschätzung eine Region mit einem „stabilen Windaufkommen“. Sprich: Hierzulande weht grundsätzlich genug Wind, um das Land dauerhaft zu versorgen. Allerdings gibt es auch Befürchtungen vor einem „Zuviel“. Noch werden Dis­kus-sionen darüber geführt, ob man Windkraftanlagen mit Speichern versorgen müsse, die allerdings sehr teuer sind. Auch ein automatisches Abschalten der Anlagen wird diskutiert. Bei einem Orkan könnte beispielsweise Strom im Überschuss produziert werden und damit die Strommärkte in Turbulenzen stürzen. Als problematisch hat sich zudem herausgestellt, dass die Anlagen wesentlich wartungsintensiver sind als ursprünglich gedacht. Zwei prominente Hersteller – Siemens und Senvion – haben zuletzt ihre Rückstellungen deutlich erhöht, um Gewährleistungsansprüchen nachkommen zu können. Bei beiden Herstellern schwächelten unter anderem Rotorlager in den Windparks.

Diese Diskussion um die Windenergie hat auch eine ökologische Komponente. Die Anti-Windkraft-Bewegung hat für tiefe Risse innerhalb der Grünen geführt. In Bayern, Rheinland-Pfalz und dem Saarland kam es zu erbitterten Streitigkeiten auf kommunaler Ebene, ganze Gemeinderatsfrakti-onen zerlegten sich. In Bayern zeigte sich Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) so beeindruckt, dass seine Regierung extrem große Abstände der Anlagen von Wohnhäusern durchsetzte. Der weitere Ausbau der Windkraft im Freistaat ist damit so gut wie gestoppt. „Schattenwurf“, „Wellenbeeinträchtigung“ oder auch „Vo-gelfallen“ sind Schlagworte dieser Diskussion.         Peter Entinger


Deutscher Sonderweg
Der Einsatz der Kernkraft ist in der EU Sache der Mitgliedsländer

Die konkrete Ausgestaltung der Energiepolitik bleibt innerhalb der Europäischen Union Sache der Mitgliedsstaaten. Sie können selbst entscheiden, welche Rolle die Kernenergie in ihrem Land übernehmen soll, wie sie die Effizienzziele erreichen oder die Erneuerbaren Energien fördern wollen. „20-20-20“ lautet das Ziel – die Energieeffizienz soll bis 2020 um 20 Prozent steigen, die erneuerbaren Energien sollen 20 Prozent des Energieverbrauchs decken und die Kohlendioxidemissionen um 20 Prozent zurückgehen. Allerdings liegen viele Mitgliedsländer hinter dem Zeitplan.

Der von Bundeskanzlerin Angela Merkel durchgesetzte Atomausstieg ist ein deutscher Sonderweg. Gerade im Osten Europas gilt Kernkraft aufgrund der billigen Erstellung als ideale Stromversorgung.

Aber auch in Ländern wie Großbritannien oder Finnland werden derzeit noch neue Meiler gebaut. Wie in vielen anderen Ländern erreichen in Großbritannien die meisten Kernkraftwerke bald ihre Altersgrenze. Daher beobachten viele Mitgliedsländer mit Spannung, wie sich die Situation auf der Insel entwickelt. Denn die Kernkraft ist auch in Großbritannien nicht unumstritten. Große Teile der britischen Wirtschaft und Finanzexperten laufen Sturm gegen die massiven Atomsubventionen. Für das Geld könne man auch moderne Gaskraftwerke mit einer Leistung von 50000 Megawatt bauen, sagte Energieanalyst Peter Atherton von der Investmentbank Jefferies, wie der „Guardian“ berichtet. 2009 beschloss die britische Regierung ein sogenanntes Klimaschutzgesetz, das eine Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes bis zum Jahr 2050 um bis zu 80 Prozent vorsieht. Unter sogenannten Klimaschützern gab es damals viel Lob, denn selbst Deutschland hat keine rechtlich verbindlichen Ziele für die Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes.

Die britische Regierung sprach im vergangenen Herbst davon, ebenfalls eine Energiewende gesetzlich festzulegen. Allerdings sind die Inhalte andere als in Deutschland. So sollen die Kohlekraftwerke innerhalb von zehn Jahren dichtgemacht werden. Man wolle damit „dem Rest der Welt ein Beispiel geben“, so Energieministerin Amber Rudd.                P.E.


Ökostrom wird mit Milliarden subventioniert

Unter „Energiewende“ versteht man, dass die bisherige Energieversorgung mittels Kernenergie, Kohle, Öl und Gas abgelöst wird von einer auf der Basis von sogenannten Erneuerbaren Energien (EE) wie Windkraft, Sonnenenergie, Wasserkraft, Biomasse und Erdwärme. Als wesentliche Gründe für diese Wende in der Energieversorgung werden propagiert Risikovorsorge, Klimaschutz, Umweltverträglichkeit und die Knappheit fossiler Ressourcen. Seit den Beschlüssen des Bundestages vom Juni 2011 gibt es eine Gesetzesgrundlage für die Energiewende. So sind sowohl der Ausstieg aus der Kernenergie bis zum Jahr 2022 als auch konkrete Ziele für den Ausbau der Erneuerbaren Energien im Strombereich gesetzlich festgeschrieben. Das Ziel der Energiewende in Deutschland ist es, bis zum Jahr 2050 die Energie hauptsächlich aus regenerativen Quellen wie Wind- und Wasserkraft, Sonnenenergie, Geothermie oder nachwachsenden Rohstoffen zu beziehen. Zweites Standbein der Energiewende ist die Verringerung des Energieverbrauchs durch eine sparsame und effiziente Nutzung der Energie.

Wer Strom aus Erneuerbarer Energie produziert und ins Netz einspeist, wird vom Staat gefördert. Das soll dafür sorgen, dass der Anteil von Strom aus Wind, Wasserkraft, Sonne, Erdwärme oder Biomasse sukzessive steigt. Um Anreize zu schaffen, sind Anlagebetreibern die Vergütungssätze ab dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) staatlich für 20 Jahre garantiert – sie sind also nicht Angebot und Nachfrage überlassen. Die Differenz zwischen dem garantierten und dem Marktpreis wird durch eine Umlage finanziert, die auf den Strompreis geschlagen wird. Die Höhe der Umlage wird von den vier Betreibern der Übertragungsnetze in Deutschland festgelegt. Ökostrom lässt sich derzeit an den Strommärkten nicht zu dem Preis verkaufen, zu dem er von den Anlagebetreibern gekauft wird, denn konventioneller Strom ist deutlich günstiger und drückt die Preise.                P.E.


Zeitzeugen

Horst Seehofer – Nach der Ka­ta­strophe von Fukushima legte der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident beim Thema Energiewende eine atemberaubende politische Kehrtwende hin. Bald folgte jedoch schon die nächste Wende. Durch die bundesweit strengsten Regelungen beim Bau von Windanlagen herrscht in Bayern nun quasi ein „Bau-Stopp“.

Enoch zu Guttenberg – Der Diri-gent wanderte einst durch die oberfränkischen Täler – und schwärmt immer noch davon. Doch jetzt kommen auch dorthin immer mehr Windräder. Er sei anfangs selbst für die Windkraft gewesen, sagt er; doch habe er lernen müssen, dass sie ein ökologischer und ökonomischer Irrweg sei. Der Freiherr ist der Vater des ehemaligen Wirtschafts- und Verteidigungsministers sowie CSU-Politikers Karl-Theodor zu Guttenberg.

Norbert Röttgen – Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit von 2009 bis 2012 galt als Vordenker der Energiewende und des Atomausstiegs – bis ihn die Bundeskanzlerin Angela Merkel aus dem Kabinett warf. Zwei Jahre später folgte ein stiller Protest: Der CDU-Abgeordnete stimmte gegen das Ökostrom-Gesetz der Koalition. Seit 2014 ist Röttgen Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, Umwelt ist für ihn kein Thema mehr.

Peter Terium – Sein Unternehmen RWE kämpft mit den Folgen der Energiewende. Der Vorstandsvorsitzende des Energiekonzerns will nun andere Geschäfte stärken, die besser laufen. Der niederländische Manager gibt sich überzeugt, dass die Energiewende, die bei RWE die stärkste Ertragssäule geschädigt hat, der beste Nährboden für Innovationen ist: „Wenn wir es nicht selbst tun, werden andere es für uns tun.“

Jürgen Trittin – Der Grünen-Politiker hat den Energiekonzernen als damaliger Bundesumweltminister den ersten Atomausstieg abgerungen, jetzt will der Bundestagsabgeordnete dafür sorgen, dass sie mög-lichst viele Milliarden Euro für die Entsorgung der Altlasten zahlen müssen. Er ist Leiter der Bundes-kommission zur Finanzierung des Kernenergieausstiegs und führt die Gespräche mit den Energiekonzernen.


S. 5 Preussen/Berlin

Peinliche Debatte bei den Grünen
Berlins Fraktionschefin Antje Kapek: »Zuwanderung nicht in dieser Nachbarschaft!«

Der Streit um die neue Standortliste des Senats für Asyllager nimmt grotes-ke Züge an – ausgerechnet eine Politikerin vom linken Flügel der Berliner Grünen-Parteispitze bezieht gegen neue Heime Stellung.

Die Senatsliste mit langfristig 90 neuen Standorten für Zuwandererheime ist noch druckfrisch, schon verursacht sie Streit. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Antje Kapek meint: „In einer schwierigen Nachbarschaft wie Marzahn passt das nicht.“ Die vom Senat mit dem Bezirk abgesprochenen Standorte Zossener Straße und Albert-Kuntz-Straße lägen nämlich  in einer „NPD-Hochburg“, so Kapek.

Dass ausgerechnet eine Grüne den Reigen jener Politiker eröffnet, die offen ein „Nicht-in-dieser-Nachbarschaft“ fordern, schockiert die Landesgrünen. Kapek, bisher als linker Teil der Doppelspitze der Partei mit Ramona Pop verortet, erhält dagegen Zustimmung von der NPD. Nicht nur die SPD, selbst die CDU geht hingegen auf Distanz. „Jetzt drehen die Grünen völlig durch“, seufzt der CDU-Fraktionsvize Stefan Evers.

Kapeks Äußerungen machen den Grünen gleich mehrfach zu schaffen: Zum einen hat der von ihr verunglimpfte Bezirk lange mit grüner Beteiligung „gegen Rechts“ gekämpft. Zudem schießt sie ausgerechnet im Wahljahr (Urnengang kommenden September) quer  und verärgert vor allem den linken Flügel der Grünen. Kapek demonstriert außerdem nebenbei: Selbst wenn Senat und Bezirk an einem Strang ziehen, was in der alle Bezirke betreffenden Standortliste eher die Ausnahme ist, kann ein Querschläger alles zunichtemachen oder – anders gesehen – Zweifel an dem ganzen Ausmaß des Unternehmens modulartiger oder aus Containern bestehender Massenunterkünfte säen. Denn selbst wenn der Senat nur wenige hundert Menschen je Standort unterbringen will, der grüne Traum echter Integration platzt gerade an der schieren Menge der Einzuquartierenden.

Die Senatsliste zwingt Politiker nicht nur dazu, Farbe zu bekennen. Dank der neuen flächendeckenden Verteilung geraten sie ebenso flächendeckend in Erklärungsnot gegenüber der eigenen Basis vor Ort und damit an die Grenzen ihrer Weltanschauung. Manche Politiker geben in der aktuellen Debatte ungewollt etwas preis, zum Beispiel, wer die Rechnung ihrer Politik bezahlen soll. So sagte Iris Spranger, SPD-Abgeordnete für Marzahn, dass es bei den Heimen vor allem um die soziale Abfederung durch die Umgebung ankomme. Spranger gab Kapek in Teilen Recht: „Man muss absichern, dass es drum herum etwa genug Kita- oder Schulplätze gibt.“ Der Senat wird also noch viel mehr investieren müssen.

Marzahn-Hellersdorf ist geeignet, zum Test für den Gesamtplan zu werden. Der Bau auf zumindest einem der acht Grundstücke soll „in Kürze“ starten, gab der Bezirk in einer Mitteilung bekannt. Dass es hier also wirklich bald losgeht, macht Kapek gewollt oder ungewollt zum Problem. „Wenn wir so schnell klein beigeben, müssen wir über Willkommenskultur gar nicht erst reden“, hält die Abgeordnete der Linkspartei für Marzahn, Manuela Schmidt, dagegen. Sie lade Kapek ein, „mal vorbeizukommen“. Schmidt kritisierte das politische „Hin und Her“. Das gehe „zulasten der Informationsrechte der Anwohner“.

Noch peinlicher hingegen ist den grünen Mitstreitern, dass Kapeks Äußerungen bei näherem Hinsehen schlicht Unkenntnis des Bezirks offenbaren. Kapek korrigierte sich: Sie habe die von ihr kritisierten Standorte in ihrer Äußerung irrtümlich nach Marzahn verlegt. Stefan Ziller, Sprecher des Grünen-Kreisverbandes in Marzahn-Hellersdorf, sagte, der Begriff NPD-Hochburg sei „sachlich falsch“. Andere Bezirke haben demnach mehr NPD-Wähler.

Die gescholtene Grüne ist inzwischen umgeschwenkt: „Ich habe nichts gegen Flüchtlinge in Marzahn-Hellersdorf.“ Es solle in allen Bezirken weitere Heime geben. Trotzdem: Zwei Standorte in Hellersdorf in der Zossener Straße und Albert-Kuntz-Straße seien „problematisch“, weil in der Nähe „bekannte NPD-Mitglieder“ wohnten, so Kapek. Diese Selbstkorrektur ist für die grünen Parteifreunde erst recht grenzwertig, bedeutet sie doch nichts anderes als die Ausrichtung grüner Politik an den Wohnadressen von NPD-Unterstützern. Kapek ging zudem auf Distanz zu ihrer Wortwahl „NPD-Hochburg“, die gelte nur für die zwei Standorte in Hellersdorf. Für sie müsse der Senat mit dem Bezirk nochmals über die Sicherheit sprechen und mit den Anwohnern „intensiv diskutieren“.

Die Forderung nach einem weiteren „Diskutieren“ untergräbt indes die vom Senat nochmals mühsam überarbeitete Standortliste mit vorerst 60 neuen Heimen (und weiteren im Sommer). In einigen Bezirken entfielen dabei jüngst Standorte. Einige Bezirke und Politiker beeinflussen offensichtlich erfolgreicher die Unterbringung, die Grünen sind außen vor. Kapek signalisiert zudem: Politische Verantwortung ist unabhängig von der Position mit Grün nicht zu haben, und selbst die Position ist nicht sicher. Immerhin Letzteres hat sie mit anderen Parteien gemein, sie gibt ihre Haltung nur ungeschick­terweise laut bekannt, ohne in ihrem linken Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg einen Vorteil davon zu haben.

Beinahe vergessen scheint jetzt, wie CDU-Politiker im Vorfeld der Liste Heimstandorte in ihrem Wahlkreis hinter den Kulissen ausmanövrierten. Das Kampfkarussel um Heime und Integration dreht sich immer schneller: In Tempelhof soll das Deutsch-Französische Volksfest Heimcontainern weichen, fürchten Schausteller.        

                Sverre Gutschmidt


Notstand
von Vera Lengsfeld

Seit ein paar Tagen dudelt der Berliner Rundfunk 91.4 rauf und runter, dass Berlin die unbeliebteste Regierung aller deutschen Länder hat. Der ehemalige Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky, den der Sender jeden Freitag wichtige Stadt­ereignisse kommentieren lässt, rät dem Senat, die Ärmel hochzukrempeln, endlich die Probleme der Stadt anzupacken, dann gingen die Umfrageergebnisse auch wieder in die Höhe.

Das ist eine möglicherweise zu optimistische Sicht der Dinge. Denn es geht hier nicht um die Frage, dass die Hauptstadt einen Bürgermeister hat, den niemand kennt, es geht nicht darum, dass immer wieder Autos brennen und Anschläge auf die Kabelschächte der S-Bahn verübt werden, weil die linksradikale Kriminalität nicht wirksam bekämpft wird.

Es geht nicht mal um den nicht fertig werdenden Flughafen. Nein, in Berlin herrscht Notstand – und das seit Jahren. Anscheinend hat auch das Abgeordnetenhaus, das ja die Senatspolitik kontrollieren soll, lange nicht gemerkt, was hinter seinem Rücken vorging. Nun kommt es nach und nach ans Licht.

Der „Tagesspiegel“ zitiert Sozialsenator  Mario Czaja mit einem Schreiben von Ende Februar: „Aufgrund der rasant ansteigenden Anzahl von Flüchtlingen in den letzten Monaten wurde es notwendig, Flächen für die Ad-hoc-Notunterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen, ohne den Hauptausschuss vor Vertragsabschluss um Zustimmung zu den beabsichtigten Anmietungsgeschäften bitten zu können.“ Anscheinend wurde nur die Finanzverwaltung einbezogen, von der sich der Senator „außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigungen“ ausstellen lässt.

Solche Ermächtigungen wurden von Czaja schon etwa zwei Dutzend Mal in Anspruch genommen. Vermutlich begann der Notstand am 28. September 2012, als der damalige Chef des Landesamtes für Gesundheit und Soziales, Franz Allert, laut „Tagesspiegel“ erklärte, dass er Aufträge auf Zuruf oder per Telefon „freihändig“ vergibt. Schon damals war der Ansturm der Flüchtlinge auf Berlin kaum zu bewältigen. Allert ermächtigte „erfolgreiche Betreiber von Gemeinschaftsunterkünften“ kurzfristig, Notunterkünfte bereitzustellen und zu betreiben, um Obdachlosigkeit zu vermeiden.

Es wird kaum nachzuprüfen sein, wie viele Unternehmen von einer Auftragsvergabe ohne Ausschreibung profitiert haben. Ein Untersuchungsausschuss wäre fällig, vor allem, weil dieser „administrative Notstand“ die Ausgaben im klammen Berlin in astronomische Höhen getrieben hat. Fraglich ist aber, ob das Abgeordnetenhaus überhaupt den  politischen Willen aufbringt, solche Nachforschungen anzustellen, oder nur auf den Länderfinanzausgleich hofft.


Stimmung heizt sich auf
Gewalt in Asylheimen: Sicherheitsleute werden zum Sündenbock

Nach Gewalt in einem Asylbewerberheim in Berlin-Karlshorst stehen die Sicherheitskräfte am Pranger: Sie sollen den Heimleiter krankenhausreif geschlagen haben. Der Vorfall entfacht eine hitzige Debatte um die Sicherheitsleute. Medien fordern allgemeine Überwachung und Kennzeichnung allen Sicherheitspersonals im Heim.

Die Gewalt in den Asylbewerberheimen Berlins ist wöchentlich Thema in den Medien: Ende Februar meldeten sie, rund 100 Zuwanderer seien mit Holzlatten bewaffnet auf die Sicherheitsleute in Karlshorst losgegangen. Mit wenigen Unbewaffneten gegen Dutzende oder Hunderte aufgebrachte Menschen eine Ordnung aufrechtzuerhalten, fordert mitunter entschlossenes Handeln. Überbelegung, keine Privatsphäre und ständiger Menschenzustrom heizen Konflikte in den Lagern an. Der Markt für private Sicherheitsleute ist dagegen leergefegt, ihr Lohn schlecht. Das alles berichten Wachleute anonym – sie dürfen meist nicht offen mit den Medien sprechen.

Die Zuwanderer halten demnach Stuhlbeine und Bettlatten für Schlägereien bereit. Kriminelle Banden versuchen Einfluss zu nehmen. Die Aufpasser können wenig tun, nur Zutritt verwehren und Festhalten bis zum Eintreffen der Polizei. Aggressionen stauen sich daher auch bei ihnen an.

In der 200 Menschen fassenden Unterkunft in der Karlshorster Treskowallee haben sie sich Ende Februar entladen: Anfangs belasteten einzelne Zeugen unter den Bewohnern die Sicherheitsleute, jetzt auch der Betreiber Sozdia-Stiftung. Die Auswertung von Videobildern und die Aussage des nach Knochenbrüchen im Gesicht wieder ansprechbaren Heimleiters legen nahe, dass die Wachleute nicht angegriffen wurden, sondern selber einer brenzligen Situation weiter aufstachelten.

Demnach beschwerte sich ein Heimbewohner beim Leiter über Gewalt seitens der Sicherheit. Als der Leiter die Polizei verständigen wollte, sollen die Wachleute aufgebrachte Heimbewohner mit Holzlatten beworfen haben. Statt zu schlichten, fielen sie demnach dem Leiter sogar in den Rücken.

Der Polizei liegen allerdings sich widersprechende Aussagen und Anzeigen vor. Die politische Dimension des Vorfalls bleibt bei der öffentlichen Beurteilung meist ausgespart. Dennoch scheint klar: Das Vertrauen der Politik, einige private Wachbedienstete könnten die geballten Konflikte hinter den Toren der Heime regeln, birgt enorme Sicherheitsrisiken.          SG


Mit Phrasen voran
»Aufstand der Anständigen« für den BER

Der Bau des Berliner Flughafens BER steht unter einem neuen Leitmotiv. Für das laut Flughafengesellschaft nun 5,4 Milliarden Euro teure Projekt fordert BER-Technikchef Jörg Marks jetzt einen „Aufstand der Anständigen“. Alle, „die dieses Projekt fertig haben wollen“, sollten zusammenarbeiten.

Marks vereint in seinem Aufruf einen politischen Kampfbegriff Gerhard Schröders (SPD) im „Kampf gegen Rechts“ von 2000 mit einer offiziell zum Unwort gekürten Formulierung von Angela Merkel – so sagte Marks: „Dieser Flughafen ist alternativlos.“ Ungewollt legt er mit dem Aufruf bloß, wie ernst es um die Chaos-Baustelle noch immer steht.

Er sei überzeugt, die Bauarbeiten würden noch in diesem Sommer abgeschlossen. Der Flughafen könne dann im Herbst 2017 den Betrieb aufnehmen. Es gebe zwar vier Monate Verzug, doch die Eröffnung sei immer noch 2017 möglich: „Wir sind jetzt im Oktober 2017, damit aber immer noch sauber im zweiten Halbjahr.“

Eine zeitliche Reserve zum nächsten Winter ist nicht vorgesehen, und die Schließung des Noch-Flughafens Tegel droht. Um sein Ziel erreichen zu können, will Marks den sechs Tage pro Woche dauernden Baubetrieb und das Zwei-Schichten-System ausweiten. Was er verschweigt: Schneller bauen wird voraussichtlich noch mehr kosten.

Die Politik meidet einen neuen offiziellen Termin und Kostenrahmen. Bezeichnend: Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Matthias Platzeck sagte, er habe den BER auf Anraten seiner Ärzte aktiv aus dem Gedächtnis verdrängt.          SG


Linke bedrohen Innensenator

Auf der Internet-Plattform „Berlinsburning“ ist eine Morddrohung gegen Innensenator Frank Henkel (CDU) veröffentlicht worden. Für den Fall der Räumung des besetzten „Hausprojektes“ Rigaer Straße 94 , des „Ladens für Revolutionsbedarf M99“ in Kreuzberg oder eines weiteren „Hausprojektes“ in der Friedelstraße 54 in Neukölln wurde zudem angekündigt, Sachschäden in Millionenhöhe anzurichten. Gegen­über dpa erklärte Henkel: „Solche Bedrohungen laufen bei mir ins Leere.“ Im Berliner Abgeordnetenhaus kam es indessen zu einer Kontroverse um verschiedene Polizeieinsätze in der Rigaer Straße. Die Opposition aus Linkspartei, Grünen und „Piraten“ stellte Fragen zur Verhältnismäßigkeit der Polizeirazzia. Der „Piraten“-Abgeordnete Christopher Lauer deutete Zweifel an der Schwere der Verletzung eines Polizeibeamten an, was den Kreuzberger CDU-Abgeordneten Kurt Wansner zu der Frage provozierte: „Bedauern Sie das?“      H.L.


S. 6 Ausland

Kongos Präsident will ein drittes Mal
Eine weitere Amtszeit sieht die Verfassung zwar nicht vor, aber Joseph Kabila hat eine Ausrede

Der Kongo ohne Krieg? Kaum vorstellbar: In diesem Jahr gibt es einen speziellen Anlass für kriege-

rische Auseinandersetzungen, denn die zweite Amtszeit des seit zehn Jahren herrschenden Präsidenten Joseph Kabila neigt sich ihrem Ende zu. Eine dritte Periode sieht die Verfassung nicht vor. Doch dieses Problem haben schon viele afrikanische Potentaten aus dem Weg geräumt.

Bereits bei seiner Wiederwahl vor fünf Jahren hatte Kabila zu einem Trick greifen müssen. Nach dem ersten Wahlgang erklärte er die Stichwahl für überflüssig und abgeschafft und wurde mit dem Minderheitenvotum einer relativen Mehrheit im Amt bestätigt. So geht es aber nicht mehr, wenn im November die Wahl ansteht. Doch Kabila weiß sich zu helfen. Bevor wieder gewählt werden könne, so postuliert er, müsse zuvor eine Volkszählung durchgeführt werden. Und damit hat er sogar recht. Denn die Bevölkerungsentwicklung verläuft stürmisch. Niemand weiß irgendwelche Zahlen, und man wird sie auch nie wissen. Denn eine Volkszählung ist in einem so großen Land mit einer mangelhaften Infrastruktur und einer desolaten Verwaltung überhaupt nicht durchführbar.

Das weiß auch Kabila und verspricht sich davon die ewige Präsidentschaft, während die Opposition kocht. Diese ist schwerpunktmäßig im Osten des Landes konzentriert, in dem die herrschenden Bantu-Völker teilweise in der Minderheit gegenüber den Watussi stehen, die mit den Äthiopiern verwandt sind und eine nilotische Sprache sprechen. Ihr Dauerkonflikt mit den Bantu war Hintergrund des Völkermordes in Ruanda 1994 und stellt immer noch einen Teil der innerkongolesischen Zerwürfnisse dar. Die kongolesische Opposition, nicht nur im Osten, spricht im weiteren Vorfeld der Wahlen bereits jetzt von Einschüchterung, während der Präsident die Wahl zunächst einmal verschoben hat, eine Maßnahme, die sich wiederholen lässt und im Kongo das „Rutschen“ heißt.

Der jetzige Rutsch wurde mit einem Generalstreik quittiert, was wiederum die Polizei veranlasste, einige Oppositionelle festzunehmen. Dabei handelt es sich aber um politische Leicht-gewichte, das eigentliche Problem stellen Rebellen wie die Gruppe M23 oder aber die ADF dar, eine ursprünglich ugandische Rebellen-Miliz, die aber marodiert, wo es sich anbietet, in Burundi, Ruanda oder eben im Ost-Kongo.

Selbstverständlich darf bei einer derartigen Gemengelage die Uno nicht fehlen. Sie hat seit 1999, ausgestattet mit einigen UN-Resolutionen, zwischen 15000 und 20000 Mann der Mission „Mo-nusco“ unter Waffen, wohlausgerüstet, wohlgenährt und wie üblich erfolglos. Garantiert wird diese Erfolglosigkeit allein schon durch die Tatsache, dass sich bei den UN-Mannen Soldaten aus 49 Ländern befinden, neben Polizisten aus immerhin 15 Ländern. Dazu kommt die Auswirkung eines politisch korrekten Unsinns, der darin besteht, dass die UN in Afrika in erheblichem Umfang und manchmal ausschließlich afrikanische Soldaten einsetzt. Damit will man Vorwürfe der Diskriminierung und des Neokolonialismus vermeiden. Außerdem bekommen afrikanische Staaten ihre Aufwendungen für einen UN-Einsatz erstattet, was diese zu einem Geschäftsmodell entwickelt haben. Keine afrikanische Regierung, die daran beteiligt ist, hat daher ein Interesse, dass ein UN-Einsatz zu schnell erledigt wird und damit der Geldstrom aus New York versiegt.

Nicht nur im Kongo hat das unerfreuliche Folgen. Im November 2012, um ein typisches Beispiel zu nennen, überrannten Rebellen der Gruppe M23 die Provinzhauptstadt Goma am Kivu-See mit einer Million Einwohnern. Die UN-Soldaten, unmotiviert wegen des Geschäftsmodells und weil sie kein offensives Mandat hatten, und die kongolesische Armee FARDC, unmotiviert, weil selber weder wohlausgerüstet noch wohlgenährt, sahen zu. Ein Jahr darauf beschloss der UN-Sicherheitsrat, eine Brigade von rund 3000 Mann mit einem robusten Mandat auszustatten. Auch diese Maßnahme erwies sich nun als ein Schlag ins Wasser.

Seit November fliehen immer mehr Menschen vor den Ausschreitungen der Mai-Mai-Rebellengruppe, der ruandischen FDLR und der ADF. Es dürfte sich heute um mehrere zehntausend Flüchtlinge handeln. Versuche des kongolesischen Militärs, dem Chaos Einhalt zu gebieten, sind bislang vergeblich. Die UNHCR, die Flüchtlings-Organisation der Vereinten Nationen, ruft die zuständigen Behörden auf, die Sicherheit in diesen Gebieten zu gewährleisten und den Zugang für humanitäre Hilfe zu erleichtern. Es ist allerdings makaber, dass eine UN-Organisation eine andere an ihre Pflicht erinnern muss.

Die Nachrichten über „Monusco“ indes, die aus dem Kongo dringen, geben kaum Anlass zu Hoffnung. Da werden UN-Soldaten des sexuellen Missbrauchs von Kindern beschuldigt, andere werden mit einer Massenvergewaltigung in Verbindung gebracht, wieder andere sollen, so die BBC, in illegalen Waffen- und Goldhandel mit Milizen im nordöstlichen Distrikt Ituri verwickelt gewesen sein, und immer wieder werden Klagen laut, die „Monusco“ sehe tatenlos zu, wenn, gleich von welcher Seite, Gewalt und Unrecht an der Zivilbevölkerung geübt werde.

Kabila dürfte das alles gelassen betrachten. Je mehr Unruhe im weit entfernten Osten des Kongo herrscht, umso leichter wird es ihm fallen, in der Hauptstadt Kinshasa seinen Putsch zu organisieren. Florian Stumfall


Unterwandert Kadyrow den IS?
Tschetscheniens Präsident empfiehlt sich Putin als Moskaus Mann fürs Grobe

Nicht alle 2900 Russen, die in den Reihen des sogenannten Islamischen Staates (IS) kämpfen, sollen Dschihadisten sein. Einige sind wohl auch als Spione im Dienste des russischen Präsidenten, Wladimir Putin, und des Präsidenten der russischen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, nach Syrien gegangen, um Syrien nach dem Modell Tschescheniens umzukrempeln.

Kadyrow hat im russischen Fernsehen erklärt, dass er eine ganze Reihe von Spionen als tschetschenische Freiwillige getarnt zum IS nach Syrien geschickt habe, um die Terrororganisation auszuspionieren und vor allem um Ziele für russische Luftangriffe aufzuspüren und deren Zielgenauigkeit zu prüfen. „Es gibt Spezialeinheiten aus Tschetschenien, die in Syrien kämpfen, sowie tschetschenische Agenten beim IS“, sagte Kadyrow. Das russische Verteidigungsministerium hatte früher immer dementiert, dass russische Boden-truppen in Syrien beteiligt sind. Online-Aktivisten hatten allerdings schon im vergangenen Jahr Beweise für die Beteiligung von russischer Artillerie und Spezialeinheiten in Syrien gefunden.

Kadyrow spielt gerne die Rolle des Kettenhundes für den russischen Präsidenten. Überall, wo dieser in Bedrängnis zu geraten scheint, sei es in der Ukraine, in Syrien oder auch im eigenen Land gegenüber der Opposition, fängt er an zu bellen und zu beißen. Kadyrow möchte gerne der größte russische Patriot sein, nicht aus Liebe zu Russland, sondern aus Kadavergehorsam gegenüber Putin, der seinen Vater und ihn ins Amt gehievt hat. So kämpfen bis heute in der Ukraine tschetschenische „Freiwillige“ für die Separatisten. Nach dem Mord an dem Oppositionellen Boris Nemzow im vergangenen Jahr führten viele Spuren nach Tschetschenien in die direkte Umgebung von Kadyrow.

Schon zwei Tage nach dem Beginn russischer Luftangriffe in Syrien am 30. September 2015 hatte Kadyrow in einem Radiointerview Putin gebeten, tschetschenische Soldaten als getarnte Dschihadisten nach Syrien zu schicken, dabei meinte er allerdings weniger den IS, sondern eher die Al-Nusra-Front, in deren Reihen bereits eine große Reihe tschetschenischer Kämpfer in oberen Rängen kämpfen. Der IS zahle Kopfgelder von 5000 US-Dollar für einen Spion, wenn bewiesen sei, dass es sich tatsächlich um einen Agenten handele, berichten Rückkehrer. Sicher ist auch, dass bereits eine ganze Reihe von Männern vom IS als angebliche russische Spione hingerichtet wurden, wie man bei YouTube einsehen kann. Doch warum sollte Kadyrow mit dieser Medieninszenierung seine eigenen Männer in Gefahr bringen?

Anfang April läuft Kadyrows Amtszeit formell aus. Danach soll Putin bis zu den Wahlen im Herbst einen Interimspräsidenten für Tschetschenien ernennen. Es gibt kaum Zweifel daran, dass Kadyrow im Amt bleibt und (von Putin) wiedergewählt wird. Allerdings hat er einige Gegner in den Reihen der Sicherheitsdienste in Moskau, die mit ihm noch eine Rechnung offen haben. Immer mehr in Moskau fragen sich, ob sich der tschetschenische Regionalherrscher, der von Putin freies Spiel und Milliarden an Aufbaugeldern bekommen hat, nicht zu viel erlaubt hat. Als er Putins Kritiker „Feinde des Volkes“ nannte und sie in psychiatrischen Kliniken in Tschetschenien behandeln lassen wollte und als er den Oppositionspolitiker Michail Kassjanow im Fadenkreuz eines Gewehrs zeigte, war für viele die Schmerzgrenze erreicht. Die Erinnerung an die Ermordung von Boris Nemzow ist noch nicht verblasst. Als Tatverdächtige wurden Tschetschenen verhaftet.

