26.04.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Ausgabe 21/16 vom 27.05.2016

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

Warnschuss aus Wien
Die alten Eliten der EU geraten zunehmend in Zwiespalt zu den Bürgern

Das hauchdünne Ergebnis der österreichischen Präsidentenwahl wirft ein Licht auf die Zuspitzung der Lage in Europa.

Die sensationelle Präsidenten-Wahl in Österreich (Analyse des Wiener PAZ-Korrespondenten Michael Link auf S. 2) und Angela Merkels Türkei-Reise haben auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun. Und doch fassen sie die aktuelle Lage in Europa treffend zusammen.

In der Alpenrepublik hat annähernd die Hälfte der Wähler einen Kandidaten unterstützt, der sich klar gegen die „alten Eliten“ in Wien wie in der EU gestellt hat. Der Zusammenschluss aller etablierten Kräfte und der allermeisten Medien gegen den FPÖ-Mann Norbert Hofer hat diese Millionen Bürger nicht beeinflussen können. Die alte Leier „gegen Rechts“ hat, nicht nur in Österreich, bei diesen Millionen ausgespielt.

Gleichzeitig zur Wiener Stichwahl buhlte die deutsche Kanzlerin in Istanbul um das Entgegenkommen von Türkei-Präsident Erdogan, der sein europäisches Gegenüber lustvoll demütigt und zu erpressen versucht. Merkel symbolisiert hier das ganze Elend einer illusions- und ideologiegeladenen Politik, die sie entscheidend mit angezettelt hat, und die vor aller Augen scheitert.

Der in der Vergangenheit erprobte Weg aus solchen Desastern, sich mit Formelkompromissen und Beschwörungsphrasen aus der Affäre zu ziehen, der ist plötzlich von einer knallharten Realität verbaut – entsprechend frappierend die Hilflosigkeit.

Die Zeit für den Wechsel ist da, heißt es, „wenn die oben nicht mehr können und die unten nicht mehr wollen“. Genau in diese Situation trudeln etliche Länder der EU. Das Scheitern der Asylpolitik und, auch als Reaktion darauf, die Österreich-Wahl legen nahe, dass wir uns diesem Wendepunkt immer schneller nähern.

Der EU stehen schwierige, im guten Fall aber auch heilsame Jahre bevor. Der einstige Kommissionschef Jacques Delors sagte, die EU (damals noch EG) sei wie ein Fahrrad: Wenn sie stehenbleibe, falle sie um. Unfreiwillig hat er damit den existenziellen Webfehler zutage gefördert: Die „europäische Integration“, deren heutiges Ausmaß von Kritikern bereits als Gleichschaltung empfunden wird, und die Machtkonzentration in Brüssel müssen so gesehen immer weitergehen, sonst zerfällt alles.

Damit musste die EU zwangsläufig irgendwann ein Stadium der Gleichschaltung und Bevormundung erreichen, das den Völkern unzumutbar erscheint. Eben diese brisante Schwelle hat Europa mit der Euro-Rettungspolitik und zuletzt der Asylpolitik (Stichwort: Pläne zur erzwungenen „Flüchtlingsverteilung“) überschritten.

Seitdem beginnt das Fahrrad zu schlingern. Österreich war ein weiterer Griff in die Speichen. Erst mit den Bundestagswahlen in Deutschland und der Präsidentenwahl in Frankreich 2017 aber lauern die eigentlichen Schläge, die eine grundlegende Wende erzwingen könnten.        Hans Heckel


ESC Mittel im Info-Krieg der Nato
Allianz nutzt den ukrainischen Sieg bei Gesangswettbewerb für antirussische Propaganda

Die Nato nutzt den Eurovision Song Contest (ESC) als Mittel im Informationskrieg gegen Russland. Bereits Ende des vergangenen Jahres erschien auf dem Youtube-Kanal der Allianz ein Porträt der späteren ESC-Siegerin Jamala, in dem die ukrainische Sängerin ein düsteres Bild von der Lage auf der Krim zeichnete. Außerdem erklärte sie, sich nicht mehr dorthin zu trauen, obwohl sie ihre Eltern lange nicht mehr gesehen habe. Als ihr musikalisches Credo gab sie an, von den Dingen zu singen, „die schmerzten“. Denn nichts könne die Gefühle der Ukrainer besser ausdrücken als die Musik.

Nachdem Jamala nun zur ESC-Siegerin gekürt ist, hat die Nato den Beitrag sogleich aktualisiert und feiert sie und ihr russlandkritisches Propagandalied, in dem es um die Zwangsumsiedlung der Krim-Tataren 1944 geht. Zugleich macht sie über den Kurznachrichtendienst Twitter auf den Beitrag aufmerksam. Seitdem steigen die Zugriffs- zahlen auf den ansonsten eher unbeachteten Youtube-Kanal der Nato kräftig.

Die fragwürdige Rolle der Nato in diesem Zusammenhang ist ein weiteres Indiz dafür, dass die Kür der von Krim-Tataren abstammenden Sängerin zur diesjährigen ESC-Siegerin tatsächlich ein „Sieg der Politik über die Kunst“ ist, wie Moskau kritisiert. Ob der russische Interpret, welcher der eigentliche Favorit war, eher den Sieg verdient hätte, sei dahingestellt. Eindeutig ist jedoch, dass das Lied mit dem Titel „1944“ einen hochpolitischen Inhalt hat, was gegen die ESC-Regeln verstößt.

Und nun hat auch noch kein Geringerer als der ukrainische Staatspräsident Petro Poroschenko vor lauter Begeisterung über den ESC-Sieg seines Landes ausgeplaudert, dass die Sängerin mit eben diesem Stück bereits im Mai des vergangenen Jahres öffentlich aufgetreten ist, was ebenfalls regelwidrig ist. Damals hatte das Lied noch den bezeichnenden Titel „Die Krim gehört uns“, der an seiner russlandkritischen Botschaft keinen Zweifel lässt. Trotz des mehrfachen „Beschisses“, so die Schweizer Tageszeitung „Blick“, will der Veranstalter des ESC, die Europäische Rundfunkunion (EBU), die Sängerin nicht disqualifizieren. Auch das lässt auf eine politische Motivation schließen, denn bisher hat die EBU in ähnlich gelagerten Fällen ihre Regeln kompromisslos durchgesetzt.

Auf der Webseite „change.org“ läuft jetzt eine Petition, in der gefordert wird, das Ergebnis des Wettbewerbs zu revidieren. Schon nach wenigen Tagen gab es mehrere hunterttausend Unterzeichner. J.H.


Feige Anschläge
Linke Gewalt bedroht die Demokratie

Mit augenzwinkerndem Wohlwollen reagieren weite Teile des Establishments auf linke Gewalt in Deutschland. Es sind ja „nur“ Farbbeutel an der Häuserwand. Es werden „nur“ die Fäuste geschwungen. Es trifft „nur“ Beatrix von Storch und andere missliebige Politkonkurrenten. Diese Atmosphäre klammheimlicher Kumpanei lässt die linken Chaoten derzeit anscheinend zu Hochform auflaufen. Um 35 Prozent stieg die Zahl ihrer Gewalttaten im letzten Jahr, laut der jüngst veröffentlichten bundesweiten Polizeilichen Kriminalstatistik.

Aber es geht nicht um bloße Zahlen, es geht um die Wirkung der feigen Anschläge. Sie setzten die Betroffenen unter enormen Druck. Wer ins Visier der Linken gerät, muss um seine finanzielle Existenz bangen. Er wird stigmatisiert und gemieden. Für die menschlichen Einzelschicksale ist das genauso schlimm wie für die gesamte Demokratie. Ein radikale Minderheit maßt sich an, mittels Gewalt und Gesetzesbruch zu bestimmen, wer in Deutschland politisch tätig werden darf und wer nicht. Über den fatalen Einfluss der militanten Linken auf die gesellschaftliche Willensbildung, aber auch über Versäumnisse von konservativer Seite sprach die PAZ mit dem Extremismusforscher Karsten Dustin Hoffmann.          FH (siehe Seite 3)


Jan Heitmann:
So ein Skandal

Ein Düsseldorfer Gericht hat einen 22-jährigen irakischen Asylbewerber, der nach der illegalen Einreise nach Deutschland „nichts Besseres zu tun hatte, als hier mit schweren Delikten zu beginnen“, so die Staatsanwaltschaft, wegen sexueller Nötigung einer 15-Jährigen zu einer Haftstrafe von 20 Monaten verurteilt. Ein der Schwere der Tat angemessenes Urteil, sollte man meinen. Doch weit gefehlt. Der Richter setzte die Strafe nämlich zur Bewährung aus. Ist allein das schon skandalös, ist es die Begründung umso mehr: Er wolle kein „dem Pöbel gefälliges“ Urteil sprechen, erklärte er zur Begründung. „Pöbel“, damit meint und beleidigt er alle Bürger, die ein normales Rechtsempfinden haben.  Das ist ein echter Justizskandal, den die Staats- und Konzernmedien wie erwartet ge- flissentlich verschweigen.

Dafür stürzen sie sich auf ein anders Verfahren, um daraus einen Justizskandal zu konstruieren. Ein Dresdner Politikwissenschaftler hatte in einem Zei- tungsartikel die Forderung der NPD nach Rückführung der in Deutschland lebenden Ausländer als „rassistisch motiviertes Staatsverbrechen“ bezeichnet. Gegen diese Passage erwirkte die NPD beim Landgericht Dresden eine Einstweilige Unterlassungsverfügung. Und nun kommt der vermeintliche Skandal: Bei dem Richter, der dem Antrag der NPD stattgegeben hat, handelt es sich um ein aktives Mitglied der AfD. Und so einer kann in den Augen der Mainstream-Medien in dieser Sache naturgemäß nicht neutral urteilen. Schon gar nicht, da sich besagter Politologe auch schon einmal negativ über die AfD geäußert hat. Rache statt Recht also. Das ist doch wenigstens ein echter Justizskandal. Das wird auch der Pöbel mit dem gesunden Rechtsempfinden so sehen.


S. 2 Aktuell

Schuss vor den Bug
Bei der Präsidentenwahl ist Österreichs Establishment mit einem blauen Auge davongekommen

In seiner ersten Rede als designiertes Staatsoberhaupt betonte Alexander Van der Bellen, verbindend wirken und Österreich wieder einen zu wollen. Weniger verbindend hatte die massive Kampagne gegen Norbert Hofer seitens zahlreicher Medien und Politiker mehrerer Parteien gewirkt. Es erinnert an die Bundespräsidentenwahl vor 30 Jahren, als Kurt Waldheim in einem aufgeheizten Wahlkampf mit massiven Kampagnen gegen seine Person die Wahl gegen den Sozialdemokraten Kurt Steyrer für sich entscheiden konnte.

Tatsächlich erweckt das knappe Wahlergebnis den Anschein, dass Österreich tief gespalten ist in Blau und Grün, in „Rechts“ und „Links“. Wirft man zudem einen Blick auf die Wahlanalysen, so wird auch deutlich, dass Van der Bellen vor allem in den Städten punkten konnte, der Kandidat der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), Norbert Hofer, hingegen in erster Linie in den ländlichen Gebieten.

In vielen Medien und politischen Dis­kursen ist teilweise von einem „gespaltenen Land“ die Rede. So prophezeit etwa das österreichische Nachrichtenmagazin News, dass Österreich „ein tief gespaltenes Land bleiben“ werde. Andere Kommentatoren und Teile der politischen Elite bemühen sich, ein harmonischeres Bild der österreichischen Gesellschaft zu zeichnen, und beschränken sich auf eine durch die Zuspitzung auf ein blau-grünes Duell um die Präsidentschaft lediglich vorübergehende Polarisierung.

Doch weder undifferenzierte Schwarz-Weiß-Malerei, eine plumpe Spaltung in eine „weltoffene, europafreundliche“ und eine „nationale“ Hälfte, noch eine Leugnung der Gräben zwischen der politischen Elite und dem Volk vermögen eine Lösung der zunehmend drängenden Probleme zu erreichen.

Zwar ist die Bundespräsidentenwahl eine Persönlichkeitswahl, und über 20 Prozent der Hofer-Wähler hatten laut einer Umfrage bislang nicht erwogen, die FPÖ zu wählen. Doch die tiefe Unzufriedenheit einer nicht zu ignorierenden Anzahl von Österreichern mit der Regierungspolitik der letzten Jahre zu übersehen, wäre gerade für die Bundesregierung und den neuen Bundeskanzler einer tief in der Krise steckenden Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) grob fahrlässig bis fatal.

In seiner ersten Reaktion wandte sich der erst in der Vorwoche angelobte Bundeskanzler Christian Kern auch an die Hofer-Wähler: „Wenn der Protest hier so artikuliert worden ist, haben wir ihn verstanden und unsere entsprechende Politik daran zu orientieren.“

In den kommenden Monaten wird sich zeigen, ob Kerns Zugeständnis einer bürgernäheren Politik mehr als eine Floskel war. Andernfalls wird die FPÖ, die bereits seit dem Vorjahr in Wahlumfragen klar vor den Regierungsparteien SPÖ und Österreichische Volkspartei (ÖVP) liegt, beste Chancen haben, nach der nächsten Nationalratswahl 2018 mit Heinz-Christian Strache den nächsten Bundeskanzler zu stellen.

„Die Gräben zuzuschütten“, wie es Van der Bellen in seiner ersten Rede angekündigt hatte, verlangt, sich unmittelbar und auch aus Sicht der Hofer-Wähler den aktuellen Problembereichen im Land wie der stark gestiegenen Arbeitslosigkeit, der Asylpolitik und der fehlenden Umsetzung einer Bildungsreform zu stellen. Es heißt für den Bundespräsidenten wie für die Regierung auch, das unangenehme, aber notwendige Bewusstsein, dass sich die Hälfte der Wähler gegen die „alten Eliten“ Österreichs und in der EU gestellt hat, nicht mehr aus den Augen zu verlieren.

Von Bedeutung ist das Amt des Bundespräsidenten auch im Hinblick auf weitreichende Kompetenzen, von welchen die bisherigen Bundespräsidenten allerdings nur eher sparsam Gebrauch gemacht hatten. So kann der Präsident neben der Ernennung von Mitgliedern des Bun­deskabinetts und Staatssekretären diese auch ohne Begründung entlassen. Er hat ferner das Recht, den Nationalrat und die Bundesversammlung einzuberufen sowie auch die Landtage aufzulösen. Darüber hinaus ist der Bundespräsident auch Oberbefehlshaber des Bun­desheeres.

Sechs Wochen bleiben Alexander Van der Bellen noch, sich auf die Zuschüttung der Gräben und eine einigende Wirkung im Land vorzubereiten. Mit seiner Vereidigung am 8. Juli wird er Heinz Fischer als neunter Bundespräsident seit 1945 folgen. Michael Link


Xi Jinping wagt den Politikwechsel in China
Mehr Innovation und Ökologie, weg von niedrigen Löhnen, hin zu neuen Technologien

Mehr Innovation und Ökologie, weg von niedrigen Löhnen, hin zu neuen Technologien, so könnte man das Ziel des gerade beschlossenen Fünf-Jahres-Planes beschreiben. Doch nicht nur in der Wirtschaftspolitik weist in China vieles auf einen Politikwechsel hin. Eine Schlüsselrolle spielt dabei Staatspräsident Xi Jinping. Man fragt sich jedoch, wie mächtig er überhaupt ist.

Als Xi vor vier Jahren den Vorsitz der Kommunistischen Partei übernahm, begann er sehr bald mit seiner Anti-Korruption-Kampagne. Wiederholt erklärte er, wenn dieses alte chinesische Übel nicht gelöst werden könne, bedeute es „das Ende der Partei und des Staates“; nicht wenige Experten sehen in ähnlicher Weise darin „eine der ernsthaftesten Bedrohungen für Chinas zukünftige wirtschaftliche und politische Stabilität“. Währenddessen trifft die bis heute laufende Aktion viele überaus hohe Funktionäre aus der Politik, dem Sicherheitsapparat, dem Militär und der Wirtschaft, die unter Xis Vorgängern zu Macht und Einfluss sowie großem Reichtum kamen und jetzt zu teilweise erbitterten Feinden des ersten Mannes ihres Landes geworden sind.

Dessen wichtigstes Instrument für seine Kampagne ist die „Zentrale Kommission für Disziplin-Kontrolle“, an deren Spitze das Politbüromitglied Wang Qishan steht, der allgemein als engster Berater Xis gilt. Der erste Schlag wandte sich gegen Zhou Yongkang, der als der „Gutvater“ des Sicherheits-Establishments der Volksrepublik angesehen wird und bis vor drei Jahren zu den neun mächtigsten Funktionären des Landes zählte, um dann wegen Bestechung vom Politbüro ausgestoßen zu werden. Er hat indes noch heute engere Kontakte zu den Machtstrukturen über das gesamte Riesenreich. Mit ihm stürzte Liang Ke, Leiter der Staatssicherheit für Peking. Er hatte Xis Telefongespräche abgehört. Das Ministerium für Staatssicherheit mit seinen vielen Intrigen und Skandalen musste während der letzten Jahre zwei Vize-Minister wechseln: Vize-Minister Lu Zhong Wei verschwand, weil einer seiner engsten Mitarbeiter angeblich für die CIA spionierte. Über 350 Mitarbeiter der Zentrale kamen in Untersuchungshaft. Vizeminister Ma Jian war über 30 Jahre im Staatssicherheitsministerium. Im Januar 2015 wurde er unter der Anschuldigung festgenommen, Telefonleitungen des Staatspräsidenten und führender Funktionäre angezapft zu haben. Offiziell aber klagte man ihn an wegen Korruption angesichts seiner allzu engen Verbindung zu dem Industriemagneten Guo Wengui, der neuerdings in den USA lebt. Der amtierende Staatssicherheitsminister Chinas, Geng Huichang, wird noch in diesem Jahr pensioniert. Sein Nachfolger wird zweifellos Chen Wenqing, der vergangenes Jahr die machtvolle Position des Parteisekretärs im Ministerium erhielt und als Freund Wangs ebenfalls zum Mitglied jener „Zentralen Kommission“ aufrückte.  Chinakenner sehen darin das Bemühen Xis, Kontrolle über jenes wichtige Ministerium zu bekommen.

Innerhalb der Kommunistischen Partei Chinas ist während der letzten vier Jahre über die Hälfte des 205 Mitglieder zählenden Zentralkomitees auf andere Positionen versetzt worden. Manche verschwanden auch für immer.

Die allzu enge Verflechtung in der Volksrepublik zwischen Politik, Militär und Wirtschaft musste zwangsläufig zu der weitverbreiteten Korruption führen. Gerade die Industrie wird von der jetzigen Kampagne betroffen. Hinzu kommt,  dass ihre Illusion, Wachstumslokomotive der Welt zu werden und das 21. Jahrhundert zu prägen, verflogen ist und stattdessen ihr Misstrauen gegen die Regierung in Peking gewachsen ist. Viel Geld und auch keineswegs wenige Wirtschaftsbosse befinden sich mit ihrem Reichtum längst im Ausland.

Mächtige Gegenkräfte finden sich ebenfalls in höheren Kreisen des Militärs. Es ist weniger das Aufdecken eines größeren Skandals im vergangenen Jahr, stärkeren Unmut bereitet die bevorstehende Armeereform mit ihrer Zentralsierung der Kommandostrukturen, der Reduzierung der allgemeinen Truppenstärke und der Bildung spezieller Kampfeinheiten. Die Armee gilt als eine „geschlossene Gesellschaft“ mit einer nur lückenhaften Kontrolle durch die Partei.

Das Oberhaupt Chinas hat sich durch seine – überaus notwendige – Kampagne viele mächtige Feinde geschaffen. „Verliert Präsident Xi seine Macht?“, fragte Anfang April die „Washington Post“, und das „Wall Street Journal“ schrieb, allerdings überspitzt; „Das Endspiel der kommunistischen Herrschaft in China hat beginnen.“ Xi dürfte indes seine Machtposition halten können. Die Opposition gegen ihn wird dann zu einer existenziellen Krise für ihn werden, wenn zur jetzigen Wirtschaftskrise noch eine größere Arbeitslosigkeit hinzukommen sollte. Schon heute gibt es schätzungsweise 30 Millionen sogenannter Wanderarbeiter, die praktisch ohne echte Arbeit zu leben versuchen. Zudem muss Xi für die Schulentlassenen alljährlich 24 Millionen neue Arbeitsplätze schaffen. Ob er es schaffen wird, ist fraglich. Friedrich-Wilhelm Schlomann


MELDUNGEN

Erdogan ätzt weiter gegen EU

Ankara – Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan macht unbeirrt weiter Stimmung gegen die westeuropäischen Staaten. Wie die Nachrichtenagentur Anadolu mitteilt, kritisiert er, dass diese gegenüber leidenden und hilfsbedürftigen Syriern völlig gleichgültig seien, während sie sich um seltene Schildkrötenarten und Homosexuellen-Rechte sorgten. Erdogan im Wortlaut: „Es sollte sich schämen, wer sich mehr um sogenannte Freiheiten, Rechte und Gesetze im Streit um Homosexuelle sorgt, während in Syrien Frauen und Kinder leiden. Es sollte sich schämen, wen das Schicksal von Walen und seltenen Schildkröten beunruhigt, sich dabei aber von 23 Millionen Syrern abwendet.“ Davon, dass sein Militär auf syrische Flüchtlinge schießt, sagte Erdogan allerdings nichts.             FS

 

Mit Computern gegen Attentäter

Tel Aviv – Die israelischen Sicherheitsbehörden haben ein Vorbeugesystem gegen Messerattacken durch Einzeltäter entwickelt, durch das immer mehr potenzielle Attentäter noch vor der Tat identifiziert und verhaftet werden. Sie können jetzt mithilfe eines Computerprogramms ein typisches Porträt eines Messerattentäters entwickeln. Dazu gehören Erkenntnisse über Verhaltensweisen, Kontaktpersonen, Wohnorte und Verwandtschaftsverhältnisse. So hat man beispielsweise festgestellt, dass die meisten Täter in der Nacht vor ihrer Tat nicht schliefen, sondern im Internet surften. Wer heute in Israel die ganze Nacht am Computer verbringt, sich dort für gewisse Dinge interessiert und bestimmte Kommentare abgibt, macht sich verdächtig und die automatisierten Systeme geben eine Warnung. Dann kombinieren Geheimdienstler das mit weiteren Warnfaktoren. Wenn alles zusammenpasst, werden Polizei oder Armee informiert. Noch vor Monaten hatten die ratlosen Sicherheitsexperten behauptet, dass es gegen diese Form des Terrors vereinzelter Radikalisierter kein Mittel gebe und geraten, das Haus nur bewaffnet zu verlassen. Damit ist es dank des automatisierten Aufklärungssystems nun vorbei.    B.B.

