26.04.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Ausgabe 17/16 vom 29.04.2016

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

Es tut sich was
Reaktionen auf das neue Sarrazin-Buch zeigen: Das Meinungsklima wandelt sich

Staats- und Konzernmedien sind verunsichert: Die platte Empörungs-Rhetorik von einst weicht auffallend bedächtiger Kritik.

„Er hat es wieder getan“, stöhnt „Focus online“ über das Erscheinen des nunmehr vierten Buches von Thilo Sarrazin. In „Wunschdenken“ rechnet der Ex-Politiker und frühere Bundesbanker ebenso gnadenlos wie treffsicher mit der etablierten Politik ab.

Angela Merkels Asylpolitik verwirft er als „größte politische Torheit, die ein deutscher Regie- rungschef seit dem Zweiten Weltkrieg beging“. Die Kanzlerin habe vielleicht das Wohl der ganzen Welt im Blick, nicht aber das von Europa und schon gar nicht das von Deutschland. Diese „utopische Politik“, die ganze Welt retten zu wollen, gefährde Deutschlands Zukunft stärker, als er es 2010 im Buch „Deutschland schafft sich ab“ für möglich gehalten habe, so Sarrazin.

In dem neuen Buch hält er der etablierten Politik Versagen in etlichen Bereichen vor. Neben der Zuwanderung nennt er unter anderem die Euro-Politik, die Demografie und die Bildung. Dass Politiker so falsch liegen können, führt er darauf zurück, dass sie eine fatale „Tendenz zur Fremd- und Selbsttäuschung“ aufwiesen, die in der „Abschaffung der Wirklichkeit“ gipfele. Zudem seien Unwissenheit, Überschätzung, kurz- fristiges Denken, Egoismus und Selbstbetrug „wesentliche Merkmale der Politiker“.

Die meisten neuen Zuwanderer kämen aus Kulturkreisen mit weit geringerem Bildungsstand, sie würden Deutschland daher ärmer machen.

Die Reaktionen in den Medien auf das neue Sarrazin-Buch unterscheiden sich in aufschlussreicher Weise von den Empörungsstürmen gegen „Deutschland schafft sich ab“. Der Staatssender „Deutschlandradio“ warnt nun vor der „Dämonisierung“ des Autors Sarrazin, die „Süddeutsche Zeitung“ attestiert ihm gar „legitime Positionen“ und eine „Basis, auf der man streiten kann“.

Damit wird Sarrazin zum Seismografen dafür, wie sich das Meinungsklima in Deutschland seit 2010 verändert hat. Dieser Wandel rührt aus der Verunsicherung der mittelinken Tonangeber her.

Just in dem Moment, als sie vordergründig mehr Macht besitzten als je zuvor, spüren jene Tonangeber, wie ihre vermeintliche Allmacht zu erodieren beginnt. Der Aufstieg der AfD oder der Paukenschlag der österreichischen Präsidentenwahl (siehe S. 6) waren nur jüngste Symptome dafür, dass die Herausforderung der Etablierten durch neue Kräfte stetig wächst. Auch auffällige Verschiebungen im Zeitungsmarkt (Kurzformel: „taz“ schrumpft, PAZ wächst) sprechen eine eindeutige Sprache.

Vor diesem Hintergrund scheint man zu erkennen, dass das Fuchteln mit Totschlag-Vokabeln aus der „Antifa“-Kiste nicht mehr fruchtet, und lässt sich notgedrungen auf die Debatte ein. Das ist ein gutes Zeichen: Es tut sich etwas, in Deutschland wie in ganz Europa. Sarrazin leistet abermals einen wichtigen Beitrag.         Hans Heckel


Die Vernunft setzt sich durch
Bundesregierung und EU legen Listen mit sicheren Herkunftsländern vor: Tunesien, Algerien, Marokko, Albanien, Serbien, Montenegro, Türkei

Im vergangenen Jahr wurden insgesamt über 26000 algerische, marokkanische und tunesische Staatsangehörige als Asylsuchende in Deutschland registriert. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl, Flüchtlingsschutz oder subsidiärem Schutz lagen allerdings nur in wenigen Einzelfällen vor. Demzufolge lag die Anerkennungsquote 2015 für Algerien bei 0,98 Prozent, für Marokko bei 2,29 Prozent und für Tunesien bei 0,0 Prozent. Dennoch rechnet die Bun- desregierung für dieses Jahr mit einem erheblichen Anstieg von Asylantragstellungen durch Staatsangehörige dieser drei Länder.

Um dem einen Riegel vorzuschieben, sollen Algerien, Marokko und Tunesien nach dem Willen der Bundesregierung als asylrechtlich sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden. In dem Gesetzentwurf heißt es, nur durch eine entsprechende gesetzliche Regelung könne für Behörden und Gerichte gleichermaßen verbindlich festgelegt werden, „dass – vorbehaltlich der Möglichkeit einer Widerlegung der Vermutung der Verfolgungsfreiheit im Einzelfall – ein von dem Staatsangehörigen eines solchen Staates gestellter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist“. Die Regierung betont, sie sei nach sorgfältiger Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, „dass in den genannten Staaten gewährleistet erscheint, dass dort generell, systematisch und durch- gängig weder Verfolgung noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind“.

Bei einer Ablehnung von Personen aus diesen drei Ländern werde das Asylverfahren erheblich beschleunigt. Die Einstufung als sichere Herkunftsstaaten verbessere daher die Möglichkeit, aussichtslose Asylanträge von Angehörigen dieser Staaten rascher bearbeiten und ihren Aufenthalt in Deutschland schneller beenden zu können. Damit werde zugleich die Zeit des Sozialleistungsbezugs in Deutschland verkürzt „und der davon ausgehende Anreiz für eine Asyl- beantragung aus wirtschaftlichen Gründen reduziert“. Durch die zahlreichen, „zumeist aus nicht asylrelevanten Motiven gestellten Asylanträge“ würden die öffentlichen Kassen erheblich belastet, heißt es in dem Gesetzentwurf weiter. Dies gehe „im Ergebnis zu Lasten der tatsächlich schutz- bedürftigen Asylsuchenden“, da für diese entsprechend weniger Kapazitäten zur Verfügung stünden. Eine „Eindämmung der aus nicht asylrelevanten Motiven gestellten Asylanträge“ sei daher geboten.

Das treibt auch die EU um. Nach der Genfer Konvention gilt ein Land dann als sicherer Herkunftsstaat, wenn es demokratisch ist, keine Menschenrechte verletzt werden, keine erniedrigende Behandlung der Bevölkerung festzustellen ist und es weder Gewaltandrohung noch bewaffnete Konflikte gibt. Welche Staaten danach als sichere Herkunftsstaaten gelten, entscheiden allein die Zielländer, wobei sie erheblichen Spielraum haben. Dementsprechend groß sind die Unter- schiede bei deren Listen. Um hier Einheitlichkeit zu schaffen, hat die EU eine eigene Liste sicherer Herkunftsstaaten erstellt. Zunächst sollen die EU-Beitrittskandidaten Albanien, Serbien, Montenegro und die Türkei, welche die für einen Beitritt erforderlichen sogenannten Kopenhagener Kriterien Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Minderheitenschutz erfüllen, sowie Mazedonien und der Kosovo als sicher eingestuft werden. Etwa 17 Prozent der in der EU gestellten Asyl-Anträge stellen Menschen aus diesen Staaten – offensichtlich missbräuchlich.

Das Ziel der EU ist es, „durch eine gemeinsame Flüchtlingspolitik dem Missbrauch des Asylsystems vorzubeugen“ und die Asylsucher schneller in ihre Herkunftsländer zurück- zuschaffen.      J.H..


Jan Heitmann:
Alles zu Asche

Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit geht der selbsternannte Weltenretter Barack Obama noch einmal auf Besserwisser-Tournee. Nicht nur für die Saudis und die Briten, auch für uns Deutsche hat er ungefragt Ratschläge parat: Wir mögen doch bitte „seiner Freundin Angela“ in der Flüchtlingspolitik folgen und noch mehr Menschen aufnehmen. Das sagt ausgerechnet er uns, wo doch sein Riesenland im ganzen vergangenen Jahr gerade einmal 70000 Menschen aufgenommen hat, wir dagegen über eine Million. Statt überflüssigerweise über Merkel zu lobhudeln, hätte er mal besser selbst nach den jetzt von ihm propagierten Prinzipien Politik machen sollen, ist die moderne Völkerwanderung doch vor allem das Ergebnis einer vollkommen verfehlten Interventionspolitik seines eigenen Landes.

Nach acht Jahren Obama-Präsidentschaft ist festzustellen: Dieser überreich mit Vorschuss- lorbeeren bedachte und sogar auf Verdacht mit dem Friedens-Nobelpreis geehrte  Selbstdarsteller ist in jeder Beziehung eine Enttäuschung. Für sein Land, für die Welt und auch für uns Deutsche, die ihn im Juli 2008 in Berlin zu hunderttausenden wie einen Messias gefeiert haben. Nach den Jahren der Bush-Regierung gab sein „Yes, we can“ vielen Menschen Hoffnung auf ein besseres Amerika und eine bessere Welt. Angesichts seines innen- und außenpolitischen Scheiterns wirken diese Worte im Nachhinein grotesk. Was Obama angefasst hat, zerfiel in seinen Händen zu Asche, sei es der Rückzug aus dem Irak oder die nationale Krankenversicherung. Auf den Ratschlag dieses Blenders können wir gut verzichten.

Barack Obama war der erste Schwarze im Weißen Haus. Das war es dann auch schon.


S. 2 Aktuell

Gemetzel statt Grundgesetz
Der Islam sei verfassungsfeindlich, behauptet die AfD – Staatsrechtler und Religionswissenschaftler stimmen zu

Das Grundgesetz nimmt die Religionen in Schutz, aber wer schützt eigentlich das Grundgesetz vor der Religion? Als göttlich legitimiertes Rechtssystem mit totalitärem Ansatz, als hochpolitische Glaubensrichtung mit Weltherrschaftsanspruch tritt der Islam auf. Mit dem Grundgesetz vereinbar ist er in dieser Form ebensowenig wie Kommunismus oder Faschismus.

Was für ein Gesetzeswerk! „Es spiegelt den Geist deutscher Philosophie und Rechtsauffassung“, schwärmt der Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider. Es sei von „lakonischer Würde“, lobt sein Kollege, der Verfassungsrechtler Christoph Möllers. Das Grundgesetz ist die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland. Seine Artikel stehen über allen anderen deutschen Rechtsnormen. In ihnen sind die grundlegenden staatlichen System- und Wertentscheidungen festgelegt. Auf seiner Basis hat sich das ebenso stabile wie komplexe politische Leben in Deutschland nach brauner Diktatur und Kriegskatastrophe herausgebildet. Von einem „Leuchtfeuer der Freiheit“ sprach der damalige Bundespräsident Horst Köhler 2009 zum 60-jährigen Bestehen des Grundgesetzes.

Wie aber passt der Islam ins hochgepriesene Rechtsgefüge? Die Antwort erscheint einfach. Artikel 4 des Grundgesetzes sichert die Religionsfreiheit: „Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich“, heißt es dort und im nächsten Satz: „Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“ Was ein Mensch glaubt oder nicht glaubt, ist also ganz allein seine eigene Angelegenheit. Der Staat hat sich nicht darin einzumischen. Mehr noch: Er muss die Entscheidung für oder gegen eine Glaubensrichtung sogar schützen. Ohne Religionsfreiheit gibt es keine wahre Freiheit.

Was aber, wenn ein Mensch nicht nur glaubt, sondern auch gemäß seinem Glauben lebt, und wenn ihm dann eine göttliche Offenbarung Dinge vorschreibt, die im krassen Widerspruch zum Grundgesetz stehen? Im Islam ist genau dies der Fall. Die Gewalt gegen Andersdenkende beispielsweise gehört zu den Grundlagen dieser Religion. „Als die schlimmsten Tiere gelten bei Allah diejenigen, die ungläubig sind und nicht glauben werden“, heißt es in Sure 8,55. Darüber, wie mit diesen abscheulichen Geschöpfen umzugehen ist, lässt der Koran keine Zweifel. In Sure 9,5 ist zu lesen: „Und wenn die heiligen Monate abgelaufen sind, dann tötet die Ungläubigen, wo ihr sie findet, greift sie, umzingelt sie und lauert ihnen auf!“ An anderer Stelle ist von „Kopfabschlagen“ und „Gemetzel“ die Rede.

Gewalt ist auch in der Ehe ein probates Mittel. „Die Männer stehen über den Frauen, und wenn ihr fürchtet, dass Frauen sich auflehnen, dann vermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie“, empfiehlt Sure 4,34. Dass Männer und Frauen gleichberechtigt seien, wie es Artikel 3, Absatz 2 des Grundgesetzes vorsieht, muss in den Ohren eines korangläubigen Moslems so fremdartig wie das Urbi et orbi des Papstes zu Ostern klingen. Bei Zeugenaussagen vor Gericht etwa gilt das Wort eines Mannes so viel wie das zweier Frauen.

Auf westliche Leser wirken solche Feststellungen barbarisch und wie aus der Zeit gefallen. Für gläubige Moslems dagegen sind sie Gottes Wort und nicht verhandelbar. Wer daran etwas ändern will, wird in ihren Augen zum Murtad, zum Verräter und Abtrünnigen. Dafür sieht die geltende islamische Rechtsauslegung auch heute noch die Todesstrafe vor. Nicht umsonst stehen prominente Vertreter eines gemäßigten, westlich orientierten Islam unter Polizeischutz, etwa Mouhanad Khorchide, der bekannte aus Palästina stammende Professor für islamische Religionspädagogik an der Universität Münster.

Dabei bilden Khorchide und andere Vertreter einer flexiblen Sicht auf den Koran ohnehin nur eine Minderheit in der islamischen Gemeinschaft. Deren bedeutsamste Reformkraft ist nach wie vor der fundamentalistische Salafismus-Wahabismus. Präsent ist er nicht nur in streng religiösen Ländern wie Saudi-Arabien, sondern auch in Europa. Als Professor Ruud Koopmanns vom Berliner Wissenschftszentrum für Sozialforschung vor einigen Jahren 9000 Personen mit türkischem oder marokkanischem Hintergrund in sechs europäischen Ländern, darunter auch Deutschland, nach ihren religiösen Einstellungen befragte, stieß er auf Ansichten, die ebenso aus der Zeit gefallen zu sein schienen wie die Suren des Koran. Fast die Hälfte der Befragten befand, dass es nur eine gültige Auslegung des heiligen Buches geben könne, dass die Muslime zu den Wurzeln des Islam zurückkehren sollten und dass religiöse Gesetze über weltlichen stünden – also selbstredend auch über dem Grundgesetz.

In welcher Dimension Islam und westliche Wertevorstellungen miteinander kollidieren, zeigt auch der Blick über Europas Grenzen hinaus. 1990 trafen sich die Außenminister der Mitgliedstaaten der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OCI), um in Kairo über das Thema Menschenrechte zu debattieren. In der OCI haben sich alle 56 Staaten zusammengeschlossen, in denen der Islam Staatsreligion oder Glauben einer bedeutenden Bevölkerungsgruppe ist. Länder wie Ägypten, die Türkei, Saudi-Arabien, aber auch Albanien gehören dazu. 45 OCI-Außenminister unterzeichneten in Kairo schließlich eine Erklärung, die den westeuropäischen Menschenrechtsbegriff, wie er etwa in Artikel 1, Absatz 2 des Grundgesetzes festgelegt ist, geradezu pervertiert. Die Scharia, das religiöse Gesetzeswerk des Islam, wird zur alleinigen Grundlage der Menschenrechte erklärt. Das heißt „Ja“ zur freien Meinungsäußerung – außer man wagt es, Gott zu lästern, dann droht die Todesstrafe. Das heißt „Nein“ zur Folter, außer man begeht Ehebruch, dann sind Peitschenhiebe fällig.

Im deutschen Grundgesetz aber wird weder zur Peitsche noch zum Schwert gegriffen. Kein Gesetzesbrecher muss um seine Hände, Füße oder den Kopf fürchten. Wer die Scharia befürwortet, wer den Koran als unmittelbares Gotteswort versteht, wer „Ungläubige“ für Tiere hält, steht daher nicht auf dem Boden der deutschen Verfassung, auch wenn er in Berlin-Kreuzberg, Duis­burg-Marxloh oder Hamburg-Wilhelmsburg seit Jahrzehnten wohnt, arbeitet und betet. Der Berliner Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider: „Der Islam ist in allen seinen Formen nicht mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbar.“       Frank Horns


Sunnitische Achse gegen den Iran
Per Reisediplomatie versucht Saudi-Arabien, den schiitischen Gegenspieler einzudämmen

Die sogenannte Arabellion hat seit 2011 Chaos und Terror in die arabische Welt gebracht und diese grundlegend verändert, aber die Rezepte, mit der die einzelnen Staaten diese Verwerfungen angehen, sind die alten geblieben. Saudi-Arabien versucht es weiterhin mit Machtpolitik, zu Reformen oder Zugeständnissen als Antwort auf die Krisen ist dieses Land nicht einmal im eigenen Land fähig, viel weniger in seinen Beziehungen zu den anderen Staaten der Region.

So versucht das Land seit einiger Zeit, mehr und mehr arabisch-sunnitische Länder gegen den schiitischen Iran und dessen Verbündeten, vor allem die libanesische Hisbollah, in einer Allianz hinter sich zu versammeln. Ägypten als dem bevölkerungsreichsten arabischen Land kommt in dieser Allianz eine besondere Rolle zu.

In diese Strategie passt, dass der saudische König Salman ibn Abd al-Aziz nach seinem Besuch bei dem ägyptischen Präsidenten Abd al-Fattah as-Sisi sofort zu einem Besuch zu dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan reiste. Sein Stellvertreter, der Kronprinz und Verteidigungsminister Mohammed ibn Salman, reiste fast zeitgleich zu dem jordanischen König Abdullah II. bin al-Hussein. Ziel dieser neuen saudischen Reisediplomatie ist die Eindämmung des iranischen Einflusses, der nach dem Atomabkommen zwischen dem Iran und dem Westen in der Region immer grösser wird.

Israel hat ein Interesse an einer funktionierenden sunnitischen Achse als Gegengewicht gegen die schiitische Achse, die vom Iran angeführt wird. Diese gilt dem Judenstaat als Hauptfeind.

Allerdings wird von Analysten die Wirksamkeit der von den Saudis unternommenen Bemühungen zur Vereinigung der sunnitischen Kräfte gegen den Iran bezweifelt. Der saudi-ägyptischen Initiative zum Aufbau einer erklärtermaßen gegen den Terrorismus gerichteten gemeinsamen Armee innerhalb der Arabischen Liga fehlt noch eine breitere Unterstützung. Sisis Ägypten steht Russland sehr nahe, und Wladimir Putin hält sehr stark zum Iran und dem Assad-Regime in Syrien. Daran könnte diese Allianz scheitern.

Beim Gipfel der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OCI, L’Organisation de Coopération Islamique) in Istanbul wurde die Ratlosigkeit der islamischen Welt angesichts der existentiellen Krisen in der Region deutlich. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu beschwor zwar die Mitglieder der OCI angesichts des Terrors und des Chaos zu mehr Zusammenhalt und Solidarität, aber die Türkei hat selbst mit ihrer gescheiterten Außenpolitik sehr viel zum Zustandekommen des Terrors und des Chaos beigetragen. Als Beispiel sei hier der von Erdogan aus Wahlkampfgründen vom Zaun gebrochene Krieg gegen die Kurden genannt.

So wie Erdogan den Krieg gegen die Kurden schürt, schürt der seit 2015 herrschende saudische König Salman mit seiner Intervention den Bürgerkrieg im Jemen. Beide spielen damit das Spiel des IS-Terrorkalifats.

Beim OCI-Gipfel in Istanbul war Salman der große Star. Er wurde von Erdogan mit der höchsten Orden der türkischen Republik ausgezeichnet. Die Türkei braucht Saudi-Arabien, um sich mit dem ägyptischen Präsidenten Sisi auszusöhnen, den Erdogan 2014 noch als „illegitimen Tyrannen“ bezeichnet hatte. Sisi ist deshalb auch nicht nach Istanbul gereist. Auf der Agenda des Gipfels standen wieder einmal Erdogans Lieblingsthemen, der Nahostkonflikt zwischen Israelis und Palästinensern sowie die wachsende Animosität gegen den Islam im Westen nach der letzten Attentatsserien in Europa und den USA. Der Kampf gegen den Terrorismus als der Ursache dieser Verschlechterung stand erst an letzter Stelle der Agenda des Gipfels.         Bodo Bost


MELDUNGEN

Fluchtrouten aus Nordkorea dicht

Bangkok/Vientiane – Thailand und Laos geraten zunehmend in den Sog Pekings. Für Flüchtlinge aus Nordkorea oder systemkritische Chinesen stellten lange Zeit die südostasiatischen Länder die erste sichere Anlaufstelle dar, um von dort aus nach Südkorea oder in die USA und Kanada zu gelangen. Waren dabei Thailand und Laos die beliebtesten Nahziele, so hat sich dies in verstärktem Maße geändert. Politischer Druck und wirtschaftliches Entgegenkommen durch Peking veranlassten beide Länder zu einer Änderung ihrer Haltung. Seit Mai 2013 liefert Laos trotz aller Proteste der dortigen südkoreanischen Botschaft alle Geflohenen aus Nordkorea der Volksrepublik China aus im vollen Bewusstsein, dass Peking diese den Behörden Nordkoreas übergibt, wo schwerste Bestrafungen auf sie warten. Ebenso weist Laos alle Dissidenten sowie Anhänger der in China verbotenen Religionsgemeinschaft Falun Gong zurück. Mittlerweile schließt auch Thailand seine Tore für aus den beiden Diktaturen Geflohene; das gilt indes nicht für die große Anzahl von Bügern Pakistans oder anderer Staaten. Großes Aufsehen erregte die Abschiebung von 109 Uiguren aus Sinkiang an die chinesische Geheimpolizei. Gegenwärtig dürften sich 160 Falun-Gong-Mitglieder in Bangkoker Lagern befinden, denen ebenfalls der Asyl-Status verweigert wird und die nach China zurückgeschickt werden dürften. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR ist macht- und kraftlos. Seine lediglich zehn dafür zuständigen Mitarbeiter hatten Ende März insgesamt rund 7000 Flüchtlings-Anträge zu bearbeiten. F.W.S.

 

Schweden ein Bettlerparadies

Stockholm – Nach Angaben des „Nationalen Koordinators für gefährdete EU-Bürger“, Martin Valfridsson, leben in Schweden rund 4000 Roma-Bettler aus Rumänien und Bulgarien. Stockholm, Malmö und Göteborg zählen heute zu den Städten mit den meisten Bettlern pro Einwohner in Europa. Das sorgt in dem ansonsten so toleranten Land mittlerweil für Unmut, denn die Bettler werden immer aufmüpfiger. Sie besetzen nicht nur einfach freie Flächen, um darauf zu campieren, sondern sie nehmen auch wie selbstverständlich die Vorteile der kostenlosen Gesundheitsversorgung in Schweden in Anspruch und kassieren Sozialleistungen. Florin Ianovici, Direktor der Hilfsorganisation „Stiftung Leben und Licht“ in der rumänischen Hauptstadt Bukarest, versucht, seine Landsleute zum Bleiben zu bewegen, hat damit aber nur wenig Erfolg. Ein rumänischer Bettler bekommt in Schweden etwa 1000 Euro im Monat zusammen. Das ist doppelt so viel wie der Durchschnittslohn in Rumänien. Somit ist betteln in Schweden rentabler als arbeiten in Rumänien. Valfridsson fordert die Schweden auf, den Bettlern nichts zu geben: „Ich glaube nicht, dass es das ist, was diesen Menschen auf lange Sicht aus ihrer Armut heraushilft. Ich glaube ernsthaft, dass das Geld besser eingesetzt wird, wenn Sie es Hilfsorganisationen in den Heimatländern geben.        J.H.


S. 3 Deutschland

Nahles setzt auf die Betriebsrente
Etablierte Parteien wollen die Altersvorsorge zum Wahlkampfthema für 2017 machen

Seit Mitte dieses Monats ist in Politik und Leitmedien eine neue Dis­kussion über den Zustand der gesetzlichen Rentenversicherung entbrannt. Beklagt wird ein vom Westdeutschen Rundfunk (WDR) prognostiziertes weiteres Absinken des Rentenniveaus auf 43 Prozent des Durchschnittslohns im Jahr 2030. Dies lag im Jahr 2000 noch bei 53 Prozent.

Was beabsichtigt wird, ist bislang ungewiss. Vom Bundessozialministerium heißt es nebulös: „Die geplante Reform soll an mehreren Stellen ansetzen – unter anderem bei der Betriebsrente.“ Ministerin Andrea Nahles (SPD): „Damit die Rente sicher ist, müssen wir sicherlich noch etwas tun.“

Die Frage ist, ob und wann die angekündigte Rentenreform wirksam werden könnte. Reformgesetze müsste Nahles bis diesen Sommer dem Bundestag zum Beschließen vorlegen, wenn sie noch vor der Wahl wirksam werden sollen, denn im Wahljahr selbst werden üblicherweise nur noch die allernötigsten Gesetzgebungsverfahren durchgeführt. Zwei oder drei Monate bleiben der Ministerin also, um ihrer sozialpolitischen „Entdeckung“ beschlussfähige Gesetze folgen zu lassen.

Ankündigungen und Absichtserklärungen gibt es viele, wie beispielsweise die des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel: „Das Niveau der gesetzlichen Rente darf nicht weiter sinken, sondern muss auf dem jetzigen Niveau stabilisiert werden.“ Die Beteiligten werfen mit Begrifflichkeiten wie „Flexirente“, „Deutschlandrente“ oder „Deutschlandfonds“ um sich. Keiner weiß, was sie bedeuten. Wohlwissend, dass in dieser Legislaturperiode vermutlich keine Änderungen kommen werden, dreht Gabriel am ganz großen Rad. Die Rente könnte auch ein Wahlkampfthema der SPD zur Bundestagswahl 2017 werden, kündigte er an.

Das Problem der seit 1957 umlagefinanzierten gesetzlichen Rente ist, dass durch eine geringe Geburtenrate das Verhältnis zwischen aktiven Beitragszahlern und Rentnern sich immer mehr zulasten der Beitragszahler verschiebt. Der damalige Kanzler Konrad Adenauer (CDU) meinte seinerzeit: „Kinder bekommen die Leute sowieso.“ Seit dem sogenannten Pillenknick Ende der 60er Jahre trifft das aber nicht mehr zu. Konsequenzen wurden aus dieser Entwicklung damals nicht gezogen, und dabei ist es bis heute geblieben.

Stattdessen gab es 1972 eine große Rentenreform mit großzügigen Leistungsverbesserungen. Die Sozialpolitiker der sozialliberalen Regierung und der damals in der Opposition sitzenden Union hatten für die folgenden eineinhalb Jahrzehnte einen Überschuss der Beitragseinnahmen von 200 Milliarden D-Mark „errechnet“. Anstatt diese noch nicht erzielten Einnahmen zur Absicherung der sich damals bereits abzeichnenden demografischen Entwicklung anzusparen, sollte das Geld verteilt werden.

Schon als zu Beginn der 80er Jahre die Arbeitslosenzahlen in der Bundesrepublik stark anstiegen, verschwanden die „Überschüsse“ im Nebel. Alle späteren Reformen hatten Beitragssteigerungen und Leistungseinschränkungen zum Thema. Vorschläge von Alfred Dregger (CDU) und Alexander von Stahl (FDP), den Beitragssatz an die Kinderzahl zu koppeln, wurden von der Propagandaparole des Sozialministers Norbert Blüm „Die Rente ist sicher“ untergepflügt. Angesichts der geringen Kinderzahl wird gelegentlich gefordert, eine zukunftsfähige Finanzierung durch die Umstellung von einem umlagefinanzierten auf ein kapitalbildendes System zu erreichen.

Die sogenannte Riesterrente war ein Schritt in diese Rechnung. Doch auch die steht in der Kritik. Diese private „Vorsorge“ unter staatlicher Aufsicht ist nach Auffassung des CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer „gescheitert“. Diese Kritik ist nicht neu. Bereits 2000 schrieb Sahra Wagenknecht, heute Vorsitzende der Bundestagsfraktion von „Die Linke“: „Verschiedene Studien haben berechnet, dass die ,Renditephase‘ bei privaten Rentenversicherungen frühestens mit 85 Jahren beginnt. Und Klaus Jaeger, Riester-Experte und Professor für Wirtschaftstheorie an der FU Berlin, kommt nach Musterrechnungen sogar zu dem Schluss, dass man schon seinen 90. Geburtstag erleben muss, damit die Riesterei sich auszahlt.“

Nahles meint dazu, das Konzept sei schon allein deswegen nicht gescheitert, weil 16 Millionen Menschen dafür hätten motiviert werden können. Die Einlagen, die diese Menschen geleistet hätten, würden am Ende auch ausgezahlt.

Ein klassischer Lösungsvorschlag, der im Raume steht, ist die Erhöhung des Staatzuschusses. Das würde allerdings dem Finanzminister die schwarze Null wohl ähnlich erschweren wie eine Förderung der Betriebsrente mit finanziellen Anreizen durch den Staat.

Und so ist es denn auch Wolfgang Schäuble (CDU), der eine den Bundeshaushalt schonende Alternative vorschlägt: eine Erhöhung des Renteneintrittsalters. Das erhöht die Zahl der Zahler und mindert die Zahl der Nehmer. Ob sich das allerdings in einer Regierungskoalition durchsetzen lässt, die gerade erst auf Initiative der SPD das Renteneintrittsalter zumindest für einen Teil der Bevölkerung auf 63 gesenkt hat, ist fraglich.             Hans Lody/PAZ


Von Geburt an süchtig
Crystal Meth: Mütter geben Abhängigkeit an ihre Babys weiter

Nachdem in Sachsen der Handel mit der Billig-Droge Crystal Meth bereits seit Jahren floriert, bekommen es Ärzte und Kliniken immer öfter mit einer bislang wenig beachteten Folgewirkungen zu tun. Mit der Zahl von Drogenabhängigen wächst im Freistaat auch die Zahl der durch das Rauschgift geschädigten Föten und Neugeborenen drastisch.

So haben sich nach Angaben des Kinderarztes Jürgen Dinger vom Universitätsklinikum Dresden die Fallzahlen im Regierungsbezirk Chemnitz fast vervierfacht, in den Bezirken Leipzig verachtfacht und in Dresden sogar verzehnfacht. Auszugehen ist davon, dass die tatsächlichen Zahlen sogar noch weit höher liegen. Genannt werden nämlich nur die bislang nachgewiesenen Fälle, während von einer erheblichen Dunkelziffer ausgegangen wird.

Grund für die möglicherweise hohe Dunkelziffer ist vermutlich ausgerechnet die vergleichsweise gute gesundheitliche Versorgung in Deutschland. Krasse Gesichtsalterungen, wie sie vor allem von Crystal-Abhängigen aus den USA bekannt sind, treten daher hierzulande seltener auf. Das Testen auf Drogenkonsum ist wiederum nur mit Zustimmung der Betroffenen möglich. Ausgegangen wird vor diesem Hintergrund von einer Dunkelziffer von 50 Prozent.

Erkannt werden die Crystal-abhängigen Mütter von den Medizinern mitunter erst im Kreißsaal, weil die Neugeborenen Auffälligkeiten aufweisen. „Zu kurz, zu leicht, einen zu kleinen Kopf oder zu früh“, beschreibt Dinger die häufig anzutreffenden Symptome. Die betroffenen Neugeborenen seien zudem „unruhig und zappelig“ und wiesen sogar Krampfzustände auf. Habe die Mutter vorher nichts konsumiert, seien die Babys dagegen vom Verhalten her eher symptomlos.

Während das zu geringe Gewicht schnell ausgeglichen werden kann, sind die Schäden am Nervensystem der Kinder folgenschwer. Die Kinder haben nach Erkenntnissen der Mediziner an der Dresdner Uni-Klinik ein höheres Risiko, später selbst süchtig zu werden. Demnach beeinflusst Crystal Meth bereits bei den Ungeborenen die Rezeptoren im zentralen Nervensystem und wirkt damit suchtauslösend. „Der Körper verlangt einfach danach, weil die Rezeptoren bereits im Mutterleib entsprechend eingestellt wurden“, so Dinger.

Von den Erwachsenen ist bekannt, dass dieser Prozess unumkehrbar ist. Noch nicht abzusehen ist, welche Probleme auf die Kinder in einigen Jahren zukommen werden. Mit Sicherheit gehen die Mediziner davon aus, dass die Betroffenen auffällig sein werden. „Und da ist das, was wir früher bei Wilhelm Busch ,Zappelphilipp‘ genannt haben, vielleicht harmlos“, so die Befürchtung.

Dass gerade aus Sachsen derartige Probleme gemeldet werden, ist kein Zufall: Der Freistaat gilt deutschlandweit als Crystal-Hochburg. Nahe an Tschechien, wo das Methamphetamin mit Grundstoffen aus Polen in illegalen Drogenlabors billig hergestellt wird, breitet sich Crystal vor allem im Süden Deutschlands immer mehr aus. Da eine Kontrolle der deutschen Grenzen noch immer als Tabu gilt, wird die billige „Teufelsdroge“ vor allem in Bayern und Sachsen immer mehr zum Problem. Zunehmend betroffen sind inzwischen aber auch Thüringen, der Süden Brandenburgs und Berlin.            Norman Hanert


MELDUNGEN

60 Millionen für Parteien

Berlin – Die im Bundestag vertretenen Parteien haben ihre Rechenschaftsberichte für 2014 vorgelegt. Darin sind die Vermögensbilanzen der Parteien aufgeführt sowie im Einzelnen jene Firmen oder Personen, die in dem Jahr mehr als 10000 Euro an eine oder mehrere dieser Parteien gespendet haben. Insgesamt verbuchten die Bundestagsparteien Spenden in Höhe von 61,6 Millionen. Die CDU kam auf 25,9 Millionen Euro, die SPD auf 15,1 Millionen, die CSU auf 13,6 Millionen, die Grünen auf 4,7 Millionen und die Linkspartei auf 2,3 Millionen Euro. Die mitgliederstärkste Partei war 2014 die SPD mit rund 459000 Mitgliedern, gefolgt von der CDU mit 457000 Mitgliedern. Die CSU kam auf 146000 Mitglieder, Grüne und Linkspartei auf jeweils rund 60000 Mitglieder.     U.M.

 

Bundeswehr als Terrorlager

Berlin – Der Militärische Abschirmdienst (MAD) der Bundeswehr sieht die Gefahr, dass islamistische Terrorgruppen deutsche Kasernen als Ausbildungslager nutzen. Die islamistische Propaganda rufe dazu auf, sich vor der Ausreise nach Syrien und in den Irak bei der Bundeswehr zu verpflichten, um sich an Waffen ausbilden zu lassen. Wie aus einer aktuellen Aufstellung des MAD hervorgeht, hat er in den vergangenen zehn Jahren 22 aktive Soldaten als Islamisten identifiziert. Daraufhin wurden 17 von ihnen vorzeitig entlassen; die restlichen fünf hatten das Ende ihrer Dienstzeit ohnehin erreicht. 29 ehemalige Bundeswehr-Soldaten sind nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden nach Syrien und in den Irak ausgereist. Derzeit befasst sich der MAD mit 65 aktiven Soldaten, bei denen der Verdacht islamistischer Bestrebungen besteht.    J.H.


S. 4 Christen in Asien

Erbe der Kolonialherren
Die christliche Missionierung begann Anfang des 16. Jahrhunderts

Die christliche Missionierung Ostasiens begann bereits Anfang des 16. Jahrhunderts mit den Spaniern und Portugiesen, welche die größten Erfolge bei der Christianisierung in der Region für sich verbuchen konnten.

Die jüngste Nation dieses Kontinents, Osttimor, ist zu 97 Prozent katholisch. Daran haben auch die ungefähr 25 Jahre unmenschliche Besetzung durch Indonesien, seinerseits das bevölkerungsreichste muslimische Land der Welt, nichts geändert. Die Philippinen sind es immerhin zu fast 83 Prozent. Ab 1950 war auf der nach dem spanischen König Philipp II. benannten Inselgruppe keine Scheidung im Gesetzbuch vorgesehen, sondern nur eine rechtliche Trennung, die keine erneute Eheschließung erlaubte. Erst 2015 wurde gegen starken Widerstand der katholischen Kirche eine Gesetzesänderung verabschiedet, die diese nun doch erlaubt – aber nur, wenn der Ehepartner Ausländer ist.

Anderswo scheiterten die zahlreichen Missionare hingegen ziemlich kläglich. So bekennt sich heute nur ein Prozent der Japaner zum Christentum. Die beträchtlichen anfänglichen Erfolge wurden von den um ihre Macht fürchtenden und jeden ausländischen Einfluss ablehnenden Shogunen ab 1614 grausam zunichte gemacht. Tragisch ist, dass der Atombombenabwurf auf Nagasaki eine der ältesten Gemeinden Japans vernichtete, die lange im Untergrund überlebt hatte.

Die diesbezügliche Situation in Festlandschina und Taiwan könnte unterschiedlicher nicht sein. Auf der Insel herrscht seit der japanischen Kolonialzeit von 1895 bis 1945 Religionsfreiheit, die auch den zirka 4,5 Prozent Christen, darunter viele Ureinwohner polynesischer Abstammung, zugutekommt. Im Gegensatz dazu stellt die Gründung der Volksrepublik durch Mao Tse-tung im Jahre 1949 eine klare Zäsur dar. Die Kommunisten brachen 1951 unter einem lächerlichen Vorwand die diplomatischen Beziehungen zum Vatikan ab und verwiesen alle Geistliche des Landes.

Es erfolgte 1957 die Gründung einer von Rom nicht anerkannten sogenannten Patriotischen Kirche mit zirka sechs Millionen Mitgliedern, der das ehemalige Eigentum der Ausgewiesenen nach und nach übertragen wurde. Dagegen gehören rund acht Millionen Chinesen der papsttreuen Untergrundkirche an und sind deshalb immer wieder Repressalien wie willkürlichen Verhaftungen ausgesetzt, darunter auch mehrere Bischöfe.

Vietnam weist als ehemalige französische Kolonie heutzutage einen Christenanteil von ungefähr acht Prozent auf. Ihre Lage veränderte sich durch den Sieg der Kommunisten im Bürgerkrieg nicht sonderlich zum Schlechten. Das Gleiche trifft nicht auf Kambodscha zu, wo die Roten Khmer, die in nur vier Jahren ein Drittel ihres eigenes Volkes beseitigten, als eine der ersten Amtshandlungen 1975 die Kathedrale von Phnom Penh sprengten. Nur 0,5 Prozent der Einwohner besuchen eine Kirche.

In Malaysia, wo der Islam mit etwa 60 Prozent Staatsreligion ist, sind gleichzeitig knapp zehn Prozent der Bevölkerung Christen. Die zunehmende Intoleranz der Moslems drückt sich in einer Entscheidung des Oberstes Gerichtes vom Juni 2014 aus, wonach „Ungläubige“ das Wort „Allah“ nicht mehr in den Mund nehmen dürfen, wenn sie Gott meinen. Doch auf Malaysisch gibt es kein anderes Wort dafür.   