Mit seinen Drohgebärden und Machtdemonstrationen will Kadyrow dem Kreml zeigen, dass nur er die schwierige Region im Nordkaukasus unter Kontrolle halten kann. Moskau spielt dieses Spiel mit. Tschetschenien wird derzeit von der russischen Propaganda als Vorbildmodell bei der Terrorbekämpfung präsentiert. Je lauter die Kritik an den russischen Luftangriffen in Aleppo aus dem Wes-ten schallt, desto häufiger betont man im russischen Fernsehen, dass nur so der Terrorismus ausgerottet werden könne. Auch in Tschetschenien habe sich der Islam von Kriminellen und Mafiaclans instrumentalisieren lassen, denen das Leiden der Zivilbevölkerung und die Zerstörung ihrer Heimat egal gewesen seien. Kadyrow habe diese Strukturen durchschaut und zerschlagen und aus Terroristen russische Nationalhelden gemacht.           Bodo Bost

Tschetschenien als Vorbild für Syrien


Dschihad-Abwehr
Tadschikistan verbietet islamische Sitten

Das tadschikische Parlament hat eine Reihe von einschneidenden Veränderungen des Personenstandsrechts beschlossen, die zahlreiche islamische Sitten unter Strafe stellen. So ist es Tadschiken ab sofort verboten, Cousins und Cousinen ersten oder zweiten Grades zu heiraten. Voraussetzung der Ehefähigkeit ist nun zudem die Vorlage eines staatlichen Gesundheitszeugnisses, mit dem sowohl die Weitergabe von Geschlechtskrankheiten unterbunden als auch nichtoffizielle Verwandtschaften erfasst werden sollen.

Um den Islamismus zurück-zudrängen, wurde darüber hinaus ein Gesetz verabschiedet, das die Vergabe arabischer Vornamen untersagt und damit eine bereits früher bestehende ähnliche Regelung weiter verschärft. Gegen die Russifizierung der einheimischen Namen in der Sowjetzeit war Präsident Emomali Rachmon schon früher mit eigenem Beispiel vorangegangen, indem er seinen amtlichen Namen nationalisieren ließ.

Bereits im Vorjahr hatte die tadschikische Regierung die einzige im früher sowjetischen Teil Innerasiens legal bestehende islamistische Bewegung, die „Partei der Islamischen Wiedergeburt Tadschikistans“, für illegal erklärt und seitdem vehement bekämpft. Tadschikistan verbietet seit Langem – als einziges islamisches Land weltweit – Minderjährigen den Besuch von Moscheen, um so deren Beeinflussung durch extremistische Prediger vorzubeugen. Der Präsident, der sich als bekennender Moslem betrachtet, fördert eine nationalsprachliche Übersetzung des Korans, um so die Bevölkerung zu einem eigenständigen Nachdenken über den Inhalt der Schrift zu ermutigen, abwegigen Interpretationen den Boden zu entziehen und damit einem aufgeklärten Islam den Weg zu ebnen.           Thomas Wyrwoll


MELDUNGEN

Strenge Regeln für Islamvereine

Wien – Seit Anfang des Monats gilt in Österreich ein neues Islamgesetz. Damit unterliegen religiöse muslimische Vereine und Bildungseinrichtungen jetzt genauen Regeln. Im Mittelpunkt steht, dass von den religiösen Vereinen „eine positive Grundeinstellung gegenüber Staat und Gesellschaft“ vermittelt wird. Zudem dürfen sie nur aus dem Inland finanziert werden. Damit soll eine Steuerung aus dem Ausland erschwert und die Kontrolle durch das Innenministerium erleichtert werden. Der Gesetzesnovelle war ein Forschungsbericht der Universität Wien vorausgegangen, in dem gewarnt wird: „Die wachsende Präsenz der Muslime stellt unsere Gesellschaft vor Herausforderungen, die in dieser Form in der jüngeren Geschichte einzigartig sind.“ Viele der islamischen Vereinigungen würden bewusst ein „Eigenleben“ abseits der Mehrheitsgesellschaft führen. Deshalb seien ein Kurswechsel und mehr Kontrolle erforderlich. J.H.

 

Russische Musik »ein Verbrechen«

Lemberg – Angehörige der „Ukrainischen Galizischen Partei“ haben in der westukrainischen Stadt Lemberg eine „Schwarze Google-Karte“ für Cafés und Restaurants veröffentlicht. Gleichzeitig wurden alle Facebook-Nutzer aufgefordert, alle Lokale anzuzeigen, in denen russische Musik gespielt wird. „Wir sind der Meinung, dass das Anhören russischer Musik in öffentlichen Einrichtungen ein Verbrechen ist. Seid bitte so gut und teilt in den Kommentaren mit, wo ihr in letzter Zeit russische Musik gehört habt“, lautet die Aufforderung auf der Facebook-Seite.  15 Lokale und elf Supermärkte stehen bereits auf der Liste,  Dutzende Denunzianten nannten  Adressen von anderen Orten, an denen sie russische Musik gehört haben.    FS


S. 7 Wirtschaft

Notenbanker zappeln in der Falle
Nullzins und Geldschwemme schaffen mehr Probleme, als sie lösen – doch ein Ausweg ist nicht in Sicht

Die EZB produziert immer absurdere Verwerfungen und droht das Geldsystem langfristig aus den Angeln zu heben. Dennoch wird die Strategie nicht korrigiert. Man ist zum Gefangenen der eigenen Fehler geworden.

Die großen Notenbanken der Welt werden zunehmend zu Gefangenen ihrer „lockeren“ Geldpolitik. Dies zeigte sich auch in den Entscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB) von dieser Woche. Noch im Sommer 2012 konnte EZB-Chef Mario Draghi die Welt beeindrucken mit seinem Ausspruch, sein Haus werde alles tun, um das Euro-System zu retten, „was immer es kostet“ („whatever it takes“). Seinerzeit wurde dies als Machtdemonstration gewertet: Legt euch nicht mit Draghi an.

Kritiker warnten indes schon damals vor den Folgen einer Strategie, die den Euro in seiner derzeitigen Form um buchstäblich jeden Preis erhalten wolle. Denn sie könne nur gelingen, wenn die Verwerfungen zwischen schwachen und starken Euro-Ländern und an den Finanzmärkten mit aller Gewalt unter dem Deckel gehalten würden. Dadurch aber würden die Verwerfungen nicht kleiner, sondern größer, nur dass dies erst später bemerkt werden würde.

Genauso ist es gekommen. Die Theorie sah zuletzt vor, dass die EZB eine Geldschwemme lostritt, dass dieses Geld schließlich bei Investoren und Konsumenten ankommt und deren dadurch beflügelte Ausgabefreude die Wirtschaft gerade in den kriselnden Euro-Ländern wieder auf Trab bringt. Stattdessen haben die rekordniedrigen, teils schon negativen Zinsen vor allem neue Spekulationsblasen aufgepumpt und die Verschuldung angeheizt, ohne dass in der Realwirtschaft viel von dem billigen Geld angekommen wäre.

Die EZB reagiert, indem sie noch mehr Geld in den Markt pumpt. Jeden Monat kauft sie Staaten deren Anleihen ab, übernimmt quasi Staatsschulden in die eigenen Bücher. In einem erst Anfang Februar bekanntgewordenen Geheimabkommen vom November 2014 erlaubt sie auch nationalen Notenbanken, mit frisch aus dem Nichts produziertem Geld Anleihen in großem Stil zu kaufen.

Mit dem Abkommen namens „Anfa“ können diese bis zu 575 Milliarden Euro zusätzlich „drucken“. Dabei wird ein zentrales Problem der länderübergreifenden Währungsunion immer brenzliger: Während zwar alle Länder und Marktteilnehmer in der Euro-Zone gezwungen sind, dieses aus dem Nichts geschaffene Geld anzunehmen, können die nationalen Notenbanken es frei produzieren. Daran ist bereits eine andere europäische Währungsunion gescheitert, die im 19. Jahrhundert geschlossene „Lateinische Münzunion“ zwischen Frankreich, Italien, Belgien, der Schweiz und Griechenland. Hellas missbrauchte seine Mitgliedschaft, indem es Banknoten druckte, für die es keine Golddeckung besaß. Somit waren die anderen Notenbanken gezwungen, solide Goldmünzen für (eigentlich wertlose) griechische Drachmen-Scheine im Kurs von eins zu eins herauszurücken, wo­ran die Union schließlich zerbrach. Informationen zufolge waren es vor allem Italien, Frankreich und Irland, die bei Anfa kräftig zugelangt haben, die Bundesbank beteiligte sich kaum.

Experten warnen immer eindringlicher vor den Folgen von Geldschwemme und den niedrigsten Zinsen seit Beginn der Menschheitsgeschichte. Sergio Ermotti, Vorstand der Schweizer Großbank UBS, meint, das viele billige Geld leiste riskanten Kreditvergaben Vorschub. Die Banken wüssten kaum noch, wohin mit den Einlagen, und überböten sich gegenseitig mit niedrigen Kreditangeboten. Das sei, so Ermotti laut „Wirtschaftswoche“, eine „Einladung für Verluste“, welche direkt in die nächste Bankenkrise führen könnte.

Langsam mehren sich tatsächlich Anzeichen, dass diese irrwitzige Zinspolitik das Geldsystem aus der Bahn schießen könnte. Banken, die ihre Rücklagen bei der EZB parken, bekamen dafür früher Zinsen – wie Konto-Inhaber bei einer Geschäftsbank. Seit einiger Zeit müssen sie dafür Strafzinsen zahlen. Deutsche Sparkassen überlegen daher, das Geld lieber in eigenen Tresoren zu bunkern. Die Versicherungskosten liegen nämlich bereits unterhalb der Zinskosten.

Dies ist eine gefährliche Entwicklung, denn so verliert die Notenbank zunehmend die Kontrolle über den Geldumlauf. Der Reichsbank ist dies 1923 passiert. Die Folgen des Kontrollverlusts haben sich tief in die Seele der Deutschen eingebrannt.

Die Null- oder Negativzinspolitik ist nicht bloß hochriskant, sondern auch ungerecht. Sie führt zu einer massiven Umverteilung von Wohlstand. Der italienische Staat wird nach einer Analyse der DZ Bank bis 2022 durch den „Draghi-Effekt“ um knapp 670 Milliarden Euro entlastet, der von Spanien um nahezu 300 Milliarden, der französische um 178 Milliarden, der deutsche jedoch nur um knapp 88 Milliarden.

Diese Umverteilung vollzieht sich auch bei Privathaushalten. Die Deutschen leben meist zur Miete und lagern den Hauptteil ihrer Vermögen auf Sparkonten, in privaten Renten und Lebensversicherungen – also in Geld. Südeuropäer besitzen dagegen weit mehr Immobilien, die zudem oft mit Schulden belastet sind.

Während aber Geldanlagen über die Niedrigzinsen schleichend entwertet werden, treibt das billige Geld Sachwertpreise wie die für Immobilien in die Höhe und senkt Schuldzinsen. So verlieren die Deutschen über Draghis Geldpolitik massiv Vermögen, das anderen, etwa den italienischen Landsleuten des EZB-Chefs, zugutekommt.

Ein gravierendes Problem für die EZB ist indes, dass sie sich global in „guter“, also schlechter, Gesellschaft befindet. Die Notenbanken der USA, Japans und anderer großer Volkswirtschaften betreiben die gleiche Niedrigzinspolitik. Ziel ist es, damit den Wechselkurs der eigenen Währung zu drücken. Wenn das jedoch alle machen, verpufft der Effekt. Die EZB aber fürchtet negative Folgen für den Export, wenn sie einseitig zu einer gesunden Zinspolitik zurückkehrt.

So könnte am Ende dieses Wettlaufs zum immer billigeren Geld die Zerstörung des Weltwährungssystems insgesamt stehen. Dies stünde bevor, wenn die Menschen in großer Zahl das Vertrauen in ihre Papierwährung verlieren, weil dessen in Zinsen gemessener „Wert“ vernichtet zu sein scheint. Dann geht, den historischen Erfahrungen zufolge, alles sehr, sehr schnell.    Hans Heckel


Commonwealth statt EU?
England müsste nach einem Brexit nicht unbedingt alleine dastehen

Neuseelands ehemaliger Außenminister Winston Peters hat die Diskussion um einen Ausstieg Großbritanniens aus der EU um eine Idee bereichert. Bei einem Brexit solle Großbritannien die Wirtschaftsbeziehungen zum Commonwealth wieder stärken, die seit dem britischen Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft im Jahr 1973 in eine Nebenrolle gedrängt wurden, so der Vorschlag des neuseeländischen Politikers. In diesem Zusammenhang machte er den Vorschlag, das Commonwealth zu einer Freihandelszone weiterzuentwickeln.

Auf den ersten Blick spricht einiges für die Idee. Verteilt über den ganzen Globus gehören zum Commonwealth immerhin 53 Nationen. Unter ihnen befinden sich neben Großbritannien weitere wirtschaftliche Schwergewichte wie Australien, Kanada, Indien, Malaysia und Singapur. Laut einem Bericht der BBC vom November letzten Jahres liegt der Anteil des Commonwealth am globalen Bruttosozialprodukt noch um 2,6 Prozentpunkte über dem der Europäischen Union. Auch war das Wirtschaftswachstum in der Zeit seit dem britischen EG-Beitritt im Jahr 1973 im Commonwealth deutlich höher als in Westeuropa. Als Argument angeführt werden kann ebenfalls ein sogenannter Commonwealth-Effekt. Demnach sollen die Handelskosten zwischen den Commonwealth-Mitgliedern im Schnitt um 19 Prozent niedriger liegen als mit Ländern außerhalb der Gemeinschaft.

Der Vorschlag stößt in den Reihen der britischen EU-Kritiker durchaus auf Interesse. Ein Sprecher der EU-skeptischen Partei Ukip nahm den Vorschlag sogar euphorisch auf. Mit dem Hinweis auf das Commonwealth lässt sich nämlich der Vorwurf entkräften, Großbritannien würde sich nach einem EU-Austritt völlig isoliert wiederfinden. Bestärkt fühlen können sich auch jene EU-Skeptiker, die argumentieren, Großbritannien sollte stärker auf globale Handelsverträge setzten, statt auf die Euro-Zone mit ihren anhaltenden ökonomischen Schwierigkeiten. Gefallen finden dürfte der Vorschlag auch bei EU-Kritikern in David Camerons Conservative Party, unter ihnen Londons Bürgermeister Boris Johnson, aus deren Sicht Großbritannien mit dem EG-Beitritt im Jahr 1973 Länder wie Australien „betrogen“ habe. Tatsächlich war der britische Beitritt damals nur möglich, indem die übrigen Commonwealth-Mitglieder ihre Vorzugskonditionen in den Handelsbeziehungen zu Großbritannien verloren.

Genau hierin könnten auch ernsthaft Probleme für das Projekt einer Commonwealth-Freihandelszone ihren Ursprung haben. Unter dem Eindruck, dass sich Großbritannien dem europäischen Kontinent zuwendet, haben wichtige Commonwealth-Mitglieder ihrerseits nach neuen handelspolitischen Partnern Ausschau gehalten. So verbindet inzwischen die USA und Kanada das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (Nafta). Andere Commonwealth-Mitglieder haben zum Beispiel mit der Europäischen Union Handelsverträge abgeschlossen. Derartige Abkommen könnten sich bei der Schaffung einer Commonwealth-Freihandelszone ebenso als Hindernis entpuppen wie die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO), so die Warnung, die unlängst auf dem Wirtschafts-Blog „The London Economic“ geäußert wurde.

                Norman Hanert


Angriff auf 100-Dollar-Note
Ex-Weltbank-Chefökonom ist gegen Bargeld und für Negativzinsen

Nach Meldungen, denen zufolge es bei der Europäischen Zentralbank (EZB) konkrete Vorarbeiten zur Abschaffung der 500-Euro-Banknote gibt, soll in den USA bald der 100-Dollar-Schein der Geschichte angehören. Das fordert zumindest der Ex-Chefvolkswirt der Weltbank Larry Summers. Als Begründung führt er das Standardargument der Bargeldgegner an, dass große Geldscheine Geldwäsche und Kriminalität begünstigten.

Gerade mit Blick auf die USA ist allerdings große Skepsis angebracht, ob Beschränkungen beim Bargeldbesitz wirklich so effektiv sind wie behauptet. So ist bereits seit dem Jahr 1969 die 100-Dollar-Note der größte Geldschein, der überhaupt noch im Umlauf ist. Den Anstieg von Kriminalität und Geldwäsche in den USA hat die vor Jahrzehnten erfolgte Abschaffung größerer Geldscheine aber nicht aufgehalten. Als gesichert gilt etwa, dass Drogengelder eine ganz wichtige Rolle beim Aufschwung, der Region Miami (Florida) in den 70er und 80er Jahre spielten. Möglich war dies auch völlig ohne Bargeld, indem Tarnfirmen und reguläre Geschäftsbanken zur Geldwäsche eingespannt wurden.

Doch nicht nur die bisherigen Misserfolge im Kampf gegen die Kriminalität sollten skeptisch stimmen, wenn nun die Abschaffung der 100-Dollar-Banknote gefordert wird. Es war nämlich ausgerechnet Larry Summers, der bereits im Jahr 2013 auf einer Forschungskonferenz des Internationalen Währungsfonds sehr offenherzig über ganz andere vermeintliche Vorzüge einer Abschaffung des Bargeldes referierte. Anlass war damals die Warnung von Summers vor einer anhaltenden Stagnation, die dem Westen nach der Finanzkrise drohe. Um die Wirtschaft zu stabilisieren und den Konsum anzukurbeln, sei die Durchsetzung negativer Zinsen durch die Notenbanken notwendig, so Summers, der ganz offen eine Schwachstelle seines Konzepts der Minus-Zinsen ansprach: Zur Vermeidung von negativen Zinsen – faktisch sind das Strafgebühren auf Bankguthaben – könnten Sparer ihr Geld einfach bei der Bank abheben und alternativ als Bargeld halten. Entfällt allerdings dieser Ausweg, sitzen die Sparer in der sprichwörtlichen Falle. Die Bankkunden müssten dann nämlich erdulden, dass sie für ihr Geld auf dem Konto Zinsen an die Bank zahlen, anstatt wie bislang üblich Zinsen zu erhalten. Durch die negativen Zinsen schmelzen die betroffenen Kontoguthaben langsam dahin, es droht den Besitzern eine schleichende Enteignung. Als Alternative zu diesem „Entsparen“ bliebe den Bürgern der bargeldlosen Gesellschaft dann allenfalls die Möglichkeit, ihre Ersparnisse auszugeben.

Die vor drei Jahren präsentierte Idee, zur effektiven Durchsetzung von Negativzinsen eine Gesellschaft ohne Bargeld zu schaffen, ist keineswegs als bedeutungslose Außenseitermeinung abzutun. So hat unlängst der Chefökonom der britischen Notenbank Bank of England, Andrew Haldane, die Fähigkeit, Negativzinsen auf eine Währung zu verhängen, „die radikalste und dauerhafteste Option“ genannt. Auch Haldane plädiert dafür, Bargeld komplett abzuschaffen und durch eine staatliche digitale Währung zu ersetzen. Negativzinsen könnten dann gleichsam per Knopfdruck eingeführt und verändert werden, da das Sparen in Bargeld dann nicht mehr möglich wäre.    N.H.


MELDUNGEN

Mahnmal gegen Logistik-Firma

Bremen – Das deutsch-schweizer Logistik-Unternehmen Kühne und Nagel ist in das Visier selbsternannter Geschichtspolizisten geraten. Im Dritten Reich nahmen die damaligen Firmenchefs einen Auftrag des Reichsministeriums an, Möbel, die deportierten Juden geraubt worden waren, abzutransportieren. 2015 entschuldigte sich das Unternehmen. Der linken Berliner „Tageszeitung“ (TAZ) ist diese Reaktion zu wenig. Sie sammelt Geld, um in unmittelbarer Nähe eines neuen Logistikzentrums des Unternehmens ein Mahnmal zu errichten, das auf dessen NS-Vergangenheit hinweisen soll.    FH

 

Zwei Millionen Arbeitstage Streik

Düsseldorf – Im vergangenen Jahr sind in Deutschland nach Schätzung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung rund zwei Millionen Arbeitstage wegen Streiks ausgefallen. Davon entfielen allein 1,5 Millionen Tage auf die von Verdi geführten Konflikte um die höhere Eingruppierung von Erziehern und die Ausgliederung von Paketdiensten bei der Post. Am gesamten Streikgeschehen beteiligten sich rund 1,1 Millionen Menschen. Davon bildeten die 885000 Beteiligten an den Warnstreiks der IG Metall die größte Gruppe.  U.M.


S. 8 Forum

Im Kuschel-TV
von Frank Horns

Stellen Sie sich vor, Sie gehen zu ihrem Chef. Treuherzig erklären Sie ihm, dass die Aufgabe, die er Ihnen übertragen hat, Sie manchmal wirklich verzweifeln lasse. Eine Lösung für das Riesenproblem, dass sich seit einigen Monaten aufgetan hat und die Firma zu verschlingen drohe, liege leider in weiter Ferne. Sie zupfen dann etwas hilflos an Ihrem orangefarbenen Blazer herum und erklären ihm, dass Sie leider auch keinen Plan B hätten. Sie würden hin und her denken und seien aber – jetzt setzen sie ein strahlendes Lächeln auf – zu einer wichtigen Erkenntnis gelangt: Alles wird gut, denn der Glaube versetze schließlich Berge.

Ihr Chef mag Ihnen noch so freundlich gesonnen sein. Wenn ihm seine Firma lieb ist, wird er Ihrem Geschwafel schnellstmöglich ein Ende bereiten. Er wird Sie schonungslos mit den massiven Problemen konfrontieren, die Ihr Tun ausgelöst hat. Seine kritischen Fragen, werden Ihnen nur so um die Ohren fliegen. Seine Worte werden Sie aufspießen, grillen und als ein Häufchen Asche zurücklassen. All das völlig zu Recht, denn Sie haben eine peinlichen und katastrophalen Auftritt hingelegt.

Wenn Angela Merkel, so wie kürzlich im Interview bei Anne Will, in der ARD solcherart Unerträgliches zur Asylkatastrophe von sich gibt, ist natürlich alles anders. Kuschelig und behaglich macht man es sich in den Polstersesseln des Studios bequem. Die Rollen sind klar verteilt: Hier die große Kanzlerin, dort die willfährige Stichwortgeberin. Fremdschämen ist angesagt, wenn die 50-jährige, preisgekrönte Fernsehjournalistin in der Art eines Schulmädchens ihre Fragen vorbringt. Die Röte schießt einem ins Gesicht, wenn sie viel zu laut über die müden Scherze ihrer Interviewpartnerin lacht. Peinlich berührt verfolgt man, wie sie zaghaft und mit entschuldigendem Lächeln schließlich doch einmal Kritisches vorzubringen wagt. Nachhaken und hartnäckig bleiben? Um Gottes Willen, das klingt ja wie Majestätsbeleidigung.

Genau so geht Merkel-TV. Wie selbstverständlich machen die Kanzlerin und ihre Claqueurin einmal mehr die Inkompetenz der Regierenden salonfähig. Die Ohnmacht wird zur Staatsräson. Via Bildschirm wird normal, was es niemals sein dürfte, denn Angela Merkels Vorgesetzte sind wir. Das Volk. Uns muss sie Rechenschaft abliefern für ihr Tun. An Volkes Stelle sollte eine couragierte Journalistin der Kanzlerin gegenübertreten und Fragen stellen. Solche Fragen, die Angela Merkel, wenn es sein muss, die Röte ins Gesicht treiben.

Kann man sich etwas Derartiges vorstellen? Im Merkel-Deutschland des Jahres 2016 klingt derlei Wunschdenken leider ebenfalls wie ein reichlich müder Scherz. Am großen Wahlsonntag in dieser Woche wird sich zeigen, wie viele Wähler dann darüber lachen können.


Besonnene Mazedonen
von Wolf Oschlies

Der mazedonisch-griechische Grenzübergang Sehovo-Idomeni, südlich des Dojran-Grenzsees gelegen, hat wenige Häuser, eine Tankstelle, 154 Einwohner, aber 6500 Immigranten, die seit dem 21. Februar, als Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien ihre Grenzen schlossen, in täglich einem Dutzend Busse aus Athen herangebracht wurden. Vor der Grenze liegt eine „neutrale Zone“, welche die Immigranten nie respektierten. Am 29. Februar versuchten sie, die Grenze zu stürmen, wurden von der mazedonischen Polizei aber mit Tränengas zurückgeworfen. Die zahlreichen Korresponden­ten registrierten respektvoll, wie besonnen die Mazedonen agierten, und sie deuteten vorsichtig an, dass Athen die Flüchtlingsmassen bewusst an die Grenze dirigierte, um das verhasste „Skopje“, wie die Republik Mazedonien sogar amtlich genannt wird, und die „unfaire“ EU zu bestrafen. Das wollten die Presseleute nicht recht glauben, dabei liegen die Beweise auf der Hand.

Mazedonien akzeptierte seit einer Woche nicht mehr „dienstliche Bescheinigungen, ausgefertigt von griechischen Behörden“. Es verlangt „Pässe oder Personalausweise“, welche die Ankömmlinge nicht hatten. Griechische Zusagen von Verteidigungsminister Panos Kamenos, Migrationsminister Yanis Mouzalas und EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos, in aller Eile Camps für Immigranten aufzubauen, wurden nicht erfüllt, vielmehr durch massive Geldforderungen an Brüssel ausgewechselt. Mit Erfolg: Wie die Athener Zeitung „Kathimerini“ unter Berufung „auf einen ungenannten Brüsseler Repräsentanten“ meldete, gab Brüssel zu verstehen, dass es „ein Paket von Maßnahmen“ vorbereite, falls Griechenland in eine „humanitäre Krise“ gerate. Das wollte Griechenland, wo Ende Februar 22000 Immigranten waren, offenkundig beschleunigen, wobei Minister Mouzalas schon Horrorzahlen nannte: „Wir nehmen an, dass unser Land in den nächsten Monaten von 50000 bis 70000 Migranten überrannt wird.“

Mazedonien wird seit 21 Jahren von Griechenland international isoliert, seit 15 Jahren von EU und Nato unter Verletzung von Zusagen und Abmachungen diskriminiert. Die einstige „Oase des Friedens“ im ex-jugoslawischen Bürgerkrieg traut keinem mehr, lässt sich aber auch durch niemanden aus der Ruhe bringen, auch nicht von Nachbar Albanien. Dessen Premier Edi Rama und Außenminister Ditmir Bushati ließen Ende Februar leichte Panik erkennen, dass ihr Land das nächste Ziel fremder Immigrantenströme sein werde.


Gegenwind
Wem nützt ein geschwächtes Europa?
von Florian Stumfall

Wer sich je Gedanken darüber gemacht hat, wie die Ärmsten der Armen, die aus ihren Heimatländern nach Europa fliehen, die vielen Millionen aufbringen, die professionelle Schleuserbanden an ihnen verdienen, der kommt ins Grübeln. Sollte hinter dem zigtausendfachen Beschluss vieler einzelner, das Heil in Europa zu suchen, ein leitender Gedanke walten, dann kann das nur die Absicht sein, diesem Europa zu schaden. Es ist daher zu überlegen, wem ein geschwächtes Europa von politischem Nutzen sein könnte.

Bei geostrategischen Planungen solcher Art drängt sich immer noch und immer wieder der ehemalige und immer noch einflussreiche US-amerikanische Präsidentenberater und Politikprofessor Zbigniew Brzezinski auf, der seinen Begriff von der Rolle Europas in dem mittlerweile vom Markt genommenen Buch „Die einzige Weltmacht“ aus dem Jahr 1997 niedergelegt hat. Darin schreibt Brzezinski: „Der Fortbestand der globalen Vormachtstellung Amerikas hängt unmittelbar davon ab, wie effektiv es sich in Eurasien behaupten kann.“

Zur Rolle der EU in diesem Kontinent schreibt er, dass sich mit „jeder Ausdehnung des europäischen Geltungsbereichs automatisch auch die direkte Einfluss-Sphäre der Vereinigten Staaten“ erweitert. Und an anderer Stelle spricht er von Europas „Funktion als eurasischer Brückenkopf für die amerikanische Macht und als mögliches Sprungbrett für eine Ausdehnung des demokratischen Globalsystems in den eurasischen Kontinent hinein“. Niemand hat vor Brzezinski die Zweckbestimmung der EU so klar beschrieben: Sie ist nicht mehr als ein Baustein für die Weltherrschaft. Ohne die Achse USA–EU wäre die Fähigkeit Amerikas, „Einfluss und Macht tiefer in den euroasiatischen Raum hinein geltend zu machen“, äußerst begrenzt. Es geht also um Machtausübung über die EU hinaus, und dort liegt Russland. Dies erklärt zur Genüge, woher die derzeitigen Spannungen kommen.

Denn für die Weltmacht-Ambitionen der USA gilt: „Inwieweit die USA ihre globale Vormachtstellung geltend machen können, hängt aber davon ab, wie ein weltweit engagiertes Amerika mit den komplexen Machtverhältnissen auf dem eurasischen Kontinent fertig wird – und ob es dort das Aufkommen einer dominierenden gegnerischen Macht verhindern kann.“

Nun – das Auferstehen Russlands konnten die USA im Jahr 1997 nicht absehen, doch ihr Verhalten Moskau gegenüber bestätigt, dass die Brzezinski-Doktrin nach wie vor Gültigkeit hat. Der frühere langjährige Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium Willy Wimmer sagt: „EU-Europa ist zu einer Speerspitze gegen Russland verkommen.“

In diesem Erklärungsmuster hat auch die Sanktionspolitik der USA einen Platz: Von Barack Obama ohne einsichtigen Grund kürzlich um ein Jahr verlängert, wird sie fortsetzen, was das bisherige Ergebnis ist: Am meisten geschwächt wird die EU, Russland kann sich durch eine Umstrukturierung seiner Wirtschaft den Folgen mehr und mehr entziehen, und die USA bleiben davon völlig unbehelligt. Da aber auch Russland keinen substanziellen Schaden davonträgt, stellt sich die Frage, warum die USA die Sanktionen dennoch verlängern. Ganz einfach: Sie zielen auf die EU. Neben den Zuwanderern sind es derartige Sanktionen, die zu ihrer Schwächung beitragen. Das Motiv für die USA liegt darin, dass sie, wie beschrieben, einen Fuß in der eurasischen Tür haben wollen, und dafür stellt eine schwache, willfährige EU die beste Variante dar.

Was aber die Zuwanderung nach Europa angeht, so gibt es zahlreiche Hinweise aus dem österreichischen Polizei- und Nachrichtenmilieu, die darauf hindeuten, dass Schlepper von den USA bezahlt werden. Ein anonymer Zeuge sagt: „Schlepper verlangen horrende Summen, um Flüchtlinge illegal nach Europa zu bringen. Die Bedingungen sind oft sehr schlecht, trotzdem kostet ein Transport aktuell zwischen 7000 und 14000 Euro, nach Region und Schlepperorganisation unterschiedlich.“

Ein Abwehrmann und Mitarbeiter des österreichischen Heeresnachrichtenamtes hat vor Kurzem eine Aussage von Russlands Präsident Wladimir Putin bestätigt: „Die USA stecken hinter der unglaublichen Flut an Asylanten, die zur Zeit über Europa hereinbricht. Amerikanische Organisationen bezahlen die Schlepper, die die Boote beschaffen und die Massentransporte nach Europa organisieren. Es geht darum, aus Europa einen brodelnden Unruheherd und einen Hexenkessel zu machen. Genau, wie aus der Ukraine.“

So aufschlussreich die – von den USA behinderte – Lektüre der „Einzigen Weltmacht“ auch ist, so wenig ist der Autor Brzezinski mit den darin vertretenen Ansichten und Strategien allein. Eine jüngere Wissenschaftlergeneration vertritt Thomas P.M. Barnett, Militärstratege, einer der geistigen Väter der vertragswidrigen Nato-Osterweiterung und entschiedener Anhänger der Globalisierung. Er ist in den USA der neue Prophet des Allmachtsanspruchs. In seiner Theorie teilt er die Länder ein in fortgeschrittene, den „funktionierenden Kern“, und rückständige, die er die „Nicht-integrierbare Lücke“ nennt. In diese Lücke nun stoßen die USA, um dorthin „Sicherheit“ zu exportieren. Ist dies geschehen, kann man diese Länder dem Kern dazuschlagen.

Mit einem kurzen Wort fasst Barnett zusammen: „Das Endziel ist die Gleichschaltung aller Länder der Erde.“ Dazu fordert er vier Bewegungen. Zum einen den ungehinderten Zustrom von Flüchtlingen nach Europa – für die EU fordert er eine Verzehnfachung der Zahlen. Der zweite Strom ist der von Gas und Öl, von Energieträgern insgesamt. Hier ist Barnetts Forderung, dass sich dieser Fluss ausschließlich auf privater Basis abspielen dürfe, er weiß, was er den US-Konzernen schuldig ist. Der dritte ungehinderte Fluss solle derjenige von Krediten sein, womit man Einzelpersonen wie Staaten in der Schuldenfalle fangen kann. Und schließlich will Barnett allüberall US-Sicherheitskräfte und -technik installieren, um so eine völlige weltweite Bewegungsfreiheit des US-Militärs zu gewährleisten.

Was Barnetts ersten Punkt angeht, so fügt er diesem einen überaus befremdlichen, makabren Zusatz an, dass zur „Vermischung der Rassen“ in Europa jährlich 1,5 Millionen Einwanderer aus der Dritten Welt aufgenommen werden sollten. Barnett hat diesen Gedanken nicht selbst hervorgebracht, sondern bewusst anderswo entlehnt. Der ursprüngliche Vater euro-afrikanischer Rassenmischung ist Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi, der Gründer der Pan­europa-Union. In seinem 1925 in Wien erschienenen Buch „Praktischer Idealismus“ schreibt er: „Der Mensch der fernen Zukunft wird Mischling sein. Die heutigen Rassen und Kasten werden der zunehmenden Überwindung von Raum, Zeit und Vorurteil zum Opfer fallen. Die eurasisch-negroide Zukunftsrasse, äußerlich der altägyptischen ähnlich, wird die Vielfalt der Völker durch eine Vielfalt der Persönlichkeiten ersetzen.“

Was die Paneuropa-Union, die unter christlichen Insignien auftritt und vorgibt, konservative Positionen zu vertreten, veranlasst, einem solchen geistigen Ahnherrn zu folgen, ist unbekannt. Bedrückender ist, dass solches Gedankengut die Politik der USA mit beeinflusst. Und ausgerechnet Europa, um dessen vorgebliches Wohl so viel Lärm gemacht wird, ist als nächstes großes Opfer auf dem Altar der Weltherrschaft der USA vorgesehen. Dafür kann man schon ein paar Schlepper bezahlen.