 

Durchbruch in Sachen Kurilen

Sotschi – Die russisch-japanischen Gespräche über die Südlichen Kurilen scheinen einen Durchbruch gebracht zu haben. Auf dem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin hat der japanische Premier Sindso Abe seinen Worten zufolge einen nicht näher benannten Lösungsweg vorgeschlagen, den „bisher niemand gegangen“ sei. Kremlsprecher Dmitrij Peskow äußerte, dass man einen „äußerst konstruktiven Weg“ zur Lösung des Problems gefunden habe und die Verhandlungen nun seitens der Außenministerien beider Staaten fortgeführt würden. Bereits im Juni soll es Gespräche zwischen den stellvertretenden Außenministern geben, während derer dann möglicherweise bereits die letzten Details des immer noch ausstehenden Friedensvertrages zwischen beiden Staaten ausgehandelt werden könnten. Wobei es sich bei dem jetzt vorgeschlagenen „Königsweg“ genau handelt, ist unklar. Es wäre aber möglich, dass es sich um ein stärkeres finanzielles Engagement Japans in Russland oder ein gemeinsames Gasprojekt handelt, das beiden Ländern zugutekäme.          T.W.W.


S. 3 Deutschland

»Stalinverehrer, die mit Waffen posieren«
Der Extremismusforscher Karsten Dustin Hoffmann über die fatale Macht linker Chaoten in Deutschland

Linke Gewalt richtet sich derzeit vor allem gegen die AfD. Wahrscheinlich wird deswegen kaum etwas gegen sie unternommen. Dass die Chaoten auch andere Ziele für Farbbeutel, Stahlkugeln und Pflastersteine ins Visier nehmen, zeigte sich jetzt, als sie ein Braunkohlekraftwerk in Brandenburg stürmten. Über bedrohliche Entwicklungen in der linken Szene, über Versäumnisse von konservativer Seite und über das Versenden von scharfer Munition sprach die PAZ mit Karsten Dustin Hoffmann (39). Der Politologe aus Rotenburg/Wümme ist Sprecher der Forschungsgruppe Extremismus und Militanz (FGEM).

PAZ: Erst einmal muss ich mich entschuldigen, dass ich Sie voller Staunen anstarre, Herr Dr. Hoffmann, aber Wissenschaftler, die sich mit dem Bereich linke Militanz beschäftigen, haben nun mal Seltenheitswert. Während linke Chaoten das Land immer wieder mit Gewalt überziehen, scheint das an den Universitäten niemanden zu interessieren. Oder trügt der Eindruck?

Karsten Dustin Hoffmann: Nein, da haben sie völlig recht. Unsere Forschungsgruppe, die FGEM, hat zum Beispiel in den 20 größten Universitätsbibliotheken des Landes die Bestände zum Thema Radikalismus und Extremismus ausgezählt. Es gab zwölfmal so viele Arbeiten zu rechten Strömungen wie zu linken. Da klafft eine enorme Forschungslücke. Gleichzeitig nimmt die militante Linke großen Einfluss auf die politische Willensbildung im Land, und der steht ihr keinesfalls zu, denn er ist das Ergebnis von Gewalt.

PAZ: In Stuttgart waren die Chaoten am 30. April angerückt, um den Parteitag der AfD zu verhindern. Einer Partei, die genauso auf dem Boden des Grundgesetzes steht, wie beispielsweise CDU und SPD. In Brandenburg haben sie jetzt ein Kohlekraftwerk gestürmt und eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Nur dank einiger Zufälle kam es nicht zu einem Zusammenbruch der Stromversorgung in mehreren großen Städten. Wie wirken sich solche Aktionen aus?

Hoffmann: Ich glaube, sie bewirken eher das Gegenteil von dem, was sich die Militanten erhoffen. Die Bilder von Randalierern und von brennenden Reifenstapeln in Stuttgart zum Beispiel werden der AfD eher Sympathien eingebracht haben. Das viel größere Problem ist die sogenannte klandestine Militanz.

PAZ: Klandestin?

Hoffmann: Das ist ein Begriff aus der linken Szene. Er umfasst das, was heimlich im Schutz der Dunkelheit passiert. Farbanschläge auf Häuser, das Anzünden von Autos oder ähnliches. Das passiert täglich in Deutschland. Um das Ausmaß zu erfassen, dokumentieren wir in unserer Forschungsgruppe militante Aktionen. Allein im letzten Jahr waren es über tausend. Mit Aktion meine ich dabei einen konzertierten Angriff, bei dem häufig diverse Straftaten begangen werden. Selbst wenn dabei keine körperliche Gewalt angewendet wird, setzen diese Aktionen die betroffenen politischen Akteure erheblich unter Druck.

PAZ: Den politischen Akteuren von der Konkurrenz dürfte das sehr willkommen sein. Was ist zum Beispiel dran an den Gerüchten, dass linke Demonstranten bezahlt werden, um unerwünschte Auftritte des politischen Gegners zu stören?

Hoffmann: Nichts. Solche Gerüchte sind in der linken Szene schon zum Running Gag geworden. Man macht sich lustig darüber, und es wäre schön, wenn die konservative Seite das endlich begreift. Richtig ist, dass linksgerichtete Vereine Fördermittel aus Steuergeldern erhalten, die manchmal dafür verwendet werden, um Busfahrten zu linken Demonstrationen zu finanzieren oder Ähnliches. Das nehmen natürlich auch Militante in Anspruch. Aber niemand bekommt dafür Geld, dass er demonstriert.

PAZ: Dennoch gibt es genug Leute im Politikbetrieb, die den Extremisten wohlwollend gegenüberstehen. Eine klare Abgrenzung lassen viele vermissen.

Hoffmann: Hier darf man natürlich nicht pauschalisieren. Aber dass es Teile der etablierten Parteien nicht unbedingt stört, wenn beim AfD-Büro mal wieder die Scheiben eingeworfen werden, ist offensichtlich. Insbesondere die Jugendorganisationen der Parteien zeigen immer wieder eine Nähe zu militanten Kreisen.

PAZ: An den Universitäten scheint man der Gewalt von Links ja ebenfalls einige Sympathien entgegenzubringen. Zumindest mag man sie nicht zum Forschungsgegenstand erheben. Woran liegt es dort?

Hoffmann: Grundsätzlich können sich die Hochschulprofessoren frei entscheiden, worüber sie forschen. Sie haben einen sicheren Job und müssen, um manche Themen zu realisieren, nicht einmal auf Forschungsmittel zurückgreifen. Aber es gibt nun einmal eine linke Meinungshoheit an den Universitäten. Und Professoren, die sich nicht als links verstehen, werden oft von militanten Gruppierungen unter Druck gesetzt. Zum Zeitpunkt als ich meine Dissertation veröffentlichte, haben meine Professoren Eckhard Jesse aus Chemnitz und Uwe Backes aus Dresden scharfe Munition als Warnung nach Hause geschickt bekommen. Bei solchen Situationen überlegt man sich schon, ob das vertretbar ist, was man macht. Gerade, wenn man verheiratet ist und Kinder hat.

PAZ: Sind Sie selbst schon in brenzlige Situationen geraten?

Hoffmann: Für meine Doktorarbeit habe ich auch viele Fotos gemacht – von linken Zentren, Veranstaltungen oder Demos. Das kam nicht immer gut an. Einmal haben mich plötzlich vier, fünf schwarzgekleidete Typen umringt. Die haben mir ziemlich deutlich gemacht, dass ich umgehend verschwinden solle. Diesen ‚autonomen Platzverweis‘ habe ich dann befolgt, und das war wohl auch gut so.

PAZ: Mit was für Leuten hatten Sie es da zu tun? Wie muss man sich den typischen militanten Linken unter der schwarzen Skimaske vorstellen?

Hoffmann: Wie gesagt, fehlen dazu empirische Untersuchungen. Meiner Einschätzung nach ist er aber zwischen 15 und 25 Jahren alt. Er geht noch zur Schule oder ist Student vor dem Bachelor-Abschluss. Die meisten finden über Freunde Anschluss an die Szene oder über Partyveranstaltungen etwa in der Roten Flora in Hamburg. Während die Leute vor zwanzig, dreißig Jahren praktisch Berufsautonome waren, führen sie heute nach außen hin meist ein normales Leben. Diejenigen, die ich kennengelernt habe, stammten aus besseren Verhältnissen. Mittelschichtplus würde ich sagen. Es ist eben auch leichter, sich mit hochidelogischen Fragen auseinanderzusetzen, wenn man selbst keine Geldsorgen hat.

PAZ: Und was in geht deren Köpfen vor? Welches Weltbild feuert sie an, Autos abzufackeln oder Farbbomben zu basteln?

Hoffmann: Es gibt die unterschiedlichsten Strömungen und Gruppierungen. Anarchisten, Antiimperialisten und Antideutsche sind beispielsweise darunter. Manche bekämpfen sich auch gegenseitig. Die vielzitierten Autonomen würde ich heute sogar als eher gemäßigt beschreiben – etwa im Vergleich mit dem antiimperialistischen „Roten Aufbau“. Das ist eine relativ junge Strömung, die ursprünglich aus Hamburg kommt. Die Anhänger sind Stalin-Verehrer und posieren auf Videos schon mal mit einer Schusswaffe. Während sich die älteren Teile der militanten Linken meist Regeln erarbeitet haben, nach denen Gewalt angewendet wird – keine Tötungen, keine Schwerverletzten, keine Gefährdung von Unbeteiligten – scheinen diese Grundsätze für den Roten Aufbau nicht zu gelten. Das ist eine bedrohliche Entwicklung. Es gibt aber noch ein anderes, ebenso großes Problem: Viele junge Leute, die politisch motivierte Straftaten begehen, haben dabei überhaupt kein Unrechtsbewusstsein. Wenn Straftaten gegen konservative Akteure wie die AfD geschehen, dann bleibt der öffentliche Aufschrei in der Regel aus. Und deswegen glauben junge Leute, es wäre legitim, AfD-Plakate zu zerstören oder Demonstrationen zu verhindern. Sie meinen, in einer Art Nothilfesituation zu handeln und dabei besonders demokratisch zu sein.

PAZ: Na toll, aber ehrlich gesagt fällt es uns trotzdem schwer, Verständnis für sie aufzubringen. Was muss getan werden, um linke Gewalttäter zu stoppen?

Hoffmann: Auf diese Fragen erwarten die meisten als Antwort immer eine gewisse Haudraufrhetorik. Schärfere Gesetze, mehr Polizei sollen es richten. Aber das nützt nichts. Es ist ein gesellschaftliches Problem, das sich über Jahre entwickelt hat. Polizisten können das Problem für kurze Zeit unter Kontrolle bringen bei Demonstrationen zum Beispiel. Insgesamt aber verschärfen sie es. Wenn Wasserwerfer anrücken und Schlagstöcke gezückt werden, kommt es immer zu Solidarisierungseffekten. Genau das möchte die linke Szene, weil sie dadurch neue Anhänger gewinnt. Wenn man den Militanten tatsächlich das Wasser abgraben will, müsste man andere Methoden wählen.

PAZ: Und das wären?

Hoffmann: Indem man zum Beispiel gegen ihre Unterstützer vorgeht. Erfolgreiche Künstler wie Jan Delay, Bands wie „Wir sind Helden“ oder „Fettes Brot“ kokettieren mit der linken Szene und treten in deren Veranstaltungsräumen auf, wohl wissend, dass dort dazu aufgerufen wird, den Staat abzuschaffen. Da fragt man sich schon, wie kann es sein, dass diese Musiker am nächsten Tag die Stadthalle zur Verfügung gestellt bekommen. Einer meiner Hauptkritikpunkte am Umgang mit der militanten Linken ist aber, dass nicht gegen ihre Internetseiten vorgegangen wird, wenn dort illegale Aktivitäten zu verzeichnen sind.

PAZ: Sie meinen zum Beispiel indymedia.org?

Hoffmann: Genau! Dort wird jeden Tag zu Straftaten aufgerufen, dort werden jeden Tag Persönlichkeitsrechte verletzt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass niemand in der Lage ist, dagegen vorzugehen. Da sind wir wirklich im Bereich der Strafvereitelung. Aber auch hier fehlt es wieder an Sozialwissenschaftlern oder Initiativen, die diese Seiten systematisch unter die Lupe nehmen. Und an dieser Stelle muss auch einmal Kritik an die konservativen Kreise in diesem Land gerichtet werden. Es ist nämlich nicht richtig, dass die Fördermittel für die Linksextremismusprävention vom Bundesfamilienministerium komplett gestrichen worden wären. Tatsächlich richtet sich dessen Programm auch gegen linke Militanz. Nur gibt es kaum Initiativen, die sich mit dem Thema befassen. Und deswegen kann dieses Geld gar nicht vollständig abgerufen werden. Hier besteht erheblicher Handlungsbedarf. Jammern alleine bringt nichts.

Das Interview führte Frank Horns

 

Zur Person

Alles begann mit einem Einsatz als Bereitschaftspolizist vor der Roten Flora, einem links-autonomen Zentrum, das in Hamburg seit Jahren im Mittelpunkt von Krawall und Straßenschlachten steht. Karsten Dustin Hoffmann war 1997 gleich nach dem Abitur Polizist geworden. „Jedes Wochenende sind wir damals als Bepo-Zug im Vollschutz durchs Schanzenviertel gerannt und haben Steine und Flaschen kassiert“, erzählt er. Ein Kollege, der frisch von der Polizeischule kam, fragte ihn, wer denn eigentlich in der Roten Flora wohne. Hoffmann musste passen. Als sich auch in diversen Bibliotheken nichts Wesentliches darüber fand, nahm er sich vor, das gründlich zu ändern. Er studierte Politikwissenschaften und promovierte schließlich an der Technischen Universität Chemnitz. Titel seiner Doktorarbeit: „Rote Flora – Ziele, Mittel und Wirkungen eines linksautonomen Zentrums in Hamburg“. Die Arbeit wurde mit dem Preis der Deutschen Hochschule für Polizei ausgezeichnet.

Hoffmann ist heute Sprecher der im August 2015 gegründeten  Forschungsgruppe Extremismus und Militanz, einem unabhängigen Zusammenschluss von Sozialwissenschaftlern (www.fgem.de). Im Fokus ihrer Arbeit stehen sowohl rechtsgerichtete als auch linksgerichtete sowie islamistische antidemokratische Bestrebungen. Bislang einzigartig in Deutschland ist ihre Dokumentation und Auswertung politisch motivierter Straftaten von links.


MELDUNGEN

Bundestag trotzt Erdogan

Berlin – Im Gegensatz zur Kanzlerin lässt sich der Bundestag nicht vom türkischen Despoten Recep Tayyip Erdogan einschüchtern. Die Fraktionen von Union, SPD und Grünen wollen auch gegen den Widerstand Ankaras am 2. Juni eine Resolution mit dem Titel „Erinnerung und Gedenken an den Völkermord an den Armeniern und anderen christlichen Minderheiten vor 101 Jahren“ beschließen. Auch wenn die Resolution einen rein deklaratorischen Charakter ohne irgendeine politisch bindende Wirkung hat, dürfte sie wegen ihrer Symbolwirkung heftige politische Reaktionen der Türkei hervorrufen. Ankara hat in der Vergangenheit mehrfach seine Botschafter aus Ländern abgerufen, die den Genozid an den Armeniern offiziell als Völkermord anerkannt hatten.   J.H.

 

Deutschlands Unis auf Platz 3

Berlin – Deutschland besitzt das drittbeste Hochschulsystem der Welt. Das ist das Ergebnis einer Studie des privaten Instituts QS Quacquarelli Symonds. Darin bewertet der in London ansässige und weltweit vertretene Analyst globaler Hochschulbildung die Länder nach den besten Gegebenheiten für den Erfolg von Universitäten. Die Rangliste zielt darauf ab, Faktoren zu messen, die das Hochschulsystem eines Landes verbessern können. Sie basiert auf den gleichwertigen Kriterien Stärke des Systems, Zugangsmöglichkeiten zu Hochschulen, internationales Ansehen und Wirtschaft. Letzteres misst nicht nur die Qualität des wirtschaftlichen Umfelds eines Landes für seine Hochschuleinrichtungen, sondern auch, ob sich der ökonomische Erfolg in der Leistung des Hochschulsystems wiederspiegelt. Deutschland belegt in der Gesamtwertung den dritten Platz weltweit. Auf Platz 1 liegen die USA gefolgt von Großbritannien.       J.H.


S. 4 Rente

In Berlin herrscht Nervosität
Gleich mehrere Faktoren drücken auf das Rentenniveau

Die Rente sei sicher, plakatierte vor 30 Jahren Arbeits- und Sozialminister Norbert Blüm. „Seine auf jeden Fall“, spottete die Opposition bereits damals. Allerdings sagte der CDU-Mann nichts über die Höhe der Altersbezüge.

Zehn Jahre später, nämlich 1997, warnte Blüm seine Partei davor, einen Rentenwahlkampf zu führen. Dies würde die Leute nur verunsichern. Die SPD unter Herausforderer Gerhard Schröder richtete sich nicht danach und zündete dieses Thema. Es war wohl der Anfang von Ende der damaligen christliberalen Regierung.

Die amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel verspürte nach Aussagen ihres Umfelds bis vor Kurzem ebenfalls wenig Lust, dieses Thema öffentlich zu diskutieren, doch mittlerweile ist die Debatte in vollem Gange. Denn in den vergangenen 20 Jahren ist die Rente von 53 auf 48 Prozent des Lohnes gesunken. Experten gehen davon aus, dass sie bis 2030 auf rund 44 Prozent fallen wird.

Trotz staatlicher Förderung kann die Riester-Rente die Lücken nicht füllen. Auch die Betriebsrente blieb hinter den Erwartungen zurück. Dies hat mehrere Gründe. Derzeit belastet vor allem die Null-Zins-Politik der Europäischen Zentralbank die Bilanz der betrieblichen Altersversorgung sowie der privaten Renten- und Lebensversicherungen. Das Geld der Versicherer steckt vor allem in als sicher geltenden Anleihen mit guter Bewertung. Jährlich laufen hochverzinste Anleihen aus, neue Papiere werfen wegen der Niedrigzinsen am Kapitalmarkt kaum noch etwas ab. Den Anbietern fällt es zunehmend schwer, die hohen Zinsversprechen der Vergangenheit zu erwirtschaften.

In Berlin herrscht Nervosität. Vor Festlegungen müsse man zunächst eine „saubere Analyse“ der Lage haben, forderte die CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt. „Ich halte nichts davon, dass wir einen Überbietungswettbewerb der einzelnen Parteien führen“, sagte sie zum Thema Rente und mahnte eine sachliche Debatte an. Der CDU-Haushaltsexperte Michael Fuchs warnte eindringlich vor einem Bundestagswahlkampf über das Thema Rente und äußerte die Befürchtung, die Alternative für Deutschland könne davon massiv profitieren. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer hatte die private Riester-Zusatzversorgung für gescheitert erklärt und gefordert, dass das Rentenniveau langfristig nicht wie geplant abgesenkt werden sollte. Er verweist darauf, dass die gesetzliche Rente umlagefinanziert und die Rentenkasse noch mit einer milliardenschweren Rücklage gefüllt sei.

Experten weisen allerdings darauf hin, dass die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen und immer weniger Jüngere eine wachsende Zahl von Ruheständlern finanzieren müssen. Zugleich steigt die Lebenserwartung. Seit 1960 hat sich die durchschnittliche Rentenbezugsdauer auf 20 Jahre verdoppelt.

Die Gewerkschaften machen zunehmend Front gegen niedrigere Renten. „Das Rentenniveau muss stabilisiert und wieder angehoben werden, mindestens in Richtung 50 Prozent“, sagte Verdi-Chef Frank Bsirske den „Ruhr Nachrichten“ und kündigte erbittere Proteste an. Deutschlands Arbeitgeber pochen dagegen auf ein sinkendes Rentenniveau. Die Politik dürfe die Senkung des Leistungsniveaus der gesetzlichen Rente nicht wieder zurücknehmen, forderte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA): „Die Entscheidung des Gesetzgebers, dass die Renten nicht mehr im gleichen Umfang, sondern langfristig etwas weniger als die Löhne steigen sollen, war und ist unverzichtbar.“

                Peter Entinger


Umverteilen statt Riestern?
Seehofers Vorstoß hat eine lebhafte Debatte angestoßen

Mit 100 Euro im Monat Einsatz einen sorgenfreien Lebensabend verbringen. So versuchte die Bundesregierung im Jahr 2002 die sogenannte Riester-Rente unter das Volk zu bringen. Eine neue kapitalgedeckte Altersvorsorge mit staatlichen Zulagen und Steuervorteilen sollte die Demografie-Misere der gesetzlichen Altersvorsorge lösen, Bundesbürger zu Renditejägern machen und die schrittweise Absenkung der gesetzlichen Rente abfedern. 16,5 Millionen Riester-Verträge haben die Deutschen abgeschlossen.

Das System funktioniert so: Bis zum Rentenbeginn zahlt man Beiträge in einen Versicherungsvertrag ein – mindestens 60 Euro pro Monat. Jeder Riester-Sparer bekommt eine sogenannte Grundzulage von bis zu 154 Euro im Jahr. Zusätzlich können die jährlichen Beiträge bis zur Höchstgrenze von 2100 Euro als Sonderausgabe in der Steuererklärung geltend gemacht werden. Das Ersparte kann man sich ab dem 62. Lebensjahr auszahlen lassen.

„Die Riester-Rente ist gescheitert“, polterte CSU-Chef Horst Seehofer kürzlich und löste damit die aktuelle Rentendiskussion aus.

Riester selbst sprach von einer „saudummen“ Debatte, die Millionen Menschen verunsichere. Die Zusatzrente sei gerade für Geringverdiener attraktiv, betonte Riester. Doch Riesters Vorgänger Norbert Blüm gibt Seehofer in dessen Kritik recht. Der Christdemokrat hält die Riester-Rente für gescheitert und nicht reformierbar. „Riester ist Pfusch, den man nicht reparieren kann. Die Bundesregierung sollte Riester beenden und die staatliche Förderung dafür stattdessen in die gesetzliche Rente einzahlen“, sagte er der „Bild am Sonntag“.

Den Vorschlag des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU), das gesetzliche Rentenniveau weniger zu senken als bislang geplant, stößt bei führenden deutschen Ökonomen auf Ablehnung. „Das wäre falsch“, sagte Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, gegenüber dem „Spiegel“. Laut Fratzscher bedeute Seehofers Vorstoß noch mehr Umverteilung von den Jungen zu den Alten: „Wir sollten die private Altersvorsorge nicht abschaffen, sondern im Gegenteil reformieren und ausbauen.“      P.E.


Was ist die optimale Altersvorsorge?

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des in Zukunft geringeren Leistungsniveaus in der gesetzlichen Alterssicherung nimmt die Notwendigkeit einer privaten Absicherung gerade im Bereich der Altersvorsorge deutlich zu“, sagt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Doch wie sieht die optimale Altersvorsorge aus. „Was sich rechnet und was nicht, muss man in jedem Einzelfall genau durchrechnen“, erklärt Axel Kleinlein, ehemaliger Vorstand des Bundes der Versicherten. Denn für wen sich welche Sparanlage eigne, hänge von vielen Faktoren wie dem Einkommen, dem Familienstand und auch der Zeit bis zum Ruhestand ab. Zuletzt, gerade im Hinblick auf die Diskussion um ein sinkendes Rentenniveau, hatten immer mehr Berater empfohlen, eine private Zusatzrente (Riester) oder eine Lebensversicherung abzuschließen. „Eine Rentenversicherung lohnt sich nur, wenn man lange einzahlt und lange lebt“, erklärt Michael Beumer von der Stiftung Warentest. Der größte Anteil des Geldvermögens der Deutschen liege allerdings noch immer auf dem Sparbuch oder als Bargeld zu Hause unter dem Kopfkissen. Doch mit diesem Geld lässt sich kein Kapitalzuwachs erreichen. Generell empfehlen Experten möglichst früh, also schon in jungen Jahren mit dem Sparen zu beginnen. Versicherungen seien aber keine Spareinlagen.