                Markus Matthes


Gleich nach den USA
Südkorea bildet weltweit die zweitmeisten Missionare aus

Außer den Vereinigten Staaten von Amerika bildet kein Staat so viele Missionare für den weltweiten Einsatz aus wie die Republik Korea. Südkorea ist für seine sogenannten Megakirchen bekannt, die schon mal einen ganzen Häuserblock einnehmen können. Das größte protestantische Gotteshaus der Welt, die Yoido Full Gospel Church, steht in der Hauptstadt Seoul und nimmt bei schätzungsweise 800000 Gemeindemitgliedern jede Woche über 250000 Gläubige auf.

Dieser beachtliche Erfolg hat verschiedene Ursachen. Da ist einerseits der Bau von Kindergärten, Schulen, Universitäten, Krankenhäusern, Altenheimen und so weiter sowie das Prinzip der Gleichbehandlung von Arm und Reich, das dem traditionellen Denken völlig fremd war und besonders auf das einfache Volke anziehend wirkte.

Andererseits gibt es aber auch spezifisch koreanische Faktoren. Die Kirchen waren während der japanischen Kolonialzeit von 1910 bis 1945 Orte der Zuflucht und des Widerstandes, in denen man das Nationalbewusstsein wachhielt. Nach der Teilung Koreas betrachtete man die US-Amerikaner (und damit auch ihre Kirchen) als die Retter vor der kommunistischen Bedrohung aus dem Norden. Der von 1948 bis 1960 im Amt weilende erste südkoreanische Präsident, Syngman Rhee, war ein in den USA erzogener Protestant.

Die Vereinigten Staaten schlüpften somit nach und nach in die Rolle des großen Bruders, die einst China gespielt hatte. Für viele koreanische Christen wurden die USA zum Modell eines christlichen Staates. In der Zeit des Kalten Krieges rückten beide Staaten noch näher zusammen. Eine beträchtliche Zahl an Predigern waren Flüchtlinge aus dem Norden – vor dem Koreakrieg besaß Pjöngjang eine große christliche Gemeinde – und somit überzeugte Gegner des Kommunismus.

Die schnelle wirtschaftliche Entwicklung beschleunigte auch die Evangelisierung, da sich die Kirchen um die vom Land in die Großstädte strömenden Arbeitskräfte kümmerten und ihnen in der völlig neuen Umgebung sozialen Halt gaben.                M.M.


Der atheistischste Staat der Welt

Sogar Kim Il-sung, der 1994 verstorbene erste Herrscher der Demokratischen Volksrepublik Korea sowie Vater von Kim Jong-il und Großvater von Kim Jong-un, gehörte als Kind zu den Presbyterianern. Davon ist heute dort nichts mehr zu spüren. Laut der Organisation Open Doors führt das Regime in Pjöngjang, in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts in Missionarszirkeln als „Jerusalem Asiens“ bekannt, seit 14 Jahren die Liste der Staaten an, in denen Christen am meisten verfolgt werden. Deren genaue Zahl ist nur schwer zu ermitteln, denn sie müssen ihren als verabscheuungswürdige westliche Erfindung gebrandmarkten Glauben im Untergrund leben, wollen sie nicht mindestens im Arbeitslager landen.

Dort können aufgrund illegaler Missionstätigkeit auch ausländische Staatsbürger enden, wie die Verurteilung des koreanischstämmigen Kanadiers Hyeon Soo Lim zu lebenslanger Haft im Dezember 2015 beweist. Der Pastor aus Toronto soll 18 Jahre lang an nicht näher genannten „religiösen Aktivitäten” beteiligt gewesen sein, die letztendlich den Sturz der Regierung von Kim Jong-un zum Ziel gehabt hätten, und entging der Todesstrafe nur knapp.

In Nordkorea werden Kim Il-sung als Gott und Kim Jong-il als der Sohn Gottes verehrt. Alles andere gilt als Verrat an der seit 1955 vorherrschenden sogenannten Juche (Autarkie)-Ideologie, einer Mischung aus Marxismus, Leninismus, Stalinismus, Maoismus und Konfuzianismus, die aufgrund ihres Absolutheitsanspruches durchaus religiöse Züge trägt und alle Aspekte des täglichen Lebens regelt.

Von Flüchtlingen wird immer wieder berichtet, dass man Christen in Kim Jong-uns Reich weiterhin auf grausamste Weise ermorde. Doch erst wenn irgendwann das besonders abartige kommunistische Experiment in Nordkorea endgültig beendet sei, werde das ganze Ausmaß der dortigen Christenverfolgung zutage treten.             M.M.


Zeitzeugen

Cho Yong-gi (80) – Der in Ulsan geborene und auch als Paul oder David Cho bekannte Evangelist ist der bekannteste Prediger Südkoreas. In den 50er Jahren gründete er die Yoido Full Gospel Church mit angeblich nur sechs Mitgliedern. Im Lauf der Jahre hat sich diese zur mitgliederstärksten christlichen Gemeinde der Welt entwickelt. Im Februar 2014 wurde er wegen Steuerhinterziehung und Veruntreuung in Höhe von zwölf Millionen US-Dollar zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt, die fünf Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Einer Zahlung von 4,7 Millionen US-Dollar konnte er sich dagegen nicht entziehen. Sein ebenfalls in den Fall verwickelter Sohn Cho Hee-jun, damals 49, wurde sofort nach der Urteilsverkündung für drei Jahre ins Gefängnis eingeliefert.

Monsignore Cosma Shi Enxiang – Der 1922 in der nordchinesischen Provinz Hebei geborene Katholik wurde 1947 zum Priester geweiht. Wegen seiner Treue zum Papst steckte ihn Mao Tse-tung 1954 ins Gefängnis. Ab 1957 folgten 23 Jahre Zwangsarbeit, unter anderem im Bergbau. Ab 1980 wieder in Freiheit, bekam er 1987 Hausarrest. Nach dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens im Juni 1989 verschärfte sich die Unterdrückung der katholischen Untergrundkirche und Monsignore Shi verschwand bis 1993 von der Bildfläche. Nach einer erneuten Verhaftung im April 2001 verliert sich seine Spur. Angeblich im Februar 2015 verstorben, wurde die Nachricht später von den Behörden dementiert. Selbst seine engsten Angehörigen haben keine Gewissheit über sein endgültiges Schicksal.

Kim Jong-un – Der seit 2001 amtierende 33-jährige Präsident Nordkoreas ist der Enkel des Staatsgründers Kim Il-sung. Von 1998 bis 2001 besuchte er angeblich eine Schule in der Nähe von Bern, um dann die nach seinem Großvater benannte Militärische Universität in Pjöngjang zu absolvieren. In einem offiziell atheistischen Land gibt er sich zwar gerne aufgeschlossener als seine Vorfahren, führt jedoch deren brutale antichristliche Politik fort und hat nach letztendlich nicht endgültig bestätigten Berichten im März 2014 33 einheimische Gläubige hinrichten lassen, um ein Exempel zu statuieren.


S. 5 Preussen/Berlin

Super-GAU für die Linkspartei
Selbstbedienungsmentalität in Potsdam: Justizminister Markov stürzt über Dienstwagen-Affäre

Mit dem Rücktritt von Helmuth Markov ist in Brandenburg nun bereits der zweite Justizminister der Linkspartei gescheitert. Der Eindruck von Selbstbedienungsmentalität und die bizarre Auslegungen der Rechtslage durch Politiker der „Linken“ haben sich für die rot-rote Koalition zu einer Belastung entwickelt. 

Kern der sogenannten Dienstwagen-Affäre, die Helmuth Markov sein Ministeramt gekostet hat, war ein Vorgang, der eigentlich schon sechs Jahre zurückliegt. Wie von dem Linkspartei-Politiker selbst eingeräumt, hatte er im Sommer 2010 einen Transporter aus dem Fuhrpark des Landes für ein Wochenende privat genutzt, um sein defektes Motorrad in eine Werkstatt zu bringen.

Die Rechnung über 435,30 Euro beglich Markov allerdings nicht aus eigener Tasche. Das Geld kam von dem damals von ihm geführten Finanzministerium – also aus Steuermitteln. Markov argumentierte, dieses Vorgehen sei nach der geltenden Dienstwagen-Richtlinie zulässig gewesen – auch habe er den Vorteil ordnungsgemäß versteuert.

Tatsächlich aber hat ein Rechtsgutachten, das von der Potsdamer CDU-Landtagsfraktion in Auftrag gegeben worden war, Markovs Sichtweise widerlegt. Die Mitglieder der Landesregierung dürfen demnach nur die Dienstfahrzeuge, die ihnen zur ständigen Nutzung zugewiesen werden, für Privatfahrten unentgeltlich in Anspruch nehmen.

Allein das Bekanntwerden der privaten Beanspruchung eines weiteren Dienstfahrzeugs durch Markov war Anlass genug, den Verdacht von Selbstbedienungsmentalität aufkommen zu lassen. Dem gesellte sich allerdings noch ein zweiter negativer Eindruck hinzu: Inzwischen Justizminister geworden, legte Markov die geltende Rechtslage in kaum nachvollziehbarer Weise aus. Obwohl per Gutachten längst widerlegt, beharrte er darauf, er habe sich juristisch korrekt verhalten, um dann in der Sache allzu zaghaft zurückzurudern: „Zwar habe ich nicht unrechtmäßig gehandelt, aber ich habe verstanden, dass in der Öffentlichkeit nicht alles, was juristisch legal ist, auch als moralisch legitim angesehen wird“, so Markovs eigentümliche Rechtfertigung.

Selbst aus Sicht seiner eigenen Genossen entpuppte sich der Minister damit als zunehmende Belastung und Gefahr für die rot-rote Koalition. Zum Eindruck der Unbelehrbarkeit gesellte sich nämlich auch noch der Verdacht, dass der Nicht-Jurist Markov eine Fehlbesetzung als Justizminister ist. Befeuert wurde dieser Eindruck durch die Äußerung Markovs, die Staatsanwaltschaft habe ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingestellt.

Unausgesprochen suggeriert war damit, die Vorwürfe hätten sich nach juristischer Überprüfung als haltlos herausgestellt. Bereits am Folgetag stellte allerdings die Staatsanwaltschaft Potsdam klar, sie habe nicht einmal einen Anfangsverdacht geprüft, da die fraglichen Straftaten ohnehin verjährt seien. Von der Einstellung eines Ermittlungsverfahrens, wie von Justizminister Markov behauptet, konnte somit nicht die Rede sein – es hatte überhaupt kein Ermittlungsverfahren gegeben. Weiteren Ansehens-Schaden richteten die stümperhaften Bemühungen aus den Reihen der Linkspartei zur Schadensbegrenzung an. Nachdem das von Christian Görke („Linke“) geführte Finanzministerium versuchte, Markov zu entlasten, geriet es nämlich selbst in Bedrängnis. Auch hier stand schnell der Verdacht im Raum, dass Rechtsvorschriften in äußerst eigenwilliger Weise ausgelegt wurden.

So erklärte auch Finanzstaatssekretärin Daniela Trochowski („Linke“) Markovs Privatzugriff auf den Landes-Fuhrpark für rechtens. Als in den Medien jedoch ein Bericht auftauchte, wonach innerhalb des Finanzministeriums im Jahr 2012 eine völlig andere Rechtsauffassung vertreten worden war, drohte der völlige Glaubwürdigkeitsverlust. Im Raum stand zudem der Verdacht von Vetternwirtschaft unter den Ministerien, die von der Linkspartei geführt werden. 

Es war Ministerpräsident Woidke (SPD), der schließlich die Notbremse zog. Er setzte der Linkspartei eine Frist, um die Angelegenheit selbst zu regeln.

Trotz des Rücktritts von Markov ist der entstandene Flurschaden für die rot-rote Koalition immens. Mit dem missglückten Rettungsversuch für den in Bedrängnis geratenen Justizminister Markov durch das Finanzministerium ist der Eindruck entstanden, dass bei der Linkspartei notfalls die Parteipolitik über den Landesinteressen steht.  Markov ist obendrein der zweite Justizminister seiner Partei, der sein Amt vorzeitig abgeben musste.

Besonders peinlich: Markov selbst war es, der in seiner Amtszeit als Finanzminister für eine besonders scharfe Dienstwagenregelung gesorgt hatte. So brachte er im Jahr 2012 amtierende und frühere Minister sowie Staatssekretäre gegen sich auf, als er rückwirkend Fahrtenbücher überprüfen und wegen ungenauer Angaben für ungültig erklären ließ.

Die Opposition im Landtag hat zudem darauf aufmerksam gemacht, dass es Justizminister Markov war, der mit seiner Personalpolitik Brandenburgs Richter und Staatsanwälte zu einer bislang einmaligen Demonstration auf die Straße gebracht hat. So ist Markov gleichzeitig unter das Feuer von Oppositionsparteien, vom Steuerzahlerbund und seitens des Richterbundes geraten.       Norman Hanert


Didi, Merkel und die Helden
von Theo Maass

Dieter Hallervorden, Kabarettist, Filmschauspieler und Theaterbetreiber in Berlin, hat sich mit einem vor wenigen Tagen veröffentlichten Lied „Merkel – zu allem bereit!“ von der Bundeskanzlerin und ihrer Haltung zu den demokratischen Bürgerrechten distanziert: „Sie war einst junger Pionier. Sie hat schon früher gut taktiert. Und danach auf Jungfrau Maria gemacht. Und uns jetzt ein Stückchen Scharia gebracht. Scharia light.“ Hallervorden, der der FDP nahesteht, reagierte auf die Entscheidung der Bundesregierung, wegen des Schmähgedichts von Jan Böhmermann über den türkischen Machthaber Erdogan ein gesondertes Strafverfahren gegen den Satiriker zu ermöglichen.

Der Berliner Künstler war bereits zuvor mit dem Lied „Erdogan zeig mich an“ Böhmerbeigesprungen. Während Merkel die Axt an die demokratischen Grundlagen unseres Gemeinwesens legt, plagt Berlins im Auflagensturzflug befindliches Boulevard-Blatt „B.Z.“ eine andere Sorge: Können Pegida und AfD von dem Hallervorden-Stück profitieren? Das Blatt schrieb am 21. April: „Diese Kritik an Merkel fand natürlich auch viel Anklang bei Pegida- und AfD-Anhängern, was Dieter Hallervorden wiederum gar nicht gefiel. ,Anhänger dieser Gruppierungen dürfen sich gerne von unseren Seiten fernhalten‘, schrieb er bei Facebook.“

Damit war der „antifaschistische“ Grundkonsens wiederhergestellt. Zu Recht liegt die „B.Z.“ – einst eines der journalistischen Flaggschiffe des freien Teils von Berlin – schon seit Monaten unterhalb einer Auflage von 100000 verkauften Exemplaren. 1998 waren es noch über 275000. Geschickterweise wird die Schwindsucht getarnt, indem die Zahl der verkauften Exemplare zusammen mit der von „Bild Berlin“ veröffentlicht wird.

Aber zurück zu Hallervorden. Zwei Dinge sind an dem Vorgang relevant. Nachdem Merkel von links (Sahra Wagenknecht) und rechts (AfD und Pegida) unter Dauerbeschuss liegt, kommt nun Widerstand auch aus der „Mitte“. Beschämend allerdings ist, dass Hallervorden erst jetzt tätig geworden ist. Als andere Journalisten oder Schriftsteller von der politischen Korrektheit angegriffen wurden mit dem Ziel, deren bürgerliche Existenz zu vernichten, wie Akif Pirinçci oder Eva Herman, da schwieg „Didi“ still. Gewiss, da von der Kanzlerin immer noch eine Bedrohung ausgeht, ist „Didis“ Mut beachtlich, aber es bleibt ein fader Beigeschmack. Was könnte dazu passen? Da fällt einem die Feuerzangenbowle ein. Die Szene, in der Professor Crey alias Schnauz den Wallenstein zitieren lassen will und keiner seiner Schüler den Ausspruch „Das war kein Heldenstück!“ zuordnen kann. Das passt hier.


Kabale in »Kenia«
Sachsen-Anhalt: Schwarz-Rot-Grün verstolpert seinen Start

Sachsen-Anhalt wird künftig von einer „Kenia“-Koalition (Schwarz-Rot-Grün) regiert. Ministerpräsident Rainer Haseloff (CDU) erhielt bei seiner Wahl jedoch zunächst nicht die absolute Mehrheit. Dabei beträgt die Mehrheit der Koalitionäre drei Mandate (46 Stimmen). Für die Wahl wären 44 Ja-Stimmen erforderlich gewesen. Haseloff fehlten fünf Stimmen zur Mehrheit. Erst im zweiten Wahlgang erhielt er dann 47 Stimmen. Ärger hatte sich zuvor bereits abgezeichnet.

Im Burgenlandkreis war die CDU-Basis gegen das Bündnis, Grund ist der Kompromiss zur Braunkohle. CDU-Kreischef und Landrat Götz Ulrich sprach sich ganz offen gegen den Koalitionsvertrag aus. Ulrich fordert, dass es auch künftig Braunkohletageabbau geben solle. Damit steht er im Gegensatz zu den Grünen. In dem Landkreis sind rund 9000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt von der Braunkohle abhängig.

Auch die Grünen sind unzufrieden. Die 5,2-Prozent-Partei hatte für ihre Regierungsbeteiligung zwei von neun Ministerposten gefordert und nur einen bekommen. Fraktionschefin Claudia Dalbert hielt sich als „Bildungsexpertin“ für das Kultusministerium geeignet. Nun muss sie das Umweltressort leiten. In ihre Zuständigkeit fällt damit auch die Landwirtschaft. Das trieb die Bauernverbände – sonst treue CDU-Wähler – auf die Barrikaden. Am 13. April demonstrierten Bauern, Waldbesitzer und Jäger vor dem Landtag. Von AfD-Chef André Poggenburg erhielten sie Unterstützung: „Hier werden zweifelsfrei die letzten Reste konservativer Ausrichtung auf dem Altar des Machterhaltes geopfert und die Wähler wieder betrogen. Dies dürfte keinesfalls den Wählerwillen widerspiegeln und erhebliche Verstimmung bei vielen Bürgern Sachsen-Anhalts hervorrufen.“

Wegen der Abweichler bei den Koalitionsfraktionen, die Haseloff beim ersten Wahlgang die Gefolgschaft verweigerten, wuchern nun Verdächtigungen. Interessant ist allerdings auch, dass Haseloff im zweiten Wahlgang mehr Stimmen erhielt, als seine Koalitionsparteien zusammenbringen. Ein Oppositionsabgeordneter hatte für Haseloff gestimmt – vielleicht, um drohende Neuwahlen zu vermeiden? Es wird gerätselt, ob diese Stimme von der Linkspartei oder der AfD stammte. Innerhalb der Koalition, insbesondere bei CDU und Grünen, trifft das neuartige Bündnis jedenfalls von Anfang an auch auf Gegenwind. Das könnte für Haseloff noch Probleme mit sich bringen.               Hans Lody


Grünes Chaos in Kreuzberg
Wo das Versagen der Ökopartei mit Händen zu greifen ist

Revolutionäre 1. Mai-Feiern“ werden dieses Jahr nicht einmal benötigt, damit  Berlin-Kreuzberg erneut im Zusammenhang mit massiven Polizeieinsätzen genannt wird. Polizeibeamte waren seit April 2015 rund 54000 Einsatzstunden im Drogenschwerpunkt Görlitzer Park im Einsatz.

Wie Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) in seiner Antwort auf eine Anfrage der Piraten-Fraktion weiter mitteilte, hatten die massiven Polizeieinsätze in der Kreuzberger Grünanlage bislang jedoch keinen nachhaltigen Erfolg. Die Polizeipräsenz habe zwar die Verfestigung und Ausweitung des Drogenhandels verhindert – eine nennenswerte Verlagerung der Szene sei aber nicht zu erkennen.

Der Kreuzberger Innenpolitiker Kurt Wansner (CDU) bewertet den Aufwand indes positiver. „Stellen Sie sich vor, wir hätten gar nichts gemacht.“ Man habe die dramatische Lage immerhin stabilisieren können. Das Ergebnis sei den Aufwand wert.

Währenddessen gerät an anderen Orten des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, wie am Kottbusser Tor, die Lage zunehmend außer Kontrolle. Vor diesem Hintergrund erstaunt, dass es zwar innerhalb der rot-schwarzen Koalition inzwischen Krach um die richtige Linie in Sachen Kriminalitätsbekämpfung in Kreuzberg gibt, von den Grünen aber kaum die Rede ist. Immerhin gilt Kreuzberg seit langer Zeit als ihre Hochburg. Friedrichshain-Kreuzberg ist der einzige Bezirk Berlins, in dem die Grünen stärkste Kraft sind und mit Monika Herrmann die Bürgermeisterin stellen. Nirgendwo sonst in Berlin konnten die Grünen bislang politisch so viel und so lange gestalten wie hier.

Nirgendwo sonst ist allerdings auch das Scheitern ihrer Kon­zepte zu Innerer Sicherheit, Zuwanderung und Integration so offensichtlich. Nicht zu leugnen ist etwa, dass sich die von massiver Immigration geprägte Gegend um den Moritzplatz zu einem sozialen Brennpunkt entwickelt hat. Ebenso sieht es bei den Kriminalitätsschwerpunkten Kottbusser Tor, Görlitzer Park und RAW-Gelände aus, bei denen Nordafrikaner eine starke Rolle spielen.

Trotz der ernüchternden Resultate scheinen Kreuzbergs Grüne am alten Kurs festhalten zu wollen. Beim Bezirksparteitag am 9. April votierten 53 von 56 Stimmberechtigten dafür, dass Herrmann als Spitzenkandidatin für die Bezirkswahl am 18. September antreten soll.             N.H.


S. 6 Ausland

Nato rüstet in Europas Osten auf
Russland kündigt militärische Maßnahmen an, »um diese verstärkte Präsenz auszugleichen«

Das Propaganda-Dauerfeuer gegen Russland, so scheinen seine Urheber anzunehmen, hat seine Aufgabe insoweit erfüllt, als die USA nun, ohne dass es großes Aufsehen erregte, hauptsächlich im Baltikum eine umfangreiche Aufrüstung durchführen können. Zu schrill klingt dem Normalbürger das Geschrei vom drohenden russischen Überfall und dem Krieger Wladimir Putin im Ohr, als dass er sich Gedanken zu einer noch weiter ausgebauten Nato-Präsenz an der russischen Grenze machte.

Angesichts einer „russischen Aggression“, von der allerdings noch niemand etwas gesehen hat, will das Pentagon eine komplette Panzerbrigade nach Osteuropa verlegen. Dazu sollen 4200 Soldaten, 250 Panzer, eine nicht genannte Anzahl von Haubitzen und mehr als 1700 Fahrzeuge stationiert werden. Dies ist die erste Konsequenz aus der Ankündigung des US-Präsidenten Barack Obama, sein Land würde seine Militärausgaben in Europa erhöhen. Dies hatte er im Januar erklärt.

Schon am 10. Februar haben die Verteidigungsminister der Nato-Mitglieder in Brüssel ihrerseits beschlossen, zusätzliche Truppen im östlichen Bündnisgebiet zu stationieren. Bis zum Nato-Gipfel Anfang Juli in Warschau soll die Verlegung von Mannschaften und Material nach Polen, Lettland, Estland, Litauen, Bulgarien und Rumänien abgeschlossen sein. In jedem dieser Länder sollen um die 1000 Mann stationiert werden.

Darüber hinaus kündigte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg eine multinationale schnelle Eingreiftruppe für Osteuropa an. „Es wird eine multinationale Präsenz sein, um klar zu machen, dass ein Angriff gegen einen Verbündeten ein Angriff auf das gesamte Bündnis ist“, so Stoltenberg. Die Nato sei heute so stark wie noch nie seit dem Kalten Krieg. Bei diesen Anstrengungen kann es nicht verwundern, dass die USA immer öfter auf mehr finanzielles Engagement der Europäer dringen. Bis nächstes Jahr wollen die USA bis zu 3,4 Milliarden Dollar für Projekte in Europa ausgeben, viermal so viel wie bisher.

Ebenfalls im Februar hat, unabhängig von der Ankündigung noch größerer Anstrengungen, eine Menge von US-Kriegsgerät mit der Eisenbahn die lettische Militärbasis in Adazi erreicht. Damals handelte es sich um 170 Soldaten des 2. Kavallerieregiments, 25 vier­achsige Radschützenpanzer vom Typ „Stryker“, geländegängige Fahrzeuge vom Typ „Humvee“ sowie andere Kriegstechnik. Schon im Oktober des vergangenen Jahres wurden große Mengen US-amerikanischen Materials nach Estland gebracht. Insgesamt 40 Kampffahrzeuge, darunter vier Kampfpanzer vom Typ M1A2 „Abrams“ und zehn „Bradley“-Schützenpanzer sind per Bahn nach Valga im Süden Estlands gebracht worden. Von dort aus soll die Kriegstechnik auf den Stützpunkt Tapa im Norden des Landes, rund 100 Kilometer von der Grenze zu Russland entfernt, verlegt werden. Im September bereits hatten die USA drei Panzerhaubitzen vom Typ M109A6 „Paladin“ nach Estland verlegt.

Schon einige Zeit nach dem Re­gimewechsel in der Ukraine begannen die US-Waffentransporte in den europäischen Osten enorm zuzunehmen. Sie führen, soweit sie zu Lande durchgeführt werden, aus Gründen der Geografie alle durch Deutschland, über Kiel ins Baltikum. Durch Bayern führen die Ströme nach Österreich und weiter Richtung Ost. Das Wiener Parlament hat vergangenen Herbst massive Bewegungen von US-Kriegsmaterial durch das neutrale Österreich dokumentiert. All dies hat einen derartigen Umfang angenommen, dass sich bereits die deutschen Lokführer ein Gewissen machen. Einer von vielen sagt: „Hatte ich in meiner jahrzehntelangen Laufbahn als Lokführer zusammen genommen vielleicht fünf Militärzüge befördert, so waren es seit Beginn der Ukrainekrise schon über 15 solcher Nato-Transporte mit diversem Kriegsgerät.“

Es kann nicht verwundern, dass die neue polnische Regierung, die den Russenhass zum Kult erhebt, bei dieser Entwicklung eine hervorgehobene Rolle spielt. Ihr Außenminister Witold Waszczykowski nannte Russland eine größere Bedrohung für Europa als die Terrormiliz Islamischer Staat und eine existentielle Gefahr für Europa. Auch hier die massive propagandistische Vorbereitung weitführender militärischer Maßnahmen: So soll eine neue US-Panzerbasis in der Stadt Ciechanów in Zentralpolen eingerichtet werden, wie die Zeitung „Rzeczpospolita“ verkündet hat. Diese Militärbasis, einst Standort eines Artillerieregiments, weist auf 38 Hektar Fläche eine Menge an Infrastruktur auf, die von den USA übernommen werden kann. Den örtlichen Behörden wurde mitgeteilt, die Regierung werde „den Militärkomplex in Ciechanów im Rahmen der Kooperation der Streitkräfte Polens und der USA zur Erfüllung von Aufgaben einsetzen, die mit der Verteidigung und der nationalen Sicherheit zusammenhängen“. Insgesamt erwartet Waszczykowski zufolge die Regierung in Warschau eine Vergrößerung der Nato-Präsenz in Polen.

Russland wird, so sein ständiger Vertreter bei der Nato, Alexander Gruschko, kein passiver Zeuge sein, wie die USA ihre Militärpräsenz in Europa „mit Schwerpunkt Ostflanke“ weiter ausbauen. Moskau werde militärische Maßnahmen als Reaktion auf die Aufstockung der Nato-Präsenz in Europa ergreifen. Die Antwort Moskaus werde asymmetrisch und effizient sein. Gruschko weiter: „Wir setzten konsequent all die militärischen Maßnahmen durch, die wir für notwendig halten, um diese verstärkte Präsenz auszugleichen, die übrigens durch nichts gerechtfertigt ist. Wir werden unsere Antwort nicht sehr aufwendig gestalten, aber doch in einem hohen Maße wirkungsvoll.“ Dazu gehören vor allem die Luftabwehr-Systeme S-300 und S-400 „Triumf”, die Nato-Strategen Kopfschmerzen bereiten.               

                Florian Stumfall


Ein Sumpf der Korruption
Brasilien mangelt es an sauberen Alternativen zur Präsidentin

Das brasilianische Parlament hat mit einer Zweidrittelmehrheit den Weg für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Staatspräsidentin Dilma Rousseff geebnet. Die dreitägige Debatte im Unterhaus verlief in einer aufgeheizten Stimmung, nachdem beide Seiten versucht hatten, Einfluss auf die Abgeordneten zu nehmen. Abgeordnete brüllten durcheinander, einige sangen patriotische Lieder und hielten Spruchbanner hoch, auf denen die geplante Amtsenthebung als „Putsch“ verurteilt wurde. In den kommenden Wochen kann der Senat nun mit einer einfachen Mehrheit entscheiden, ob ein Verfahren eingeleitet wird und die Präsidentin ihr Amt für bis zu 180 Tage ruhen lassen muss.

Rousseff, die eigentlich angetreten war, die Korruption zu bekämpfen, wird vorgeworfen, während ihres letzten Wahlkampfes 2014 den Haushalt manipuliert zu haben, um ihre Wiederwahl zu sichern. Die Präsidentin bestreitet das und wirft ihren Kritikern, vor allem Parlamentspräsident Eduardo Cunha, noch schwerere Vergehen vor. In der Tat laufen gegen mindestens die Hälfte aller Abgeordneten und auch gegen Cunha selbst Verfahren wegen Korruption und Geldwäsche. Auch gegen ihren Amtsvorgänger Lula da Silva, den ersten brasilianischen Präsidenten aus der Arbeiterklasse, der in seiner Amtszeit von 2002 bis 2010 Brasilien einen nie gekannten Wirtschaftsboom beschert hatte, laufen Verfahren wegen Korruption und Bestechung. Rousseff wollte ihn vor drei Wochen als eine Art Geheimwaffe zu ihrem Bürochef machen, was das Oberste Gericht jedoch untersagt hat, da gegen ihn bereits Ermittlungen liefen. Im Zentrum der Korruptionsermittlungen steht fast immer das halbstaatliche Unternehmen Petrobras, das mit seinen Erlösen aus dem Verkauf von Erdöl und anderen Rohstoffen zur Lula-da-Silva-Zeit fast die gesamte Politikerelite Brasiliens quer durch die Parteien und einen Großteil der Wählerschaft mit der „renta familia“ bestochen hat. Dass die Erlöse aus dem Erdöl- und Rohstoffverkauf jetzt nicht mehr so fließen und eine Rezession eingetreten ist, droht Dilma zum Verhängnis zu werden.

Bei der Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahrens würden die Amtsgeschäfte bis zu 180 Tage ausgesetzt und ihr derzeitiger Vertreter Michel Temer von der rechtsliberalen PMDB müsste dann die Amtsgeschäfte übernehmen. Allerdings spielt auch Temer in der derzeitigen Staatskrise eine dubiose Rolle. Obwohl seine Partei vor einigen Wochen die Koalition mit Rousseffs Arbeiterpartei aufgekündigt hatte, blieb er im Amt. Wie groß seine eigenen Ambitionen auf das Präsidentenamt sind, wurde jetzt durch mitgeschnittene Telefonate deutlich, in denen er bereits seine Rede als neuer Präsident einübte. Als Mann im Hintergrund war Temer bisher kaum in Erscheinung getreten. Kaum ein Brasilianer glaubt, dass es unter dem Sohn libanesisch-christlicher Einwanderer, dem Sympathien für die mächtigen Sektenkirchen Brasiliens nachgesagt werden, besser werden wird als unter Dilma Rousseff, die ihrerseits Tochter bulgarischer Einwanderer ist.

Wenn es wirklich zu einem Amtsenthebungsverfahren kommen sollte, wovon immer mehr Analysten ausgehen, wird es in Brasilien gerade während der in 100 Tagen beginnenden Olympischen Spiele von Rio keine funktionierende Regierung und keinen gewählten Präsidenten geben.

                Bodo Bost


Donnerschlag von Wien
Österreicher nutzten Bundespräsidentenwahl als Denkzettel

Einen überraschend klaren Wahlsieg hat der von der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) nominierte Norbert Hofer im ersten Durchgang der österreichischen Bundespräsidentschaftswahl gefeiert. Hofer kam bei der Wahl vergangenen Sonntag auf mehr als 35 Prozent der Stimmen (ohne Briefwahlstimmen) und liegt 14 Prozentpunkte vor dem ehemaligen grünen Bundessprecher Alexander Van der Bellen. Dieser hatte sich knapp gegen die unabhängige Kandidatin Irmgard Griss (19 Prozent) auf Platz 2 durchgesetzt. Damit geht Hofer, der bisher die Funktion des Dritten Nationalratspräsidenten innehatte, als Favorit in die Stichwahl am 22. Mai und könnte so der erste freiheitliche Bundespräsident Österreichs werden.

Die Kandidaten der Regierungsparteien Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) und Österreichische Volkspartei (ÖVP), Rudolf Hundstorfer und Andreas Khol wurden mit jeweils rund elf Prozent klar geschlagen. Der durch seine prominenten Gäste auf dem Wiener Opernball auch außerhalb der Alpenrepublik bekannte ehemalige Wiener Bauunternehmer und Projektentwickler Richard Lugner erhielt nur zwei Prozent. Mit 68,1 Prozent lag die Wahlbeteiligung deutlich über jener der letzten Präsidentschaftswahl von 2010.

In einer ersten Reaktion zeigte sich Wahlsieger Hofer, der erst lange zu einem Antreten hatte überredet werden müssen, „dankbar und voller Demut“. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sprach „vom Beginn eines politisch neuen Zeitalters“ und jubelte: „Heute wurde Geschichte geschrieben.“

Katerstimmung hingegen gab es bei den Regierungsparteien, die mit Karl Renner (SPÖ, 1945–1950), Theodor Körner (SPÖ, 1951–1957), Adolf Schärf (SPÖ, 1957–1965), Franz Jonas (SPÖ, 1965–1974), Rudolf Kirchschläger (parteilos, 1974–1986), Kurt Waldheim (ÖVP, 1986–1992), Thomas Klestil (ÖVP, 1992–2004) und Heinz Fischer (SPÖ, ab 2004) bisher sämtliche Bundespräsidenten der Zweiten Republik gestellt oder vorgeschlagen hatten und bei der aktuellen Wahl ein nie dagewesenes Debakel erlitten haben. Erstmals schaffte es weder die SPÖ noch die ÖVP mit ihrem Kandidaten unter die zwei Bestplatzierten.

Eine Wahltagsbefragung des österreichischen privaten Sozialforschungsinstituts SORA Institute for Social Research and Consulting zeigt, dass die große Unzufriedenheit mit der rot-schwarzen Koalition einen deutlichen Einfluss auf das Wahlergebnis hatte. Demnach hat Hofer besonders viel Zustimmung von jenen Menschen bekommen, die mit der Entwicklung Österreichs unzufrieden und von der Politik enttäuscht oder verärgert sind.

Für Hofer selbst stellt die „Heimatliebe“ ein wichtiges Motiv für seine Wahl dar. Er verteidige „als einziger die Bevölkerung sowie ihre Kultur, Werte, Traditionen und Sicherheit gegen die neue Völkerwanderung“, so Hofer. Der 45-Jährige wehrt sich gegen eine „EU als Schulden- und Haftungsunion“ und kündigte ein Vorgehen gegen Wirtschaftsflüchtlinge an, die „das Sozialsystem zerstören“. Außerdem will er das Bundesheer zur Landesverteidigung stärken und direkte Demokratie fördern.

Als ein „deutliches Zeichen“ hat AfD-Bundesvorstand André Poggenburg den Sieg des FPÖ-Kandidaten bezeichnet. „Unser politischer Verbündeter in Österreich hat damit ein weiteres deutliches Zeichen gesetzt, bravo“, erklärte Poggenburg am Tag nach der Wahl. Das Wahlergebnis müsse laut Poggenburg auch ein Ansporn für die AfD sein.                Michael Link/PAZ


MELDUNGEN

Ankara erpresst die EU

Ankara – Um ihren Willen durchzusetzen, erpresst die türkische Staatsführung die EU. „Die Europäische Union braucht die Türkei mehr als die Türkei die Europäische Union braucht, erklärte Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan mit Blick auf das jüngst geschlossene Flüchtlingsabkommen. Was er damit meint, machte Ministerpräsident Ahmet Davutoglu deutlich: Sollte die von der EU in Aussicht gestellte Visafreiheit für seine Landsleute nicht kommen, könne niemand erwarten, dass die Türkei sich an ihre Verpflichtungen hielte. Dann werde sie „alle Abkommen inklusive des Rücknahmeabkommens aufkündigen“. J.H.

 

Brücke zwischen Afrika und Asien

Kairo/Riad – Die ägyptische Regierung hat im Rahmen eines Grenzübereinkommens zwei strategisch wichtige Inseln an Saudi-Arabien abgetreten. Tiran und Sanafir liegen an der Südspitze der Sinai-Halbinsel vor dem Golf von Aqaba. Ihre staatliche Zugehörigkeit ist seit über 100 Jahren strittig. Wer sie kontrolliert, kann Israel und Jordanien den Zugang zum Roten Meer versperren. Ägyptens Präsident und Saudi-Arabiens König vereinbarten, dass über die beiden Inseln eine gigantische Brückenkonstruktion zwischen dem arabischen Festland und dem Sinai geschaffen werden soll – als „Interkontinentalbrücke zwischen Asien und Afrika“. Ziel ist eine leichtere Verbindung zwischen den beiden verbündeten Staaten und dadurch eine Erhöhung des Verkehrsaufkommens, das nicht zuletzt islamische Pilger aus Afrika einschließen soll. Zudem soll beiderseits der Brücke eine neue interkontinentale Wirtschaftsregion entstehen, wozu ein Neusiedlungsprogramm für den Sinai geplant ist. T.W.W. (siehe auch Seite 2)


S. 7 Wirtschaft

Deutschland droht ein Höfesterben
Kommenden Monat könnte der Milchauszahlungspreis auf 18 Cent pro Liter fallen

Wie die Preise für Schweinefleisch verharren auch die Auszahlungsleistungen für Milch in einem Dauertief. Im Norden Deutschlands liegt der Preis nur noch bei 23 Cent pro Liter, im Süden ist er etwas höher. Doppelt so viel wäre nötig, um den Fortbestand der Höfe zu gewährleisten. Statt einer Erhöhung ist jedoch eher ein weiteres Absinken der Preise zu erwarten.

Für viele der konventionell produzierenden Milchbetriebe ist die Lage existenzbedrohend. Etwas besser geht es den Öko-Bauern aufgrund ihrer besonderen Konditionen. 2015 gaben jeden Tag acht der rund 78000 Milchviehhalter ihren Betrieb auf, und der Trend setzt sich fort.