S. 9 Kultur

Umkämpfte Madonna
Ein echter Leonardo da Vinci oder nicht? − In Bayern will eine jahrelange Rechtsposse um ein Renaissancebild kein Ende nehmen

Seit 35 Jahren kreist das Leben eines bayerischen Kunstsammlers nur um ein Gemälde. Er will allen klarmachen, dass seine „Madonna Immaculata“ von Leonardo da Vinci stammt. Damit setzte ein juristisches Verwirrspiel ein.

Die Zeit drängt. Bis Ende Mai hat der Kunstsammler Ingo Bubenik noch Zeit, der Bayerischen Staatsgemäldesammlung mitzuteilen, an wen ein dort verwahrtes Gemälde auszuhändigen ist. Weil die Neue Pinakothek für Sanierungsmaßnahmen komplett ge­räumt werden muss, soll auch das dort im Depot befindliche Renaissancegemälde „Madonna Immaculata“ das Haus verlassen. Das Problem: Bubenik und seine Frau Evelin sind zwar Eigentümer des Bildes, könnten es aber nicht herausverlangen. Man hat dafür keinen Verwahrungsschein erhalten.

Das ist nur ein Teil eines komplizierten Krimis rund um das Gemälde. Denn es geht um viel Geld und um die Revision von seit Langem zementierten wissenschaftlichen Positionen.

Wenn Bubenik auf die „Madonna“ zu sprechen kommt, gerät er ins Schwärmen. „Es ist das bedeutendste Frauenbild der Kunstgeschichte“, versichert der 75-Jährige, „die Figur verkörpert einen singulären Frauentyp, der jenseits aller Schuld ist, ein Erdenmensch und zugleich religiöses Idealbild: Leonardos Sicht der vom Makel der Erbsünde freien Maria, ge­malt entsprechend dem Auftrag der Mailänder Immaculata-Bruderschaft vom 25. April 1483.“

Die „unbefleckte Madonna“ war gar nicht so rein, als Bubenik sie das erste Mal sah. Im Jahr 1981 erwarb er die „Madonna Immaculata“ auf einer Auktion für 3800 Mark. Das im Katalog als Werk eines anonymen italienischen Künstlers des 15. Jahrhunderts ausgewiesene Gemälde schien seltsam verschmutzt, das weiße Unterkleid der Madonna verunreinigt zu sein.

Bubenik ließ das Bild für 28000 Mark von den Übermalungen freilegen, und was das Ehepaar dann sah, raubte beiden den Atem. „Wir waren wie elektrisiert“, erinnert er sich, „das Bild war wegen eines Brandschadens 1688 in der Immaculata-Ka­pelle in Mailand fast völlig übermalt worden, und unter den späteren Zumalungen war an den größtenteils intakten Stellen ein porzellanartiger und lichthaltiger Farbkörper zum Vorschein gekommen, was an Ge­mälde da Vincis der 1490er Jahre erinnert.“

Das wäre eine Sensation. Ein echter da Vinci im Privatbesitz eines ehemaligen Galeristenpaares im bayerischen Pfaffenhofen an der Ilm? Um ihrem Erkenntnisdrang nachzugehen, setzten die Bubeniks alle Hebel in Gang, die ihnen zur Verfügung standen. Sie baten den Kunsthistoriker und Leonardo-Forscher Ernst Ullmann aus Leipzig um Erforschung des Sachverhalts, und der erklärte das Ge­mälde seit 1987 mehrfach zur authentischen Ar­beit von Leonardo. Andere Autoren äußerten sich mündlich skeptischer, sprachen ohne fachliche Begründung von einem Luini.

Ideell wie materiell ist das ein Unterschied von Lichtjahren. Während Werke des Renaissancemalers Bernardino Luini auf dem Kunstmarkt für einige 100000 Euro gehandelt werden, so wer­den Bilder da Vincis − sofern jemals eindeutig authentische von ihm auftauchen sollten − auf das Hundertfache geschätzt.

Seit drei Jahrzehnten forschen die Bubeniks wie Detektive nach der Provenienz, der Herkunft des Bildes. In ihrem Haus stapeln sich die Aktenordner mit Herkunftsbeweisen. Das Ehepaar hat 2009 seine Ergebnisse in dem großformatigen Kunstband „Leonardo da Vincis wiederentdeckte Madonna Immaculata“ veröffentlicht. Enthalten ist auch eine CD mit zu­sätzlichen 2000 Seiten, meist kommentierten Originaltexten der Quellenschriften (Verlag Kastner AG, 39,50 Euro).

Inzwischen ist sich Bubenik sicher, den Nachweis der Herkunft überzeugend dokumentiert zu haben. Er spricht längst nicht mehr im Konjunktiv, sagt nicht, dass es ein da Vinci sein könnte. Bubenik spricht mit einem Ausrufezeichen: „Ich weiß, dass es da Vincis in den Quellentexten 55 Mal an­gesprochene und als verschollen angesehene ,Madonna Immaculata‘ ist!“

Demnach war die 104 mal 82 Zentimeter große Holztafel einst Teil des Altars einer Kapelle in der Mailänder Kirche San Fran­ces­co Grande. Da sie vorher in Florenz von da Vinci für eine an­dere ikonografische Bestimmung als Verkündigungsmadonna zweck­entfremdet worden war, wurde die Madonna von einer Annunziata zu einer Immaculata zurück­gemalt. 1783 gelangte die Tafel in ein Mailänder Hospital für Waisenkinder, und 1785 er­warb sie der schottische Maler und Händler Gavin Hamilton, der das we­gen der Übermalungen jetzt erstmalig Luini zugeschriebene Bild 1789 an einen Lord verkaufte, wo es auf zwei schottischen Landsitzen bis 1925 verblieb. In dem Jahr wurde die Ma­donna bei Chris­tie’s in London, versehen mit der alten Luini-Provenienz, dem Londoner Galeristen Max Rothschild zugeschlagen. In den späten 1930er Jahren ist die Tafel im Leipziger Kunsthandel nachweisbar.

Als wäre der Krimi um die Provenienz nicht schon spannend genug, fing ab 1990 ein weiteres Tauziehen um das Gemälde an. Damals musste Bubenik seine Münchener Galerie schließen. Ein U-Bahn-Bau vor der Haustür und zu geringe wie auch verspätete Entschädigungszahlungen durch die Stadt sorgten für hohe Schulden. Die Madonna wurde vom Gerichtsvollzieher ge­pfändet und lan­dete am 28. No­vember 1990 im Depot der Pinakothek. Als Einlieferungsbestätigung gab es ein Protokoll, nötig für eine künftige Rückholbefugnis ist aber ein Verwahrungsschein, eine Art Abholschein. Den hat der Justiz­fis­kus in Person des Gerichtsvollziehers aber nicht be­kommen. So verweigerte die Pinakothek 21 Jahre später, am 25. Mai 2011, die vom Amtsgericht angeordnete Herausgabe des Bildes an den Gerichtsvollzieher.

Steckt Methode dahinter, will man bis heute auf die Weise verhindern, einen da Vinci herauszurücken, den der Staat – sollte das Bild in Deutschland bleiben – später für Millionen von Euro wieder zurückkaufen müsste?

Jemand habe gewusst, dass es ein bedeutendes Bild ist und habe das pflichtgemäße Ausstellen eines Verwahrungsscheins durch die Pinakothek verhindert, ist sich Bubenik sicher und schweigt vielsagend auf Nachfrage, wer daran Interesse gehabt haben könnte.

Seit Mai 2011 ist nicht nur dieser Fall zum langwierigen Ge­richtsstreit geworden. Bubenik befand sich 20 Jahre davor noch in einer juristischen Auseinan­dersetzung mit der Familie des Olympiasiegers Armin Hary, jenes Sprinters, der 1960 die 100 Meter als erster offiziell in zehn Sekunden lief. Zugunsten der Familie Hary war in den späten 1980er Jahren eine Forderung von mehr als 100000 Mark gegen die Galerie Bubenik aufgelaufen, wofür die Familie Hary vergeblich Sicherheit an der Madonna beansprucht hatte. Trotzdem flammte der Streit zwei Jahrzehnte später wieder auf. Rechtsanwälte wurden ab Juni 2011 erneut hinzugezogen, bis es 2014 zu einem Vergleich kam. Es wurde ein Betrag festgesetzt, den die Familie Hary erhält, wenn Bubenik die „Madonna“ innerhalb einer bestimmten Frist verkauft.

Für Bubenik ist das jahrelange Tauziehen um das Bild eine späte Bestätigung, dass ein kleiner Kreis Kunstsachverständiger von der Echtheit als da Vinci überzeugt ist, auch wenn keiner es zugeben will. „Um einen Luini würde man keinen so großen Aufwand betreiben“, meint der Kunstsammler. Wer das Gemälde günstig als Luini erwirbt, werde die „Madonna“ hinterher als da Vinci präsentieren, ist sich Bubenik sicher. Für ihn selbst würden dann nur die Krümel übrigbleiben.

Und so kämpft Bubenik wie ein Don Quijote weiter einen einsamen Kampf gegen die juristischen Mühlen, um zu seinem Recht zu kommen.         Harald Tews


Die Eingesperrten
Kleiner Film ganz groß − »Raum« im Kino

Bei der diesjährigen Oscar-Verleihung drehte sich alles um Leonardo di Caprio, der den Preis als bester männlicher Hauptdarsteller erhielt. Dabei ging die beste Darstellerin, Brie Larson, völlig unter. Die die bis dahin wenig bekannte US-Aktrice ge­wann den Preis für ihre Rolle in einem sparsamen Arthaus-Film, der den schlichten Titel „Raum“ trägt und der am 17. März in den Kinos anläuft.

Eigentlicher Held der kanadisch-irischen Koproduktion aber ist ein fünfjähriges Kind. Wegen seiner langen Haarpracht hält man es anfangs für ein Mädchen. Doch es ist ein  Junge, der seit seiner Geburt mit seiner Mutter in einem neun Quadratmeter kleinen Raum gefangen ist. Er ist der Sohn eines Vergewaltigers, der die Mutter vor Jahren in das Verließ verschleppt hat.

Die auf einem Roman der irischen Autorin Emma Donoghue basierende Geschichte erinnert an den Entführungsfall Natascha Kampusch wie auch an Josef Fritzl, der seine Tochter in einem Kellerversteck gefangen hielt und mit ihr mehrere Kinder zeugte.

„Raum“ macht daraus keine Sensationsgeschichte. Einfühlsam schildert Regisseur Lenny Abrahamson das bewegende Ver­hältnis von Mutter und Sohn, für den eine Welt au­ßerhalb des Raums nicht vorstellbar ist.

Als es der Mutter gelingt, dem Sohn die Flucht zu er­mög­lichen, wird er mit einer für ihn fremden Realität konfrontiert. Ganz ohne den üblichen Schwulst eines neunmalklugen Kindes gelingen dabei Szenen, die zu Herzen gehen. Wird der eingeschüchterte Sohn seine Mutter je wiedersehen? Ein großartig er­greifender Film aus der Sicht des Kindes erzählt, was ihn umso erschütternder und zu einem großen Kino-Ereignis macht.  tws


Österreichs erste Literatin
Frauchen von »Krambambuli« − Die Ebner-Eschenbach neu gelesen

Häufig kommt es anders, als man denkt. In ihrer Jugend träumte Marie von Ebner-Eschenbach davon, „der größte Shakespeare des 19. Jahrhunderts zu werden“. Vom Schillerschen Idealismus entflammt schrieb sie historische Dramen wie „Maria Stuart in Schottland“ oder Lustspiele wie „Das Veilchen“, die auf den Bühnen aber allesamt floppten. Also verabschiedete sie sich von ihrem Shakespeare-Traum und konzentrierte sich auf Rat ihres Dichter-Vorbilds Franz Grillparzer darauf, wenigstens Österreichs bedeutendste Erzählerin zu werden.

Nimmt man nur ihre Hunde-Erzählung „Krambambuli“ zum Maßstab, dann ging dieser Plan auf. Die kurze Geschichte eines treuen Hundes, der nach einem als „Krambambuli“ bekannten Dan­ziger Kirschbranntwein be­nannt wurde – das Tier wurde für ein Dutzend solcher Flaschen an einen neuen Besitzer verhökert –, gehört in Österreich zur Pflichtlektüre an Schulen. Mit der Erzählung setzte sich die vor 100 Jahren, am 12. März 1916, in Wien gestorbene Autorin ein bleibendes Denkmal.

Das am Ende rührselige Stück, das beim Tod des Hundes die Tränendrüsen aktiviert, hat es aber auch in sich: Es liegt Sozialkritik darin versteckt. Was als Treue des Hundes bezeichnet wird, ist in Wirklichkeit sklavische Unterwürfigkeit. Als Krambambuli einmal treulos wird, lässt der neue Besitzer ihn verrecken. Viele treu ergebene Untertanen des Kaisers Franz Joseph I., dessen Lebensspanne (1830–1916) sich aufs Jahr genau mit der Ebner-Eschenbachs deckte, dürften ähnlich Ungerechtes am eigenen Leib erfahren haben.

Die am 13. September 1830 als Freiin Dubský auf Schloss Zdislawitz in Mähren geborene Dichterin, die später den 15 Jahre älteren Cousin und Militärtechniker Moritz Freiherr Ebner von Eschenbach heiratete, stellte die Aristokratie nie in Frage, wohl aber manche veraltete Moralvorstellungen. Deutlich wird das in ihren auch heute noch viel gelesenen Romanen „Božena“ und „Das Gemeindekind“, wo die Titelfiguren wegen ihrer niederen Stellung als Dienstmagd beziehungsweise Sohn einer Mörderin an einer vorurteilsgeladenen Ge­sellschaft zu zerbrechen drohen.

„Ein Urteil lässt sich widerlegen, ein Vorurteil nie“, lautet ein geflügeltes Wort der Aphoristikerin Ebner-Eschenbach. Doch anders als die naturalistischen Dichterkollegen, die gemäß dem darwinschen De­terminismus wirkten, wonach ein aus schlechten Verhältnissen stammender Mensch diese Prägung niemals entrinnen kann, glaubte Ebner-Eschenbach an das Gute im Menschen. Bei ihr gibt es viele tränenreiche Happy Ends, weshalb ihr das Etikett einer Sozialromantikerin anhaftet, wohl auch, weil in ihrem Werk der industrielle Wandel nicht stattfindet. Es ist aber kein Grund, das Werk dieser früh emanzipierten Autorin nicht zu lesen. Gelegenheit findet sich dazu mit der 2015 im Residenz Verlag erschienenen vierbändigen Leseausgabe (1400 Seiten, 75 Euro) und der Neuerscheinung des Ro­mans „Unsühnbar“ (Manesse Verlag, 352 Seiten, 22,95 Euro).          H. Tews


MELDUNGEN

»Überläufer« in vier Städten

Hamburg − Mit 65-jähriger Verspätung ist Siegfried Lenz’ schon 1951 entstandener Roman „Der Überläufer“ posthum erschienen. Der Verlag Hoffmann und Campe veranstaltet dazu eine Lesereise mit den Schauspielern Burghart Klaußner und Timo Weisschnur. Die Termine: 15. März um 19.30 Uhr im Deutschen Literaturarchiv in Marbach; 17. März um 18 Uhr im Hamburger Thalia Theater; 19. März um 19 Uhr in der Deutschen Nationalbibliothek von Leipzig; 20. März um 18 Uhr im Deutschen Theater in Berlin.            tws

 

Van Gogh auf der Moritzburg

Halle/Saale − In der Ausstellung „Magie des Augenblicks“ zeigt das Kunstmuseum Moritzburg von diesem Sonnabend an bis zum 11. September Meisterwerke der Moderne, die das Schweizer Ehepaar Arthur und Hedy Hahnloser-Bühler zwischen 1906 bis 1936 zusammengetragen hat. Darunter sind Bilder von van Gogh, Renoir, Cézanne, Matisse, Toulouse-Lautrec und anderen Meistern. www. kunstmuseum-moritzburg.de       tws


S. 10 Geschichte

Die Republikflucht des Erich Honecker
Vor 25 Jahren entzog sich der Ex-Diktator mit Wissen Kohls durch Flucht seiner Verantwortung

Anstatt die politische und juristische Verantwortung für seine Handlungen als Staatschef der DDR und Parteichef der SED zu übernehmen, setzte sich Erich Honecker im März 1991 nach Moskau ab. Dabei waren ihm genau die Personen behilflich, die fünf Monate später gegen den sowjetischen Staatspräsidenten Michail Gorbatschow putschten.

Am Mittwoch, dem 13. März 1991, diskutierte der Deutsche Bundestag gerade den Entwurf des Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans für das laufende Jahr, als Bundeskanzler Helmut Kohl den SPD-Oppositionsführer Hans-Jochen Vogel mit „Herr Kollege Honecker“ anredete. Dieser Versprecher, der für allgemeine Heiterkeit im ahnungslosen Plenum sorgte, resultierte aus einer Information, die Kohl kurz zuvor von seinem außenpolitischen Berater, Peter Hartmann, erhalten hatte: Gerade sei der sowjetische Botschafter, Wladislaw Terechow, im Kanzleramt erschienen, um mitzuteilen, dass die sowjetische Seite beabsichtige, Erich Honecker und dessen Frau Margot in einer sowjetischen Militärmaschine nach Moskau auszufliegen.

Begründet wurde die Aktion mit dem schlechten Gesundheitszustand des vormaligen Generalsekretärs des ZK der SED und Vorsitzenden des Staatsrates der DDR. Tatsächlich bestand damals aber nur der Anfangsverdacht auf Leberkrebs, der dann bei späteren computertomographischen Untersuchungen in der UdSSR zunächst nicht bestätigt werden konnte. Deshalb handelte es sich bei der Verlegung des 78-Jährigen in das Moskauer General-Mandryka-Prominentenkrankenhaus weniger um eine dringend notwendige „humanitäre Hilfeleistung“, wie Terechows Stellvertreter Igor F. Maximytschew später behauptete, als um Strafvereitelung. Immerhin lag gegen Honecker ein Haftbefehl des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten wegen seiner Mitverantwortung für die tödlichen Schüsse an der innerdeutschen Grenze vor, der nur deshalb nicht zur Vollstreckung kam, weil der frühere Staats- und Parteichef seit April 1990 im zentralen sowjetischen Militärhos­pital Beelitz-Heilstätten bei Potsdam weilte. Dort stand er anfangs unter dem persönlichen Schutz des Oberkommandierenden der UdSSR-Streitkräfte in Deutschland, Armeegeneral Boris Snetkow – allerdings muss­te der im Dezember 1990 seinen Posten räumen, weil er den Befehl zum Truppenabzug aus der Bundesrepublik verweigert hatte.

Abgesehen von Snetkows Abberufung wurde die Situation Honeckers Anfang 1991 auch noch aus einem anderen Grund prekär: Nach dem bald anstehenden Inkrafttreten des Zwei-plus-Vier-Vertrages über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland durch Moskau und der dadurch theoretisch wegfallenden alliierten Vorbehaltsrechte auf dem Boden der Bundesrepublik hätten die Deutschen Honecker auch im bisher exterritorialen Beelitz verhaften können. Deshalb beschlossen einige sowjetische Altkommunisten um den UdSSR-Vizepräsidenten und Gorbatschow-Stellvertreter Gennadi Janajew sowie Verteidigungsminister Dmitri Jasow, ihren deutschen Gesinnungsgenossen in Sicherheit zu bringen. Zur Rechtfertigung verwies man auf das Beispiel der Führungsmacht der westlichen Welt. So meinte der als ausgesprochener Falke geltende Oberst Viktor Alksnis mit Blick auf die DDR-Führungsriege: „Diese Leute waren unsere Verbündeten. Sie verfolgten unsere Politik … Als die Amerikaner 1975 Vietnam verließen, haben sie alle ihre Anhänger mitgenommen.“

Also wurden Erich und Margot Honecker mit einem Hubschrauber der sowjetischen Armee von Beelitz zum 25 Kilometer entfernten Militärflughafen Sperenberg gebracht, wo schon seit Tagen eine zweistrahlige Tupolew Tu-134 AK des 226. Gemischten Fliegerregiments bereitstand. An Bord dieser Maschine reiste das Ehepaar dann am Nachmittag des 13. März nach Moskau.

Die Regierung Kohl, die keinerlei Anstalten gemacht hatte, Ho­neckers angekündigte „Republikflucht“ zu verhindern, spielte den Vorfall soweit als möglich herunter. Gerechtfertigt wurde dies damit, das endgültige Inkrafttreten des Zwei-plus-Vier-Vertrages zum 15. März 1991 nicht gefährden zu wollen. Dabei verstieß das Ausfliegen des per Haftbefehl Gesuchten definitiv gegen den Artikel 2 des Abkommens vom 12. Oktober 1990 über die Bedingungen des befristeten Aufenthalts und die Modalitäten des planmäßigen Abzugs der sowjetischen Truppen aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland sowie außerdem auch gegen das Völkerrecht. Trotzdem beschränkte sich die Reaktion Bonns darauf, Terechow 30 Stunden nach Honeckers Ankunft in der UdSSR eine lauwarme Protestnote zu überreichen, während Politiker wie der innenpolitische Sprecher und stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Johannes Gerster, vergebens Wirtschaftssanktionen und weitere energische Schritte forderten.

Allerdings waren Honeckers Tage in dem geräumigen Luxus­apartment 603 des Moskauer Hos­pitals mit Blick auf den Sokolniki-Park trotzdem gezählt, denn durch das Scheitern des kommunistischen Augustputsches von 1991 gegen den UdSSR-Staatspräsidenten Gorbatschow verloren die meisten seiner konservativen Gönner in Partei, Militär und Geheimdienst ihre Ämter. Stattdessen schlug nun die Stunde Boris Jelzins. Der Präsident der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik sorgte dafür, dass Honecker einen Ausweisungsbescheid erhielt.

Daraufhin flüchtete der am 11. Dezember 1991 zusammen mit seiner Frau in die chilenische Botschaft in Moskau, obzwar auch die politisch eigentlich näher stehenden Staaten Nordkorea und Syrien Asyl angeboten hatten. Aber von Chile erhoffte sich der gestürzte Staats- und Parteichef besonderen Schutz, waren doch nach dem Putsch von Augusto Pinochet viele emigrierte Chilenen in der DDR untergekommen – darunter auch Clodomiro Almeyda, der nunmehrige Geschäftsträger des Andenlandes in Moskau. Allerdings missbilligte die Regierung in Santiago das Botschaftsasyl für Honecker und berief Almeyda ab. Anschließend drängte der chilenische Sonderbeauftragte, James Holger, den unerwünschten Gast unter Gewaltandrohung aus dem Gebäude in der Uliza Junosti. Damit hatten die russischen Behörden die Möglichkeit, Honecker ins Flugzeug zu setzen und nach Deutschland zurückzubefördern, wo er am 29. Juli 1992 eintraf und sofort in Haft kam. Jedoch wurde das Verfahren gegen ihn am 12. Januar 1993 eingestellt, weil inzwischen nun doch fortgeschrittener Leberkrebs diagnostiziert worden war. Kurz darauf verschwand Erich Honecker nach Chile. Dort starb er über ein Jahr später am 29. Mai 1994.        Wolfgang

                Kaufmann


Reformer mit Spätwirkung

So wie sein Zeitgenosse und in mancher Hinsicht Vorbild Friedrich der Große in der Entwicklung Preußens, war Joseph II. für Österreich der Vertreter des aufgeklärten Absolutismus unter den Herrschern. Ähnlich wie der Alte Fritz sah auch Joseph in sich einen Diener des Staates, des Gemeinwesens, der Allgemeinheit. „Alles für das Volk, aber nichts durch das Volk“ soll sein Leitspruch gelautet haben. Dieses Motto passt zu Josephs Regentschaft. Zum einen hatte er ein starkes Verantwortungsgefühl gegenüber dem Volk. Andererseits aber versuchte er – ganz absolutistischer Herrscher – die Zügel nicht aus der Hand zu lassen und möglichst wenig zu delegieren. Das eine wie das andere erhöhte sein Arbeitspensum. Tragischerweise resultierten aus Josephs Sicht des Volkes als unmündiger Schutzbefohlener starke Ansätze zu einer Erziehungsdiktatur, die Joseph, der das Beste des Volkes wollte und auf dessen Sympathie durchaus Wert legte, viel Sympathien im Volke kosteten.

Viel Zeit und Kraft kostete Joseph seine expansive Außenpolitik. Joseph war weder ein geschmeidiger Diplomat mit Sinn für das Machbare noch ein begnadeter Militär. Fried­rich der Große, die anderen deutschen Fürsten und die anderen Großmächte, welche die Sorge vor einem übermächtigen Österreich gemein hatten, taten das Ihre zum weitgehenden Scheitern der ambitionierten Pläne Josephs auf außenpolitischem Gebiet. Der Aufwand an Zeit und Ressourcen war mithin weitgehend umsonst, fehlte aber für die Innenpolitik.

Der bei seiner Geburt am 13. März 1741 bereits lang ersehnte erste Sohn von Maria Theresia und Franz I. Stephan wurde zwar nach dem Tode seines Vaters 1765 bereits mit Mitte 20 Kaiser, aber das war damals schon nicht mehr viel mehr als ein Titel. Das wirklich mächtige Habsburgerreich erbte er erst 1780 nach dem Tod seiner Mutter Maria Theresia, da war er schon fast 40 und hatte nicht zuletzt wegen seines aufreibenden Arbeitsstils nur noch ein Jahrzehnt Zeit. Entsprechend überstürzt und radikal waren seine Reformen.

Josephs Ende war tragisch. Die Opfer seiner Reformen, die im Feudalismus privilegierten ersten beiden Stände, hatte er sich zum Feind gemacht. Und die Nutznießer, das Volk, zeigte sich durch seine Reformen überfordert und durch die teilweise erziehungsdiktatorischen Eingriffe des absolutistischen Staates in ihr gewohntes, alltägliches Leben abgeschreckt. So sah Joseph sich noch kurz vor seinem Tod gezwungen, einen Großteil seines großartigen Reformwerkes, das fast alle Aspekte der Aufklärung umfasste, zurückzunehmen. Doch dank Joseph waren die aufklärerischen Ideen nun auch in Österreich angekommen. Österreichische Liberale haben darauf später dankbar zurückgegriffen.              Manuel Ruoff


S. 11 Preussen

Bismarcks Hassobjekt vom Zentrum
Preußens Annexion Hannovers machte den katholischen »Reichsfeind« Ludwig Windthorst zum Beutepreußen

Für Golo Mann war Ludwig Windthorst der „genialste Parlamentarier, den Deutschland je besaß“. Lothar Gall nannte ihn den „wohl bedeutendsten parlamentarischen Führer des politischen Katholizismus im 19. Jahrhundert“. Vor 125 Jahren starb der so Gelobte in seiner Hauptwirkungsstätte Berlin.

Von Otto von Bismarck ist das Wort überliefert: „Hass ist aber ein ebenso großer Sporn zum Leben, wie Liebe. Mein Leben erhalten und verschönern zwei Dinge: meine Frau und – Windthorst. Die eine ist für die Liebe da, der andere für den Hass.“ Zwischen den beiden Männern lagen Welten. Das fing schon mit dem Äußeren an. Im Gegensatz zum Eisernen Kanzler war Ludwig Windthorst kleinwüchsig und hatte einen im Verhältnis dazu übergroßen Kopf. Das Gehör war schlecht und die Augen schwach. Als Angehöriger der katholischen Diaspora in Hannover war er ein gesellschaftlicher Außenseiter und durch den Ausgang des Deutschen Krieges von 1866 wurde der überzeugte Hannoveraner zu seinem Verdruss auch noch Beute des benachbarten Preußen.

Doch Windthorst gab nicht auf, biss sich vielmehr durch. Er war ein Kämpfertyp, und dass er dabei nicht erfolglos war, hatte er nicht zuletzt seinem überdurchschnittlichen Intellekt zu verdanken.

Ludwig Windthorst kam am 17. Januar 1812 auf dem Landgut Kaldenhof bei Osnabrück zur Welt. Sein Vater war Jurist und auf dem Gut als Verwalter tätig. Ludwig wurde bereits als Zehnjähriger Halbwaise, doch seine Mutter war in der Lage ihrem einzigen Sohn eine gute Ausbildung zu bieten. 1830 machte der Klassenprimus Abitur und begann wie sein Vater Jura zu studieren. Während seines Referendariats lernte er die ältere Gutsbesitzertochter Julie Engelen kennen, machte ihr den Hof und heiratete sie 1838. Mit ihr bekam er vier Kinder – zwei Jungen und zwei Mädchen –, von denen nur eines ihn überlebte.

Beruflich wechselte Windthorst nach einer mehrjährigen Tätigkeit als selbstständiger Anwalt in Osnabrück 1848 in den Richterstand. Er wurde Richter im Kriminalsenat des Oberappellationsgerichtes in Celle, dem höchsten Gerichtshof des Köngreiches Hannover.

Windthorst ging jedoch weniger als Jurist denn als Politiker im Allgemeinen und Parlamentarier im Besonderen in die Geschichte ein. 1849 zog er für die Groß-und-echt-deutsche Partei in das Abgeordnetenhaus des Königreiches ein. Bereits zwei Jahre später war er dessen Präsident. Im selben Jahr wurde er Hannovers erster katholischer Minister. Er übernahm im Kabinett das Ressort Justiz. Zu seinen dortigen Erfolgen gehörte die Trennung von ausführender und rechtsprechender Gewalt, ein urliberales Anliegen. Des Weiteren führte er das mündliche Verfahren ein. 1853 wurde jedoch das gesamte Kabinett als zu liberal gestürzt, nicht zuletzt auf Betreiben des preußischen Gesandten am Bundestag in Frankfurt, Bismarck.

Der blinde König Georg V. regierte jedoch wenig stringent und holte 1862 Windthorst erneut an die Spitze des Justizressorts, um ihn drei Jahre später abermals zu entlassen. 1866 kehrte der Exminister an das Oberappellationsgericht in Celle zurück, diesmal allerdings als Kronoberanwalt, sprich Oberstaatsanwalt.

Der Deutsche Krieg von 1866 mit seiner anschließend von Bismarck betriebenen preußischen Annexion Hannovers nahm Windt­horst nicht nur den Heimatstaat, sondern auch seinen Arbeitsplatz. 1867 schickten ihn die Preußen, deren Beamter er nolens volens geworden war, in Pension. Im Gegensatz zu vielen bürgerlichen Liberalen Hannovers, für die Preußen ein Hoffnungsträger war, bezog er eindeutig Stellung gegen die neuen Herren aus Berlin. Ab 1868 vertrat er das abgesetzte Herrscherhaus in dessen Kampf gegen Preußen um den konfiszierten Privatbesitz.

Wenn Windthorst auch die sich immer mehr abzeichnende kleindeutsche Lösung der deutschen Frage unter preußischer Führung grundsätzlich gegen den Strich ging, so reagierte er darauf doch nicht wie viele seiner Gesinnungsgenossen mit politischer Resignation, sondern mit legalem, systemimmanentem politischen Widerstand. Er ließ sich 1867 sowohl ins preußische Abgeordnetenhaus als auch in den Norddeutschen Reichstag wählen, und als 1871 der Norddeutsche Bund zum Deutschen Reich erweitert wurde, gehörte er auch dessen Reichstag an.

Windthorst entsprach spätestens seit dem Beginn des Kulturkampfes wie kaum ein anderer Bismarcks Bild vom „Reichsfeind“, war er doch nicht nur ein Streiter für die Rechte des Parlamentes gegen die von Bismarck geführte Exekutive, sondern auch noch sowohl ein überzeugter Anhänger der Welfen als auch Katholik. Nachdem 1870 das katholische Zentrum gegründet worden war, entwickelte sich Windthorst zu einem der führenden Köpfe dieser Partei. Kein Geringerer als Bismarck äußerte sich anerkennend über seine Integrationskraft: „Es gibt nicht zwei Seelen in der Zentrumspartei, sondern sieben Geistesrichtungen, die in allen Farben des politischen Regenbogens schillern, von der äußersten Rechten bis zur radikalen Linken. Ich für meinen Teil bewundere die Kunstfertigkeit, mit welcher der Kutscher des Zentrums all diese auseinanderstrebenden Geister so elegant zu lenken versteht.“ Windthorst wirkte jedoch nicht nur innerhalb des Zentrums integrierend, sondern auch zwischen dem Zentrum und den anderen „Reichsfeinden“. So setzte er sich für Solidarität zwischen den von Diskriminierung bedrohten „Reichsfeinden“ ein und bekämpfte deshalb folgerichtig auch Bismarcks Sozialistengesetze.

Wenn Bismarck mit dem Papst schließlich schneller handelseinig wurde als mit dem Zentrum, lag das auch an Windthorst, der nicht bereit war, aus Rücksicht auf das Interesse des neuen Pontifex Leo XIII. an einer Beendigung des Kirchenkampfes die regierungskritische Linie im Parlament aufzugeben. 1890 kam es dann doch zu einer Unterredung zwischen den beiden so unterschiedlichen deutschen Politikern. Windthorsts hellsichtiger Kommentar lautete: „Ich komme vom politischen Sterbebett eines großen Mannes.“ 

Windthorsts gesellschaftliche Anerkennung erreichte nach dem Sturz Bismarcks den Höhepunkt. Denn die Sozialdemokraten waren nicht die einzigen „Reichsfeinde“, mit denen der neue „Volkskaiser“ die Verständigung suchte. So wurde auf Wunsch Wilhelms II. in dem von Anton von Werner angefertigten programmatischen Staatsgemälde „Eröffnung des Reichstags im Weißen Saal des Berliner Schlosses am 25. Juni 1888“ mit den Granden des Staates auch der kleine Katholik abgebildet. Lange konnte er sich der Wertschätzung seines neuen Königs und Kaisers allerdings nicht erfreuen. Windt­horst überlebte seinen drei Jahre jüngeren Kontrahenten Bismarck politisch, aber starb sieben Jahre früher. Am 14. März 1891 erlag die sogenannte kleine Exzellenz einer Lungenentzündung.      Manuel Ruoff


Als die Preußen hoch hinaus wollten
Die »Berliner wissenschaftlichen Luftfahrten« von 1888 bis 1898 dienten der Erforschung der freien Atmosphäre

Preußische Meteorologen veranstalteten zum Ende des 19. Jahrhunderts die Berliner wissenschaftlichen Luftfahrten zur Erkundung der Verhältnisse in der freien Atmosphäre. Dieser systematische Vorstoß in die dritte Dimension war seinerzeit einzigartig und kündete vom hohen Stand der erdkundlichen Forschung in Preußen.