„Die klassische kapitalbildende Lebensversicherung ist immer Unfug“, erklärt Versicherungsexperte Kleinlein. Drei von vier Verträgen würden vorzeitig gekündigt und brächten Verluste, „Das gleiche gilt für Rentenversicherungen, die in monatlichen Raten ausgezahlt werden.“ Als lohnenswerte Anlage gilt hingegen der Abschluss einer Betriebsrente, „aber nur, wenn man vor hat, lange in einem Betrieb zu arbeiten“, sagt Kleinlein. Aktien seien überhaupt nicht zur Alterssicherung geeignet. Die Stiftung Warentest nennt es „ein Vabanquespiel“.            

                P.E.


Zeitzeugen

Walter Riester – Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung von 1998 bis 2002 gab der Riester-Rente ihren Namen und modernisierte die private Altersvorsorge. 2009 wechselte der Sozialdemokrat aus dem Bundestag in die freie Wirtschaft und verdient sich ein Zubrot als Vortragsreisender. Die geschäftlichen Verbindungen Riesters zum Finanzdienstleister AWD kritisierte Transparency International als „Beispiel für politische Korruption“. Bis heute verteidigt der Politiker sein Modell.

Jörg Meuthen – Der Vorsitzende der Alternative für Deutschland erklärte, die Riester-Rente habe sich als Geldverschwendung herausgestellt. Die Kosten hätten einen großen Teil der Rendite aufgezehrt. Wegen der niedrigen Zinsen habe sich die Hoffnung, eine höhere Rendite als mit der gesetzlichen Rente zu erzielen, dann völlig zerschlagen.

Bert Rürup – Die Basisrente, auch Rürup-Rente genannt, hat der Gesetzgeber 2005 eingeführt, damit auch Selbstständige staatlich gefördert für das Alter vorsorgen können. Namensgeber der Rürup-Rente ist Bert Rürup. Der Sozialdemokrat war Vorsitzender der Kommission für Nachhaltigkeit in der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme unter der Regierung von Gerhard Schröder. Der ehemalige „Wirtschaftsweise“ ist heute Präsident des Handelsblatt Research Institute.

Andrea Nahles – Die Arbeitsministerin ist bemüht, die Menschen zu beruhigen. Kürzlich hat sie allen Riester-Sparern eine Sicherheitsgarantie gegeben. „Um es ganz klar zu sagen: Der Staat ga-rantiert, dass alle Riester-Inhaber ihr Geld ausgezahlt bekommen“, sagte sie der „Bild am Sonntag“. „Auch für die staatlichen Zulagen gibt es Vertrauensschutz, die zahlt der Staat weiterhin.“

Michael Hüther – Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) rügt die Rentenpläne von Arbeitsministerin Nahles. „Erstmals nach über 20 Jahren verantwortlicher Rentenpolitik kommt es wieder zu einer massiven und nicht begründeten Leistungsausweitung, und die Rente mit 67 wird zumindest signalhaft zurückgenommen“, sagte Hüther kürzlich dem „Handelsblatt.“S


S. 5 Preussen/Berlin

»Antänzer«-Problem eskaliert
Immer mehr Orte werden zum Gefahrenpunkt – Berlin auf dem Weg zur rechtsfreien Zone?

Im Schatten der berüchtigten Kölner Silvesternacht breiten sich auch in Berlin Diebstähle und die Belästigung von Frauen durch sogenannte Antänzer immer mehr aus. Doch gerade in der Hauptstadt stehen die Aussichten besonders schlecht, dass den Kriminellen Einhalt geboten wird. 

Betroffen von sexuellen Übergriffen durch jugendliche Ausländer war inzwischen ausgerechnet eine Vorzeigeveranstaltung des sich multikulturell gebenden Berlin, der sogenannte Karneval der Kulturen. Bislang haben sich mindestens acht Frauen wegen Übergriffen auf dem Fest gemeldet, weitere Opfer werden nicht ausgeschlossen.

„Die Frauen wurden von Tätern an den Geschlechtsteilen angefasst oder von der Gruppe umringt und dabei angefasst“, so Polizeisprecher Thomas Neuendorf. Die Polizei nahm inzwischen sieben Tatverdächtige fest:  drei Tunesier, zwei Marokkaner, einen Libyer und einen Algerier. Zusätzlich wies der Polizeisprecher darauf hin, dass zwischen dem sogenannten Antanztrick von Taschendieben, bei dem eine Gruppe von Kriminellen ihr Opfer zum Bestehlen einkreist, und der sexuellen Belästigung unterschieden werden müsse.

So hat die Polizei nach eigenen Angaben während des „Karnevals der Kulturen“ auch mehrere „Antänzer“ mit Diebstahlabsichten festgenommen. Auch wenn die Zahl der sexuellen Übergriffe auf Frauen bei der Berliner Veranstaltung eine andere Dimension aufweist als in der Kölner Silvesternacht, besteht Anlass zu Sorge: Ereignet haben sich die Übergriffe nämlich, obwohl die Berliner Polizei in Befürchtung entsprechender Taten ganz massiv Präsenz gezeigt hatte. Am Ort waren nach Polizeiangaben immerhin  800 uniformierten Beamten und zahlreiche zivile Kräfte aktiv.

Zudem sind inzwischen weitere Übergriffe bekannt geworden, die sich bereits in den Wochen davor ereignet hatten – und zwar im gesamten Stadtgebiet. Länger bekannt war das Problem des Antanztricks durch Nordafrikaner bereits vom Kriminalitätsschwerpunkt Kottbusser Tor in Kreuzberg. Weitere Fälle, bei denen Taschendiebe als „Antänzer“ auf Beutezug gegangen sind, wurden inzwischen vom Kurfürstendamm, aus der Friedrichstraße, dem Savignyplatz und der Schöneberger Fuggerstraße gemeldet.

Gefährlich scheint die Lage mittlerweile auch in einigen Einkaufscentern  zu sein. Einem Bericht der „Berliner Morgenpost“ zufolge sollen Jugendliche, die das Einkaufszentrum  „Boulevard-Berlin“ in Steglitz offenbar regelmäßig als Treffpunkt nutzen, ebenfalls Kundinnen sexuell belästigt haben. Mehr noch: Am 11. Mai ist die Lage in dem Einkaufszentrum eskaliert. Gegen den Versuch, ein Hausverbot gegen ihn durchzusetzen, soll sich ein 15-Jähriger mit Immigrationshintergrund massiv zur Wehr gesetzt haben. Unterstützung erhielt er dabei von einer etwa 20-köpfigen Gruppe junger Männer, welche die Polizisten anpöbelte und bedrohte.

Folge war, dass die eingesetzten Beamten Verstärkung anfordern mussten, um die Lage unter Kontrolle zu bekommen. Die Bilanz des Einsatzes: mehrere Anzeigen wegen Hausfriedensbruch, Gefangenenbefreiung und Landfriedensbruch. Das Verhalten der Jugendlichen, die offenbar nicht einmal vor der Polizei Respekt zeigen, ist offenbar kein Einzelfall. 

Wenige Monate vor den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus wächst mit dem Bekanntwerden solcher Fälle der Druck auf die Politik. Innensenator Frank Henkel (CDU) kündigte unter dem Eindruck der Ereignisse auf dem „Karneval der Kulturen“ inzwischen spürbare juristische Konsequenzen an.

Tatsächlich aber scheint hier Skepsis angebracht. Schon jetzt ist erkennbar, dass Berlins Polizei und Justiz nicht in der Lage sind, die bereits bekannten Kriminalitätsschwerpunkt im Stadtgebiet – etwa das Kottbusser Tor, den Alexanderplatz, den Görlitzer Park oder das RAW-Gelände – unter Kontrolle zu bekommen. Wie in Berlin-Moabit oder am Schlesischen Tor bilden sich zudem immer neue Kriminalitätsschwerpunkt im Stadtgebiet. Die öffentlich gewordenen Fälle von Übergriffen durch nordafrikanische Jugendliche zeigen, dass sich deren spezielle Form von Kriminalität im gesamten öffentlichen Raum der Hauptstadt breitmacht. Aus Sicht der Berliner heißt dies: Es reicht nicht, die bekannten gefährlichen Brennpunkte zu meiden, speziell Frauen können jederzeit und an jedem Ort Opfer von Übergriffen werden.

Eine weitere Verschärfung der Lage ist nicht auszuschließen. So klagen Berliner Ermittler, dass  „Antänzer“ oder Drogendealer teilweise bis zu 30 oder 40 Mal festgenommen und von der Justiz regelmäßig wieder laufen gelassen werden. „Das ist frustrierend, weil sich die Täter bereits totlachen, wenn wir sie festnehmen, weil die wissen, sie sind gleich wieder auf der Straße“, so ein Polizeibeamter.

Speziell bei der kriminellen Antänzerei kommt hinzu, dass die Taten in Gruppen verübt und anwesende Zeugen massiv bedroht werden. Vor Gericht ist damit der Nachweis einer Tatbeteiligung oft schwierig. Überdies sind die Grenzen zwischen Diebstahl, Raub, Körperverletzung und sexuellem Missbrauch oft fließend. Offenkundig erscheint, dass bei der Gesetzeslage dringender Reformbedarf besteht. Berlins Polizei und Justiz geben bislang ein Bild der Hilflosigkeit ab.

                Norman Hanert


Denunzianten
von Theo Maass

Nur kurz waren bei der Berliner CDU die lange zurückliegenden Entgleisungen von drei Kandidaten der Partei für das Landesparlament und die Bezirksverordnetenversammlung noch mal ein Thema. Lukas Krieger, Danny Freymark und Christoph Brzezinski hatten 2005 auf einer Reise der Schüler-Union ins Baltikum NS-Sprüche und antisemitische Parolen vor Hakenkreuzzeichen von sich gegeben. Von der „Party“ existiert ein Video, das „liebe  Parteifreunde“ 2008 der Öffentlichkeit zugänglich machten. Erst dann, mit dreijähriger Verspätung, erfolgte die gesellschaftliche „Wiedergutmachung“ der Betroffenen.

Die drei Jungaktivisten legten einige Jahre parteipolitischer Abstinenz ein, die von Engagement im Förderkreises „Denkmal für die ermordeten Juden“ begleitet wurde. Mike Samuel Delberg, ein Repräsentant der Jüdischen Gemeinde: „Sie engagieren sich  gegen Israel-Hass und Antisemitismus. Ich  lege meine Hände ins Feuer, dass sie keine Antisemiten sind.“ Eine zweite Chance dank eines Persilscheins erster Klasse.

Doch nun taucht der Vorfall dennoch wieder auf. Die auf dem Nominierungsparteitag in Wilmersdorf-Charlottenburg gegen Lukas Krieger deutlich unterlegene Stefanie Bung forderte Krieger auf, auf seine Kandidatur zu verzichten. Er sei „subjektiv und objektiv ungeeignet“. Der Kreisvorsitzende Andreas Statzkowski solle kurzfristig einen Kreisparteitag zur Nachnominierung ansetzen. Aber daraus wird nichts, Statzkowski entgegnete, „alles (ist) abschließend gesagt“. Auch der CDU-Landesvorsitzende und Innensenator Frank Henkel unterstützt diese Haltung. Indessen versuchen so ziemlich alle politischen Konkurrenten der CDU, sich zu „empören“. Sogar die scheintote FDP macht sich wieder wichtig.

Tatsächlich scheint es gar nicht um tatsächlichen oder eingebildeten Antisemitismus zu gehen. Das hier abermals vorgeführte Kostüm ist einer Modenschau entnommen, die vor elf Jahren stattfand. Die empörten Wortspenden der beiden Grünen-Fraktionsvorsitzenden Ramona Pop und Daniel Wesener brauchen Henkel und seine Partei nicht zu kümmern. Wäre er hier zurückgewichen, dann wäre ihm bei jeder Gelegenheit ein neues Stöckchen hingehalten worden, über das er hätte springen sollen.

Am Wahlausgang wird die Affäre nichts  ändern. Die CDU dürfte die Regierungsverantwortung verlieren. Die Gründe hierfür  liegen aber nicht bei der Kandidatur von Lukas Krieger, Danny Freymark und Christoph Brzezinski, sondern bei der blassen Bilanz der CDU-Senatoren Frank Henkel, Mario Czaja, Thomas Heilmann und Cornelia Yzer. Von allen hatten sich Unions-Anhänger in der Hauptstadt mehr versprochen.


Die Bremse bremst nicht
Studie ergab: Die Mietpreisbremse ist weitgehend wirkungslos

Berlin führte als erstes Bundesland eine Mietpreisbremse ein. Doch nach einem Jahr zeigt sich, dass die Regelung bislang wirkungslos war. Wie das Branchen-Institut „Regio Kontext“ herausfand, sind ausgerechnet in Berlin die Mieten kräftig weiter gestiegen.

Danach sind die Mieten um 31 Prozent höher als zulässig. Durchgeführt worden ist die Studie im Auftrag des Berliner Mietervereins. Eine Sprecherin des Senators für Stadtentwicklung und Umwelt, Andreas Geisel (SPD), bestätigte die Ergebnisse: „So, wie die Mietpreisbremse jetzt aufgestellt ist, greift sie nicht ausreichend.“ Der Senator will deshalb über den Bundesrat weitere Verschärfungen durchsetzen.

Seit die Bremse am 1. Juni 2015 in Kraft trat, können die Bundesländer in Gebieten, in denen Mieterverdrängung droht, Mieten gesetzlich deckeln. Aus Sicht des Berliner Mietervereins wird die Preisbremse von den Vermietern allerdings nicht ernstgenommen. Bislang besagt die Regelung, dass bei Neuvermietung bestehender Wohnungen maximal zehn Prozent mehr verlangt werden darf, als am Markt üblich ist. Wie viel das genau ist, lässt sich im Mietpreisspiegel für das Viertel nachlesen. Allerdings dürfen Eigentümer Mieten oberhalb der Grenze kassieren, falls die Wohnung schon vor Abschluss des Mietvertrages zu solchen Preisen vergeben wurde. Für diese Wohnungen gilt: Zieht der Vormieter aus, bleibt es also bei der bisherigen Miethöhe. Sie darf nur nicht noch weiter angehoben werden. Eine Ausnahme gilt auch bei Vermietungen von modernisierten und neugebauten Wohnungen. Gerade diese Regelung hat offenbar auch noch einen indirekten Effekt auf die Miethöhe in Berlin. Wie sich ergab, hat der Wohnungsneubau preissteigernde Folgen auf den Berliner Mietspiegel. So werden auch Häuser, die in der Nachbarschaft von Neubauprojekten liegen, im Mietspiegelstandard teurer bewertet.

Wenige Monate vor den Wahlen zum Abgeordnetenhaus stellt die Diagnose von der Wirkungslosigkeit der Mietpreisbremse einen Rückschlag für die Berliner SPD dar. So hat der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) im Rahmen seiner Wahlkampf-Tour „Füreinander“ das Thema Mieten zum zentralen Punkt erhoben. Noch Anfang Juli 2015 war die in Berlin eingeführte Preisbremse von Stadtentwicklungssenator Geisel als „ein Meilenstein für den Mieterschutz“ bezeichnete worden.       N.H.


Große Ziele, wenig Geld
Luftwaffenmuseum Gatow: Dringender Ausbau lässt auf sich warten

Das Luftwaffen-Museum in Berlin-Gatow benötigt dringend Geld für seinen Ausbau und die Sanierung der vorhandenen Substanz. Eigentlich sollte im Verteidigungsministerium hierzu Mitte Mai eine Entscheidung getroffen werden. Wie nun zu erfahren war, wird die Angelegenheit erst einmal verschoben.

Dabei besteht dringender Handlungsbedarf. Etwa die Hälfte der 120 Großexponate hat bislang keinen Platz in den beiden Hangars (drei und sieben) oder im Towergebäude gefunden und ist der Witterung ausgesetzt, einige Ausstellungsstücke drohen zu verrotten. Eigentlich sollte die jetzige Lage auf dem ehemaligen Flugplatz Gatow ein Provisorium sein. So hieß es bei der Eröffnung 1995, man sei ein „Museum im Aufbau“. Ein Zustand, der nun  schon seit 21 Jahren andauert.

Mit dem Umzug des seit 1956 bestehenden und seit 1957 der Öffentlichkeit zugänglichen Museums von Appen bei Hamburg nach Berlin war ein baldiger großzügiger Ausbau ins Auge gefasst worden. Bei dieser Gelegenheit kamen die Flugzeuge der Nationalen Volksarmee der DDR hinzu.

Die Ausstellung hatte sich zunächst in der Trägerschaft von Fördervereinen befunden. Erst Ende der 60er Jahre kamen die ersten „richtigen“ Flugzeuge hinzu, unter anderem zwei Schenkungen der spanischen Luftwaffe.

Am 4. September 1987 übernahm die Bundeswehr die Sammlung. Das hatte auch politische Folgen. Beispielhaft seien hier die Aktivitäten der damaligen verteidigungspolitischen Sprecherin der Grünen, Angelika Beer, genannt, die 1997 die Existenz von „vielen Hakenkreuzen“ dort und anderswo skandalisierte.

Schritt für Schritt entwickelte sich die Ausstellung zum „politisch korrekten“ Schauprojekt. Die jetzt erst einmal aufgeschobenen Ausbaupläne sehen eine Verdoppelung der überdachten Fläche vor. Dann wären fast alle Flugzeuge wetterfest untergebracht.

Die bisher umständliche Zufahrt soll durch einen großzügigen Straßenneubau ersetzt werden. Das könnte jedoch neue Schwierigkeiten bedeuten, da der vorgesehene Verlauf der Straße durch einen noch zu schaffenden Landschaftspark führen soll. Derweil wollen die Museumsverantwortlichen aus der Sammlung eine Ausstellung von internationalem Rang machen, die sich mit den Pendants in Paris oder London messen kann.      Hans Lody


S. 6 Ausland

Zeitenwende im katholischen Brasilien?
Mit Vize Temer führt erstmals ein Sympathisant der Evangelikalen die Amtsgeschäfte des Präsidenten

Mit Michel Temer wurde erstmals ein Sympathisant der Evangelikalen (Interims-)Präsident Brasiliens. Damit könnte sich der Niedergang der katholischen Kirche im immer noch größten katholischen Land der Erde beschleunigen.

Bislang galt Temer nur als Mann der USA. Laut US-Dokumenten, die von der Plattforum Wikileaks veröffentlicht wurden, soll der nun die Amtgeschäfte führende Vize-Präsident Brasiliens seit einem Jahrzehnt US-Informant sein. Bereits im Jahr 2006 soll er sich regelmäßig mit hochrangigen US-Politikern getroffen haben, um ihnen Lageberichte über die Innenpolitik Brasiliens zu übermitteln. Schon damals soll er sich und seine Partei den Entscheidungsträgern in Washington als politische Alternative und Bundesgenosse angeboten haben. Bislang weniger Beachtung fand dagegen, dass Temer mit den Evagelikalen sympathisiert, denen im noch katholischen Brasilien die Zukunft zu gehören scheint.

Beim letzten Zensus vor einigen Jahren wurden in Brasilien 123 Millionen Katholiken gezählt – aber auch 42 Millionen Evangelikale, darunter 27 Millionen Pfingstler. Damit ist Brasilien das Land mit dem stärksten Wachstum der Pfingstkirchen, noch vor Nigeria und den USA. Ab dem Jahr 2030 soll es in Brasilien mehr Evangelikale als Katholiken geben.

 Die vom Senat jetzt suspendierte Präsidentin Dilma Rousseff, die bulgarischer Abstammung ist, bezeichnet sich als Atheistin. Die letzte Präsidentschaftswahl hatte sie unter anderem gegen die vormalige Umweltministerin Marina Silva gewonnen, eine Evangelikale, die als treue Anhängerin der Bewegung Assembleia de Deus (Gottesversammlung) gilt. Rousseffs Partei, die von Luiz Inácio Lula da Silva gegründete Arbeiterpartei (PT, Partido dos Trabalhadores), verdankte ihren Aufstieg der katholischen Basisgemeindenbewegung. Diese ging aus der Theologie der Befreiung hervor und bot in der Zeit der Militärdiktatur bis 1985 dem damaligen Gewerkschaftler Lula da Silva die Möglichkeit, aus seiner linken Gewerkschaft die erfolgreichste Partei Brasiliens zu machen. Nach der Übernahme des Präsidentenamtes 2003 verbündete Lula da Silva sich jedoch mit den Evangelikalen, sodass der deutschstämmige damalige Kardinal von Rio, Eusebio Scheid, ihm 2005 vorwarf „kein Katholik, sondern ein Chaot“ zu sein.

 Der neue Interims-Präsident  Temer ist für die meisten Brasilianer ein unbeschriebenes Blatt. Die libanesisch-maronitische Familie des 75-Jährigen wanderte 1925 in Brasilien ein. Er studierte Jura an der Päpstlichen Katholischen Universität in São Paulo. Obwohl er mit einem fast 50 Jahre jüngeren Fotomodell bereits in dritter Ehe verheiratet ist, versteht er sich als Katholik. Trotzdem verabschiedete er Papst Franziskus bei dessen Brasilienbesuch 2014 in eher kühler Weise. Den direkten Blickkontakt mit dem Pontifex vermied er. Als Verfassungsjurist hat er hinter den Kulissen im jetzigen Machtkampf zwischen den Institutionen und Rousseff die Strippen gezogen und sich dabei auf die politische Macht der Freikirchen verlassen. Die von den Evangelikalen dominierte Brasilianische Republikaner-Partei (PRB, Partido Republicano Brasileiro) hat zwar nur 21 Vertreter in der Abgeordnetenkammer, aber der Rückzug dieser Abgeordneten hatte im März die Regierungskrise ausgelöst, die nun zur Suspendierung der Staatspräsidentin führte.

 Engster politischer Weggefährte von Michel Temer in diesem Machtkampf war Parlamentspräsident Eduardo Cunha, auch er aktives Mitglied der Pfingstkirche Assembleia de Deus. Er symbolisiert am besten den zunehmenden Einfluss evangelikaler Politiker in Brasilien. Da die stärksten politischen Parteien in Brasilien nur etwa zehn Prozent der Stimmen bei Wahlen erreichen, spielen überparteiliche politische Fronten eine weitaus wichtigere Rolle. Bei dem Amtsenthebungsverfahren gegen Dilma Rousseff spielte die „Evangelikale Front“, eine parteiübergreifende Fraktion der Evangelikalen, die mit mittlerweile 180 Abgeordneten fast 40 Prozent der Parlamentsabgeordneten umfasst, mit 84 Prozent Zustimmung für die Amtsenthebung die wichtigste Rolle.