Im Mai könnte der Milchauszahlungspreis auf 18 Cent weiter fallen, womit der Krisenfall in den deutschen Bundesländern einträte. Vor einer Woche wurde das Ergebnis der Preisverhandlungen zwischen Molkereien und Lebensmittelhandel bekannt gegeben: Der Verkaufspreis für Milch soll um zehn Cent sinken. Eine „gemeinsame Bankrotterklärung von Molkereien und Lebensmittelhandel“, nannte der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands, Bernhard Krüsgen, diese Abmachung.

Die Ursache für den Verfall des Milchpreises sind hohe Milchanlieferungen weltweit und in einigen Ländern Europas vor dem Hintergrund der extremen Weltmarktorientierung der Europäischen Union. Die Weltmarktpreise sind niedrig und schwanken stark. Schon längere Zeit stockt in China und Russland die Nachfrage, während den erdölexportierenden Staaten die Kaufkraft fehlt. Nach Auslaufen der Milchquote zum April vergangenen Jahres hatten einige landwirtschaftliche Verbände die Milchviehhalter nochmals ermutigt, nach dem auch früher schon propagierten Motto „Wachse oder weiche!“ zu handeln. Das zweifelhafte Konzept zur Kostensenkung durch immer größere Strukturen geht aber nicht auf. Am meisten betroffen sind jetzt diejenigen, die, auch im Hinblick auf mehr Tierwohl, mehrere Millionen Euro in riesige, moderne Kuhställe investiert haben. Sie können ihre Kredite nicht bedienen und sind in eine ausweglose Schieflage geraten.

Zu den Beschlüssen der EU-Agrarministerkonferenz in Brüssel vom 14. März, die unter anderem auf kurzfristige Liquidationshilfen für die Höfe abzielen, äußerten sich die Vertreter des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV), des Bundesverbands der privaten Milchwirtschaft, des Milchindustrie-Verbands (MIV) und des Deutschen Bauernverbands (DBV) skeptisch. Freiwillige nationale Begrenzungen der Milchmengen lehnen sie ab. Sie seien populistisch und zwecklos, da die Abhängigkeit des EU-Milchmarktes von den weltweiten Entwicklungen nicht mehr rückgängig zu machen sei. Die bereits in Kraft getretenen und weiter geplanten bilateralen Freihandelsabkommen der EU – demnächst mit Neuseeland und Australien – würden ein Abschotten der Märkte verbieten, heißt es. Notwendig sei eine Fortsetzung der Exportoffensive, um die globale Marktmacht der EU weiter zu vergrößern.

Aktuell hat das Bundeskartellamt ein Verwaltungsverfahren eingeleitet, um die von Molkereien gegenüber den Landwirten aufgestellten Lieferbedingungen von Rohmilch zu überprüfen. In einem Pilotverfahren sollen zunächst die Lieferbedingungen der mit Abstand größten deutschen Molkerei untersucht werden. Es ist die norddeutsche Deutsche Milchkontor GmbH mit ihrer Muttergesellschaft Deutsches Milchkontor eG. Das Deutsche Milchkontor ist im Besitz zahlreicher Hersteller und Marken, die in den vergangenen 15 Jahren geschluckt wurden. Hinterfragt werden die langen Vertragslaufzeiten sowie Klauseln, welche die Erzeuger verpflichten, ihre gesamte Produktionsmenge vollständig an die jeweilige Molkerei zu liefern.

Mittlerweile wird fast die Hälfte der deutschen Milchprodukte im Ausland verkauft, ein Großteil davon innerhalb der EU. Weltweit ist die EU der zweitgrößte Milchexporteur. Eine kürzlich im Auftrag der Entwicklungs- und Umweltorganisation „Germanwatch“ in Zusammenarbeit mit der „Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft“ erstellte Studie bestärkt die seit Jahren erhobenen Vorwürfe, die EU sei Mitverursacher des niedrigen Weltmarktpreises für Milch, da sie Dumping beim Export ihrer Milchprodukte in wirtschaftlich schwache Länder betreibe. Ausgeweitet wurde zuletzt insbesondere der Handel mit haltbaren Trockenprodukten wie Vollmilch- und Magermilchpulver.

Zu den wichtigsten Absatzmärkten gehören der Nahe und Mittlere Osten, Ostasien, die Länder Nordafrikas und südlich der Sahara. Auch mit Kondensmilch drängt die EU, mit starker deutscher Beteiligung, auf Entwicklungsländermärkte, auf denen sie in direkte Konkurrenz mit den heimischen Produzenten tritt. Besonders hart trifft diese Strategie überall die Kleinbauern, derzeit besonders in den Ländern Westafrikas. So schafft man dort zusätzlich Fluchtursachen, während heimische Milcherzeuger in die Verzweiflung getrieben werden – ein regelrechter Teufelskreis ist entstanden.

Die Studie kommt zum Ergebnis, dass ein deutlicher Kurswechsel in der Strategie der Molkereiunternehmen und der sie unterstützenden Politik notwendig ist, um wieder auf breiter Grundlage bäuerliche und ökologisch verträgliche Milcherzeugung in Deutschland und der EU zu ermöglichen.       D. Jestrzemski


Putins Geheimwaffe gegen die Wirtschaftsflaute
Strategie gegen Staatskapitalismus und Protektionismus – Kreml-Herr hievt den unbequemen Kritiker Alexej Kudrin auf zentralen Posten

Moskau hatte sich von den Verhandlungen mit den OPEC-Ländern in Doha viel erhofft. Der niedrige Ölpreis im Verbund mit den Sanktionen des Westens fügt der russischen Wirtschaft schweren Schaden zu. Einen Barrelpreis von unter 40 US-Dollar kann Russland nicht mehr lange verkraften. Die Saudis wollen jedoch ihre Förderquote so lange nicht verringern, wie der Iran sich nicht dazu verpflichtet mitzumachen. Doch Teheran verschließt sich jeder Diskussion. Seit dem Wegfall der Sanktionen gegen den Iran will das Land seine Position auf dem Ölmarkt zurückgewinnen.

Inzwischen lässt sich das Ausmaß der Wirtschaftskrise in Russland nicht mehr verbergen. Im  vergangenen  Jahr ist die Wirtschaftsleistung um 3,7 Prozent geschrumpft, für das laufende Jahr erwartet der Internationale Währungsfonds (IWF) einen weiteren Rückgang um 1,8 Prozent.

Darüber konnte Präsident Wladimir Putin auch bei seiner alljährlichen Fragestunde mit den Bürgern nicht hinwegtäuschen. Neben der Inszenierung, die den Präsidenten in ein positives Licht rückte, waren auch kritische Fragen zugelassen. Die kamen vor allem aus der Provinz. Von dort meldeten sich Menschen, die darüber klagten, dass sie seit drei Monaten keinen Lohn mehr bekommen hätten.

Das klingt wie zu Zeiten gegen  Ende der Sowjetunion. Ebenso erinnerten Putins Antworten daran.  Er begegnete den Zuschauern selbstbewusst und fegte kritische Fragen scherzhaft beiseite. Aber seine Versicherung, er werde sich persönlich um Missstände kümmern und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen, sprich entlassen, klingt sehr nach einem Griff in die kommunistische Mottenkiste. Ein sibirischer Gouverneur meldete noch während der Sendung Vollzug. Er habe die Entlassung des Direktors der Firma, die ihren Mitarbeitern den Lohn schuldig geblieben war, angeordnet.

Nach Berechnungen der Weltbank wird die Zahl der Armen in Russland in diesem Jahr auf 20 Millionen steigen. Die Inflationsrate liegt offiziell bei 12,9 Prozent. Die Regierung muss reagieren, der Präsident muss angesichts der in diesem Jahr vor der Tür stehenden Parlamentswahlen und der wachsenden Unzufriedenheit der Bürger überzeugende Antworten finden. Die Bereitschaft, weiter den Gürtel enger zu schnallen, sinkt zusehends.

Die russische Wirtschaft schwächelt nicht allein wegen der Sanktionen. Strukturprobleme traten schon 2013 deutlich zutage. Die rohstofflastige Wirtschaftsstruktur, ineffiziente Staatsmonopole und Kapitalabfluss wirkten sich bereits 2011 negativ aus. Der sinkende Ölpreis und die Wirtschaftssanktionen haben die Stagnation zusätzlich verschärft.

Eilends versucht die Regierung, mit dem Verkauf von Staatsunternehmen gegenzusteuern, und plant die größte Privatisierungswelle der letzten Jahre, allerdings ohne die Mehrheitsanteile aufzugeben. Dementsprechend gering ist auch das Interesse an russischen Unternehmen. Ob der Präsident den Rat seines Chefdenkers nur halb umgesetzt hat? Vor Kurzem hat Putin nämlich seinen alten Weggefährten Alexej Kudrin beauftragt, eine Wirtschaftsstrategie für 2018 und die Zukunft zu entwickeln. Kudrin hat eine solche Strategie längst in der Tasche, und die hatte er vor einem halben Jahr veröffentlicht. Seine darin gemachten Vorschläge widersprechen dem Kurs der Regierung Medwedjew. Kudrin kritisiert darin ebenso die Staatsführung, wie Putin sie betreibt. Dem Reformer schwebt vor, nach westlichem Muster wirtschaftliche Anreize zu schaffen, die Dominanz staatlicher und halbstaatlicher Unternehmen zu verringern, die Konkurrenz zu stärken sowie die Protektion einzelner Branchen abzubauen. Den Schutz des Eigentums und Rechtssicherheit hält er für ebenso wichtig wie den Staatskapitalismus zu beenden. Zunächst müsse ein neues Marktumfeld für Unternehmen geschaffen werden, Sparmaßnahmen getroffen und die Effektivität erhöht werden. Kudrins Strategie betrifft praktisch alle Lebensbereiche und schließt sowohl die Bildung als auch die Medizin mit ein. Um das erreichen zu können, hält er es für notwendig, die Militärausgaben zu halbieren und die Renten um ein Drittel zu kürzen.

                Manuela Rosenthal-Kappi 


MELDUNGEN

Mehr Firmen mit Auslandskontrolle

Berlin – Die Zahl der Unternehmen in Deutschland, die von einem Eigner mit Sitz im Ausland kontrolliert werden, ist in den letzten Jahren gestiegen. Wurden 2009 noch gut 23000 Unternehmen vom Ausland kontrolliert, darunter 4600 Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, war die Zahl der auslandskontrollierten Unternehmen im Jahre 2013 auf knapp 27000 gestiegen, darunter 5600 verarbeitende Unternehmen. In der EU gab es Ende 2013 knapp 14000 Unternehmen, die von Eignern mit Sitz in Deutschland kontrolliert wurden.       J.H.

 

Yukos: Moskau muss nicht zahlen

Den Haag – Moskau muss keine Entschädigung an die ehemaligen Aktionäre des zerschlagenen Yukos-Ölkonzerns von Regierungskritiker Michail Chodorkowskij zahlen. Das entschied ein Zivilgericht in Den Haag und erklärte damit einen Spruch des Internationalen Schiedsgerichts in Den Haag von 2014 für ungültig (siehe PAZ 13/2014). Nach Ansicht der Richter war das Schiedsgericht damals nicht befugt, in der Sache zu urteilen. Es habe sich auf den Vertrag über die Energiecharta von 1994 berufen, den Russland aber nicht ratifiziert hat.               J.H.


S. 8 Forum

Alte »Freinde«
von Manuela Rosenthal-Kappi

Wladimir Putin holt sich seinen Weggefährten aus St. Petersburger Zeiten, Ex-Finanzminister Alexej Kudrin als Berater zurück, der ihn scharf wegen der Krim-Annexion und der Ukrainekrise kritisiert. Ob das gutgeht, wird sich zeigen. Denn der ewig sauertöpfisch dreinblickende Finanzexperte ist ein Dick-schädel. Handelt die Regierung gegen seine Überzeugungen, ist er durchaus bereit, die Konsequenzen zu ziehen. In der Auseinandersetzung mit seinem Gegenspieler Dmitrij Medwedjew hat er das schon einmal bewiesen. Und doch: Es scheint kein Weg an ihm vorbeizuführen, jedenfalls für Putin nicht. Es heißt, dass er Kudrins Einschätzungen viel Wert beimisst, auch wenn er sich bislang wenig daran gehalten hat. Denn Kudrin steht für: liberale Reformen, Abkehr von Staatsmonopolen und für ein Ende der Aufrüstung. Er wird als künftiger Ministerpräsident gehandelt.

Ob der Truppenabzug aus Syrien und Putins Erklärung, die Rüstungsausgaben drastisch zu reduzieren, schon eine erste Befolgung der Ratschläge des alten Weggefährten war? Kudrin hat für den Fall, dass niemand die Notbremse zieht, seinem Land den Untergang voraus gesagt. 


Sprachzerstörung
von Thomas W. Wyrwoll

Nach einer gemeinsamen Entscheidung der höchsten Verfassungsorgane trägt die Tschechische Republik nun auch amtlich nicht mehr allein diesen Namen, sondern parallel dazu die Kurzbezeichnung „Cesko“. Dies leitet sich von der tschechischen Bezeichnung für „tschechisch“ beziehungsweise „böhmisch“ ab und fügt eine im Tschechischen typische Endung für Ländernamen an.

Für die tschechischen Mährer und Schlesier liegt dieser Begriff freilich oft zu nahe am Wort „cechy“, was den dominierenden böhmischen Landesteil meint. Und so herrscht hierüber im Lande alles andere als Einigkeit. Dies ist historisch und kulturell durchaus verständlich.

Absurd ist die Situation hingegen in Deutschland, wo nach der Aufteilung der Tschecho­slowakei in zwei Staaten für den einen der Kunstbegriff „Tschechien“ eingeführt wurde. Hatte man sich bisher bei der Wahl von Ländernamen vor allem an Traditionen und gute Aussprechbarkeit gehalten, wollte man jetzt alles tun, um bei seinem übermäßig empfindlichen Nachbarn bloß keine Erinnerungen an die zwischenzeitliche „Rest-Tschechei“ – den tschechischen Rumpfstaat nach der Abtretung der deutschen Siedlungsgebiete – zu wecken. Dafür schlug man umso lieber in die gewohnte Kerbe bundesrepublikanischer Sprachzerstörung.

Es täte der Entkrampfung deutscher Zungen wie des Verhältnisses beider Völker gut, wenn man es auch den Deutschen zugestünde, endlich wieder vernünftiges Deutsch zu sprechen und ihr Nachbarland in natürlicher Weise „Tschechei“ zu nennen.


Merkels »schwarze Null«
von Hermann Paul Winter

Grün und Schwarz sind in Baden-Württemberg zu Koalitionsgesprächen für eine neue Landesregierung zusammengekommen. Aber wer wird schlussendlich regieren? Kretschmann kann mit der Restfraktion der CDU erhobenen Hauptes verhandeln. Diese hat im Vorfeld der Gespräche pro forma etwas gezickt, um ihre restkonservative Basis ruhig zu stellen. Einen Wählerauftrag hat die grün-schwarze Koalition entgegen aller Behauptungen nicht. Wer CDU wählte, wollte Grün abschaffen, wer Grün wählte, wollte wohl die selbstherrliche, auf schweren Irrtümern aufgebaute Politik der Kanzlerin unterstützen.

Es wird kommen, wie es kommen muss: In alter Tradition wird die CDU das ihr noch verbliebene ideelle Tafelsilber auf dem Markt der Machtverliebtheit verscherbeln, so wie sie es gewöhnlich handhabt, wenn sie kurzfristig auf Wählerstimmen spekuliert. Die Kanzlerin hat über Jahre all die Männer aus der CDU abgeschoben, die für eine konservative Verortung der Partei standen. Ihr Linkstrend war nicht zu stoppen. Das entstandene konservative Vakuum versuchen inzwischen andere zu bedienen.

Die CDU Baden-Württemberg darf sich nun auf das Trittbrett des grünen Zuges ins ideologische Phantasialand stellen und mit peinlichen Zugeständnissen abwarten, wo für sie die Fahrt endet. Vom Fahrtwind auf dem Trittbrett zerzaust, wird sie an der Endstation kaum noch erkenn- und wählbar sein.

Noch bis 2012 hat die CDU Baden-Württemberg darauf beharrt, dass die doppelte Staatsbürgerschaft „weiterhin die Ausnahme bleiben muss und nicht zur Regel wird“. Diese Forderung hielt gerade einmal bis 2013. Dann musste die Kanzlerin ihre Macht mit der SPD und den übrigen Linken sichern. Die Landtagswahlen lassen erkennen, dass man Wähler nicht grenzenlos ungestraft hinter die Fichte führen kann. Der eklatante Absturz der CDU im März kam nicht von ungefähr.

Will die CDU Baden-Württemberg in den nächsten Jahren an den Fleischtöpfen der Macht teilhaben, wird sie Kretschmann vielseitige Zugeständnisse machen und ihr vormals konservatives Profil ein für alle Mal als Opfergabe in die Koalition einbringen müssen.

Die Flüchtlingspolitik, die Schul- und die Energiepolitik stehen exemplarisch für Gegensätze, die nur durch diverse Hauruckverfahren aus dem Weg geräumt werden können. Wer in der grün-schwarzen Koalition dabei bezahlt und wer kassiert, liegt auf der Hand. Die CDU wird sich in der Koalition endgültig zum Platzhalter für Unglaubwürdigkeit mausern. Mit Blick auf die Folgen wird für sie der Begriff „schwarze Null“ eine völlig neue Bedeutung erhalten.


Frei gedacht
Spürst Du es?
von Eva Herman

Der Frühling ist da: Bäume schlagen aus, wundersam duftende Hyazinthen, sanft wiegende Osterglocken säumen beglückend den Weg, treue Amseln singen wieder ihr seliges Lied, die junge Sonne beginnt, die von Kälte erfassten Seelen leise zu wärmen. Was wäre die Welt so schön. Ich gehe durch das herrliche Land, Abschiedsschmerz greift nach mir, immer wieder. Es will nicht mehr aufhören. Das Wasser der Elbe rauscht mächtig, mit dauertönendem Motor schneidet sich ein riesiges Frachtschiff durch leichten Wellengang. Es hat schwere Fracht geladen, was heute noch selten ist, viele funkelnde Autos sind darauf zu sehen, deutsche Fabrikate: VW, Audi, Mercedes und Porsche. Sie waren einst die Herzeige-Projekte deutscher Ingenieurs­kunst. Doch jetzt? Makel überall, Blamagen, Schande. Aktuell heißt es, dass die deutschen Kraftfahrzeughersteller enorme Probleme bekommen, da angeblich „auffällig hohe Stickoxidwerte, die technisch nicht ausreichend erklärbar scheinen“, bei fast allen Marken des Landes gemessen worden seien. Merkwürdig, was ist mit den anderen, weltweiten Autoherstellern? Sind tatsächlich nur die Deutschen die Übeltäter? Diese Fragen werden in den Mainstreammedien nicht gestellt, diese treten vielmehr als Gegner, als Richter auf: Keine Hoffnung auf faire Behandlung, das Urteil scheint schon gesprochen.

Vor wenigen Tagen hörte ich ein Radio-Interview. Man wollte von einem führenden Vertreter der deutschen Stahlindustrie hören, warum die Branche denn in Aufruhr sei, tausende Stahlkocher hatten demonstriert, Alarmrufe aber auch aus dem Management. Der besonnene Mann äußerte tiefe Zukunftssorgen für seine Branche: Der deutsche Stahl, der als der sauberste auf der ganzen Welt anerkannt wird, ist in Gefahr. So drängt China auf den Markt, wo billiger, schmutziger Stahl unter hohen Staatssubventionen hergestellt wird, jegliche Umweltstandards außer Acht lassend: billigster, skrupelloser Wettbewerb. Europäische Hersteller hingegen stehen vor neuen Emissionshürden, welche die EU ihnen nun aufbrummen will: „Das wird den Stahlstandort Deutschland vernichten“, so der führende Industrievertreter. Auffällig die Journalistin, die das Interview führte: Der Ernst der Lage schien sie nicht zu interessieren, leidenschaftslos nahm sie den Mann in ein gnadenloses Verhör, als verträte er eine gewissenlose Straftäterbranche. Hilflosigkeit beim sonst souveränen Gegenüber: Sind die Würfel schon gefallen?

Dutzende Bäume wurden letzte Woche in einem nahen Hamburger Wäldchen gefällt, das unmittelbar an einer Wohnsiedlung liegt, wo viele junge Familien leben. Hier hatten die Kinder immer gespielt, eine kleine Idylle abseits des lauten Verkehrsstroms Hamburgs. Ich kenne einige Leute davon, viele nahmen Kredite für die Häuser auf, um ihre Kinder hier in Ruhe großzuziehen. Jetzt wird ein „Flüchtlingscamp“ in dem kleinen Wald gebaut, knapp 200 „Migranten“ werden bis Juni hier sein. Im Vorfeld hatte es heftigen Widerstand der Anwohner gegeben, doch es half alles nichts. Viele haben jetzt Angst um die innere Ordnung, um ihre Kinder. Ihre Sorgen will niemand hören, die Presse bejubelte die grandiose Baumvernichtungsaktion. Die jungen Familien, die sich zu wehren gesucht hatten, wurden angegriffen als fremdenfeindlich. Sie stehen allein, stigmatisiert. Merkwürdig: Wo waren eigentlich all die Umweltschützer geblieben, die sich hier, in den Elbvororten, doch sonst für jeden einzelnen Baum stark machten?

Der frühere Chef der „Welt“ und heutige „Weltwoche“-Chef in der Schweiz, Roger Köppel, veröffentlichte kürzlich einen Warnruf: „Der große Asylschwindel ist nicht mehr zu ertragen! Politik und Medien betrügen die Leute. Letzte Woche habe ich gelesen, die Flüchtlingszahlen an der Schweizer Grenze seien ,deutlich rückläufig‘ … Merken es die Journalisten eigentlich noch, wenn sie solchen Unsinn verbreiten? Tatsächlich steigen die Zahlen massiv. Wenn wir das erste Quartal 2015 mit dem ersten Quartal 2016 vergleichen, haben wir über 80 Prozent mehr Asylgesuche. Die wirklich intensiven Monate kommen erst.“

Dieselbe falsche Berichterstattung zeigt sich in Deutschland. Doch wen stört’s? Manchmal findet man alarmierende Tatsachen, die unser Land derzeit umstürzen, am Rande, in ein paar Zeilen. Wie diese hier von letzter Woche: Der EU-Antiterrorbeauftragte Gilles de Kerchove hat die Mitgliedstaaten vor „bedeutenden Lücken“ bei der Erfassung von Dschihad-Kämpfern gewarnt. So seien bei Europol lediglich 2956 EU-Bürger registriert, die als Kämpfer nach Syrien oder in den Irak gereist seien, nach verlässlichen Schätzungen müssten es aber rund 5000 sein. Gefährliche Individuen könnten damit zurückkommen, ohne erkannt zu werden. So könnten die ausländischen Kämpfer nach ihrer Rückkehr nach Europa etwa im Auftrag des IS Anschläge verüben. Für Deutschland schätzen die Sicherheitsbehörden die Zahl dieser foreign fighters auf 800. Rund ein Drittel ist demnach bereits zurückgekehrt. In den Hauptnachrichten gab es darüber nicht viel zu sehen und zu hören.

Gleichzeitig gab übrigens der Präsident des deutschen Verfassungsschutzes erstmals offen zu, dass man den IS lange unterschätzt habe. „Vor allem die Gefahr, dass die Terrormiliz potenzielle Attentäter als Flüchtlinge getarnt nach Deutschland einschleusen könnte, wurde bisher für wenig wahrscheinlich gehalten“, so Hans-Georg Maaßen. Außerdem würde man etwa 8650 Salafisten in Deutschland verzeichnen, die unter „Flüchtlingen“ nach neuen Anhängern suchten. „Die Zahl steigt praktisch täglich.“ Die deutsche Bundeskanzlerin äußerte sich dazu nicht groß. Sie scheint sich keine Sorgen um die innere Sicherheit Deutschlands zu machen. Auch sonst schreckte diese Meldung unsere „Qualitätsjournalisten“ kaum auf.

Ach, ja, als Problem bezeichnete der Verfassungsschutz-Präsident die Tatsache, dass etwa 70 Prozent der Einreisenden keine gültigen Pässe vorlegen würden. 70 Prozent der täglich nach Deutschland einreisenden tausenden Menschen werden demnach nur aufgrund von eigenen Angaben registriert! Maaßen äußerte die Sorge, dass „mögliche Gefährder zwar in den Datenbanken gespeichert“ seien, aber nicht erkannt würden, „weil sie mit falschen Identitäten einreisen“. Fast teilnahmslos war die Nachricht am Rande erschienen, nein, es gab weder einen „Brennpunkt“ nach der „Tagesschau“ noch irgendwelche anderen Sondersendungen.

Spürst Du es? Wie es sich zuzieht? Die 20-jährige Tochter von Bekannten aus Norddeutschland wurde kürzlich von mehreren Männern aus Nordafrika vergewaltigt, stundenlang. Drei Wochen lang lag sie schwerverletzt auf der Intensivstation. Sie wird wohl überleben, doch sie ist nicht mehr ansprechbar. Die Verwandten mussten eine Erklärung unterschreiben, den Fall nicht öffentlich zu machen. Sie sind nicht die einzigen im Land.

Nein, dies ist nicht mehr mein Land. Der Abschiedsschmerz bohrt, er will gehört werden. Ich nehme ihn ernst, ich nehme ihn an. Die Amseln singen so schön wie nirgendwo sonst auf der Welt Vögel singen können. Der Duft meiner Wälder, die von Sonne durchfluteten Lichtungen, die anmutigen Täler und Höhen, ach, wie seid Ihr so schön. Es tut so weh.


S. 9 Kultur

Der verzettelte Shakespeare
Die vielen Gesichter des englischen Dramatikers, dessen 400. Todestages etwas zu früh gedacht wurde

Der 23. April war in Spanien und England so etwas wie ein nationaler Feiertag: Man gedachte des 400. To­destages von Cervantes und Shakespeare. Im Falle des Autors von „Hamlet“ lag man aber knapp daneben. Typisch: Denn im Laufe der Jahrhunderte hat man sich das Bild Shakespeares immer so zurechtgebogen, wie es einem gerade passte.

Shakespeare lebt!: Mit Ausstellungen, Straßentheater und royalem Glanz (Prinz Charles auf der Bühne) feierte Stratford-upon-Avon am 23. April seinen dort gestorbenen Dichter. Dabei lebte Shakespeare an dem Tag vor 400 Jahren noch! Es klingt paradox, aber Cervantes (siehe PAZ vom 22. April) und Shakespeare haben nach gängiger Auffassung mit dem 23. April 1616 zwar dasselbe Todesdatum, sind aber nicht am selben Tag gestorben. Die Erklärung liefert die gregorianische Kalenderreform des Papstes von 1582, der sich die katholischen Länder wie Spanien sofort an­schlossen, nicht aber das protestantische England, das den alten julianischen Kalender noch bis 1752 führte. Als Shake­speare starb, hinkte der julianische Kalender dem gregorianischen zehn Tage hinterher. Shakespeare ist also zehn Tage nach Cervantes gestorben, korrekt heißt das: am 3. Mai vor 400 Jahren.

Der gemalte Shakespeare: Gleich nach dem Tod beginnt die Ge­schichte der Shakespeare-Fälschungen. Da es kein authentisches Porträt vom Dichter gibt, prägt das sieben Jahre nach seinem Tod veröffentlichte Titelkupfer auf der als „First Folio“ bezeichneten Gesamtausgabe der Dramen unser Shakespeare-Bild. Der abgebildete Mann mit der Halbglatze und den langen Hinterhaaren ähnelt wenigstens dem um 1600 entstandenen „Chandos-Porträt“, das Shakespeare darstellen soll. Anders als die Gipsbüste auf Shakespeares Grabmonument in der Holy Trinity Church in Stratford, wo ein aufgedunsener Mann buchhalterisch die Feder führt, entspricht dieses Porträt dem Idealbild eines Dichter-Schönlings.

Der deutsche Shakespeare: Nach Shakespeares Tod wurden dessen Stücke kaum noch auf englischen Bühnen ge­spielt. Im 17. Jahrhundert be­herrschte die Restaurationskomödien von Dryden oder Congreve die Theater. Shakespeares Stücke wurden aber von fahrenden Theaterleuten meist als Puppenspiel unters Volk ge­bracht. Auf die­se Wei­se ka­men sie nach Deutschland, wo der Aufklärer Wieland – kaum der eng­lischen Sprache mächtig – die Blankverse in Prosa übersetzte. Die Stürmer und Dränger um Goethe, Herder und J.M.R. Lenz eigneten sich nun den Briten an. Emotionalität ersetzte aufklärerische Rationalität. „Und ich rufe: Natur! Natur! Nichts so Natur als Shakespeares Menschen“, schrieb Goethe 1771 in seiner Rede „Zum Shakespeares-Tag“. Im Roman „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ spielen der theaterbegeisterte Titelheld, Mignon oder Philine nicht nur das Stück „Hamlet“, sie sind als Romanfiguren auch verkappte Doppelgänger aus Shakespeares Drama.

Der romantische Shakespeare: Nach der Luther-Bibel ist die Schlegel-Tiecksche Shakespeare-Übersetzung die wohl meistgelesene und -zitierte deutsche Übertragung überhaupt. Es ist eine abseits derber Ausdrücken des Originals veredelte und von sexuellen Anspielungen gesäuberte Fassung. Fortan gab es etliche weitere zeithistorisch gefärbte Übersetzungen. Vom Vormärz-Shakespeare (Herwegh) über den Jugendstil-Shakespeare (Gundolf) bis hin zum marxistisch-leninistisch angehauchten Shakespeare (Erich Fried) reicht die Palette.

Der falsche Shakespeare: Als man sich im 19. Jahrhundert auch im angelsächsischen Raum wieder für Shakespeare zu interessieren be­gann, kamen Spekulationen über die Autorenschaft auf. Der Sohn eines Handschuhmachers aus Stratford könne unmöglich ein solch polyhistorisch umfassendes Werk geschaffen haben. Seitdem die später geistig umnachtete amerikanische Missionarstochter Delia Bacon 1857 das Ge­rücht in die Welt setzte ihr Namensvetter, der englische Philosoph Francis Bacon, sei der wahre Autor der Dramen, wurde im versnobten England wiederholt der Versuch gemacht, den Autor von „Hamlet“, „King Lear“ und „Richard III.“ nachträglich zu adeln, indem man den Earl of Oxford oder sogar Queen Elisa­beth I. selbst zu den wahren Urhebern der Werke er­nannte. Der echte Shakespeare hätte sich wohl gekringelt vor Lachen (siehe dazu die PAZ vom 19. April 2014 zum 450. Geburtstag Shakespeares).

Der moderne Shakespeare: Auf der Theaterbühne, Leinwand oder in der Oper wird uns ein vom Renaissance-Staub befreiter Shakespeare präsentiert. Nehmen wir nur „Romeo und Julia“: In Berlioz Chorsinfonie hat das Paar singen und in Prokofjews Ballett tanzen gelernt; in Bernsteins „West Side Story“ kommt es aus verfeindeten Jugend-Gangs in New York; für ein von Popkultur verwöhntes Publikum holte Baz Luhrmann die beiden in seinem Film von 1996 an einen Badestrand unserer Tage. Ständig wird Shakespeare aufgepeppt, aufgefrischt und umfrisiert. Die mit Gewalt durchgeprügelte Interpretation seiner Aktualität geht auf Kosten seiner Stücke. Bei so viel Modernitätswahn bleibt vom Original nicht mehr viel übrig.

Der zitierte Shakespeare: „Zettels Traum“ nannte Arno Schmidt sein aus tausenden Notizzetteln entstandenes literarisches Hauptwerk. Der Titel ist ein Zitat aus dem „Sommernachtstraum“, das hier in Wielands Übertragung wiederum zitiert sei: „Ich hatte einen Traum, es geht über Menschen-Wiz zu sagen, was für ein Traum das war: Ein Mensch ist nur ein Esel, wenn er sich einfallen lassen will, diesen Traum zu begreiffen. Mich dünkte ich war, kein Mensch kan sagen was. Mich dünkte ich war, und mich dünkte ich hatte –– Doch ein Mensch wäre nur ein ausgemachter Narr, wenn er sich dafür austhun wollte, zu sagen was ich hatte.“

Der echte Shakespeare: Das un­verfälschte Original ist stets das beste. Daher zum Ab­schluss obiges Zitat in Shakespeares Renaissance-Englisch: „I have had a dream, past the wit of man to say what dream it was: man is but an ass, if he go about to expound this dream. Me­thought I was − there is no man can tell what. Methought I was, − and methought I had, − but man is but a patched fool, if he will offer to say what methought I had.“               H. Tews


Die Maler-Sammlerin
Im Kino: Peggy Guggenheim − Muse und Kunstmäzenin

Ab 5. Mai läuft in den Kinos eine Dokumentation über Peggy Guggenheim, eine der herausragenden Figuren in der internationalen Kunstszene des 20. Jahrhunderts. Der Film von Lisa Immordino Vreeland mit dem Titel „Peggy Guggenheim – ein Leben für die Kunst“ wirft Schlaglichter auf das bewegte Leben der amerikanischen Kunstmäzenin und -sammlerin in New York, Paris, London und Venedig.

Vreeland verwendete historische Filmaufnahmen und Fotos in Verbindung mit erst kürzlich wieder aufgetauchten Tonbändern aus dem Jahr 1960, die während der Interviews von Guggenheims Biografin Jacqueline Weld entstanden waren. Guggenheim selbst beschrieb sich vor der Filmkamera als eine kunstbesessene, auf Männer fixierte Frau, die gern ihre innere Unsicherheit ab­gestreift hätte. Peggy Guggenheim, eigentlich Marguerite Guggenheim, wurde 1898 in New York geboren und starb 1979 im Camposampiero bei Padua. Sie entstammte dem nicht ganz so reichen Zweig der US-Industriellenfamilie. Ihr Vater kam 1912 beim Untergang der „Titanic“ ums Leben. Ihr Onkel Solomon R. Guggenheim gründete 1937 in New York die Guggenheim Stiftung und das Guggenheim Museum für moderne Kunst.

Mit 23 Jahren und ausgestattet mit fast einer Million Dollar aus zwei Erbschaften zog Peggy Guggenheim 1921 nach Paris, in das Mekka der Künstler und Bohemiens. Zunächst war sie mehr von Künstlern als von Kunst fasziniert, schloss Freundschaft mit Malern und Literaten, darunter Man Ray und Picasso. Acht Jahre dauerte ihre Ehe mit dem französischen Maler und Bildhauer Laurence Vail, mit dem sie zwei Kinder hatte. Es folgten un­zählige Affären mit Künstlern, dann eine weitere Ehe mit Max Ernst, der sich 1943 wegen einer anderen von ihr scheiden ließ.

Immer auf der Suche nach Liebe und Anerkennung, folgte sie dem Rat von Samuel Beckett und begann, zeitgenössische europäische und amerikanische Kunst zu sammeln. 1938 eröffnete sie in London ihre erste Galerie, die aber wenig Geld abwarf. Moderne Kunst galt noch nicht als Geldanlage. Zurück in Paris, legte Guggenheim den Grundstock ihrer Sammlung mit Werken von Braque, Max Ernst, Giacometti, Kandinsky, Piet Mondrian, Paul Klee und Mirò. Nach der deutschen Besetzung von Paris kaufte sie für weniger als insgesamt 40000 Dollar jeden Tag ein Bild von Malern, die Paris verlassen wollten. Später meinte sie, sie habe nicht ge­wusst, dass sie Kunst zu Schleuderpreisen er­warb. Ab 1943 lebte sie für einige Jahre in New York, „entdeckte“ und förderte dort Jack­son Pollock.

Guggenheim wollte Kunst teilen. 1948 erhielt sie erstmals die Gelegenheit, Werke aus ihrer Sammlung auf der Biennale von Venedig zu zeigen. An­schließend kaufte sie in Venedig den Palazzo Venier dei Leoni am Canale Grande mit Garten aus dem 18. Jahrhundert und ließ ihn umbauen. Den Ausstellungsraum im Palazzo öffnete sie den Sommer über für Besucher. Sie hinterließ ihren ge­samten Besitz mit Ausnahme der Kunstsammlung der Guggenheim Stiftung in New York. Seit 1980 ist die „Peggy Guggenheim Collection“ in den Räumen des Palazzo Venier ausgestellt, einem inzwischen der wichtigsten italienischen Mu­seen für europäische und amerikanische Kunst des 20. Jahrhunderts.                D. Jestrzemski


Ehrenbürger Roms
Vor 125 Jahren starb Ferdinand Gregorovius

Unter den zwölf „ewigen“ Ehrenbürger Roms befinden sich auch zwei Deutsche. Es handelt sich um die Historiker Theodor Mommsen und Ferdinand Gregorovius. Beiden wurde diese Ehre zuteil, weil sie umfangreiche Geschichtswerke über die Ewige Stadt verfasst haben. Während die 3000-seitige „Römische Ge­schichte“ des Literaturnobelpreisträgers Mommsen noch heute neu aufgelegt wird, ist es um Gregorovius’ nahezu zeitgleich erschienene und ähnlich monumentale „Ge­schichte der Stadt Rom im Mittelalter“ im­mer stiller geworden. Tatsächlich hat er aber mit seinem Hauptwerk entscheidend das wissenschaftliche Renais­sance-Bild geprägt, das man sich von Rom macht.

Neben dem Schweizer Kulturhistoriker Jacob Burckhardt war Gregorovius im 19. Jahrhundert die große Instanz in Sachen Renaissanceforschung. Die für Künstler und Studenten damals obligatorische Italienreise brachte den aus dem ostpreußischen Neidenburg stammenden Gelehrten auf den Geschmack, sich für Kulturgeschichte zu interessieren. Geboren am 19. Januar 1821 studierte er nach dem Abitur in Gumbinnen Geschichte und Philologie an der Albertus-Universität von Königsberg. Nach der Promotion trat er 1852 seine Italienreise an, die er in seinen Büchern „Wanderjahre in Italien“ und „Idyllen vom Lateinischen Ufer“ verarbeitete. Besonders aber die Stadt Rom hatte es ihm angetan. Zwei Jahre nach seinem Eintreffen dort beabsichtigte er, eine Geschichte der Stadt im Mittelalter zu schreiben: „Ich fasste den Gedanken dazu, ergriffen vom Anblick der Stadt, wie sich dieselbe von der Inselbrücke S. Bartolomeo darstellt. Ich muss etwas Großes unternehmen, was meinem Leben Inhalt gäbe.“

Zwei Jahrzehnte sollte das Riesen-Unterfangen sein Leben mit geistigem Inhalt ausfüllen. Etwa genauso lange verbrachte er in Rom, ehe er sich in München niederließ. Seiner ostpreußischen Heimat blieb er aber stets verbunden. Als er 1860 Ostpreußen besuchte, schrieb er bewegt: „So hat mich nicht Pompeji bewegt, als es dieser Garten meiner Jugendspiele tat.“

Doch er kehrte nach München zurück und starb dort vor 125 Jahren, am 1. Mai 1891. Beigesetzt aber wurde er im Sockel eines Denkmals für seinen Vater Ferdinand Timotheus Gregorovius am Neidenburger Burgberg. An seinem römischen Wohnhaus in der Via Gregoriana erinnert eine Ge­denktafel an den Ostpreußen.      tws


Vier Karat und zwei Orchester

Ostrocklegende“ – dieses Attribut hängt Karat bis heute an. Dabei ist die Band viel mehr, denn auch über ein Vierteljahrhundert nach dem Untergang der DDR, zu deren bekanntesten Gruppen sie gehörte, ist sie noch immer erfolgreich und ihre Konzerte sind ausverkauft. Am vergangenen Sonnabend gab es eine Premiere in ihrer 40-jährigen Geschichte: „Karat meets Classic“, die Deutschrocker und zwei klassische Jugendorchester gemeinsam auf der Bühne.