Mit Gas befüllte Ballons können extreme Höhen erreichen und eignen sich deshalb auch hervorragend zur Untersuchung der oberen Luftschichten. Der erste, der dies demonstrierte, war der britische Meteorologe James Glaisher. Er unternahm zwischen 1862 und 1866 einige Ballonfahrten mit wissenschaftlicher Zielsetzung. Dabei erreichte er zusammen mit Henry Coxwell die Rekordhöhe von knapp 9000 Metern. Das bezahlten die beiden freilich fast mit dem Leben. Sie hatten keinen künstlichen Sauerstoff zum Atmen mitgeführt.

Deutlich bedachter agierten dahingegen preußische Meteorologen, die vor rund 125 Jahren ein eigenes Forschungsprogramm verfolgten. Als treibende Kraft fungierte dabei der Inhaber des neu geschaffenen Lehrstuhls für Meteorologie an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin und Direktor des Preußischen Meteorologischen Instituts, Wilhelm von Bezold. Er gewann den Deutschen Verein zur Förderung der Luftschifffahrt für eine Zusammenarbeit und trieb die nötigen finanziellen Mittel für die Anfertigung und den Betrieb geeigneter Ballons auf. So initiierte Bezold beispielsweise eine Eingabe des Ausschusses zur Veranstaltung wissenschaftlicher Luftfahrten, dem unter anderem Werner von Siemens und Hermann von Helmholtz angehörten, an Kaiser Wilhelm II., der dann insgesamt beachtliche 102400 Mark aus seinem „Allerhöchsten Dispositionsfonds“ zur Verfügung stellte. Weitere Spenden beziehungsweise Zuschüsse kamen von der Preußischen Akademie der Wissenschaften sowie Privatpersonen wie dem prominenten Luftfahrtpionier Otto Lilienthal.

Hierdurch wurde es möglich, die Ballons „Humboldt“ und „Phönix“ anzuschaffen – dazu kamen weitere geliehene Fluggeräte aus Privatbesitz. Außerdem konnten die Meteorologen neun Militärballons der Luftschifferabteilung des preußischen Heeres nutzen. In diesen wie auch zahlreichen anderen Fällen übernahm der eigens hierfür abgeordnete Premierleutnant Hans Groß die Rolle des Ballonführers. Insgesamt fanden bei den 65 bemannten Aufstiegen im Rahmen der Berliner wissenschaftlichen Luftfahrten 16 verschiedene Ballons Verwendung: vom nur 290 Kubikmeter Gas fassenden kleinen „Falken“ bis zum zehnmal so großen „Majestic“ des britischen Aeronauten Patrick Young Alexander.

Die Organisation des Forschungsvorhabens oblag Bezolds rechter Hand, dem Magdeburger Arzt und nunmehrigem Oberbeamten am Meteorologischen Institut Berlin, Richard Aßmann. Ihm zur Seite standen seine Assistenten Arthur Berson und Reinhard Sühring, der später Direktor des angesehenen Meteorologisch-Magnetischen Observatoriums Potsdam wurde.

Die Fahrten zur Messung von Temperatur, Luftdruck, -feuchtigkeit und -elektrizität sowie der Sonneneinstrahlung in verschiedenen Höhen erfolgten zwischen Juni 1888 und Herbst 1898, wobei die Zahl der Unternehmungen zunahm, nachdem der Ballon „Humboldt“ zur Verfügung stand. Allerdings verbrannte dieses Luftfahrzeug dann schon am 26. April 1893, weil sich die Leuchtgasfüllung entzündete. Dem folgte eine ganze Reihe von Starts mit dem wenig später fertiggestellten „Phönix“, einer besonders gelungenen Konstruktion von Groß. Dabei versuchte man auch in extremere Höhen vorzustoßen als bisher.

Der erste Rekordversuch dieser Art fand am 11. Mai 1894 statt. An diesem Tag stiegen Groß und Berson bis auf 8000 Meter über dem Meeresspiegel auf. Dabei atmeten sie Sauerstoff aus Flaschen, um nicht wie Coxwell und Glaisher ohnmächtig zu werden und dann unkontrolliert umherzutreiben. Doch die Bestmarke der beiden Briten lag deutlich höher. Deshalb versuchte Berson am 4. Dezember 1894 ein weiteres Mal, über die 9000-Meter-Grenze zu kommen. Dazu startete er in Leopoldshall bei Staßfurt, wo der „Phönix“ mit dem besonders auftriebsförderlichen Wasserstoff befüllt werden konnte, und verzichtete auf einen Mitfahrer sowie jedwede Zuladung über die Messgeräte und die Sauerstoffausrüstung hinaus. Hierdurch vermochte Berson bereits nach zweieinhalb Stunden 9155 Meter zu erreichen, was ihm den Beinamen „der höchste Mensch“ eintrug. Dabei musste der Meteorologe Temperaturen von bis zu minus 48 Grad ertragen, bevor sein Ballon nach über sechs Stunden in der Nähe von Schönwohld westlich von Kiel landete.

Nach dem offiziellen Ende des Forschungsprojekts publizierten Aßmann und Berson die Ergebnisse in dem dreiteiligen Werk „Wissenschaftliche Luftfahrten“. Anschließend ernannte Wilhelm II. Aßmann zum Geheimen Regierungsrat, während Berson den Roten Adlerorden IV. Klasse erhielt.

Damit war für den letzteren die Ballonfahrerei freilich noch nicht beendet, denn er stieg zwischen 1900 und 1904 weitere 49 Mal in die Luft auf. Dabei gelangen ihm auch zwei neuerliche Pioniertaten. Zuerst vollbrachte Berson gemeinsam mit dem preußischen Artillerieoffizier Alfred Hildebrandt am 10. Januar 1901 die erste Überquerung der Ostsee in einem Freiballon. Dem folgte die spektakuläre Rekordfahrt vom 31. Juli 1901. Nachdem der Potsdamer Bauunternehmer Carl Enders dem Aeronautischen Observatorium in Berlin-Tegel den Freiballon „Preußen“ zum Geschenk gemacht und Wilhelm II. seinerseits noch einmal 10000 Mark zur Verfügung gestellt hatte, versuchten Berson und Sühring mit dem beeindruckenden Fluggerät, das immerhin 8400 Kubikmeter Gas fassen konnte, eine Höhe von über zehn Kilometern zu erreichen. Und tatsächlich war der Aufstieg vom Tempelhofer Feld, der kurz vor Mittag begann, dann auch von Erfolg gekrönt, obwohl die beiden Meteorologen trotz ihrer Atemgeräte das Bewusstsein verloren. Vorher konnte Berson noch einen Wert von 10500 Metern ablesen, wobei der Ballon dann sehr wahrscheinlich sogar noch 300 Meter höher stieg, bevor er wieder zur Erde hinabsank. Dieser Rekord des preußischen Duos hatte mehr als 30 Jahre Bestand und wurde erst am 27. Mai 1931 durch Auguste Piccard und Paul Kipfer gebrochen. Diese gelangten mit ihrem Stratosphärenballon FNRS-1, der nunmehr bereits über eine Gondel mit Druckkammer verfügte, bis auf 15781 Meter.           Wolfgang Kaufmann


S. 12 Leserforum

Leserforum

Das Land gegen die Zuwanderer verteidigen

Zu: Schäuble warnt vor griechischen Verhältnissen (Nr. 8) und: Um jeden Preis (Nr. 8)

Das deutsche Grundgesetz bedarf dringend der Reparatur und der Optimierung. Dazu hier zwei Vorschläge: Die Asylregelung des Grundgesetzes durch Artikel 16a, zu der es in keinem Staat der Welt eine gleichartige Regelung gibt, muss im Interesse des deutschen Volkes abgeschafft werden. Hinsichtlich der Asylregelung handelt es sich um eine Enteignungsvorschrift zugunsten der Asylanten, die vom Ausland initiiert und zusätzlich durch Kanzlerin Angela Merkel eingeladen und gesteuert unser Land besetzen. Die gesteuerte Migration führt zum finanziellen Ruin unseres Staates und gleichzeitig zur Enteignung deutschen Territoriums und des Besitzes aller Deutschen.

Um diese beabsichtigten Folgen noch zu vermeiden ist es erforderlich, unsere Grenzen für Asylanten zu schließen und unberechtigt eingereiste Personen abzuschieben. Es ist auch sinnvoll, Merkel & Co. durch friedliche Demonstrationen (wie Pegida) zu zeigen, dass jede migrationsgestützte Nötigung oder Erpressung des deutschen Volkes unerwünscht ist (laut Paragrafen 240 und 253 des Strafgesetzbuchs). Außerdem sollten die Parteien nicht mehr gewählt werden, die keine nationalen Ziele verfolgen, wie die Bundestagsparteien.

Zur notwendigen Gesundung der Finanzen unseres Landes (etwa zur Schuldentilgung) ist es außerdem zwingend geboten, im Grundgesetz ein Verbot für steuerliche Subventionen zu verankern. Für alle Bürger ist es vorteilhafter, steuerliche Subventionen zu streichen, statt die Umsatzsteuer zur Finanzierung der Asylantenkosten zu erhöhen. Es darf nicht dabei bleiben, dass Asylanten und Subventionsnehmer zu Lasten aller Steuerzahler weiterhin Vorteile für sich abzocken.

Machen wir Schluss mit der tödlichen Willkommenskultur, die in Wirklichkeit eine „Unterwerfungskultur“ ist, und verteidigen wir unser Land, wie es sich gehört!

Benno Koch, Harsefeld

 

 

Eine Kampagne könnte helfen

Zu: Die Angst vor dem Sommer (Nr. 5)

Weshalb zeigt man nicht in den Heimatländern der Migranten die Bilder von der mazedonischen Grenze, an der es für eine große Anzahl von Migranten kein Weiterkommen gibt, und zwar spezielle Aufnahmen für die jeweils in Frage kommenden Camps, für die entsprechenden Länder und in den verschiedenen einheimischen Sprachen?

Es muss den Menschen vor Ort verdeutlicht werden, dass in Europa eine andere Kultur herrscht als in asiatischen oder afrikanischen Ländern. Hier in Europa  hat eine Frau eine gleichberechtigte Stellung. Bei Übergriffen wird auch ein Mann bestraft.

Eine derartige Kampagne kostet einen Bruchteil dessen, was hier zum Beispiel für Unterbringung,  Neubauten und Verpflegung geleistet werden muss. Von Kosten für alle Integrationsbemühungen ganz zu schweigen. Das Gezänk der Parteien aller Couleurs ist unerträglich.

Inge Keller-Dommasch, Jonen/Schweiz

 

 

Scheinheiligkeit

Zu: Alles Schwindel (Nr. 7)

Der Sozialdemokrat und Bundesjustizminister Heiko Maas hat nicht nur eine eigenartige Rechtsauffassung, wie die Wochenzeitung „Die Zeit“ kürzlich feststellte, sondern neben einer selektiven Wahrnehmung auch ein „Herrschaftsdenken“. Er bezichtigt gerne Menschen, die die Rechtmäßigkeit der Regierungspolitik anzweifeln, als „geistige Brandstifter oder Hetzer“ und ordnet sie als rechtsradikal ein.

Linksradikale Gewalttaten werden indes gerne als „aufgebauscht“ gesehen und selten veröffentlicht. Ihre Gruppierungen werden als „Kämpfer gegen Rechts“ wahrgenommen und reichlich mit Steuergeldern bedacht. Da darf dann auch gerne mal eine ehemalige „Inoffizielle Mitarbeiterin“ der DDR-Staatssicherheit, die jahrelang ihre Mitmenschen ausspioniert und verraten hat, eine von unseren Steuergeldern wohldotierte „beratende“ Stellung innehaben. Aber dies alles wird mit dem Mantel der „Politischen Korrektheit“ überdeckt, was an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten ist.

Politiker wie Maas, aber auch die Bundeskanzlerin, machen mir Angst. Sie tragen dazu bei, dass unser Rechtsstaat ausgehöhlt wird. Wenn willkürlich über Recht und Gesetz entschieden werden kann, ist dies eine Tyrannei des Gesetzgebers. So ein Verhalten ebnet den Weg in den „Vorhof“ zur Diktatur. Eine Meinungs- und Gesinnungsdiktatur haben wir ja schon.

Barbara Kanwischer, Braunschweig

 

 

Geld für die Opfer

Zum Leserbrief: Kolonialvergangenheit holt das unterwürfige Deutschland ein (Nr. 8)

Ab 1999 kämpfen die Oberschlesier, Schlesier, Banater Schwaben und Ostpreußen als aktivste Verbände um eine Anerkennung und Entschädigung für deutsche Kinder, Frauen und Männer, die ab 1945 Schwerstes erleiden mussten. Der Leser fragt in seinem Beitrag zum Leserforum: „Und was ist mit den deutschen Opfern?“ Weiter weist er darauf hin, dass „Juden, Zigeuner ... und politisch Verfolgte aller Couleurs … seit 1949 entschädigt worden“ sind.

Bereits in Nr. 47/2015 berichtete die PAZ über „Geld für Zwangsarbeiter“. Das Bundesministerium des Inneren (BMI) arbeitet laut Schreiben vom 28. Januar an den Arbeitskreis Deutscher Zwangsarbeiter (AKDZ) an einer Richtlinie und bemerkt unter anderem: „Das für die Umsetzung der Richtlinie zuständige Fachreferat im BMI arbeitet derzeit mit Nachdruck an der Erstellung.“ Die muss die rechtliche Voraussetzunge sein für eine Entschädigung sowie das Verfahren regeln. Hierzu ist die Einbindung unterschiedlicher Beteiligter – insbesondere der zuständigen Ressorts und Verbände – vorgesehen. Weiter heißt es: „Ich danke Ihnen, dass Sie aufgrund Ihrer langjährigen Erfahrung in diesem Bereich Ihre Unterstützung anbieten. Eine Beteiligung des BdV ist im Rahmen der Verbändebeteiligung auch bereits vorgesehen.“

Wir, die oben erwähnten Verbände, insbesondere, der AKDZ, erwarten daher, bei der konkreten Abwicklung mit einbezogen zu werden. In ihrem Werk „Wir letzten Kinder Ostpreußens“ schildert die in Dresden geborene Freya Klier, dass noch 1947 deutsche Frauen und Mädchen aus Königsberg zur Reparation in die UdSSR verschleppt und in Arbeitslagern ausgebeutet wurden. Es gibt Schätzungen, dass insgesamt vier Millionen deutsche Zwangsarbeiter, die für die Schäden bis 1945 büßen und schuften mussten, weder Anerkennung in dieser Zeit noch eine Entschädigung erhielten. Ein Ostpreuße, der mir in Berlin als freiwilliger deutscher Soldat begegnete, berichtete, dass US-Soldaten ihn für einen Dollar an französische Soldaten „verkauften“, wo er dann Zwangsarbeit abbüßen musste.

Hoffen wir, dass die für 2016 ersten bewilligten 20 Millionen Euro auch an die Opfer gezahlt werden.

Willibald C. Piesch, Hamburg

 

 

Sieg für Breslau

Zu: Wenn es an Interesse und Anteilnahme mangelt (Nr. 8)

Im Artikel wird beklagt, dass von deutschen Medien die Orte im alten Ostdeutschland nur mit ihrem jetzigen polnischen oder russischen Namen bezeichnet werden. Gelegentlich gibt es aber Ausnahmen. Über eine davon habe ich mich jüngst lebhaft gefreut. In Polen fand im Januar die Handball-EM statt. Die Spiele der deutschen Mannschaft wurden – bis auf das Endspiel – in der Jahrhundert-Halle in Breslau durchgeführt.

Das Fernsehen sowie die Printmedien sprachen ausnahmslos von „Breslau“, nicht von „Wroc­ław“. Auch die zweisprachige Version wurde nicht gewählt. So titelte die hier erscheinende „Deister- und Weserzeitung“ (Hameln) am 28. Januar, nachdem die deutschen Handballer die hoch favorisierte Mannschaft von Dänemark unerwartet mit 25:33 besiegten: „Das Wunder von Breslau“.

Dass diese Halle von 1913 ein einmaliges Bauwerk ist, die letzten Kriegsmonate 1945 einigermaßen heil überstanden hat und nun Weltkulturerbe wurde, ist ein weiteres kleines Wunder. Es gibt sie also doch noch! Vielleicht lag es am Status „Kulturhauptstadt Europas 2016“.

Bernhard Hartz, Salzhemmendorf

 

 

Die Ursachen des Hungers in Kriegen

Zu: Nach der „Befreiung“ ging das Hungern erst richtig los (Nr. 8)

Als ein im Jahre 1947 Geborener sind mir die Zustände in dem damaligen Nachkriegs-Deutschland natürlich mehr aus den Schilderungen meiner Eltern in Erinnerung, wenngleich ich meine zerbombte und wieder im Aufbau befindliche Heimatstadt (Emden) aus meiner Kinderzeit sehr wohl noch deutlich erinnere. Dass Sie die „Befreiung“ in Anführungsstriche setzen, trifft denn wohl auch eher das damalige tatsächliche Empfinden der meisten Deutschen, die natürlich alle gleichermaßen ein Ende des verlustreichen Krieges gewünscht haben dürften. Indes schreibt die Geschichte immer der Sieger – unser Volk aber war der Verlierer.

Mitschreiben dürfen wir an dieser neuen Geschichte nicht einmal heute, denn die sogenannte Political Correctness erwartet von jedem, um überhaupt Gehör zu finden, die über Jahrzehnte anerzogene demütige Haltung, die möglichst jede Kritik im Keim ersticken soll. Wir sind somit das Tätervolk, und die Verankerung dieser Erkenntnis soll im kollektiven Volksbewusstsein mit aller Macht zementiert werden.

Durch einen Zufall stieß ich dieser Tage auf ein Buch, welches von Klaus Rainer Röhl (einst Ehemann der Terroristin Ulrike Meinhof) im Jahre 2002 unter dem Titel „Verbotene Trauer. Ende des deutschen Tabus“ herausgegeben wurde. Röhl erinnerte daran, dass auch Dwight D. Eisenhower ein Massenmörder und Kriegsverbrecher war, denn auf seine Anordnung hin kamen in den Kriegsgefangenenlagern in den Rheinwiesen rund eine Million deutscher Kriegsgefangener nach dem Waffenstillstand ab dem

8. Mai 1945 durch Entbehrung, Hunger und Epidemien zu Tode. Abhilfe wäre hier möglich gewesen, wenn Eisenhower nicht Hilfs­transporte mit Lebensmitteln und Medikamente des Schweizer Roten Kreuzes zurückgewiesen hätte. Um nicht später wegen des Verstoßes gegen die Genfer Konventionen zur Rechenschaft gezogen zu werden, entzog er den Soldaten den Status als Kriegsgefangene. Näheres ist nachzulesen.

Das Leid der Nachkriegsjahre war somit nicht nur in diesem Falle vermeidbar, es wurde unserem Volk bewusst aufgebürdet. Der sich abzeichnende Kalte Krieg bewirkte dann allerdings ein rasches Umdenken in der Geisteshaltung unserer Befreier, weil sie nun sehr deutlich die Gefahr aus dem Osten erkannten, die wohl auch Auslöser des Zweiten Weltkrieges gewesen sein dürfte.

Unsere „Befreier“ haben die Methode ihrer Kriegsführung allerdings bis heute beibehalten. Der Irak ist beispielsgebend für diese Art der Kriegsführung. Das großflächige Bombardieren von Städten und Gemeinden zu Lasten der Zivilbevölkerung legt darüber Zeugnis ab und hat mit den Grundsätzen eines fairen militärischen Kampfes im Sinne der Genfer Konventionen nichts gemein (siehe auch Dresden, Hamburg, Berlin, Köln, Nagasaki und Hiroshima). Verroht bis ins Mark spricht man heute von Kollateralschäden, die billigend in Kauf zu nehmen sind.

Wir haben also, da wir nun Seite an Seite (über die Nato) mit diesen Völkern stehen, mit den Wölfen zu heulen, denn ein Ausscheren erscheint uns wohl nicht möglich oder es fehlt der dazu nötige Wille und die Erkenntnis über die Fakten, zumal sich auch unsere Wirtschaft international immer mehr mit diesen Ländern verflochten hat. Wenn man sich politisch auch nicht unbedingt mit Klaus Rainer Röhl ins gleiche Abteil setzen möchte, geben aber seine getroffenen Feststellungen einen deutlichen Ausblick auf unsere (leider auch bei unseren Politikern nicht vorhandene) politisch so oft herausgeforderte Courage, diese Fakten des Charaktermangels unserer nunmehr Verbündeten beim Namen zu nennen.

Für eine angloamerikanische Weltanschauung, legt man deren Kriegsführungen und die von ihnen in den letzten 60 Jahren weltweit durchgeführten Regimewechsel zugrunde, bilden ausschließlich wirtschaftliche Aspekte die Grundlage ihres Handelns. Jeder Machthaber eines Staates, der versucht hat, den Dollar als Weltleitwährung abzuschaffen, hat einen Bombenhagel geerntet und verschwand von der Bildfläche. Angeblich waren Diktaturen zu beseitigen oder Menschenrechte in Gefahr. Dass Völker auch ein Selbstbestimmungsrecht haben, wird unterschlagen.

Erstaunlich ist außerdem, dass im Hause unserer Verbündeten eine irgendwie geartete Rechtsstaatlichkeit (mit Gedanken- und Informationsfreiheit) angesichts von Guantanamo und Waterboarding (sowie auch dem Abu-Ghuraib-Folterskandal) nicht ersichtlich ist, obwohl diese nicht müde werden, speziell von den Chinesen die Einhaltung der Menschenrechte einzufordern. Fakt bleibt, wer sich diesem Gewinnstreben entgegenstellt, ist naturgemäß Gegner. Ziel einer solchen Politik ist also ganz offenbar (hier kommt eben ganz deutlich auch das beabsichtigte TTIP zum Tragen), die weltweite Versklavung der Völker und die Schaffung einer Weltregierung (durch das Kapital), die ihren Sitz mit Sicherheit nicht in Europa haben wird.

Abschließend empfehle ich Zweiflern an dieser besseren Welt die Lektüre des Amerikaners Oliver Stone, „Die Schattenseiten der Weltmacht“, in welcher er die letzten 150 Jahre der Weltgeschichte Revue passieren lässt. Hier kommt unter anderem der hochdekorierte amerikanische General Smedley D. Butler (Verfasser des Buches: „War is a Racket – der Krieg ist eine Gaunerei“) zu Wort. Die von diesem General schonungslos offengelegte militärische US-Strategie zeigt deutlich, welche wirtschaftlichen Ziele schon seinerzeit gewaltsam durchgesetzt worden sind. Letztlich gipfelt dessen Aussage in der Erkenntnis, dass er als Soldat ein Gauner und Gangster für den Kapitalismus der USA war und er Al Capone, der mit seiner Bande nur über drei Bezirke operieren konnte, wertvolle Tipps hätte geben können.

Wir erkennen nunmehr unschwer (speziell und aktuell in Syrien), was und wer (und warum) Hunger verursacht (wird), und es sollte für uns deutlich werden, dass weder der vergangene russische Sozialismus noch der amerikanische Kapitalismus ein politisch gangbarer Weg sein kann. Wir sollten uns auf unsere eigenen (wiedergewonnenen) Stärken besinnen und diese zwischen allen Nationen und Blöcken zur Entfaltung bringen. Der Austritt aus der Nato wäre hier ein erster Schritt, eine nach allen Seiten vertrauensbildende Maßnahme und eine denkbare saubere Lösung.

Rudolf Neumann, Ahrensburg


S. 13 Das Ostpreußenblatt

Neues Interesse an Gut Döhlau
Verschollen geglaubte Skulpturen wiederentdeckt – Gemeinde erwägt Verkauf an private Investoren

Das Gut von Döhlau im Kreis Osterode war einmal berühmt wegen seiner Schönheit und der Kunstschätze, die sein Eigentümer Franz von Rose angesammelt hatte. Bei Ausgrabungen wurde ein Teil der verschollen geglaubten Skulpturen wiederentdeckt.

Der ehemalige Besitz von Rose in Döhlau, Gemeinde Grünfelde, Kreis Osterode, war einmal eines der modernsten Anwesen in Ostpreußen. Seine Reste stehen heute unter der Verwaltung der Gemeinde und der Agentur für Agrareigentum. Es gibt dort auch eine Schule. Viele stattliche Bäume existieren nicht mehr, die Parkwege und der Teich sind ungepflegt, die Brücken zerstört.  Fährt man zum Park in Döhlau, kann man im Hintergrund die „Grotte der Liebe“ (heute von Kindern „Drachenhöhle“ genannt) sehen. Früher stand im Vorraum der Kirche von Döhlau die von Adolfo Wildt geschaffene Büste des damaligen Eigentümers  Franz von Rose, die heute nicht mehr existiert.

Es gibt unbestätigte Pläne der Gemeinde, einen Teil des ehemaligen Anwesens an einen privaten Eigentümer zu verkaufen. Trotz der Schäden und der Vernachlässigung hat die Immobilie noch ein großes Potenzial. Davon zeugt die Tatsache, dass wiederentdeckte Skulpturen aus Döhlau in einer Ausstellung im vergangenen Mai im ehemaligen Warschauer Herrenhaus Królikarnia gezeigt wurden. 2002 waren in den Ruinen in der Nähe des Schlosses Ausgrabungen durch ein Archäologenteam unter der Leitung des Professors Tomasz Mikocki durchgeführt worden, der bei seinen Forschungen zufällig auf Döhlau aufmerksam geworden war. Es folgten Ausgrabungen in Döhlau, die 85 Denkmäler aus Marmor und viele andere zu Tage förderten. Es wurden Bronze-Skulpturen, Reliefs, Porträtmedaillons, Porzellan und Keramik, Gegenstände aus Metall, Terrakotta- und Glasobjekte gefunden sowie Porzellan, zwei Medaillen aus Bronze, ein paar Münzen,  Medaillons mit dem Bild historischer Persönlichkeiten und zwei alte Pistolen. Es wurden über ein Dutzend Skulpturen von Adolfo Wildt entdeckt, welche die Kunsthistoriker bislang als verloren wähnten.

Die gefundenen Skulpturen wurden in das Institut für Erhaltung von Skulpturen der Warschauer Akademie der Schönen Künste verbracht sowie in die Restaurierungswerkstatt des Nationalmuseums in Warschau. Sie wurden mit Filmen und Archiv-aufnahmen von Zofia Chometowska in der Ausstellung „Eigentum“ in Warschau präsentiert. Die Ausstellung ermöglichte das Skulpturmuseum „Xawery Dunikowski“ in Zusammenarbeit mit der Stiftung Archäologie der Fotografie.

Die Geschichte der Skulpturensammlung aus Döhlau ist nicht vollständig geklärt. Noch zu Lebzeiten hat Franz von Rose dem Museum in Königsberg mehrere Skulpturen übergeben, sein Sohn Carl gab später weitere Objekte dorthin. Skulpturen von Döhlau werden auch von polnischen Museen in Warschau, Stettin, Allenstein, Arkadia und Nieborów verwahrt. Mehrere Skulpturen befinden sich im Besitz der Familie von Rose in München. Mehr als ein Dutzend der Werke gelten jedoch als verschollen. Sie wurden entweder zerstört oder geplündert.

Es ist bislang nicht gelungen, das wunderbare Werk von Adolfo Wildt, „“Medallion von Larassa“, aus rosa Marmor wiederzufinden. Es war im November 2001 gestohlen worden.

Gut Döhlau war 1860 in den Besitz der letzten Eigentümer von Rose gelangt, als Doris Rose aus Schwerin eingereist war. Die Familie verwandelte den Ort in ein schönes und modernes Anwesen. An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert gehörte Döhlau Franz von Rose, der ein Kunstsammler und Künstlermäzen war. Er reiste durch ganz Europa, erwarb dort Kunstwerke – Skulpturen und Malereien – und brachte sie nach Döhlau. Die Mittel wurden durch zwei Brennereien, eine Molkerei, eine Mühle, ein Sägewerk und eine Ziegelei der fünf Vorwerke erwirtschaftet.

Bei einer Ausstellung lernte Franz von Rose 1884 den Mailänder Bildhauer Adolfo Wildt kennen. Wildt war von der Antike fasziniert. Von Rose nahm den Künstler sogleich unter Vertrag. Mit Wildts Hilfe erweiterte er seine Sammlung durch neue Skulpturen im antiken Stil. Der Guts-park war von dem damals berühmtesten Gartenarchitekten in Ostpreußen, Johann Larass, gestaltet worden. Dort wuchsen seltene Bäume und Sträucher.

Wildt fertigte für die Familie Rose insgesamt 40 Parkskulpturen aus Marmor. Er gestaltete griechische und römische Götter, Sphinxe sowie eine „Grotte der Liebe“, über der ein Aussichts-turm entstand. Es gab auch einen großen Teich mit Inseln und Brücken, die mit schönen Details dekoriert waren. Zu diesen Inseln segelten die Besucher der Familie von Rose mit Booten.

Die letzten Besitzer des Döhlauer Anwesens waren 1945 Carl und Botho von Rose. Im Januar 1945 trafen die Russen auf Döhlau. Sie plünderten aus der Sammlung palastartigen Gutshaus alles, was die Familie nicht hatte mitnehmen können. Während der Flucht kam Carl von Rose Anfang 1945 ums Leben. Infolge des Geschützfeuers lag das Gutshaus teilweise in Trümmern. Erhalten blieben nur die schweren Skulpturen im Park, welche die Russen mitgenommen hatten. Nach dem Krieg übernahm der landwirtschaftliche Staatsbetrieb das Anwesen, und die noch verbliebenen Parkskulpturen verschwanden allmählich.

                Leszek Chaburski


Dinosaurier am Wrangelturm?
Königsberger Befestigungsanlage wird Paläontologisches Museum – Rechtsstreit zugunsten der Stadt entschieden

Der lange Gerichtsstreit um den Wrangelturm ist beendet. Gouverneur Nikolaj Zukanow hatte im Dezember 2011  den Vertrag mit der Firma „Art und K“, die den Turm seit Jahren gepachtet hatte, gekündigt. Nach Ansicht der Gebietsregierung hatte die Firma das Denkmal nicht vertragsgemäß gepflegt. Die Pächter legten ihrerseits Beweise vor, dass sie auf eigene Kosten den größtmöglichen Umfang an Reparaturleistungen geleistet hätten. Viele Jahre waren im Wrangelturm ein Restaurant und ein Antiquitätenladen untergebracht. Er war ein beliebter Ort für kleinere Konzerte und Wohltätigkeitsveranstaltungen.

Die Betreiber klagten gegen die Kündigung, aber das Gericht entschied zugunsten der Stadt, wo-raufhin die Beklagten Beschwerde einlegten, die aber später zurück-gewiesen wurde. Im Dezember 2014 berichteten die Mieter darüber, dass das Gebäude beschlagnahmt worden sei. Ihnen sei der Zutritt zum Gebäude gesetzeswidrig untersagt worden. Unbekannte hätten am Tor des Turms ein Schloss angebracht mit der Begründung, sie seien dazu beauftragt worden. Daraufhin riefen die Mitarbeiter des Pächters, die im Gebäude eingeschlossen waren, die Polizei und ließen das Schloss entfernen.

Im Februar 2015 folgte ein zweiter Versuch, den Turm unter staatliche Kontrolle zu bringen. Diesmal wurden weder Personal noch Pächter in das Gebäude hineingelassen. Laut Informationen der Beamten führten dort Gerichtsvollzieher ihre Aufgaben durch. Seit über einem Jahr hängt am Tor des Wrangelturms ein großes Schloss.

Irgendwann erinnerte man sich wieder an das Gebäude und bemerkte, dass das Konzept für die  Entwicklung des Turms immer noch nicht fertig war. Die Regionalregierung stellte eilig Mittel für die Erhaltung und Notfallmaßnahmen zur Verfügung. Bis 2015 gab es Dis-kussionen darüber, wer eigentlich für den Erhalt des Wrangelturms verantwortlich sei. Es existierten bereits Pläne, dort ein Touristenzentrum  einzurichten, einen Zweig des kulturhistorischen Museums oder der Kunstgalerie.

Doch jetzt wurde das Gebäude dem Bernsteinmuseum übertragen, und bald soll ein Konzept zur künftigen Nutzung des Gebäudes und des dazugehörigen Grund-stücks vorgelegt werden. Es gibt Pläne für ein paläontologisches Museum im Wrangelturm als Filiale des Bernsteinmuseums. Dafür könnten im Keller des Befesti-gungsturms ein Archiv und eine Ausstellung untergebracht werden. Im Erdgeschoss und im ersten Stock würde dann das Museum, im zweiten Stock neben einer Ausstellungshalle eine Terrasse und ein Café unter einer Glaskuppel entstehen. Um die entsprechende Infrastruktur für Touristen zu schaffen, sollen neben dem Haupteingang Zufahrten und Parkplätze eingerichtet werden.

Weiter ist geplant, den gereinigten Graben für Bootsfahrten zu nutzen und auf dem Platz gegen-über Wanderwege einzurichten, den elf Dinosaurier-Skelette in Lebensgröße säumen. Doch wozu braucht es hier Dinosaurier in Lebensgröße? Das Bernstein-Museum hat eine originelle Erklärung gefunden: Bevor sich der Bernstein bildete, lebten Dinosaurier, sodass eine logische Verbindung zwischen ihnen und den Sonnensteinen bestehe. Es ist zwar bekannt, dass in ostpreußischem Bernstein oft versteinerte urzeitliche Insekten zu finden sind, Spuren von Dinosauriern wurden in dieser Gegend bislang aber noch nie entdeckt.