 Schon im Vorfeld der Absetzungskampagne von Präsidentin Rousseff hatten evangelikale Mitglieder der beiden Kammern des Nationalkongresses für deren Absetzung gebetet und gleichzeitig für die Machtübernahme durch Vize-Präsident Temer. Mit Bischof Marcos Pereira von der Universalkirche hat Temer ein prominentes Mitglied der derzeit einflussreichsten neopfingstlerischen Kirche als Wissenschaftsminister in sein neues Kabinett geholt, obwohl der Bischof wesentliche Elemente der Naturwissenschaft wie die Evolutionstheorie ablehnt. Auf das Sportministerium, das sie unter Rousseff innehatten, verzichteten die Evangelikalen. Im Jahr der Olympischen Spiele in Rio werden bald wieder Demonstrationen gegen das Megasportereignis erwartet, da könnte das Sportministeramt für die nächsten Wahlen eher von Schaden sein. Bodo Bost


»Gemeinsam können wir«
Spaniens Podemos geht Wahlbündnis mit Ex-Kommunisten ein

Podemos“ heißt auf Deutsch „Wir können“. Doch der Quereinsteiger in der politischen Landschaft Spaniens sagte nach den vergangenen Parlamentswahlen: „Wir wollen nicht.“ Die Weigerung der linken Protestpartei, eine Dreierkoalition mit den Sozialisten (PSOE) und den Liberalen einzugehen, hat Spanien in eine schwere Krise gestürzt. Nun wird am 26. Juni erneut gewählt.

Vor fünf Jahren – auf dem Höhepunkt der Bankenkrise – hatte die spanische Linke rebelliert und Hunderttausende Demonstranten auf den Marktplätzen versammelt. Nun greift sie nach der politischen Macht. Die – aus der Protestbewegung hervorgegangene – Partei hat sich für diese Wahl mit dem 1986 gegründeten linkssozialistischen Parteienbündnis Vereinte Linke (IU) zu einem Wahlbündnis zusammengeschlossen. „Fünf Jahre nach den Protesten sind wir bereit zu regieren“, sagte IU-Parteichef Alberto Garzón der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Das Linksbündnis zu den Parlamentswahlen im Juni heißt „Unidos Podemos“ (Gemeinsam können wir). Die beiden Parteien wollen mit ihrem Pakt nach eigenen Angaben nicht nur die Sozialisten als stärkste Kraft im Lager der Linken ablösen, sondern auch einen Erfolg über die konservative Volkspartei (PP) von Ministerpräsident Mariano Rajoy erringen. „Wir werden vereint marschieren, aber getrennt kämpfen“, sagte Garzón und spielte damit darauf an, dass beide Parteien einen eigenständigen Wahlkampf führen werden.

Podemos hatte zusammen mit verbündeten Gruppierungen bei den jüngsten Parlamentswahlen vom 20. Dezember vergangenen Jahres 69 Sitze errungen und ist damit die drittstärkste Kraft im Parlament, während die IU lediglich zwei Mandate erreichen konnte. Das Stimmenreservoir der Partei ist allerdings deutlich größer, es kam nur durch das spanische Wahlrecht bisher nicht zur Geltung. Durch den Zusammenschluss mit Podemos dürfte sich dies ändern. Nach aktuellen Umfragen könnte die vereinigte Linke hinter den Konservativen zur zweitstärksten Kraft aufsteigen. Podemos-Chef Pablo Iglesias sprach von einer „historischen Gelegenheit“.

Doch der Pakt mit den Ex-Kommunisten könnte Iglesias am Ende teuer zu stehen kommen. Und Regierungschef Mariano Rajoy könnte im Endeffekt der Profiteur der neuen Allianz sein. Der Christdemokrat warnte davor, dass ein „Bündnis von Extremisten und Radikalen“ Spanien in Instabilität und Ungewissheit stürzen würde. Die Zeitung „El Mundo“ stellte das Links-Bündnis bereits auf eine Stufe mit der griechischen Regierungspartei Syriza und warnte vor einer Unregierbarkeit des Landes. Etablierte Medien gehen davon aus, dass gemäßigte Wähler zurückscheuen könnten.

Die PSOE könnte davon zwar profitieren, aber Parteichef Pedro Sánchez weigert sich bisher, eine Koalition mit den Linken auszuschließen. Dies hatten die Sozialisten im Jahr 2000 auch getan und ihr Spitzenkandidat Joaquín Almunia hatte bei der Wahl prompt ein Debakel erlebt.

Mariano Rajoy, der mit seiner Volkspartei im Dezember mit 28,7 Prozent der Stimmen zwar vorne lag, die absolute Mehrheit aber klar verfehlte, hofft nun, mit den liberalen Ciudadanos (Staatsbürger) von der Polarisierung profitieren zu können. „Wir sind der Garant der Stabilität“, sagt der Ministerpräsident.       Peter Entinger


Hundert Molenbeeks
Frankreich hat massenhaft Stadtteile wie den verrufenen belgischen

Frankreich hat wie kein zweites europäisches Land unter islamistischem Terror zu leiden. Ministerpräsident Manuel Valls sprach angesichts des Terrors von Paris sogar von „Krieg“. Sein Wohnungsbauminister Patrick Kanner wurde jetzt konkreter, als er sagte: „Wir wissen derzeit von 100 Stadtteilen in Frankreich, die möglicherweise Ähnlichkeiten mit dem aufweisen, was in Molenbeek passiert ist.“ Man kann kaum sagen, dass die Salafisten in diesen Vierteln die Macht ergreifen wollen – in vielen haben sie das bereits getan.

 Nach Angaben der Polizei sind von den 2500 registrierten islamischen Glaubensstätten in Frankreich mindestens 90 den Salafisten zuzurechnen, mit stark wachsender Tendenz. Vor allem in den Vororten von Paris, im Großraum Lyon und in Marseille sprießen ständig neue hervor. Dort waren 41 islamische Einrichtungen Ziele von „Infiltration“, was bedeutet, dass „traditionelle“ Imame gewaltsam beseitigt und durch salafistische ersetzt wurden.

100 Stadtteile in Frankreich weisen große Ähnlichkeiten mit dem auf, was in Molenbeek passiert ist. Molenbeek ist jenes Brüsseler Viertel, das im Schatten des Europaviertels zum Epizentrum des Dschihad in Europa geworden ist. Es ist ein Stadtteil unter salafistischer Kontrolle, von dort gingen die Anschläge in Paris und Brüssel aus.

 Trotz Kritik von der Parteispitze erhielt Kanner Unterstützung von dem sozialistischen Abgeordneten Malek Boutih, der selbst maghrebinischer Abstammung ist. Für ihn hat der Minister zumindest ein bisschen von der Wahrheit über die Vorstädte gesagt. „Diese Viertel sind Brutstätten des Terrorismus.“ Auch Samia Ghali, eine sozialistische Senatorin aus Marseille, bekräftigte die Äußerungen des Ministers: „In einigen Vierteln von Marseille gibt es Trainingslager, wo den Leuten das Schießen beigebracht wird.“

 Gilles Kepel, ein international anerkannter Professor am Pariser Institut für politische Studien und einer der besten Kenner des Islamismus in Frankreich, erklärte Anfang April, welche drei Zutaten nötig seien, um Molenbeek zu werden: Erstens ein starkes organisiertes Verbrechen, vorwiegend um den Handel mit Drogen. Zweitens Verstecke für Terroristen und Waffen. Und drittens Kommunalpolitiker, die wegsehen, wenn immer mehr Moscheen auf die Seite der Salafisten wechseln. Das Ziel der Terroristen sei es, Stadtteile zu infiltrieren, um von dort einen „Enklavenkrieg“ führen zu können.

Im Viertel Reine-Jeanne in Avignon haben laut der Zeitschrift „Paris Match“ die Salafisten systematisch die Kontrolle über mehrere Tausend Muslime übernommen. Reine-Jeanne ist eine salafistische Enklave, die so leben will wie zu Zeiten Mohammeds. Bäcker, Friseure, Hausmeister, Jugendliche – alle sind besessen vom Koran, oder besser ihrer Art der steinzeitlichen Koraninterpretatition. Ein Kalifat im Miniformat.

 In Sevran, einem Pariser Vorort, wurde vor einigen Wochen eine salafistische Moschee geschlossen, weil dort Dutzende von jungen Muslimen für den Islamischen Staat rekrutiert worden waren. Über Nacht wurden dort Jugendliche zu Salafisten. Ghettoisierung, die Frage nach der eigenen Identität, die kulturelle Orientierungslosigkeit und schließlich der Koran Marke Eigenbau, das alles ist ein idealer Nährboden für die dschihadistische Missionierung.

Die Zahl der Salafisten in Frankreich wird auf 15000 bis 30000 geschätzt, so Bernard Godard, der ehemalige Staatssekretär für Religion im Innenministerium.             B.B.


MELDUNGEN

Balten üben an der Grenze

Riga – Litauen, Lettland und Polen halten regelmäßig gemeinsame Übungen ihrer Grenztruppen ab, um einen möglichen künftigen Massenansturm von Immigranten zu verhindern. Nachdem Österreich die Westbalkanroute erfolgreich geschlossen hat und wohl auch die vom Westen favorisierte neue Italienroute nach Deutschland unterbrechen wird, befürchten die baltischen Staaten einen Durchzug der dann noch verbleibenden hartnäckigen Einwanderungswilligen durch ihre Länder nach Skandinavien. Im Vergleich zu den bequemeren Westrouten dürfte der östliche Einmarschweg wohl nur eine geringere Rolle spielen.    T.W.W.

 

Neuer starker Mann im Irak

Bagdad – Nach der Besetzung des irakischen Regierungsviertels durch Anhänger Muktada al-Sadrs droht im Irak ein neuer Bürgerkrieg, diesmal zwischen Schiiten. Al-Sadr gehört zu den wenigen Überlebenden einer der wichtigsten klerikalen schiitischen Familien, die sowohl im Irak als auch im Libanon eine große Rolle spielen. Mit einer je nach Bedarf linken oder religiös-schiitischen Agenda mit Themen wie Korruption, Missmanagement, aber auch schiitischem Messianismus schaffte der junge schiitische Mullah nach Art Ruhollah Khomeinis die nationale Mobilisierung seiner Glaubensbrüder, die im Irak die Bevölkerungsmehrheit stellen. Im politischen Streit um die Führung des schiitischen Irak steht Sadr vordergründig hinter Premier Haider al-Abadi, der mit seinen radikalen Reformplänen bislang am Widerstand seiner eigenen politischen Verbündeten scheiterte. Die innerschiitische Krise kommt zur Unzeit, da die große Offensive zur Rückeroberung Mossuls vom IS angelaufen ist und die US-Amerikaner ihre Präsenz im Irak verstärkt haben.              B.B.


S. 7 Wirtschaft

Chinas goldener Colt
Seit April macht Schanghai ein eigenes Goldpreis-Fixing – weit mehr als nur ein symbolischer Schritt

Mit einem eigenen Goldpreis-Fixing bricht China ein fast 100-jähriges Monopol der Londoner Börse. Damit stärkt Peking seinen Weltmachtanspruch und steigert die globale Bedeutung seiner Währung. Außerdem nimmt das Reich der Mitte ein Instrument von erheblicher Wirkung in die Hand.

Nach einer gut dreijährigen Flaute nimmt der Goldmarkt wieder Fahrt auf. Im ersten Quartal 2016 ist die weltweite Nachfrage nach dem Metall auf den zweit­höchsten Wert seit dem Jahr 2000 gestiegen, meldet die Schweizer „Handelszeitung“ mit Berufung auf den Branchenverband „World Gold Council“. Nur im vierten Quartal 2012, ein Jahr, nachdem der Goldpreis mit 1920 US-Dollar pro Unze (31,1 Gramm) sein bisheriges Allzeithoch erreicht hatte, war die Nachfrage noch höher.

Der neue Goldhunger dürfte mit der immer rabiateren Politik der großen Notenbanken zusammenhängen, die mittels Null- und Negativzinsen Sparer und Investoren aus dem Papiergeld treiben. Daneben gewinnt das gelbe Metall aber auch zunehmend strategische Bedeutung im Ringen großer Mächte um die Dominanz auf dem Erdball.

In China wurde 2015 mehr Gold abgesetzt als in irgendeinem anderen Land, fast 1000 Tonnen. Da die eigene Produktion bei 450 Tonnen lag (China ist heute der größte Goldproduzent der Welt), musste die Volksrepublik den Rest einführen, meist von westlichen Märkten. Damit setzt sich der Trend der vergangenen Jahre fort: Das Edelmetall wandert vom Westen des Globus in den Osten.

Beobachter sehen darin eine Strategie, die sich nahtlos in Chinas Weltmachtstreben fügt. Peking wolle die angelsächsische Dominanz auf dem Goldmarkt langfristig herausfordern. Hierzu passt ein Ereignis, das vordergründig betrachtet eher symbolischen als praktischen Wert zu haben scheint. Seit dem 19. April führt die Schanghaier Edelmetallbörse „Shanghai Gold Exchange“ (SGE) ein eigenes Goldpreis-Fixing durch.

Für Kenner des Goldmarktes war das ein historisches Datum. Zuvor war es für fast 100 Jahre der Londoner Börse allein vorbehalten gewesen, das Fixing, also die Ermittlung des dann weltweit gültigen Referenzpreises für Gold in US-Dollar pro Unze, zweimal am Tag vorzunehmen.

Für Privatkunden ist das Fixing weitgehend unbedeutend. Die Handelspreise ändern sich fortwährend im Sekundentakt, 24 Stunden am Tag, die gesamte Woche lang, ausgenommen das Wochenende. Goldhändler wie Degussa oder Pro Aurum passen danach ihre Preise wenn nötig mehrmals am Tag an. Beim Fixing wird nur zweimal am Tag ein Preis festgesetzt. Es ist aber entscheidend für große Geschäfte mit Gold oder Börsenpapieren, die auf dem Metall basieren. Hier bildet das aktuelle Fixing den Referenzpreis, der zu bezahlen ist.

Laut Experten steht die SGE unter direktem Einfluss der chinesischen Regierung, womit das dortige Fixing möglicherweise auch als politisches Instrument benutzt werden könnte, wenn nicht gar als Waffe im Wettstreit der Mächte. Zunächst einmal hat die Volksrepublik mit dem Schritt ihre Währung Yuan aufgewertet, denn das Schanghaier Fixing findet nicht wie das Londoner in US-Dollar statt, sondern in Chinas Heimatwährung. Zwar ist der Yuan noch immer nicht frei konvertierbar. Dennoch hat er damit einen weiteren Schritt in Richtung einer weltweit bedeutenden Devise gemacht.

Sehr viel gefährlicher für Chinas Rivalen im Westen könnte etwas anderes werden. Die großen Goldbörsen in New York und London basieren ganz überwiegend auf sogenanntem Papiergold, also goldbasierten Wertpapieren. Schätzungen zufolge überwiegt dieser „Goldpapier“-Handel jenen mit „richtigem“ Metall in Barren oder Münzen um mehr als das hundertfache.

Theoretisch steckt hinter jedem goldbasierten Wertpapier der Anspruch, es gegen reales Gold eintauschen zu können, das der Herausgeber des Papiers dann beschaffen muss. Praktisch vertraut das System aber darauf, dass dies so gut wie nie geschieht, sondern „Papiergold“ nur gegen anderes „Papiergold“ oder Geld gehandelt wird.

Was aber, wenn ein Ereignis eintritt, das Inhaber von „Papiergold“-Anlagen scharenweise dazu verleitet, ihren theoretischen Anspruch auf reales Gold praktisch einzuklagen? Im Schanghaier Handel ist der Anteil des „Papiergolds“ weit geringer als in London und New York, diagnostizieren Experten. In einer solchen Situation wären die Chinesen also klar im Vorteil, während sie den westlichen Goldbörsen das Genick brechen könnte, weil sich schnell herausstellen würde, das die milliardenschweren Papier-Ansprüche auf Sand gebaut waren, weil gar nicht so viel reales Gold da ist, um sie einzulösen.

Aber könnte die chinesische SGE, beispielsweise auf Veranlassung der Pekinger Regierung, einen solchen Ansturm tatsächlich auslösen? Pessimisten fürchten, dass sich China mit der Einführung des eigenen Fixings die Waffe dafür geschmiedet hat.

Würde die SGE ihr Fixing deutlich über dem in London festsetzen, könnten Anleger in großer Zahl geneigt sein, ihre „Papiergold“-Forderungen in London und New York fällig zu stellen, also reales Gold dafür zu fordern, um es nach Schanghai transportieren und für den höheren Preis verkaufen zu können.

Die Tresore der westlichen „Bullion Banks“ (Barren-Banken) wären in Windeseile geleert, die Inhaber von „Papiergold“-Scheinen blieben auf ihren Forderungen sitzen, das Vertrauen bräche zusammen und mit ihm die Finanzhäuser, die tief im Handel mit dem „Papiergold“ stecken. Vermutlich könnten die Regierungen mit ihrem Notenbankgold kaum aushelfen. Großbritannien hat nach umfangreichen Verkäufen kaum noch welches und die offizielle Angabe, dass die USA über mehr als 8000 Tonnen verfügten, wird von Experten seit Langem schwer in Zweifel gezogen.

Die Folge wäre ein gigantisches Beben im Finanzsystem, das weit über den Goldmarkt hinausreichte. Allerdings dürfte es genau das sein, was die Chinesen (vorerst?) vor einem solchen Schritt zurück­schrecken lässt. Denn von den weltwirtschaftlichen Folgen eines solchen Einbruchs wäre der Exportriese China ebenfalls heftig betroffen.        Hans Heckel


Ruf nach dem Staat
Milcherzeuger und deren Interessenvertreter wollen höhere Preise

Mit einem Auszahlungspreis von 17 bis 29 Cent pro Kilogramm Rohmilch an die Erzeuger hat der seit einem Jahr anhaltende Verfall des Milchpreises ein Allzeittief erreicht. Täglich sprudeln jetzt neue Vorschläge an die Öffentlichkeit. Laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) ist für Ende Juni eine vertiefte Diskussion dazu auf Agrarministerebene geplant.

Mit kurzfristigen Maßnahmen zur Krisenbewältigung wie Steuererleichterungen und Kreditbürgschaften ist es diesmal aber nicht getan. Zur Einführung von Abschlachtprämien und der Wiedereinführung von Milchquoten wird es nicht kommen. Jedoch könnte als Erstes die Andienungspflicht und damit die Komplettbindung der Bauern an einzelne Molkereien abgeschafft werden. Auch werden die Interessenvertreter der Milchindustrie nicht mehr umhinkönnen, die Vorschläge der Milcherzeugergemeinschaft MEG Milch Board für eine nachhaltige Strategie zur zukünftigen Gestaltung des Milchmarktes aufzugreifen. Wie Umfragen erweisen, decken sich diese Forderungen mit den Wünschen der Verbraucher.

Bereits im Oktober 2015 herrschte in Europa Alarmstimmung aufgrund der dritten Milchkrise in sechs Jahren. Der Milchpreis war auf 27 Cent gefallen, viel zu wenig, um auch nur die Erzeugerkosten zu decken. Nicht nur in der EU, auch weltweit besteht ein Überangebot an Milch bei anhaltend stockendem Absatz. Zunehmend bauen auch klassische Importländer wie China ihre eigene Milchproduktion weiter aus. Noch am 13. Oktober 2015 verkündete Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt angesichts des Milchpreisverfalls auf einem „Exportgipfel“ in seinem Ministerium: „Angesichts niedriger Erzeugerpreise wichtiger landwirtschaftlicher Produkte ist der Agrarexport eine wichtige Option zur nachhaltigen Verbesserung der Lage.“ Nun wird er es nicht mehr wagen, diesen Vorschlag öffentlich zu wiederholen, hat doch die Strategie, den Export von Milchprodukten aus der EU in Drittländer zu steigern, nicht zu den erhofften Erlösen geführt.

Bereits seit 2010 fordert die MEG Milch Board zusammen mit dem Bundesverband Deutscher Milchviehhalter und dem European Milk Board von der EU-Kommission, eine europäische Stelle für Milchmarktgestaltung einzurichten. Von dort aus sei eine Milchmenge festzulegen, „die den gesellschaftlichen Interessen einer nachhaltigen Versorgung mit qualitativ hochwertiger Milch entspricht und kostendeckende Milch­erzeugerpreise gewährleistet“, heißt es in einem Positionspapier vom August 2012. Nichts dergleichen ist seitdem geschehen.

Der Erste Vorsitzende der MEG Milch Board, Peter Guhl, erklärt, wie seines Erachtens konventionelle und biologische Landwirtschaft wieder auf einen gemeinsamen Nenner kommen könnten. Nötig sei eine allgemeinverbindliche Vertragspflicht zwischen starken Milcherzeugergemeinschaften und Molkereien, um Liefermenge, Preis, Qualität und Lieferzeiträume vertraglich festzulegen. Auch das Nachhaltigkeitsproblem der konventionellen Landwirtschaft, das wegen der Weltmarktausrichtung entstanden sei, müsse angegangen werden: „Immer mehr und immer billiger ist nicht nur ökonomisch unsinnig, es ist auch ökologisch und ethisch fragwürdig! Erzeuger, Verarbeiter, Handel und die Politik müssen sich dieser Diskussion öffnen.“   D. Jestrzemski


MELDUNGEN

Stromversorgung der Krim sicher

Moskau – Russlands Präsident Wladimir Putin hat den Baubeginn der vierten und letzten Stromtrasse aus dem Kubangebiet auf die Krim eingeleitet. Seit Dezember wurden als Reaktion auf die ukrainische Stromblockade bereits drei Stromleitungen aus dem Vorkaukasus auf die Halbinsel gelegt. Die Krim hat jetzt eine Gesamtstromversorgungskapazität von etwa 1300 Megawatt zur Verfügung. Im Notfall wäre unter Heranziehung aller Reservekraftwerke sogar ein Bedarf von 1800 Megawatt zu befriedigen. Damit hat es Russland geschafft, die Krim zwei Jahre früher an das russische Stromnetz anzubinden, als dies im ursprünglichen Staatsplan vorgesehen war.                T.W.W.

 

Deutscher Staat zahlt schlecht

Berlin – „Der Staat ist ein schlechter Zahler“, bemängelt Wolfgang Spitz, Präsident des Bundesverbandes der Inkassounternehmen. Das bestätigt die Frühjahrsumfrage der Wirtschaftauskunftei Creditreform. Beispielsweise gibt jedes dritte Bauunternehmen (36 Prozent) an, dass seine öffentlichen Kunden erst nach mehr als 30 Tagen ihre Rechnung beglichen – für manche Firma existenzbedrohend. Bei den privaten Auftraggebern liegt die Quote lediglich bei sieben Prozent.        J.H.


S. 8 Forum

Erdoganistan
von Bodo Bost

Für die Türkei waren die letzten Wochen ein wichtiger Markstein auf dem Weg in die Autokratie, vielleicht sogar in Bürgerkrieg und Diktatur: Durch Parlamentsbeschluss verlor ein Viertel der Abgeordneten, da­runter fast alle kurdischen, mit einem Mal die parlamentarische Immunität und sieht sich jetzt Anklagen wegen Terrorismus gegenüber, welche die meisten für viele Jahre hinter Gittern bringen werden. Dem geschick­ten Strippenzieher Recep Tayyip Erdogan war es gelungen, selbst Abgeordnete der stärksten und ältesten Oppositionspartei von der von ihm selbst konstruierten „kurdischen Gefahr“ zu überzeugen, sodass er bei dieser Abstimmung erstmals die angestrebte Zweidrittelmehrheit erreichte. Mit der faktischen Auflösung der Kurdenpartei HDP ist nun sogar eine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit für die von ihm angestrebte Einführung eines Präsidialsystems realistisch geworden.