Alles, was diese fantastische Kombination verspricht, hat das Konzert in der Rostocker Stadthalle gehalten. Schon das Vorkonzert des Rostocker Jugendsinfonieorchesters und des Freien Studentenorchesters Rostock unter Leitung von Edgar Sheridan-Braun mit Ausschnitten aus Modest Mussorgskys Komposition „Bilder einer Ausstellung“ und Andrew Lloyd Webbers Musical „Phantom der Oper“ begeisterte die über 2000 Besucher. Als dann die ergrauten Rock­stars zu den über 100 Jugendmusikern auf die Bühne traten, hielt es viele nicht mehr auf den Sitzen. Neben bekannten älteren Titeln wie „Über sieben Brücken“, „Albatros“ und „Schwanenkönig“ gab es auch aktuelle Lieder von Karat zu hören. Mehrere Zugaben und tosender Applaus am Ende ließen keinen Zweifel: Das war ein einzigartiges Konzerterlebnis. Nicht nur für das Publikum, sondern auch für alle beteiligten Musiker.

„1000 Tage Vorbereitung, 100 Mitwirkende, 1 Ziel“, heißt es bei „Facebook“ über „Karat meets Classic“. Tatsächlich war dieses ge­meinsame Konzert ein aufwendiges Projekt. So konnte Karat nicht für jede der vielen Proben nach Rostock kommen. Also wurde die Band „Seelenschiffe“ gegründet, die bei den Proben den Part von Karat übernahm. Erst am Vorabend des Konzerts standen die Ensembles bei der Generalprobe erstmals gemeinsam auf der Bühne. Die Zuschauer haben davon nichts gemerkt. Alles war so perfekt, als wären die Profis und die Jugendmusiker oft zusammen aufgetreten.              J.H.


MELDUNG

Surminski im Mahnmal

Hamburg − Im Kirchenmahnmal St. Nikolai, Willy-Brandt-Straße 60, ist noch bis zum 22. Mai die Ausstellung „Arno Surminski. Er­innertes Leben – Gelebte Erinnerung“ zu sehen. Die Ausstellung des Ostpreußischen Landesmuseums Lüneburg bietet in Hamburg einen Überblick zu Leben und Werk des aus dem ostpreußischen Jäglack stammenden Au­tors. Präsentiert werden Schlüsselszenen aus seinen Büchern, die neugierig machen aufs (Wieder-) Lesen. Zu entdecken ist das Werk eines scharfsichtigen Zeitgenossen, der sein persönliches Schick­sal in ansprechende, lebendige Erzählungen ohne mo­ralische Aufdringlichkeit verwandelt.  tws


S. 10 Geschichte

Warum sowjetisches Klopapier interessant ist
Für die Informationsbeschaffung schreckten die westalliierten Militärverbindungsmissionen vor fast nichts zurück

Die alliierten Militärverbindungsmissionen (MVM) im geteilten Deutschland entstanden als Folge des Zweiten Weltkrieges und dienten der Kontaktpflege zwischen den einzelnen Siegermächten. Während der ersten Nachkriegsjahre bestand ihre primäre Aufgabe jeweils aus dem Rück­transport von Gefangenen, der Registrierung von Kriegsgräbern ihrer Soldaten und im Auffinden von Zeugen gegen NS-Größen. Ihre Gebäude galten als exterritorial. Die Mitglieder dieser MVM hatten das Recht zu uneingeschränkten Reisen in den Besatzungszonen mit Ausnahme von Sperrgebieten mit militärischen Objekten.

Die Spannungen zwischen Ost und West, besonders die Berliner Blockade, führten dazu, dass die Hauptaufgabe der westlichen Missionen nunmehr im „rechtzeitigen Erkennen und der Vorwarnung vor einem Überraschungsangriff“ bestand, was eine möglichst lückenlose und aktuelle Überwachung der militärischen Lage jenseits der Zonengrenze bedeutete – befand sich dort doch die best­ausgerüstete Heeresgruppe der Sowjet-Truppen. Um eine umfassende Kontrolle war man speziell bei sowjetischen Manövern bemüht, hätte von ihnen aus doch leicht ein Überraschungsangriff gegen den Westen ausgehen können. Die Mitglieder der westlichen MVM – alle waren nachrichtendienstlich ausgebildet und sprachen Russisch – sahen sich als „Soldaten mit speziellen Aufgaben“ und ihre Tätigkeit als „legale Form der Informationsbeschaffung“. Sie traten stets in der Uniform ihres Landes auf, waren unbewaffnet und benutzten Kraftfahrzeuge mit einer Geschwindigkeit von bis zu 200 Kilometern pro Stunde, die mit ihrer Staatsflagge und einem russischsprachigen Hinweis versehen waren. Sie besaßen die mo­dernsten Ferngläser und Kameras der westlichen Welt. Nach der sowjetischen Armeezeitung verfügten sie ebenfalls über „spezielle Geräte zur Funkaufklärung“.

DDR-Zeitungen erwähnten sie nur äußerst selten und auch lediglich indirekt. Die Presse in den USA zeigte sich unwissend, selbst einige Generale in London ahnten nichts von ihrer Tätigkeit. Verbindungen zum Bundesnachrichtendienst (BND) gab es nicht. Typisch für die Unkenntnis westdeutscher Zeitungen ist ein Artikel der „FAZ“ von Anfang 1989, der deren Einsätze „als das bisschen Hinsehen auf militärische Objekte“ verniedlichte.

Bundesdeutsche Ministerpräsidenten verlangten jahrelang die Schließung der sowjetischen Militärmission im Westen mit ihren vielen Fahrten. Sie dachten nicht mehr gesamt-deutsch, sondern nur bis zur Grenze ihres Bundeslandes. Schon bei einem gewissen Nachdenken hätten sie wissen müssen, dass dann im Gegenzug die Existenz der westlichen MVM in der DDR beendet würde – deren Wichtigkeit sie trotz indirekter Hinweise nicht verstanden. Ende 1958 beriefen sich die westlichen Botschaften in Bonn schließlich auf ihre Siegerrechte. Zur jener Zeit etwa schrieb der Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Europa, die US-MVM sei „die glaubwürdigste und zuverlässigste Quelle für Warnungen sowje­tischer Bestrebungen, einen Überraschungsangriff gegen Westeuropa zu beginnen“. Von höchster britischer Stelle war nach 1989 zu hören: „Aus militärischer Sicht waren die Missionen sicherlich die meistgeschätzte Informationsquelle über die Sowjetarmeen auf dem Territorium der DDR.“

Nach Angaben der DDR-Staatssicherheit beliefen sich die Fahrten der drei Missionen durch die DDR während des Jahres 1960 auf „nur“ 1534, um dann bis 1982 auf 3000 zu steigen. Sowjetischerseits wurde Anfang 1989 über „jährlich mehr als 3000 Fahrten“ geklagt. Am wichtigsten waren die Sperrgebiete, auf denen Truppen- und Materialtransporte aus der UdSSR eintrafen und das Einüben neuer Waffen erfolgte. Allgemein hielten sich die MVM an die Sperrung, doch bei wichtigen Zielen wurden die Verbotsschilder „übersehen“. Über zeitweilige Sperrgebiete war man oftmals Tage vor der offiziellen Bekanntgabe informiert und fuhr dann sofort in jene Gebiete – zumeist im Schutze der Dunkelheit. Nach Stasi-Behauptungen sind es 1979 sogar 680 solcher Fahrten gewesen, später habe sich die Zahl erhöht. Die westlichen Missionen bestreiten letzteres – vielleicht wollte das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) sich bei den „sowjetischen Freunden“ nur wichtig tun.

Außenstehende werden es kaum glauben, doch „eine der aufsehenerregendsten Quellen von Material“ stellte „das systematische Absuchen und das tatsächlich wörtlich zu verstehende Ausmisten von Müllkippen in der Nähe sowjetischer Militäranlagen“ dar. Die ungenügende Beachtung der Sicherheitsvorschriften, die allgemeine Schlamperei bei den russischen Soldaten machten sie zu „einer Fundgrube für nützliche Informationen“, wie es in Londoner Unterlagen heißt. Das ständige Defizit an echtem Toilettenpapier bei der Truppe führte dazu, dass nicht nur Privatbriefe aus Russland und schriftliche Truppenbefehle, sondern ebenfalls Konstruktionspläne von Militärtechnik und sogar Dokumente mit teilweise höchster Geheimhaltung in die Hände der MVM-Mitglieder fielen. Sowjetsoldaten erschien es harmlos, wenn ein „Kamerad“ – selbst wenn er einer westlichen MVM angehörte – nach den Toiletten fragte. Zudem wurden Angehörige der westlichen MVM nicht nur in einem Fall für polnische Armee-Angehörigen gehalten.

Den Bau der Berliner Mauer will keine Mission im Voraus erkannt haben. Indes sind Zweifel angebracht. 1968, in der Blütezeit des „Prager Frühlings“, wurde die Räumung mancher Sowjet-Kaserne festgestellt, und als Moskau den Abzug seiner Soldaten aus der Tschechoslowakei verkündete, entging den MVM nicht, dass keine einzige Einheit an ihren DDR-Standort zurückkehrte – ein starkes Indiz für die bevorstehende Okkupation. Als 1981 ein sowjeti­scher Einmarsch in Polen und eine Beteiligung von DDR-Streitkräften zu befürchten war, standen sämtliche Autobahnen und Eisenbahnlinien an der DDR-Grenze zu Polen unter ständiger Beobachtung. Mit der Machtübernahme Michail Gorbatschows wurden zumindest die tollkühnen Touren der Missionen eingestellt, hätte doch ein Zwischenfall von dessen Gegnern hochgespielt und seine Position gefährden können. Ein Indiz war im Januar 1989 ein Artikel in der Armeezeitung „Krasnaja Swesda“, der sogleich vom SED-Zentralorgan übernommen wurde und durch die Schärfe der Diktion und die Massivität der Anschuldigungen auffallen musste.

Für Ost-Berlin mit seiner Sucht nach voller Souveränität waren die drei Missionen ein Störfaktor. Wohl versprach der Kreml deren Schließung, doch in Wahrheit wollte er von seinen Siegerrechten aus 1945 und damit von seinem Hebel auf Gesamt-Deutschland niemals abgehen. Die Spannungen in dieser Frage zwischen der UdSSR und der DDR waren zeitweise ziemlich stark. Die DDR-Streitkräfte stellten Verbotsschilder zur Errichtung eigener Sperrgebiete auf, was angesichts der seinerzeitigen Vereinbarung mit den Sowjets von den westlichen MVM nicht anerkannt wurde. 1955 übertrug man deren Bekämpfung ebenfalls dem MfS mit seiner Hauptabteilung VIII, Abteilung 5. Insgesamt setzte die Staatssicherheit 85 Hauptamtliche gegen die Missionen ein. Sie mussten dabei recht oft zur doch deprimierenden Erkenntnis kommen, „dass die westlichen MVM besser als sie über aktuelle Entwick­lungen bei den Sowjettruppen informiert waren“.

Friedrich-Wilhelm Schlomann


Tollkühne Spione, kaltblütige Morde und freundliche Deutsche

Die US Military Liaison Mission (USMLM) befand sich in der dreistöckigen, auch Villa Sigismund oder Haus Lehnitzsee genanten, Villa von Diringshofen im Potsdamer Ortsteil Neu Fahrland, welche die Hohenzollern bis 1945 besessen hatten, und bestand aus 14 Offizieren sowie Sergeanten. Ihre zehn Kraftfahrzeuge legten jährlich in der DDR zwischen 445000 und 626000 Kilometer zurück. Nach ihren teilweise noch heute geheimen Unterlagen machten sie 1978 rund 8000 Filme, annähernd 195000 Fotos und weitere 490000 Infrarot-Aufnahmen – in späteren Jahren dürften diese Zahlen sich weiter erhöht haben.

Oft, besonders nachts, wurden sie in einer Distanz von fünf bis zehn Metern von sowjetischen Waffen gemacht. Man war stets über die Anzahl der taktischen ballistischen Boden-Boden-Raketen vom Typ SS-21 in der DDR informiert, die selbst der Ost-Berliner Regierung unbekannt war. Bedrohungen, Behinderungen durch Sowjetmilitär und DDR-Organe waren fast an der Tagesordnung. Wiederholt wurden Mitglieder der US-amerikanischen MVM durch russische Schüsse verwundet. Im März 1985 tötete ein Sowjetsoldat ohne Vorwarnung Major Arthur Nicholson, der sich in der Nähe von Ludwigslust außerhalb des Sperrgebietes für Einzelheiten des neuen T-80-Panzers „interessierte“. Unter den Augen sowjetischer Offiziere verblutete er in einer Stunde, dem ebenfalls verwundeten Sergeanten verweigerte man jegliche Hilfe. Dass die Mission bis zuletzt die DDR als einen bloßen Satelliten Moskaus sah und gern Fahnen und SED-Transparente zerriss, entspricht den Tatsachen.

Die Mission militaire Francaise de liaison (MMFL), die französische MVM, war in der Potsdamer Geschwister-Scholl-Straße untergebracht. Sie umfasste 21 Offiziere und Sergeanten. Ihre neun Kraftfahrzeuge wurden nach etlichen Zwischenfällen 1985 mit verstärkter Panzerung versehen. Im Gegensatz zu den US-Amerikanern, die stets in DDR-Hotels übernachteten, schliefen ihre Mitglieder auch im Winter im Auto. Erst später besaßen sie kleine Zelte. Im Vergleich zu den anderen MVM zeigten sie sich „sehr risikofreudig, insbesondere in Sperrgebieten“ und führten oft „waghalsige Unternehmen“ durch. Nicht selten waren sie die erste Mission, die Fotos von neuen Sowjetwaffen hatte – vermutlich aufgrund von Hinweisen französischer Spione in Polen. Bewusst suchten die Mitglieder der MMFL Kontakt zu Sowjetsoldaten, für die sie stets „leichte Literatur“, Cognac und Zigaretten mitnahmen. Auf diese Art erfuhren sie auch alle Details über die Manöver „Waffenbrüderschaft“ der Warschauer-Pakt-Staaten, zu denen West-Vertreter nicht zugelassen waren. Ob der entsprechende auskunftsfreudige polnische Offizier bei seinen Ausführungen glaubte, die Franzosen gehörten zu den Teilnehmern, oder ob er bewusst den Westen informieren wollte – möglich ist alles.

Im März 1984 wurde eines ihrer MVM-Autos von einem schweren NVA-Lastkraftwagen ganz bewusst direkt überfahren. Der Fahrer, Oberstabsfeldwebel Philippe Mariotti, starb sofort. Trotz schwerer Verwundungen blieb der Sergeant im Wagen und rettete so wichtige Unterlagen vor dem Zugriff der Stasi. Nach später aufgefundenen Dokumenten war es „ein Mord, befohlen von den Sowjets, aber durchgeführt von Ostdeutschen“. Leiter dieser Aktion bei Halle an der Saale war der MfS-Hauptamtliche „Paul Schmitt“ (wahrer Name: Peter Bey­er), der danach eine Prämie von 1000 Mark erhielt. Ob er nach 1989 eine wirklich verdiente Gerichtsstrafe erhielt, ist fraglich. Auch der Abzug der Sowjettruppen aus der DDR über den Hafen von Mukran auf Rügen fand bis zuletzt unter Kontrolle der französischen Mission statt.

Die British Military Laison Mission (BRIXMIS) hatte ihren Sitz in der Potsdamer Seestraße, bestand aus 37 Offizieren und Unteroffizieren und verfügte über 13 Wagen. Zu Recht galt sie in jeder Hinsicht als die erfolgreichste MVM. Stasi-Unterlagen zufolge drangen die Briten 1979 in 374 Fällen in Sperrgebiete ein. Bis 1984 war die Zahl ihrer „geschossenen“ Filme auf 7324 gestiegen, diejenige der Fotos – sogar vom Innern des T-64 – auf 343386.

Ab Anfang der 80er Jahre übernachteten alle Mitglieder in Wäldern sogar zu kältesten Zeiten, im Sommer versteckten sie sich durchweg in Kornfeldern. Es war schon tollkühn, wenn BRIXMIS-Wagen inmitten sowjetischer Auto-Kolonnen fuhren, in einem Fall eine ganze Rakete abmontierten oder Teile der Panzerung des T-64 entwendeten. Sie konnten sogar das geheime Kommunikationssystem des Warschauer Paktes orten, was per Zufall erst 1999 bekannt wurde. Einmal „fanden“ sie sogar ein Code-Verzeichnis zu einem gerade abgeschlossenen Manöver. Da eine andere britische Stelle den gesamten sowjetischen Funkverkehr aufgenommen hatte, konnte der ganze Ablauf entziffert werden. Dass ihre Autos von Lastwagen der Sowjets und der Volkspolizei blockiert wurden, dass DDR-Soldaten sie mit Maschinengewehren beschossen, was zur lebenslangen Behinderungen eines Fahrers der Mission führte, war die Kehrseite. In den Jahren des militärischen Engagements der Sowjetunion in Afghanistan überbrachten BRIXMIS-Offiziere Verwundeten in DDR-Lazaretten „mit kameradschaftlichen Grüßen“ Blumen und entwendeten dabei möglichst viel Material, speziell Krankenhaus-Bekleidungen und Hinterlassenschaften der Toten. Es war „das Wichtigste, das wir in den letzten zehn Jahren von irgendeiner Quelle erhielten“, heißt es. Über Einzelheiten indes herrscht noch heute bis in die höchsten Militärstellen Londons totales Stillschweigen.

Nach sämtlichen Berichten aller Missionen zeigte die DDR-Bevölkerung sich ihnen stets freundlich und trotz aller Verbote hilfsbereit: Ob viele von ihnen dabei an die weitere Vier-Mächte-Verantwortung für das gesamte Deutschland dachten, ist unbekannt. Nach vielen – natürlich heimlichen – Gesprächen mit DDR-Bewohnern charakterisierte die britische Mission die Stimmung dort im Herbst 1988 mit den Worten „weitverbreiteter Hass auf das Regime“. Nur wenige Tage nach dem Fall der Berliner Mauer funkte sie nach London: „Der Prozess der Wiedervereinigung Deutschlands hat begonnen.“   F.W.S.


S. 11 Preussen

Eine Erkältung rettete sein Leben
Vor 150 Jahren überlebte Otto von Bismarck ein Pistolenattentat Ferdinand Cohen-Blinds auf wundersame Weise

Vor 150 Jahren gab der jüdische Student Ferdinand Cohen-Blind fünf Schüsse auf den preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck ab, um den bevorstehenden Ausbruch eines deutschen Bruderkrieges gegen Österreich und dessen Verbündete zu verhindern. Das Attentat scheiterte auf nachgerade wundersame Weise.

Vor 150 Jahren war Bismarck verhasst wie kaum ein anderer preußischer Politiker. Dies lag zum einen an seiner außerordentlich harten Gangart im Verfassungskonflikt mit den Liberalen und zum anderen an der unverkennbaren Absicht, es auf militärische Zusammenstöße mit der anderen deutschen Großmacht Österreich ankommen zu lassen. So schrieb der bekannte Rechtsgelehrte Rudolf von Jhering damals höchst empört: „Mit einer solchen Schamlosigkeit, einer solchen grauenvollen Frivolität ist vielleicht noch nie ein Krieg angezettelt worden.“

So sah das auch der Student an der Landwirtschaftlichen Akademie Hohenheim Ferdinand Cohen-Blind. Deshalb beschloss er, Bismarck, den er als Verräter an Deutschland betrachtete, zu ermorden. Hierzu heißt es in seinem Abschiedsbrief vom Tag vor dem Anschlag: „Wenn man, wie ich es getan, durch die blühenden Gefilde Deutschlands gewandert ist, die bald unter den harten Fußtritten des Krieges verwüstet sein werden …, so fällt es einem nicht schwer, und kommt der Gedanke ganz von selbst, den Urheber dieses Übels zu strafen“ – auch wenn dies das eigene Leben kosten dürfte.

Die grimmige Entschlossenheit des 22-Jährigen resultierte aus seiner Erziehung. Er war der angeheiratete Stiefsohn des prominenten Radikaldemokraten Karl Blind, der 1848/49 an allen Brennpunkten des revolutionären Geschehens mitgemischt hatte und schließlich nach London ins Exil hatte flüchten müssen. Dort wuchs der junge Ferdinand in der Emigrantenszene auf, in der auch Fried­rich Engels und Karl Marx verkehrten. Während Letzterer das „blödsinnige Fürstenmordgeschwätz“ ganz entschieden ablehnte, meinte Ferdinand Blind: „Es ist doch wenigstens des Probierens wert, durch das Opfer zweier Leben viele zu retten.“

Also lauerte Cohen-Blind Bismarck am Nachmittag des 7. Mai 1866 in Berlin Unter den Linden auf. Dort traf er dann auch tatsächlich auf den Ministerpräsidenten, der gerade von einem längeren Vortrag bei König Wilhelm I. kam und nun zu Fuß auf dem Heimweg war. Was dann geschah, schilderte der Angegriffene später so: „Als ich in die Nähe der russischen Gesandtschaft gekommen war, hörte ich dicht hinter mir zwei Pistolenschüsse. Ohne zu denken, daß mich das anginge, drehte ich mich unwillkürlich rasch um und sah etwa zwei Schritte vor mir einen kleinen Menschen, der mit einem Revolver auf mich zielte. Ich griff nach seiner rechten Hand, während der dritte Schuß losging, und packte ihn zugleich am Kragen. Er faßte aber schnell den Revolver mit der linken, drückte ihn gegen meinen Überzieher und schoß noch zweimal … Als Jäger sagte ich mir: die letzten beiden Kugeln müssen gesessen haben, ich bin ein toter Mann.“

Bismarck hatte jedoch ungeheures Glück. Wegen einer gerade durchgemachten Erkältung war er für die milde Jahreszeit vergleichsweise warm angezogen und trug einen dicken Mantel mit seidener Unterjacke und dazu noch Rock, Weste und Hemd. Dies bremste die beiden Kugeln. Sie durchschlugen zwar die Kleidung, prallten aber von den Rippen ab. Deshalb erlitt der Politiker nur einige schmerzhafte Prellungen am Oberkörper, wie kurz darauf der herbeigeeilte Leibarzt des Königs, Gustav von Lauer, voll fassungslosem Erstaunen diagnostizierte. Der Professor konnte sich den glimpflichen Ausgang des Anschlags nur so erklären: „Hier ist keine andere Erklärung als die, daß Gottes Hand dazwischen gewesen ist.“

Cohen-Blind wurde von gerade vorbeimarschierenden Soldaten des 1. Bataillons des 2. Garde-Regiments an weiteren Schüssen gehindert und hernach der Polizei übergeben, die ihn ins Präsidium brachte. Dort gelang es dem Attentäter in einem unbeobachteten Moment nach dem ersten Verhör, sich die Halsschlagader zu zertrennen. In angeblich „heiterer Ruhe“ erlag Ferdinand Cohen-Blind am Morgen des 8. Mai gegen vier Uhr seiner selbst beigebrachten Verletzung.

Während der Täter seine letzten Stunden durchlebte, kamen im Haus des Opfers in der Wilhelmstraße zahlreiche Berliner Bürger zusammen, um diesem ihre Anteilnahme zu bekunden, was der König als Beleg dafür wertete, dass der Angeschossene wohl „doch nicht so verhaßt zu sein“ scheine, „wie man es gern glauben machen möchte“.

Das galt indes nur für die preußische Hauptstadt – anderswo hingegen wurde der Attentäter gefeiert, vor allem in Süddeutschland. So erklärte ein württembergischer Landtagsabgeordneter, Cohen-Blind sei als „Opfer der Freiheitsliebe“ gestorben und „solange Deutschland noch solche Jünglinge zu seinen Söhnen zählt, ist es nicht arm“.

Vor diesem Hintergrund ist verständlich, dass Bismarck, der übrigens die Tatwaffe an sich genommen hatte und sein ganzes weiteres Leben geladen im Schreibtisch aufbewahrte, nicht an die Einzeltäterschaft des Studenten glaubte, sondern ein Komplott „süddeutscher Revolutionäre“ witterte. Allerdings erbrachten die Untersuchungen, die er initiierte und in deren Verlauf sogar zwei Polizeibeamte in London ermittelten, keinerlei Hinweise auf Mittäter, weshalb sie schließlich im Juni 1866 eingestellt wurden.

Ferdinand Cohen-Blinds Schüsse sollten die ersten, aber nicht die letzten sein, die in tödlicher Absicht auf Bismarck abgegeben wurden. Am 13. Juli 1874 feuerte ein Mitglied des katholischen Gesellenvereins in Salzwedel, der damals 20-jährige Magdeburger Böttchergeselle Eduard Kullmann, auf den nunmehrigen Kanzler des Deutschen Reiches, als dieser zur Kur in Bad Kissingen weilte. Nun war das Motiv der Kulturkampf. Und wiederum kam der Angegriffene enorm glimpflich davon: Er erlitt lediglich eine leichte Verletzung an der rechten Hand. Allerdings beging der Täter nach seiner Ergreifung keinen Selbstmord, sondern starb 1892 im Gefängnis von Amberg an Lungentuberkulose.           

                Wolfgang Kaufmann


Vorbild der PC, Laptops, iPads und Supercomputer
Die Zuse Z3 des gebürtigen Berliners Konrad Zuse war der erste funktionsfähige Digitalrechner der Welt

Die Zuse Z3 gilt nach internationaler Übereinkunft unter Historikern als erste programmgesteuerte Rechenanlage, die frei programmierbar in binärer,  halblogarithmischer Rechnung arbeitete. Die heutigen Computer entsprechen ihrem Konstruktionsprinzip, das überall in PCs, Laptops und iPads, aber auch bei Supercomputern zu finden ist.

Der 1910 in Berlin geborene Entwickler und Erbauer der Zuse Z3, der 1910 in Berlin geborene preußische Postbeamtensohn Konrad Zuse, hatte das Glück, neben seiner etwas älteren Schwester Lieselotte als Kind sehr verständnisvoller Eltern aufzuwachsen und in Hoyerswerda in der Lausitz, wo sein Vater Oberpostmeister und Leiter des Postamtes wurde und Konrad seine schönsten Jugendjahre verbrachte, ein Reform-Realgymnasium zu besuchen, an dem seine technischen Interessen sehr gefördert wurden. Neben seinen auch vorhandenen künstlerischen Begabungen gewannen schließlich die technischen die Oberhand. Nach seinem Abitur ging es für ihn wieder nach Berlin, und zwar an die Technische Hochschule Berlin-Charlottenburg, der jetzigen TU Berlin. Er studierte erst Maschinenbau, dann Architektur und schließlich Bauingenieurwesen, wo er auch sein Diplom erwarb.

Bei den Bauingenieuren muss viel gerechnet werden. Dabei benötigt man keine besondere Phantasie, ganz im Gegenteil. Diese eintönige Rechnerei war Konrad nicht sympathisch und führte dazu, dass seine Genialität zu blühen begann. Nach einer kurzen Zeit als Diplomingenieur bei den Henschel-Flugzeugwerken, wo man auch Statiker brauchte, was nur wenige wissen, machte er sich selbstständig, gründete die eigene Firma „Zuse Ingenieurbüro und Apparatebau Berlin“ und begann seine revolutionären Ideen umzusetzen, nämlich eine programmierbare Rechenmaschine zu bauen.

Weithin bekannt ist seine erste Rechenanlage Z1, die er mit ehemaligen Kommilitonen und weiteren Freunden, besonders aber mit der bewundernswürdigen Unterstützung durch seine Familie baute. Sein Vater war inzwischen pensioniert, seine Eltern waren daraufhin wieder nach Berlin gezogen. In ihrer Wohnung wurde die Z1 gebaut, man lebte mehr oder weniger in der Wohnküche. Da Konrad Zuse bei Henschel in eine Teilzeitbeschäftigung gewechselt war und deshalb sein Gehalt reduziert wurde, ließ sein Vater sich wieder reaktivieren, um damit die finanzielle Lage zu verbessern. Auch die Schwester Lieselotte half finanziell aus. Man kann nur sagen: Hochachtung!

Die Z1 war noch nicht ein allgemein einsetzbarer Rechenautomat. Sie besaß aber schon die wichtigsten Grundelemente aus Zuses Vorstellungen für seine Rechenmaschinen. Das waren der erste programmierbare, halblogarithmisch funktionierende Rechner der Welt für die Grundrechenarten mit binären Zahlen, also nur mit 0 und 1, man nennt sie auch Gleitkomma-Arithmetik. Weiterhin eine Boole’sche Schaltungslogik, wieder binär mit den zu berechnenden Zuständen „Ja“ und „Nein“, oder auch „Schalter ein“ und „Schalter aus“. Benötigt wurde auch ein Speicher für Zahlen und Befehle beziehungsweise Operationen; die Z1 hatte eine Kapazität für 64 Worte mit je 22 binären Zahleneinheiten, also binary digits, die wir abgekürzt als Bits kennen. Das ganz Besondere war aber, dass die Schaltungen und Speicherungen über bewegliche dünne Bleche erfolgten, die einzeln mit einer Laubsäge ausgeschnitten worden waren und über Führungsstifte verschoben wurden, also rein mechanisch. Man brauchte rund 30000 kleine so gefertigte Bleche. Von dieser ersten Apparatur gibt es nur Fotos. Das Original ist im Bombenkrieg zerstört worden. Das alles kann man sich aber im Deutschen Technikmuseum in Berlin ansehen, wo ein in den Jahren 1987 bis 1989 mit modernen Mitteln von Zuse, bei Mitwirkung von zwei Studenten, selbst gefertigter Nachbau der Z1 steht.

Die nachfolgenden Rechner waren die Z2 und endlich die Z3, deren Schaltungs- und Speicherlogik in den meisten Teilen denen der Z1 entsprachen. Die Mittel dazu waren aber keine Bleche mehr, sondern elektromagnetische Relais, die man in der telegrafischen Vermittlungstechnik verwendete. Jeder kennt sicher die mit Magnetspulen arbeitenden Haustürklingeln, die nach ähnlichem Prinzip funktionieren, immer schnell umschaltend, damit der Klöppel für die Tonerzeugung durch Anschlagen an die Klingelglocke hin „ja“ und her „nein“ schwingt. In der Z3 wurden diese beiden Zustände für die Realisierung stabiler binärer Zustände genutzt. Dabei werden die Magnetspulen durch elektrischen Strom erregt und dadurch ein Federkon­takt geschlossen. Das entspricht „Ja“ oder „1“. Oder der Strom wird ausgeschaltet und damit der Federkontakt wieder geöffnet, was „nein“ beziehungsweise „0“ entspricht.

Ohne jetzt auf weitere Einzelheiten des Funktionsablaufs der Z3 einzugehen, sei gesagt, dass sie komplett in elektromagnetischer Relaistechnik arbeitete, dass in ihr 600 Relais im Rechenwerk und 1400 im Speicherwerk eingebaut waren, also insgesamt 2000 Relais. Die Speicherkapazität betrug 64 Worte, heute sagt man Speicherzellen, mit je 22 Bit Wortlänge. Die Steuerung erfolgte über Acht-Kanal-Lochstreifen, das heißt ein Befehl bestand aus acht Bit. Die Dateneingabe geschah über eine Spezialtastatur, die Ergebnisausgabe wurde durch Anzeige der Resultate mit Lampenreihen einschließlich der Kommastellung angezeigt. Die Z3 war 1941, bei Teilfinanzierung durch die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt, der sie am 12. Mai 1941 vorgeführt wurde, „fertiggestellt und das erste Gerät, das wirklich voll funktionsfähig alle wichtigen Elemente einer programmgesteuerten Rechenmaschine für wissenschaftliche Zwecke nach dem Stand der Technik enthielt“, so Konrad Zuse in seiner Autobiografie „Der Computer mein Lebenswerk“.

Wie die Z1 existiert auch die Original Z3 nicht mehr. Sie wurde 1943 ebenfalls bei einem Bombenangriff auf Berlin zerstört.

Zuse hat nach dem Zweiten Weltkrieg, aber vor der Übernahme der Zuse KG durch die Siemens AG 1967 mit dem Nachbau einer Zuse Z3 begonnen. Sie wurde dem Deutschen Museum in München übergeben, dort in der Informatik-Abteilung ausgestellt und noch 1984 von Konrad Zuse selbst vorgeführt, mit Lösung verschiedener Gleichungen, was der Autor dieses Artikels miterleben konnte.

Inzwischen gibt es einen weiteren Nachbau der Z3, den Zuses Sohn Horst in neuzeitlicher Relais-Technik hergestellt hat. Er ist in gleicher Weise lauffähig wie sein Vorbild, und auf die Rechengeschwindigkeit der Original-Z3 abgestimmt, man kann die Relais klappern hören. Gegenwärtig steht er im Deutschen Technikmuseum Berlin und soll nach einem festgelegten Zeitplan auch an anderen Orten ausgestellt und vorgeführt werden.          

                Hermann Flessner

Der Autor dieses Beitrags war einer der beiden Nachlassverwalter Konrad Zuses und Vorsitzender der Zuse-Benutzer-Gemeinschaft. Er ist Gründungsmitglied der seit 1988 bestehenden Konrad-Zuse-Gesellschaft sowie Verfasser des in Kürze erscheinenden zweibändigen Werkes „Erste Arbeiten mit Zuse-Cpmputern“.


S. 12 Leserforum

Leserforum

Israels wichtige Rolle im Nahen Osten würdigen

Zu: Die Rolle Israels bei der Luftoffensive (Nr. 13) und: Bündnis alter Feinde (Nr. 13)

Zuerst möchte ich erwähnen, dass ich die PAZ wöchentlich mit Gewinn lese. Viele Themen werden kontrovers, kritisch und dennoch fair dargestellt. Das Niveau der Sprache ist nicht zu hochtrabend und intellektuell, sondern für Leser aller Schichten gut verständlich und zugleich anspruchsvoll.

Wenn die PAZ über Juden und Israel berichtet, freue ich mich, dass sie klar die antisemitischen Tendenzen in unserem Land benennt und Stellung für unsere jüdischen Mitbürger bezieht. Beim Thema Israel zeigt die Zeitung allerdings stark Schlagseite in eine ungute Richtung, so auch als Beispiel der Artikel von Florian Sturmfall zu Israels Rolle im Nahen Osten. Sicherlich gibt es Stimmen wie jene des Obersten Fluffers, die Gefallen am Krieg finden. Doch die klare Mehrheit der Juden in Israel liebt den Frieden und das Leben, während die Araber ihre „Märtyrer“ als Helden feiern.

Die Leser mögen sich nur einmal vor Augen führen, wie viele Araber aus dem Gazastreifen und Judäa und Samaria kostenlos in israelischen Krankenhäusern behandelt werden, darunter sogar Terroristen und deren Angehörige. Etliche muslimische Staaten und Organisationen fordern direkt die Vernichtung Israels, allen voran der Iran und die PLO sowie die Hamas.

Israel hat einen historischen und biblischen Anspruch auf das Land mit Jerusalem als seiner ungeteilten Hauptstadt, und das seit mehr als 3000 Jahren. Weiterhin hat Israel alle Gebietszuwächse nach 1948 durch Verteidigungskriege erhalten. Es ist unser

natürlicher Verbündeter, den Deutschland und die EU allzu oft mit Füßen treten. Doch wir ernten jetzt den Terror, den wir durch Unterstützung der palästinensischen Araber gesät haben und verschmähen zudem Israels Hilfe bei der Terrorbekämpfung.

Ob Antisemitismus sich theologisch, rassisch oder wie gegenwärtig politisch ausdrückt, geht es immer darum, den Juden ihr Existenzrecht abzusprechen und sie für die Übel der Welt verantwortlich zu machen.

Zum Schluss sei der PAZ und ihren Lesern eine Anekdote über Friedrich den Großen in Erinnerung gerufen. Als dieser Skeptiker und Aufklärer seinen General von Zieten nach einem Beweis für die Existenz Gottes fragte, antwortete jener: „Majestät, die Juden!“

Wer aus welchem Grund auch immer Israel und die Juden ablehnt, stellt sich gegen den Gott der Bibel, der der Gott Israels ist und uns durch das jüdische Volk den Messias Jesus und sein Wort geschenkt hat.

Michael Schrimpf, Magdeburg

 

 

Macht des Islam brechen

Zum Leserbrief: Ein Grund für schwere Depression (Nr. 15)

Die Realitätsverweigerung unserer Politiker gerade im Blick auf den Islam ist extrem und kann zur Verzweiflung führen, zumal sie auch noch mit Rechtsverweigerung verbunden wird.

In freiheitlichen Staaten gilt das Prinzip der Nichtidentifizierung des Staates mit einer Religion, wie es auch in Art. 137 Abs. 1 Weimarer Verfassung („Es besteht keine Staatskirche“), den das Grundgesetz übernommen hat (Art. 140), zum Ausdruck kommt. Aber dieses Verfassungsgebot der Nichtidentifizierung wird von den Entscheidungsträgern in Hinsicht  auf den Islam nicht einmal angesprochen, geschweige denn ist es Maßstab politischen Handelns.

Unbestreitbar und offenkundig ist: Wo der Islam gilt, tritt er als Staatsreligion auf, verfolgt andere Religionen, zerstört deren Kirchen und bringt Andersgläubige um. Dabei muss man nicht einmal an die unfassbaren Grausamkeiten des Terrorstaates „IS“ denken. Auch andere islamische Staaten, man denke nur an Saudi-Arabien, sind ein Gegenbild zum freiheitlichen Staat: Menschenwürde wird weder geachtet noch geschützt, Freiheit gibt es nicht, vor allem nicht für Frauen, selbstverständlich auch keine Glaubensfreiheit, und von Demokratie kann keine Rede sein.

Es wäre höchste Zeit, dass wir uns endlich mit den enormen Gefahren beschäftigen, die vom Islam ausgehen, zumal die meisten Flüchtlinge, die zu uns kommen, Muslime sind. Aber die Gefahren werden verdrängt, auf jeden Fall möglichst verschleiert, von der Politik ebenso wie von den Massenmedien. Alles andere wäre ja auch Wasser auf die Mühlen der „Rechten“, die gerne als die eigentliche Gefahr für unser Land dargestellt werden, selbst wenn es sich um zugelassene und damit verfassungsmäßige politische Parteien handelt. Es ist – mit Verlaub – ein Armutszeugnis vor allem für die Große Koalition, dass es nun die AfD als erste Partei ist, die auf die Unvereinbarkeit des Islams mit dem Grundgesetz hinweist, und dass den „Altparteien“ nichts anderes als Beschimpfungen und Verleumdungen einfallen.