Nun werden Investoren gesucht, die den Turm erhalten helfen wollen, denn weder die Stadt noch das Bernsteinmuseum verfügen über die nötigen Mittel. Doch wird erwartet, dass in den verbleibenden zwei Jahren bis zur Fußball-Weltmeisterschaft zumindest einige der Pläne verwirklicht werden können.           Jurij Tschernyschew


MELDUNGEN

Alles unter Kontrolle

Königsberg – Im Rahmen des Programms „Sichere Stadt“ sind in der Gebietshauptstadt insgesamt 308 öffentliche Überwachungskameras im Einsatz. Sie sind überall dort installiert, wo große Menschenansammlungen erwartet werden: an Bahnhöfen, im Stadion und auf Hauptstraßen. Im Königsberger Zentrum gibt es allein 260 stationäre Videokameras. 33 Apparate können Autokennzeichen registrieren und unterscheiden, 15 Videokameras werden zur Personenerkennung eingesetzt, unter anderem am Nord- und Südbahnhof, am Busbahnhof und am Flughafen. Andere überwachen fünf historische Bauten, um sie vor Vandalismus zu schützen. Nähert sich ein Unbefugter der Absperrung, gibt das System unbemerkt ein Signal.      MRK

 

Heringssaison hat begonnen

Pillau – Hunderte Angler haben sich am ersten Märzwochenende  nach Pillau aufgemacht, um die diesjährige Heringssaison zu eröffnen. Wie jeder Angler weiß, kommt der Ostseehering im Frühjahr zum Laichen ans Frische Haff. Die Fischer, die einen guten Platz am Ufer des Seekanals erwischt hatten, freuten sich über einen besonders guten Fang. Der Andrang war insgesamt so groß, dass schon früh morgens viele um den besten Platz am Wasser wetteiferten. Weil das Ufer und die Mole schnell überfüllt waren, stiegen die übrigen Angler auf die Haff-Fähre, um sich einen anderen Platz am Ufer oder an der Mole zu suchen. Obwohl sie Schulter an Schulter standen, waren am Ende alle Angler über ihren Fang zufrieden.      MRK

 

Störungen des Verkehrs

Allenstein – Straße Nr. S7: Liebemühl [Miłomłyn], Baustelle. Straße Nr. 7: Elbing [Elblag] – Jazowa, Baustelle; Liebemühl [Miłomłyn] – Osterode [Ostróda], Baustelle; Zalusken [Załuski] – Napierken [Napierki], Baustelle. Straße Nr. 7j: Zalusken [Załuski] – Neidenburg [Nidzica], Baustelle. Straße Nr. 16: Osterode [Ostróda] – Martenshöh [Marciniaki], Baustelle. Straße Nr. 22: Elbing [Elblag] – Fichthorst [Jegłownik], Baustelle. Straße Nr. 51: Guttstadt [Dobre Miasto], Olsztynska und Grunwaldzka-Straße, Baustelle; Allenstein [Olsztyn] – Pagelshof [Ameryka], Baustelle. Straße Nr. 58: Bialla [Biała Piska] – Woiwodschaftsgrenze, Baustelle. Straße Nr. 59: Sensburg [Mragowo] – Peitschendorf [Piecki], Baustelle; Moythienen [Mojtyny], Umbau der Brücke. Straße Nr. 63: Angerburg [Wegorzewo], Erneuerung der Fußgängerzonen;  Arys [Orzysz] – Johannisburg [Pisz], Bau der Brücke; Johannisburg [Pisz] – Gehsen [Jeze] – Woiwodschaftsgrenze, Baustelle.        E.G.


S. 14 Ostpreussische Familie

Lewe Landslied,              
liebe Familienfreunde,

es kommt Bewegung in die Sache mit dem alten Gesangbuch der evangelisch-lutherischen Gemeinde von Wisconsin, das sich seit Jahren in unserem Fundus befand, ohne dass man es einem Besitzer zuordnen konnte. Wir hatten in einer der letzten Ausgaben des vergangenen Jahres darüber berichtet und schnell Interessenten gefunden, die zwar keine Ansprüche geltend machen konnten, sich aber um das wertvolle Gesangbuch bewarben. An erster Stelle Frau Audlind Vohland aus Marburg, die meine Annahme, dass dieses in deutscher Sprache verfasste Andachtsbuch der amerikanischen Gemeinde nicht mit Ostpreußen und anderen Vertriebenengebieten in Verbindung gebracht werden könnte, eindrucksvoll widerlegte. Wir veröffentlichten ihre Theorie zu seiner Identifikation ausführlich in Folge 2/2016, mit der sie die Urheberschaft dieses Werkes – das nicht nur für die Andacht in der Kirche gedacht war, sondern auch als Lob- und Lehrbuch für das christliche Haus – dem 1836 in Insterburg geborenen Theologen Eduard Friedrich Moldehnke zuwies. Frau Vohland belegt das glaubhaft mit den betreffenden Stationen seines Lebens, die seine missionarische Tätigkeit auch im US-amerikanischen Bundesstaat Wisconsin nachweisen, wo er das Gemeindeblatt der Wisconsin-Synode herausgab. Diese und weitere Publikationen des deutschen Theologen in Amerika würden der Ansicht von Frau Vohland nach zu dem Gesangbuch passen, dessen theologischer Anteil auffallend ist, und für eine Erstausgabe des Gesangbuches um 1865 sprechen. Das in unserem Fundus befindliche Exemplar wurde vom Verlag der evangelisch-lutherischen Synode von Wisconsin im Jahr 1931 herausgegeben. Da war Moldehnke, der sich später Edward Frederick Moldenke nannte, nach seiner letzten Pfarrertätigkeit in New York bis zum Jahr 1904 schon lange verstorben. Frau Vohland meint, dass eventuell sein Sohn Charles Edvard, der als Pfarrer neben seinem Vater in derselben Kirche gepredigt hatte, diese erneute Ausgabe veranlasst haben könnte. Der Gestaltung und der Diktion nach weist das Buch einwandfrei auf das 19. Jahrhundert hin, es könnte sich durchaus um einen nicht überarbeiteten Nachdruck der Erstausgabe handeln. Soweit zu den Ausführungen von Frau Audlind Vohland, die sich dieses „einzigartige Werk der Reformationsgeschichte“ gerne für das von ihr betreute Insterburger Heimatmuseum in Krefeld sichern möchte. Was ich ihr auch nur zu gerne zugestanden hätte, wenn sich da nicht noch eine andere Spur ergeben hätte, die nach Wisconsin führte. Sie kam durch eine Zufallsbekanntschaft unseres Lesers Lothar Stockhaus aus Düsseldorf zustande und betraf einen amerikanischen Pastor der Lutheran Church aus Alaska, dessen Vorfahren Siedler in Wisconsin waren und der dort bis vor 30 Jahren gewohnt hatte.

Von diesem haben wir zwar noch keine Nachricht erhalten – dafür aber einen Brief aus Kanada, der nun Licht in diese Angelegenheit bringt. Denn mit dem Schreiber, dem in Edmonton lebenden George Krispin, dürfte der Erst-Besitzer des Gesangbuches gefunden sein. Der heute 89-Jährige, noch in Masuren Geborene, teilt uns in seiner deutschen Muttersprache mit, dass er vor längerer Zeit zwei Gesangbücher der evangelisch-lutherischen Synode Wisconsin nach Deutschland gesandt habe. Eine Leserin unserer Zeitung habe in der Ostpreußischen Familie nach einem Kirchenlied gesucht, und er habe ihr daraufhin die beiden Gesangbücher überlassen – wahrscheinlich, weil das betreffende Lied in ihnen enthalten war. „Das muss vor 25 Jahren gewesen sein“, schreibt George Krispin. „Sie wollte eines davon ihrem Pastor schenken. Ich habe leider ihren Namen und Adresse vergessen.“

Und so löst sich nun das Rätsel, wie es zu unserer Ostpreußischen Familie kam, denn es müsste sich bei unserem Exemplar um eines der beiden Bücher handeln, das uns irgendwann von der Empfängerin überlassen wurde. Da Herr Krispin in seinem Schreiben unsere Ostpreußische Familie erwähnt, ist anzunehmen, dass er die PAZ liest, die für ihn ja auch eine Verbindung zu seiner Heimat bedeutet. Denn George Krispin wurde 1927 in Momelken, Kreis Johannisburg geboren. Seit 1952 lebt er in Edmonton und ist Mitglied der evangelisch-lutheranischen Kirche, der Nachfolgerin der Wisconsin Synode, in der die Nachfahren deutscher Auswanderer ihre christliche Heimat haben. Dass auch heute dort das Gebetbuch in Gebrauch ist, beweist die Fotokopie eines Titelblattes, die Georg Krispin uns übersandte, und die mit dem Titelblatt des bei uns vorhandenen Exemplars identisch ist.

Es wird nicht mehr lange bei uns sein, denn unser Landsmann aus Edmonton beendete sein Schreiben mit den Worten: „Ich überlasse es Ihnen, was Sie mit dem Gesangbuch machen wollen.“ Ich glaube, dass unsere Leserinnen und Leser damit einverstanden sind, dass wir es Frau Audlind Vohland für das Insterburger Museum übergeben, wo ihm – wie sie versichert – als „spektakuläres Beispiel für die Fernwirkung ostpreußischer Reformationsgeschichte in Amerika“ ein gebührender Platz sicher sein wird.

Zuerst einmal gehen herzliche Dankesgrüße nach Kanada zu unserem masurischen Landsmann, der endlich zur Lösung dieser langwierigen Angelegenheit beigetragen hat. Georg Krispin – Anschrift: 8906 78 Ave NW, Edmonton AB T6C 0N8 – fügte noch etliches Material über die Tätigkeit der St. Matthews Evangelical Lutheran Church in Edmonton bei, das zwar in englischer Sprache gehalten ist, in dem aber nur deutsche Namen genannt werden. Auch diese Unterlagen werde ich Frau Vohland übergeben, weil sie das Thema für das Insterburger Museum aufbereiten will, da es dort so gut zu einer anderen kirchengeschichtlichen Besonderheit passt, den Kirchenbüchern der Altlutheraner.

Aber damit ist das Thema „Gesangbuch“, das mit dem der Anna Grau aus Budweitschen begann und das nun im Goldaper Heimatmuseum Stade seinen endgültigen Platz gefunden hat, noch lange nicht vom Tisch. Wie ja so oft in unserer Ostpreußischen Familie: Jeder erfüllte Wunsch bekommt Kinder! Oder ist es diesmal eine Triplizität der Zufälle, die sich noch verstärkt, weil die nunmehr dritte Frage nach einem ehemaligen Gesangbuchbesitzer auch in Masuren spielt? Wie auch immer: Gesucht wird der Besitzer eines deutschen Gesangbuches, das sich im Besitz eines polnischen Bischofs befindet. Dieser hatte sich an die Kreisgemeinschaft Neidenburg gewandt mit der Bitte, eine Familie aus Neidenburg ausfindig zu machen, denn in dem Buch ist als Besitzer der früher dort wohnhafte Prediger Arthur Martin eingetragen. Bischof Mieczyslaw Czajko aus Stettin [Szczecin] meint, dass es sich um ein wertvolles Erbstück der Familie handeln müsste, und bittet, dies betreffenden deutschen Kreisen mitzuteilen. Soweit diese von der Kreisgemeinschaft Neidenburg erfasst werden, hat man versucht, die Familie Martin ausfindig zu machen, leider vergeblich. Immerhin konnte – nach ursprünglicher Namensverwechslung – Herr Reinhard Kayss, Auskunftsstelle Kreis Neidenburg, bestätigen, dass der gesuchte Arthur Martin Prediger einer Glaubensgemeinschaft war, aber nicht die Frage beantworten, in welcher der in Masuren tätigen. Deshalb wendet sich nun Frau Irmgard Sigrid Bießner geborene Kalwa, die sich für das Kreisarchiv engagiert, an uns in der Hoffnung, über unseren Leserkreis Hinweise zu bekommen, ob und wo Angehörige von Arthur Martin heute leben. Da der Prediger sicherlich in einem größeren Umkreis tätig war, dürfen wir durchaus mit Informationen rechnen. Wir reichen deshalb diesen Suchwunsch eines polnischen Bischofs gerne weiter und hoffen, dass sich auch in dieser nunmehr dritten „Gesangbuch-Frage“ eine Lösung findet. (Zuschriften bitte an Frau Irmgard Sigrid Bießner, Am Südpark 31 in Neuss, Telefon 02131/466306, E-Mail: dr.biessner@arcor.de)

Auch die nächste Suchfrage wurde an uns weitergeleitet, Frau Hanna Frahm von der Landsmannschaft Ostpreußen hat sie von einem Journalisten bekommen, konnte sie aber nicht beantworten – wir allerdings auch nicht, und deshalb reichen wir sie an unsere Leserinnen und Leser weiter in der Hoffnung: Jemand wird’s schon wissen. Es geht um eine Königsberger Persönlichkeit, den Obervorsteher der Singakademie und Justizrat Treitel. Der Journalist und Buchautor S. Michael Westerholz aus Deggendorf ist Biograf der heute über die ganze Welt verstreuten Familie Treitel, deren Wurzeln auch in Ostpreußen liegen. Der Autor hat bereits auf www.hagalil.com eine mehrteilige Zusammenfassung veröffentlicht, die sich vor allem an der Vita des Dr. Richard Treitel orientiert, der als Jurist und Publizist in Berlin hoch angesehen war, Theresienstadt überlebte und 1947 im DP-Camp 7 Deggendorf verstarb – wenige Tage vor seiner Ausreise nach England. Heute führt der in New Hampshire lebende Familienälteste Bob Treitel die Familienunterlagen weiter. Zufällig las nun Herr S. Michael Weserholz einen Hinweis auf den Obervorsteher und Justizrat Treitel in Königsberg, den er bisher nicht in den Stammbaum einordnen konnte. Der Biograf wäre dankbar, wenn er durch Informationen aus unserem Leserkreis diese Lücke in der Familiengeschichte Treitel füllen könnte. (S. Michael Westerholz, Gschnaidtstraße 31 in 94469 Deggendorf, Telefon 0991/7112, E-Mail: michael-westerholz@t-online.de)

Es ist nicht leicht, 100 Jahre alt zu werden. Und erst recht nicht, wenn man nun im 101. Lebensjahr steht und man immer wieder den so überreich mit Glückwünschen gefüllten Korb hervorholt, um – neue hineinzulegen. Denn jetzt melden sich unsere in aller Welt verstreuten Landsleute mit ihren Wünschen – sie „zageln nach“, weil sie die PAZ später bekommen. Sie erfreuen mich sehr, weil ich merke, wie aufmerksam unsere „Ostpreußische Familie“ überall gelesen wird, und einen Brief will ich herausgrapschen, der das so herzlich und aufrichtig zum Ausdruck bringt: Reinhard Glang aus Gaithersburg, USA, ist der Absender, und er schreibt nach seinen zuerst ausgesprochenen Glückwünschen zu meinem 100.:

„Warum ich Ihnen schreibe, ein Ihnen gänzlich Unbekannter, ist, dass Sie mir aus Ihrer Kolumne seit langer Zeit bekannt sind und wissen sollen, dass auch im fernen Amerika Menschen leben, die Sie regelmäßig lesen und verehren. Ich bin 1929 in Insterburg geboren, habe in Gerdauen und Marienburg gewohnt, in Greifswald studiert, in Darmstadt promoviert, in Hanau gearbeitet und bin dann 1959 nach Amerika ausgewandert, wo ich seit dieser Zeit lebe. Ich habe meine Frau, die leider inzwischen verstorben ist, aus Deutschland mitgebracht, habe drei Kinder, die alle zweisprachig aufgewachsen und verheiratet sind sowie fünf Kinder haben. Und seit 1955 habe ich das Ostpreußenblatt abonniert. Ich bin ein sehr alter Kunde! Seit langer Zeit habe ich den Wunsch gehabt, Ihnen zu schreiben, aber von meinem Flüchtlingsschicksal gibt es nichts Besonderes zu berichten und da kommt mir nun Ihr 100. Geburtstag gerade recht!“ Und mir auch, um Ihnen, lieber Reinhard Glang, als altem „Kunden“ herzlichst Dank zu sagen für die Treue und Verlässlichkeit in über 60 Jahren!

Eure Ruth Geede


»Sein Gutes ging auf andere über«
In Neustettin wird das Denkmal eines Deutschen renoviert, den auch Polen als den ihren ansehen

Ich bin guter Dinge, was eine baldige Vollendung der Renovierung des Kaulfußdenkmals angeht. Im Mai, wenn das Wetter besser wird, kann das Denkmal in die Werkstatt transportiert werden“, so der Historiker Jerzy Dudz, bis Ende letzten Jahres Direktor des Regionalmuseums im hinterpommerschen Neustettin [Szczecinek]. Zusammen mit ehemaligen und heutigen Bewohnern sowie der Schulleitung des örtlichen Allgemeinbildenden Lyzeums Nr. 1 engagiert sich der Kreistagsabgeordnete für die bereits zweite Restaurierung des Denkmals nach Kriegsende. „Zum ersten Mal wurde das Denkmal in den 70er Jahren auf mein Zutun renoviert. Damals war ich schon Museumsdirektor und konnte meine Kontakte zum Kreismuseum Köslin nutzen. Dort gab es eine Abteilung zur Durchführung von Sanierungsarbeiten, die das Denkmal instandgesetzt hat“, erinnert sich Dudz. Mitstreiter bei der neuerlichen Renovierung fand er sowohl in Schuldirektor Jerzy Kania wie auch im Rathaus und vor allem in der Person des Neustettiner Landrats Krzysztof Wiesław Lis.

Johann Samuel Kaulfuß eignet sich vortrefflich für ein Gedenken, das weder Deutschen noch Polen wehtut. Der Altphilologe war 1824 wegen seiner – so die Kritiker – zu starken „Polenbegeisterung“ vom Amt als Rektor des Posener Marien-Magdalenen-Gymnasiums, des späteren Friedrich-Wilhelms-Gymnasiums, seines Amtes enthoben worden und 1825 an die Fürstin-Hedwig-Schule in Neustettin quasi strafversetzt. Diese entwickelte sich unter Kaulfuß prächtig. Seine Schüler errichteten ihm nach seinem Tod 1832 ein Denkmal auf dem Schulgelände mit der Inschrift „Sein Gutes ging auf andere über.“ Die Wurzeln der Schule seien ihm sehr wichtig, betonte der jetzige Direktor des heute nach der Fürstin Elisabeth (1326–1361), der Ehefrau des pommerschen Greifenherzogs Bogislaw V., benannten Lyzeums Nr. 1 in polnischen Medien. Neben Englisch kann man hier als Fremdsprache auch Deutsch erlernen. Schulleiter Kania zeigt sich jedoch enttäuscht, dass bereits mehrere Firmen aus dem Projekt der Denkmalrenovierung ausgestiegen sind und nun nur noch wenige überteuerte Angebote im Raum stehen.

Umgerechnet etwa 30000 Zloty (rund 7000 Euro) hatte der Heimatkreis für das Vorhaben gesammelt. 5000 Zloty sollte das Rathaus beisteuern, während der Rest dann vom Kreis stammen sollte. Doch Paweł Połom hatte sich quergestellt: „Niemand darf ein Denkmal ohne Einwilligung des Denkmalschutzes abmontieren, und ich habe in der Sache keine Genehmigung erteilt“, sagte der inzwischen in Rente gegangene Stadtkonservator gegenüber Rajmund Wełnic vom regionalen Internetportal „GK24 – Serwis Glosu Koszalinskiego“ (Service der Kösliner Stimme) ohne nähere Begründung. Dabei steht die Restaurierungsbedürftigkeit gar nicht in Frage. Die Schrift ist kaum noch leserlich und offenkundig sind selbst in den letzten Jahren mutwillige Beschädigungen zu verzeichnen gewesen. Am 23. Oktober 2015 erfolgte überhaupt erst die Eintragung ins Denkmalschutzregister.

Erst am 11. Februar 2016 erteilte Połoms Nachfolgerin Dorota Raczkowska nun endlich die Genehmigung zur neuerlichen Restaurierung. Diese sollte mit Verspätung also nun endlich möglich und hoffentlich dauerhafter als vor 40 Jahren sein. Der langjährige Vorsitzende des Heimatkreises Stettin, Siegfried Raddatz, kann das nicht mehr erleben. Er verstarb am 5. November 2015. Edmund Pander


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 100. GEBURTSTAG

Bloch, Martha, geb. Dannenfeldt, aus Lyck, am 17. März

ZUM 99. GEBURTSTAG

Wenzek, Käte, geb. Wichmann, aus Lyck, Danziger Straße 7, am 15. März

ZUM 97. GEBURTSTAG

Saborowski, Frieda, geb. Bobel, aus Reuß, Kreis Treuburg, am 11. März

ZUM 95. GEBURTSTAG

Berghoff, Elisabeth, geb. Kuschinski, aus Kussen und Wenzbach, Kreis Ebenrode, am 14. März

Hartmann, Eva, geb. Gleich, aus Rautenburg, Kreis Elchniederung, am 16. März

Hölzner, Frieda, geb. Duddeck, aus Lyck, Bismarckstraße 1, am 16. März

Idel, Brunhild, geb. Kerbein, aus Falkenort, Kreis Tilsit-Ragnit, am 13. März

Jarsetz, Dora, geb. Kerstrupp, aus Ostseebad Cranz, Kreis Samland, am 13. März

Sagromski, Lydia, aus Leinau, Kreis Ortelsburg, am 14. März

ZUM 94. GEBURTSTAG

Babace, Heinz, aus Zohpen, Kreis Wehlau, am 15. März

Dietze, Siegfried, aus Wehlau, am 16. März

Hülse, Fritz, aus Arissau, Kreis Samland, am 15. März

Litzner, Gertrud, geb. Kramer, aus Milken, Kreis Lötzen, am 17. März

Maring, Willi, früher Majewski, aus Burdungen, Kreis Neidenburg, am 12. März

Schnipper, Erika, geb. Piefkowski, aus Allenstein, am 2. März

Nadrowski, Marie, geb. Frassa, aus Seedanzig, Kreis Ortelsburg, am 15. März

Paulus, Anna, geb. Czeslik, aus Lindenfließ, Kreis Lyck, am 12. März

Weidelich, Elisabeth, geb. Mankau, aus Seckenburg, Kreis Elchniederung, am 12. März

Wieking, Helene, geb. Robatzek, aus Dippelsee, Kreis Lyck, am 17. März

Wlost, Otto, aus Schareiken, Kreis Treuburg, am 11. März

ZUM 93. GEBURTSTAG

Albrecht, Gisela, aus Lyck, am 17. März

Breistähl, Christa, geb. Motzkuhn, aus Buttken, Kreis Treuburg, am 15. März

Gaudl, Anneliese, geb. Kling, aus Paterswalde, Kreis Wehlau, am 13. März

Geschwandtner, Dr. Hans, aus Rauhdorf, Kreis Ebenrode, am 16. März

Kohn, Werner, aus Königsberg, am 9. März

Otto, Hildegard, geb. Schwesig, aus Wehlau, am 16. März

Rikeit, Helene, geb. Motzkus, aus Willenheim, Kreis Lyck, am 12. März

Schultz, Elfriede, geb. Denda, aus Burdungen, Kreis Neidenburg, am 12. März

ZUM 92. GEBURTSTAG

Barbulla, Gertrud, geb. Sklomeit, aus Dürrfelde, Kreis Ebenrode, am 11. März

Berke, Kurt, aus Lyck, Morgenstraße 3, am 16. März

Dudda, Meta, geb. Bartschat, aus Wildwiese, Kreis Elchniederung, am 15. März

Gutthat, Helmut, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 15. März

Kapteina, Heinz-Erich, aus Groß Schiemanen, Kreis Ortelsburg, am 12. März

Köhler, Anita, geb. Bogdahn, aus Herdenau, Kreis Elchniederung, am 13. März

Kunze, Hildegard, geb. Rasokat, aus Groß Schollen, Kreis Tilsit-Ragnit, am 12. März

Mattke, Helmut, aus Forsthaus Plauen, Kreis Wehlau, und Forsthaus Rossen, Kreis Heiligenbeil, am 15. März

Reisel, Anna-Maria, geb. Griggel, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 15. März

Rimkus, Helmut, aus Dünen, Kreis Elchniederung, am 16. März

Saß, Margarete, geb. Klemusch, aus Fuchshügel, Kreis Wehlau, am 15. März

Schmitz, Frieda, geb. Schwarz, aus Blumental, Kreis Lyck, am 13. März

Schneller, Hans-Joachim, aus Schallen, Kreis Wehlau, am 12. März

ZUM 91. GEBURTSTAG

Arndt, Heinz, aus Grunwalde, Kreis Heilgenbeil, am 15. März

Bode, Hertha, geb. Neumann, aus Fronicken, Kreis Treuburg, am 15. März

Damaske, Leopold, aus Gallgarben, Kreis Samland, am 15. März

Diedrich, Hildegard, geb. Heinacher, aus Kreis Ebenrode, am 15. März

Dietrich, Hedwig, aus Sareiken, Kreis Lyck, am 16. März

Dirks, Gertrud, geb. Kruschewski, aus Mostolten, Kreis Lyck, am 16. März

Drenseck, Lieselotte, geb. Rattay, aus Zohpen, Kreis Wehlau, am 13. März

Günther, Lieselotte, geb. Turowski, aus Lyck, am 11. März

Holuba, Renate, aus Birkenwalde, Kreis Lyck, am 12. März

Knackstädt, Ruth, aus Groß Ponnau, Kreis Wehlau, am 15. März

Mollnau, Elli, geb. Menger, aus Neidenburg, am 12. März

Nenneker, Helga, geb. Stodollick, aus Neuendorf, Kreis Lyck, am 13. März

Nickel, Christel, geb. Hömke, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 17. März

Prussky, Christel, geb. Schimmelpfennig, aus Bladiau, Kreis Heiligenbeil, am 13. März

Rogalla, Waltraut, geb. Rudzinski, aus Markgrafsfelde, Kreis Treuburg, am 12. März

Schäfer, Irmgard, geb. Neike, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 15. März

Scherello, Erwin, aus Reinkental, Kreis Treuburg, am 12. März

Spring, Emil, aus Rummau-Ost, Kreis Ortelsburg, am 15. März

Vogl, Helga, geb. Jankowski, aus Graiwen, Kreis Lötzen, am 15. März

ZUM 90. GEBURTSTAG

Altenburg, Hildegard, geb. Guddat, aus Neusiedel, Kreis Tilsit-Ragnit, am 16. März

Benger, Grete, aus Schloßbach, Kreis Ebenrode, am 11. März

Benson, Hedwig, geb. Woywad, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 16. März

Daschkey, Paul, aus Mulden, Kreis Lyck, am 17. März

Donat, Renate, geb. Konopka, aus Tannau, Kreis Treuburg, am 17. März

Donder, Hans, aus Seebrücken, Kreis Lyck, am 11. März

Erwin, Gerda, geb. Lenz, aus Gimmendorf, Kreis Neidenburg, am 11. März

Falk, Ruth, geb. Christochowitz, aus Kölmersdorf, Kreis Lyck, und Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 15. März

Girrulat, Felizitas, aus Rauterskirch, Kreis Elchniederung, am 13. März

Goebel, Erna, geb. Nowack, aus Oberalkehnen, Kreis Samland, am 15. März

Hahn, Waltraud, geb. Schilm, aus Kulmen-Hohensalzburg, am 12. März

Hoffmann, Hannelore, geb. Warnat, aus Lyck, am 14. März

Hofmann, Erika, geb. Ballnus, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 12. März

Klesczewski, Ulrich, aus Markau, Kreis Treuburg, am 16. März

Kositzki, Emil, aus Wallendorf, Kreis Neidenburg, am 16. März

Loeper, Hulda, geb. Ewert, aus Eisenberg, Kreis Heiligenbeil, am 16. März

Lojewski, Siegfried, aus Schareiken, Kreis Treuburg, am 15. März

Rieser, Gerhard, aus Groß Dirschkeim, Kreis Samland, am 11. März

Schulz, Margarete, geb. Freiwald, aus Lyck, am 14. März

Sültemeyer, Else, geb. Roziewski, aus Saiden, Kreis Treuburg, am 16. März

Urban, Reinhold, aus Ebendorf, Kreis Ortelsburg, am 11. März

Weidlich, Edith, geb. Vongehr, aus Polenzhof, Kreis Elchniederung, am 14. März

ZUM 85. GEBURTSTAG

Angenend, Ella, geb. Kropat, aus Brittanien, Kreis Elchniederung, am 17. März

Bendick, Reinhard, aus Wehlau, am 14. März

Berger, Else, geb. Grüner, aus Sareiken, Kreis Lyck, am 13. März

Brötje, Katharina geb. Kuhr aus Loye, Kreis Elchniederung, am 16. März

Cziepluch, Edith, geb. Westphal, aus Rosenwalde, Kreis Elchniederung, am 11. März

Enseleit, Siegfried aus Gutsfelde, Kreis Elchniederung, am 15. März

Erbuth, Reinhold, aus Bolken, Kreis Treuburg, am 15. März

Fischkal, Edith, geb. Mankau, aus Seckenburg, Kreis Elchniederung, am 13. März

Fröhlich, Ingrid, geb. Leinert, aus Wittken, Kreis Elchniederung, am 15. März

Goedecke, Alice, geb. Lamprecht, aus Königshuld, Kreis Tilsit-Ragnit, am 14. März

Grenz, Kurt, aus Lank, Kreis Heiligenbeil, am 13. März

Hein, Hannelore, geb. Meller, aus Diewens, Kreis Samland, am 17. März

Hoppe, Bruno, aus Wehlau, am 12. März

Huneck, Lieselotte, geb. Patz, aus Lindenort, Kreis Ortelsburg, am 15. März

Krehbiel, Elsbeth, geb. Möbius, aus Grünlinde, Kreis Wehlau, am 12. März

Kurpjuhn, Otto, aus Eibenau, Kreis Treuburg, am 12. März

Mandel, Hans-Jürgen, aus Treuburg, am 16. März

Neumann, Gerhard, aus Neidenburg, am 15. März

Reiner, Christel, aus Lyck, am 16. März

Rudz, Else, geb. Malinka, aus Neuendorf, Kreis Treuburg, am 14. März

Ruske, Edith, geb. Maczeyzik, aus Heldenfelde, Kreis Lyck, am 12. März

Schröder, Christel, aus Thierenberg, Kreis Samland, am 13. März

Sonntag, Günter, aus Lyck, am 13. März

Tietz, Gerhard, aus Ortelsburg, am 16. März

Waschull, Ferdinand-Willi, aus Rosenheide, Kreis Lyck, am 16. März

Weier, Werner, aus Ittau, Kreis Neidenburg, am 16. März

Wermke, Herbert, aus Eichen, Kreis Preußisch Eylau, am 14. März

Wielk, Gerhard, aus Prostken, Kreis Lyck, am 13. März

Wischnat, Gerhard, aus Ebenrode, am 15. März

ZUM 80. GEBURTSTAG

Bartels, Dora, geb. Ruddies, aus Kringitten, Kreis Samland, am 16. März

Brandenburg, Gertraud, geb. Blank, aus Wachteldorf, Kreis Lyck, am 12. März

Ciesla, Reintraut, geb. Wnuk, aus Mingfen, Kreis Ortelsburg, am 12. März

Fischer, Herbert, aus Lyck, am 12. März

Frontzkowski, Werner, aus Schönhöhe, Kreis Ortelsburg, am 16. März

Fuchs, Gertrud, geb. Lücke, aus Poppendorf, Kreis Wehlau, am 12. März

Jessat, Heinz, aus Krähenwalde, Kreis Ebenrode, am 17. März

Kalwe, Christel, aus Oschekau, Kreis Neidenburg, am 11. März

Knigge, Ekkehard, aus Lötzen, am 15. März

Kuhn, Günther, aus Angerburg, am 13. März

Lach, Ewald, aus Giersfelde, Kreis Lyck, am 16. März

Macknow, Christa, geb. Diet-rich, aus Kreuzingen, Kreis Elchniederung, am 14. März

Maurer, Wilhelm, aus Lyck, am 16. März

Müller, Inge, geb. Artschwager, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 16. März

Murach, Ruth, geb. Baranowski, aus Wallen, Kreis Ortelsburg, am 14. März

Oberüber, Siegfried, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 15. März

Pilz, Dieter, aus Platen, Kreis Ebenrode, am 13. März

Rosmanek, Gertrud, geb. Lichtenstein, aus Montwitz, Kreis Ortelsburg, am 12. März

Schlicht, Eberhard, aus Gartenstadt Stablack, Kreis Preußisch Eylau, am 16. März

Schwarznecker, Margot, geb. Kalk, am 15. März

Smollich, Hans-Georg, aus Lötzen, am 17. März

Tesch, Waltraud, geb. Schlitzkus, aus Kuglacken, Kreis Wehlau, am 12. März

Zwilling, Irmgard, geb. Klinkowski, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 11. März

Wernik, Helmut, aus Eichensee, Kreis Lyck, am 12. März

Zielasko, Helene, geb. Makoschey, aus Regeln, Kreis Lyck, am 15. März

ZUM 75. GEBURTSTAG

Borowsky, Manfred, aus Neukirch, Kreis Elchniederung, am 14. März

Bünger, Ingrid, geb. Koselke, aus Neukirch, Kreis Elchniederung, am 12. März

Handke, Sabine, geb. Symannek, aus Ortelsburg, am 17. März

Kluth, Brigitte, geb. Syffus, aus Lötzen, am 14. März

Lange, Traute, geb. Schlisio, aus Klein Engelau, Kreis Wehlau, am 16. März

Lippick, Siegfried, aus Kleschen, Kreis Treuburg, am 11. März

Marquaß, Willfried, aus Ortelsburg, am 13. März

Mauer, Siegfried, aus Malissen, Kreis Ebenrode, am 12. März

Menge, Anita, geb. Heimler, aus Parnehnen, Kreis Wehlau, am 12. März

Mumm, Hannelore, geb. Kühn, aus Plein, Kreis Elchniederung, am 16. März

Prusseit, Reinhold, aus Friedeberg, Kreis Elchniederung, am 12. März

Riemann, Gerhard, aus Grünlinde, Kreis Wehlau, am 12. März

Schlisio, Gerd, aus Klein Engelau, Kreis Wehlau, am 16. März

Soltau, Brüne, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 12. März

von Dobschütz, Regine, geb. Lukas, aus Seerappen, Kreis Samland, am 16. März

Wemmer, Brigitte, geb. Petruck, aus Wehlau, am 13. März 


Musik zu Pfingsten
Singen, Tanzen und Gitarrespielen im Mai

Zu Pfingsten, vom 13. bis 16. Mai 2016 veranstaltet die Landsmannschaft Ostpreußen zusammen mit dem Arbeitskreis für Nordostdeutsche Musik ein „Ostpreußisches Musikwochen-ende“. Die dreitägige Veranstaltung findet in der Politischen Bildungsstätte Helmstedt statt. Die künstlerische Leitung liegt in den Händen von Karin Petersen (Singkreis), Benjamin Mausolf (Singkreis), Roland Funck (Gitarrengruppe) und Brigitte Schulze (Tanz). Die Seminargebühr beträgt 100 Euro. Schüler und Studenten zahlen 50 Euro. Unterkunft und Vollverpflegung sind frei. Die Unterbringung erfolgt in Zweibettzimmern mit Dusche und WC. Für Einzelzimmer ist ein Zuschlag von 8 Euro pro Nacht zu entrichten. Nähere Informationen und Anmeldeunterlagen erhalten Sie beim Veranstalter: Landsmannschaft  Ostpreußen, Buchtstraße 4, 22087 Hamburg, Telefon (040) 41400823, Fax: (040) 41400819, E-Mail: info@ostpreussen.de.