Des Weiteren hat Erdogan den vormaligen Verkehrsminister Binali Yildirim als Vorsitzenden der islamistischen Regierungspartei AKP und Ministerpräsidenten installiert. Dessen wichtigste Qualifikationen sind seine absolute Loyalität gegenüber Erdogan und seine Unterstützung des Umbaus des politischen Systems der Türkei zum Präsidialsystem.

Als Terroristen, Terror-Unterstützer oder Majestätsbeleidiger stempelt der sich wie ein Sultan gebärdende Erdogan alle ab, die ihm politisch Paroli bieten. Dazu gehören auch Journalisten, die Skandale in seinem Umfeld aufdecken. Dabei helfen ihm genau jene Terrorgesetze, gegen deren Reform Erdogan sich vehement stemmt, obwohl die EU sie zur Voraussetzung für die im Zusammenhang mit dem „Flüchtlingsdeal“ in Aussicht gestellte Visafreiheit gemacht hat. Von dem „Flüchtlingsdeal“ war in der Ansprache des neuen Premiers Yildirim beim Sonderparteitag der AKP in Ankara auch nicht mehr die Rede, vorrangig ist jetzt die Absicherung des bereits illegal angehäuften Machtzuwachses von Präsident Erdogan. Yildirim stellte Erdogan dann auch bereits als „Architekten der modernen Türkei“ vor, ein Titel, der vordem nur Staatsgründer Kemal Atatürk zugekommen war. Erdogan dürfte sich bald auch einen neuen Titel wie seinerzeit Atatürk, der sich „Vater aller Türken“ nannte, zulegen.

Erdogan scheut nicht einmal davor zurück, einen Bürgerkrieg heraufzubeschwören. Denn sollte es ihm gelingen, mithilfe einer immer mehr eingeschüchterten Justiz die kurdischen Abgeordneten und ihre Partei, die bei den letzten Wahlen immerhin zehn Prozent der Stimmen erhalten hat, mit Hilfe der Terrorismuskeule aus dem Parlament zu entfernen, dann könnte dies die Unruhen im Südosten des Landes gefährlich verschärfen und zu einem Bürgerkrieg in dem Nato-Mitgliedsland Türkei führen. Die Kurden wären dann in Erdogans Spiel die Bauern, die er bereit ist, für seinen Machtzuwachs zu opfern.

Die Türkei und Europa erleben derzeit dunkle Tage. Erdogan ist dabei, aus seinem Land ein „Erdoganistan“ zu machen. Zu den demokratischen Werten der EU passt diese Türkei nach Erdogans Fasson sicher nicht mehr. Behält Erdogan seinen Kurs bei, dann erübrigen sich wohl weitere Beitrittsverhandlungen mit der EU.


Vorläufig ausgehebelt
von Eberhard Hamer

Nun soll das „Freihandelsabkommen“ CETA zwischen Kanada und der EU also „vorläufig gelten“. Es ist ebenso geheim und einseitig verhandelt worden wie das TTIP-Abkommen. Inzwischen ist wenigstens geklärt, dass CETA ohne die Zustimmung der Parlamente der Mitgliedsländer nicht gültig werden kann. CETA droht deshalb (wie TTIP) am Widerstand der Bevölkerung und der Parlamente sowie einiger Regierungen zu scheitern. Weil also die nachteiligen Folgen des CETA-Abkommens möglicherweise nicht von den souveränen Parlamenten akzeptiert würden, will Brüssel mit einer „vorläufigen Einführung“ Fakten schaffen, um damit die nationalen Widerstände und Kritiken auszuschalten.

Würde CETA zumindest vorläufig schon gelten, würde das europäische „Vorsorgeprinzip“ damit bereits ausgehebelt werden. Nach europäischem Umweltrecht sind alle Produkte verboten, bei denen der Verdacht der Gesundheitsschädigung besteht. Der Produzent muss dann beweisen, dass diese Schäden nicht auftreten. Nach US- und kanadischem Recht dagegen könnte die EU nicht widersprechen, wenn die Problemlosigkeit von Produkten „auf wissenschaftlicher Grundlage“ bestätigt wurde. Mit diesem Trick können sich die US-amerikanischen Konzerne durch von ihnen bezahlte Gutachter immer Problemlosigkeit bescheinigen lassen. Auch die berüchtigte Investitionsschutzklausel soll mit der vorläufigen Einführung von CETA praktisch durchgesetzt werden.

Wenn also CETA „vorläufig“ in Kraft gesetzt wird, brauchen die US-Firmen TTIP eigentlich gar nicht mehr, denn sie alle haben Tochtergesellschaften in Kanada, über welche sie die bisher unzulässigen und gefährlichen Exporte in die EU steuern können. Eine vorläufige Einführung von CETA öffnet praktisch das Tor für die Beherrschung Europas durch die US-Konzerne, die durch TTIP angestrebt wird.

Auch bei TTIP drängt Bundeskanzlerin Angela Merkel auf „Befehl“ von US-Präsident Barack Obama zur Eile, weil 80 Prozent der deutschen und der französischen Bevölkerung TTIP nicht wollen und die nächste US-Regierung möglicherweise auch nicht mehr. US-Konzerne wollen also die letzte Chance zu Regierungszeiten Obamas noch nutzen, ihre Macht über Europa zu zementieren.

Der Skandal bei CETA und TTIP ist, dass die schwarz-rote Regierung wiederum wie schon bei der Schuldenübernahme für die internationalen Banken den Mehrheitswillen der Bevölkerung zugunsten amerikanischer und EU-Loyalität verrät. Zugleich beschimpft sie die Parteien, welche diese Geheimverträge entsprechend dem Willen der Bevölkerung verhindern wollen. Mit der „vorläufigen“ Inkraftsetzung von CETA und künftig von TTIP wird nicht nur der Wille der Bevölkerungsmehrheit verraten, sondern auch Konzerndiktatur statt Demokratie geübt.


Frei gedacht
»Ihr werdet geschlachtet«
von Eva Herman

Es ist eine affenartige Geschwindigkeit, mit der sich unsere Welt jetzt verändert. Unser Land, einst verhältnismäßig beschaulich und ruhig, fast träge, nimmt neue Formen an, die vor wenigen Jahren noch undenkbar waren: Terror, Unruhe, Kriminalität, Bedrohung, Angst. Es ist eine Entwicklung, die man als Durchschnittsbürger anfangs kaum bemerkte, in früheren Jahren war sie gar als Fortschritt bezeichnet worden. Ja, der Fortschritt, man war immer stolz darauf, alles sollte modern sein, da das Alte nichts mehr taugte. Er war verbraucht, der Name des Zurückliegenden, des Traditionellen, hatte jeglichen Glanz verloren, denn Unheil klebte daran. Damit war offenbar gleich alles Alte falsch geworden, auch jene Epochen, die lange vor dem Unrühmlichen gelegen. So die Kultur und Sitte, das christliche Abendland als Heimat, die Werte. Alles nix mehr wert. Deswegen sollte alles ganz neu werden, sagten die Leute, auch wenn der Zielpunkt der hastig eingenommenen Neuausrichtung noch gar nicht auszumachen war. Das Kind wurde mit dem Bade ausgeschüttet.

Letzte Woche veröffentlichte das Nachrichtenmagazin „Focus“ eine Aussage des Gewaltforschers Jörg Baberowski: „Deutsche Männer können nicht mehr prügeln.“ Das habe man in der Kölner Silvesternacht gesehen, als die deutschen Männer ihre Frauen nicht gegen Übergriffe verteidigt hätten, so der Professor von der Humboldt-Universität Berlin: „Wir sehen, dass Männer in Deutschland gar nicht mehr wissen, wie man mit Gewalt umgeht!“ Es gibt Leute, die freuen sich über diese Nachricht, dazu gehören Feminismus- und Genderexperten, deren Hauptaufgabe es seit Jahrzehnten ist, das männliche Prinzip zu schwächen. Alice Schwarzer und ihre Vasall/innen taten eine Menge, um den modernen Mann entweder als weichgespülten Waschlappen oder als gewaltbereiten Macho zu diffamieren. Letzter musste unbedingt vernichtet werden. Für eine flächen­deckende Feminisierung von der Kita bis zum Schulabschluss wurde gesorgt: Weibliche Betreuer, weibliche Lehrer, weibliche Verhaltensweisen wurden den Jungs aufgedrückt. Wer sich prügeln wollte, kam auf die Strafbank, mit dem Gesicht zur Wand. Oder er sollte über seine innere, gewaltbereite Haltung diskutieren, natürlich vorzugsweise mit einer Frau.

Letzte Woche veröffentlichte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ neue Zahlen des Bundesministeriums für Migration und Flüchtlinge. Demnach waren „drei Viertel der 2015 nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge männlich. Gut zwei Drittel (68 Prozent) waren jünger als 33 Jahre alt“. Diese Tatsache, die man als aufmerksamer Beobachter seit dem Sommer 2015 selbst leicht erkennen konnte, wenn man sich die hier hereinquellenden Zuwandererströme ansah, wurde von den Massenmedien bis vor Kurzem beharrlich geleugnet. Warum eigentlich? Letzte Woche wurde der 17-jährige Nik­las aus Bonn beerdigt, der den schweren Verletzungen einer brutalen Prügelattacke mit massiven Kopftritten (drei gegen einen) erlegen war. Nach zweien der dunkelhäutigen Täter wird noch gefahndet. Es war auch letzte Woche, als ein junger Mann in Aschaffenburg von drei dunkelhäutigen Tätern angegriffen und schwer verletzt wurde. Sie hatten ihn provoziert, zu Boden geschlagen und gegen den Kopf getreten. Der Mann ringt in einer Spezialklinik um sein Leben. Ganz offensichtlich verstärkt sich durch die Zuwanderung das Gewaltpotenzial in Deutschland.

Letzte Woche nahm der deutsche Politologe syrischer Herkunft Bassam Tibi in einem „Welt“-Artikel mit der Überschrift „Junge Männer, die die Kultur der Gewalt mitbringen“ zu den Silvesterübergriffen in Köln folgendermaßen Stellung: „Im Orient gilt die Frau nicht als Subjekt, sondern als Gegenstand der Ehre eines Mannes. Die Schändung einer Frau wird nicht nur als Sexhandlung und Verbrechen an der Frau selbst betrachtet, sondern eher als ein Akt der Demütigung des Mannes, dem sie gehört.“ Tibi beschreibt hier das männliche Verhalten unserer neuen, zugewanderten Mitbürger am Beispiel des Syrienkrieges, der „völlig falsch als ,Bürgerkrieg‘ bezeichnet wird, dort kämpfen keine Bürger, sondern ethnisch-religiöse Kollektive gegeneinander, vergewaltigen schiitisch-alawitische Soldaten der syrischen Armee Frauen der sunnitischen Opposition als Mittel der Kriegsführung“. Der emeritierte Professor für internationale Beziehungen an der Universität Göttingen erklärt weiter: „Mit der Vergewaltigung zielen diese Alawiten auf eine Entehrung der Männer der sunnitischen Opposition. Die sunnitischen ,Rebellen‘ tun ihrerseits dasselbe mit alawitischen Frauen. Es ist ein Krieg aller gegen alle mit den Frauen als Faustpfand.“ Was das mit Köln zu tun hat? Der Wissenschaftler weiter: „Als Syrer aus Damaskus staune ich über das Unwissen und die Naivität der Bundeskanzlerin und ihrer Verteidigungsministerin, die glauben, auf Konferenzen in Genf und München den Krieg beenden zu können. Dieser Krieg aber ist als ein ,protracted conflict‘ einzustufen, der uns noch jahrelang begleiten wird.“

Unter den als Kriegsflüchtlinge nach Deutschland Kommenden befänden sich, so Tibi weiter,  viele Täter, „ja sogar zahlreiche Islamisten“. Hinzu käme dass diese vorwiegend jungen Männer im Alter von 14 bis 20 Jahren „die Kultur der Gewalt, auch die gegenüber Frauen, mit sich aus Nahost nach Deutschland bringen“. Unabhängig vom Krieg sei das Frauenbild in der arabisch-orientalischen Kultur patriarchalisch, ja umfassend menschenverachtend. „Und es geht dem arabischen Mann bei der ausgeübten sexuellen Gewalt nicht nur um die ,sexuelle Attraktion‘ der europäischen Frau, sondern auch um den europäischen Mann, dessen Ehre der Orientale beschmutzen will. So ist es auch in Köln geschehen!“ Der Politikwissenschaftler warnt: „Köln war nur der Anfang. Wenn Deutschland über eine Million Menschen aus der Welt des Islams holt und ihre Erwartungen nicht erfüllt, muss man sich auf einiges gefasst machen. Aus der Werbung glauben diese jungen Männer zu wissen, dass jeder Europäer eine Luxuswohnung, ein Auto und eine ,hübsche Blondine‘ hat; sie denken, dass sie dies auch bekommen und am Wohlstand beteiligt werden. Wenn aber diese jungen Männer stattdessen in eine Notunterbringung in Schul- und Sporthallen kommen, dann fühlen sie sich betrogen, ja diskriminiert. Also entwickeln sie Rachegefühle gegenüber dem europäischen Mann. Die enttäuschten und wütenden arabischen Männer rächten sich daher in Köln und Hamburg an den deutschen Männern, vertreten durch deren Frauen.“ In Schulen werden seit Jahren deutsche Jungen von ausländischen Mitschülern verprügelt. Der Terror der Jugendbanden werde jetzt zum Politikum, sagen nun die Politiker.

Im November 2015 schrieb der „Focus“ zur Gefährdung durch IS-Terroristen auch in Deutschland: „Kais Ben Othmane malte sich den deutschen Gottesstaat in schillernden Farben aus: Irgendwann, schwärm­te der Kölner Extremist einer Bekannten vor, marschierten die Terrormilizen des selbst ernannten Islamischen Staats hierzulande ein. ,Dann werden die Waffen gezogen, entweder ihr nehmt den Islam an, oder ihr werdet geschlachtet.‘ Schon jetzt hätten „die Deutschen Angst“. Im Falle einer Invasion werde man „mit der Peitsche durch Köln laufen. Die fetten Schweinebäuche werden aufgehangen an den Laternen.“


S. 9 Kultur

Die See war sein Schicksal
Wo heute Airbusse fliegen, lebte einst Gorch Fock − Der Heimatautor fiel vor 100 Jahren in der Schlacht im Skagerrak

Vor 100 Jahren ging der Schriftsteller Johann Wilhelm Kinau als Kriegsmatrose mit dem Kreuzer „Wiesbaden“ in der Skagerrak-Schlacht unter. Unter dem Pseudonym Gorch Fock hat er mit dem Roman „Seefahrt ist Not!“ seiner Finkenwerder Heimat ein bleibendes Denkmal gesetzt.

Wieder hebt ein Flugzeug vom Airbus-Gelände ab. „Das ist eine ,A-320‘“, sagt Werner Marquart, ohne auch nur einen Blick aus dem Fenster des Wohnzimmers vom Gorch-Fock-Haus zu werfen. Nach den vielen Jahren, die der Verwalter des denkmalgeschützten und liebevoll gepflegten Hauses in Finkenwerder lebt, kann er die Flugzeugtypen am Turbinengeräusch erkennen.

„Zu Gorch Focks Lebzeiten floss hier noch die Elbe lang“, erklärt Marquart. Dass 100 Jahre später hier Flugzeuge statt Fischerboote zu sehen sind, hätte man damals wohl nie für möglich gehalten.

Das Haus, in dem Gorch Fock aufwuchs – geboren wurde er am 22. August 1880 nur 200 Meter davon entfernt –, liegt am Ortsausgang von Finkenwerder, dort wo es ins Alte Land geht, Europas größtes Obstanbaugebiet. Schräg gegenüber vom Gorch-Fock-Haus befinden sich die Airbus-Werke, die sich an Hamburgs südlichem Elbufer über die Jahrzehnte langsam ausgebreitet haben, indem man der Elbe Land abgetrotzt hat.

Das in den 1930er Jahren an­fangs nur zum Bau von Wasserflugzeugen entstandene Werksgelände fasziniert so stark, dass man achtlos an dem auf der anderen Straßenseite liegenden schmucken Haus vorüberfährt, in dem der Mann gelebt hat, nach dem Schiffe, Parks und Straßen be­nannt sind. Die „Gorch Fock“, das Segelschulschiff der Deutschen Marine, ist seit Jahrzehnten in diplomatischer Mission auf den Weltmeeren unterwegs. Ein Modell des 1958 gebauten Schiffes – ein 1933 vom Stapel gelassener Vorgänger liegt als inzwischen nicht mehr seetaugliches Schiff im Stralsunder Hafen – ist auch in der Küche des Gorch-Fock-Hauses zu sehen.

„Er träumte ja auch davon, wie sein Vater als Fischer zur See zu fahren“, sagt Marquart über Jo­hann Kinau alias Gorch Fock, „aber er war für einen Schiffer zu leicht und damit ungeeignet für ein Seemannspatent.“ Also machte Kinau bei einem Onkel im heute zu Bremerhaven gehörenden Geestemünde eine kaufmännische Lehre, besuchte die Handelsschule, lernte Sprachen – neben dem Finkenwerder Platt beherrschte er Französisch, Englisch, Holländisch und Dänisch – und fand als Buchhalter über Bremen den Weg nach Thüringen.

Ein Besuch des Meininger Theaters weckte seine Begeisterung für die Schriftstellerei. Er nutzte jede freie Minute, um zu dichten oder Theaterstücke in hoch- und niederdeutscher Sprache zu verfassen. Groß heraus kam er, als er 1904 nach Hamburg zurückkehrte. Das Ohnsorg-Theater war gerade gegründet und suchte händeringend nach plattdeutschen Stücken. Kinau, der damals wieder im Finkenwerder Elternhaus lebte und täglich mit der Fähre auf die andere Elbseite zur Arbeit fuhr, lieferte prompt. „Er brauchte manchmal nur drei bis vier Tage für ein Stück“, erzählt Marquart.

Zum Geldverdienen reichte das noch nicht. Sein Brot verdiente er als Schreiber für Auswandererangelegenheiten bei der Hapag-Reederei, deren Generaldirektor Albert Ballin sein großer Förderer war. Er schenkte seinem talentierten Angestellten, der in der Zwi­schenzeit seinen bekanntesten Roman „Seefahrt ist Not!“ ge­schrieben hatte, eine Norwegen-Reise auf dem Kreuzfahrtschiff „Meteor“ und beauftragte ihn, eine Rede auf des Kaisers Ge­burtstag im Jahr 1914 zu halten.

Dann kam der Krieg, und Ki­nau, der sich als Autor Gorch Fock nannte – Gorch als niederdeutsche Form von Georg und Fock nach dem Namen eines Großonkels –, hatte sich freiwillig ge­meldet und kämpfte auf den Schlachtfeldern Frankreichs, Russlands und Serbiens. Doch sein Traum war die Marine, und der ging plötzlich in Erfüllung. „Und auf wessen Fürsprache kam er wohl dahin?“, fragt Marquart, „Ballin war’s!“ Was gut gemeint war, sollte tragische Folgen haben.

Fast wäre der Vater dreier Kin­der − ein Zwilling starb nach der Geburt − aufs selbe Schiff ge­kommen, auf dem sein Bruder Jakob war. Doch Gorch Fock sagte: „Wenn wü tohoop up een Schipp sünd un dat geiht ünner, denn sünd glieks twee Kinaus wech.“

Also trat er im März 1916 seinen Dienst als Ausguck auf einem anderen Schiff an, der „SMS Wiesbaden“. Aber schon am 31. Mai wurde der Kreuzer in der Seeschlacht im Skagerrak versenkt. Von den fast 600 Mann Besatzung überlebte nur ein einziger. Kinaus Leiche wurde zwei Wochen später an der schwedischen Küste angetrieben und auf der Insel Stensholmen bestattet.

„Dann ging die gewaltige Dü­nung des Skagerraks über ihn hinweg.“ So steht es im Buch „Seefahrt ist Not!“ über den Tod des Nordeefischers Klaus Mewes. War es eine Prophezeiung vom eigenen Ende des Autors, der wegen seines Kriegstods und seiner heimatverbundenen Werke später von den Nationalsozialisten idealisiert werden sollte? Im Ro­man ist er aber nicht mit Mewes gleichzusetzen, sondern eher mit dessen gleichnamigem Sohn, auch Störtebecker genannt, den die Mutter mit aller Macht von der gefährlichen Seefahrt ab­halten will. Ohne Erfolg. Am Ende wird er doch ein Hochseefischer: „Allen zum Trotz hat er den Weg zum Wasser gefunden und ist ein Fahrensmann geworden wie sein Vater.“

Auf der Airbus-Startbahn dröhnt wieder eine Maschine. „Eine Beluga“, sagt Marquart ohne aufzuschauen. Ein Blick aus dem Fenster bestätigt: Ein Airbus-Transportflugzeug hebt gerade ab. Vor 100 Jahren gab es auf Finkenwerder noch hunderte Fischerboote. Heute gibt es kein einziges mehr. Dafür jede Menge Flugzeuge. Aber keines, das nach Gorch Fock benannt ist. Harald Tews

Das Gorch-Fock-Haus, Neßdeich 6, 21129 Hamburg, ist nach telefonischer Anmeldung zu besichtigen: (040) 7425601. Im Finkenwerder Gorch-Fock-Park findet am 31. Mai eine Kranzniederlegung mit Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz statt. Buchtipp: Rüdiger Schütt, „Seefahrt ist Not! Gorch Fock – Die Biographie“, Lambert Schneider, Darmstadt 2016, 224 Seiten, 24,95 Euro.


Der Querflöter
»Jethro Tull«, die etwas andere Rockgruppe, tourt durch Deutschland

Ein bisschen elitär war „Je­thro Tull“ ja schon immer. Ian Anderson, der Frontmann der britischen Rockband, spielt Querflöte statt Gitarre. Das gab der Formation von Anfang an ein besonderes Gepräge. Sie war nie etwas für den Massengeschmack, so ist das bis heute geblieben. Anderson sah sich eine zeitlang eher in der Tradition mittelalterlicher Bänkelsänger. Der mit seinen 68 Jahren inzwischen auch schon in die Rentnerjahre ge­kommene Musiker hat nie durch Drogen oder Alkoholexzesse auf sich aufmerksam gemacht. Gerüchten zufolge soll Milch sein Lieblingsgetränk sein. Andersons Vitalität sieht man ihm trotz seines Alters auf der Bühne heute noch an.

Die Gruppe formierte sich erstmals 1967 unter dem Namen „The Four Fingers“, der sich aber nicht durchsetzen konnte. Der ab 1968 verwendete Name ist vom Vater der modernen Landwirtschaft Englands, Jethro Tull, entlehnt und erwies sich als erfolgreicher. Die Band ist eine der langlebigsten Musikgruppen überhaupt. 1968 erschien ihr erstes Album „This Was“ und im Folgejahr „Stand up“. Den ersten großen Erfolg konnte „Jethro Tull“ 1970 mit „Benefit“ landen. Mit dem 1971 erschienenen Album „Aqualung“ erreichte die Band ihren größten kommerziellen Erfolg. Auf ihr ist der „Tull“-Klassiker schlechthin „Locomotiv

Breath“ zu hören. Auf „Thick as a Brick“ (1972) folgte die 1973 herausgebrachte Langspielplatte „A Passion Play“, die nicht in einzelne Stücke unterteilt ist, sondern ein Ganzes bildet.