Besonders „einfallsreich“ ist dabei wieder einmal die Linkspartei. Sie spricht von „Islamhass“ und der „Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas“. Nur in der CSU scheinen sich inzwischen Zweifel zu regen; das beabsichtigte „Islamgesetz“ lässt sich in diese Richtung deuten.

Unabdingbar wäre es, den Vorstoß der AfD ernst zu nehmen und unverzüglich entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Der Leserbriefautor hat schon Recht, wenn er auf das nach wie vor bestehende Bestreben des Islams nach der Eroberung des Abendlandes hinweist. Die Migration schutzsuchender Menschen ist eine sehr viel gefährlichere Waffe als schwer bewaffnete Heere.

Eines muss allerdings klar sein: Auch Muslimen muss Asyl gewährt werden, wenn sie die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen, und es wäre auch nicht vertretbar, sie in einer Art „Glaubenskrieg“ zu bekämpfen. Sehr wohl aber muss ihnen als Mitglieder einer Glaubensgemeinschaft, die verfassungsfeindlichen Cha­rakter hat, die Glaubensfreiheit nach Art. 4 GG verweigert werden, und nicht nur gegen islamistische Terroristen, sondern auch gegen religiöse Hassprediger ist mit aller Härte des Gesetzes vorzugehen.

Bei der völlig verantwortungslosen und laschen Haltung unserer Entscheidungsträger drängt sich die Frage auf, wie es weitergehen soll, wenn immer mehr Muslime nach Deutschland drängen, hier ihren Wohnsitz nehmen und ihren Arbeitsplatz haben, sich kräftig vermehren und schließlich auch noch die deutsche Staatsangehörigkeit bekommen? Dann können sie wählen und wohl auch in sicherheitsrelevanten Bereichen (Polizei, Bun­deswehr) arbeiten. Dann können sie auch eine eigene Partei gründen, vielleicht ins Parlament und in die Regierung kommen. Dann erst wird sich zeigen, was wir von ihnen zu erwarten haben. Dann könnten plötzlich viele Masken fallen, und die führenden Muslime könnten, ihrer Religion folgend, darauf hinarbeiten, ihre Religion zum Maßstab der Politik zu machen, also einen Islamstaat anstreben. Nur die besonders Blauäugigen können eine solche Entwicklung ausschließen.

Und was machen wir dann? Erdogan weiß schon, wie es weitergehen soll, wenn er die Türken bei seinen letzten Wahlreden in Deutschland als eine Macht außerhalb der Türkei bezeichnet. Was er damit wohl gemeint hat?

Prof. Dr. Walter Schmitt Glaeser, Bayreuth

 

 

Ein Kuhhandel

Zu: Kotau vor Erdogan (Nr. 15)

Bundeskanzlerin Merkel wird von Recep Tayyip Erdogan als Tanzbärin durch die politische Arena geführt.

Ich verurteile den schäbigen Kuhhandel von Merkel mit der Türkei. Auch wenn man das Traktat von Böhmermann ablehnt, darf dieses nicht zu einem Kniefall vor Erdogan führen, da Anklage bereits vor einem deutschen Gericht von diesem türkischen Sultan eingereicht worden ist.

Wie kann sich die Bundeskanzlerin im vorauseilenden Gehorsam bereits vor einer Urteilsverkündung bei Erdogan telefonisch entschuldigen, ohne einen Rechtsspruch abzuwarten? Sie trampelt an der Leine des türkischen Staatschefs durch alle Fettnäpfe, die dieser vorsorglich aufgestellt hat. Merkel fügt Deutschland schweren Schaden zu und verliert auch international an Vertrauen. Kaiser Wilhelm II. würde sich sehr wundern, dass ein Gesetz im Kaiserreich nun zur Anwendung in der Bundesrepublik kommt und dann abgeschafft wird.

Hans-Joachim Nehring, Neubrandenburg

 

 

Respekt für Hans von Seeckt

Zu: „Truppe schießt nicht auf Truppe“ (Nr. 14)

Respekt für diesen ausgewogenen Beitrag, der das sattsam bekannte Klischee des arroganten Monokelträgers, der Zivilisten und Parlamentariern ausschließlich mit Verachtung begegnet sein soll, wirkungsvoll ad absurdum führt. Vermutlich ist diese bis heute anzutreffende, verzerrte Wahrnehmung der Tatsache geschuldet, dass Hans von Seeckt einer untergegangenen monarchisch-aristokratisch geprägten Welt angehörte, für die der heutige Zeitgeist kein Sensorium mehr hat. Das Bemühen des Autors um eine gerechte Würdigung von Persönlichkeit und Lebensleistung möchte ich durch vier ergänzende Hinweise unterstützen:

Zum einen: Von Seeckt war mit einer Frau jüdischer Herkunft verheiratet − für einen Offizier seiner Zeit eine bemerkenswerte Tatsache. Soweit aus den biografischen Quellen ersichtlich, führte er eine vorbildliche Ehe.

Zum andern: Wegen seiner konsequent verfassungstreuen Haltung beim Aufbau der Reichswehr wurde er von rechtsradikalen, zum Teil auch von borniert-rück­wärtsgewandten Kreisen angefeindet, bis hin zur Bedrohung von Leib und Leben.

Zum Dritten: Vom Reichspräsidenten mit umfassenden Notstandsvollmachten ausgestattet, bewahrte er in der hochkritischen Phase von November 1923 bis Ende Februar 1924 das Deutsche Reich vor dem Auseinanderbrechen und die Weimarer Republik vor ihrem vorzeitigen Ende.

Zum Vierten: Das einzige im ganzen Deutschen Reich gültige, von einer deutschen öffentlichen Autorität ausgesprochene Verbot der NSDAP stammt von ihm (erlassen am 23.11.1923). 

Fazit: Trotz gelegentlicher Fehleinschätzungen Hitlers, bei grundsätzlicher Distanz zum Nationalsozialismus, und ungeachtet von Vorbehalten gegen die republikanische Staatsform aufgrund Herkunft und Erziehung hat Hans von Seeckt sich um die Verteidigung des Rechtsstaats in der deutschen Geschichte ein bleibendes Verdienst erworben. Dafür sollten ihm Ehre und Anerkennung nicht verweigert werden.

Dr. Heinz Jürgen Fischbach, Montabaur

 

 

Kein Memelland

Zum Leserbrief: Sichere Quelle (Nr. 15)

Zum Thema der 2+4-Gespräche mit dem damaligen Außenminister Genscher kann ich noch etwas beitragen: Während eines Besuchs in Ostpreußen – bei einer Fahrt über das Kurische Haff – lernte ich den aus Kaukehmen stammenden Journalisten Günter Graffenberger kennen, der heute in Stockholm lebt. Er erzählte mir, dass Gorbatschow den Litauern zu ihrem Vorhaben, sich von der UdSSR loszusagen, erklärt haben soll: „Ohne das Memelland!“

Bekanntlich gehörte das Memelland seit März 1939, also vor Ausbruch des Krieges, wieder zum Deutschen Reich. Litauen sollte im Memeler Hafen ein freies Zollgebiet erhalten und gab das Gebiet zurück, da schon viele Spannungen mit Polen wegen des Wilnaer Gebiets bestanden. So wurde Polens Staatschef Józef Piłsudski dort geboren. Aber Gorbatschow bekam Schwierigkeiten in Moskau.

Manfred Kremp, Bremen

 

 

Friedensengel Erdogan

Zu: Putins Enthüllungen (Nr. 16)

Es ist eine Unverschämtheit, dass die Russen immer von der Perestroijka sprechen. Aber das Schlimmste ist, sie sprechen nicht nur davon, sie handeln auch so! Sie haben den Warschauer Pakt aufgelöst und die armen Länder ohne russisches Militär und ohne Waffen schutzlos alleingelassen. Aber die hilfreichen Amerikaner haben mit ihren überlegenen Waffen und gut bezahlten Söldnern die amerikanische Sicherheit geschaffen. Es ist ihnen sogar zuzutrauen, dass sie die Schwarzmeer-Flotte mitnehmen, obwohl sie ja eigentlich gar keine Häfen haben. Jetzt könnte nur noch der Papst helfen und den Friedensengel Erdogan als Vermittler vorschlagen.

Ernst Reiner Langenfeld, Wuppertal


S. 13 Das Ostpreußenblatt

Reise zu Ostpreußens Architektur-Erbe
Landsmannschaft lud Verteter der mittleren Generation der Deutschen Minderheit zum Seminar ein

Das Verbindungsbüro der Landsmannschaft Ostpreußen in Allenstein hatte für vergangenes Wochenende Vertreter der Deutschen Minderheit im südlichen Ostpreußen zu einer Veranstaltung über „Schlösser und Gutshäuser in Ostpreußen” eingeladen.

Das Seminar richtete sich an die mittlere Generation (25 bis 60 Jahre) der Deutschen Minderheit im südlichen Ostpreußen. 30 Teilnehmer hatten sich am Veranstaltungsort Gartenpungel westlich von Guttstadt eingefunden. Neben der Besichtigung einer Reihe von Gutshäusern war es für sie eine willkommene Gelegenheit, sich näher kennenzulernen und zum Erfahrungs- und Ideenaustausch.

Zu Beginn hielt die Psychologin Irena Sosnowska einen Vortrag zum Thema generationsübergreifende interpersonale Kommunikation. Sie erklärte, wie man die Ziele und Strategie einer Organisation setzt und gab damit den Teilnehmer auch Werkzeuge an die Hand, um ihre Arbeit bei den deutschen Vereinen zu verbessern.

Der nächste Programmpunkt hieß „Leben auf ostpreußischen Gütern und Landschlössern“. Hier wurde die Veröffentlichung des Kulturzentrums Ellingen „Unbeschwerte Zeit. Jugendjahre auf ostpreußischen Gütern und Landschlössern“ vorgestellt. Es handelt sich eine Zusammenstellung von Zeitzeugenberichten. Durch persönliche Befragung wurde die besondere Geschichte und Kultur des ostpreußischen Adels festgehalten. Angehörige adeliger Familien beantworteten verschiedene Fragen, zum Beispiel nach ihren Wohnsitzen, Kindheitserlebnissen oder ihrem Alltagsleben. Bis  2015 sind insgesamt 16 Interviews geführt worden. Die interessantesten Passagen wurden den entsprechenden Themen zugeordnet und fanden Platz auf zwei CD. Parallel dazu ist eine Broschüre entstanden mit kurzen Texten über adelige Wohnsitze und Familien, die auch zahlreiche Abbildungen enthält.

Am zweiten Tag startete die Gruppe zu einem Besuch fünf weiterer Gutshäuser und Schlösser. Von Gartenpungel, wo der heutige Gutsbesitzer über die Geschichte des Guts und über den Umbau erzählte, ging es nach Schlodien [Gładysze], das ab 1643 im Besitz der Grafen zu Dohna war. Das Schloss wurde in den Jahren 1701 bis 1704 gebaut. Mit dem Entwurf beauftragte Christopher zu Dohna den französischen Architekten

Jean de Bodt. Heute ist das Schloss eine Ruine. Nächstes Ziel war Schlobitten [Słobity]. Die hier in der Barockzeit entstandene Anlage war die hervorragendste Realisierung dieser Epoche in Ostpreußen. In den Jahren 1525 bis 1945 war es  Stammsitz eines anderen Zweigs der Familie Dohna, einer der bedeutendsten Adelsfamilien Preußens. Stanislaus, Feldhauptmann bei Konitz (1454) begründete die preußische Linie seiner Familie. Der Deutsche Orden verlieh Peter Dohna 1525 Schlobitten. Achtius Dohna baute dort das sogenannte Neue Haus. Doch erst sein Sohn Abraham zu Dohna war in den Jahren 1621 bis 1624 Bauherr des ersten Schlosses in Schlobitten. 1945 brannte das Schloss aus und verfällt seitdem immer mehr.

Im Gutshaus in Davids [Dawidy], das 1705 bis 1945 im Besitz der Familie zu Dohna-Schlobitten war, machte die Gruppe eine Mittagspause. Das Gebäude ist inzwischen wiederhergestellt und dient als kleines Gästehaus. Die Rundfahrt führte weiter nach Draulitten [Drulitty], das im 16. Jahrhundert vermutlich dem Herzog Albrecht gehörte. Letzter deutscher Besitzer bis 1945 war die Familie Krahmer. Der heutige Besitzer restaurierte das Gutshaus sowohl innen als auch außen. Er beabsichtigt auch, die weiteren Gutsgebäude zu sanieren. In Zukunft sollen hier eine Brauerei, eine Heimatstube und ein Restaurant entstehen und auch Touristengruppen Zugang haben.

Der letzte Programmpunkt war Quittainen [Kwitajny]. Es gehört zu den ältesten Dörfern in diesem Gebiet. Die erste urkundliche Erwähnung stammt von 1281. Im 17. und 18. Jahrhundert besaß die Familie von Borcke Quittainen. 1691 erwarb es Graf Albrecht von Barfuß, der mit Eleonore von Dönhoff, der Tochter des Grafen Friedrich von Dönhoff, Gutsherr auf Friedrichstein und Dönhoffstädt, verheiratet war. Da diese Ehe kinderlos blieb, fiel Gut Quittainen 1744 in den Besitz von Philipp Otto von Dönhoff. Damit begann die 200-jährige Herrschaft der Grafen von Dönhoff in Quittainen bis zum Januar 1945. Die Geschichte dieses Besitzes verlief jedoch etwas anders als die der anderen Landgüter. Etwa 1771 oder 1786 entstand hier die „Gräflich Dönhoffsche Familien- und Armenstiftung”. Außer Quittainen gehörten zu dieser Stiftung elf Dörfer und 2500 Hektar Land. Eine der Aufgaben war der Bau eines Hospizes mit Pflegeheim, das bis 1945 existierte. Die letzte Person, die den Familienbesitz Quittainen vor 1945 verwaltete, war Marion Gräfin Dönhoff. Das Gutshaus wurde teilweise restauriert und steht für 750000 Euro zum Verkauf (Näheres dazu unter www.gutsdorf.de).

Edyta Gladkowska


Spende für die Bruderhilfe
Humanitäre Hilfe für die deutschen Landsleute in Ostpreußen geht uns alle an – helfen auch Sie mit!

Liebe Leser der Preußischen Allgemeinen Zeitung, Liebe Landsleute und Freunde Ostpreußens,

im vergangenen Jahr war der Spendenaktion der ostpreußischen Bruderhilfe eine außerordentlich gute Resonanz beschieden. Gemeinsam konnten wir wieder zahlreiche hilfsbedürftige deutsche Landsleute in der dreigeteilten Heimat Ostpreußen unterstützen. Auch in diesem Jahr soll die humanitäre Betreuung der Deutschen Minderheit, die dringend erforderliche Unterstützung für die deutschen Landsleute im Land zwischen Weichsel, Ostsee und Memel fortgesetzt werden. Daher wende ich mich auch heute wieder mit einem Aufruf für die Bruderhilfe an Sie.

Das südliche Ostpreußen und das Memelland gehören seit mehr als einem Jahrzehnt zur Europäischen Union. Trotzdem ist die Not vieler Menschen, gerade auch auf dem Lande, noch immer sehr groß: Hohe Arbeitslosigkeit, schlechte medizinische Versorgung und Altersarmut spielen auch weiterhin eine große Rolle. In Zeiten stark ansteigender Preise bewegen sich die Renten nahezu unverändert auf einem sehr niedrigen Niveau, vielfach unterhalb des Existenzminimums. Immer wieder gehen daher Hilferufe von in Not geratenen Landsleuten bei uns ein. Viel dramatischer ist die Lage der russlanddeutschen Bevölkerung im Königsberger Gebiet, der es oft an einfachsten Dingen fehlt, die für uns selbstverständlich sind. Brennstoffe, Lebensmittel und auch die notwendigen Medikamente sind teuer geworden, die Wege zum nächsten Arzt meist weit. Aufgrund fehlender Perspektiven sind bereits viele Rußlanddeutsche in die Bundesrepublik Deutschland ausgewandert. Unter besonderer Obhut der Landsmannschaft Ostpreußen stehen die „Wolfskinder“, die am Ende des Zweiten Weltkrieges von ihren Familien getrennt worden sind. Viele von ihnen wurden von Litauern aufgenommen; etliche verloren ihre deutsche Identität. Erst 1990 konnten sie sich im Verein „Edelweiß-Wolfskinder“ zusammenfinden. Materielle Hilfe und ideeller Beistand haben hier einen ganz besonderen Stellenwert. Wir versuchen allen in der Heimat lebenden Landsleuten eine Perspektive zu geben.

In Zeiten der großen Migrationsströme wird die Situation der Deutschen in Ostpreußen von unseren Medien nicht mehr wahrgenommen. Ihre Not ist einer breiten Öffentlichkeit nicht bekannt. Unser Ziel ist es daher, den Landsleuten das Gefühl zu geben, dass sie nicht vergessen sind. Die Heimatkreisgemeinschaften der Landsmannschaft Ostpreußen und ihre ehrenamtlichen Helfer gewährleisten, dass Ihre Spende direkt und ohne bürokratischen Aufwand bei den Arbeitslosen, den Alten, Kranken und Behinderten, den Notleidenden und den kinderreichen Familien ankommt.

Ich bitte Sie daher heute persönlich: Helfen Sie durch Ihren Beitrag mit, dass wir unsere humanitäre grenzüberschreitende Arbeit im 66. Jahr fortsetzen und armen Landsleuten zu mehr Lebensqualität verhelfen können. Jede noch so kleine Spende hilft. Jedes Vermächtnis liefert einen wichtigen Beitrag, ist eine Brücke der Menschlichkeit in die ostpreußische Heimat. Deutsche helfen Deutschen, Ostpreußen unterstützen heimatverbliebene Ostpreußen.

Allen Spendern sage ich ein herzliches Dankeschön!

Wir geben Ostpreußen Zukunft.

Stephan Grigat

Rechtsanwalt und Notar

Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen

Wenn Sie helfen möchten, überweisen Sie Ihre Zuwendung bitte auf das Konto der Landsmannschaft Ostpreußen - Bruderhilfe e.V. bei der

HSH Nordbank

IBAN: DE 93 2105 0000 0600 5020 00

BIC   : HSHNDEHH

Kontakt: Landsmannschaft Ostpreußen – Bruderhilfe e.V., Peter Wenzel, Buchtstraße 4, 22087 Ham-burg, Tel. 040-41 40 08 25; Fax: 040 – 41 40 08 19; wenzel@Ostpreussen.de

Wir geben Ostpreußen Zukunft!

Stephan Grigat

Rechtsanwalt und Notar

Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen

Wenn Sie helfen möchten, überweisen Sie Ihre Zuwendung auf das Konto der Landsmannschaft Ostpreußen bei der HSH Nordbank-Bruderhilfe e.V., IBAN: DE 93 2105 0000 0600 5020 00, BIC:  HSHNDEHH , Konto-Nr.: 600 502 000, BLZ: 210 500 00, Kontakt: Landsmannschaft Ostpreußen – Bruderhilfe e.V., Peter Wenzel, Buchtstraße 4, 22087 Hamburg, Tel. (040) 414008–25; Fax: (040) 414008–19; wenzel@Ostpreussen.de


MELDUNGEN

Streit um Grundstück

Allenstein – Die Stadt will einem Aussiedler ein Grundstück am Okull-See abkaufen. Für das etwa 4500 Quadratmeter große Grundstück will sie umgerechnet 114000 Euro zahlen. Auf dem Grundstück soll ein Parkplatz für 30 Autos entstehen, wogegen die Opposition protestiert. Der Abgordnete Lukasz Lukaszewski (PO) will einen Teil des Grundstücks an einen privaten Investor vergeben. Das Grundstück liegt neben der Kajak-Anlegestelle an der Olympia-Straße. Dort befindet sich auch eine ganzjährig geöffnete Halle mit einem Beachball-Platz und Squash-Plätzen. PAZ 

 

Störungen des Verkehrs

Allenstein – Straße Nr. S7: Liebemühl, Baustelle. Straße Nr. S7j: Rontzken [Raczki] – Zalusken, Baustelle. Straße Nr. 7: Elbing – Jazowa, Baustelle; Liebemühl – Osterode, Baustelle; Osterode – Hohenstein, Baustelle; Zalusken – Napierken, Baustelle. Straße  Nr. 7j: Zalusken  – Neidenburg [Nidzica], Baustelle. Straße Nr. 15: Rheinsgut [Rynskie] – Mörlen [Morliny], Baustelle. Straße Nr. 16: Osterode – Alt Jablonken [Stare Jabłonki], Baustelle: Nikolaiken, Baustelle. Straße Nr. 22: Elbing – Fichthorst [Jegłownik], Baustelle. Straße Nr. 51: Heilsberg [Lidzbark Warminski], Baustelle; Allenstein – Pagelshof [Ameryka], Baustelle. Straße Nr. 59: Moythienen [Mojtyny], Brückeumbau. Straße Nr. 63: Arys [Orzysz] – Johannisburg [Pisz], Brückenbau. Straße Nr. 65: Goldap [Gołdap] – Treuburg [Olecko], Brückenbau.        E.G.


S. 14 Ostpreussische Familie

Lewe Landslied,               
liebe Familienfreunde,

die Ostpreußische Familie bringt immer wieder Interessantes und ruft Erinnerungen wach – so beginnt Herr Peter Perrey aus Neustadt sein Schreiben – und liefert mir damit eine gute Vorlage für einen Einstieg in unsere Kolumne, denn ich kann gleich mit meinen eigenen Erinnerungen aufwarten, die sich diesmal auf den Rennplatz Carolinenhof in Königsberg beziehen. Wenn dort Renntag war, konnten wir das akustisch auf unseren sonntäglichen Spaziergängen nach Kalthof mitbekommen – Musikfetzen und andere festliche Geräusche wehte der Wind herüber, denn die Rennbahn grenzte hinter der langen Reihe der Friedhöfe an die Königsallee. Der Eingang befand sich im Glacis an der Cranzer Allee, und dorthin pflegte mein großer Bruder zu pilgern, der sich mangels eigener Reitmöglichkeiten die Freuden eines Renntages in Carolinenhof gönnte. Ich kleine Schwester bewunderte ihn sehr, wenn er so geschniegelt und gebügelt loszog, und beschloss, dass ich auch zum Rennen gehen würde, wenn ich groß war. Ich wurde zwar erwachsen, aber nach Carolinenhof bin ich nie gekommen, was mir für Herrn Ulrich Trebbin aus München leid tut, denn dann könnte ich einige seiner Fragen vielleicht beantworten, weil sie den Pferdesport im Königsberg der 30er Jahre betreffen, denn dort spielt die Handlung seines Romans, an dem Ulrich Trebbin zur Zeit arbeitet.

Das hat seine Gründe: Die mütterliche Linie des Autors kommt aus Ostpreußen, und die Namen seiner Vorfahren haben für uns Königsberger einen guten Klang. Sein Urgroßonkel Max Aschmann schenkte der Stadt den gleichnamigen Park in Maraunenhof. Der Familie gehörte die Wein-Großhandlung Steffens & Wolters, das Haus mit den Weinstuben in der Kneiphöfischen Langgasse galt als eines der schönsten auf der Pregelinsel. Ein besonders wertvolles Stück blieb erhalten: Im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe befindet sich eine früher im Oberstock des Hauses befindliche Tür aus der Renaissance mit reichen Schnitzereien und Intarsien. So viel zu der Verbindung des Autors zu Königsberg. Er wendet sich an uns, weil er vor allem Wissenswertes über den Pferdesport in Königberg benötigt. Ulrich Trebbin schreibt;

„Für meinen Roman, an dem ich derzeit arbeite und der in den 30er Jahren in Königsberg spielt, erhoffe ich mir von Ihnen Hinweise auf Material oder Ansprechpartner. Ein Teil spielt im Bereich des Springreitens, das wohl auf dem Rennplatz stattgefunden hat. Gibt es Erlebnisberichte über den Verlauf von Turnieren, die ich für die Handlung verwerten kann? Des Weiteren interessiert mich der Ablauf des sogenannten Musikreitens bei den Regimentern in der Cranzer Allee. Wie spielten sie sich ab? Wie wurden die im Anschluss stattfindenden Tanztees organisiert? Welche Musik wurde da gespielt, auch Tango und Foxtrott? Vor allem bin ich an anschaulichen Berichten, aber auch an Details interessiert. Es wäre schön, wenn man mir weiterhelfen könnte“.

Soweit das Anliegen von Herrn Ulrich Trebbin, der vor allem die Atmosphäre dieser reiterlichen Veranstaltungen erfassen möchte, wie aus seinem Schreiben hervorgeht. Wer kann ihm diese vermitteln? Vielleicht gibt es Zeitzeugen, die als Ansprechpartner in Frage kommen? (Ulrich Trebbin, Zeunerstraße 3 in 80798 München, Telefon 0151/50 767 393.)

Nun zurück zu Herrn Peter Perrey, denn die anerkennenden Worte für unsere Ostpreußische Familie waren auch für ihn der Einstieg in eine längeren Abhandlung über verschiedene Themen aus unseren letzten Folgen. Zunächst ging es ihm um das Kartenspiel „Gottes Segen bei Cohn“, das in ganz Ostpreußen als eine Art Lotteriespiel verbreitet war. In Frankenau im Kreis Rößel war es als „Kohnsegen“ bekannt, das Spielen wurde in vielen Teilen Ostpreußens kurz und knapp „kohnen“ genannt. Varianten waren die Glücksspiele Häufeln, Polnische Bank und Russisches Roulette – allerdings nicht unter Einsatz eines Revolvers. Die Schreibweise Cohn dürfte die ursprüngliche sein, da ja in alten Zeiten besonders die Juden als Fachleute des Geldes und damit auch des Glückspiels galten, weil Christen gewisse Geldgeschäfte ursprünglich verboten waren.

Zum Thema „Ostpreußische Spirituosen“ wurden bei ihm ganz besondere Erinnerungen wach. Herr Perrey schreibt: „Mir kommt sofort der Rigaer Balsam in den Sinn. Mein Großonkel, der Oberlotse Alfred Krüger aus Pillau, kannte den Hersteller Hans Osolin persönlich und bezog den – so etikettierten – Balsamum Rigense direkt aus Hamburg. Diese baltische Spezialität wird auch heute noch in Lettland hergestellt. Rigas Melnais Balzams (Schwarzer Rigaer Balsam) ist ein Likör, dem neben Kräutern auch Blüten, Beeren und Öle beigemischt sind. Wenn ich als Primaner mit meinen Freunden auf der Kieler Förde segelte, machten wir regelmäßig in Laboe Station, wo meine Großtante Anna Krüger allen einen Rigaer Balsam einschenkte. Das ist in guter Erinnerung geblieben.“ Und kann somit an Herrn Heinrich Lohmann aus Verden weitergegeben werden, der sich über diese schnelle Reaktion auf seine Spirituosensuche sicher freuen wird. Leider hatte sich bei der Veröffentlichung in Folge 15 bei der Angabe seiner Telefonnummer ein Fehler eingeschlichen, die letzte Zahl war auf der Strecke geblieben. Die richtige Telefonnummer von Herrn Heinrich Lohmann aus Verden lautet: 04231/62626.

Da hatte nun ein altes ostpreußisches Gesangbuch jahrzehntelang in meiner „Fundgrube“ gelegen, weil eine frühere Suche ergebnislos verlaufen war, und als ich es dann erneut unseren Lesern anbot, ahnte ich noch nicht, welche Welle es auslösen würde. Es fand nicht nur seinen richtigen Platz, auch weitere alte Gesangbücher konnten vermittelt werden – Nr. 4 und 5 sind gerade den künftigen Hütern übergeben worden, darüber werde ich in der nächsten Folge berichten. Heute will ich auf den Brief von Herrn Martin Coch aus Frechen eingehen, dem früheren Kirchspielvertreter von Heiligenbeil-Land, einem alten treuen Leser, der auf der Erfolgsskala der erfüllten Wünsche einen Spitzenplatz einnimmt: Vor 13 Jahren fand Martin Coch durch unsere Ostpreußische Familie über 60 ihm bis dahin unbekannte Verwandte! Und nun hat ihn das Stichwort „Gesangbuch“ geradezu elektrisiert – ist er doch im Besitz einer mit 16 verschiedenen Exemplaren bestückten Gesangbuchsammlung. Sein ältestes Buch stammt aus dem Jahr 1883 aus dem damaligen Königreich Sachsen. Da hätte er sich gerne als Interessent angeboten, aber nun haben sich für die uns bisher überlassenen Gesangbücher andere Lösungen ergeben, die sich als die besten erwiesen – das meint auch Herr Coch. Aber falls sich Schwierigkeiten ergeben sollten, stehe er gerne für eine „Notlösung“ bereit und die könnte vielleicht in Bälde eintreten, allerdings nicht auf die bisherigen Exemplare bezogen, sondern auf Gesangbuch Nr. 6. Als hätte ich es herbeigewünscht: Während ich diese Zeilen schrieb, lag es schon im Posteingang in der Landsmannschaft Ostpreußen in der Hamburger Buchtstraße und wenig später hielt ich es in den Händen. Es kam diesmal von der Insel Helgoland, unsere treuen Leser Günter Lange und Karin von Seggern-Lange sind die Absender, und ihnen gilt zuerst einmal unser herzlicher Dank dafür, dass unsere ostpreußische Gesangbuch-Serie weiterlaufen kann, denn obgleich es auf der Nordseeinsel von dem Ehepaar entdeckt wurde, handelt es sich um eine im Jahr 1918 in Königsberg gedruckte Ausgabe des Evangelischen Gesangbuches für Ost- und Westpreußen. Als Herausgeber zeichnen die Königlichen Konsistorien der Provinzen Ost- und Westpreußen, und mit diesem Impressum blieb das Gesangbuch auch dann im Handel, als die Monarchie längst nicht mehr existierte, denn es wurde im Jahr 1927 verschenkt. Das besagt die Widmung auf der Innenseite, und darüber sind wir sehr froh, denn durch die darin verzeichneten Namen und Daten lässt sich das Buch leicht einordnen und könnte so vielleicht wieder in den ursprünglichen Familienbesitz zurückkehren.

Frau von Seggern-Lange hatte es vor einigen Jahren in der Helgoländer Kirche entdeckt, als sie einen Stapel ausrangierter Bücher durchstöberte. Da für sie das für die preußischen Ostprovinzen bestimmte Gesangbuch ein Stück bewahrtes Ostpreußen war, nahm sie es mit nach Hause – und dort lag es im schützenden Originalkarton auf einem Buchregal, bis sie in der Ostpreußischen Familie auf unsere so erfolgreiche Gesangbuch-Aktion stieß. Das Ehepaar Lange beschloss, dieses von ihnen gerettete Gesangbuch uns ebenfalls zu überlassen. Denn wie Frau Karin schreibt: „Da sich in dem Gesangbuch auch Namen finden, könnte sich vielleicht über Ihre Familie auch jemand aus dieser Familie auffinden lassen.“ Es handelt sich um die Familie Roessler, die zur Zeit der Schenkung im damaligen Freistaat Danzig lebte, wie die Widmung besagt. Tochter „Halli“ hat es ihrer „lieben Mutter zum Weihnachtsfeste 1927“ geschenkt. Die Empfängerin hat selber ihren Namen eingetragen: Else Roessler geborene Huch, Danzig-Langfuhr, Steffensweg 2. Weitere Eintragungen findet man nicht in dem 640 Seiten starken, in Leder gebundenem Buch mit Goldschnitt, bis auf einen eingeklebten Zeitungsausschnitt, in dem über die Gründung einer Paul-Gerhardt-Gesellschaft in Berlin berichtet wird. Mit Bleistift dazu der Vermerk: Ende 1999. Wer das Gesangbuch damals besessen hat, muss sich bis in unsere Zeit hinein mit Kirchenliedern beschäftigt haben.

Für diejenigen unter unseren Lesern, die sich mit protestantischer Kirchengeschichte befassen, dürften aber einige Beilagen interessant sein, die lose in das Buch eingelegt wurden. Sie befassen sich mit Veranstaltungen, die in den Jahren 1929 bis 1933 in der Lutherkirche zu Danzig-Langfuhr stattfanden und die sich vor allem auf die Jugendarbeit der Gemeinde beziehen. Gerade auf diesem Gebiet ist man in Danzig sehr rührig gewesen, wie das Programm des 24. Bundesfestes des Ostdeutschen Jünglingsbundes beweist, das leider zeitlich nicht genau eingeordnet werden kann. Es werden zwar alle Veranstaltungsorte und Termine genannt, nur die Jahreszahl ist nicht erkennbar. Das Fest müsste eher Ende der 20er Jahre stattgefunden haben als in den folgenden Jahren, in denen die Programme mit Liedern und liturgischen Texten wie zum Deutschen Luthertag 1933 schon etwas aufwendiger gedruckt wurden. Diese und noch andere Mitteilungen über Veranstaltungen der Lutherkirchengemeinde können auch vom Gesangbuch getrennt vergeben werden, wenn der künftige Besitzer – wer auch immer – damit einverstanden ist. Unseren Helgoländer Spendern sagen wir Dank und senden herzliche Grüße zum Haus Nordseeblick am Südstrand der Hochseeinsel.

Eure Ruth Geede


Zum Jagen getragen
Görlitz soll 2025 europäische Kulturhauptstadt werden

Vorteile, die Breslau aus der Tatsache zieht, europäische Kulturhauptstadt zu sein, wie beispielsweise die zumindest zeitweise Reaktivierung des gestrichenen Eurocitys Berlin–Breslau oder des „Dresden-Wroclaw-Express“ haben Görlitz auf den Geschmack gebracht. Bereits 2010 hatten sich beide Teile der durch die Oder-Neiße-Grenze gespaltenen Neiße-Stadt gemeinsam um den Status europäische Kulturhauptstadt beworben. Damals musste man sich gegenüber Essen geschlagen geben, doch so ganz  scheint die Idee nicht verschwunden zu sein. Jedenfalls hat nun der Görlitzer Landrat Bernd Lange eine neue Bewerbung angekündigt. Vor einer Woche gab der Politiker auf einer Veranstaltung in der aktuellen europäischen Kulturhauptstadt bekannt, dass seine Kreisstadt sich für 2025 erneut bewerben wolle.

Langes Vorgehen ist schon ungewöhnlich, sollte doch ein solches Vorhaben eigentlich von der sich bewerbenden Stadt ausgehen. Der für Kulturangelegenheiten zuständige Görlitzer Bürgermeister Michael Wieler hat mittlerweile gegenüber der Görlitzer Ausgabe der „Sächsischen Zeitung“ bestätigt, dass der Kreis mit der Idee an die Stadt herangetreten sei. Vertreter der in der Region maßgeblichen Parteien zeigten sich ungeachtet des ungewöhnlichen Vorgehens geneigt, die Idee noch einmal aufzugreifen. Nicht bekannt ist bislang, ob wie 2010 die zur Republik Polen gehörende Osthälfte der geteilten Stadt sich auch diesmal an der Bewerbung beteiligen wird.

Nachdem der liberale Landrat von Ostgörlitz [Zgorzlec], Artur Bielinski, kürzlich der nationalkonservativen Urszula Ciupak hat weichen müssen, scheint sich die politische Landschaft im Ostteil der Stadt politisch noch nicht abschließend sortiert zu haben. Derzeit betonen alle Institutionen, gewohnt weiter zu machen, doch eine gewisse Skepsis liegt in der Luft. E.P.


Tabubruch durch Schlesier
Dariusz Dyrda bezweifelt Christianisierung Polens vor 1050 Jahren

In diesen Wochen wird in Polen die Christianisierung des Landes vor 1050 Jahren gefeiert. Zahlreiche TV-Sendungen, vor allem jedoch katholische Medien wie der Sender Radio Maryja oder die Wochenzeitung „Gosc Niedzielny“ überbieten sich in Sachen patriotischer Beiträge zur Erinnerung an den 14. April 966, dem heiligen Datum in Polens Annalen. An diesem Tag soll der Piastenfürst Miseco (Mieszko) I. getauft worden sein. Seine Frau, die böhmische Prinzessin Dubrawka, die er ein Jahr zuvor geheiratet hatte und die selbst Christin war, soll ihn dazu bewogen haben.

In der Märzausgabe des für Tabubrüche bekannten, der schlesischen Autonomiebewegung nahestehenden und in wasserpolnischem Idiom erscheinenden „Slunski Cajtung“ äußert der schlesische Schriftsteller, Journalist und Autor Dariusz Dyrda hieran erhebliche Zweifel. Eigentlich gäbe es keine Beweise für das große Jubiläum. Dieses sei bloß eine Annahme. Der Schlesier fährt schon schweres Kaliber gegen das Datum auf, das öffentlich kaum hinterfragt wird:

So habe Miseco bei seiner angeblichen Taufe keinen christlichen Vornamen angenommen, vielmehr habe er seinen heidnischen Namen behalten. Damit stehe er im Gegensatz etwa zum heiligen Wenzel in Böhmen, dem heiligen Stephan in Ungarn, Wladimir I. der Kiewer Rus oder Ethelbert von Kent in England.