S. 16-17 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BUND JUNGES OSTPREUSSEN

Vorsitzender: Marius Jungk, Gst.: Buchtstr. 4, 22087 Hamburg, Tel.: (040) 4140080, E-Post: kontakt@junge-ostpreussen.de, www.junge-ostpreu­ssen.de.

Freitag, 1. April: BJO-Filmabend in der Ostdeutschen Heimatstube Mönchengladbach-Rheydt, Friedensstraße 221, 41236 Mönchen-gladbach, 19 bis zirka 23 Uhr. Weitere Informationen: bjo-west@junge-ostpreussen.de .

Sonntag, 19. Juni: Auch in diesem Jahr nimmt der BJO am Kleinen Ostpreußen- und Schlesiertreffen auf Schloss Burg bei Solingen mit einem Infostand teil. Beginn der Veranstaltung: 11 Uhr, Kundgebung: 14 Uhr.

Sonnabend, 1., bis Montag, 3. Oktober: BJO-Herbstseminar

 

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Landesgruppe – Mittwoch 23. März, 18 Uhr, Großer Saal, Haus der Heimat, Schloßstraße 92, Stuttgart: Peter Wenzel, Referatsleiter der Landsmannschaft Ostpreußen hat seinen Beamer-Vortrag „Leben und Werke großer Ostpreußen“ zur Verfügung gestellt. Uta Lüttich wird ihn zu Gehör bringen. Der Vortrag bringt uns Leben und Werke bedeutender Persönlichkeiten nahe, die in Ostpreußen geboren sind oder dort ihr Lebenswerk schufen. Ihr Wirken in Kunst und Wissenschaft hat ein Erbe hinterlassen, in dem Ostpreußen weiterlebt. Es können nicht alle Frauen und Männer gewürdigt werden, die sich um Ostpreußen verdient gemacht haben. Peter Wenzel hat sich auf eine kleine Auswahl beschränkt, unter anderem Herzog Albrecht, der letzte Hochmeister des Deutschen Ordens und erste Herzog Preußens, Nicolaus Copernicus, Astronom und Begründer des heliozentrischen Weltbildes, Immanuel Kant, Philosoph und einer der größten Denker des Abendlandes, Hermann Sudermann, Schriftsteller und erfolgreichster Dramatiker seiner Zeit, Lovis Corinth, Ostpreußens großer Maler; Käthe Kollwitz, Grafikerin und Malerin, Richard Schirrmann, Begründer der Jugendherbergen und der Medizin-Nobelpreisträger Fritz Albert Lipmann.

Es erwartet Sie ein interessanter Vortrag, zu dem Sie, Ihre Freunde und Bekannten herzlich eingeladen sind. Der Eintritt ist frei.

Frauengruppe – Dienstag, 15. März, 14.30 Uhr, Kleiner Saal, Haus der Heimat, Stuttgart: Uta Lüttich trifft sich mit der Frauengruppe. Thema des Nachmittags ist „Ostern damals und heute“. Was hat sich von unseren vielfältigen Osterbräuchen bis in die heutige Zeit erhalten? Dazu werden Frühlingslieder gesungen, Gedichte und Geschichten vorgetragen. Auch die Herren der Kreisgruppe, Gäste und die Westpreußen sind herzlich willkommen.

Heidelberg – Sonntag, 13. März, 15 Uhr, Hotel Leonardo, Bergheimerstraße 63: Erstes Treffen der Gruppe in diesem Jahr. Nach einer gemütlichen Kaffeetafel findet zunächst die Ehrung der langjährigen Mitglieder statt. Danach Jahreshauptversammlung mit den verschiedenen Berichten. Anschließend zeigt Herr Pitronik einen Heimatfilm über Königsberg. Gäste sind herzlich willkommen. 

Ludwigsburg – Donnerstag, 17. März, 15 Uhr, Kronenstube, Kronenstraße 2: Frühlingsfest.

Reutlingen – Sonnabend, 19. März, 14 Uhr, Treffpunkt für Ältere, Gustav-Werner-Straße 6a: Zunächst gemütliches Wiedersehen bei Kaffee und Kuchen nach langer Winterpause. Dann folgen die Jahresberichte der Ersten Vorsitzenden Ilse Hunger, der Kassenwartin Marianne Praß, der Kassenprüferin Helga Dehmer-Kaun sowie der Frauengruppenleiterin Erika Manzau-Schmidt. Die Totenehrung wird Andreas Praß vollziehen.

Die Landesvorsitzende Uta Lüttich wird ein Grußwort sprechen. Nach der Pause folgt ein Rück-blick auf das Jahr 2015 in Bild und Ton von Peter Jermann. Ehrungen der langjährigen Mitglieder und Vorträge aus den eigenen Reihen werden zur Unterhaltung beitragen. Mit einem gemeinsamen Essen – Maultaschen und Kartoffelsalat – lassen wir den Tag auslaufen. Gäste sind herzlich eingeladen. Wegen des Essens bitte kurz bei Ilse Hunger anmelden: Telefon (07121) 52541

Ulm/Neu Ulm – Sonnabend,  12. März, 14.30 Uhr, Ulmer Stuben: Treffen der Frauengruppe.

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Ansbach – Sonnabend, 19. März, 15 Uhr, Orangerie: Frühlingssingen, Geschichten und Gedichte aus dem Nordosten.

Bamberg – Mittwoch, 16. März, 15 Uhr, Hotel Wilde Rose, Keßlerstraße: Vortrag über „Christliche Ikonographie in Ostpreußen“

Landshut– Dienstag, 15. März, 14 Uhr, Gasthof „Zur Insel“: Frühlingssingen mit Gitarrespieler.

Nürnberg – Dienstag, 22. März, 15 Uhr, Haus der Heimat, Nürnburg-Langwasser (Endstation der U1): Zu Gast ist die Bezirksvorsitzende Heide Bauer aus Ansbach. Die Veranstalter bitten um zahlreiches Erscheinen. Gäste herzlich willkommen.

– Bericht –

Mehrere Schüler der Peter-Henlein-Realschule in Nürnberg besuchten die Februar-Veranstaltung der Gruppe. Für ein Referat befragten sie unsere Mitglieder zu den Themen Flucht, Vertreibung und Integration. Mehr als eine Stunde wurden die Fragen der Schüler beantwortet und Einzelheiten über die Flucht mit dem Zug, dem Treck und dem Schiff erzählt.

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Rastenburg – Sonnabend, 13. März, 15 Uhr, Restaurant Stammhaus, Rohrdamm 24 B, 13629 Berlin: Gemeinsames Treffen. Anfragen: Martina Sontag, Telefon (033232) 188826.

 

BREMEN

Vorsitzender: Helmut Gutzeit, Telefon (0421) 25 09 29, Fax (0421) 25 01 88, Hodenberger Straße 39 b, 28355 Bremen. Stellvertrende Vorsitzende: Marita Jachens-Paul, Ratiborer Straße 48, 27578 Bremerhaven, Telefon (0471) 86176. Landesgeschäftsführer: Jörg Schulz, Am Anjes Moor 4, 27628 Uthlede, Telefon (04296) 74 77 01.

Bremerhaven – Die Mitgliederversammlung der Kreisgruppe der Landsmannschaft Ost- /Westpreußen und Heimatkreis Elbing fand im Beisein des Landesvorsitzenden Helmut Gutzeit am 26. Februar im Ernst-Barlach-Haus am Holzhafen statt. Leider konnten diesmal bei den Wahlen nicht alle Vorstandsposten wieder besetzt werden. Der neue verkleinerte Vorstand ist identisch mit den bisherigen Vertretern: Marita Jachens-Paul, erste Vorsitzende, Barbara Sandmann, stellvertretende Vorsitzende, Wolfgang Paul, Schatzmeister. Sie wurden einstimmig wiedergewählt.

Das Ziel des Vorstands wird es sein, das 90-jährige Bestehen der Kreisgruppe würdig durchzuführen. Die Festveranstaltung wird ausnahmsweise schon an einem Donnerstag stattfinden: Am 13. Oktober jährt sich zum 90. Mal die Gründungsversammlung des „Vereins heimattreuer Ostpreußen von 1926 in den Unterweserstädten“, und das soll – wie üblich im Barlachhaus – gefeiert werden!               Barbara Sandmann

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Haus der Heimat, Teilfeld 8, 20459 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

Landesgruppe – Sonnabend, 19. März, 10 bis 17 Uhr, Haus der Heimat, Teilfeld 8: Ostermarkt der Ost- und Mitteldeutschen Landsmannschaften. Auch der Ostpreußenstand ist mit einem Angebot heimatlicher Spezialitäten und Literatur vertreten. Gäste sind herzlich willkommen. Das Haus der Heimat ist über die U3-Bahnstation Rödingsmarkt, die S-Bahnstation Stadthausbrücke und die Buslinie 37 (Haltestelle St. Michaeliskirche) zu erreichen.

KREISGRUPPEN

Insterburg, Sensburg – Die Heimatkreisgruppe trifft sich jeden ersten Mittwoch im Monat (außer im Januar und im Juli) zum Singen und einem kulturellem Programm um 12 Uhr, Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123–125. Kontakt: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69b, 22459 Hamburg. Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

Königsberg – Freitag, 8. April, 12.30 Uhr (Einlass ab 12 Uhr), Café Harmonie, Alsterdorferstraße 479, Hamburg-Ohlsdorf: Traditionelles Königsberger-Klopse-Essen. Anmeldungen bis Montag, 4. April, bei Brigitte Reimer, Telefon (040) 6720489. Gegen eine Kaffee- und Kuchen-Spende ist nichts einzuwenden, eine rege Beteiligung erwünscht.

 

HESSEN

Vorsitzender: Ulrich Bonk (kommissarisch), Voltastraße 41, 60486 Frankfurt/M., Telefon (069) 77039652, E-Mail: bonk.ulrich@gmail.com 

Darmstadt – Am 12. März trifft sich unsere Landsmannschaft wieder um 15 Uhr im Luise-Büchner-Haus in Darmstadt – Kranichstein. Hierzu laden wir alle Mitglieder und Interessierten recht herzlich ein. Nach der Begrüßung und dem Kaffeetrinken berichtet die Pädagogin Maria Wielandt über ein von ihr mit Jugendlichen durchgeführtes Projekt über Flucht und Vertreibung, bei dem unser verstorbenes Mitglied Gustav Rupietta beratend beteiligt war. Dieser fundierte Vortrag verdient sicher eine rege Teilnahme. Allen Kranken wünschen wir eine gut und baldige Genesung.

                Christian Keller

Dillenburg – In der letzten Monatsversammlung ging es – in Erinnerung an das Drama vor 70 Jahren – um das Thema „Flucht und Vertreibung“, Zunächst berichtete Urte Schwidrich, die aus Herzogswalde, einem 900-Seelen-Dorf im Kreis Mohrungen, kommt und heute in Dillenburg lebt, über ihre Flucht. Sie war damals 17 Jahre alt. Am 22. Januar 1945 bei viel Schnee und

20 Grad Minus nahmen letzte deutsche Soldaten die noch verbliebenen Frauen und Kinder aus dem Dorf auf Lastwagen mit bis Elbing. Von dort ging es in überfüllten Zügen, die oft stehenblieben oder sogar zurück-fuhren, zunächst bis Dirschau. Unterwegs wurden von der Militärpolizei einige Jungen teils unter 16 Jahre eingesammelt und ihren Müttern weggerissen.

Von Dirschau ging es weiter über Leipzig bis Görlitz. Dort erlebten die Flüchtlinge die verheerenden Bombenangriffe auf Dresden am 13. und 14. Februar aus der Ferne mit. Dann ging es weiter über Sangershausen bis zum Auffanglager Friedland. Dort wurden alle registriert und fuhren mit den Zug weiter nach Gießen. Schließlich landete die Familie in Niederscheld, wo Verwandte lebten. Erst nach elf Jahren, als die ersten Kriegsgefangenen heimkehrten, erfuhr die Familie, dass der Vater Angang April 1945 bei den Kämpfen um Königsberg gefallen war.

Nach dem Bericht von Urte Schwidrich wurden in der Gruppe Vergleiche gezogen: Hier die Flüchtlingen, die sich – 1945 im Westen gelandet – unter schwierigsten Bedingungen damals einleben und integrieren mussten, dort die Flüchtlinge, die in heutiger Zeit zu uns nach Deutschland kommen.

Das zweite Thema des Nachmittags in Anlehnung an den gerade vergangenen Karneval war ostpreußischer Humor. Dazu las Urte Schwidrich aus dem Buch „So zärtlich war Suleyken“ von Siegfried Lenz. Zuerst den einleitenden Essay „Diskrete Auskunft über Masuren“  und dann die hübsche „Liebesgeschichte“ zwischen dem Holzfäller Joseph Gritzen und Marjellchen Katharina Knack. Als Zugabe las Dietmar Balschun aus dem Büchlein von Rudolf Meitsch „Lorbass nimm noch e Schlubberche – Ostpreußische Redensarten und Schwänke“ die beiden lustigen Geschichten „Der Pfarrer und die Landstreicher“ sowie „Die Herzensstärke“.

Beide Vorleser erhielten lebhaften Beifall. Der Nachmittag schloss dann wie immer mit dem gemeinsam gesungenen Ostpreußenlied.   Ingrid Nowakiewitsch

Wiesbaden – Sonnabend, 19. März, 15 Uhr, Wappensaal, Haus der Heimat: Jahreshauptversammlung. Die dreijährige Amtszeit des derzeitigen Vorstandes und der Kassenprüfer endet am 19. März, so dass in beiden Fällen Neuwahlen erforderlich sind. Die Tagesordnung: 1) Abstimmung über die Tagesordnung, 2) Feststellung der Anwesenheit und des Stimmrechts, 3) Geschäftsbericht des Vorstandes, 4) Berichte von Schatzmeister und Kassenprüfer, 5) Aussprache zu den Tagesordnungs-Punkten drei und vier, 6) Entlastung des Vorstandes, 7) Wahl des Wahlleiters, 8) Wahl des Vorstandes und der Kassenprüfer, 9) Verschiedenes

Nach dem offiziellen Teil ist ein Vortrag mit Bildern vorgesehen.

Wetzlar – Montag, 14. März, 18.30 Uhr, Restaurant Grillstuben, Stoppelberger Hohl 128: „Was Essen zum Genuss macht“ ist das Thema beim Treffen der Kreisgruppe. Dazu sprechen Friederike Preuß und Karla Weyland, die Kulturbeauftragte der ost- und westpreußischen Landsmannschaft in Hessen. Zum Programm gehört auch ein Grützwurstessen. Kontakt: Kuno Kutz, Telefon (06441) 770559.

 

MECKLENBURG-VORPOMMERN

Vorsitzender: Manfred F. Schukat, Hirtenstraße 7 a, 17389 Anklam, Telefon (03971) 245688.

Parchim – An jedem dritten Donnerstag, 14.30 Uhr, Café Würfel, Scharnhorststraße 2: Treffen der Kreisgruppe. Gemütlicher Nachmittag, um über Erinnerungen zu sprechen, zu singen und zu lachen. Weitere Informationen: Charlotte Meyer, Kleine Kemenadenstraße 4, 19370 Parchim, Telefon (03871) 213545.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Osnabrück – Donnerstag, 31. März, 15 Uhr, Gaststätte „Bürgerbräu“, Blumenhaller Weg 43: Treffen der Frauengruppe: Literaturkreis.

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Landesgruppe – Sonnabend, 19. März, 10 Uhr, Haus Union, Schenkendorfstraße, Oberhausen: Die Vorsitzenden der Orts- und Kreisgruppen sowie die Mitglieder des erweiterten Landesvorstandes treffen sich zur Landesdelegierten-, Kultur-, und Frauentagung. Auf der Tagesordnung stehen unter anderem Beiträge zum Thema „Preußische Treuhand“, „Russland eine Großmacht kämpft um ihr Leben“ und „Heimatstuben und Heimatmuseen in NRW – die gegenwärtige Lage und die Zukunftsaussichten“. Gegen 16 Uhr erfolgt das Schlusswort.

Bad Godesberg – Jeweils am ersten Mittwoch des Monats, 15 Uhr, Erkerzimmer, Stadthalle: Treffen der Frauengruppe – Jeweils am dritten Mittwoch des Monats, 15 Uhr, Erkerzimmer: Stammtisch. Zu beiden Veranstaltungen sind Gäste herzlich willkommen.

Bielefeld – Donnerstag, 17. März, 15 Uhr, Kreisvereinigung, Wilhelmstraße 1B, 33602 Bielefeld: Jahreshauptversammlung. Um zahlreiches Erscheinen wird gebeten.

Dortmund – Montag, 21. März, Heimatstube, 14.30 Uhr, Landgrafenschule (Eingang Märkische Straße): Gemeinsames Treffen.

Düsseldorf – Jeden Mittwoch, 18.30 Uhr, Eichendorfsaal, Gerhart-Hauptmann-Haus (GHH), Bismarckstraße 90: Probe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft Ostpreußen-Westpreußen-Sudetenland unter der Leitung von Radostina Hristova. – Sonnabend, 12. März, 15 Uhr, Konferenzraum, GHH: Frühling in Schlesien. – Dienstag, 15. März, 19 Uhr, GHH; „Es war einmal Masuren“ – Vortrag und Filmvorführung zum

20. Todestag von Wolfgang Koeppen und Peter Goedel. – Sonnabend, 19. März, 12 Uhr, GHH: Vortrag „Das evangelische Pfarrhaus – 300 Jahre Glaube, Geist und Macht“:

Gütersloh – Donnerstag, 24. März, Café im Wohnpark Dr. Murken, Neuenkirchener Straße 12: Osterfeier am Gründonnerstag. Anmeldungen bis spätestens 20. März bei den Mitgliederbetreuern oder Marlene von Oppenkowski, Telefon (05241) 702919.

Köln – Dienstag, 15. März, 14.30 Uhr, Bürgerzentrum Köln-Deutz, Tempelstraße 41–43: Treffen der Ostpreußenrunde. Das Lokal ist mit den Linien der KVB 3 und 4 von der Haltestelle Suevenstraße, und den Linien 1 und 7 von Deutzer Freiheit in wenigen Minuten zu erreichen. Wir wenden uns auch an die Leser der PAZ, die in und um Köln wohnen und keine Mitglieder sind. Gäste mit Ideen sehen wir gern. Die monatlichen Zusammenkünfte sind immer so gut, wie gut wir sie gestalten. Jeder wird um Mitwirkung gebeten. Es liegt ein weites Feld vor uns.

Witten – Montag, 21. März, 15 Uhr. Evangelisches Gemeindehaus (EG): Filmbeitrag über Ostern in Ostpreußen.

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle,  Telefon privat (0345) 2080680.

Gardelegen – Freitag, 18. März, 14 Uhr: Besuch und Vorstellung der neu gewählten Bürgermeisterin von Gardelegen

Magdeburg – Sonntag, 13. März, 14 Uhr: Frühlingsanfang mit einem Überraschungsgast. – Dienstag, 15. März, 13 Uhr, Immermannstraße: Treffen der Stickerchen. – Freitag, 18. März, 15 Uhr, TuS Zielitzer Straße: Treffen des Singekreises.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner. Geschäftsstelle: Telefon (0431) 554758, Wilhelminenstr. 47/49, 24103 Kiel.

Flensburg – Dienstag, 15. März, 19 Uhr, Restaurant Borgerforeningen: Preußische Tafelrunde. Anmeldungen nur bei Herrn Wolfgang, Telefon (0461) 64847. – Donnerstag 17. März, 15 Uhr TSB-Gaststätte: Jahreshauptversammlung der Vereinigten Landsmannschaften mit Kaffeetafel.

Pinneberg –  Sonntag, 20. März, 16 Uhr, Restaurant Mondea,  Mühlenstraße 70d: Jahreshauptversammlung mit Wahl eines stellvertretenden Vorsitzenden, Kassenprüfers und Beisitzers. Anschließend gemeinsames Abendessen.

Schwarzenbek – Am traditionellen ostpreußischen Wurstessen nahmen 105 Teilnehmer teil, so viele wie nie zuvor. Zum 65. Mal seit dem Bestehen der Landsmannschaft wurde die Schlachtplatte nach ostpreußischer Art mit heller und dunkler Grützwurst, mit Wellfleisch auf Sauerkraut, Erbsenpüree und Spirkel gereicht. Allen hatte es herrlich gemundet.

Dass so viele zu dieser Veranstaltung gekommen waren, lag auch an dem Lichtbildervortrag, den Professor Ludwig Steindorff von der Kieler Christian Albrecht Universtät nach dem Essen hielt. Das Thema „Königsberg / Kaliningrad – Eine Stadt mit zweifachen Erbe.“ Bis 1945 weist die Geschichte der Stadt weitgehend bruchlos viele Gemeinsamkeiten mit anderen Ostseestädten auf, die aus der hochmittelalterlichen Kolonisationsbewegung hervorgegangen sind. Königsberg entwickelte sich zu einem bedeutenden kulturellen Zentrum für ganz Ostmitteleuropa. Ihre Geschichte während der Zwischenkriegszeit steht als ein Beispiel für das ganze Deutsche Reich.

Im sowjetischen Kaliningrad galt  demgegenüber lange Zeit die Devise, der Stadt eine andere Identität zu geben, die ausschließlich in der Gegenwart des realen Sozialismus begründet war. Die Spuren der älteren Zeit verkamen zu fremden Kulissen. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion setzte dann ein Paradigmenwechsel ein. Der Redner verstand es mit einem spannenden Vortrag, der mit eindrucksvollen Bildern aus alter und neuer Zeit unterlegt war, die Zuhörer zu begeistern. Etwa 30 Anwesende, die noch in Königsberg geboren waren, oder in deren Adern königsberger Blut fließt, lauschten besonders gespannt den Worten des Professors.

Sehr erfreut war der Vorsitzende, Peter Gerigk, dass zwei Personen während der Veranstaltung ihren Eintritt in die Landsmannschaft schriftlich erklärten und zwei weitere ihren Eintritt ankündigten. „Unsere Landsmannschaft lebt. Trotz naturbedingter Abgänge verzeichnen wir immer noch Zugänge. Nach Abzug der Abgänge in den letzten vier Jahren stieg unsere Mitgliederzahl seitdem um 25 auf 73 Personen“, verkündete Peter Gerigk stolz.

Uetersen – Freitag, 18. März, 15 bis 17 Uhr, Haus Ueterst End, Kirchenstraße 7, Uetersen: Edmund Ferner war mit einer Ostpreußengruppe auf Kuba und hält einen Dia-Vortrag darüber.

 

THÜRINGEN

Vors.: Edeltraut Dietel, August-Bebel-Straße 8 b, 07980 Berga an der Elster, Tel. (036623) 231414.

Landesgruppe –  Der Eisenacher Alfons Wilke, Jahrgang 1934, gebürtig in Braunsberg, gehört zu den Gründern des Bundes der Vertriebenen in Thüringen. Weit über ein Jahrzehnt lang war er Stellvertretender Landesvorsitzender. Für die vorbildliche Erfüllung seines Ehrenamtes ist er es würdig auch in unserer Zeitung dankend erwähnt zu werden.

Entsprechend der Struktur des Regionalverbandes in Thüringen war er seit Beginn auch gleichzeitig Vorsitzender des Regionalverbandes (dazu gehörten die Vertriebenen aller Vertreibungsgebiete)  in Eisenach und außerdem Vorsitzender der landsmannschaftlichen Gruppe der Ostpreußen. Gut durchdacht nach einem Arbeitsplan, der thüringenweit öffentlich gemacht wurde, war Wilke an zwei Nachmittagen Monat für Monat der Arbeit mit den Vertriebenen und speziell seinen Landsleuten verbunden. Dazu kamen noch weitere Veranstaltungen wie Tag der Heimat, Europa-Tag, Ehrenamtstag und Wahlen.

„Alfons Wilke hat mit viel Herzblut und bis an die gesundheitlichen Grenzen seine Ehrenämter in allen Funktionen bis zum Landesvorstand ausgeübt“, stellte der jetzige stellvertretende BdV-Landesvorsitzende fest. Wilke wurde auf der Gründungsveranstaltung mit einer Ehrenurkunde und für sein persönliches Engagement mit einem Präsent geehrt. Wilke, ein echter Ostpreuße und mit dem Goldenen Ehrenzeichen der Landsmannschaft ausgezeichnet, wird weiterarbeiten wie bisher, denn nach der gut vorbereiteten Wahlversammlung wurde er spontan einstimmig als Ehrenvorsitzender des Regionalvorstandes gewählt. Die Termine für die Veranstaltungen stehen schon fest und sind im Rundbrief des Bundes der Heimatvertriebenen, Landesverband Thüringen.

                Margarete Ritter


S. 18 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

BRAUNSBERG

Kreisvertreterin: Manuela Begett, Virchowstraße 46, 44536 Lünen, Tel.: (02306) 21236, E-Mail: manuela.begett@t-online.de. Geschäftsstelle: Stadtverwaltung Münster, Patenstelle Braunsberg, Frau Jostenmeier, 48127 Münster, Tel.: (0251) 4926051.

„Wo Landschaft lockt & Geschichte lebt!‘‘ – Unter diesem Motto steht die Sommerreise der Kreisgemeinschaft vom 22. Juni bis zum 1. Juli. Hier das Reiseprogramm (Änderungen vorbehalten)

Mittwoch, 22. Juni: Anreise nach Gnesen über St. Augustin – Bonn – Köln – Dortmund - Hannover – Raststätte Uhrsleben (A2). Ankunft im Hotel Pietrak in Gnesen.

Donnerstag, 23. Juni: Nach dem Frühstück Besuch von Gnesen mit Besichtigung des berühmten Dom und seinen Bronzetüren. Weiterfahrt durch Kujawien (Kujawy) nach Thorn (Torun), die Geburtsstadt von Nikolaus Kopernikus. Nach der Stadtbesichtigung von Thorn Weiterfahrt nach Allenstein.

Freitag, 24. Juni: Allenstein, die größte Stadt der Region und zugleich Hauptstadt von Ermland und Masuren, Stadtführung. Besuch der ‚Deutschen Minderheit‘ im Kopernikushaus. Danach Weiterfahrt nach Guttstadt mit Dombesichtigung. Weiterfahrt nach Braunsberg/Frauenburg. Übernachtung in Braunsberg oder Frauenburg.

Samstag, 25 Juni: Tag zur freien Gestaltung. Sie können den Tag entweder in Frauenburg oder Braunsberg verbringen. Auf Wunsch besteht die Möglichkeit eine Taxifahrt in die Heimatorte der Mitreisenden zu organisieren.

Sonntag, 26. Juni: Nach dem Frühstück Fahrt durch den Kreis Braunsberg: Pettelkau – Tiedmannsdorf – Langwalde – Bludau – Henrikau – Mehlsack – Crossen – Wormditt mit Dombesichtigung – Rückfahrt nach Braunsberg / Frauenburg.

Montag, 27. Juni: Besichtigung des Frauenburger Doms mit einer Führung und einem Orgelkonzert. Besuch des Gedenksteins mit anschließender Weiterfahrt mit dem Schiff nach Kahlberg übers Frische Haff und zurück oder Rückfahrt mit dem Bus.

Dienstag, 28. Juni: Fahrt nach Elbing mit einer kurzen Gelegenheit zum Spaziergang. Fahrt zur Anlegestelle des Oberlandkanals. Schifffahrt über ein Teilstück des Oberlandkanals. Weiterfahrt zur Familie Dora Mross. Hier gibt es Kaffee und Kuchen. Anschließend Weiterfahrt nach Danzig.

Mittwoch, 29. Juni: Stadtbesichtigung in Danzig mit großer Stadtführung. Besuch der Kathedrale von Oliwa mit einem Orgelkonzert.

Donnerstag, 30. Juni: Fahrt von Danzig nach Stettin. Besuch der Lonske-Wanderdüne bei Leba.

Freitag, 1. Juli: Heute treten wir die Heimreise an über die  Raststätte Uhrsleben (A2) – Hannover – Dortmund – Köln – Bonn – St. Augustin.

Informationen und Reiseanmeldung: Manuela Begett, Virchow Straße 46, 44536 Lünen, Telefon (02306) 21236, manuela.begett@t-online.de

 

LYCK

Kreisvertreterin: Bärbel Wiesensee, Diesberg 6a, 41372 Niederkrüchten, Telefon (02163) 898313. Stellvertr. Kreisvertreter: Dieter Czudnochowski, Lärchenweg 23, 37079 Göttingen, Telefon (0551) 61665. 

Im Juni treffen wir uns, wie vereinbart, zu unserem 20. Gorlau-Treffen im Hotel Mügge am Iberg, Währentruper Straße 59–61, 33813 Oerlinghausen, Telefon (05202) 91460.

Wir treffen uns dort am Sonnabend, 25. Juni, um 14 Uhr zum gemeinsamen Kaffeetrinken und werden den Nachmittag und den Abend in gewohnt kurzweiliger Runde und in angenehmer Gesellschaft verbringen, um das Jubiläumstreffen gebührend zu feiern. Am Sonntag, 26. Juni, ist nach dem Frühstück die individuelle Abreise geplant. Jeder Teilnehmer kann jedoch weitere Tage in dieser schönen Umgebung hinzubuchen. Die Buchung der Übernachtung wird, wie immer, von jedem Teilnehmer unter dem Stichwort „Gorlau Treffen 2016“ selbst organisiert. Letzter Anmeldetermin ist der 30. April. Die Zimmerpreise sind für uns Sonderpreise und betragen aktuell für ein Einzelzimmer 60 Euro und für ein Doppelzimmer 85 Euro. Für eine Anmeldung stehen unter dem „Stichwort Gorlau-Treffen 2016“ folgende Möglichkeiten zur Verfügung: telefonisch (05202) 91460 und 3599, per Fax unter (05202) 9146100 oder per Mail hotel-muegge@gmx.de.

Bei Anreise mit der Bahn: Vom Abfahrtsort geht es bis Bielefeld Hauptbahnhof, von dort bis Helpup, dann Weiterfahrt mit dem Taxi oder eine private Abholung organisieren.

Anreise mit dem Auto: Abfahrt A2 Bielefeld Zentrum (27), Ausfahrt B66 Richtung Lage, vor Helpup rechts ab Richtung Währendtrup. Weitere Informationen: Ines und Stefan Lange, Telefon (0371) 5384908.

 

SCHLOSSBERG (PILLKALLEN)

Kreisvertreter: Michael Gründling, Große Brauhausstraße 1, 06108 Halle/Saale. Geschäftsstelle: Renate Wiese, Tel. (04171) 2400, Fax (04171) 24 24, Rote-Kreuz-Straße 6, 21423 Winsen (Luhe).

Wie schon seit vielen Jahren führt die Kreisgemeinschaft in Verbindung mit dem Landkreis Harburg auch in diesem Jahr wieder ein deutsch-russisches Ferienlager vom 10. bis 23. Juli in der Jugendherberge Otterndorf durch. Daran teilnehmen werden Kinder im Alter von zwölf bis 14 Jahren aus Deutschland und aus dem Königsberger Gebiet.

Neben vielen Freizeitaktivitäten wie Sport (Wasserski, Schwimmen, Ballspiele), Moorbahnfahrt, Heidepark, Basteln, steht das Wissen um Ostpreußen auf dem Programm. Tänze und Lieder werden auch während dieser zwei Wochen nicht zu kurz kommen. Bei einem Abschlussnachmittag werden kleine musikalische Darbietungen vorgetragen, ebenso Sketche und Tänze.

Es werden auch noch Betreuer gesucht. Der Teilnehmerbeitrag liegt bei 240 Euro. Anmeldungen und weitere Informationen bei: Norbert Schattauer, Landesstraße 19, 21776 Wanna, Telefon (04757) 463, E-Mail:schattauer-wanna@t-online.de.     Norbert Schattauer,

                 Kreisjugendbetreuer

 

TILSIT–STADT

Stadtvertreter: Hans Dzieran, Stadtgemeinschaft Tilsit, Postfach 241, 09002 Chemnitz. Geschäftsführer: Manfred Urbschat, E-Mail: info@tilsit-stadt.de.

Das nächste Schultreffen findet vom 5. bis 8. Juni in Bad Bevensen statt. Anreise am 5. Juni, möglichst schon zu einem gemeinsamen Kaffeetrinken. Am 6. Juni um 10 Uhr Besprechung im kleinen Salon des Hotels. Die weitere Gestaltung für den 6. und 7. Juni kann ich erst an Ort und Stelle planen. Dafür komme ich zwei Tage früher. Abreise am 8. Juni. Wer am 5. Juni ankommt, braucht also drei Übernachtungen. Anmeldung im Hotel Berlin bis zum 31. März, Stichwort KLS. Kostenfreie Stornierung ist bis 11. April möglich. Anschrift: Hotel Berlin, Alter Wiesenweg 11, 29549 Bad Bevensen. Telefon (05821) 5060. Zimmerpreise: Doppelzimmer im Hochparterre mit Nordbalkon 98 Euro, mit Südbalkon 108 Euro. Einzelzimmer mit Nordbalkon 58 Euro. Pro Übernachtung kommen drei Euro Kurtaxe dazu. Auf Wunsch kann vom Hotel eine Reiserücktrittsversicherung vermittelt werden. Es sei auch noch an die Möglichkeit erinnert, bei der Bahn eine Umsteigehilfe zu beantragen unter Telefon (01805) 512512. Das Hotel „Berlin“ bietet außerdem einen Hol- und Bringservice an unter anderem für Berlin, Bremen, Hamburg, und Hannover. Wer interessiert ist, wendet sich an das Hotel.