In den Folgejahren erschienen 1974 „War Child“, 1975 „Minstrel in the Gallery“, 1976 „Too Old to Rock ’n’ Roll: Too Young to die“, 1977 „Songs from the Wood“ und schließlich 1978 „Heavy Horses”, die mehr oder weniger alle der Richtung Folk Rock zuzuordnen sind. Die nachfolgenden Alben wie „Stormwatch“ (1979) waren auch von keyboarddominierten Klängen geprägt. Von der etablierten Kunstszene wurde Anderson nicht gemocht – vermutlich auch wegen seiner politischen Gesinnung. Der Musiker: „Ich bin wahr­lich kein Linker, ich hatte nie sozialistische Träume“, aber „ich glaube an Verantwortung und das Gemeinwesen.“ „Jethro Tull“ ist nichts für die Anhänger von Dieter Bohlens „DSDS“. „The old Rocker wore his Hair too long“, heißt es in „Too old to Rock ’n’ Roll: Too young to die“. Nein, die alten Rocker haben heute keine langen Haare mehr. Eher glänzen ihre Glatzen.

                Hans Lody

Termine: Rastatt am 2. Juni, Lauchheim am 27. Juli, Balingen am 29. Juli, Erfurt am 30. Juli und Chemnitz am 31. Juli. Weitere Deutschland-Konzerte finden im November statt. So in Stuttgart (16.), Berlin (17.), Magdeburg (18.), Lingen (19.), Frankfurt (21.), Siegen (22.), Mannheim (23.), Düsseldorf (24.), Halle an der Saale (26.), Kempten (27.) und Nürnberg (28.11.).


Flach wie eine Kinokarte
»X-Men-Apocalypse«: Der kassentaugliche Charme der Superhelden

Apocalypse heißt der wenig sympathische Herr, und er möchte – Nomen est omen – die Welt vernichten. 144 Filmminuten lang müht er sich redlich. Bis er schlussendlich zur Strecke gebracht wird, kann er mittels eigener Superkräfte und gewaltbereiter Anhängerschar sogar beachtliche Anfangserfolge verzeichnen. Das ägyptische Kairo versinkt in Schutt und Asche, der Hamburger Hafen auch, ebenso di­verse andere Örtlichkeiten rund um den Globus.

Rätselhaft bleibt die Motivation des Schurken im neuen mit millionenschwerem Aufwand beworbenen Ki­nofilm der X-Men-Saga. Aber vielleicht hat Apocalypse auch einfach nur schlechte Laune. Schließlich muss­te er einige tausend Jahre im komatösen Zustand unter einer eingestürzten ägyptischen Pyramide verbringen. Das hat ihm eine ziemlich ungesunde gräulich-blaue Gesichtsfarbe eingebracht und anscheinend eine chronische Erkältung. Jedenfalls röchelt er sich mit nervtötender Flüsterstimme durch den Film. Irgendwann würde man sich wünschen, dass ihn jemand auf die Existenz von Hustenbonbons hinweist.

Noch sehnlicher wünscht man allerdings das Ende von „X-Men: Apocalypse“ herbei. Der Film ist schlecht. Der Charaktere sind es viel zu viele. Alle bleiben flach wie eine Kinokarte. Gleichzeitig wirkt die Handlung vorhersehbar und schal wie der Geschmack von abgestandenem Bier. Es gibt zweifelsohne bessere Filme des Superhelden-Genres. Selbstironie und Witz zeichnen sie aus. Bei „X-Men: Apocalypse“ schimmert derlei nur in wenigen Szenen hervor. Dennoch wird sicherlich auch dieser Streifen erfolgreich werden. Das Vorgängerwerk „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ brachte der Hollywood-Filmschmiede 20th Century Fox einen Gewinn von über 700 Millionen US-Doller ein.

Worin aber liegt die Faszination der X-Men? Die Filme basieren auf der gleichnamige Comic-Reihe des New Yorker Marvel-Verlages. Die Grundidee: Neben der normalen Menschheit existieren Mutanten, denen Genveränderungen zu Superkräften verhelfen. Es gibt Gestaltwandler, Wolfsmenschen, Telepathen und andere außerordentliche Wesen. Manche von ihnen setzen ihre Kräfte für finstere Zwecke ein. Um sie in Schach zu halten, haben sich die X-Men gegründet. Eine Mutanten-truppe, die sich dem Guten verschrieben hat.

Der Charme der X-Men liegt aber sicherlich nicht in ihrem Einsatz für die gerechte Sache, sondern in der Vorstellung, selbst mit einer Superkraft gesegnet zu sein. Wär doch einfach zu schön, so schnell rennen zu können, dass jeder Termin rechtzeitig zu erreichen ist. Auch nicht zu verachten: Ein Antimateriestrahl aus dem Handgelenk, mit dem sich die Kalorien jeder Mahlzeit eliminieren ließen. Das Nonplusultra aber wäre vielleicht, die Superkraft aus schlechten Filmen gute machen zu können.               Frank Horns


S. 10 Geschichte & Preussen

Kräftemessen ohne Sieger
Die Seeschlacht im Skagerrak vor 100 Jahren brachte keine strategische Entscheidung

Mit der Seeschlacht im Skagerrak ging eine Epoche der Seekriegsgeschichte zu Ende. Die Begegnung vor 100 Jahren war nicht nur die einzige große Seeschlacht des Ersten Weltkrieges, sie gilt auch als das letzte klassische Kräftemessen moderner Hochseeflotten in einer offenen Seeschlacht. Die Frage, welche der beiden Flotten letztendlich das Zusammentreffen für sich entschieden hat, ist bis heute Gegenstand militärischer und wissenschaftlicher Erörterungen, da beide Seiten zunächst den Sieg für sich in Anspruch nahmen.

Als sich die Gesamtkriegslage der Mittelmächte in der ersten Jahreshälfte 1916 zusehends verschlechterte und im Seekrieg weder ein Kräfteausgleich mit Mitteln des Kleinkrieges noch ein durchschlagender Erfolg des Unterseehandelskrieges erkennbar wurde, erhielt die deutsche Hochseeflotte größere Handlungsfreiheit. Ihr Chef, Vizeadmiral Reinhard Scheer, plante daraufhin, den Überwasserkrieg der schweren Seestreitkräfte wieder aufleben zu lassen und Bewegung in die „Front zur See“ zu bringen. Hierzu wollte er in mehreren Flottenvorstößen jeweils Teile der britischen Flotte in eine für die deutschen Seestreitkräfte günstige Position locken und mit zusammengefassten Kräften überraschende Teilerfolge erringen. Angesichts des für die Kaiserliche Marine ungünstigen Kräfteverhältnisses musste er allerdings eine große Entscheidungsschlacht vermeiden und dem Feind unbedingt die Möglichkeit verwehren, eine solche zu erzwingen. Zur gleichen Zeit bereitete die Grand Fleet eine ihrer regelmäßigen Operationen in der Nordsee vor, in deren Verlauf sich die britische Flotte außerhalb der Reichweite deutscher Geschütze, jedoch in der Nähe der Hochseeflotte, aufhalten sollte, um einzelne Einheiten von der Masse der deutschen Seestreitkräfte abzudrängen und zu vernichten. Die Ähnlichkeit beider Operationspläne reflektiert die begrenzten Optionen, welche den beiden Flottenchefs unter der Prämisse des unbedingten Erhalts ihrer Flotten geblieben waren.

Bei einem deutschen Flottenvorstoß gegen die südnorwegische Küste kam es am Nachmittag des 31. Mai 1916 bei unsichtigem Wetter zu einer für beide Seiten durch den Umfang der beteiligten Kräfte überraschenden Begegnungsschlacht. Anstatt, wie erwartet, lediglich auf eine Gruppe der Grand Fleet zu stoßen, stand Scheer das Gros der feindlichen Seemacht gegenüber. Während sich die Kriegsschifftechnik auf beiden Seiten auf einem hohen Stand befand, hatten die Aufklärungsmittel dieses Niveau noch nicht erreicht. So kam es, dass die beiden größten Flotten der Welt mit 151 Schiffen auf britischer und 99 Schiffen auf deutscher Seite fast vollzählig und zunächst unbemerkt aufeinander zuliefen. Hinsichtlich der Großkampfschiffe waren die britischen Kräfte denen der deutschen Flotte quantitativ weit überlegen, während sich die Anzahl der Zerstörer und Torpedoboote etwa die Waage hielt. Doch wurde im Eröffnungsgefecht der Schlachtkreuzer für beide Seiten überraschend deutlich, dass die deutschen Schiffe den britischen qualitativ überlegen waren und die deutsche Marine ihre Offiziere führungsmäßig wesentlich besser ausgebildet hatte.

Im weiteren Verlauf der Schlacht gelang es dem Befehlshaber der Grand Fleet, Admiral John R. Jellicoe, seine Kräfte zu konzentrieren und so geschickt in einer Schlachtlinie aufmarschieren zu lassen, dass diese zweimal in die günstige Position des „Crossing-the-T“ gebracht werden konnten. Scheer, wendig führend, konnte sich der Gefahr trotz schwersten Artilleriefeuers durch meisterhaft durchgeführte blitzschnelle Gefechtskehrtwendungen entziehen. Schließlich befahl er seinen Schiffen, im Schutz der Dunkelheit unter Aufgabe der beschädigten Einheiten auszuweichen und die Schlacht abzubrechen, um der Überflügelung und Einkreisung durch den zahlenmäßig überlegenen Feind zu entgehen. Daraufhin verzichtete Jellicoe aus Furcht vor einem Nachtgefecht, für das die deutschen Seestreitkräfte besser ausgerüstet und ausgebildet waren, auf eine Verfolgung der deutschen Hochseeflotte und brach seinerseits die Schlacht ab.

Die Verluste, auf britischer Seite ein Schiffsverlust von 115000 Tonnen und 6097 Gefallene sowie auf deutscher Seite ein Tonnageverlust von 62000 Tonnen und 3039 Tote, ließen als konkreter Maßstab die Schlacht im Skagerrak als deutschen Seesieg erscheinen. Zudem wurde der deutsche Siegesanspruch durch das geschickte Manövrieren der deutschen Geschwader und die deutlich zutage getretene technische Überlegenheit ihrer Schiffe untermauert, die es Scheer ermöglicht haben, die deutsche Hochseeflotte als „fleet in being“ in ihrem Bestand fast vollständig zu erhalten. Jellicoe dagegen hat durch die vorsichtige und zeitraubende Führung seiner Einheiten die quantitative Überlegenheit der Grand Fleet nicht zur Geltung bringen können und der deutschen Flotte den erfolgreichen Abbruch der Schlacht sowie die sichere Heimkehr ermöglicht. Andererseits hat er durch sein zögerliches Verhalten seine Flotte als das entscheidende Instrument der englischen Seeherrschaft umsichtig vor allzu großen Verlusten bewahrt und für die Durchführung weiterer strategischer Aufgaben erhalten. Trotz allem musste Scheer in seinem Schlachtbericht für den Kaiser einräumen, dass die deutschen Kräfte wegen der geografischen Lage ihrer Stützpunkte und ihrer materiellen Unterlegenheit noch immer nicht zu einem Sieg über die Royal Navy in der Lage seien und die britische Vormachtstellung zur See in absehbarer Zeit nicht durch eine Schlachtentscheidung gebrochen werden könne.

Obwohl die Skagerrak-Schlacht im Sinne der traditionellen Seekriegslehre zweifellos der eigentliche Höhepunkt des Seekrieges im Ersten Weltkrieg war, hatte sich an der seestrategischen und gesamtmilitärischen Lage Deutschlands nichts geändert. Die See war Deutschlands letzte verbliebene offene Flanke. Es erwies sich, dass auch hier keine Bewegung mehr möglich war und dass die „Front zur See“ genauso erstarrt war wie die Fronten zu Lande. Das von Importen abhängige Deutschland wurde weiterhin durch eine Seesperre niedergedrückt. Damit kann der deutsche Anspruch, dass der Ausgang der Schlacht im Skagerrak einen strategischen Sieg bedeutet habe, nicht aufrechterhalten werden. Entscheidend für den Ausgang eines Krieges ist immer die strategische Komponente, da der Sieger einer Schlacht nicht durch den bloßen numerischen Vergleich von Verlusten oder die Betrachtung einzelner taktischer Ereignisse, sondern ausschließlich durch Betrachten des Gesamtergebnisses und der Folgen der Schlacht zu ermitteln ist. Da der seestrategische Status quo erhalten blieb, muss die Grand Fleet als strategischer Gewinner der Seeschlacht im Skagerrak und damit als ihr allgemeiner Sieger angesehen werden. In jedem Falle aber kann es keinen Zweifel daran geben, dass die Schlacht im Skagerrak zumindest als eindeutiger taktischer Erfolg der noch immer jungen deutschen Flotte zu werten war. Einen eindeutigen und unmittelbaren strategischen oder taktischen Nutzen allerdings hatte keiner der Kontrahenten aus dem Ausgang der Schlacht ziehen können.

Nach diesem in letzter Konsequenz ergebnislosen Aufeinandertreffen der feindlichen Flotten war eine Herbeiführung der Entscheidung im Seekrieg durch die Überwasserstreitkräfte höchst unwahrscheinlich geworden und ein Ende des von den Sekundärkriegsmitteln geführten „Krieges der Kapitänleutnante“ nicht zu erwarten. Vielmehr schien das U-Boot, das als „Waffe des kleinen Mannes“, der Kontinentalmacht Deutschland, der eine mächtige Hochseeflotte fehlte, achtbare Erfolge im Seekrieg beschert hatte, zukünftig noch eine gesteigerte militärische Bedeutung zu erlangen.           

                Jan Heitmann


Preußischer Gründungsvater der Diakonie
Der Namensgeber und Gründer der Graf-Recke-Stiftung bot mit seiner Frau aus christlicher Verantwortung Straßenkindern eine Heimat

Preußen besaß nicht nur begnadete Militärs, sondern auch selbstlose Philanthropen, bei denen soziales und religiöses Engagement auf untrennbare Weise zusammenflossen. Einer dieser Männer war Adalbert von der Recke-Volmerstein, dessen Geburtstag sich dieses Wochenende zum 225. Male jährt.

Im Jahre 1817 erhob König Friedrich Wilhelm III. den Freiherrn Philipp Heinrich Christian von der Recke-Volmerstein in den erblichen Grafenstand. Davon profitierte auch sein Sohn Adalbert, der am 28. Mai 1791 in Hamme unweit von Bochum geboren worden war und durch eine große Sensibilität und gesundheitliche Labilität auffiel. Allerdings hatte ihn diese nicht daran gehindert, 1813 als Freiwilliger in das preußische Heer einzutreten und dort in der Funktion eines Gouvernements-Kommissars für die Verpflegung der Nordarmee zu sorgen.

Nach den Befreiungskriegen nahm sich der junge Graf aufgrund seiner zutiefst christlichen Gesinnung einiger herumvagabundierender Waisen an, die es damals in Massen gab. Diesen bot er zunächst im väterlichen Heim Obdach. Als die Verhältnisse dort zu beengt wurden, nutzte er die Freischule auf dem Gelände des Familiengutes Overdyk, die unter der Herrschaft der Franzosen hatte schließen müssen. Diese öffnete am 19. November 1819 als „Rettungshaus“ für verwahrloste Kinder und Jugendliche. Es beherbergte zunächst 44 Pfleglinge und avancierte zum Vorbild für unzählige ähnliche karitative Einrichtungen. Die Schützlinge Recke-Volmersteins kamen nicht nur aus der Grafschaft Mark, sondern auch aus angrenzenden Regionen, ja gar aus Russland, Polen, Dänemark, Holland und der Schweiz.

Weil das „Rettungshaus“ in Overdyk aufgrund der seinerzeitigen Not schnell aus allen Nähten platzte, erwarb der Graf, der sich immer stärker mit den Ideen der protestantischen Erweckungsbewegung identifizierte, die säkularisierte Trappisten-Abtei Düsselthal östlich von Düsseldorf, was ihn 45000 Taler kostete. Der Kauf wurde möglich, weil er Unterstützung von allerhöchster Stelle erhielt: Friedrich Wilhelm III. übernahm einen großen Teil der auf der Immobilie lastenden Grundschuld. Außerdem steuerten später auch noch die russische Zarin und der niederländische König beträchtliche Summen bei. Sie ermöglichten es Recke-Volmerstein, in den Besitz weiterer umliegender landwirtschaftlicher Nutzflächen zu gelangen. Hierdurch wurde die „Rettungsanstalt Düsselthal für Waisenkinder“, die am 19. Juni 1822 ihren Betrieb aufgenommen hatte, weitgehend autark.

Zusätzliche Spenden akquirierte der sozial engagierte Adlige ab Januar 1825 durch die Herausgabe des Blattes „Der Menschenfreund“ (später „Christliche Kinderzeitung“). Allerdings war er doch mit der Zeit überfordert, was die Erziehung seiner vielen Zöglinge betraf. Deshalb suchte der bisher zölibatär Lebende nun nach einer passenden Ehefrau. Diese fand er 1826 in der damals 25-jährigen Mathilde Gräfin von Pfeil und Klein-Ellguth aus Schlesien. Die Adlige teilt mit ihm das Interesse an der Wohlfahrtspflege.

Aus diesem Interesse heraus hatte sie auch die Heimschule des berühmten Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi im schweizerischen Yverdon-les-Bains besucht. Hierzu schrieb sie später in ihrem Tagebuch: „Es mißfiel mir sehr die große Confusion und Unreinlichkeit, die hier zu herrschen und die mir besonders für die zur Erziehung bestimmten jungen Mädchen von üblem Eindruck scheint.“

Deshalb bekämpfte die junge Frau nach ihrer Eheschließung mit Recke-Volmerstein alles, was in Düsselthal an die ihres Erachtens prekären Zustände in Pestalozzis Einrichtung gemahnte – und davon gab es offenbar nicht wenig. Darüber hinaus sorgte sie für die Abschaffung der bis dahin üblichen Prügel- und Leibstrafen. Durch ihr Engagement an der Seite des immer wieder kränkelnden und oft sehr depressiv gestimmten Ehegatten erreichte die junge Frau, dass sich die Düsselthaler Rettungsanstalt bald eines exzellenten Rufes erfreute.

Die Folge hiervon waren zahlreiche Besuche hochstehender Persönlichkeiten und diverser gebefreudiger Mäzene – allen voran der damalige preußische Kronprinz und spätere König Friedrich Wilhelm IV., der das Haus im Oktober 1833 mit seiner Anwesenheit beehrte. Ein Dutzend Jahre später, mittlerweile König, erließ Friedrich Wilhelm eine „Allerhöchste Cabinettsordre“, mit der er die Statuten der Graf-Recke-Stiftung genehmigte und dem Waisenhaus die gleichen Vorrechte wie den öffentlichen Armenanstalten und Hospitien zubilligte.

Bis zum Jahre 1847 konnte das Ehepaar Recke-Volmerstein an die 1000 Kinder und Jugendliche vor dem Leben auf der Straße bewahren. Dabei waren die beiden zeitweise für bis zu 150 Personen gleichzeitig verantwortlich.

Dann ließen die Kräfte jedoch nach. Das lag auch an den permanenten bösartigen Anfeindungen aus der näheren Umgebung. Die vorwiegend katholische Nachbarschaft unterstellte dem Grafen aggressive „Proselytenmacherei“, also Missionieren zugunsten des Protestantismus, ohne dass irgendjemand jemals handfeste Beweise dafür hätte erbringen können. Außerdem gab es immer wieder Zeiten der Not, in denen die Spenden nur spärlich tröpfelten, was die Nerven der Beteiligten ebenfalls aufs Äußerste strapazierte.

Deshalb legte Recke-Volmerstein schließlich die Geschicke der Düsselthaler Anstalt in die Hände des bisherigen Moerser Seminar-Inspektors und Pädagogen Christian Friedrich Georgi und zog sich nach Schlesien zurück, wo er die 1717 Hektar große Herrschaft Kraschnitz erworben hatte – das Geld hierfür stammte aus der Veräußerung des ererbten Familiensitzes Haus Werdringen mitsamt der umliegenden 13 Bauerngüter an seinen Bruder Ottomar.

In der neuen Heimat gründete Recke-Volmerstein 1860 das Deutsche Samariter-Ordensstift für „arme Idioten“, wie man geistig Behinderte damals nannte. Dazu kam 1867 ein Diakonissenhaus samt Krankenanstalt. Hierdurch wurde der Graf, der schließlich am 10. November 1878 in Kraschnitz starb, auch noch zum Mitbegründer der deutschen Diakonie.

Heute erinnert vor allem die zur Diakonie Rheinland gehörende Graf-Recke-Stiftung mit ihren drei Geschäftsbereichen Erziehung und Bildung, Sozialpsychiatrie und Heilpädagogik sowie Wohnen und Pflege für Kinder- und Jugendliche, Behinderte sowie Alte an den preußischen Adelsspross, der sich fast sein ganzes Leben lang für sozial benachteiligte Menschen eingesetzt und dabei die großzügige Unterstützung und Wertschätzung der damaligen Herrscher des Königreiches Preußen genossen hat.     

                Wolfgang Kaufmann


S. 11 Geschichte & Preussen

Die erste war auch die letzte Feindfahrt
Vor 75 Jahren versank mit der »Bismarck« das Flaggschiff der deutschen Marine

Die Konstruktion des bei seiner Fertigstellung kampfstärksten Schlachtschiffes der Welt vereinigte die Standfestigkeit aus dem Tirpitzschen Flottenbau, Adolf Hitlers Forderung nach starker Artillerie sowie Admiral Erich Raeders Wunsch nach hoher Geschwindigkeit und großer Reichweite – ein eigentlich unbesiegbares Schiff. Genützt hat es ihm wenig. Bereits die erste war seine letzte Fahrt.

Sein Stapellauf am 14. Februar 1939 wird zum Staatsakt mit einem gigantischen Flaggenmeer, donnernden Salutschüssen und der versammelten politischen und militärischen Prominenz, ist das Schlachtschiff „Bismarck“ doch der Stolz der deutschen Kriegsmarine. Seine Benennung nach dem vormaligen Reichskanzler Otto von Bismarck soll Deutschlands Anspruch auf See- und Weltgeltung gegenüber England demonstrieren. Gebaut, um die Obergrenzen des deutsch-britischen Flottenabkommens von 1935 auszunutzen, prädestinierten ihr Fahrbereich von über 9000 Seemeilen, ihre schwere Bewaffnung, die massive Panzerung und die hohe Geschwindigkeit von 30 Knoten die 251 Meter lange, bei Blohm & Voss in Hamburg gebaute „Bismarck“ für den Einsatz gegen Nachschubkonvois und gegnerische Einheiten im Nordatlantik.