Misecos Sohn, Boleslaus der Tapfere (Bolesław Chrobry), unternahm auch keine Bemühungen, seinen Vater heilig sprechen zu lassen. Hingegen habe er auf seinem eigenen Grabmal die im 18. Jahrhundert zerstörte Inschrift anbringen lassen: „Perfido patre tu es, sed credula matre“ (Von einem perfidem Vater und einer gläubigen Mutter). Dieses sei ein Indiz dafür, dass sein Vater das Versprechen den Böhmen gegenüber, sich taufen zu lassen, nicht eingelöst habe. Überliefert sei auch nicht, wo die angebliche Taufe stattgefunden haben soll oder wer die Taufpaten gewesen seien. Dabei seien solche Angaben, wie auch der Name des taufenden Bischofs, in anderen Ländern stets bekannt. Dyrda fasst zusammen, dass der 14. April 966 nur eine historische Fiktion sei, die erst 800 Jahre später aufgeblüht sei. Edmund Pander


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 99. GEBURTSTAG

Kallweit, Heinz, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 29. April

ZUM 97. GEBURTSTAG

Hohmann, Irma, geb. Bondzio, aus Lyck, am 4. Mai

Schulz, Emmi, geb. Marschewski, aus Thalheim, Wiesenfeld, Kreis Neidenburg, am 4. Mai

Turowski, Erich, aus Reinkental, Kreis Treuburg, am 4. Mai

ZUM 96. GEBURTSTAG

Fratzscher, Ilse, geb. Keibel, aus Germau, Kreis Samland, am 4. Mai

Wilken, Elfriede, geb. Mazeyzik, aus Prostken, Kreis Lyck, am 2. Mai

ZUM 95. GEBURTSTAG

Bartelt, Horst, aus Treuburg, am 4. Mai

Dobler, Gisela, geb. Schön, aus Pillau, Kreis Samland, am 30. April

Kaiser, Erich, aus Ebenfelde, Kreis Lyck, am 30. April

Kukulies, Willi, aus Tawe, Kreis Elchniederung, am 29. April

Lagerpusch, Helmut, aus Ostseebad Cranz, Kreis Samland, am 5. Mai

Packeiser, Eva. geb. Gromball, aus Rauschen, Kreis Samland, am 2. Mai

Seckner, Hildegard, geb. Laabs, aus Petersdorf, Kreis Wehlau, am 3. Mai

Tatzko, Babeth, aus Vorbergen, Kreis Treuburg, am 3. Mai

ZUM 94. GEBURTSTAG

Dziomba, Heinrich, aus Neidenburg, am 29. April

Enskat, Hedwig, geb. Enskat, aus Holländerei, Kreis Wehlau, am 3. Mai

Hoffmann, Günter, aus Tölteninken, Kreis Wehlau, am 3. Mai

Huber, Hildegard, geb. Dubbin, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 3. Mai

Ratzmann, Lydia, geb. Ludwanowski, aus Lyck, Königin-Luisen-Platz 3, am 3. Mai

Simniok, Edelgard, aus Kobilinnen, Kreis Lyck, am 3. Mai

Sonntag, Günter, aus Lyck, am 1. Mai

Stiegler, Eva, geb. Rossbach, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 3. Mai

Turowski, Hans-Georg, aus Lindenfließ, Kreis Lyck, am 4. Mai

Walther, Ursula, geb. Elfert, aus Adlig Linkuhnen, Kreis Elchniederung, am 1. Mai

Wieser, Alice, geb. Enseleit, aus Mühlenkreuz, Kreis Elchniederung, am 2. Mai

Zahlmann, Johanna, geb. Mett, aus Stadtfelde, Kreis Ebenrode, am 30. April

ZUM 93. GEBURTSTAG

Goetzke, Marianne, aus Neukirch, Kreis Elchniederung, am 2. Mai

Petereit, Franz, aus Schakendorf, Kreis Elchniederung, am 2. Mai

Verch, Horst, aus Neidenburg, am 29. April

ZUM 92. GEBURTSTAG

Bartels, Anneliese, geb. Lask, aus Schelasken, Kreis Lyck, am 4. Mai

Böhm, Wilfried, aus Adlershorst, Kreis Neidenburg, am 3. Mai

Borrmann, Christel, geb. Lichtenstein, aus Königsberg, Steinstraße 15 a, am 3. Mai

Christian, Fritz, aus Partheinen, Kreis Heiligenbeil, am 4. Mai

d’Erceville, Irmgard, geb. Wiechert, aus Neukirch, Kreis Elchniederung, am 5. Mai

Duscha, Margarete, aus Polennen, Kreis Samland, am 4. Mai

Gregersen, Margaretha, geb. Schöttke, aus Zimmerbude, Kreis Samland, am 29. April

Heinze, Elfriede, geb. Eckstein, aus Partheinen, Kreis Heiligenbeil, am 5. Mai

Kerbst, Heinz, aus Dannenberg, Kreis Elchniederung, am 5. Mai

Lendzian, Ingeborg, aus Lyck, am 1. Mai

Pradler, Erwin, aus Pregelswalde, Kreis Waldau, am 30. April

ZUM 91. GEBURTSTAG

Birkholz, Lilli, geb. Krieger, aus Groß Allendorf, Kreis Wehlau, am 1. Mai

Blome, Irmgard, geb. Kelbassa, aus Montwitz, Kreis Ortelsburg, am 4. Mai

Bublitz, Kurt, aus Friedrichshof, Kreis Ortelsburg, am 5. Mai

Geyer, Alfred, aus Kömersdorf, Kreis Lyck, am 1. Mai

Haberstroh, Irmgard, geb. Warnat, aus Wenzbach, Kreis Ebenrode, am 1. Mai

Hofmann, Gisela, geb. Wisniewski, aus Soldau, Kreis Neidenburg, am 4. Mai

Jeromin, Käthe, geb. Riemenschneider, aus Neumalken, Kreis Lyck, am 5. Mai

Orlowski, Kurt-Friedrich, aus Langsee, Kreis Lyck, am 5. Mai

Raschke, Herbert, aus Lötzen, am 29. April

Sundermann, Erna, geb. Fedder, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 5. Mai

Trier, Erika Emmy, geb. Mallwitz, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 25. April

Werner, Kurt, aus Grünwalde, Kreis Heiligenbeil, am 3. Mai

Wiezorrek, Erwin, aus Jesken, Kreis Treuburg, am 29. April

Wischnewski, Fritz, aus Woinassen, Kreis Treuburg, am 5. Mai

Wüsthoff, Erna, geb. Lepenies, aus Germingen, Kreis Ebenrode, am 30. April

Züfle, Erika, geb. Wedler, aus Bolzhagen, Kreis Elchniederung, am 3. Mai

ZUM 90. GEBURTSTAG

Genenz, Ruth, Kreis Lötzen, am 5. Mai

Hilpert, Lore, geb. Kutzmut, aus Barnen, Kreis Treuburg, am 30. April

John, Gotthard, aus Moithienen, Kreis Ortelsburg, am 29. April

Jordan, Gisela, geb. Menck, aus Wehlau, am 3. Mai

Jürgen, Gisela, geb. Lukat, aus Plein, Kreis Elchniederung, am 4. Mai

Kaßmekat, Paul, aus Kuglacken, Kreis Wehlau, am 2. Mai

Kreplin, Edith, geb. Schierwagen, aus Rauterskirch, Kreis Elchniederung, am 5. Mai

Müller, Arthur, aus Nareythen, Kreis Ortelsburg, am 1. Mai

Neumann, Ruth, geb. Schiller, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 29. April

Ollech, Werner, aus Ortelsburg, am 3. Mai

Pankler, Ernst, aus Gedwangen, Kreis Neidenburg, am 4. Mai

Pretzlaff, Helmut, aus Auglitten, Kreis Lyck, am 30. April

Roob, Marta, geb. Leidt, aus Kreislacken, Kreis Samland, am 29. April

Rosehalm, Helga, geb. Nowak, aus Garbassen, Kreis Treuburg, am 1. Mai

Sobotta, Ruth, geb. Bittins, aus Loye, Kreis Elchniederung, am 30. April

Speer, Charlotte, geb. Ryck, aus Auglitten, Kreis Lyck, am 30. April

Stehling, Else, geb. Trussat, aus Finkenhagen, Kreis Tilsit-Ragnit, am 30. April

Szameit, Horst, aus Tewellen, Kreis Elchniederung, am 2. Mai

Türke, Erna, geb. Kruschewski, aus Mostolten, Kreis Lyck, am 5. Mai

Vanselow, Eva, geb. Rudat, aus Altmühle, Kreis Elchniederung, am 29. April

ZUM 85. GEBURTSTAG

Bartschat, Günter, aus Drusken, Kreis Ebenrode, am 1. Mai

Bellinger, Maja, geb. Ditkuns, aus Altschanzenkrug, Kreis Elchniederung, am 4. Mai

Bendiks, Hannelore, geb. Gricksch, aus Schneckenmoor im Gutsbezirk Schnecken Forst, Kreis Elchniederung, am 2. Mai

Benz, Prof. Dr. Walter, aus Stobingen, Kreis Wehlau, am 2. Mai

Borm, Liselotte, geb. Kokon, aus Groß Friedrichsdorf, Kreis Elchniederung, am 3. Mai

Domahs, Walter, aus Krupinnen, Kreis Treuburg, am 4. Mai

Dzubiel, Waldemar, aus Roggenfelde, Kreis Treuburg, am 30. April

Goerigk, Franz, aus Groß Degesen, Kreis Ebenrode, am 29. April

Grigo, Edith, aus Woinen, Kreis Johannisburg, am 2. Mai

Grünberg, Eva, geb. Perbandt, aus Quilitten, Kreis Heiligenbeil, am 5. Mai

Hemmerling, Karl-Heinrich, aus Rauschen, Kreis Samland, am 29. April

Hiller, Gerda, geb. Boy, aus Petersdorf, Kreis Wehlau, am 3. Mai

Hübner, Waltraut, geb. Schneider, aus Duneiken, Kreis Treuburg, am 4. Mai

Jahn, Heinz, aus Grünwiese, Kreis Heiligenbeil, am 2. Mai

Janz, Erwin, aus Jägershof, Kreis Elchniederung, am 1. Mai

Judtka, Siegfried, aus Lyck, am 30. April

Kaminski, Edith, geb. Masannek, aus Pierlawken, Kreis Neidenburg, am 3. Mai

auf’m Kamp, Erika, geb. Daniel, aus Zohpen, am 5. Mai

Meier, Gerda, geb. Hamann, aus Lindendorf, Kreis Wehlau, am 3. Mai

Obalicha, Christel, geb. Dalchau, aus Neusorge/Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 30. April

Opiolla, Otto, aus Grünfließ, Kreis Neidenburg, am 30. April

Opretzka, Ursula, geb. Niski, aus Fürstenwalde, Kreis Ortelsburg, am 1. Mai

Rattay, Manfred, aus Treuburg, am 3. Mai

Rosenboom, Edith, geb. Lippick, aus Geigenau, Kreis Lyck, am 3. Mai

Rothgänger, Günter, aus Lengau, Kreis Treuburg, am 4. Mai

Sembill, Günther, aus Ostseebad Cranz, Kreis Samland, am 4. Mai

Stich, Rudi, aus Sanditten, Kreis Wehlau, am 3. Mai

Tanberg, Eitel, aus Lindenort, Kreis Ortelsburg, am 2. Mai

Thiel, Margarete, geb. Wenger, aus Frischenau, Kreis Wehlau, am 3. Mai

Wenzlawski, Kurt, aus Neidenburg, am 29. April

Wollenweber, Christel, geb. Rosteck, aus Klein Rödersdorf, Kreis Heiligenbeil, am 1. Mai

Zock, Rosemarie, geb. Speer, aus Neusorge/Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 29. April

ZUM 80. GEBURTSTAG

Augustin, Alexander, aus Breitenfelde, Kreis Neidenburg, am 1. Mai

Blumental, Siegfried, aus Königswalde, Kreis Lyck, am 2. Mai

Böhm, Dora Hilde, aus Lüdtkenfürst, Kreis Heiligenbeil, am 5. Mai

Bolduan, Lisbeth, geb. Tilsner, aus Hohenwalde, Kreis Heiligenbeil, am 4. Mai

Buiwitt, Hans-Günter, aus Almen, Kreis Ebenrode, am 5. Mai

Händel, Helga, geb. Tichelmann, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 4. Mai

Hüttermann, Käthe, geb. Niemann, aus Ihlnicken, Kreis Samland, am 5. Mai

Jeske, Erika, geb. Kalinowski, aus Winsken, Kreis Neidenburg, am 5. Mai

Kallweit, Erhard, aus Rautersdorf, Kreis Elchniederung, am 4. Mai

Knobelsdorf, Brigitte, geb. Janenz, aus Bürgersdorf, Kreis Wehlau, am 30. April

Küpper, Esther, geb. Fabricius, aus Grünwiese, Kreis Heiligenbeil, am 1. Mai

Kraschewski, Horst, aus Groß Sakrau, Kreis Neidenburg, am 30. April

Kukla, Gerhard, aus Barnen, Kreis Treuburg, am 3. Mai

Kunis, Sieglinde, geb. Wallus, aus Motzfelde, Kreis Elchniederung, am 3. Mai

Lenski, Dieter, aus Ortelsburg, am 1. Mai

Lojewski, Horst, aus Jürgenau, Kreis Lyck, am 4. Mai

Lütke-Beckmann, Helga, geb. Frede, aus Lyck, am 30. April

Maluck, Horst, aus Allenstein, am 1. Mai

Meding, Ewald, aus Ibenwerder, Kreis Elchniederung, am 29. April

Pahlke, Konrad, aus Schönfließ, Kreis Rastenburg, am 21. April

Piepiora, Helmut, aus Kurwien, Kreis Johannisburg, am 2. Mai

Purwin, Fred, aus Auglitten, Kreis Lyck, am 2. Mai

Rimkus, Alfred, aus Dünen, Kreis Elchniederung, am 1. Mai

Ryck, Oskar, aus Auglitten, Kreis Lyck, am 5. Mai

Rymacki, Waltraud, geb. Todzi, aus Schuttschenofen, Kreis Neidenburg, am 2. Mai

Sauter, Dr. Hansgeorg, aus Narwickau, Kreis Ebenrode, am 4. Mai

Schönfelder, Dorothea, geb. Hinz, aus Gauten, Kreis Samland, am 1. Mai

Thater, Nikolaus, aus Neudims, Kreis Rößel, am 30. April

Thimm, Erna, geb. Lunkowski, aus Pregelswalde, Kreis Wehlau, am 4. Mai

Wirsbinna, Gerhard, aus Soltmahnen, Kreis Lyck, am 3. Mai

Woynowski, Helmut, aus Maschen, Kreis Lyck, am 4. Mai

ZUM 75. GEBURTSTAG

August, Winfried, aus Merunen, Kreis Treuburg, am 29. April

Bäther, Ursula, geb. Pawlowitz, aus Alt Seckenburg, Kreis Elchniederung, am 29. April

Becker, Hanni Irma, geb. Kibath, aus Groß Seedorf, Kreis Neidenburg, am 30. April

Belzer, Renate, geb. Podewski, aus Salpen, Kreis Angerburg, am 30. April

Bredenberg, Dr. Wolf-Dieter, aus Plibischken, Kreis Wehlau, am 4. Mai

Brunke, Margarete, geb. Schiller, aus Preußenwall, Kreis Ebenrode, am 30. April

Elfert, Siegmar, aus Treuburg, am 3. Mai

Faust, Kurt, aus Korben, Kreis Samland, am 29. April

Gorke, Hildegard, geb. Neumann, aus Groß Ponnau, Kreis Wehlau, am 5. Mai

Grünewald, Doris, geb. Heinrich, aus Willenberg, Kreis Ortelsburg, am 4. Mai

Kummer, Sigrid, geb. Marasas, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 1. Mai

Lewerenz, Ida, geb. Konzen, aus Fröhlichshof, Kreis Ortelsburg, und geb. Korzen, aus Poppendorf, Kreis Wehlau, am 4. Mai

Paulekuhn, Hans, aus Schanzenort, Kreis Ebenrode, am 30. April

Schaukellis, Brigitte, geb. Malinka, aus Bergenau, Kreis Treuburg, am 5. Mai

Schefski, Joachim aus Wilhelmsheide, Kreis Elchniederung, am 4. Mai

Schneeberger, Klaus, aus Kalkhof, Kreis Treuburg, am 30. April

Spangenberg, Dr. Heinz, aus Wörth, am 5. Mai

Thiel, Käthe, geb. Erbuth, aus Bolken, Kreis Treuburg, am 5. Mai

Titt, Willi, aus Großwalde, Kreis Elchniederung, am 1. Mai

Tresp, Peter, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 30. April

Viehöfer, Walter-Georg, aus Haldenau, Kreis Ebenrode, am 30. April

Weber, Erika, geb. Klein, aus Ebenrode, am 1. Mai

Wiegratz, Erhard, aus Seckenburg, Kreis Elchniederung, am 1. Mai


S. 16 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

EBENRODE (STALLUPÖNEN)

Kreisvertreter: Dr. Gerhard Kuebart, Schiefe Breite 12a, 632657 Lemgo, Telefon (05261) 8 81 39, E-Mail: gerhard.kuebart@ googlemail.com.

1. bis 8. Mai, Bad Staffelstein: 47. Eydtkuhner Treffen im Hotel Augustin, Schwabthal 3, 96231 Bad Staffelstein. Informationen bei Wolfgang und Gisela Raeder, Brunebeckerstraße 54, 58484 Witten, Telefon (2302) 800931.

 

INSTERBURG − Stadt und Land

Vorsitzender Stadt & Land: Reiner Buslaps, Am Berg 4, 35510 Butzbach-Kirch-Göns, Tel.: (06033) 66228, Fax (03222) 3721953, E-Mail: R.Buslaps@t-online.de. Kreisgemeinschaft Insterburg Stadt & Land e. V.,  Geschäftsstelle, Am Marktplatz 10, 47829 Krefeld, Postfach 111 208, 47813 Krefeld, Tel.: (02151) 48991, Fax (02151) 491141, E-Mail: info@insterburger.de, Internet: www.insterburger.de, Bürozeiten: Montag – Freitag von 8 bis 12 Uhr.

Heimatgruppe Hamburg: Mittwoch, 4. Mai, 12 Uhr, Empore, Hotel Zeppelin, Frohmestraße 123-125, 22459 Hamburg: Monatstreffen mit einem buntem Programm. Weitere Informationen: Manfred Samel, Telefon (040) 587585, E-Mail: Manfred-Samel@Hamburg.de

 

JOHANNISBURG

Kreisvertreter: Dr. Manfred Solenski, Fichtenstraße 14, 26316 Varel, Telefon (04451) 4581, Fax (04451) 9189298, E-Mail: solenski@kreisgemeinschaft-johannisburg.de. Internet: www.kreisge-meinschaft-johannisburg.de

1. Mai, Düsseldorf: Johannisburger Kreistreffen im Gasthof „Im goldenen Ring“, Burgplatz 21 (Altstadt, direkt am Rhein). Beginn: 12 Uhr (Einlass ab 11.15 Uhr). Anmeldung und Information bei: Paul Sobotta, An der Wardtpumpe 22, 46562 Voerde, Telefon (0281) 45657.

 

LYCK

 

Ein interessantes Seminar, veranstaltet von der Kreisgemeinschaft Lyck, besuchten vom 8. bis 10. April im Hotel Rennschuh in Göttingen 45 angemeldete Personen. Die sehr gut vorbereitete Veranstaltung hatte das Thema „Die christlichen Konfessionen und ihre Gotteshäuser im Kreis Lyck“. Alle angereisten Referenten hatten einen Bezug zu Lyck und Ostpreußen, sodass ein familiärer, harmonischer Ablauf zustande kam.

Nach einem gemeinsamen Abendessen begrüßte die Kreisvertreterin Bärbel Wiesensee alle Anwesenden und stellte jeden einzelnen Referenten vor. Das erste Referat „Vom Ordensstaat in ein weltliches Herzogtum“ wurde durch Pastor Fryderyk Tegler vorgetragen. Am Sonnabend folgte von ihm der Beitrag „Die 420-jährige Geschichte der evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde zu Lyck 1525–1945“. Anschließend hielt der Kreisälteste Gerd Bandilla seinen mit Fotos umrahmten Vortrag „Der Kirchenkreis Lyck mit seinen zwölf Kirchspielen“. Danach trug Günter Donder seine Ausarbeitungen „Die evangelischen Christen nach 1945 in Lyck“ vor. Pater Eduard Prawdzik erläuterte „Die katholischen Christen in Lyck“ in seinem Beitrag. Da Inge Endert krankheitsbedingt ausgefallen war, las Bärbel Wiesensee ihre Ausführungen zum Thema „Die Baptisten-Gemeinde in Lyck“ vor. Der Abend wurde durch intensive Gespräche und einem gemütlichen Beisammensein verkürzt. Die Mittlere Generation traf sich noch zu einem Informationsaustausch.

In gespannter Erwartung auf den weiteren Ablauf begann der Sonntag mit einer kleinen ökumenischen Andacht, die Pastor Tegler und Pater Eduard abhielten. „Die neuapostolische Gemeinde“ lautete der nächste Teil des Seminars. Siegbert-Ernst Fahrun teilte uns seine Ausführungen mit. Das letzte Thema „Christliche Gemeinschaft: Gromadki“ wurde von Dirk Meiburg vorgetragen.

Im Abschlussgespräch wurde ein positives Fazit der gelungenen Veranstaltung gezogen und allen beteiligten Personen gedankt. Heidi Mader fasste in einem kurzen Resümee den Ablauf des Seminars noch einmal zusammen. Alle Gäste wurden mit dem gemeinsamen Singen des Ostpreußenliedes verabschiedet. Anmerkung: An einer Dokumentation dieses Seminares wird gearbeitet.

 

ORTELSBURG

Kreisvertreter: Dieter Chilla, Bussardweg 11, 48565 Steinfurt, Telefon (02552) 3895, Fax (02552) 996905, E-Mail: kontakt@kreisgemeinschaft-ortelsburg.de. Geschäftsführer: Hans Napierski,  Heinrichstraße 52, 45701 Herten, Telefon (0209) 357931, Internet: www.kreis-ortelsburg.de

7. Mai, Herne: Kirchspieltreffen Willenberg sowie der Landbezirke 06 (Großalbrechtsort, Groß Dank-heim), 07 (Großheidenau, Kannwiesen), 08 (Kobulten, Steinhöhe), 11 (Malschöwen, Mensguth, Rummau) im Kulturzentrum.

 

RÖSSEL

Kreisvertreter (komm.): Paul Thiel, Haydnstraße 23, 66333 Völklingen, Telefon (06898) 25327. Redaktion Rößeler Heimatbote: Gisela Heese-Greve, 23562 Lübeck, Tel. (0451) 58249090.

5. Mai: Christi-Himmelfahrt-Wallfahrt der Ermländer nach Werl. 9.30 Uhr: Rosenkranz / 10 Uhr: Hochamt / 15 Uhr: Ermländische Vesper.

 

SCHLOSSBERG (PILLKALLEN)

Kreisvertreter: Michael Gründling, Große Brauhausstraße 1, 06108 Halle/Saale. Geschäftsstelle: Renate Wiese, Tel. (04171) 2400, Fax (04171) 24 24, Rote-Kreuz-Straße 6, 21423 Winsen (Luhe).

Über Martin Kunst, der im Kontakt mit der Familie Rieck steht, erreichte uns die traurige Nachricht, dass unser verdienter Landsmann und Ostpreuße Otto Rieck, im 90. Lebensjahr am 9. April verstorben ist.

Otto Rieck wurde am 21. März 1927 in Paulicken, Kreis Schloßberg geboren und verbrachte seine Kinderzeit in Schloßberg. Seine Lehre absolvierte er dort, erlebte die Tage des Kriegsbeginns mit der Sowjetunion in Schloßberg, die Zeit beim Reichsarbeitsdienst, die Flucht 1944 und den Weg über das zugefrorene Frische Haff, den Marsch auf der Nehrung am Ostseestrand bis nach Danzig und weiter über München bis nach Holzkirchen. Er erlebte die Gefangennahme durch die Amerikaner und danach die dreieinhalb Jahre Gefangenschaft in Frankreich bis zur Heimkehr nach Deutschland.

Nach der Wende und der Wiedervereinigung trat Otto Rieck dem Heimatkreis Pillkallen/Schloßberg in Berlin im Bund der Heimatvertriebenen bei. Seit 1992 leitete er gemeinsam mit seiner Frau Helga Rieck, geborene Kurzweg, die Heimattreffen der Kreise Schlossberg/Pillkallen und Ebenrode/Stallupönen in Berlin. Die Mitglieder unserer beiden Heimatkreise Schlossberg und Ebenrode trafen sich bis zu vier Mal im Jahr und bekamen hier die neuesten Informationen über die Arbeit des Vorstandes und aus den Kreistagssitzungen in Winsen (Luhe), also hat Otto Rieck fast 25 Jahre lang erfolgreich gewirkt.

Mit Otto Rieck verlieren wir einen verdienten, engagierten und sehr aktiven Mitstreiter, bei dem man immer die Liebe zu seiner Heimat Ostpreußen erkennen konnte – ein Lebensweg ist nun beendet. Daniela Wiemer, Schriftleiterin, Im Namen der Vorstände der Kreisgemeinschaften Schloßberg (Pillkallen) und Ebenrode (Stallupönen).


S. 17-18 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BUND JUNGES OSTPREUSSEN

Vorsitzender: Marius Jungk, Gst.: Buchtstr. 4, 22087 Hamburg, Tel.: (040) 4140080, E-Post: kontakt@junge-ostpreussen.de, www.junge-ostpreu­ssen.de.

Sonntag, 19. Juni: Kleines Ostpreußen- und Schlesiertreffen auf Schloss Burg bei Solingen. Der BJO nimmt mit einem Infostand teil. Beginn der Veranstaltung:

11 Uhr, Kundgebung: 14 Uhr. Montag, 8., bis Sonntag, 21. August: BJO-Sommerfahrt ins Memelland. Weitere Informationen: www.junge-ostpreussen.de/47-0-Aktivitaeten.html

Freitag, 30. September, bis Montag, 3. Oktober: BJO-Herbstseminar und BJO-Bundestreffen. Informationen: www.facebook.com /events/1032910313418878/

 Donnerstag, 24., bis Sonntag, 27. November: Adventstreffen im ostpreußischen Osterode. Informationen: www.junge-ostpreus-sen.de/47-0-Aktivitaeten.html

Donnerstag, 29. Dezember, bis Dienstag, 3. Januar: Silvesterfahrt nach Ostpreußen: Informationen: www.junge-ostpreussen.de/47-0-Aktivitaeten.html

 

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Stuttgart – Sonnabend, 30. April, 14.30 Uhr, Großer Saal, Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart: Kulturnachmittag der Landsmannschaft Westpreußen. Die Mitglieder der ostpreußischen Kreisgruppe sind herzlich eingeladen.

Ulm/Neu Ulm – Sonnabend, 7. Mai, 14.30 Uhr, Ulmer Stuben: Monatliches Treffen.

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Landesgruppe – Die Ausgabe 1/2016 des Preußen-Kuriers, der Heimatnachrichten für Ost- und Westpreußen in Bayern ist gerade erschienen. Unter www.low-bayern.de lässt er sich auch als PDF-Datei herunterladen.

Ansbach – Mittwoch., 18. Mai, 11 Uhr, Reitbahn, Markgrafenschloss: Einweihung des ersten Denkmals in der Bundesrepublik für Herzog Albrecht von Brandenburg-Ansbach (1490–1568). Der Bayerische Staatsminister des Innern, Joachim Herrmann, wird anlässlich der Einweihung sprechen. Der Berchtesgadener Bildhauer Friedrich Schelle hat die Bronzestatue erschaffen. Finanziert wurde sie durch Spenden aus der Bevölkerung, darunter viele ost- und westpreußische Landsleute. Die Idee eines Denkmals für Herzog Albrecht entstand bei einer Reise der „Gesellschaft der Freunde des Albrecht von Brandenburg-Ansbach“ nach Ost- und Westpreußen im Jahr 2011.

Bamberg – Mittwoch, 18. Mai, 15 Uhr, Hotel Wilde Rose, Keßlerstraße: Monatstreffen.

Hof – Sonnabend, 7. Mai, 15 Uhr, Altdeutsche Bierstube: Gemeinsames Treffen

Kitzingen – Freitag, 20. Mai, 15 Uhr, Hotel Würzburger Hof,: Vortrag von Gustav Patz und bericht über die Fahrt zur polnischen Ostseeküste.

Landshut – Dienstag, 3. Mai, Ausflug mit privaten Pkw zum Wendelstein im Mangfallgebirge – Dienstag, 17. Mai, 12 Uhr, Zur Insel, Badestraße 16, 84028 Landshut: Königsberger-Klopse-Essen.

München – Freitag, 6. Mai, 14,30 Uhr, Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, 81669 München: Gemeinsame Kaffeetafel mit Muttertagsfeier.

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Bartenstein – Anfragen bei Elfi Fortange, Telefon 4944404.

Frauengruppe – Mittwoch, 11. Mai, 13.30 Uhr, Pflegestützpunkt, Wilhelmstraße 116–117, 10963 Berlin: Muttertag. Anfragen: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Angerburg, Darkehmen, Goldap – Donnerstag, 19. Mai, Restaurant „Amera“ Borussiastraße 62, 12103 Berlin: Gemeinsames Treffen mit Gedenken zum Muttertag. Informationen: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354, oder Gertrud Eilsberger, Telefon (03987) 208082.

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Haus der Heimat, Teilfeld 8, 20459 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

KREISKGRUPPEN

Insterburg, Sensburg – Die Heimatkreisgruppe trifft sich jeden ersten Mittwoch im Monat (außer im Januar und im Juli) zum Singen und einem kulturellem Programm um 12 Uhr, Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123–125. Kontakt: Manfred Samel, Fried-rich-Ebert-Straße 69b, 22459 Hamburg. Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de

Elchniederung – Mittwoch, 25. Mai, 14 Uhr, Haus Lackemann, Litzowstieg 8: Treffen der Gruppe zum gemütlichen Beisammensein mit fröhlichem Gesang und heiteren Erzählungen sowie Besprechung der sommerlichen Ausfahrt. Gäste sind herzlich willkommen.

SALZBURGER

Hamburg/Schleswig-Holstein /Nordniedersachsen – Sonnabend, 7. Mai, 13 Uhr, Hotel „St. Raphael“, Adenauerallee 41, 20097 Hamburg: Gemeinsames Treffen. Das Programm: 1) Bericht über ein Seminar der LM Ostpreußen in Helmstedt, 2) „Zwischen Niedergang und Hoffnung“ – ein Vortrag über das Treffen zwischen Königin Luise und Napoleon 1807 in Tilsit.

 

HESSEN

Vorsitzender: Ulrich Bonk (kommissarisch), Voltastraße 41, 60486 Frankfurt/M., Telefon (069) 77039652, E-Mail: bonk.ulrich@gmail.com 

Darmstadt/Dieburg – Mit frischen Blumen auf den Tischen, aus dem Garten von Waltraud Barth, fand das Treffen am

16. April in Kranichstein statt. Trotz der nicht all zu großen Teilnehmerzahl konnte das Programm mit vorausgegangenem Kaffeeklatsch etwas verzögert begonnen werden. Mit Begrüßungsworten und Kurzinformationen durch den Stellvertreter des 1. Vorsitzenden Gerhard Schröder. Christian Keller, startete nun der offizielle Teil der Veranstaltung.

Er berichtete über die Mitgliederversammlung der LOW Landesgruppe Hessen am 9. April in Gießen. Von unserer Kreisgruppe nahmen sechs Mitglieder teil. Hierzu stellte Christian Keller die Tagungsinhalte der Versammlung und die getroffenen erforderlichen Entscheidungen vor. Hierbei ist es wichtig zu wissen, dass ein neuer Landesvorstand gewählt und im Amt bestätigt wurde. Zum neuen Vorstand gehört jetzt auch unser Erster Vorsitzender der Kreisgruppe Darmstadt-Dieburg, Gerhard Schröder, als stellvertretender Vorsitzender im Vorstand der Landesgruppe Hessen.

Herr Turowski hatte auch wieder Worte gefunden, die zum Nachdenken anregen. In Vertretung von Frau Oest gratulierte Gisela Keller allen Geburtstagskindern der letzten vier Wochen. Ganz besondere Glückwünsche verbunden mit einem Blumen-gruß gingen an Helene Schlifski, die ihren 95. Geburtstag feiern konnte.

Nach einer kurzer Pause konnten wir das Wort an Ruth und Karl Lask übergeben. Beide berichteten über ihr Leben und Wirken in der Diakonie im Haus Burgwald, einem Heim für Alkoholabhängige. Es war ein beeindruckender Vortrag – gekonnt und sehr informativ. Es herrschte absolute Stille. Gelegentliche Fragen aus dem Zuhörerkreis sind von Herrn oder Frau Lask sofort und ausführlich beantwortet worden. Großer Beifall am Ende des Vortrages bestätigte, dass die Worte sehr gut verstanden wurden.

Da die Zeit schon etwas fortgeschritten war, fand die Veranstaltung auch ein schnelles Ende mit dem Hinweis auf unser nächstes Treffen am 21. Mai unter dem Motto „Fröhlich in den Frühling“. Mit musikalischer Begleitung wollen wir das Frühlingsfest feiern, und würden uns über  eine große Teilnehmerzahl freuen. Allen Kranken wünschen wir gute Genesung.

Wetzlar – Montag, 9. Mai, 19 Uhr, Restaurant „Grillstuben“, Stoppelberger Hohl 128: Der ehemalige hessische Kultus- und Justizminister Christean Wagner spricht beim Treffen der Kreisgruppe Wetzlar. Er wird er zum Thema „Begegnungen mit meiner Geburtsstadt Königsberg“ einen Vortrag halten. Wagner, bis 2014 Vorsitzender der CDU-Fraktion im Landtag in Wiesbaden, wurde 1931 in Ostpreußen geboren. Noch heute ist er mit Königsberg verbunden. Von seinen Reisen in die Heimat wird Wagner mit Lichtbildern berichten. Der Eintritt ist frei. Kontakt: Kuno Kutz, Telefon (06441) 770559.

Wiesbaden – Mittwoch,  11. Mai, 9 Uhr, Hauptbahnhof, Busbahnsteig 1 hinter der ARAL-Tankstelle: „Nostalgiefahrt“. Mit dem Bus geht es den Rhein entlang bis Rüdesheim, dort  Auffahrt zum Niederwalddenkmal weiter über Lorch durch das idyllische Wispertal, zum Mittagessen in das Traditionshaus „Laukenmühle“. Der Tag klingt in Rauenthal mit einem herzhaften Imbiss und einem Schöppchen Wein aus. Der Fahrpreis beträgt 20 Euro pro Person. Anmeldung bei Helga Kukwa, Telefon (0611) 373521 – Donnerstag, 12. Mai, 12 Uhr, Gaststätte Haus Waldlust, Ostpreußenstraße 46: Stammtisch mit Maischolle. Es kann auch nach  Speisekarte bestellt werden. Wegen der Platz- und Essendisposition bitte bis spätestens 6. Mai bei Irmgard Steffen, Telefon (0611) 844938 anmelden. ESWE-Busverbindung: Linie 16, Haltestelle Ostpreußenstraße.

 

MECKLENBURG-VORPOMMERN

Vorsitzender: Manfred F. Schukat, Hirtenstraße 7 a, 17389 Anklam, Telefon (03971) 245688.

Parchim – An jedem dritten Donnerstag, 14.30 Uhr, Café Würfel, Scharnhorststraße 2: Treffen der Kreisgruppe. Gemütlicher Nachmittag, um über Erinnerungen zu sprechen, zu singen und zu lachen. Weitere Informationen: Charlotte Meyer, Kleine Kemenadenstraße 4, 19370 Parchim, Telefon (03871) 213545.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Helmstedt – Donnerstag, 12. Mai, 15 Uhr, Begegnungsstätte, Schützenwall 4: Treffen.

Rinteln – Donnerstag, 12. Mai, 15 Uhr, Hotel Stadt Kassel, Klosterstraße 42, 31737 Rinteln: Beim Monatstreffen wird Dr. Hans-Walter Butschke aus Lemgo über „Deutsche und englische Flottenpolitik vor 100 Jahren“ referieren. Angehörige und Freunde sowie interessierte Gäste aus Nah und Fern  sind herzlich willkommen. Auskünfte und Informationen zur landsmannschaftlichen Arbeit der Gruppe gibt es beim Vorsitzenden Joachim Rebuschat, Telefon (05751) 53 86 oder über: rebuschat@web.de

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Bad Godesberg – Jeweils am ersten Mittwoch des Monats, 15 Uhr, Erkerzimmer, Stadthalle: Treffen der Frauengruppe. – Jeweils am dritten Mittwoch des Monats, 15 Uhr, Erkerzimmer: Stammtisch. Gäste herzlich willkommen.

Bonn – Dienstag, 3. Mai, Haus am Rhein, Elsa-Brandström-Straße 74: „Agnes Miegel, eine große deutsche Dichterin – Balladen und Heimatlyrik“ – Vortrag von Marita Lanfer.

Düsseldorf – Jeden Mittwoch, 18.30 Uhr, Eichendorffsaal, Gerhart-Hauptmann-Haus (GHH), Bismarckstraße 90: Probe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft Ostpreußen-Westpreußen-Sudetenland unter der Leitung von Radostina Hristova. – Dienstag,

10. Mai, 19 Uhr, GHH: „Mythos Stalin“ – Vortrag von Anna Kim.  – Donnerstag, 12. Mai, 19 Uhr, Konferenzraum, GHH: „Flucht und Vertreibung bei Johann Wolfgang von Goethe“ – Vortrag von Professor Volkmar Hansen. – Freitag, 13. Mai, 18 Uhr, Restaurant Lauren’s, Bismarckstraße 62:  Stammtisch.

Gütersloh – Sonnabend, 30. April, 21 Uhr (Einlass ab 20 Uhr), Haus Heitmann, Gütersloher Straße 63, Herzebrock-Clarholz (Pixel): Tanz in dem Mai. Es gibt Livemusik mit dem Duo „Robertos Musikexpress“.– Donnerstag, 5. Mai, 8 Uhr (Abfahrt): Zum Ermlandtreffen nach Werl. Anmeldungen bei Josef Block, Telefon 34841. Der Fahrpreis beträgt 12 Euro pro Person. Zusteigemöglichkeiten: 8. Uhr: Kahlertstraße/Ecke Magnolienweg, 8.05 Uhr: Marktplatz/ Haltestelle Friedrich-Ebert-Straße, 8.10 Uhr:  B 61 / Ecke Grenzweg, 8.15 Uhr: Café Raschke, 8.20 Uhr: Gaststätte Roggenkamp, 8.25 Uhr: Verler Straße / Markant Supermarkt.

Neuss – Donnerstag, 5. Mai, 15 bis 17 Uhr, Ostdeutsche Heimatstube Oberstraße 17: „Tag der offenen Tür“ mit Kaffee und Kuchen. Es wird ein Film von Ostpreußen auf einem Großbildschirm gezeigt.

– Bericht –

Am 2. April fand in der Ostdeutschen Heimatstube die gut besuchte Jahreshauptversammlung des BdV-Kreisverbandes Neuss statt. Als Ehrengast begrüßte der Erste Vorsitzende Peter Pott den Bezirksvorsitzenden des Bezirksverbands NRW Mitte, Alfred Kottisch.

Der Vorsitzende berichtete, dass sich im letzten Jahr beim BdV-Stadtverband Grevenbroich eine besonders dramatische Situation ergeben hatte. Aufgrund des Todes des Ersten Vorsitzenden, Klaus Folgert, drohte sich der Stadtverband Grevenbroich aufzulösen. Peter Pott, als BdV-Kreisverbands-Vorsitzenden, gelang es nach zähen Verhandlungen, einen neuen Vorstand zu finden, so dass der Stadtverband bestehen blieb. Auch der bundesweit vom BdV-Kreisverband ausgerichtete „Tag der Heimat“ war ein voller Erfolg. Die Schatzmeisterin, Gisela Kuntze, und der Kassenprüfer gaben einen Überblick über die Kassenlage. Der Gesamtvorstand und die Schatzmeisterin wurden entlastet.

Alfred Kottisch leitete die Wahl des neuen Vorstandes. Nachdem Pott nach drei Jahren eigentlich nicht zur Wiederwahl antreten wollte, war es schwierig, einen Nachfolger zu finden. Pott erklärte sich schließlich bereit, noch einmal dieses Amt zu übernehmen. Er konnte sich über ein Traumergebnis freuen: Er musste nicht eine einzige Gegenstimme oder Stimmenthaltung hinnehmen. Der Nachfolger ist der Vorgänger.  Mit guten Ergebnissen wurden auch die beiden stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden, Irmtraud Sigrid Bießner und Regina Dudzik gewählt, ebenso Gisela Kuntze als Kassiererin.