Hinweis auf das nächste Kreistreffen Tilsit-Stadt, Tilsit-Ragnit und Elchniederung am 23. April in Gera. Ich selbst muss bereits am 22. April dort sein und werde dann natürlich auch beim Treffen am 23. April dabei sein.             Vera Jawtusch,

                 Schulsprecherin


Wo die Masuren zu Hause waren
Mit einer einzigartigen Ausstellung startet das Lötzener Heimatmuseum ins Jahr 2016

„Masuren – Weite und Heimlichkeit“ heißt die erste Sonderausstellung mit der das Lötzener Heimatmuseum in das neue Jahr startet. Sie zeigt ausgewählte Werke ostpreußischer Künstler und bietet einmaliges, denn in dieser Zusammenstellung wurden die Bilder noch nirgendwo präsentiert. Ausstellungseröffnung ist am

19. März um 15.30 Uhr. Nach der Begrüßung durch Ute Eichler vom Heimatmuseum hält Jörn Barfod, Kustos am Lüneburger Ostpreußischen Landesmuseum, den Einführungsvortrag. Die Mandolinengruppe Einfeld sorgt für die musikalische Umrahmung. Ute Eichler und Jörn Bafod schreiben über die von ihnen konzipierte Ausstellung:

„Im Süden Ostpreußens, zwischen Torfmooren und sandiger Öde, zwischen verborgenen Seen und Kiefernwäldern waren wir Masuren zu Hause“, so beginnt Siegfried Lenz seine „Diskrete Auskunft über Masuren“, seine Heimat.

Erst spät wurde die Landschaft Masurens von Künstlern entdeckt, lange nach den Gegenden der samländischen Steilküste oder der dünenreichen Kurischen Nehrung. Masuren, vom Zentrum Ostpreußens, Königsberg, entfernter gelegen und auch nicht so gut erreichbar, kam erst mit den Kämpfen zu Beginn des Ersten Weltkriegs, 1914 und 1915, in das allgemeine Bewusstsein. Diese und die Volksabstimmung nach dem Versailler Vertrag 1920 ließen in der Folge den Reiseverkehr in den Süden und Südosten Ostpreußens zunehmen. Heute ist Masuren ein beliebtes Touristenziel, das manchem vielleicht sogar gleichbedeutend für ganz Ostpreußen steht.

Mit der „Entdeckung Masurens“ in den 1920er Jahren wurden auch einige Künstler in diesem Land-strich seßhaft. Der in Salpia (Kreis Sensburg) 1887 geborene Robert Hoffmann (-Salpia) war als Lehrer von 1925 bis 1945 in Seedranken (Kreis Treuburg) tätig. Der aus Köln gebürtige Julius Freymuth (1881–1961) lebte in den Jahren zwischen  1925 und 1927 in Froniken (Kreis Treuburg), der aus Johannisburg gebürtige Maler Ernst Rimmek (1890–1963) lebte und arbeitete in Jakunowken (Kreis Lötzen) von 1929 bis 1937. In Widminnen, Kreis Lötzen, war bis 1945 der Bildhauer Paul Koralus (1892–1991) zu Hause, von dem in dieser Ausstellung einige Skizzen und Pastelle zu sehen sind. Der seit 1955 als Kunstpädagoge in Weimar tätige Gerhard Wendenhorst (1922–2008) blieb der Heimat seiner Jugendjahre im Kreis Angerburg auch als Maler zeitlebens eng verbunden.

Die vor dem Zweiten Weltkrieg in Masuren tätigen Maler waren fast alle an der Königsberger Kunstakademie ausgebildet worden. Sie zogen von dort andere Künstler mit in die charakteristische Landschaft Masurens. Hier fand sich zwar nicht die Fülle an dramatischen Motiven wie zum Beispiel die größten Dünen Europas auf der Kurischen Nehrung oder die hohe Steilküste des Samlandes. Doch wussten die Maler die idyllische Besonderheit der Felder, Seen und Wälder zu schätzen und in ihren Werken festzuhalten. Sie bildeten auch die Bauern und ihre Arbeit, das Vieh und den Anblick der Dörfer ab.

So sind außer den bisher genannten Künstlern in der für diese Ausstellung vorgenommenen Zusammenstellung auch Eduard Bischoff, Robert Budzinski, Artur Degner, Karl Kunz, Oskar Gawell, Ottilie Ehlers-Kollwitz, R. H. Krauskopf und Bruno Ludat vertreten. Von Carl Scherres stammt das in seiner Stimmung an Caspar David Friedrich erinnernde Motiv „Masurische Seenlandschaft im Mondlicht“, das auch für das Ausstellungsplakat ausgewählt wurde. Alle Werke (bis auf Koralus aus dem Bestand der Lötzener Heimatsammlung) sind Leihgaben aus dem Ostpreußischen Landesmuseum, Lüneburg.

Den Besucher erwarten Bilder aus der Vergangenheit, die jedoch überwiegend das nicht Vergangene, das Unvergängliche abbilden: „Masurische Landschaft“, „Masurischer See“, „Regen über Lyck“, „Niedersee“, Treuburger See“, „Bunelka – Landschaft bei Lyck“, Lötzen mit Schloß und Kanal“,  … so einige der Bildtitel. Es werden Ölgemälde, Aquarelle, Grafiken und Zeichnungen ausgestellt aus einer Zeitspanne, die nahezu 100 Jahre umfasst.

Zur Einstimmung in die Thematik mag die lyrisch-wortmalende Landschaftsbeschreibung dienen, die Eugen Kurt Fischer, Re-dakteur der Hartungschen Zeitung in Königsberg, 1927 in der Einleitung zu einem Band Masuren-Zeichnungen von Julius Freymuth formulierte:

„Zart umkantet ragt auf welligem Hügel hinter dem Dorf eine Mühle mit weitgebreiteten Flügeln, ohne Regung, schwarzbauchig im Licht und darüber taucht aus dem bläulichen Schimmer weiß die Sichel des Monds. Drüben am anderen Ufer heben sich rundliche Hügel im Schatten, braun und in rötlichem Blau, tief dunkel umkantet, die Bäume olivgrün. Weiß, gelb, rot, so glühten die Dörfer im sinkenden Leuchten. Und dem gewendeten Blick bot sich der schwärzliche Wald, dunkle Borte, sonnübergoldet. Aber der Himmel färbte sich leis in vielerlei Farben, Rotblau verhauchte in Grün, aus dem das lichte Gelb wuchs und im Nichts sich verlor. Senkte sich wieder der Blick, so glitt er über ein Eiland, dicht voll Erlen und Weiden, von Schilfrohr ringsher umstanden, und ein Ruderer trieb den selbstgezimmerten Einbaum her vom Dorfe dem immer satteren Licht zu.“

 Zu sehen ist die Ausstellung bis Sonnabend, den 16. Juli, Öffnungstage (jeweils in Verbindung mit einem Veranstaltungsangebot): 16. April, 21. Mai, 18. Juni, 16. Juli und – fast jederzeit – nach telefonischer Absprache unter Telefon (040) 608 30 03. Das Heimatmuseum der Kreisgemeinschaft Lötzen liegt in Neumünster in der Sudetenlandstraße 18h. (Böcklersiedlung, nähe Kantplatz).


S. 19 Heimatarbeit

Kreative Ostern
»Frühlingserwachen« auf Schloss Ellingen

Zum „etwas anderen Ostermarkt“ lädt das Kulturzentrum Ostpreußen im bayerischen Ellingen. Unter dem Motto „Frühlingserwachen“ bieten die Veranstalter am Sonntag, 13 März, zwischen 10 und 17 Uhr Kunsthandwerk aus der Region. Dazu gibt es viele Möglichkeiten selbst kreativ tätig zu werden, zum Beispiel, um eigene Geschenkartikel zu gestalten. Mittels Kratz- und Wachstechnik können sorbische Ostereier verziert werden. In der „Schlemmer-Etage“ im Ersten Obergeschoss sind Köstlichkeiten aus Stall, Feld und Garten zu finden. Weiter Informationen: Kulturzentrum Ostpreußen, Schlossstraße 9, 91792 Ellingen, Telefon:  09141) 86440, Internet: www.kulturzentrum-ostpreussen.de


Erinnerung an Bombenterror
Usedom: Ausstellung über den Angriff auf Swinemünde im März 45

Auch das Ostseebad Swinemünde (Swinoujscie) auf der Insel Usedom blieb von den verheerenden Luftangriffen der Alliierten im Zweiten Weltkrieg nicht verschont. In der Mittagsstunde des 12. März 1945 warfen 671 US-amerikanische Flugzeuge mehr als 3000 Sprengbomben über Swinemünde ab. Da die Stadt auch voller Flüchtlinge war, fanden Tausende den Tod. Die meisten Opfer wurden auf der nahegelegenen Anhöhe Golm in Massengräbern beigesetzt.

Die deutsch-polnische Ausstellung „Gesichter“ auf der dortigen Kriegsgräberstätte nahe dem Fischerdorf Kamminke  soll nun an das schreckliche Ereignis erinnern. Am Sonnabend, 12. März zum 71. Jahrestag der Bombardierung wird sie eröffnet. Sie zeigt die Geschehnisse der Bombardierung aus den Blickwinkeln unterschiedlicher Menschen. Im Mittelpunkt stehen betroffene Personen, die durch Erinnerungsberichte und Zeugnisse präsentiert werden. Zudem lenkt die Ausstellung den Blick auf die komplexe Geschichte des Bombenkriegs und der Gewalterfahrungen des Zweiten Weltkriegs. Die Ausstellung ist ganzjährig und täglich zwischen 9 und 17 Uhr geöffnet.

Golm ist die größte Kriegsgräberstätte in Mecklenburg-Vorpommern. Auf dem Soldatenfriedhof fanden mindestens 1500 Angehörige von Marine, Heer und Luftwaffe ihre letzte Ruhestätte. Die Zahl der Bombenopfer, die hier begraben liegen, ist nicht bekannt. Insgesamt starben nach Schätzungen von Historikern 6000 bis 8000 Menschen in der Mittagstunde des 12. März. Weitere Informationen: Jugendbegegnungs- und Bildungsstätte (JBS) Golm, Dorfstraße 33, 17419 Kamminke, Telefon (038376) 2900, E-Mail: info@jbs-golm.de, Internet: www.jbs-golm.de                 PAZ


Besondere Verantwortung
Brauchtumsnachmittag mit Hessens Vertriebenenbeauftragter

Beim Brauchtumsnachmittag der Verbände der Heimatvertriebenen und Spätaussiedler im Lahn-Dill-Kreis in der Stadthalle von Aßlar erinnerte die Beauftragte der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Margarete Ziegler-Raschdorf, in ihrem Festvortrag an die Ankunft der ersten Vertriebenentransporte in Hessen vor 70 Jahren.

Vor rund 200 Gäst betonte sie, wie wichtig es sei die Erinnerung an Flucht und Vertreibung wachzuhalten sowie die Kultur der ehemaligen deutschen Ost- und Siedlungsgebiete für kommende Generationen zu bewahren. In ihrer Ansprache würdigte sie auch die Leistungen der Heimatvertriebenen beim Wiederaufbau. „Mit ihrem Fleiß, ihrem Können und ihren Erfahrungen haben sie tatkräftig mitgeholfen, das vom Krieg zerstörte Land wieder aufzubauen. Am wirtschaftlichen Erfolg Hessens und unserem heutigen Wohlstand haben sie großen Anteil“, so Ziegler-Raschdorf. Daraus resultiere auch eine besondere Verantwortung. Der hohe Stellenwert, den die Landesregierung den Anliegen der Heimatvertriebenen und Spätaussiedlern beimesse, zeige sich zum Beispiel in ihrer Funktion als Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler. Diese Position sei einmalig in Deutschland. Zudem sei Hessen das einzige Bundesland, in dem ein Landesbeirat für Vertriebenen-, Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen ununterbrochen seit 1950 berufen werde.

Zum Brauchtumsnachmittag eingeladen hatte die CDU Lahn-Dill und ihr Kreisvorsitzender Hans-Jürgen Irmer, der als Landtagsmitglied auch Vorsitzender des Ausschusses für Heimatvertriebene, Aussiedler, Flüchtlinge und Wiedergutmachung im Hessischen Landtag ist.                PAZ


K wie Knarzig & koddrig

2300 Wörter und Redensarten, damit nicht ganz vergessen wird, wie man in Ostpreußen schabbern konnte“, heißt das Büchlein, dass der pensionierte Pfarrer Felix Arndt in fleißiger Kleinarbeit zusammengestellte. Die PAZ bringt in loser Folge Auszüge. An dieser Stelle geht es mit Folge 31 weiter:

K

Klugkosen = klug reden

Klumpen = Holzschuhe mit Oberleder

Klumpenschul= Volksschule auf dem Dorf

alte Klunker = verächtlich: alte Frau

Klunkermus = Milchsuppe mit kleinen Mehlklößen

knarzig = unfreundlich, knurrig, mürrisch

knauen = unzufriedene Laute von sich geben

knieveln = herumprobieren

knievlig = schwer zu lösen, schwierig zu hantieren, kompliziert

Knipsgroschen = kleines Taschengeld

Knösel = kleine Tabakspfeiffe

Knusen, Knurzel = astreiches Holzstück

Kobbel = Stute

Kobbelschuster = Hufschmied

koddrig = unansehnlich, schlecht

Kofmich = Kaufmann

konfirmieren = jemandem energisch die Meinung sagen

koppheister = kopfüber

Kopfsgegel schießen = Überschlag machen

koselig = aufgeregt


S. 20 Heimatarbeit

»Der Schönste seiner Art«
Hengst Hessenstein zog als Bronzeplastik schon im Ostheim alle Blicke auf sich, demnächst geht es für ihn nach Lüneburg

Der Blick ist in die Ferne gerichtet. Die Ohren sind gespitzt. Der Bronzekörper wirkt leicht angespannt, als würde hinter den klugen Augen gerade ein verwegener Gedanke aufkeimen. Warum nicht einfach von diesem langweiligen Sockel springen, und dann im fliegenden Galopp dem Horizont nachjagen – so wie es sich für ein leistungsbereites Pferd ostpreußischer Abstammung gehört. Getreu dem etwas flapsigen Spruch von Marion Gräfin Dönhoff: „Wer früher Trakehner geritten hat, der muss heute schon Porsche fahren, um das Niveau zu halten“.

Dem Bronze-Vierbeiner dürften solche Überlegungen, ob Porsche, Audi oder Volkswagen, allerdings einerlei sein, und von der Stelle bewegt hat er sich – den letzten Meldungen aus Bad Pyrmont zufolge – auch noch nicht. Noch steht das bronzene Abbild des Trakehnerhengstes Hessenstein – 1968 vom Bildhauer Georg Fuhg (1898–1976) erschaffen – vor dem Gebäude des ehemaligen Ostheims (siehe PAZ 53, 2015). Im Laufe des Jahres wird der Vierbeiner dann allerdings tatsächlich in die Ferne schweifen. Sein neuer „Weidegrund“ liegt vor dem Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg. Als männliches Fotomodell wird er dort sicherlich ebenso viel Anklang finden, wie schon in Bad Pyrmont: Kein Gruppenbild von Ostheimgästen ohne den prächtigen Pferdemann im Hintergrund.

Der echte Hessenstein, ein damals zehnjähriger Landbeschäler auf den Gestüt Hunnesrück, „gilt vielen Fachleuten als der schönste seiner Art“, schwärmte bereits der Kollege vom Ostpreußenblatt, der im Juni 1968 über die feierliche Einweihung der Statue berichtete. Natürlich erwähnte er auch die Vorgeschichte des Pferdedenkmals. Aufgrund der tragischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts ist der Bronze-Hessenstein bereits der dritte seiner Art. Ostpreußische Züchter hatten vor dem Ersten Weltkrieg eine ähnliche Statue – ein Abbild des Hengstes Morgenstrahl – vor dem Landstallmeisterhaus des Gestütes Trakehnen errichten lassen. Als die russische Armee 1914 weite Teile Ostpreußens besetzte, ließ einer ihrer Generäle, der Deutsch-Balte Paul von Rennenkampff, das Standbild abmontieren und als Beutegut nach Hause verfrachten.

Achtzehn Jahre blieb das berühmteste und bedeutendste Gestüt des Deutschen Reiches, die Wiege der Trakehner-Zucht, ohne Pferdestandbild. Zum 200. Gründungsjubiläum, am 26. September 1932, wurde dann ein lebensgroßer Bronzeabguss des Hengstes Tempelhüter vor dem Landstallmeisterhaus eingeweiht. Zwölf Jahre später kamen die Russen das zweite Mal. Auch Tempelhüter wurde zum Raubgut. Die Eroberer verfrachteten 1945 das Denkmal als Siegestrophäe nach Moskau. Noch heute steht Tempelhüter als einsamer Deportierter im dortigen Landwirtschaftsmuseum.

Flucht und Vertreibung endeten unterdessen für Millionen Ostpreußen im Westen Deutschlands. So lag der Gedanke nahe, hier ein drittes Pferdedenkmal zu errichten. Allerdings auf ostpreußischem Boden, wie es hieß; nämlich im Garten des Ostheims. Reinhold Reh, damals Sprecher der Landsmannschaft, erklärte bei der Einweihung des Hessenstein-Denkmals: „Ostpreußen ist ohne sein edles Pferd nicht denkbar. Unsere Trakehner-Pferde haben geholfen, Ruf und Ruhm Ostpreußens in die weite Welt zu tragen. Die Landsmannschaft hat es als ihre Plicht angesehen, eine neues Monument ostpreußischer Treue zu errichten.“

Mit größter Treue hatten viele Hundert Trakehner ihren Menschen auch während der großen Flucht vor der Sowjet-Armee beigestanden. Zahllos sind die Geschichten über ihren Mut, ihre Genügsamkeit, ihre Ausdauer und ihre Charakterstärke in Zeiten größter Not und Gefahr. Die Inschrift auf dem Stein vor dem Pferde-Standbild weist darauf hin: „Wir Ostpreußen danken dem Pferde. Unserem treuen Freund in schwerer Zeit.“

Der echte Hengst Hessenstein gehörte 1968 mit seinen damals zehn Jahren natürlich längst zur vierbeinigen Nachkriegsgeneration. Mit seiner edlen, nahezu perfekten Statur ist er gleichzeitig ein Beispiel, wie erfolgreich die Trakehner-Züchter darin waren, auch nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges an alte Erfolge anzuknüpfen und das, obwohl nur wenige hundert von einst 30000 Pferden in den Westen gelangt waren.

Der Bildhauer Georg Fuhg wird wahrscheinlich viel über den beinahe Untergang und die glanzvolle Wiederauferstehung der Trakehnerzucht gehört haben, wenn er abends mit den Leuten vom staatlichen Hengstaufzuchtgestüt Hunnesrück beisammen saß. In der Schmiedewerksatt des Gestütes erschuf er die Statue. Fuhg, der 1898 in der Stadt Mehlsack im Kreis Braunsberg geboren wurde, hatte die Kunstakademie in Königsberg besucht. Zeit seines Lebens war er ein vielbeschäftigter und begehrter Bildhauer. Kurz vor der Arbeit an der Pferdestatue hatte er für die Ostpreußische Landsmannschaft Büsten von Immanuel Kant und Agnes Miegel fertiggestellt. Dem Ostpreußenblatt verriet er, wie viel Freude es ihm bereitete nun an einem dritten Symbol der ostpreußischen Heimat arbeiten zu können. Grundlage für die Statue waren nach intensiven Vorbesprechungen zunächst kleine Skizzen. Dann wurde die Statue mit einem Drahtgeflecht vorgeformt und zunächst in Gips modelliert. Den Bronzeguss übernahm dann später eine Gießerei in Düsseldorf.

Vorher aber verwandelte der berühmte Bildhauer die einfache Schmiedewerkstatt im niedersächsischen Dorf Hunnesrück drei Monate lang zu seinem Atelier. Abends, so erzählte er dem Redakteur des Ostpreußenblattes, habe er dann oft mit den Gestütsleuten beisammengesessen, und dabei viel über das Wesen des Pferdes gelernt.

Fuhgs Bildhauerhände haben derlei Erkenntnisse sicherlich beim Modellieren einfließen lassen. So schaut der Bronze-Hessenstein nun höchstlebendig und voller Tatkraft in die Runde – ein echter Trakehner eben.

                Frank Horns


S. 21 Lebensstil

Mehr als nur die Bohne wert
Erst das Rösten macht den Kaffee zu einem erlesenen Produkt − Wenn bloß die »Stinker« nicht wären

Schon Friedrich der Große schätzte den Kaffee. Zu Besuch bei einer Rösterei in Schleswig-Holstein, wo man verschiedene Sorten des Heißgetränks genießen kann.

Aus dem unscheinbaren Ge­bäude im Industriegebiet dringt ohrenbetäubender Lärm nach draußen. Er wird von einer rotierenden schwarzen Trommel verursacht, die in der Form an einen Betonmischer erinnert. „Das ist der Gas­trommelröster“, schreit eine Stimme gegen den Lärm an. Im Haus verbirgt sich eine Kaffeerösterei. Der Röstmeister öffnet die Schütte, und aus der Trommel ergießt sich rasselnd die dampfende Flut frisch gerösteter, dunkelbrauner Kaffeebohnen.

Kaffee wächst im Äquatorialgürtel und wird in Höhen von 700 bis 2000 Metern angebaut. Boden, Klima und Art der Verarbeitung lassen den Geschmack einer Sor­te stark variieren. Da wundert man sich, dass die vielen verschiedenen Kaffees, die im Supermarkt angeboten werden, alle gleich schmecken. „Das ist etwas anderes“, erklärt Kaffee-Experte Stefan Müller, der als einer der Pioniere in Sachen neue deutsche Kaffeekultur gilt. Seine Expertise gehört zur Grundlage und zum Erfolg von Vicci Caffe, seiner Rösterei im schleswig-holsteinischen Bad Bramstedt.

„Das wichtigste beim Kaffee ist das Rösten. Die großen Industrieröster rösten nur zwei Minuten bei Temperaturen von etwa 800 Grad. Das gibt dann Magenschmerzen bei der dritten Tasse, und wenn der Kaffee kalt ist, schmeckt er bitter“, erklärt Müller. Die Langzeitröstung der Ge­nussröster bei 200 Grad gibt dem Kaffee zehn bis 20 Minuten Zeit. Dabei bauen sich die Säuren und Bitterstoffe völlig ab. Der Kaffee hat dann ein besseres Aroma und ist viel bekömmlicher.

Die Qualität des Rohkaffees muss auch stimmen. Müller kauft den Rohkaffee direkt im Ursprungsland. Er kennt die Plantagen, fliegt einmal im Jahr hin und besucht Kaffeebauern. Ihm ist wichtig, dass eine Plantage jedes Jahr gleichbleibend gute Qualität bietet. Manche Kaffeepflanzer ernten nur ein bis zwei Mal, andere vier Mal im Jahr. Darunter leidet die Qualität. Dann passiert es schon mal, so Müller, dass ein „Stinker“, eine unreife Bohne, darunter ist. Dann ist die gesamte Röstung ungenießbar.

Kaffee ist das liebste Getränk der Deutschen. 2014 hat jeder Deutsche im Schnitt rund 160 Liter Kaffee getrunken. Kein anderes Getränk kann da mithalten. Mineralwasser bringt es auf 148 Liter, Bier rangiert mit zirka 107 Litern ebenso abgeschlagen  wie Erfrischungsgetränke (rund 120 Liter). Anders gerechnet: Pro Sekunde trinken die Deutschen rund 2300 Tassen Kaffee.

Gefragt, wie es zu seiner Leidenschaft für Kaffee kam, strahlt Müller: „Das war schon immer so.“ Bereits während der Schulzeit habe er beim Kaffeeröster gejobbt. Die Kaffeeverkostung macht Müller selbst, jede Ernte wird getestet, jede Charge, die geliefert wird: „Beim Testen trinkt man schon mal 40 bis 120 Tassen pro Tag – mehr geht nicht.“ Wie entwickeln sich Ge­schmacks­richtungen? Fragen die Kunden gezielt nach Neuem? „Ja, manchmal schon“, sagt er, „aber das ist auch mein eigenes Bestreben.“

Müllers Favoriten sind Espressos: „Das ist ein tolles Thema!“ Afrikanischer Anbau kam lange nicht in Frage, wegen des hohen Säuregehaltes. Gut sind brasilianische und mittelamerikanische Kaffees geeignet, seit fünf Jahren zunehmend auch indonesische Provenienzen. Die mexikanische Riesenbohne kommt ebenfalls in Betracht, ist aber inzwischen eine Rarität und aufgrund des hohen Preises kaum zu finden.

Auf einer Art rundem Sieb werden die Bohnen ausgebreitet und von rotierenden kleinen Besen und Schaufeln ständig in Bewegung gehalten. Nach 15 Minuten Röstung im Gastrommelröster muss der Kaffee innerhalb einer Minute auf 14 Grad herunterge­kühlt werden. Während der Kaffee auf der Sieblüftung ab­kühlt, befüllt der Röstmeister die Gas­trommel bereits erneut. Ein Sack grüner, linsengroßer Bohnen ergießt sich in den Trichter des Zulaufs. So sieht Rohkaffee aus.

Dann muss sich der Fachmann wieder um die gekühlten Bohnen kümmern. Wenn die Temperatur stimmt, werden sie durch den sogenannten Entsteiner in einen Kaffeesack gepustet. In dem Auffangbehälter des Entsteiners finden sich zwei kleine Steinchen. „Heute ist der Kaffee sehr sauber“, sagt Müller, „früher hat man da so einiges drin gefunden. Bei Kaffee aus Nicaragua zum Beispiel jede Menge Patronenhülsen.“

Inzwischen ent­nimmt Müller aus einer seitlichen Luke mit einer Schaufel ein paar der grünen Bohnen. Der Kaffee ist noch keine zwei Minuten im Röster, doch schon hat sich die Farbe geändert. Er ist jetzt beige und duftet nach frischem Brot.

Es gab Zeiten, da war es unvorstellbar, dass Kaffee einmal für alle Menschen verfügbar sein wür­de. Im 18. Jahrhundert wurde das schwarze Getränk von der Oberschicht noch von der Untertasse geschlürft, während die Bauern den Kaffee aus dem Suppenteller löffelten. Friedrich der Große war es dann, der aus den unscheinbaren Bohnen ein kulturelles und wirtschaftliches Erfolgsmodell machte, indem er 1766 die private Einfuhr und den privaten Handel mit Kaffee untersagte und 1780 den Brennzwang einführte. In der Folge durfte nur der preußische Staat mit Kaffee handeln, und nur staatliche Röstereien erhielten das Privileg, Kaffeebohnen zu rösten. Schwarzrösterei wurde geahndet. Damals waren „Kaffeeschnüffler“ unterwegs. Der Duft, der beim Rösten entsteht, verriet den Spürnasen, wo die Regeln des Herrschers gebrochen wurden.

Durch die Industrialisierung wurde Kaffee ein Massenprodukt erst fürs Bürgertum, dann auch für die unteren Schichten. In der Zeit nach dem Krieg haben Menschen aufgrund einer hohen Kaffeesteuer sogar ihr Leben riskiert, um Kaffee aus den Niederlanden nach Deutschland zu schmuggeln. Die Aachener Kaffeefront war damals ein Begriff.

Doch was macht die kleinen grünen Bohnen so attraktiv? Das Koffein? Lange Zeit galt Kaffee als ungesund, inzwischen geht die Wissenschaft davon aus, dass Koffein Alzheimer und Demenz vorbeugen kann. Allerdings wird geraten, ihn in Maßen zu trinken.

Heutzutage sieht man viele, die auf der Straße ihren Kaffee im Pappbecher trinken. Eine bedenkliche Entwicklung: nicht weil sich der Kaffee-Konsum weiter erhöht, sondern weil die Umwelt leidet. Die Leidenschaft für das Heißgetränk hat im Jahr 2015 laut einer Studie der Deutschen Umwelt- hilfe dazu geführt, dass pro Stunde 320000 Pappbecher im Müll gelandet sind. Das sind 2,8 Milliarden Becher pro Jahr.

Friedrich II. hätte sich wohl mit Händen und Füßen gewehrt, Kaffee aus einem Pappbecher zu trinken. Er pflegte seinen Kaffee mit einer Prise Pfeffer zu würzen und ließ ihn statt mit Wasser gelegentlich mit Champagner zubereiten. 1908 erfand die Hausfrau Melitta Bentz den Kaffeefilter. Ob das nach seinem Geschmack gewesen wäre?   Stephanie Sieckmann


Erste Hilfe für die Nahrung
Lebensmittelretter im Einsatz − Wider die Essens-Verschwendung

Um der massiven Lebensmittelverschwendung entgegen zu wirken, haben sich Frankreichs Supermarktketten 2015 verpflichtet, nicht verkaufte und noch genießbare Nahrungsmittel nicht mehr wegzuwerfen, sondern an soziale Einrichtungen zu spenden. Hierzulande setzt die Politik bei der Eindämmung der Lebensmittelverschwendung nach wie vor auf die Freiwilligkeit des Handels und der Hersteller sowie auf die Sensibilisierung der Verbraucher. 

2011 wurde auf den Berliner Filmfestspielen der Dokumentarfilm „Taste the Waste – Die globale Lebensmittelverschwendung“ des Kölner Filmemachers Valentin Thurn vorgestellt. Der Film verfehlte seine Wirkung nicht, weil er das ungeheure Ausmaß und die Ursachen der in den Industriegesellschaften stattfindenden Nahrungsmittelvernichtung in den Blick nimmt. So wird im Film daran erinnert, dass die Verschwendung bereits bei der Ernte beginnt.

So muss ein deutscher Bauer bei der Kartoffelernte 50 Prozent der Knollen auf dem Feld aussortieren und unterpflügen, nur weil sie in Form oder Aussehen nicht dem EU-Standard entsprechen. Grund sind Vermarktungsnormen, die, wie es offiziell heißt, der Sicherstellung der Qualität und der Einteilung in Handelsklassen dienen. Im Film wird jedoch klargestellt, dass Handelskonzerne die strengen Normen durchgesetzt haben, weil die Früchte dann einfacher und damit preiswerter zu verpacken, zu transportieren und im Supermarkt anzubieten sind. Der finanzielle Ausfall der Bauern wird aus EU-Mitteln kompensiert, also letztendlich von den europäischen Steuerzahlern.

Umweltbewusste Verbraucher haben schon lange das Gefühl, dass die Politik an diesen Zuständen in absehbarer Zeit nichts ändern wird. Durch die Initiative einzelner entstanden verschiedene Projekte zur Vermeidung der Verschwendung. In den USA wurden Lebensmittel-Kooperationen gegründet, um Bio-Produkte un­ter Umgehung des Handels über einen Markt direkt an die Verbraucher zu vertreiben.

In Deutschland haben sich „Lebensmittelretter“ zusammengeschlossen, um vom Handel weggeworfene und noch genießbare Lebensmittel zu retten und kostenlos zu verteilen. Seit 2012 organisiert die Initiative „foodsharing e.V.“ über das Internet die Verteilung von nicht verkauften, geretteten Lebensmitteln, die überwiegend von Supermärkten ab­gegeben werden. Nutznießer sind viele private Verbraucher wie auch eine Bio-Supermarktkette, die noch ge­nießbares Obst und Gemüse für den Verkauf übernimmt.

In Berlin, Köln und andernorts haben ehrenamtliche Lebensmittelretter Übergabeorte („Fair-Teiler“) für gerettete Lebensmittel eingerichtet, an denen sich jeder kostenlos eindecken kann. Bisher fällt ein Fair-Teiler nicht unter das Lebensmittelrecht, und die Be­treiber werden vom Gesetzgeber nicht als Lebensmittelunternehmer eingestuft. Dementsprechend braucht die Einhaltung von Richtlinien für Lebensmittelunternehmen nicht gewährleist zu werden. Nun aber wollen die Berliner Lebensmittelämter strengere Auflagen durchsetzen, was zur Folge hätte, dass die meisten Berliner Fair-Teiler geschlossen werden müssten. Die Betreiber wollen sich wehren. Sie berufen sich auf die erklärte Absicht der Bundesregierung und der Bundesländer, die Lebensmittelverschwendung deutlich zu reduzieren.

Seit 2013 beteiligen sich mehrere Supermarktketten aktiv an der Kampagne gegen Lebensmittelverschwendung. Es kommen wieder Früchte in die Regale, die mittlerweile einen ungewohnten Anblick bieten. Unter dem Motto „Keiner ist perfekt“ werden die Kunden daran erinnert, dass auch krumme Gurken und Äpfel mit ein paar kleinen Flecken schmecken.      D. Jestrzemski


Völlig von der Rolle
Sauber abgewischt − Wasser, Tonscherben oder doch lieber Papier?

Bei uns ist es selbstverständlich, dass auf der Toilette eine Klopapierrolle hängt. Das ist längst nicht in allen Kulturen so. In Afrika, den arabischen Ländern und in Asien steht immer eine Schöpfkelle und Schale Wasser neben dem Stillen Örtchen. Weil in der Regel die linke Hand mit Wasser den Allerwertesten säubert, gilt in den muslimisch geprägten Ländern die linke Hand als unrein. Man benutzt sie dort weder zur Begrüßung noch zum Essen. Das wird sonst als Beleidung aufgefasst.

Bei den alten Griechen wurden Tonscherben benutzt zum Sauberschaben. Die Römer hatten es schon besser. Sie wickelten einen Schwamm um einen Holzstab, den man in Salzwasser tauchte. In China verwendeten die Kaiser bereits im sechsten Jahrhundert n. Chr. Toilettenpapier. Denn die Chinesen gelten als Erfinder des Papiers, das erst im Mittelalter Einzug in Europa fand. Schon ab 1391 begann man in China mit einer Massenproduktion des Klopapiers, das auch Gefallen beim einfachen Volk fand.

In Europa behalfen sich die  Bauern und die arme Bevölkerung bis dahin mit Stroh, Moos oder Gras für die Säuberung. Die  Adligen und das Bürgertum be­nutzten hingegen Tücher, die dann von den Wäscherinnen ge­säubert wurden. Im 18. Jahrhundert wurden Zeitungen immer günstiger. Es konnten sich mehr Menschen so etwas leisten. Nach dem Lesen zerriss man die Zeitung in kleine Vierecke und hängte sie auf die Toiletten. Lange dauerte es, bis der Amerikaner Jo-seph Gayetti Papiere herstellte, die mit einer gut riechenden Lotion getränkt waren. Er nannte sie „medizinische Papiere“ und verkaufte sie ab 1857. In Deutschland hat man bis weit ins 20. Jahrhundert immer noch die Zeitungen zerrupft und zur Reinigung nach dem Toilettengang benutzt.