Am 18. Mai 1941 läuft die „Bismarck“ von Gotenhafen zu ihrer ersten Unternehmung in den Nordatlantik aus. Gemeinsam mit dem Schweren Kreuzer „Prinz Eugen“ soll sie hier Handelskrieg führen. Die Operation steht unter der Führung des Flottenchefs, Admiral Günther Lütjens, der sich mit seinem Stab eingeschifft hat. Das dramatische Geschehen der folgenden Tage ist im rekonstruierten Kriegstagebuch (KTB) und in den Berichten von überlebenden Besatzungsangehörigen nachzulesen.

23. Mai 1941, 19.22 Uhr. „Alarm. In Richtung 340° ein Schatten.“ Kurz darauf kommt es in der Dänemarkstraße zum ersten Gefecht: „Der fühlungshaltende Kreuzer eröffnet Feuer auf ,Prinz Eugen‘.“ Die deutschen Schiffe nebeln sich ein und lösen sich vom Feind. Der Kommandant der „Bismarck“, Kapitän zur See Ernst Lindemann, kann keinen operativen Einsatz der feindlichen Seestreitkräfte erkennen und vermutet ein zufälliges Zusammentreffen.

In den frühen Morgenstunden des 24. Mai heißt es erneut: „Alarm. Kreuzer kommt von achtern auf.“ Um 5.43 Uhr notiert Lindemann für das KTB: „Weitere Einheit an Backbord. Später als ,Hood‘ festgestellt.“ Und sieben Minuten später: „,Hood‘ und ,Prince of Wales‘ vereinigen sich und laufen mit Höchstfahrt in sehr spitzer Lage auf den Verband zu. Feuer eröffnen durch ,Hood‘ und ,Prince of Wales‘. Feuer eröffnen auf ,Hood‘. Feuervereinigung mit ,Prinz Eugen‘ auf das gleiche Ziel. In Höhe vor dem achteren Mast auf ,Hood‘ ein sich schnell ausbreitendes Feuer beobachtet.“ Die Kampfentfernung beträgt fast 30 Kilometer. Über Bordlautsprecher gibt die Schiffsführung bekannt: „Gegner brennt.“ Der Matrosengefreite Georg Herzog stürzt nach oben. „Wie ich an Oberdeck komme, sehe ich Back­bord achteraus eine Stichflamme.“ Über Lautsprecher kommt „Gegner explodiert“. „Außerordentlich starke Detonation auf ,Hood‘. Hohe Säule von Eisenteilen wird sichtbar. Eine schwere schwarze Rauchwolke hüllt das Schiff ein, das schnell über das Heck absinkt und sich dabei um 180° dreht. Somit ist der Schlachtkreuzer ,Hood‘ 5 Minuten nach Gefechtsbeginn im Artilleriekampf vernichtet.“ So lapidar liest sich in der nüchternen Sprache des KTB der Untergang des seinerzeit größten Kriegsschiffes der Welt. Es reißt 1416 Mann Besatzung mit sich in die Fluten. Nur drei von ihnen überleben.

Walter Lorenzen und seine Kameraden von der Leckwehrgruppe bringen ein dreifaches „Hurra“ aus. „Es herrscht eine freudige Stimmung“, erinnert er sich später. Die Versenkung des Schlachtkreuzers „Hood“, des Stolzes der britischen Marine, ist ein riesiger Prestigeerfolg für die deutsche Marine. Für einen Wimpernschlag der Geschichte ist die „Bismarck“ nun das größte Kriegsschiff der Welt. Unterdessen vereinigen die beiden deutschen Schiffe ihr Feuer auf die „Prince of Wales“, die „nach sicher beobachteten Treffern beider Schiffe unter Schwarzqualm abdreht und das Gefecht abbricht“. Schlachtschiff „Bismarck“ hat lediglich drei Treffer erhalten. Sie zieht allerdings eine verräterische Ölspur hinter sich her. „Die allgemeine Begeisterung ist groß“, erinnert sich der Matrosengefreite Herbert Mantey von der Schiffsartillerie.

Immer wieder greifen britische Torpedoflugzeuge an, sie können dem riesigen Schiff aber nichts anhaben. Der Matrosengefreite Otto Höntzsch, eingesetzt an einem leichten Flugabwehrgeschütz, bewundert ihre waghalsigen Flugmanöver: „Ich hatte das Gefühl, dass die Engländer mit sehr viel Schneid und Mut alles versuchten, ihre Torpedos ans Ziel zu bringen.“ „Prinz Eugen“ wird entlassen, um auf eigene Faust weiter zu operieren. Durch die Schäden, welche die „Bismarck“ durch das Feuer der „Hood“ erlitten hat, liegt das Vorschiff so tief im Wasser, dass es „an ein U-Boot erinnert“, wie Höntzsch nach seiner Rettung zu Protokoll gibt. Trotzdem macht das Schlachtschiff noch stolze 27 Knoten.

London steht nach dem Verlust der „Hood“ unter Schock. Sollte es der „Bismarck“ gelingen, in den Atlantik durchzubrechen, würde sie allein durch ihr Auftreten auf den dortigen Schifffahrtswegen „eine schwere Beeinträchtigung britischer Seemachtstellung“ erreichen, wie Lindemann in seinem KTB notiert. Der britische Premierminister Winston Churchill ist außer sich über diese Schmach und gibt der Admiralität den Befehl: „Versenkt die ,Bismarck‘“ – um jeden Preis. Die Royal Navy setzt alle größeren Einheiten, die sie in den Heimatstützpunkten zur Verfügung hat, gegen den angeschlagenen Gegner in Marsch.

Am nächsten Morgen, dem 25. Mai, spricht der Flottenchef zur Besatzung. Der Matrosengefreite Höntzsch erinnert sich an seine Worte: „Wir haben noch einen schweren Kampf mit englischen Seestreitkräften zu bestehen. Wir werden siegen oder sterben.“ Mutlosigkeit macht sich breit. Dem Matrosengefreiten Otto Maus erscheinen seine Kameraden nach diesen Worten sehr niedergeschlagen: „Der Flottenchef hat so schön gesprochen, sie haben aber seinen Worten entnommen, dass wir schon verloren wären.“

Der Gegner bleibt dran. Immer wieder wird das Schlachtschiff von Flugzeugen angeflogen, die Position und Kurs an die Home Fleet melden. Am Morgen des 26. Mai hat die „Bismarck“ das Operationsgebiet deutscher U-Boote und Flugzeuge erreicht. Hoffnung kommt auf: „Diese Nachricht löst große Freude aus.“ Abends gibt es erneut Fliegeralarm. Der Matrosengefreite Höntzsch sieht „vier Staffeln von vier Flugzeugen, die durch die Wolken brechend von allen Seiten angreifen“. Die Männer der „Bismarck“ wehren sich erbittert. Trotzdem gelingt einer Maschine ein folgenschwerer Torpedotreffer. Eine Erschütterung geht durch das Schiff. Der Matrosengefreite Herzog hört über das Bordtelefon: „Ruderanlage unklar, Ruder liegt hart Steuerbord.“ Später: „Schiff fährt im Kreis.“ Ein tuchbespannter Doppeldecker, wie er schon im Ersten Weltkrieg eingesetzt war, hat die Flucht des modernsten Schlachtschiffs der Welt gestoppt. Taucher gehen in die überfluteten Räume und kuppeln das Handruder ein. Das Schiff geht wieder auf Marschfahrt. Gegen Mitternacht eröffnen britische Zerstörer das Feuer. Sie können abgewehrt werden. Das Gefecht dauert bis in die Morgenstunden des 27. Mai.

Zwischen dem Kommandanten und seinem Flottenchef kommt es immer wieder zu Diskussionen über das weitere Vorgehen. Das Schlachtschiff könnte Kurs auf die nahe französische Küste nehmen und sich so in Sicherheit bringen. Auch könnte man versuchen, dem Gegner zu entkommen und die Schäden auf See mit Bordmitteln zu beheben, um dann den Auftrag fortzusetzen. Doch das, was Kapitän zur See Lindemann aus taktischer Sicht zur Rettung seines Schiffes vorschlägt, stößt bei Admiral Lütjens, der die Lage vom übergeordneten operativ-strategischen Standpunkt aus betrachtet, auf Ablehnung. Die Möglichkeit, den Gegner um Einstellung des Feuers und Rettung der deutschen Seeleute zu bitten und dann die „Bismarck“ selbst zu versenken, kommt für beide nicht in Betracht. Ein solches zweckrationales militärisches Handeln steht in krassem Gegensatz zur Tradition und dem Ehrbegriff der Marine. Heute, weit von den Ereignissen und der damals herrschenden Denkweise entfernt und mit den Maßstäben der Gegenwart gemessen, erscheint dieses Verhalten unverständlich. Wie alle Seeoffiziere ihrer Zeit sind Lütjens und Lindemann jedoch dazu erzogen, sich auch in aussichtsloser Lage niemals zu ergeben, sondern ruhmreich unterzugehen. Eine Kapitulation gilt in allen Marinen als schmähliches Versagen und unehrenhaftes Verhalten. Der Flottenchef verkündet der Besatzung: „Wir schießen bis zur letzten Granate.“

Der Gegner nutzt die Gefechtspause zur Heranführung weiterer Einheiten. Innerhalb von nur 90 Minuten feuern sie 3000 Granaten auf die „Bismarck“. „Die feindlichen Zerstörer kommen so nah, dass wir sogar die Leute an Bord sehen können.“ Der Matrosengefreite Manthey „hat den Eindruck, dass von allen Seiten auf uns geschossen wird“. Sein Kamerad Lorenzen beobachtet „Treffer auf Treffer, die zum größten Teil mittschiffs liegen. Die Schlagseite nach Backbord nimmt immer mehr zu.“ Die Aufbauten sind zerstört und stehen in Flammen. Unter Deck dagegen hämmern noch immer die Maschinen und laufen die Aggregate. Auch die Schiffsartillerie feuert unverdrossen weiter, bis die Munition verschossen ist.

Erst jetzt gibt der Kommandant den Befehl zum Verlassen und zur Selbstversenkung des Schiffes, das weiter im Granatfeuer britischer Zerstörer und Schlachtschiffe liegt. Diese feuern Salve auf Salve auf das waidwunde deutsche Flaggschiff. Von 400 Volltreffern in ein brennendes Wrack verwandelt, beginnt es langsam über das Heck zu sinken. Der Kommandant geht zum Bug, nimmt Haltung an und legt die rechte Hand an die Mütze. Dann versinkt sein Schiff mit wehender Flagge und laufenden Maschinen in den Fluten. Nur 115 Angehörige der 2221 Mann starken Besatzung überleben.         Jan Heitmann


Ein Kind der 48er Revolution
100. Deutscher Katholikentag in Leipzig – Beim ersten Treffen wurde Freiheit von staatlicher Bevormundung gefordert

Die vom französischen Vorbild von jenseits des Rheins, aber auch der Erfahrung der französischen Fremdherrschaft befeuerte deutsche Nationalbewegung ließ nicht nur die Deutschen im allgemeinen, sondern auch die deutschen Katholiken über Staatsgrenzen hinweg eine gemeinsame Identität entwickeln. So verstand sich analog zur Nationalversammlung in der Paulskirche auch der erste Katholikentag als eine gesamtdeutsche Veranstaltung. Neben Köln bildete Mainz eines der beiden Zentren des durch die Märzrevolution befeuerten kirchlichen Einheitsstrebens unter den deutschen Katholiken. In der heutigen Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz fand denn auch im Oktober 1848 der erste Deutsche Katholikentag statt.

Dieser Katholikentag war geprägt von 87 Vereinsdelegierten, zu denen rund 100 weitere Laien und Geistliche kamen. Die katholischen Laienvereine forderten in über 1100 Petitionen von der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche vor allem Freiheit von staatlicher Bevormundung für die Kirche sowie die Berücksichtigung katholischer Forderungen in einer Reichsverfassung und im Schulwesen. In der Anfangsphase stellte vor allem der teilweise verarmte Adel das Führungspersonal. Eine besonders wichtige Rolle spielte das Fürstenhaus derer zu Löwenstein. Von Anfang an tagten die Generalversammlungen der kirchlichen Vereine in voller Solidarität mit der kirchlichen Hierarchie. Aber sie waren in erster Linie Zusammenkünfte kirchlich und auch vereins­mäßig engagierter Laien, traten deshalb umso glaubwürdiger für die Belange der Kirche im öffentlichen Raum ein. Zwischen Kirche und Gesellschaft angesiedelt, verkörperten sie die soziale Breite des kirchentreuen katholischen Bevölkerungsteils.

Kurz nach dem Katholikentag in Mainz, am 22. Oktober 1848, trafen sich auch die deutschen Bischöfe erstmalig als „Versammlung der deutschen Bischöfe“ auf nationaler Ebene. Dies war der Beginn der Deutschen Bischofskonferenzen. Die Laien gingen also in dieser wichtigen Frage der gesamtdeutschen Organisation den Bischöfen voraus.

Eine besonders wichtige Rolle spielten die Katholikentage während des Kulturkampfes in der Bismarck-Ära. Damals übernahmen die Laien mehr Verantwortung und sicherten so das Überleben der Kirche.

Da die Katholikentage gesamtdeutsche Veranstaltungen waren, gehörten österreichische Katholiken ebenso dazu wie deren Landsleute und Glaubensbrüder im eher protestantischen deutschen Osten. Auch für eine Aufwertung der Rolle der Auslands- und Grenzdeutschen sowie der Auswanderer, die heute keine Rolle mehr auf den Katholikentreffen spielen, standen viele Katholikentage des 19. Jahrhunderts ein.

Nach dem Anfang in dem zum Großherzogtum Hessen gehörenden Mainz folgte der zweite Katholikentag 1849 bereits mit Breslau in einer preußischen Stadt. Der siebte ging 1853 in die Hauptstadt der damaligen deutschen Führungsmacht Österreich, der elfte 1861 in die damals noch zum Kaiserstaat gehörende heutige tschechische Hauptstadt Prag und der 38. 1891 ins westpreußische Danzig. Auch Straßburg (1905) und Metz (1913) hatten während der Zugehörigkeit Elsass-Lothringens zum Deutschen Reich deutsche Katholikentage.

In Metz hatte der spätere französische Ministerpräsident und Außenminister sowie Mitbegründer der Europäischen Union Robert Schuman als Sekretär der Versammlung seinen ersten größeren öffentlichen Auftritt. Konrad Adenauer erlebte auf einem Katholikentag seinen landesweiten Durchbruch, nämlich dem Münchener von 1922. Der damalige Bürgermeister von Köln amtierte auf diesem als Tagungspräsident und lieferte sich dort als Wortführer des rheinisch-demokratischen Katholizismus aufsehenerregende Wortgefechte mit dem Münchener Kardinal Michael von Faulhaber, der für eine monarchisch-bayerische Spielart eintrat.

Der 72. Katholikentag, der erste nach 16-jähriger Pause durch NS-Herrschaft und Zweitem Weltkrieg, fand bezeichnenderweise wieder dort statt, wo schon 100 Jahre zuvor alles angefangen hatte, in Mainz.        Bodo Bost


S. 12 Leserforum

Leserforum

Die Griechenhilfe schwächt den Glauben an den Euro

Zu: Weniger Rente und mehr Steuern (Nr. 20)

Wieder einmal spitzt sich der Konflikt zwischen Griechenland und seinen europäischen Geldgebern zu. Nach dem Drama des vergangenen Sommers, bei dem Athen nur knapp dem Grexit und einem ökonomischen Desaster entging, könnte es demnächst zum Showdown kommen – auch weil Europa noch immer nichts aus der Krise gelernt zu haben scheint und alte Fehler wiederholt. Das zeigt sich bei den geforderten „Reformen auf Vorrat“ und dem diskutierten Schuldenschnitt. Ein Erzwingen dieser Reformen – bei dem automatisch weitere Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen in Griechenland greifen, wenn die fiskalischen Vorhaben verfehlt werden – ist unsinnig und kontraproduktiv. Die Idee der Vorratsreformen beruht auf der Illusion, die Geldgeber könnten fiskalische Ziele versteifen, und auf der Frage, was die richtigen Reformen sind.

Wenn Reformen richtig sind, dann sollten sie umgesetzt werden, unabhängig davon, ob und wie die fiskalischen Ziele erreicht werden. Sollte sich das Wachstum bei den Hellenen abschwächen

– we­gen der Flüchtlingskrise, des geopolitischen Konflikts im Nahen Osten oder anderer externer Schocks −, würden automatisch weitere Ausgaben gekürzt oder Steuern erhöht und damit das Land noch tiefer in die Krise getrieben. Wir haben in ganz Europa den Schaden einer solchen prozyklischen Politik in den vergangenen sechs Jahren erfahren und sollten aus dieser Erfahrung nun endlich lernen. Die Griechen stehen bei den Europäern und damit vor allem auch bei Deutschland mit vielen Milliarden in der Kreide. Wenn die Hellenen eines Tages nicht zurückzahlen können oder wollen, ist es unser Geld, das weg ist.

Offensichtlich ist die Tatsache, dass die Bevölkerung in den Geberländern nach sechs Jahren Endloskrise gar nicht mehr daran glaubt, dieses Drama könnte noch ein gutes Ende finden. Die Wähler sind empört darüber, wie mit ihren Steuergeldern umgegangen wird. Sie sind frustriert, weil sich die Geschichte jedes Jahr wiederholt. Erst streiten sich die Beteiligten, dann wird ein Kompromiss gefunden, der die Lage beruhigt. Ein Jahr später sitzt man wieder beisammen und stellt fest, dass sich nichts grundlegend geändert hat. Denn das, was die Europäer seit Jahren in Sachen Griechenland vorführen, hält vielleicht die Währungsunion technisch am Leben, die gesellschaftliche Legitimation für den Euro aber geht allmählich verloren.

Johann Eggers, Jützbüttel

 

 

Islam fängt an zu dominieren

Zu: Massive Bedrohungen und Schikanen (Nr. 20)

Man kann es kaum glauben: Da werden Christen in Flüchtlingsheimen von radikalen Muslimen drangsaliert, geschlagen, gedemütigt, bespuckt und gezwungen, an muslimischen Gebeten teilzunehmen. Sexuelle Übergriffe und sogar Todesdrohungen sind keine Seltenheit. Gewiss: Kein Generalverdacht gegen Muslime, es gibt doch so viele Friedliche unter ihnen. Das mag wohl sein. Aber wo sind denn diese Friedlichen in den Flüchtlingsheimen?

Den Ton geben die Islamisten an, und wir sehen zu, wie sie Andersgläubige schikanieren, und stellen den Islam zugleich unter den Schutz der Religionsfreiheit, obwohl er eine akute Gefahr für unsere Kultur und unser Grundgesetz darstellt. So etwas nennt man „Gutmenschen-Politik“, und sie wird immer unerträglicher, weil sie unsere Freiheit Stück für Stück liquidiert. Denn was heute in den Flüchtlingsunterkünften geschieht, kann morgen oder übermorgen in ganz Deutschland geschehen, wenn wir weitere Hunderttausende von Muslimen in unser Land lassen und sie über ihre hohen Geburtenraten eine Zahl erreicht haben, die sie als Wähler für unsere Parteien interessant machen. Selbst die Gründung einer Islampartei ist dann nicht mehr auszuschließen. Dann werden die radikalen Muslime erst recht das Sagen haben und schließlich auf einen Islamischen Staat hinarbeiten, unseren freiheitlichen Staat also abschaffen. Und diese Extremisten werden das auch wirklich schaffen!

Dr. Walter Schmitt Glaeser, Bayreuth

 

 

Dem Papst ist offenbar nicht alles heilig

Zu: „Anbiederung macht uns schwächer“ (Nr. 18)

Als bibeltreuer, landläufig „evangelikal“ genannter, Christ bin ich zunächst überzeugt, dass es in allen Denominationen echte Christen gibt, die ihr Leben Jesus Christus anvertraut haben und eine Herzens- und Gedankenumkehr zu ihm hin vollzogen haben. Damit haben sie neues, geistliches Leben, was die Bibel als „Wiedergeburt“ bezeichnet. Das gilt auch für Gläubige in der katholischen Kirche. Doch trotz dieser Tatsache und dem Festhalten Roms an einigen guten und gesunden biblischen Werten, bleibt die katholische Kirche in vielen Teilen antichristlich und antibiblisch.

Das wird auch in dem PAZ-Artikel deutlich an dem zentralen Satz der „Förderung der Verkündigung des katholischen Glaubens nach der Lehre der Kirche, gemäß dem Katechismus der katholischen Kirche“. Genau darin liegt der Knack­punkt. Allein ein flüchtiger Blick auf die Lehre dieses Katechismus und der katholischen Lehrtradition genügt, um die Wi­dersprüche dieser „Kirche“ zum Wort Gottes zu erkennen. Einige Beispiele mögen das verdeutlichen.

Erstens: Der Papst lebt in einem Pomp und als politischer Führer, wie es sich Petrus nicht einmal ge­träumt hat. Christus selbst bezeugte gegenüber Pilatus, dass sein Reich nicht von dieser Welt ist. Zudem lässt sich der Papst mit drei Titeln nennen, die nur dem dreieinigen Gott zustehen: „Heiliger Vater“ (Gott, der Vater), „Herr der Kirche“ (Gott, der Sohn) und „Stellvertreter Christi auf Erden“ (Gott, der Heilige Geist).

Zweitens: Gegen Ende des Artikels spricht der Autor von einer Marienweihe. Die Maria der katholischen Kirche hat mit der bib­lischen Maria praktisch kaum Gemeinsamkeiten. Zentrale katholische Dogmen wie die „unbefleck­te Empfängnis“ oder „Maria Himmelfahrt“ finden sich nirgends in der Bibel, sondern sind Hinzudichtungen der Konzilen oder des römischen Bischofs. Marienstatuen in katholischen Kirchengebäuden zeigen diese als „Himmelskönigin“, den Herrn Jesus dagegen als hilfloses Kindlein in ihren Mutterarmen. Jeder Mensch benötigt Jesus als alleinigen Erlöser, nicht Maria oder Heilige als angebliche Miterlöser.

Drittens: Ein anderes konkretes Beispiel zur Verdrehung von Gottes Wort findet der Leser beim Vergleich der zehn Gebote in 2. Moses 20 mit der katholischen Version im katholischen Katechismus. Das zweite Gebot, das das Anfertigen von Abbildern Gottes und Götzenbildern verbietet, wurde von der katholischen Kirche gestrichen, um die Reliquien- und Heiligenverehrung zu rechtfertigen. Das biblisch zehnte Gebot des Nichtbegehrens wurde katholisch in zwei Gebote geteilt. Wir sollten auf zwei Stimmen erneut hören. Erstens auf die reformatorischen „Solas“: Allein der Glaube, allein die Schrift, allein durch Gnade, allein Christus, allein Gott die Ehre. Zweitens auf Bismarcks Ausruf: „Nach Canossa (ich ergänze: Rom) gehen wir nicht!“

Michael Schrimpf, Magdeburg

 

 

Fischerin Merkel

Zu: Der Fluch der bösen Tat (Nr. 16)

Nachdem unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel viel Lob und Anerkennung vom Präsidenten der USA für ihre Flüchtlingspolitik erhalten hat, bedurfte es eigentlich nur noch des höchsten Segens von Papst Franziskus. Mit diesem Segen im Rücken wird sie natürlich keinen Deut von ihrem eingeschlagenen Weg abrücken, um möglichst viele Menschen aus anderen Kulturkreisen ins Land zu locken, ohne zu fragen, was die Mehrheit des eigenen Volkes eigentlich dazu sagt.