 

RHEINLAND-PFALZ

Vors.: Dr. Wolfgang Thüne, Wormser Straße 22, 55276 Oppenheim.

Mainz – Donnerstag, 19. Mai, 14 Uhr, Treffpunkt vor dem Café „Am Rosengarten“, Am Stiftwingert 21: Spaziergang im Rosengarten und im Stadtpark.

 

SACHSEN

Vorsitzender: Alexander Schulz, Willy-Reinl-Straße 2, 09116 Chemnitz, E-Mail: alexander.schulz-agentur@gmx.de, Telefon (0371) 301616.

Limbach-Oberfrohna – 7. Mai, 14 Uhr, Eschemuseum, Sachsenstraße 3: Flucht, Vertreibung und Integration stehen im Mittelpunkt dieses Nachmittages. Dazu werden Landsleute über ihre persönlichen Erlebnisse sprechen.

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle,  Telefon privat (0345) 2080680.

Magdeburg –Freitag, 6. Mai, 16 Uhr, TuS Zielitzer Straße: Treffen des Singekreises. – Sonntag, 8. Mai, 14 Uhr: Muttertag, Vatertag, Pfingsten. Dienstag, 17. Mai, 13 Uhr, Immermannstraße: Treffen der Stickerchen.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner. Geschäftsstelle: Telefon (0431) 554758, Wilhelminenstr. 47/49, 24103 Kiel.

Bad Oldesloe – Die Vorsitzende begrüßte die Aprilrunde der Ost- und Westpreußen mit ihrem Gedicht „Aprilnacht“. Georg Baltrusch hatte sich nach Zielen für einen Tagesausflug umgesehen und stellte einige Angebote vor.

Das Thema des Nachmittages war Bernstein. Katharina Makarowski hatte einen Text dazu mitgebracht. Bernstein hatte schon immer große Bedeutung als Handelsobjekt. Die Nachfrage in aller Welt ist groß – besonders in China.

Bernsteinsammeln war immer eine beliebte Beschäftigung auch für die Kinder, bei hohem Wellengang wurden auch größere Stücke an den Strand gespült. So gab es viel aus dem Kreis der Teilnehmer zu berichten. Auch das berühmte Bernsteinzimmer kam ins Gespräch. Ist es bei der Zerstörung des Königsberger Schlosses verbrannt?

Mit drei Gedichten zum Schmunzeln und Nachdenken endete der heimatliche Nachmittag im April.        Gisela Brauer

Bad Schwartau – Donnerstag, 12. Mai: Frühlingsfahrt.

Burg auf Fehmarn – Dienstag, 10. Mai, 15 Uhr, Haus im Stadtpark: Letztes Treffen vor der Sommerpause. Imker Olaf Grimm hält an diesem Nachmittag einen Dia - Vortrag über „Das laufende Jahr eines Imkers“. Gäste sind herzlich willkommen.

Neumünster – Mittwoch, 11. Mai, 15 Uhr, Stadthalle am Kleinflecken: Mit musikalischer Begleitung werden eine Fülle vertrauter Lieder gesungen und heitere Beiträge in heimatlichem Dialekt vorgetragen. Gäste sind willkommen.

– Bericht –

Die Kreisgruppe traf sich zum Dia-Vortrag mit Landsmann Horst Lessing am 13. April in der Stadthalle. Eine Fülle von Dias begeisterten alle Zuschauer. Lessing war beruflich einige Jahre in Samarkand-Zentralasien, ein Stück des Weges auf der Seidenstraße, die ihn auch nach Taschkent führte.

Beeindruckende Bilder vom Land und den Menschen. Interessant der dortige Baustil – die prachtvollen Gebäude, der Palast des Zaren, das zaristische Offiziersquartier, die Moscheen mit den Blattgold verzierten Zwiebeltürmen, die staatliche Bibliothek und das Parlamentsgebäude mit besonders reich verziertem Eingang. Riesengroße Obstplantagen waren ebenfalls auf den Dias zu bewundern.

Die privaten Einladungen mit großem Essen, nach dem Theaterbesuch die dazu gehörige Tanzveranstaltung, bereicherten den dortigen Aufenthalt und gaben einen Einblick in die „russische Seele“. Die Menschen machen einen fröhlichen Eindruck. Viele Männer halten am Straßenrand ihre großen „Staatsreden“. Der lange Kamelritt und die Übernachtung im Zelt war eine Erfahrung wert. „Die ‚Speisekarte‘, die Sitten und das Brauchtum, die Kultur überhaupt, das alles kennenzulernen, war eine interessante Zeit und beruflich wie privat eine Bereicherung für das Leben“, erklärte Lessing. Die Vorsitzende Brigitte Profé dankte ihm für die schonen Bildaufnahmen und den informativen Kommentaren dazu.

Dann gab sie noch bekannt, dass der Ausflug nach Elmshorn zur Dittchenbühne am 4. September stattfindet.

Pinneberg – Sonnabend, 7, Mai, 8 Uhr: Tagesausflug mit dem Bus in die nahe Umgebung zusammen mit den Senioren der „Kirche am Fahlt“.

Uetersen – Freitag, 6. Mai, 15 bis 17 Uhr, Haus Ueterst End, Kirchenstraße 7: Auf dem Programm stehen Frühlingslieder; Sabine Mennerich begleitet am Flügel. Dazwischen werden Besucher passende Texte vorlesen.

 

THÜRINGEN

Vors.: Edeltraut Dietel, August-Bebel-Straße 8 b, 07980 Berga an der Elster, Tel. (036623) 231414.

Schmalkalden – Donnerstag, 12. Mai, 14 Uhr, Club der Volkssolidarität: Heimatnachmittag der Gruppe Immanuel Kant.


Ferienwoche in Österreich
Gemeinsam mit den Sudetendeutschen nach Seeboden

Bereits zum 20. Mal treffen sich die Sudetendeutschen dieses Jahr im Juni zu einer Ferienwoche im österreichischen Seeboden am Millstädter See. Alle Ost- und Westpreußen sind ebenfalls eingeladen teilzunehmen. Im Klinger Park in Seeboden steht ein Gedenkstein für die Deutschen aus Ost- und Westpreußen, Pommern und den Sudeten. Jedes Jahr wird dort traditionell während der Ferienwoche eine Gedenkfeier abgehalten.

Los geht’s am Sonntag, 19. Juni, ab 15 Uhr, mit einem gemütlichen Beisammensein im Strandhotel Pichler. Am Montag wird die Gruppe um 9.30 Uhr durch den Bürgermeister begrüßt. Am Dienstag steht eine Fahrt in die Kulturstadt Gmünd an. Der Mittwoch steht im Zeichen der Feier an der Gedenkstätte im Klingerpark. Am Donnerstag ist eine Hüttenfahrt auf den Tschiernock vorgesehen.  Freitags trifft man sich zu einem gemütlichen Heimat-abend. Am Sonnabend, 25. Juni, endet die Ferienwoche. Informationen, Anmeldung und Zimmervermittlung: Susanne Kuttin, Tourismusbüro, Hauptplatz 1, 9871 Seeboden, Telefon (0043) 47628125512, E-Mail: susanne.kuttin@ktn.gde.at                 PAZ


Jubiläums-Ausstellung
33 Jahre Hilfe für bedürftige Ostpreußen

Am 30. April und 1. Mai lädt die Arbeitsgemeinschaft „Hilfe für Euch“ zu ihrem 33jährigen Bestehen in den Remter des Johannis-Klosters in Schleswig bei Flensburg ein. In einer besonderen Ausstellung bietet sie unter dem Thema „Blütenträume“ ihre in Ostpreußen gefertigten Handarbeiten an. Sie zeigt einen Querschnitt durch jahrzehntelange Arbeit, die sich vor allem in einem Hilfe-zur-Selbsthilfe-Projekt niederschlägt. Die daran beteiligten Frauen in Ostpreußen verdienen sich damit ein Zubrot zu ihren kargen Renten. Der Erlös der Ausstellung geht einerseits an diese Frauen, andererseits an etwa 300 weitere Personen, die von der Arbeitsgemeinschaft unterstützt werden.

Die Mitglieder arbeiten sämtlich ehrenamtlich. Sie nehmen die vorbereiteten Handarbeiten auf ihren Versorgungsfahrten  mit und bringen Fertiges zurück. Angeboten werden Accessoires für Wohnzimmer, Küche, Garten und Bad, aber auch Bernstein, Honig aus Ostpreußen, Bärenfang, Fotokarten und Kochbüchlein sowie vielerlei Geschenkartikel und handgemachtes Konfekt. Wer sich die Ausstellung ansehen und die Arbeit der Arbeitsgemeinschaft unterstützen möchte, hat dazu Gelegenheit am Sonnabend, 30. April und Sonntag, 1. Mai von 11 bis 17 Uhr.


»Klaipeda liebt Memel«
Bürgermeister Arturas Schulzas sprach in Elmshorn über seine Stadt

Mit der Aussage „Klaipeda liebt Memel“ beendete der Bürgermeister von Klaipeda, Arturas Schulzas, seinen Vortrag. Er war der diesjährige Referent der IX. Baltischen Tafelrunde, zu der das Forum Baltikum – Dittchenbühne e.V. im April nach Elmshorn eingeladen hatte.

An die 120 interessierte Gäste aus Wirtschaft, Politik und Kultur waren der Einladung gefolgt. Hausherr Raimar Neufeldt begrüßte die im Festsaal der Dittchenbühne versammelte Gesellschaft als „Gäste polnischer, litauischer, lettischer, estnischer, russischer, holsteinischer und ostpreußischer Herkunft“. Arturas Schulzas stellte er als alten Freund des Theaters vor, mit dem ihn seit 25 Jahren eine Freundschaft verbindet, die manches möglich gemacht und anderes erleichtert hat. Neufeldt erinnerte an das Simon-Dach-Haus in Memel oder dass drei ausgemusterte Fahrzeuge der Feuerwehr aus Elmshorn nun zur Brandbekämpfung auf der Kurischen Nehrung stationiert sind.

Bevor Schulzas sich seinem Thema „Von Memel nach Klaipeda. Die Entwicklung von einer deutschen Mittelstadt zu einer litauischen Großstadt“ widmen konnte, stellte Neufeldt einen Exkurs in die deutsche Geschichte der Stadt voran. Von der Gründung der Stadt 1253 durch den Schwertbrüderorden um die „Mümmelburg“ über die Zuflucht der Königin Luise 1807/08 und der königlichen Familie Preußens hin zu anderen Persönlichkeiten, die entweder aus der Stadt oder aus dem Memelgebiet stammen: der Schriftsteller Hermann Sudermann, der Humorist Willumeit, die Sängerin Alexandra … Nebenbei: Raimar Neufeldt ist Ehrenbürger von Klaipeda.

Schulzas begann seinen Vortrag mit dem Jahr 1945, in dem „die Befreier“, die Rote Armee, für die Vernichtung der Kirchen der Stadt sorgten. Die „Befreiung der Stadt von ihren Einwohnern“ wird heute diskutiert. Deutsche Kriegsgefangene waren die Arbeitskräfte für den Wiederaufbau der Stadt. Die erste Stadtverwaltung nach Kriegsende würde man heute als „Militärregierung“ bezeichnen. Wenige Jahre nach Kriegsende setzte sich die neue Bevölkerung der Stadt zu 60 Prozent aus russischen Bewohnern, zu ungefähr 40 Prozent aus litauischen und zu weniger als 1,5 Prozent aus Memelländern (Deutschen) zusammen. „Wenn der Statistik zu trauen ist“,  bemerkte Schulzas. – Stalins Pläne sahen für Klaipeda den kompletten Abriss der Altstadt vor. Auf den Sockel des Denkmals für Ännchen von Tharau auf dem Theaterplatz kam eine Büste des Diktators. – Mit der Wiederherstellung der Altstadt wurde bereits in den 1980er Jahren begonnen. Seit einiger Zeit ist man dabei, die Pläne für den Wiederaufbau der Memelburg zu verwirklichen. Heute ist – so der Referent – der Gebrauch der deutschen Bezeichnungen fast normal. (Er hatte zum Beispiel „Memelbräu“, ein regionales Bier, mitgebracht.) Es wird nach seiner Ansicht nur noch wenige Jahre dauern und Memel und Klaipeda sind Synonyme. „Klaipeda versucht, sich an Memel zu erinnern. Klaipeda ist eine offene und tolerante Stadt im wirtschaftlichen Aufschwung, die auf Sie wartet.“ Mit dieser Einladung schloss Schulzas, und die Bilder eines von ihm mitgebrachten Werbefilms für seine Stadt unterstrichen die enorme wirtschaftliche Entwicklung während der letzten zwei Jahrzehnte. Das Herz der Stadt schlägt im Hafen. Klaipeda gehört zu den attraktivsten Wirtschaftsregionen der Welt (an 19. Stelle)! Erfreulich zu hören war, dass das Budget für die kulturelle Entwicklung der Stadt verdoppelt wurde – auf 6 Prozent des Haushalts. Und – es gibt keine Abhängigkeit von Russland auf dem Energiesektor.

Eine vorzügliche Bewirtung mit Köstlichkeiten des Ostseeraumes in Form eines mehrgängigen Menüs rundete den Abend kulinarisch ab. Die Küche des Forum Baltikum, die zwei Dutzend Menschen umfassende Mannschaft der Ehrenamtlichen an diesem Abend, hat wieder einmal ihr Können unter Beweis gestellt. Und wo sonst kann man Menschen erleben, die in Schule, Ausbildung, Beruf oder Ruhestand, die auf oder hinter der Bühne und dann schließlich noch bei der Bewirtung von Gästen Großartiges leisten? Danke, Dittchenbühne!       Ute Eichler


S. 19 Heimatarbeit

Anekoten, Episoden und »Spoaskes«
Gerhard Bahr ist ein besonders kurzweiliges und vielfältiges Ostpreußen-Buch gelungen  

Spurensuche in Ostpreußen“ lautet der Titel eines im vergangenen Jahr veröffentlichten Buches von Gerhard Bahr. Der 1928 in Eisenbart, Kreis Bartenstein, geborene Autor starb 2012 im Alter von 84 Jahren in Hamburg. Seine Witwe Ursula Bahr hat das Manuskript mit familiärer Unterstützung druckreif bearbeitet.

Bahrs Werk ist das Ergebnis jahrzentlanger Recherche. In den 1980er Jahren begann er mit seiner literarischen Spurensuche. Bis kurz vor seinem Tod trug Bahr, der in Hamburg als angesehener Stadtplaner tätig gewesen war, eine erstaunliche Fülle überlieferter Geschichten von und über Menschen zusammen, die vom 13. Jahrhundert bis zum Kriegsende 1945 in Ostpreußen lebten, oder die dort geboren wurden und sich eventuell auch andernorts einen Namen machten. Dementsprechend handeln einige der von ihm anschaulich und fallweise erheiternd bis ergötzlich nacherzählten Geschichten und Anekdoten von Begebenheiten, die weit entfernt von der Heimat ihrer Protagonisten geschahen.

Bei weitem nicht alle Helden dieser Blütenlese waren bekannt, berühmt oder sogar Könige. Die meisten waren einfache Mitmenschen früherer Zeiten, die im Zusammenhang mit bemerkenswerten Vorfällen aktenkundig wurden und deren Namen Heimat- und Geschichtsforscher ans Licht gebracht haben. Zwei anonymisierte Beiträge mit persönlichem Hintergrund des Autors fügen sich in das große Ganze. In „Das Klischee von der guten alten Zeit“ erzählt er, wie sich seine frisch verheirateten Eltern 1928 in Eisenbart niederließen, wo sein Vater das Stellma-cherhandwerk ausübte. Infolge der Wirtschaftskrise stiegen jedoch die finanziellen Verluste durch ausstehende Forderungen massiv. Daher verließ die zwischenzeitlich durch die Geburt des ersten Kindes gegründete Familie den Ort schon Ende desselben Jahres wieder und zog nach Berlin. Den Lebensweg seiner Mutter, die 2006 im Alter von 100 Jahren in einem Hamburger Pflegeheim starb, hat Gerhard Bahr im Kapitel „Der Geburtstag einer Hundertjährigen“ nachgezeichnet.

Insgesamt ist eine bunte Mischung aus ostpreußischer Historie, Lebensbildern und Episoden, Witzen und ortstypischen Sagen entstanden. Des Öfteren hat der Autor einen Bogen zur Gegenwart geschlagen, beispielsweise um das Erzählte mit neuen Forschungsergebnissen zu ergänzen und fortzuschreiben. Manches wurde mit feinem Humor kommentiert, was den persönlichen Blickwinkel dieses Geschichten-Buches unterstreicht. Der inhaltliche Schwerpunkt des Bandes mit dem stattlichen Umfang von fast 400 Seiten liegt im Gebiet der nördlichen und nordöstlichen Kreise Ostpreußens.

Umständehalber fehlt eine Vorbemerkung. Dafür hat Ursula Bahr eine Widmung im Sinne ihres Mannes geschrieben: „Das Buch widmen wir unseren Kindern und Enkelkindern, die noch die Sprache ihrer Großeltern und gemeinsam mit ihren Eltern die Landschaft der Ostseeanrainer erfahren haben. Der versteckte Humor soll ihnen helfen, die Lebensauffassung der ‚Provinzler‘ Ostpreußens zu verstehen und gleichzeitig die Augen öffnen für die Probleme alter Zeiten. Im zeitlichen Abstand findet der Betrachter manches gut, anderes schlecht oder erschreckend.“

Der inhaltlich übervolle Band birgt einen wahren Schatz an Überlieferungen. Zunächst fällt es allerdings nicht leicht, sich darin zurechtzufinden. Einziger Wegweiser ist das Inhaltsverzeichnis, da Orts- und Personenregister fehlen. Vorwiegend nach Gebieten sind die einzelnen Blöcke unterteilt: „Königsberger Geschichten“, „Geschichten von der Nehrung“ „Geschichten aus der Provinz“. Hinzu kommen „Erinnerungen und was aus Flüchtlingskindern wurde“ sowie ein paar „Spoaskes“ am Schluss. Die einzelnen Blöcke umfassen jeweils mehrere Kapitel. Oft, aber nicht immer, findet sich darin ausschließlich das, worauf die Überschriften hinweisen wie im Kapitel „Was über den Pregel in die ganze Welt gelangte: Marzipan!“ oder in der Darstellung über Kirchenglocken. Viele köstliche Schilderungen über den Pferdekauf sind im Kapitel „Einer, der auszog, ein Pferd zu kaufen“ untergebracht. In Wehlau, gelegen an der Mündung der Alle in den Pregel, fand alljährlich der größte Pferdemarkt Europas statt, genauer gesagt, „eine Art Oktoberfest mit Pferdemarkt“. Außerdem gab es in der 9000 Einwohner zählenden Stadt eine landwirtschaftliche Ausstellung zu besuchen. Der Auftrieb der Pferde und Rinder nahm immer größere Ausmaße an. Zuletzt waren es 9000 Pferde und 300 Rinder – doch die offiziellen Zahlen bildeten nicht die reale Situation ab: „Viele Händler suchten sich unerlaubterweise schon aus den anrückenden Trecks die Schnäppchen aus.“

Vom Kommerz zur Kultur: „Ostpreußen, deine Literaten“ heißt  ein Kaptitel, in dem sich außer Lebensbildern einiger ostpreußischer Schriftsteller auch eine Sammlung von literarischen Äußerungen über Land und Leute seit der Erwähnung der Prußen durch Tacitus im Jahre 98 nach Christus findet. Wozu der Autor bemerkte: „Erbarmung! Was haben Literaten, Philosophen und Kabarettisten den Ostpreußen nicht alles angedichtet!“

Dabei ist die ostpreußische Wirklichkeit doch schon bunt und vielfältig genug, wie dieses kurzweilige und gut geschriebene Buch zeigt, Man nimmt es als Lese- und Vorlesestoff bestimmt immer wieder gern zur Hand nimmt.                 Dagmar Jestrzemski

Gerhard Bahr: „Spurensuche in Ostpreußen“, Hamburg 2015 (Eigenverlag), broschiert, 395 Seiten, 19,80 Euro. Zu beziehen ist das Buch über Ursula Bahr, Wateweg 31, 22559 Hamburg.


König, Architekt, Idealist

Duisburg – Extrem unterschiedlich wird die Lebensleistung von Preußens Fried-rich Wilhelm IV. (1795–1861) bewertet. Zu Unrecht, glaubt Ingo Sommer, Professor für Architekturgeschichte an der Universität Oldenburg und Mitglied der Preußischen Historischen Kommission in Berlin, In seinem Vortrag „Friedrich Wilhelm IV. Er wollte das schöne Preußen“ am Sonnabend, 14. Mai, im vormaligen „Museum Stadt Königsberg“ zeigt er den König als Künstler, Architekten und Idealisten, eine Ausnahmegestalt in der deutschen Geschichte. „Er platzte vor Energie, hatte Vorstellungen von monarchischer Einheitlichkeit, die Kultur, Technik, Gesellschaft, Philosophie und alle Künste in ihrer Gesamtheit umfassten“, so Sommer. In einem Exkurs des reichbebilderten Vortrages geht der Architektur-Historiker dabei auch auf das Wirken und den Einfluss von Karl Friedrich Schinkel und Friedrich August Stüler in Ost- und Westpreußen ein.

Der Vortrag im Rahmen einer Veranstaltung der Prussia, Gesellschaft für Geschichte und Landeskunde Ost- und Westpreußens, ist kostenfrei. Freunde der preußischen Geschichte sind ebenso willkommen wie architekturinteressierte Besucher. Die Prussia-Veranstaltung beginnt um 10.30 Uhr. Nach der Begrüßung um 11 Uhr wird Professor Sommer seinen Vortrag halten. Zwischen 13 bis 14 Uhr ist ein Gedankenaustausch bei einem kleinen Imbiss vorgesehen. Danach wird die Veranstaltung mit Beiträgen von Mitgliedern fortgesetzt. Joachim Ruhnau informiert über aktuelle Entwicklungen und persönliche Erfahrungen in Königsberg. Reinhard Grunenberg spricht über die Aktivitäten der Prußen-Stiftung Tolkemita. Im Anschluss an die Vorträge besteht die Möglichkeit zur Aussprache. Um 15 Uhr beginnt die jährliche Mitgliederversammlung. Die Veranstaltung endet etwa gegen 16.30 Uhr. Fragen an: prussia.gesellschaft@googlemail.com.

Das „Museum Stadt Königsberg“ liegt am Johannes-Corputius-Platz 1, Eingang Karmelplatz 5, 47051 Duisburg, Ab 10.30 Uhr sowie in der Pause besteht die Möglichkeit, das Patenschaftsbüro der Stadtgemeinschaft Königsberg mit einem Bücherstand aufzusuchen.


S. 20 Heimatarbeit

Ein gelungener Neustart?
Von Münster nach Warendorf – Wie präsentiert sich das Westpreußische Landesmuseum 15 Monate nach dem Umzug?

Ein Umzug wird – ganz gleich, ob privat oder institutionell – oft scherzhaft mit einem halben Wohnungsbrand gleichgesetzt. Gewohntes Ambiente zu verlassen, bedeutet jedoch nicht nur Verlust, sondern kann in der Regel mit einer Art „Neugeburt“ verglichen werden.

So geschehen auch beim Westpreußischen Landesmuseum (WLM), das die alten Gemäuer im münsterschen Drostenhof räumen musste, um sich im ehemaligen – ebenfalls historischen und ehrwürdigen – Franziskanerkloster am Rande der Warendorfer Innenstadt neu einzurichten. Es sollte ein langwieriger Kraftakt für das Museumsteam werden, der aber in der Rück-blende durchaus auch einen konzeptionellen Wandel gebracht hat. Nach einer fast zweijährigen Übergangsphase fand Ende 2014 die offizielle Neueröffnung statt.

Lothar Hyss, langjähriger Direktor der musealen Einrichtung, zieht nach gut einem Jahr ein positives Fazit: „Es war ein Jahr, in dem lang gehegte Wünsche wahr wurden, Erwartungen sich erfüllten und Herausforderungen gemeistert werden konnten. Die Bilanz nach nunmehr 15 Monaten im neuen Domizil ist rundum positiv. Das Ausstellungskonzept wurde erfolgreich umgesetzt – und von den Besuchern angenommen.“

Heute sind die Nebenerscheinungen des Umzuges – die aufwändige Renovierung des neuen Standortes und das Ein- und Auspacken der in 37 Existenzjahren angesammelten Museumsgüter – beinahe vergessen. Viel mehr ist man, darauf bedacht, das Museum strukturierter und lebendiger, also rundum attraktiver zu machen.

Hyss: „Der Gebäudekomplex mit seiner tiefen Verwurzelung in der Ortsgeschichte Warendorfs bildet nun den Ausgangspunkt für Brücken in die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Das Museumsteam widmet sich der Präsentation und Vermittlung eines komplexen historischen Spannungsfeldes“.

Im Jahre 2015 wurden 88 Gruppen-Führungen gebucht und es fanden 32 Veranstaltungen, darunter Vorträge und Lesungen, statt. Warendorfer Stadtführer haben das Museum und die angeschlossene Klosterkirche in ihr Programm aufgenommen. Fast 90000 Mal wurde zudem die Seite des Museums im Internet angeklickt. Es wurden Kontakte zu den örtlichen Schulen, insbesondere den drei Gymnasien, geknüpft. Mittlerweile wird auch den Schulen aus dem Kreis Warendorf das Museum und sein museumspädagogisches Programm nahe gebracht.

Ein zusätzlicher Grund für den Publikumserfolg ist die Möglichkeit, hinter die einst verschlossenen Türen eines Klosters blicken zu können. Gleich neben dem Eingangsbereich des Museums findet sich der Besucher schon im Kreuzgang. Dort werden Gemälde des westpreußischen Künstlers und expressionistischen Malers Bruno Krauskopf zusammen mit der alten Anwesenheitstafel der Mönche aus dem Jahr 1728 gezeigt. Nur wenige Schritte weiter liegt der Eingang zur barocken Klosterkirche, die während der Öffnungszeiten des Museums auch besichtigt werden kann.

Aber zurück ins eigentliche Museum: Das von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, dem Land Nordrhein-Westfalen, dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe und der Stadt Warendorf finanzierte und von der Kulturstiftung Westpreußen getragene Museum präsentiert schwerpunktmäßig die Geschichte und Kultur Westpreußens. In den nach Planungen des Münsteraner Architekturbüros Pfeiffer-Ellermann-Preckel umgebauten Räumen gestaltete das Dortmunder Büro bild-werk Expo & Event nach dem Konzept des Museumsteams ein eindrucksvolles Ambiente für die Glanzstücke der ständigen Ausstellung. Hier wird, auch dank optimaler Licht-, Präsentations- und Multimediatechnik, Geschichte auf vielfältige Weise lebendig.

So ist erstmals Otto Helms Sammlung von Bernstein-Inklusen in all ihrer Vielfalt zu sehen. Auch die große Danziger Tapisserie aus dem Jahr 1620 erstrahlt im neuen Glanz, genauso wie die zahlreichen Möbel und Gemälde im Danzig-Zimmer und weitere Exponate in den Räumen der Dauerausstellung.

Laut Dr. Hyss widmet sich das Museum auch den Schattenseiten im teilweise brisanten Zusammenleben von Polen, Kaschuben, Niederländern und Deutschen im einstigen Westpreußen und heutigen Polen. Unter anderem ist der Nachbau einer Häftlings-Pritsche aus dem KZ Stutthof ausgestellt. Flucht, Vertreibung, Migration, aber auch viele Facetten der Aussöhnung werden gezeigt und ermöglichen den Besuchern einen thematischen Brückenschlag in die politische Aktualität.

Der Museumsdirektor betont: „Die Dauerausstellung sowie die wechselnden thematischen Son-derschauen und Vorträge sollen zeigen, wie aus Flüchtlingen Mitbürger und aus alten Feinden neue Freunde werden können. Dazu arbeitet das Westpreußische Landesmuseum, das in Krockow nahe Danzig eine Außenstelle hat, eng mit polnischen Museen zusammen.“

 Natürlich gibt es bereits feste Pläne für die Zukunft. Noch bis Juni 2016 zeigt das Westpreußische Landesmuseum die Sonderausstellung „Orte der Erinnerung“. Die Schau unterteilt sich in drei Abteilungen, die das Thema der Erinnerung aus musealen und individuellen Perspektiven beleuchten.

In einer ersten Abteilung präsentieren sich das Westpreußische Landesmuseum, das Ostpreußische Landesmuseum aus Lüneburg, das Kulturzentrum Ostpreußen aus Ellingen und das Regionalmuseum Krockow. Eine weitere Ausstellungssektion rückt das „individuelle Erinnern“ als das mentale Wiedererleben eigener Erfahrungen in den Mittelpunkt. So schildern Menschen, die im früheren Westpreußen geboren und aufgewachsen sind, ihren ganz persönlichen Erinnerungsort. Dies kann eine Region, eine Stadt, ein Haus oder auch die Rückblende auf eine bestimmte, besonders prägende Lebenssituation sein.

Der dritte Schwerpunkt berichtet darüber, wie ab 1945 von Flucht, Vertreibung und Deportation betroffene Menschen mit ihren Erlebnissen umgegangen sind. Erinnerungen über die letzten Wochen und Monate des Zweiten Weltkrieges finden sich zahlreich im Westpreußen-Archiv. Daneben inspirierten solch emotionale Brückenschläge immer wieder auch Künstler zu einer kreativen, manchmal melancholischen Verarbeitung des Erlebten. Hier zeigt die Ausstellung Gemälde, Grafiken, Skulpturen und persönlichen Erinnerungsgegenständen.

Bis Juni gibt es im Landesmuseum eine Reihe von Begleitveranstaltungen zur Sonderausstellung. Vom 25. Juni bis zum 30. Oktober 2016 wird dann die Ausstellung „Das Niegehörte sichtbar machen. Die Bildwelten des Günter Grass (1927 Danzig – 2015 Lübeck)“ gezeigt.               Dieter Göllner

Das Museum ist von dienstags bis sonntags zwischen 10 und 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet vier Euro (ermäßigt 2,50 Euro). Informationen: Westpreußisches Landesmuseum, Klosterstraße 21, 48231 Warendorf, Telefon (02581) 927770, Internet: www.westpreussisches-landesmuseum.de


S. 21 Reise

Strahlender Jungbrunnen
Kuraufenthalt in Hévíz − Der ungarische Ort unweit des Plattensees lockt mit seinem Heilwasser viele Gäste aus Deutschland an

Im ungarischen Hévíz liegt der größte natürliche Heilsee der Welt. Für viele Menschen mit rheumatischen Beschwerden wirkt das über 30 Grad heiße, mineralische Heilwasser wie ein Jungbrunnen.

Nach dem Weg zum Thermalsee muss der Neuankömmling gar nicht erst fragen. Man folge einfach den grünen, gelben oder blauen Schwimmringen. Gleich nach dem Frühstück setzt sich von allen Hotels aus eine Menschenmenge in Bewegung, die sich dergleichen bunt „beringt“ zum Hévízer See aufmacht.

Der Weg ist kurz. Er führt durch die Ortsmitte und geht entlang der Fußgängerzonen, wo sich nicht wie sonst üblich ein Textil-, Schuh- oder Juweliergeschäft an das andere reiht. Hier wird ein ganz besonderer Service angeboten: Am ersten Laden steht auf Deutsch „Massage“, daneben „Maniküre/Pediküre“, es folgt die „Dentalpraxis“, gleich nebenan ist das „Beautyhaus“, und nach der „Apotheke“ muss man auch nicht lange suchen.

In Hévíz wird Schönheit ver­kauft − und Gesundheit. Das nur sechs Kilometer vom Plattensee entfernte Städtchen ist zu­gleich Kur- und Well­nessort, wo sich anscheinend jeder um das innere und äußere Wohlbefinden der Gäste kümmert. Ein einträgliches Geschäft ist es in jedem Fall.

Davon profitieren der Ort und seine Bewohner. Sichtbares Zeichen dafür ist der piekfein ge­pflegte Kurpark, durch den die Gäste mit ihren bunten Schaumstoffringen jetzt ziehen. Nach wenigen 100 Metern ist das Ziel erreicht: der Thermalsee von Hévíz, der Jungbrunnen, der so manche körperliche Gebrechen für immer verschwinden und alles ein wenig vergessen lassen soll, was inzwischen in die Jahre gekommen ist.

Vor dem See betreten die Badegäste eine burgenähnliche Gebäudeanlage mit rot geziegelten Spitztürmen. Der Gast, der ohne Schwimmring ankommt, wird erstaunt angeblickt wie ein Besucher vom anderen Stern. „Können Sie denn überhaupt schwimmen?“, fragt die skeptische Empfangsdame und will schon nach einem Badering greifen. Viele ihrer ungarischen Landsleute, das weiß sie, haben nie schwimmen gelernt. Aber für die Wasserratte aus Norddeutschland wäre es doch peinlich, sich mit einer Schwimmhilfe blicken zu lassen. Dumme Entscheidung!

Denn die meisten Badegäste können durchaus schwimmen. Der Ring hilft ihnen, in aufrechter Position entspannt im Wasser zu schweben und die Heilkräfte des Sees auf sich wirken zu lassen. Denn der See ist reich an Mineralien wie Kalzium, Natrium und Magnesium. Und Schwefelwasserstoff. An den penetranten Ge­ruch fauler Eier muss man sich erst gewöhnen. Er ist besonders ausgeprägt in dem mitten im See errichteten Badehaus, den man vom Eingang her über einen überdachten Steg erreicht. Es ist warm hier. Das heiße Seewasser wirkt hier wie eine Fernheizung.

Unten ist alles voll mit bunten Schwimmringen. Und auch knapp außerhalb des Badehauses tummeln sich viele Badende. Das Wasser ist hier mit 24 Grad im Winter und 38 Grad im Sommer am wärmsten. Und am tiefsten: Aus 38 Metern Tiefe sprudelt die Quelle, die diesen kreisrunden See mit einem Durchmesser von über 200 Metern zum größten natürlichen Thermalsee der Welt macht, und die dafür sorgt, dass das Seewasser dank zweier Abflüsse innerhalb von 72 Stunden komplett ausgetauscht wird.

Wer hier um die Wette krault, ist im warmen, trüben Wasser mit seinen Kräften rasch am Ende. Auch wer herzkrank ist, sollte den See meiden. Die meisten Gäste lassen ihr Gelenk- und Rheumaleiden von dem leicht Radon-haltigen Wasser „be­strahlen“. Weil das Edelgas radioaktiv ist, wird ein Aufenthalt von höchstens 20 Minuten im Heilwasser empfohlen. Nach weiteren 20 Minuten Entspannung im Badehaus darf man wieder baden.

Auf diese Weise kurte in den 90er Jahren hier auch ein Frankfurter Unternehmer. Als davon sein Gelenkrheuma kuriert wur­de, verkaufte er seine Firma, ließ sich in Hévíz nieder und startete seine zweite Karriere als Reiseunternehmer. Seit 20 Jahren hat Josef Mutsch zehntausende Deutsche per Bus und Flugzeug – der ehemalige russische Militärflughafen Sármellék liegt nur elf Kilometer entfernt – nach Hévíz gebracht. Der heute 70-Jährige konnte auf eine Infrastruktur bau­en, die sich hier dank Österreichern und DDR-Bürgern, die am Plattensee ur­laubten, gebildet hatte. Daher sprechen und verstehen viele Ungarn in und um Hévíz ausgezeichnet Deutsch.

Nach 1989/90 entdeck­ten die deutschen Gäste von einst lieber die zuvor für sie versperrte westliche Welt. Die DDR-Bürger gingen, die Menschen aus dem anderen Teil Deutschlands ka­men. Und sie kommen bis heute. Das Reiseziel ist so beliebt, dass selbst ältere Herrschaften die Reisestrapazen gern in Kauf nehmen. In Sármellék steigt so mancher, der nicht so gut auf den Beinen ist, mit dem Gehwagen aus den Bussen oder den Lufthansa-Maschinen. Seit 15 Jahren stellt die Kranichlinie für Mutsch-Reisen von April bis Okto­ber wöchentliche Charterflüge ab Frankfurt zur Verfügung, weitere Flüge gibt es von Düsseldorf und Friedrichshafen sowie 14-tägig von Berlin und Hamburg.

In Hévíz kommen die meisten Gäste in Hotels unter, die von außen nach sozialistischer Plattenarchitektur aussehen. Doch innen sind es Wellnesstempel, die selbst höchste Erwartungen übertreffen. Beispiel das Vier-Sterne-Hotel Carbona: In einem Naturpark gelegen, besitzt es eine ausgedehnte Badelandschaft mit di­versen Außen- und Innenpools, modernen Saunen, Salz- und Aromakammern, eine Kryosauna, bei der man zwei Minuten lang bei minus 170 Grad „schockgefroren“ wird, eine große Beautyabteilung, einen Zahnarzt sowie Therapieanwendungen wie Ayurveda und Thalasso, die man je nach Empfehlung der hauseigenen Kurärzte in Anspruch nehmen kann.

Selbst den Gang zum Heilsee kann man sich sparen. Wie viele der anderen hochklassigen Hotels hat man auch am Carbona nach dem Heilwasser gebohrt, sodass man bei 30 Grad gemütlich in der hauseigenen Thermalquelle ku­ren kann. Wer den Kuraufenthalt nicht von der Krankenkasse verschrieben bekommt, den erwartet für die verschiedenen Therapieanwendungen eine stattliche Ho­telrechnung. Trotzdem kommen viele Stammgäste regelmäßig zum Teil seit 20 Jahren hierher. Denn im Vergleich zu Deutschland ist in Ungarn alles spottbillig.

Für nur 4500 Forint − umge­rechnet 14,50 Euro − hat der Gast aus Deutschland den ganzen Tag mit jeweils 20-minütigen Un­terbrechungen im Hévízer See geplanscht. Ist es Einbildung oder fühlen sich die steifen Gelenke schon nach einem Tag viel ge­schmeidiger an? Sicher ist nur eines: Das nächste Mal geht der versierte Schwimmer ebenfalls mit einem bunten Schwimmring ins Wasser.      Harald Tews

Informationen zur Anreise per Bus oder Flugzeug sowie zum Hotelangebot bei Mutsch Ungarn Reisen: kostenfreie Telefonhot­line (0800) 7235264, Internet: www.mutsch-reisen.de


Auf Schmugglerpfaden
Fahrt in die Geschichte − Radfahrerlebnis auf der Teuto-Ems-Route

Kaum hat das Frühjahr begonnen, wird das Fahrrad auch schon aus dem Winterschlaf gerissen. Wenn draußen alles blüht, will jeder auf zwei Rädern die Natur genießen. Besonders idyllisch sind auch die Natur- und Kulturlandschaften zwischen Teutoburger Wald und Ems, die man mit einer ausgewiesenen Velo-Tour erschließen kann. Die 148 Kilometer lange „Grenzgängerroute Teuto-Ems“ quert dabei ein Dutzend Mal historische Grenzen, folgt den Pfaden von Salzschmugg­lern und macht Ge­schichte vergangener Jahrhunderte erlebbar. Die strengen Prüfer des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) wa­ren beeindruckt. Und dekorierten den Rundweg mit vier Sternen.