1928 gründete Hans Klenk in Ludwigsburg die allererste Toilettenpapierfabrik bei uns. Es war üblich, noch ziemlich raues Papier dafür zu benutzen. Die ersten beiden Buchstaben seines Vor- und Nachnamens bildeten den Firmennamen „Hakle“, den wir heute noch kennen. 1942, während des Zweiten Weltkrieges, entwickelten Engländer ein weicheres Toilettenpapier. Und ab 1958 verbreitete sich sanftes Papier aus Amerika bei uns.

Heute kann man alle Sorten Klopapier kaufen. Weil aber zur Herstellung täglich mehrere 100000 Bäume gefällt werden müssen, ist es besser, Toilettenpapier aus Altpapier zu kaufen. Altpapier wird in Wasser eingeweicht, gereinigt und daraus entsteht dann wieder neues Klopapier. Auf riesigen Rollen läuft es durch Walzen. Dabei schlagen Zacken die Perforation in das Papier. Auf einer langen Papphülse wird immer eine ganz be­stimmte Blattzahl gewickelt, da­mit die Rollen die richtige Größe haben. Maschinen schneiden die Papprollen dann in gleich große Stücke. Die Stücke sind immer genau 13,8 mal 9,6 Zentimeter groß. Warum? Damit sich jeder sein Klopapier so falten kann, wie er es mag. Denn in Deutschland legen die Menschen meist mehrere Lagen übereinander. Im Süden Europas und in Amerika knüllt man das Papier einfach zusammen. Auf diese Weise landen jährlich ganze Wälder in der Kanalisation.

Wer heute als Asylsuchender aus dem Nahen Osten, Nordafrika oder Afghanistan zu uns kommt, muss sich erst einmal mit unseren Toilettenregeln vertraut machen und lernen, Klopapier statt Wasser zu benutzen.              Silvia Friedrich


S. 22 Neue Bücher

Scharia statt Demokratie
Das Weltbild der Salafisten

Mohammad Abu Rumman ist Politikwissenschaftler und forscht am Centre for Stra­tegie Studies an der Universität Jordaniens. Sein aktuelles Buch er­schien auch in arabischer und englischer Fassung. Anhand seiner Arbeiten und zahlreicher biografischer Interviews gewährt es eine sehr tiefe, bis ins Einzelne gehende Einsicht in die Szene der Salafisten und deren Lebenswirklichkeit; wohl beziehen sich die Angaben lediglich auf Jordanien, doch dürften die dargelegten Verhältnisse denen im gesamten Nahen Osten gleichen.

Der Salafismus beruft sich auf den Islam in dessen ursprünglicher Fassung, also wie ihn die ersten Generationen im 7. und 8. Jahrhundert lebte, und legt seine Quellen wörtlich aus. Dabei ist die „religiöse Reinheit“, der Kampf um die wahre religiöse Identität, von größter Wichtigkeit. Dazu gehört die Forderung nach Anwendung der Scharia (die von Allah gesetzte Ordnung, die jeder weltlichen Gesetzgebung übergeordnet ist) im Alltagsleben. Zugleich will der Salafismus vor religiösen Gefahren wie die einer Verwestlichung schützen – auch die Demokratie ist mit dem Islam unvereinbar, wo die Macht beim Koran liegt. Das strenge Festhalten an der Sunna, der Tradition des Propheten, äußert sich  an ihrem äußeren Erscheinungsbild in Form der arabischen Langhemden und dem Vollbart der Männer sowie der kompletten,  schwarzen Verhüllung der Frauen.

Das ist auch der kleinste gemeinsame Nenner des Salafismus. Wenn auch vom Ausland gewiss kaum erkennbar, so gliedert er sich in verschiedene Bewegungen, die im Widerstreit miteinander stehen: Für die  „Traditionalisten“ ist Gehorsam gegenüber den Regierenden religiöse Pflicht, solange diese Muslime sind. Ihre Tätigkeit be­schränkt sich auf Ermahnungen der Herrscher auf Einhaltung der Scharia. Die Gruppe der „Aktionisten“ stellt Regierungen, die nicht nach der Scharia leben, außerhalb der muslimischen Gemeinschaft. Sie tritt für Veränderungen und Reformen im Sinne einer friedlichen Missionsarbeit ein. Am gefährlichsten sind die Dschihadisten, hat doch der als bewaffneter Kampf verstandene Dschihad („heiliger Krieg“) bei ihnen aber oberste Priorität.

Zu Recht rügt der Autor: „Salafisten blicken mit den Augen der Vergangenheit in die Zukunft.“ Es sei eine Realitätsverweigerung, hier liege der problematische Kern der salafistischen Identität. Die Gotteskrieger zeigten eine „Unfähigkeit, ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen Religion, Tradition und den Anforderungen der heutigen Welt zu formulieren“.

Die Entwicklung des Dschihad in  seinem Lande ist nach den Ausführungen des Autors sehr begünstigt worden durch Jordanier, die den damaligen afghanischen Mudschaheddin im Kampf gegen die sowjetische Besatzungsmacht unterstützt hätten und dann mit dem Gefühl, über eine Großmacht gesiegt zu haben, in ihre Heimat zurückgekommen seien. Nach den Ereignissen von Ägypten, Libyen und Algerien propagierten sie dann den globalisierten Dschihad. Hatten sie bisher nur den „nahen Feind“ bekämpft, lenkten ihre führenden Theoretiker nunmehr die Aufmerksamkeit auf den „fernen Feind“, die USA und die europäischen Demokratien.

Seit 2004 jedenfalls ist Westeuropa das Ziel von Anschlägen und Attentaten. Trotz mancher Warnungen wollte man hier allzu lange die drohenden Gefahren der „heiligen Krieger“ nicht sehen. Viele notwendige Gegenmaßnahmen wurden versäumt. Der „heilige Krieg“ wird noch manche Jahre dauern.

                Friedrich-Wilhelm Schlomann

Mohammad Abu Rumman: „Ich bin Salafist“, Verlag J.H.W. Dietz, Bonn, broschiert, 240 Seiten,  19,90 Euro


Auf den Spuren der Sumerer
Fünf Publikationen beschäftigen sich mit dem Thema »Götter der Unterwelt«

In den letzten 50 Jahren wurden über 500000 sumerische Schrifttafeln ausgegraben und auch zu einem erheblichen Teil entziffert. Im Verlaufe dessen zeigte sich, dass das Volk der Sumerer, welches im 4. Jahrtausend v. Chr. in Mesopotamien lebte und dort eine der ersten großen Zivilisationen der Weltgeschichte begründete, zahlreiche Mythen kannte, welche später in abgewandelter Form in das Alte Testament einflossen.

Das betrifft zum Beispiel die Berichte über vom Himmel herabgestiegene Wesen, die Erschaffung des Menschen sowie eine verheerende Sintflut zur Vernichtung der missratenen Schöpfung.

Allerdings blieb bis heute umstritten, ob die Erzählungen der Sumerer irgendeinen wahren Kern enthalten oder einfach nur der Phantasie der damaligen Schriftgelehrten entsprangen. Die etablierte Altertumswissenschaft geht vom letzteren aus, während alternative Forscher die Auffassung vertreten, dass die alten Tontafeln aus dem Zweistromland nicht mehr und nicht weniger als die unverfälschte Geschichte der Frühzeit der Menschheit erzählen.

Dabei stützen sich die „Abweichler“, denen vielfach Unseriosität oder gar rassistisches Denken unterstellt wird, zumeist auf die Thesen von Zecharia Sitchin, der neben Erich von Däniken zu den wichtigsten Vertretern der sogenannten „Prä-Astronautik“ gehört. Sitchin verkündete schon 1985, die in den sumerischen Texten immer wieder an zentraler Stelle erwähnten Anunnaki seien keine Götter, sondern Außerirdische von einem Planeten namens Nibiru gewesen, welche ab etwa 430000 v. Chr. die Erde kolonisiert und den Menschen gezüchtet sowie als Arbeitstier missbraucht hätten. An diese Aussagen Sitchins knüpfen auch die Verfasser von fünf einschlägigen Büchern aus dem Jahre 2015 an, wobei sie aber gleichzeitig noch auf neuere archäologische Entdeckungen verweisen.

Zwei der Werke, nämlich „Die Sklavenrasse der Götter“ sowie „Die afrikanischen Tempel der Anunnaki“, stammen aus der Feder des Südafrikaners Michael Tellinger. Der ist studierter Pharmazeut, also Autodidakt, was Geschichtswissenschaft und Archäologie betrifft. Trotzdem fand er in seiner Heimat rund eine Million rätselhafter Steinruinen von zumeist runder oder wabenähnlicher Form, in denen sich auch Reste von geschmolzenem Metall nachweisen lassen und deren Alter der Verfasser auf rund 200000 Jahre schätzt. Tellingers Meinung nach handelt es sich hierbei um die Überreste dreier gigantischer prähistorischer Städte – jede davon größer als das heutige Los Angeles –, in denen die Sklavenmassen lebten, die in den Goldminen der Anunnaki schufteten.

Und tatsächlich gibt es keine vernünftige konventionelle Erklärung für die spektakulären Anlagen, was Tellinger zu diversen kühnen eigenen Deutungen veranlasst. So sieht er in den Steinkreisen „Resonanzhohlkörper zur Erzeugung von Schallenergie“ für den Einsatz im Bergbau, ohne freilich zu erklären, wieso sich die technisch so haushoch überlegenen Besucher aus dem Weltall dann mit primitiven Trockenbaumauern begnügten. Des Weiteren fällt es schwer, dem Südafrikaner zu folgen, wenn er in unscheinbaren Steinformationen „Sphinxen“ oder die „Statue des Horusfalken“ sieht. Noch gewagter ist die Behauptung, ein Flechtenbewuchs von wenigen Zentimetern Dicke zeuge davon, dass Steine vor mehreren hunderttausend Jahren bearbeitet worden seien. Des Weiteren stört an „Die Sklavenrasse der Götter“ die unsystematisch-ausufernde Art der Darstellung: Es wäre besser gewesen, das Thema präziser beziehungsweise stringenter zu behandeln und zu große inhaltliche Abschweifungen zu vermeiden.

Das gilt analog für das Buch „Die geheime Geschichte der Menschheit“ des Enthüllungsjournalisten Jim Marrs, der zu jener Gruppe von Menschen gehört, die üblicherweise als „Verschwörungstheoretiker“ denunziert werden, weil sie auf Zusam-menhänge verweisen, die andere lieber ignorieren möchten. Andererseits ist aber nicht jede geargwöhnte Verschwörung tatsächlich real. Daher bleibt auch im allerhöchsten Maße fraglich, ob wir heute wirklich von den Nachkommen der Anunnaki beherrscht werden, welche die Erde nie verlassen haben. Die „Beweise“, die Marrs dafür bringt, dass Außerirdische für den Nationalsozialismus, den Zweiten Weltkrieg, die Ermordung Kennedys sowie zahlreiche andere unerfreuliche Ereignisse und Entwicklungen der jüngeren und älteren Geschichte verantwortlich gewesen seien, sind jedenfalls extrem an den Haaren herbeigezogen oder gehen gar völlig an der Sache vorbei.

Logischer als Marrs argumentiert dahingegen der Religionswissenschaftler Mauro Biglino in „Kamen die Götter aus dem Weltall?“ Er meint, dass die hebräischen Urtexte des Alten Testaments, welche lediglich Konsonanten enthalten und damit einen erheblichen Interpretationsspielraum bieten, anders gelesen werden müssen, als das bisher üblich war. Und das tut er dann auch, wodurch wiederum die Anunnaki ins Spiel kommen und die Geschichte der Schöpfung beziehungsweise der frühen Menschheit in genau dem Licht erscheint, in das sie schon von Sitchin gerückt wurde. Allerdings kann  niemand sagen, ob die von Biglino eingefügten Vokale nun die Richtigen sind oder nicht doch einfach nur schlichtem Wunschdenken entsprangen.

Ein weiterer Sitchin-Schüler ist Andrew Collins. Dieser Privatforscher legt jetzt die Monografie „Göbekli Tepe“ vor, in der es um den gleichnamigen Tempelkomplex im Südosten der Türkei geht, der nachweislich 7000 Jahre älter ist als die Cheops-pyramide und deshalb theoretisch von primitiven nomadischen Jägern und Sammlern erbaut worden sein müsste. Durch das Buch erfährt der Leser zunächst einiges über Aufbau und Zweck der beeindruckenden Anlage, bevor Collins diese dann gleichfalls mit den Anunnaki in Verbindung bringt: Offenbar sei der Megalith-Bau um 9500 v. Chr. auf Veranlassung dieser fremden Wesen und in Reaktion auf den verheerenden Einschlag eines Kometen errichtet worden.

Das kann man glauben oder auch nicht – was für den Inhalt aller fünf vorgestellten Bücher gilt. Aber sie bieten immerhin einiges an Unterhaltung und zahlreiche unkonventionelle Blicke auf die Geschichte unserer Spezies, wobei die Fotos in Tellingers Band, welche die mysteriösen Steinformationen in Südafrika zeigen, mit Abstand am meisten zum Nachdenken anregen.

                Wolfgang Kaufmann

Michael Tellinger: „Die Sklavenrasse der Götter. Die geheime Geschichte der Anunnaki und deren Mission auf der Erde“, Kopp Verlag, Rottenburg 2015, gebunden, 608 Seiten, 24,95 Euro

Michael Tellinger: „Die afrikanischen Tempel der Anunnaki. Verlorengegangene Technologien der Goldminen von Enki“, Kopp Verlag, Rottenburg 2015, gebunden, 227 Seiten, 19,95 Euro

Jim Marrs: „Die geheime Geschichte der Menschheit. Wie Wesen von fremden Sternen unsere Geschicke bestimmen“, Kopp-Verlag, Rottenburg 2015, gebunden, 368 Seiten, 22,95 Euro

Mauro Biglino: „Kamen die Götter aus dem Weltall? Das Buch, das unsere Vorstellungen von der Bibel ein für allemal verändern wird“, Kopp-Verlag, Rottenburg 2015, gebunden, 286 Seiten, 19,95 Euro

Andrew Collins: „Göbekli Tepe. Die Geburt der Götter“, Kopp-Verlag, Rottenburg 2015, gebunden, 511 Seiten, 24,95 Euro


Verteidigung statt schonungsloser Aufklärung
Michail Gorbatschow widmet sein neues Buch eher der Perestrojka und weniger dem System Putin

Anlässlich seines 85. Geburtstags am 2. März gratulierte Präsident Wladimir Putin Michail Gorbatschow für seine politischen Verdienste um Russland. Kaum ein russischer Politiker ist so umstritten wie der letzte sowjetische Staatschef. Einige werfen ihm die Zerstörung der Sowjet-union vor, andere ehren ihn als Reformer, ohne dessen Wirken das Land untergegangen wäre.

Gorbatschow hat seine Ansichten in vielen Büchern dargelegt. Im Klappentext seines aktuellen Buchs „Das neue Russland“ verspricht der Verlag „einen offenen, schonungslosen und persönlichen Blick auf Russland unter Putin“. Auf 559 Seiten ist dieser jedoch nicht zu finden.

Gorbatschow beginnt seine Betrachtungen mit einem Rückblick auf die Post-Perestrojka, auf seinen Sturz als Staatslenker und die  Jelzin-Ära sowie die von deren Reformern verordnete Schocktherapie für das Volk. „Schonungslos“ ist seine Abrechnung mit dem Jelzin-Klan und den „Verrätern“, die Gorbatschows Sturz mitgetragen haben. Er verteidigt die Perestrojka als einen notwendigen Kurs, der die Demokratie nach Russland bringen sollte. Zu Gorbatschows Verdiensten zählt zweifelsohne, dass die politischen Repressalien gestoppt wurden, dass die Freiheit des Worts Einzug hielt, Archive geöffnet, Dissidenten aus psychiatrischen Kliniken entlassen wurden, politisch Gefangene aus Straflagern zurückkehrten und Gläubige ihre Kirchen zurückerhielten. Das alles ist hinreichend bekannt.

Wie jedes seiner Bücher, so verkümmert auch sein neues zur Verteidigungsschrift der Perestrojka. Zwar erfährt der Leser viele Details,  etwa über den Wahlbetrug des Jelzin-Klans, den Beginn der Ära Putin, sein erstes Treffen mit dem neuen Präsidenten, aber trotz der Häufung von Warnsignalen bescheinigt Gorbatschow Putin eine Affinität zur Demokratie. Widersprüchliche Lösungen begründet er stets mit der schwierigen Situation in Russland. Politische Fehler wie die ineffektive Modernisierungsstrategie der russischen Wirtschaft schiebt er der Partei „Einiges Russland“, der Duma, einem neuen Beamtenfilz sowie den Juristen und der grassierenden Korruption zu. Kritik an Putin verbirgt sich hinter prophetischen Formulierungen und Allgemeinplätzen wie „dann wird das böse enden“.

Ständig zitiert Gorbatschow eigene Artikel und Interviews, die im Laufe der Jahre in russischen Medien veröffentlicht wurden, sodass das Buch eher zur Nabelschau gerät als zu einer Auseinandersetzung mit dem System Putin.

Interessant ist jedoch Gorbatschows Analyse der Rolle des Westens. Schon während seiner Amtszeit, die ja von einer großen Offenheit gegenüber dem Westen geprägt war, hätten die USA sich nach Beendigung des Kalten Krieges als Sieger aufgeführt. Die USA seien nie bereit gewesen, mit russischen Präsidenten auf Augenhöhe zu verhandeln. Die 1985 in Genf getroffene Verpflichtung der USA  und der damaligen UdSSR, dass die Länder nicht versuchen würden, jeweils zu einem militärischen Übergewicht zu gelangen, sei in Vergessenheit geraten. Es herrsche wieder das Recht des Stärkeren. Gorbatschow kritisiert, dass Russland mehrfach vor vollendete Tatsachen gestellt wurde: beim Kosovo-Krieg, beim Austritt aus dem ABM-Vertrag und bei der Nato-Osterweiterung. Das Bestreben, Russland von den neuen Staaten auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion zu isolieren, sei immer deutlicher geworden. Die USA hätten antirussische Stimmungen und Aktionen in der Ukraine unterstützt. Die USA und auch die EU hätten einen Fehler begangen, nicht mit Russland zu reden. Man hätte eher ein Dreieck Russland-Ukraine-EU unter Berücksichtigung der Interessen jeder Seite aufbauen sollen, anstatt Krieg zu führen. Gorbatschows Folgerung:  „Nicht Russland hat diesen Konflikt ausgelöst. Seine Wurzeln liegen innerhalb der Ukraine.“

Vor diesem Hintergrund findet Gorbatschow Verständnis für Putins Demonstration von Stärke, kommt aber zu dem Schluss, dass die Perestrojka auch heute noch eine wichtige Bedeutung für Russland habe, nur leider nicht zu Ende geführt worden sei. Der demokratische Prozess sie zwar gebremst, aber noch lange nicht zu Ende.

                Manuela Rosenthal-Kappi

Michail Gorbatschow: „Das neue Russland. Der Umbruch und das System Putin“. Quadriga Verlag, Köln 2015, gebunden, 559 Seiten, 25 Euro


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S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Der Trottel aus Berlin / Wie Deutschland seine Führungsrolle verlor, wie wir im falschen Film landeten, und wie Demokratie zum Unding werden kann

Der frisch gebackene deutsche Außenminister Guido Westerwelle war ganz außer sich vor Begeisterung über sein erstes Treffen mit den EU-Kollegen in Brüssel. Er hätte sich nie träumen lassen, wie wichtig Deutschland da draußen genommen werde. Westerwelle hatte einen tollen Empfang erlebt, alle hörten ihm zu, hingen an seinen Lippen, buhlten um seine Sympathie.

Das war Ende 2009, nur sechs Jahre ist das her. Ein Wimpernschlag in der Weltgeschichte, und doch muss es uns heute wie eine Ewigkeit erscheinen. Als die Kanzlerin am Montag in Brüssel war, hörte ihr anscheinend niemand mehr zu. Während sämtliche EU-Regierungen untereinander die Möglichkeit koordinierter Grenzschließungen ausgelotet haben, sagte die einsame Frau aus Berlin unverdrossen weiter ihre seltsamen Sprüche auf, ohne dass es jemanden kümmerte.

Deutschland ist von den Höhen einer EU-Führungsmacht in Windeseile hinabgerutscht in die Rolle des spinnerten Verwandten. Die anderen Europäer nehmen ihn nicht mehr ernst, weil er eh nur wirres Zeug faselt („wir können nicht kontrollieren, wer zu uns kommt“, „keine Obergrenze“ etc.). Man muss ihn leider trotzdem einladen – der Dussel gehört schließlich zur Familie. Außerdem hat er Geld, wenn auch nicht mehr lange, falls man ihn so weitermachen lässt in seiner wirren Willkommens-Euphorie, mit welcher er jeden in seine Bude einlädt, der rein will.

Doch in einer guten Familie kümmert man sich um den Sippentrottel, legt ihm das Lätzchen um oder beschützt seine Haustür, damit da eben nicht alle Welt hineinspazieren kann. Weil Merkel außerstande ist, die deutschen Grenztore kontrollieren zu lassen, haben das daher die braven Onkel in Mazedonien übernommen. Nett von ihnen.

Daheim kriegen die Deutschen ihre Isolation kaum mit. Die Staats- und Konzernmedien innerhalb der Reichsgrenzen sind Meister im Erfinden und Zurechtbiegen von Wahrheit, nicht nur was die wahre Position Deutschlands in Europa angeht. Eine leckere Kostprobe dieser Wahrheits-Biegerei lieferte neulich der Sender N24. Da versprach der Moderator, uns ein Bild zu geben davon, wie die Anhänger und wie  die Gegner des syrischen Machthabers Assad leben. „Ein Unterschied, der größer kaum sein könnte“, so die reißerische Anmoderation, der zwei kurze Filme folgten.

Im ersten wurden uns die „Gegner“ gezeigt: Menschen drängeln sich an einem Laster, von dem Lebensmittel verteilt werden. Rund herum Trümmer und Elend. Dann der Film, der uns das Leben von Assads Anhängern in der Hafenstadt Latakia vorführt. Männer im Pool, der Eingang eines Luxushotels und drinnen die      Reichen und Schönen beim Schlemmen.

Die Botschaft war eindeutig. Die Anhänger leben in Saus und Braus, während das Volk, das sich gegen Assad erhoben hat, im Elend darben muss.

Das Dumme: Im Lager von „Assads Gegnern“ flatterten mehrere rot-weiß-schwarze Fahnen zwischen den Trümmern. Das ist die Flagge des syrischen Staates und aktuell das Banner der Assad-Treuen. Dessen Gegner haben das Rot durch das Grün des Islam ersetzt oder gleich die ganze Fahne durch die schwarzen Lappen des IS. Und wem das noch nicht eindeutig genug war, der konnte kurz ein an die Mauer gelehntes, unversehrtes Porträtbild des Machthabers erblicken, das da wie eine Ikone platziert war.

Mit anderen Worten: Nicht nur die Reichen und Schönen, auch die Armen und Elenden in den Filmen waren Anhänger von Assad. Mit entsprechender Ausrichtung könnte man die Botschaft dieses Beitrags glatt auf den Kopf stellen: Seht her, das gesamte syrische Volk, von den ganz Armen bis zu den Superreichen, steht zu Assad. Der „Bürgerkrieg“ ist in Wahrheit eine Aggression von außen.

Ob die Zuschauer den Schwindel bemerkt haben? Die meisten vermutlich nicht, denn unser Hirn verfügt über sagenhafte Fähigkeiten. Es kann Informationen, die sich nicht in unser Weltbild fügen, einfach ausblenden. So erledigt es selbst, was diese Stümper am Schneidetisch von N24 versäumt haben. Nochmal Glück gehabt.

Die Macht in der Mediengesellschaft hat derjenige, der darüber entscheidet, worüber sich die Leute empören. Daher haben hässliche Bilder wie jene von den Pöbeleien in Clausnitz auch ihr Gutes. Durch sie stehen endlich wieder Deutsche am Pranger.

Wenn Politiker und Medien-Propagandisten zetern, dass sie „solche Bilder nie wieder sehen wollen“, sollten wir das also nicht allzu ernst nehmen. Wäre dem wirklich so, gäbe es nämlich eine ganz simple Lösung: Lasst die Leute doch vor Ort abstimmen, ob sie ein Asylheim in ihrem Dorf oder Stadtteil haben wollen oder nicht. Dann hätten sich die Bürger in Clausnitz höchstens gegenseitig beschimpfen können, statt sich die falschesten Adressaten für ihren Ärger auszusuchen, die man sich denken kann. Denn die Flüchtlinge und Asylbewerber können nun wirklich gar nichts für die Entscheidungen deutscher Politiker und Bürokraten – ärgerlich, dass man das gewissen Leuten erst sagen muss.

Statt aber die Bürger am Ort abstimmen zu lassen, verfährt man lieber nach der Manier eines absolutistischen Fürsten. Der hört sich zwar geduldig die Bedenken seiner Untertanen an („offener Bürgerdialog“), entscheidet dann aber – allein.

Warum nicht abgestimmt werden darf? Vielleicht, weil dann eine weitere der vielen Legenden unserer Willkommenskultur auffliegen könnte. Wenn Gegner der Regierungspolitik auf der Straße „Wir sind das Volk“ skandieren, schmettern etablierte Politiker und die ihnen geneigten Medien stets zurück: Ihr seid gar nicht „das Volk“, die große Mehrheit der Deutschen steht hinter uns, nicht hinter euch. Man stelle sich nun vor, sie ließen die Bürger Ort für Ort und Viertel für Viertel wirklich abstimmen und es ergäben sich weit überwiegend Mehrheiten gegen die Asyllager? Wer ist dann „das Volk“? Ja, sehen Sie? Demokratie ist ein viel zu heikles Experiment, als dass man es darauf ankommen lassen sollte. Wer kann denn wissen, ob der Pöbel auch das Richtige tut?

Zwar darf er wählen, allerdings haben es die Herrschaften nicht so gern, wenn wir ihnen bei der Stimmenauszählung allzu akribisch über die Schultern schielen. Dass die AfD dazu aufruft, genau das bei den kommenden Landtagswahlen zu tun und massenhaft als Wahlbeobachter auszuschwärmen, hat daher helle Empörung hervorgerufen. Baden-Württembergs Wahlleiterin nennt es „ein Unding, ehrenamtlichen Wahlhelfern aus der Mitte der Bürgerschaft Wahlfälschung zu unterstellen“. Merkwürdig, das tut doch keiner! Ebenso gut hätte sie es ein Unding nennen können, 40 Millionen Autofahrern Geschwindigkeitsüberschreitung zu unterstellen, indem man Starenkästen aufstellt.

Man stellt sie dennoch auf, um schwarze Schafe herauszufiltern (oder um Geld zu schneiden, aber das ist ein anderes Thema). Außerdem: Bei den Bremer Landtagswahlen haben Wahlhelfer „aus der Mitte der Bürgerschaft“ derart dreist und plump gefälscht, dass anschließend die Sitzverteilung im Parlament geändert werden musste.

Vermutlich fälschten die Fälscher sogar mit dem allerbesten Gewissen. Laut einer Untersuchung hat nämlich ein verblüffend großer Anteil der Deutschen überhaupt keine Ahnung mehr, was den Unterscheid macht zwischen Demokratie und Diktatur.

Angeleitet von Generationen linksradikaler Politiklehrer mit einem Faible für den „Kampf gegen Rechts“ denken die Unwissenden sich das vermutlich so: Demokratie herrscht, wenn die „Guten“ regieren, Diktatur ist, wenn die „Bösen“ gewinnen. Da ist man als „demokratischer“ Wahlhelfer doch regelrecht dazu aufgefordert, dem Ergebnis nachzuhelfen. Ein Sieg der „Bösen“ wäre schließlich „ein Unding“.


MELDUNGEN / ZUR PERSON

Tafeln müssen rationieren

Berlin – Der stark wachsende Andrang von Asylbewerbern zwingt die Tafeln für Bedürftige, das Lebensmittelangebot zu rationieren. Das teilt der Bundesverband Deutsche Tafel mit. Die Kapazitäten hielten mit dem stetig steigenden Bedarf nicht mehr Schritt, heißt es. An einigen Orten sei es bereits zu Spannungen gekommen, weil sich deutsche Bedürftige durch die Asylbewerber zu­rückgesetzt fühlten.     H.H.

 

Männer und Frauen getrennt

Hamburg – Ein Erlebnisbad in Norderstedt bei Hamburg lässt Männer und Frauen künftig nur noch zu getrennten Zeiten auf die Baderutsche. Anlass für die Maßnahme ist ein schwerer sexueller Übergriff zweier Afghanen auf zwei weibliche Badegäste an der Rutsche. Gegen die Männer wurde Haftbefehl erlassen wegen des Verdachts auf Vergewaltigung. Getrennte Baderäume oder -zeiten sind in muslimischen Ländern Gang und Gäbe.   H.H.

 

Was nun, Herr Fico?

Die Wahlen in der Slowakei zeigen im Kleinen, was den großen EU-Staaten bald bevorstehen könnte: Die Asylantenkrise spült rechtskonservative Parteien in die Parlamente, frühere Volksparteien befinden sich im freien Fall, Regierungskoalitionen werden immer komplizierter.

Was nun, Herr Fico? Vor dieser Frage steht der Ministerpräsident der Slowakei, Robert Fico, nachdem seine sozialdemokratische Partei die absolute Mehrheit verloren hat und von 44 auf 28 Prozent abgestürzt ist. Zwar ist seine Smer- SD noch stärkste Partei, doch muss Fico sich einen Koalitionspartner rechts der Mitte suchen, nachdem zwei christdemokratische und EU-freundliche Parteien an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert sind und der eigentliche Wahlsieger, der EU-kritische Richard Sulik, dessen neoliberale SaS nach starken Stimmengewinnen zweitstärkste Kraft wurde, eine Koalition mit Fico ausgeschlossen hat.

Für den Ex-Kommunisten Fico, der 1999 die Smer (deutsch: Richtung) gründete, war das Wahlergebnis ein herber Schlag. Dabei hat der 51-jährige Jurist doch alles getan, um im Verein mit den Visegrad-Staaten gegen eine EU-Aufnahmequote von Zuwanderern zu stimmen: Er duldet keine Muslime im Land, ist scharfer Kritiker von Kanzlerin Merkels „Flüchtlings“-Politik und drohte mit dem Austritt seines Landes aus der EU.

Schon in seiner ersten Amtszeit als Ministerpräsident von 2006 bis 2010 fuhr er einen stark nationalistischen Kurs, der darin gipfelte, dass in den ungarischen Landesteilen Slowakisch zur Amtssprache erhoben wurde. Doch andauernde Korruption und soziales Gefälle im Land bekam er nie in den Griff. Daher jetzt die Quittung. Wenn im Juli die Slowakei den EU-Ratsvorsitz übernimmt, könnte der im eigenen Land geschwächte Fico wenigstens hier den starken Zuwanderer-Schreck spielen.   H. Tews


MEINUNGEN

Der Ökonom Hans-Werner Sinn wirft Angela Merkel in der „Welt“ (3. März) einen Verstoß gegen ihren Amtseid vor:

„Dass die Kanzlerin sagt, sie könne die Grenzen nicht kontrollieren, hat mich verwundert. Das ist ihre Aufgabe als Kanzlerin. Das deutsche Staatsgebiet zu schützen und das Eigentum der Deutschen an den öffentlichen Gütern hierzulande zu sichern, darauf hat sie einen Eid geleistet, und dazu ist sie verpflichtet.“

 

 

Jörg Baberowski, Professor für Geschichte Osteuropas an der Humboldt-Universität zu Berlin, beklagt in der „Huffington Post“ (3. März) die dramatische Isolierung Deutschlands:

„Nicht einmal in den ersten Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war Deutschland so isoliert wie heute, Deutschland hat keine Verbündeten mehr. Die Kanzlerin glaubt, was sie tue, sei eine moralische Großtat. In den anderen europäischen Ländern hält man die deutsche Politik für romantischen Größenwahn, der alle teuer zu stehen kommen wird. Deutschland hat seine Rolle als führende europäische Nation verspielt. Es ist für seine Nachbarn unberechenbar und zu einem Sicherheitsrisiko geworden.“

 

 

Thilo Sarrazin konfrontiert uns in der „FAZ“ (7. März) mit der Wahl, vor der Europa heute steht:

„Viele hundert Millionen Menschen aus unterentwickelten und schlecht regierten Ländern wollen nach Europa. Sie werden in Zukunft vor allem aus Afrika kommen. Wir müssen uns entscheiden, ob wir das wirklich wollen. Wenn wir eine einheitliche europäische Antwort nicht finden, wird Europa, wie wir es kennen, zerbrechen und sich zu einer großen       Freihandelszone zurückent­wickeln.“

 

 

Die Autorin Anabel Schunke ist wütend über die Kommentare zum Abschneiden der AfD bei den hessischen Kommunalwahlen. In „Tichys Einblick“ (6. März) schreibt sie:

„Die AfD wird nicht mehrheitlich von Rassisten gewählt. Sie wird von Menschen gewählt, die das als stummen Protest gegen die Politik der Etablierten ansehen, weil der laute Protest schon lange nicht mehr gehört wird. Weil die Momente der stillen Fassungslosigkeit immer mehr werden. Ihr meint, ihr könnt Politik ohne Bevölkerung machen? Ich bin mir sicher, dass euch die Mehrheit der Bevölkerung bald zeigen wird, dass man Politik ohne euch machen kann.“

 

 

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus Brähmig sieht ebenfalls eine Entfremdung und warnt auf der Netzseite des Bundestages (29. Februar):

„Wir haben einen ersten Warnschuss zu erwarten bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg am 13. März. Ich vermute, die AfD wird ein besseres Ergebnis bekommen, als derzeit in Umfragen vermutet. Ganze Gruppen in der Gesellschaft sind mit dem, was wir hier in Berlin produzieren, nicht einverstanden. Es ist möglich, dass viele bisherige Nichtwähler ihren Protest gegen das politische Establishment zum Ausdruck bringen.“