Per Rad geht es entlang an Spargelfeldern und Erdbeerbeeten, die das alte Dreiländereck prägen, an dem heute nur noch die Bundesländer Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen liegen. Historische Grenzsteine und eine Info-Tafel markieren den Punkt des historischen Grenzverlaufs. Die Grafschaft Ravensberg sowie die Fürstbistümer Osnabrück und Münster stießen hier aneinander, später die Königreiche Preußen und Hannover.

Im Mai 2010 wurde an diesem Punkt der Radweg feierlich eröffnet. Und seither arbeiten zwölf Städte und Gemeinden grenzüberschreitend in zwei Bundesländern zusammen, um die Qualität des Weges, der Service-Angebote und der touristischen Produkte weiter zu steigern.

Die zwölf Orte spiegeln die ganze Vielfalt der Route wieder: Neben den Sole-Heilbädern Bad Laer und Bad Rothenfelde sowie dem Kneipp-Kurort Bad Iburg liegen die Pferdesport-Metropole Warendorf und die Lebkuchenstadt Borgholzhausen am Wege. Ferner das Zentrum der westfälischen Schinkenproduktion Vers­mold und die Spargelorte Glandorf und Sassenberg, das historische Örtchen Lienen am Fuße des Teutoburger Waldes und Ostbevern inmitten der Münsterländer Parklandschaft, die Gewürz-Stadt Dissen und der ehemalige Bergbaustandort Hilter a.T.W., einst weltbekannt für die hier geförderten Ocker-Pigmente, das „Hilter Gold“.

Prägend für die Landschaft sind zudem Schlösser und Burgen. Diese und zahlreiche weitere Geschichten − etwa über den Salzschmuggel zwischen den Salinen von Bad Rothenfelde und den westfälischen Schinken-Herstellern − lassen sich in der Broschüre „Grenzgeschichten“ nachlesen. Auf der Internetseite zur Route gibt es sie zudem als Audio-Download.

Der Erlebnisreichtum gepaart mit hohen Qualitätsstandards bei Beschilderung, Streckenführung abseits des Autoverkehrs und den Service-Angeboten für die radelnden Gäste überzeugten die ADFC-Prüfer. Seitdem der Fahrrad-Club 2006 die ersten Radwege auszeichnete, schnitt bisher nur eine einzige Route besser ab. Die ADFC-Sterne haben sich unter Aktiv-Urlaubern als wichtiges Kriterium bei der Auswahl des Reiseziels etabliert.         tws

Infos: Tourismusverband Osnabrücker Land e.V., Telefon (0541) 3234567, E-Mail: service@osnabruecker-land.de, Internetseite: www.grenzgaengerroute.de


Dann lieber nach Balkonien
Terrorgefahr schreckt viele Deutsche vor Urlaub im Ausland ab

Deutschland vor Spanien und Italien. Was sich Fußballfans schon immer ge­wünscht haben, ist in der Tourismusbranche längst Wirklichkeit geworden. Warum in den Süden reisen, wenn es im eigenen Land so schön ist?

In diesem Jahr haben die Deutschen ihre Reisegewohnheiten geändert. Denn der Faktor Sicherheit rückt mehr und mehr in den Vordergrund. Zudem wird später gebucht. Das zeigt eine aktuelle repräsentative Umfrage des Reiseanbieters Travelzoo, die der Online-Marktforscher Norstat Anfang April unter 1034 Deutschen durchgeführt hat.

Die neue Studie von Anfang April belegt, dass die Mehrheit der Deutschen (63 Prozent) den Sommerurlaub bisher noch nicht gebucht hat. Jeder Zehnte sagt explizit, dass er Angst vor weiteren Anschlägen hat und deswegen zurückhaltend ist. Dennoch möchten in diesem Jahr alle Befragten verreisen.

Bei der Auswahl des geeigneten Urlaubsziels stehen folgende Kriterien im Fokus: Ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis (38 Prozent) ist das stärkste Argument – auf dem zweiten Platz folgt der Sicherheitsaspekt (35 Prozent). Knapp ein Viertel der Deutschen (24 Prozent) legt zudem Wert darauf, dass sich das Reiseziel fernab der jüngsten Konflikte befindet.

„Generell ist es schön zu sehen, dass die Deutschen in diesem Jahr nicht weniger verreisen werden. Ein kompletter Verzicht

– aus verschiedensten Gründen – kommt für wirklich niemanden in Frage. Doch man ist sich möglicher Gefahren bewusst. Es geht verstärkt darum, in als sicher geltende Regionen und Länder zu reisen“, sagt Christian Smart von Travelzoo Deutschland.

Entsprechend planen vier von zehn Deutschen zumindest ihren Sommerurlaub 2016 im eigenen Land, ein sehr starker Wert. Zum Vergleich: Vergangenes Jahr machten etwa 30 Prozent der Deutschen Urlaub im eigenen Land. Spanien (17 Prozent) und Italien (12 Prozent) folgen auf den Plätzen. Die Türkei kommt aktuell auf vier Prozent und liegt damit gleichauf mit Griechenland, Kroatien oder Portugal.

„Hinsichtlich der Sommerurlaubs-Pläne der Deutschen für die Türkei darf man nicht außer Acht lassen, dass 18 Prozent der Be­fragten angeben, sie hätten vor den Anschlägen und Unruhen in Erwägung gezogen, dorthin zu verreisen“, sagt Smart, „wegen der terroristischen Bedrohung wurden diese Pläne allerdings verworfen. Wenn sich vor Ort die Situation wieder beruhigt, kann ein attraktives Last-Minute-Angebot den einen oder anderen womöglich aber dennoch zu einem Türkei-Urlaub be­wegen.“ Auch an den beliebten Städten geht die aktuelle Gefahrenlage nicht spurlos vorüber. Unter Eindruck der Brüsseler Terrorangriffe möchten drei von zehn Bundesbürgern in der nächsten Zeit gefährdete europäische Metropolen meiden. 

Wann wird gebucht? Mehr als die Hälfte der Befragten greift beim Sommerurlaub spontan zu. Ein Viertel möchte hingegen vollendete Tatsachen schaffen und bucht in diesen Wochen für den Sommer. Für ein Drittel der noch mit der Buchung zögernden Ur­lauber kann ein attraktives Angebot ausschlaggebend sein. tws


S. 22 Neue Bücher

Horrorvisionen
IS-Terror, verarbeitet in Rolf Lohbecks Krimis

In zwei aufeinander folgenden spannenden, gut recherchierten Krimis widmet sich Rolf Lohbeck der Schreckensherrschaft des IS, des Islamischen Staates. 2015 präsentierte er mit „Kalifat des Todes“ und 2016 mit „Moschee des Todes“ Horrorvisionen terroristischer Akte, welche die Anschläge von London, Madrid, Paris oder Brüssel nur als sanftes Vorspiel erscheinen lassen.

Im „Kalifat des Todes“ bekommt der neugegründete Islamische Staat 2014 Kenntnis von einer 1967 im Mittelmeer versunkenen amerikanischen Wasserstoffbombe. Sie soll die USA treffen, ohne je den Atlantik zu überqueren. Ein teuflischer Plan vor dem realen Hintergrund einer auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges bei einem Unfall vor der spanischen Küste verloren gegangenen Nuklearbombe (siehe PAZ 1/2015). Ein Plan, der alles bisher Denkbare übersteigt.

Der zweite Roman, „Moschee des Todes“, trägt unter dem Eindruck der unkontrollierten illegalen Masseneinwanderung den Dschihad nach Deutschland und, wie der Untertitel „Blutrot am Starnberger See“ verrät, direkt in die Idylle der Reichen und Schönen. Bemüht der Autor 2015 noch historisches Geschehen, um es mit dem Hier und Heute zu verknüpfen, reicht ihm 2016 Deutschlands Gegenwart.

Schonungslos analysiert er die globale politische Lage und spricht über seine Protagonisten offen aus, was viele nur zu denken wagen. Zum Beleg zitiert er immer wieder den Koran. Der Gegenentwurf zu Angela Merkels „Wir schaffen das“ ist somit nicht nur ein fesselnder Krimi, sondern auch der Weckruf eines sich selbst als wert-konservativ beschreibenden Bürgers, dem als vierfachem Vater mit zwölf Enkelkindern die alte Ordnung am Herzen liegt. Bereits 1966 veröffentlichte Lohbeck als einer der ersten Umweltschützer das Sachbuch „Selbstvernichtung durch Zivilisation“, Otto Reichl Verlag, überarbeitete Neuauflage 1989.

Wer mehr über den Autor erfahren möchte, dem sei die Chronik seines Lebens „Sterne fliegen höher“ empfohlen. Mit der gleichen sachlichen Offenheit schildert Lohbeck darin seinen außergewöhnlichen Lebensweg samt aller Höhen und Tiefen. 1940 in Essen geboren, im Krieg ins Sudetenland evakuiert und von dort zurück nach Schwelm in Westfalen geflohen, wurde er vom mittellosen Lehramtsstudenten zum freien Unternehmer und schließlich finanziell unabhängigen Millionär.

Neben Mietswohnungen, Seniorenresidenzen, Brauereien und einem Zeitungsverlag baute der Selfmademan eine größere Gruppe von Privathotels auf. Daneben leistete er sich noch die Promotion zum Dr. phil. Seine Leidenschaft jedoch ist das Schreiben. Mit 15 Jahren verfasste er sein erstes Buch. 1991 wurde es unter dem Titel „Tarzanbande contra Schwarze Drossel“ bei Otto Reichl verlegt.

                Helga Schnehagen

Rolf Lohbeck: „Moschee des Todes“, Karin Fischer Verlag, Aachen, 2016, gebunden, 352 Seiten, 24,90 Euro

Rolf Lohbeck: „Kalifat des Todes“, Karin Fischer Verlag, Aachen 2015, , gebunden, 352 Seiten, 24,90 Euro

Rolf Lohbeck: „Sterne fliegen höher“, Karin Fischer Verlag, Aachen, 3. Auflage 2014, 534 Seiten, gebunden, 24,90 Euro


Milliardenware Daten
Künstliche Intelligenz vernichtet Arbeitsplätze und Demokratie

Über die Erfolge der sozialen Netzwerke von Facebook und Google ist man bestens unterrichtet, jedoch nur andeutungsweise darüber, dass diese als Mischkonzerne aufgestellten Großmächte sich mittlerweile in einem Wettkampf der Entwicklung von digital gesteuerten Maschinen und Robotern befinden. Sie haben ihren Automaten das selbstständige Lernen beigebracht, das Denken und sogar das Fühlen. Die Schlüsseltechnologie dafür heißt Künstliche Intelligenz (KI). Schon jetzt ist unser Alltagsleben mehr davon beeinflusst, als man gemeinhin ahnt. Erstaunlich ist, dass nicht unsere Politiker, die es wissen müssen, sondern internationale Wissenschaftler öffentlich vor KI warnen. Der Physiker Stephen Hawking bezeichnet KI als die größte Gefahr für die Menschheit.

Auf der Basis umfassender Recherchen hat Kai Schlieter ein aufrüttelndes Buch mit dem Titel „Die Herrschaftsformel“ geschrieben, in dem er erklärt, „wie künstliche Intelligenz uns berechnet, steuert und unser Leben verändert“, so der Untertitel. Schlieter erläutert, auf welche Weise die Herrscher über die digitalen Medien und Technologien reich geworden sind, etwa durch unseren Kommunikationsdrang per Mobiltelefon und Mausklick sowie durch Werbung. Gezielt plazierte Werbung soll demnächst die gesamte Weltbevölkerung kaufsüchtig machen. Inzwischen bauen die Milliardäre aus dem Silicon Valley ihre Macht über Milliarden Menschen immer weiter aus, auch in Form politischer Einflussnahme.

Grundlage dieser Macht ist, dass unser aller Datenspuren im Internet der Rohstoff sind, den ihre Maschinen nutzen. Dementsprechend kostbar und begehrt ist dieser Rohstoff. Wir begreifen nun, warum die riesigen Datenmengen hoch gehandelt und weiterverkauft werden, zum Beispiel an Geheimdienste, die auch für Wirtschaftsspionage zuständig sind. Mit dem Aufstieg der Smartphones entstand ein neuer militärisch-industrieller Komplex mit einer Partnerschaft zwischen NSA, Apple, Google, Facebook und anderen. Es kam zur seltsamen Konstellation, dass Krebsforschung auf Basis von KI sowohl durch Google als auch von der NSA vorangetrieben wird.

Ideengeschichtlich ist die Erforschung Künstlicher Intelligenz ein Kind des Zweiten Weltkriegs, genauer: der Kybernetik. Von Anfang an kamen die Forschungsgelder vom Militär. Heute forscht das Militär weltweit mit Hochdruck an Kampfrobotern. Demnächst wird KI unser Leben entscheidend verändern. Selbststeuernde Autos und Schiffe sowie Pflegeroboter für den Einsatz in Pflegestationen sind bereits in der Testphase. Facebook entwickelt Drohnen, um das Internet – und damit die Überwachung? – in alle Welt zu bringen. Das alles ist nur scheinbar ein Selbstgänger, wie Schlieter bereits eingangs andeutet. In Wirklichkeit stehen die Firmen aus dem Silicon Valley für einen schon lange vorherrschenden Ökonomismus, der keine Loyalitäten kennt und für den Traditionen und die Demokratie nur Hindernisse beim globalen Kampf um Marktanteile darstellen. Zwar glaubt fast niemand mehr deren einseitigem Zweckoptimismus, doch die Politiker sind mit von der Partie bei diesem Spiel. Entweder sitzen sie auf der Zuschauerbank oder sie empfangen die Chefs dieser Spitzenkonzerne (oder deren Abgesandte) mit gebührendem Respekt, gleich hohen Staatsgästen.

Fest steht, dass die neuen Technologien Millionen von Arbeitsplätzen vernichten werden. Beim letzten Weltwirtschaftsforum in Davos stand KI im Mittelpunkt der Debatten der Eliten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Was verhandelt wurde, blieb geheim. Ein Riesenversäumnis, findet Schlieter, denn es sei Aufgabe der Politik, den Menschen nicht nur die Chancen durch KI zu erläutern, sondern sie auch über die Risiken aufzuklären. KI müsse zum Wohle aller genutzt werden.

Wenig beruhigend ist die Tatsache, dass sich das Spezialwissen zunehmend in den Köpfen einiger weniger, heiß umworbener Experten konzentriert. Sie treiben die Entwicklung der lernenden Systeme mit zunehmender Geschwindigkeit voran. Muss Künstliche Intelligenz staatlich beaufsichtigt werden wie Atomkraft, fragt Schlieter und fordert auch die Medien auf, sich endlich deutlicher zu positionieren. Möge sein Buch dazu beitragen.  D. Jestrzemski

Kai Schlieter: „Die Herrschaftsformel. Wie Künstliche Intelligenz uns berechnet, steuert und unser Leben verändert“, Westend Verlag, Frankfurt/Main 2015, gebunden, 320 Seiten, 19,99 Euro


Faszination »Buch der Bücher«
Sammelband beleuchtet vielseitig in Text und Sprache die Bibel

Welches Buch nähmen Menschen in die Einsamkeit mit? Ohne Zweifel griffen acht von zehn zur Bibel. Zu Recht nennt man sie „Buch der Bücher“. Ein „Potpourri aus Legenden, echten Königslisten, Glaubenstexten und ideologisch verbrämten Geschichtsdeutungen, das zum Leittext der abendländischen Zivilisation aufstieg“, so heißt es in dem Sammelband „Die Bibel“, in dem rund 30 Journalisten Bibelkunde der attraktivsten Art vorlegen.

Vielseitig in den Textformen, bunt in der Sprache sei die Bibel in beiden Teilen: 1000 Seiten umfasst das Alte Testament. Mit 300 Seiten kommt das Neue Testament aus, denn „alles Wesentliche war ja schon gesagt“. Auch geht es mit den Gläubigen sanfter um, traut ihnen ein eigenes Urteil zu und fesselt sie nach erprobten Regeln der Kunst: Jesu bildhafte Gleichnisse verraten hellenistische Schulung, seine Erzählkunst orientalische. Luthers reformerischer Geist und expressive Sprachmacht vollendeten diese Anfänge von der „Freiheit des Christenmenschen“.

Gestalterisches Grundelement des Buchs ist die Überraschung, die die Autoren bereiten, beginnend mit der Nennung vorbiblischer Traditionen wie Sabbat, Beschneidung, Speisegebote. Viele „Kerntexte der Heiligen Schrift“ sind laut israelischen Bibelwissenschaftlern „Unsinn“, da sich nie ein Wahrheits-Beweis für sie fand. Selbst Mose, „der imposante Gründungsvater der kulturellen Identität der Juden“, sei wohl „reine Fiktion hebräischer Schriftgelehrter“. Die Bibel hält den „Weltrekord an Übersetzungen“ – in über 500 Sprachen, das Neue Testament gar in 1800, darunter Grönländisch und Plattdeutsch. Auch ist sie der größte Bestseller. Seit der Erfindung des Buchdrucks wurden „mehrere Milliarden“ Exemplare gedruckt. Ihre literarische Qualität spiegelt sich in zahllosen Floskeln und Bildern: „Zeichen und Wunder“ bis hin zu Jesajas Postulat „Schwerter zu Pflugscharen“, das 1989 zum Abgesang des Kommunismus wurde. Jesaja war einer von 15 Propheten, alle Analphabeten, aber große Mahner. Auch Jesus hat nichts Schriftliches hinterlassen, doch 50 Evangelien künden von ihm.

„Sola scriptura“ (allein durch die Bibel) sei christliche Heilsbotschaft zu erschließen, lautete Luthers Credo. Wessen Sache das nicht ist, dem verschafft dieses Buch immerhin Vertrautheit mit einem faszinierenden Panorama aus Figuren von Adam und „Hawwa“  bis David und Salomon, Plätzen wie Jerusalem, anfänglich „eine knapp fünfeinhalb Fußballfelder große Siedlung“, Ereignissen, wie der Flucht aus Ägypten, sowie umstrittenen Dokumenten wie den überschätzten Schriftrollen von Qumran. Wer weiß schon, in wie vielen Schriften die christliche Botschaft enthalten ist, „mindestens vier Bibeln“ (Knauf), wie oft sie proagiert („Vulgata“) oder durch verschlüsselte „Codices“ verheimlicht wurde. Die Bibel schlägt alle in ihren Bann.               Wolf Oschlies

Annette Großbongart, Johannes Saltzwedel (Hg.): „Die Bibel. Das mächtigste Buch der Welt“, Deutsche Verlags-Anstalt, München 2015, gebunden, 288 Seiten, 19,99 Euro


Netzwerk-Macht über alle Kontinente hinweg
Autorenduo beschreibt den immensen Einfluss der Finanz-Elite und deren Verquickung mit der Politik

Es war nicht der Titel „Super-hubs“, sondern  der Untertitel, der den Rezensenten neugierig machte. Das Buch gibt einen guten Einblick in die Macht wie die Machenschaften einer exklusiven Finanz-Elite sowie deren Verquickung mit der Politik. Eine Währung auf den Finanzmärkten ist die Fehlinformation, die Verbreitung von Gerüchten. Der Grat zwischen seriöser Berichterstattung und regelrechter Desinformation sei fließend. „Wissen aus erster Hand ist die Nadel im Heuhaufen der Information. Direkte persönliche Beziehungen stellen die verlässlichsten Quellen dar.“ Der Aufbau von informellen und exklusiven Netzwerken zwischen der Finanz-Elite und eine enge personelle Verzahnung mit der politischen Macht-Elite seien von unschätzbarem Wert.

Das Finanzsystem sei ein allumspannendes Netzwerk höchstpersönlicher Beziehungen, ein komplexes System, die Basis für das Funktionieren aller Gesellschaften. Da Menschen und ihre Beziehungen nicht objektiv messbar, mathematisch modellierbar und berechenbar sind, benötige die Finanzelite andere Beziehungsgeflechte über informelle bilaterale Treffen wie die jährliche Konferenz des Weltwirtschaftsforums in Davos. Unter den 2500 Teilnehmern befindet sich die internationale Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Vordergründig würden Lösungen für globale Probleme diskutiert, aber hauptsächlich diene das Netzwerken der Geldelite dem Einfädeln von Geschäften. Die an den Knotenpunkten operierenden Finanzmagnaten mögen nicht so bekannt sein, aber sie verfügen über eine größere Machtfülle als die gewählten Volksvertreter; sie bilden eine globale „Über-Regierung“.

Aus Sicht der Bürger werde die von der Wirtschaft zusehends abgekoppelte Finanzwelt immer abstrakter und unverständlicher. Das System drohe instabil zu werden. „Mega-Unternehmer“, Superinvestor und Milliardär Nick Hanauer hat seine „Zillionär“-Kollegen davor gewarnt, dass „die Mistgabeln im Anmarsch“ seien. Nach Ansicht des Ultrakapitalisten haben sich die Vereinigten Staaten „von einer kapitalistischen zu einer feudalistischen Gesellschaft verändert“.  Eine der unverzichtbarsten Eigenschaften, die Führungspersönlichkeiten besitzen müssen, sei emotionale Intelligenz. Die Finanzwelt sei darwinistisch und nur der Stärkste überlebe. Sie habe eine „Vorliebe für Gleichartige“, komme nach dem Naturgesetz der Homophilie zusammen. Die Top-Elite sende auf der gleichen Wellenlänge, gleiche einer „riesigen Krake“, die „die Menschheit in ihrem Würgegriff hält“.

Die Globalisierung und Internationalisierung habe in Verbindung mit dem elektronischen Geldverkehr das Entstehen einer alle nationalen Grenzen überschreitenden Machtelite befördert. In ihren Denkfabriken verbergen sich Menschen mit Macht, Einfluss und Geld. Ihre Netzwerk-Stärke verleihe Netzwerk-Macht, über alle Kontinente hinweg.

Nach Ansicht der Autorin ist „die vermutlich exklusivste aller exklusiven Zusammenkünfte der Weltelite die Bilderberg-Konferenz“. Zu deren dreitägigen Zusammenkünften sind nur rund 150 der mächtigsten Menschen der Welt eingeladen, viele davon aus dem Finanzsektor. Die Teilnehmer sind verpflichtet, Diskretion zu wahren. „Aber Geheimhaltung erweckt Misstrauen, und Verschwörungstheoretiker sehen Bilderberg als eine von globalen Unternehmen kontrollierte Schattenregierung, die dort über das Schicksal der Welt entscheidet“. Hat das Finanzmacht-Kartell ein „Zeitalter der Verantwortungslosigkeit“ heraufbeschworen? Sind die Super-hubs Gefangene des Systems oder halten sie das System gefangen?

Das Buch ist keine leichte Lektüre. Es gibt Einblicke in die Mechanismen einer „Welt“, deren Türen uns verschlossen bleiben. Finanz-welt und Politik sind untrennbar miteinander verflochten, sodass zwischen beiden sich eine Art „Beziehungs-Geiselhaft“ etabliert habe mit der Gefahr, dass „Geld und Gier“ als „Maß aller Dinge“ die sozialen marktwirtschaftlichen Strukturen zerstören und die Kluft zwischen Arm und Reich vergrößern. Wolfgang Thüne

Sandra Navidi, Nouriel Roubini: „Super-hubs. Wie die Finanzelite und ihre Netzwerke die Welt regieren“. Finanzbuch-Verlag, München 2016, Hardcover, 320 Seiten, 19,99 Euro


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S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Abwärts, so oder so / Wie Sigmar Gabriel der FPÖ noch Rückenwind zufächelt, was das Wiener Ergebnis für Berlin bedeutet, und wie Treibsand funktioniert

Das hat gerade noch gefehlt. Eben erst wurden Österreichs Christ- und Sozialdemokraten beim ersten Durchgang der Präsidentschaftswahl regelrecht zusammengeschossen (siehe S. 6), da eilen die roten Stümper aus Berlin herbei, um alles noch schlimmer zu machen.

SPD-Chef Sigmar Gabriel „appelliert“ an „alle demokratischen Parteien“ der Alpenrepublik, sich gegen den siegreichen FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer zusammenzurotten und den Zweitplatzierten, den Grünen Alexander Van der Bellen, bei der Stichwahl im Mai zu unterstützen. Die FPÖ-Wahlkämpfer werden nach dieser Nachricht Freudentänze aufgeführt haben, denn ein schöneres Geschenk hätte man ihnen kaum machen können.

Erzesel Gabriel scheint sich in der Gemütslage unseres alpinen Brudervolkes nicht recht auszukennen. Hätte er bloß einen Blick in die jüngere Geschichte riskiert: Vor gut drei Jahrzehnten hat sich schon einmal die Außenwelt massiv in eine österreichische Präsidentschaftswahl eingemischt. Der damalige Kandidat der christdemokratischen ÖVP, Kurt Waldheim, wurde aus allen Himmelsrichtungen wegen seiner angeblich belasteten Kriegsvergangenheit attackiert.

Waldheim reagierte ziemlich unbeholfen auf die Vorwürfe. Die Reaktion seiner Österreicher auf das internationale Kesseltreiben fiel dagegen glasklar aus.  Ihre Antwort lautete nicht bloß „Ihr könnt uns mal!“, sondern sogar „Jetzt erst recht!“ Sie streckten der erbosten Welt die Zunge raus und wählten den Verfemten.

Daraus hätte Gabriel lernen können, denn vom großen Bruder im Norden, dem „Piefke“, lässt man sich zwischen Bregenz und Burgenland besonders ungern belehren. Auch das hat mit Geschichte zu tun. Jahrhundertelang war das Österreich der Habsburger Deutschlands Führungsmacht; von der Nordsee bis zum Mittelmeer reichte der Arm des Kaisers und „Königs in Teutschland“, der in Wien saß.

Dann ging diese Führung Zug um Zug verloren, bis man 1866 ganz draußen war. Zwei Generationen später haben die Sieger des Ersten Weltkriegs das Habsburgerreich zerhackt, Österreich schrumpelte zum Kleinstaat am Rande Deutschlands.

So eine Karriere macht empfindlich. Der dumpfe Gabriel hat es geschafft, mit seiner Faust zielsicher den wunden Fleck zu treffen. Nach dem Motto „Wenn schon falsch, dann richtig!“ setzte er seinem Fehlschlag die Krone auf, indem er von „allen“ demokratischen Parteien palaverte, welche die Wahl Hofers „gemeinsam verhindern“ sollten.

Damit hat der Trampel aus dem Harz 35 Prozent der österreichischen Wählerschaft unterstellt, sich mit dem Votum für Hofer als Anhänger eines Undemokraten entlarvt zu haben – ja, vielleicht sogar selber Feinde der Demokratie zu sein. Devise: Wer ein demokratischer Österreicher ist und wer nicht, darüber entscheidet gefälligst der deutsche Vizekanzler. Heidewitzka, das wird aber ankommen an der Donau!

Was soll’s: Für die ÖVP und ihren sozialdemokratischen Partner SPÖ kommt ohnehin jede Hilfe zu spät – obschon Gabriels Griff ins Demagogen-Klo durchaus das Zeug hat, ihre Verzweiflung noch zu steigern.

Das elende Schicksal der „Groß“-Koalitionäre von Wien wird in Berlin mit schweißnasser Stirn beobachtet. Bislang beruhigte man sich an der Spree mit der Verheißung, dass die AfD schon wieder verdunsten werde, sobald das Asyldesaster nicht mehr so auffällt. Genau das aber hat beim Nachbarn augenscheinlich nicht funktioniert. Mit ihrer Balkan-Allianz hat Österreichs rot-schwarze Regierung den Asylstrom schließlich nahezu gestoppt, doch die Wähler rennen trotzdem weg. 

Wieso bloß? Nun, die Österreicher haben registriert, dass Rot-Schwarz auf die (zuvor von ihnen verteufelte) Linie der „blauen“ FPÖ eingeschwenkt war, woraus sie schlossen, dass die Hofer-Partei so falsch ja nicht gelegen haben kann. Dieser Befund bringt die bundesdeutschen Etablierten in eine missliche Lage. Zwei gleichermaßen trübe Szenarien sind denkbar: Stellen wir uns vor, der Asylstrom schwillt wieder an. Bleibt der schwarz-rot-grüne Block dann bei seiner Willkommenskultur der offenen Grenzen, wüchse die AfD aus Ärger über den erneuten Massenansturm in ganz neue Höhen. Führt Berlin stattdessen strenge Grenzkontrollen ein, werden unsere „Blauen“ triumphieren: Jetzt machen die Etablierten, was wir schon lange fordern – Ergebnis siehe Österreich. Das ist schon eine üble Zwickmühle. Vor diesem Hintergrund kann man fast Mitleid aufbringen für das tapsige Gepolter des ohnehin orientierungsschwachen Sigmar Gabriel.

In dieser Mühle zappeln die Parteien leider nicht alleine. Österreichs auflagenstärkstes Blatt, die „Kronen Zeitung“, sieht auch die „Meinungsforscher, Politikexperten und Journalisten“ blamiert, die vom Sieg Hofers völlig überrascht wurden. Man habe den Kontakt zu den einfachen Leuten verloren, beichtet die „Krone“ und fordert: „Wir müssen raus aus unserer Komfortzone.“

Fein erkannt – und diesseits des Inn durchaus zur Nachahmung empfohlen. Wie weit sich diese „Komfortzone“ von großen Teilen des Volkes entfernt hat, konnten wir neulich im Feuilleton der „Welt“ nachlesen. Dort ging ein Autor der interessanten Frage nach, wie das Wort „alternativ“ vom linken ins rechte politische Spektrum wandern konnte.

Recht hat er ja: Vor 30 Jahren waren die, die man „alternativ“ nannte, grün verpackte Linke. Nunmehr ist die „Alternative“ eine Partei klar rechts von der Mitte. Auch unter „alternativen Medien“ versteht man heute weniger die „taz“ als vielmehr Zeitungen wie jene, die Sie gerade in den Händen halten.

Also resümiert die „Welt“: „Früher waren Alternative nicht für Deutschland, sondern meist dagegen. Aber irgendwann muss die Bedeutungsentwicklung des Wortes ,alternativ‘ eine falsche Abzweigung genommen haben.“ Sie haben richtig gelesen: Wenn etwas nicht mehr „meist gegen“ Deutschland ist, sondern – wie entsetzlich! – dafür, dann muss es „falsch“ abgebogen sein. Der „Welt“-Autor nennt es einen „Niedergang“, was der politische Begriff „alternativ“ da durchgemacht habe.

Zur Erinnerung: Die „Welt“ gilt als Flaggschiff eines Verlages, der von einem glühenden Patrioten gegründet wurde. Axel Springer ist Ende der 50er Jahre sogar auf eigene Faust nach Moskau geflogen, um Sowjetchef Nikita Chruschtschow die deutsche Einheit zu entlocken. Sicher hatte er da seine Möglichkeiten überschätzt. Aber der Vorgang zeigt, wofür der Mann brannte: für ein freies, demokratisches, vereintes Deutschland, und ganz sicher nicht „dagegen“. Hoffentlich kann er im Jenseits keine Zeitung lesen, sonst müssten wir ihn aufrichtig bedauern, den armen Springer.

Thilo Sarrazin diagnostiziert, dass Deutschland der CDU-Chefin Merkel wurscht sei. In der Etage der feinen Feuilletons reicht solche Gleichgültigkeit offenbar nicht mehr, da sollte man schon gegen unser Land auftreten.

Allerdings hatte man damit gerechnet, dass einen die Missachteten trotzdem weiter wählen und die Verachteten weiterhin brav die Zeitung kaufen. Das aber klappt überraschenderweise immer schlechter. CDU und SPD sausen bei Wahlen wie bei Umfragen in die Tiefe, und die „Welt“ hat binnen Jahresfrist jeden sechsten Leser verloren, im Jahr zuvor war es schon jeder siebte gewesen. Das nennt man beschleunigten Absturz.

Als Gegenrezept schließen die Etablierten ihre Reihen immer fester wie in Magdeburg, was allerdings nur den Eindruck zu bestätigen scheint, dass sie alle gleich sind. Es ist, als steckten sie im Treibsand: Bewegen sie sich in die eine Richtung, sinken sie tiefer, bewegen sie sich in die andere, sinken sie auch, und bewegen sie sich überhaupt nicht mehr, geht es dennoch abwärts. Da hilft kein Jammern. So läuft es eben, wenn eine Epoche von der Geschichte kassiert wird.


MELDUNGEN / ZUR PERSON

Moslems drohen Metzgereien

Köln – Weil sie zur Dekoration rosa Papp-Schweinchen ins Schaufenster gestellt haben, sind Kölner Metzgereien Opfer von Drohungen und Übergriffen meist junger Moslems geworden. Der „Express“ berichtet von „vollgespuckten Scheiben, Beleidigungen und Drohungen“. Ein Metzger, der aus Angst anonym bleiben wolle, habe das Schwein aus dem Fenster genommen. Der türkische Moscheen-Verband Ditib hat die Übergriffe verurteilt. H.H.

 

Kein Extra-Schutz für Christen

Erfurt – Die rot-rot-grüne Koalition und die CDU im Thüringer Landtag haben einen Antrag der AfD zum besonderen Schutz für Christen in Asylunterkünften abgelehnt. Die AfD hatte argumentiert, dass Christen wegen der Ausbreitung von Salafisten in den Lagern bedroht seien. Der Sprecher der CDU-Fraktion nannte diese Vermutung „konstruiert“. Die katholische Kirche in Thüringen hat sich ebenfalls gegen den AfD-Antrag ausgesprochen.            H.H.

 

Ein Schutzmann für die Hofburg

Bloß gut, dass die Deutschen ihren Präsidenten nicht direkt wählen, mag mit Blick auf Österreich so mancher schwarz-rot-grüne Politiker heimlich denken. Im Nach­barland passierte das Undenkbare: Erstmals seit 1945 wird weder die SPÖ noch die ÖVP den Präsidenten des Landes stellen. Aus Sicht der Etablierten kann es noch schlimmer kommen: Ein FPÖ-Politiker könnte als Präsident in die Wiener Hofburg einziehen.

Norbert Hofer war der Überraschungssieger in der ersten Wahlrunde, in welcher der FPÖ-Politiker 35 Prozent der Stimmen erhielt (siehe S. 6). In der Stichwahl am 22 Mai tritt der 45-jährige frühere Flugzeugingenieur aus dem Burgenland gegen Alexander Van der Bellen von den Grünen an.

Hofer ist dank verfehlter Euro- und Asylpolitik ein Senkrechtstarter. Noch Anfang Januar kannte kaum jemand den vierfachen Vater. Da­mals stellte Parteichef Hans-Christian Strache seinen Stellvertreter als Kandidaten auf. In der Presse gilt Hofer we­gen seiner gemäßigten Tonlage als „das freundliche Gesicht der Partei“. Er kann „hart in der Sache, verbindlich im Ton“ sein, wie er auf seiner Internetseite schreibt. Das Mitglied der in den Farben Schwarz-Rot-Gold auftretenden Burschenschaft Marko-Germania, das seit einem Gleitschirmunfall am Stock geht, will als Präsident eine aktive Rolle spielen.

So will er den Bundeskanzler und den Außenminister bei Sitzungen des Europäischen Rats begleiten, sein Veto gegen das Freihandelsabkommen TTIP einlegen und dafür sorgen, dass die EU eine härtere Gangart gegen Immigranten einschlägt. Er will Österreich vor Masseneinwanderung schützen. Als er sich kürzlich dazu bekannte, eine Pistole zu tragen, begründete er dies so: „Es ist immer in unsicheren Zeiten, dass die Menschen versuchen, sich zu schützen.“                H. Tews


MEINUNGEN

In einer Artikelserie zum „Untergang“ der SPD im „Cicero“ (20. April) beschäftigt sich Stephan Paetow mit dem Führungspersonal der Partei:

„Selten begegnet einem eine solche Anzahl seltsamer Gestalten in einer politischen Bewegung. Immer hält das Schicksal für gewöhnlich eine Figur bereit, die herausragt aus dem Einheitsbrei wie ein Stück Wurst in einem Eintopf. Aber die gegenwärtige SPD beweist, dass es die Ironie des Schicksals wirklich gibt. Lauter schräge Vögel.“

 

 

Jacques Schuster rechnet in der „Welt“ (22. April) mit den Anti-AfD-Kampagnen ab und erklärt, warum sie gescheitert sind:

„Es genügt heute nicht mehr, die Nazi-Keule zu schwingen und all diejenigen als Hitlers Jünger zu verunglimpfen, die rechts vom Zeitgeist stehen ... Zu häufig und wahllos warf man mit dem so ungeheuren wie niederträchtigen Vorwurf um sich, der unliebsame Gegner sei ein Nazi ... Das allzu leichtfertig verteilte Stigma, rechtsradikal zu sein, schreckt die Mehrheit der Wähler nicht mehr ab, es empört sie, weil es ihre Intelligenz beleidigt.“

 

 

Im RBB (25. April) weist Thilo Sarrazin die Behauptung zurück, die Massenzuwanderung mache Deutschland „reicher“:

„Ich weiß genau, dass die eine bis eineinhalb Millionen Menschen, die seit Anfang vergangenen Jahres zu uns kamen – wir haben ja bis heute keine exakten Zahlen –, dass diese Menschen, wenn sie bleiben, Deutschland nicht reicher machen, sondern dass sie Deutschland ärmer machen. Das weiß ich genau und das kann man auch belegen. Wenn man das jetzt auf diese Weise fortsetzt, wird der Prozess eben noch verstärkt. Hier ist bereits ein Schaden eingetreten, den man nur noch minimieren kann.“

 

 

Rainer Nowak, Kommentator der Wiener „Presse“ (25. April), sieht nach dem Debakel von Sozialdemokraten (SPÖ) und Christdemokraten (ÖVP) bei Österreichs Präsidentschaftswahlen das Ende der Zweiten Republik gekommen:

„Die Wahrheit für SPÖ und ÖVP lautet schlicht: Eure Zeit ist vorbei ...  so, wie es bisher war, wird es nie wieder ... Wenn die alte Politik nicht versteht, dass die Anhänger der Rechts­populisten einerseits und die jungen, politisch skandinavisch denkenden Wähler andererseits eine umfassende Veränderung der Politik, des Stils und des Landes fordern und durchsetzen werden, erleben wir nun die letzten Monate einer Ära.“

 

 

Im „Handelsblatt“ (24. April) deutet Hans-Peter Siebenhaar die Signale des österreichischen Ergebnisses für die Bundesrepublik Deutschland:

„Der Triumph der FPÖ gibt hierzulande der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) weiteren Rückenwind ... Während die AfD noch auf dem langen und steinigen Weg zur politischen Macht ist, geht ohne die FPÖ im Nachbarland Österreich kaum noch etwas. In zwei Bundesländern sitzt die ehemalige Haider-Partei bereits neuerdings in der Regierung. Laut Umfragen sind die Freiheitlichen längst zur stärksten Partei in Österreich aufgestiegen.“