Jetzt fehlt nur noch der Segen Gottes. Mehr geht nicht. Präsident, Papst und Gott, fast so wie im Grimmschen Märchen „Vom Fischer und seiner Frau“. Zuerst wollte die Fischersfrau nur ein besseres Leben. Auf den Geschmack gekommen, dürstete es sie immer nach mehr Macht und Anerkennung, was darin gipfelte, den Sonnenaufgang und den Sonnenuntergang selbst zu bestimmen. Das war zu viel des Guten. Der Fall war tief. Wie das Leben so spielt, letzten Endes landete die Fischerfrau im Märchen wieder in der alten Tonne und starrt von nun an zufrieden und glück­lich. Das sollte man bedenken.

Nach dem Linksruck der CDU durch die Bundeskanzlerin hat die Partei nochmals dazugelernt. Die Grünen und die Linken haben es mit ihrer Willkommenskultur schon vor Jahren vorgemacht. Je mehr Einwanderung und die damit später möglicherweise verbundene Staatsbürgerschaft desto mehr Stimmenzuwachs bei der nächsten Wahl.

Die Immigranten werden sich dann erinnern, wer ihnen den Weg ins „Paradies“ Deutschland freigemacht hat. Hier kann man leben, auch ohne zu arbeiten, zumindest zeitweise. Ohne diesen Zustrom würden diese Parteien unter die Fünf-Prozent-Klausel fallen und damit unbedeutend sein.

Wenn sich das für die CDU vielleicht auch erst in fünf bis zehn Jahren bemerkbar macht, aber der Grundstein ist gelegt. Auf die eigene Bevölkerung ist jedenfalls kein Verlass mehr. Das weiß auch die CDU-Führung sehr genau.

Allerdings wird die Kanzlerin selbst von den geliehenen Stimmen nicht mehr profitieren können. Grimmsche Märchen werden wahr.

Wilhelm Jäkel, Damme


S. 13 Das Ostpreußenblatt

Römerschatz in Deutsch Eylau entdeckt
Förster stieß auf antike Münzen – Erste öffentliche Präsentation während der Museumsnacht in Osterode

Am 14. Mai fand in Osterode eine „Museumsnacht“ statt. Ein großes Ereignis war dabei die erste offizielle Präsentation eines römischen Schatzes, der vor Kurzem erst entdeckt worden ist.

Bei dem Schatz handelt es sich um 86 silberne Denare aus dem 1. und 2. Jahrhundert nach Christus. Sie sind ein äußerst wertvoller Fund. Zurzeit werden die Münzen zur Konservierung bearbeitet, aber im Sommer sollen sie bereits in der ständigen Ausstellung präsentiert werden.

Der Förster Przemysław Kulpa hatte den Schatz auf dem Feld in der Nähe von Saalfeld im Kreis Deutsch Eylau entdeckt. Er ist Mitglied der „Gesellschaft der Erde Freunde Rosenbergs in Westpreußen“. Bei der Verfolgung von Wildschweinen, die in der Nacht das Silo-Futter eines Bauern durchwühlt hatten, war Kulpa auf den seltenen Fund gestoßen. Die Münzen lagen auf einem Feld. Vermutlich waren sie beim Pflügen an die Oberfläche befördert und durch den Regen dorthin gespült worden. Der Förster erkannte sofort, dass die Münzen sehr alt sein mussten.

Er informierte die zuständige Behörde über seine Entdeckung. Die Elbinger Vertretung des Woi-wodschaftsamts für Denkmalschutz übergab den Fund Ende April dem Museum in Osterode, damit dort Erhaltungsmaßnahmen getroffen werden konnten. Laut der Museumsmitarbeiter wurde die älteste Münze im Jahr 96 nach Christus während der Herrschaft von Kaiser Nerva geprägt. Die jüngste Münze stammt von Ende 194/Anfang 195, also aus der Zeit von Septimius Severus. Aus dem zweiten Jahrhundert stammt die Mehrheit der Münzen. Bislang gibt es erst drei solcher Geldstücke im Bestand des Museums. Das Gewicht der Münzen beträgt zwei bis drei Gramm. Einige weisen erhebliche Beschädigungen auf, andere sind dagegen in einem sehr guten Zustand.

Die Experten vermuten, dass die Münzen am Anfang des dritten Jahrhunderts nach Christus im Boden versteckt worden waren. Zu dieser Zeit bewohnten Stämme von Goten und Gepiden, die aus Skandinavien kamen, diese Gegend. Die Archäologen wollen den Ort der Entdeckung des Schatzes genau untersuchen. Dafür benötigen sie noch die Zustimmung des Eigentümers des Feldes. Die Untersuchung mit einem Metalldetektor wird der erste Schritt sein, um die Lage für die Einrichtung möglicher archäologischer Ausgrabungen zu bestimmen. Vielleicht gibt es in der Gegend noch weitere Münzen. Die nächste Etappe sind Sondierungsausschachtungen, die Informationen über eine mögliche Ansiedlung an dieser Stelle liefern können. Die Archäologen haben den genauen Standort des Fundes nicht veröffentlicht, um die Stelle vor illegalen Grabungen zu schützen.

Der aktuelle Fund ist eine weitere wertvolle Entdeckung durch die „Gesellschaft der Erde Rosenbergs in Westpreußen“. Ein Vertreter der Gesellschaft, Krzysztof Kepinski, fand im Herbst vergangenen Jahres in der Nähe von Gerswalde das Fragment eines 1500 Jahre alten Schwertes. Vor ein paar Jahren wurde in der Nähe von Rosenberg eine große Menge teutonischer Heller gefunden. 1991 wurden in Saalfeld in Ostpreußen Goldgulden gefunden. Auch sie waren zufällig beim Bau von Garagen in der Nähe der Altstadt entdeckt worden. Derzeit gibt es im Museum von Ermland und Masuren in Allenstein 88 Münzen, die aufgrund von Forschungen und zufälligen Findern endeckt wurden. Der größte Teil des Schatzes ist jedoch laut Historikern verschwunden.

Während der Museumsnacht in Osterode gab es auch andere historische Veranstaltungen. Im Museum und in der Galerie wurden die Ausstellungen „Aus der Geschichte von Osterode und der Umgebung“, „Osterode auf Postkarten der Volksrepublik Polen“ und „Kinder des Amazonas“ gezeigt.

Im Schlosshof führten Gruppen historische Rekonstruktionen vor. Unter den historischen und zeitgenössischen Kriegern waren die ritterliche Mannschaft der Komturei von Osterode (Mittelalter), römische Legionen, die Mitglieder des Schießklubs Garda (20. Jahr­hun­dert). Es wurden auch Uniformen aus dem Ersten Weltkrieg und des Jahres 1920 (die Zeit des Polnisch-Sowjetistischen Krieges) gezeigt. Daneben fand ein Großmarkt für Sammler statt, auf dem Handwerker und Künstler von Osterode ihre Erzeugnisse präsentierten, und die Gruppe „Exodus“ trat auf.

Im Lesesaal der Bibliothek erwartete die Besucher ein kurzer historischer Vortrag von Marek Radoch über „Die Freuden des Tisches und die Unterhaltungen an den Ordensburgen im 14. und 15. Jahrhundert“. Die Entscheidung des Schlosswettbewerbs wurde hier bekannt gegeben. Die Veranstaltung endete mit einer historischen Filmvorführung über Osterode im Festsaal des Schlosses.             Leszek Chaburski


Skulpturen für die Bürger
Künstler entwerfen Standbilder nach Motiven aus dem alten Königsberg

Die Stadt Königsberg wird herausgeputzt. Im Zentrum eines neuen Wohnkomplexes auf dem Kanonenweg [Artillerijskij] wurde eine attraktive Skulptur aufgestellt, die das Auge der Bewohner erfreuen soll. Und das ist erst der Anfang einer Reihe geplanter künstlerischer Kompositionen. Die Bronzeskulpturen sind den Bewohnern des alten Königsberg gewidmet, als Symbol der unerschütterlichen Bande der Vergangenheit und der Gegenwart.

Die erste dieser Skulpturen ist ein zwei Meter hoher Laternenanzünder mit einer langen Leiter in der Hand. Die Lampe beherbergt auch ein Nest für Vögel, das aus Bronze geformt ist. Unmittelbar neben dieser Gruppe steht die Figur eines Hundewächters in Lebensgröße nachgebildet mit einem Jungen. Die Schöpfer dieses Bronzezyklus sind die im Königsberger Gebiet bekannten Künstler Nikolaj Frolow und Valerij Kowaljow. Ihre Arbeiten sind auch Gästen des Gebiets gut bekannt, darunter die Skulptur „Meeresspiegel“ und die des Dichters Adam Mickiewicz in Cranz, die „Meerjungfrau“ am Ortseingang von Palmnicken, die Muschel für Hermann Bracherts Skulptur „die Badende“ in Rauschen sowie das bekannte Werk „die Sonnenuhr“ an der Strandpromenade von Rauschen, die als größte Sonnenuhr sogar ins Guiness-Buch der Rekorde aufgenommen wurde. Die Sonenuhr ist in Mosaik-Technik ausgeführt.

Es ist geplant, bald weitere Kompositionen aus einem Zyklus von sieben Bronzeskulpturen entstehen zu lassen. Es wurde bereits mit der Arbeit an der nächsten Statue „Mutter und Kind“ nach Skizzen von Kowaljow begonnen.

Während der Eröffnung der ersten Skulptur gab es ein feierliches Treffen der Künstler dieser außergewöhnlichen Komposition, aber auch ein Unterhaltungsprogramm im Geiste der alten Stadt Königsberg.

In den Innenhof des neuen Wohnkomplexes kann man bereits hineingehen und dort bestaunen, wie sich hier die bemerkenswerte Idee eines gelungenen Baus, der dazu dienen soll, den Menschen Behaglichkeit zu schaffen mit dem Einfallsreichtum von Architekten und Bildhauern verbindet.       Jurij Tschernyschew


Urlaubshelfer
Frisches Haff im großen Maßstab

Pünktlich zur Reisezeit hat die Stadtplanerei Blochplan eine neue Karte, „rund um das Frische Haff“, im Maßstab 1:100000, vorgelegt. Nachdem die Südosten-Karte für das Nördliche Ostpreußen gut angekommen war, hat Dirk Bloch sich daran begeben, die Reihe mit der Samland- und der Nordostpreußens-Norden-Karte fortzusetzen. Im vergangenen Sommer wurde die Lücke zwischen den bisherigen Karten mit der „Mitte“ geschlossen. Dort werden die Kreise Labiau und Wehlau sowie die Nordteile der Kreise Gerdauen, Bartenstein und Pr. Eylau in detaillierter Form per Karte vorgestellt.

Mit der Landkarte „rund um das Frische Haff“ wird nun der Südwesten des Königsberger Gebiets abgedeckt, aber auch ein Großteil des heute polnischen Gebiets. Die Landkarte reicht von Königsberg bis Elbing in Westpreußen und von Pillau bis Bartenstein und Heilsberg. Die letztgenannten Städte sind heute mit ihrem reizvollen Umland wieder touristische Ziele mit einer immer besser werdenden Infrastruktur. Die Karte trägt dem mit dem Eintrag von Radwegen und Symbolen für die Sehenswürdigkeiten Rechnung. Die zweigeteilte Karte macht deutlich, wie unterschiedlich Russen und Polen mit den historischen Namen umgegangen sind. Nur in Ausnamefällen tragen Orte im nördlichen Ostpreußen wieder ihre alten Namen wie etwa Balga, während im südlichen Teil die Namen, wenn auch in polonisierter Form, weitgehend bewahrt wurden.     PAZ

Blochplan: „rund um das Frische Haff“, Berlin 2016, gefalzt, 8,95 Euro.


MELDUNGEN

Denkmal für Verhungerte

Heiligelinde – In Heiligelinde wurde ein Denkmal für die 89 Senioren eingeweiht, die Ende Juni 1945 von ihrem Altenheim in Rastenburg in eine leerstehende Gastwirtschaft in Heiligelinde verbracht wurden, wo sie bis zum Dezember des Jahres verhungerten oder auf andere Weise umkamen. PAZ

 

Störungen des Verkehrs

Allenstein – Straße Nr. S7: Liebemühl [Miłomłyn], Baustelle. Straße Nr. S7j: Rontzken [Raczki] – Zalusken [Załuski], Baustelle. Straße Nr. 7: Elbing [Elblag] – Jazowa, Baustelle; Liebemühl – Osterode [Ostróda], Baustelle; Osterode – Hohenstein [Olsztynek], Baustelle; Zalusken – Napierken [Napierki], Baustelle. Straße Nr. 7j: Zalusken – Neidenburg [Nidzica], Baustelle. Straße Nr. 15: Rheinsgut [Rynskie] – Mörlen [Morliny], Baustelle. Straße Nr. 16: Osterode – Alt Jablonken [Stare Jabłonki], Baustelle. Straße Nr. 22: Elbing – Fichthorst [Jegłownik], Baustelle. Straße Nr. 51: Heilsberg [Lidzbark Warminski], Baustelle; Allenstein [Olsztyn] – Pagelshof [Ameryka], Baustelle. Straße Nr. 53: Ortelsburg [Szczytno] – Olschinen [Olszyny], Brückenrenovierung. Straße Nr. 59: Moythienen [Mojtyny], Brückenumbau. Straße Nr. 63: Arys [Orzysz] – Johannisburg [Pisz], Brückenbau. Straße Nr. 65: Goldap [Gołdap] – Treuburg [Olecko], Brückenbau; Löbelshof [Chojniak] – Stradaunen [Straduny], Baustelle; Lyck [Ełk] – Prostken [Prostki], Baustelle. PAZ


S. 14 Ostpreussische Familie

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

das Leben ist keine Einbahnstraße! So hatte Stephan Komp aus Ostrau in den Ausführungen zu seiner Familiengeschichte geschrieben, die in Folge 11 unsere gesamte Kolumne füllte. Denn wohl keine ähnliche Dokumentation hat uns über Jahrzehnte so bewegt wie die seines Vaters Helmut Komp aus Königsberg und dessen Geschwister, die beim Russeneinfall, der mit dem Tod ihrer gequälten Mutter verbunden war, getrennt wurden. Von den vier Geschwistern verstarb kurze Zeit später durch Unterernährung die jüngste Schwester Erika, die damals fünfjährige Irmgard und ihr sechs Jahre älterer Bruder Manfred kamen in ein Waisenhaus, der Älteste der Geschwister, der 15-jährige Helmut, musste bei den Russen arbeiten. Als er aus einem Offiziersheim ein Stück Butter entwendete und deshalb bestraft werden sollte, holte er seinen Bruder aus dem Heim, und beide Jungen flohen nach Litauen, von wo sie 1951 ausgewiesen wurden und in die damalige DDR kamen. Der Wissenschaftler Christopher Spatz, auf dessen Buch „Ostpreußische Wolfskinder“ wir in der letzten Folge eingingen, hat diese Phase des Lebens von Helmut Komp als Beispiel für das Schicksal der Jugendlichen unter den Wolfskinder-Typen gewählt, die sich aufgrund ihrer Kenntnisse und Erfahrungen nicht so leicht den geforderten Zwängen unterordneten und zäh an ihrer Herkunft festhielten, was ihm wohl die Eingliederung in Deutschland erheblich erleichterte. Helmut und sein ebenfalls aus Litauen ausgewiesener Bruder Manfred suchten jahrzehntelang vergeblich nach ihrer Schwester Irmgard – ohne zu ahnen, dass diese unweit von ihnen in Mitteldeutschland lebte. Dass die Geschwister erst im Jahr 1993 zueinander fanden, lag an einem Schreibfehler des Nachnamens, der dann durch eine Veröffentlichung im Ostpreußenblatt geklärt werden konnte. Das Treffen der Geschwister Komp war damals für uns eine der schönsten Geschichten und fand immer wieder seinen Nachhall in unserer Familienarbeit – so auch als Beitrag in unserem ersten Buch der Ostpreußischen Familie „Einfach wundervoll“. Aber das Leben ist eben keine Einbahnstraße, es machte eine unerwartete Kehrtwendung, denn Irmgard kam nicht zurecht mit den alten/neuen Familienverhältnissen, der Kontakt schlief zum Leidwesen ihres Bruders Helmut ein, der dann von sich aus keine weiteren Schritte unternahm, zumal er an Demenz erkrankte. Aber sein Sohn Stephan führte die Familienforschung weiter und konnte hierüber viel Positives in seinem ausführlichen Schreiben berichten, das wir im März erhielten. Über den Vater schrieb er nur, dass dieser an einem Treffen der von Stephan gefundenen Familienmitglieder leider nicht teilnehmen wollte.

Er hatte wohl schon gespürt, dass es mit ihm zu Ende ging. Denn in Folge 18 der PAZ fand ich seine Todesanzeige: Am 21. April war sein Leben erloschen. Und was mich besonders berührte, waren die Worte, die sein Sohn Stephan ihm auf den Weg ohne Umkehr mitgab: „eine letzte Reise gewagt und nun daheim ist an seiner Kantschul’ auf der Oberlaak“. Helmut Komp ist in der letzten Phase seines Lebens zurückgekehrt in die Vertrautheit und Geborgenheit seiner Kinderheimat, in den Kreis seiner alten Schulkameraden, an die Wissensquelle, aus der er immer wieder schöpfen konnte, wenn man seinen Lebenslauf liest. Wir konnten ihm – wenigstens streckenweise – ein guter Wegbegleiter sein. Helmut Komp hat seinen Platz in der ostpreußischen Familiengeschichte gefunden.

Es gibt eben Schicksale, die gehen einem schon unter die Haut. Und wenn man sich mit ihnen beschäftigt, wird einem verständlich, warum die Betreffenden sie nie vergessen haben und noch nach Jahrzehnten nach einer Klärung suchen. Die Zeit heilt eben nicht alle Wunden, sondern lässt so manche noch offen. So wie bei Frau Gertrud Blättner geborene Grätsch, die auch als 80-Jährige noch immer nicht weiß, wie ihre Mutter gestorben ist. Wobei es sich nicht um ein durch Flucht oder Verschleppung bewirktes Schicksal handelt, sondern um einen Fall, der anscheinend mit den nationalsozialistischen Euthanasie-Unrechtsmaßnahmen zu tun hat, die in den ersten Kriegsjahren vorgenommen wurden. An und für sich handelt es sich um eine einfach zu formulierende Suchfrage, aber um sie verständlich zu machen, muss man doch weiter in die Familiengeschichte der Betreffenden zurückgreifen. Da es sich um eine ostpreußische Familie handelt, sind wir für Frau Gertrud der richtige Ansprechpartner, obgleich ihr Wunsch nicht leicht zu erfüllen sein wird, da er sich nur auf einen kleinen Personenkreis bezieht.

Gertrud Blättner wurde als Elfriede Gertrud Grätsch am 13. Mai 1936 in Popelken, Kreis Labiau als Tochter des Melkers Johann Grätsch und seiner Ehefrau Margarete geborene Schmidtke geboren. Sie hatte drei ältere Brüder, die im jährlichen Abstand 1932, 1933 und 1934 geboren wurden. Vielleicht hatten die vielen Geburten die Mutter überfordert, jedenfalls brach die Familie auseinander, als Frau Margarete in das Landeskrankenhaus Allenstein kam und dort 1941 verstarb. Wie Frau Blättner schreibt: „Im Zuge der Euthanasie als unwertes Leben“.

Gertrud wurde von ihren Brüdern getrennt. Die Fünfjährige kam nach Königsberg zu Verwandten der mütterlichen Linie, die auf den Urgroßvater von Frau Blättner, Karl Gerlach, zurückgeht, der aus Pelle bei Zinten stammte. Karls Tochter Auguste heiratete einen Otto Neumann und bei diesem Patenonkel von Gertrud und seiner Familie lebte das mutterlose Kind und fühlte sich dort geborgen, die liebevolle Zuneigung der Neumanns hat sie nie vergessen. Ein Jahr vor der Flucht kam Gertrud dann zu der zweiten Frau ihres Vaters, bei der ihre Brüder aufwuchsen. Da die Stiefmutter auch zwei Kinder hatte, hatte Gertrud reichlich Spielkameraden und fand diese Zeit „herrlich“, aber dann musste sie wegen einer Blutvergiftung zurück zur Familie Neumann, mit der sie auch auf die Flucht ging. Nach der Internierung in Dänemark erfolgte dann der Neuanfang in Würzburg, wo Frau Blättner noch heute lebt.

Und nun kommen wir ihrer Suchfrage schon etwas näher, denn Otto Neumann bekam in Würzburg öfters Besuch von seinem Cousin Rudolf Gerlach, dem Sohn von Karl Gerlach. Dieser lebte in Duisburg, war verheiratet und hatte eine Tochter Minna, verheiratete Köpke. Auf diese Verwandte setzt Frau Blättner nun ihre Hoffnung, denn Frau Köpke könnte sich vielleicht an Gespräche ihres Vaters mit Otto Neumann erinnern, die den Tod der Margarete Grätsch betrafen. Aber ich muss zu bedenken geben, dass Otto Neumann bereits 1977 verstarb – wie sollte sich Frau Köpke an diese Gespräche erinnern, wenn sie überhaupt in ihrem Beisein stattfanden? Doch vielleicht tut es Frau Blättner schon gut, überhaupt über diese Angelegenheit mit einer Verwandten sprechen zu können. Sie selber hat auch einige Anstrengungen zur Klärung unternommen, hat sich an den Bund der „Euthanasie“-Geschädigten und Zwangssterilisierten gewandt, war sogar gleich nach der sogenannten Wende in Allenstein, wo man ihr sagte, dass sich die Unterlagen in Berlin befänden. Viel weiter ist sie nicht gekommen. Jetzt im Seniorenalter wird alles schwieriger, zumal ihr Mann bereits jahrelang ein Pflegefall (Stufe 3) ist. Wenn wir uns hier etwas ausführlich mit dem Anliegen von Frau Blättner befassen, statten wir ihr auch damit einen kleinen Dank ab, denn sie hat jahrelang in Kitzingen Kulturarbeit für Ostpreußen geleistet, bei Veranstaltungen Info-Stände aufgebaut, Broschüren verteilt und über ihre Heimat berichtet. (Gertrud Blättner, Wölffelstraße 4 in 97072 Würzburg, Telefon 0931/86680.)

Es ist betrüblich, wenn die PAZ und damit das Ostpreußenblatt nicht mehr manche jahrzehntelangen Abonnenten erreicht, weil diese – aus welchen Gründen auch immer – die Zeitung abbestellen mussten. Zumeist ist das Alter und die damit verbundene nachlassende Sehkraft die Ursache, auch andere Erkrankungen und Behinderungen spielen eine Rolle, aber oft ist die finanzielle Situation ausschlaggebend, die besonders die Ältesten trifft wie eine 85-jährige Ostpreußin aus Kiel. Sie hat erst spät auf Umwegen von meinem 100. Geburtstag erfahren – eine alte Freundin sandte ihr die betreffenden Zeitungsausschnitte zu – und reiht sich nun in die Reihe der Gratulanten ein, die auch aus anderen Gründen „hinterher zageln“. Aber diese Glückwünsche sind zumeist besonders herzlich und tun gut, denn die Arbeit wird wegen der oft fehlerhaften oder falschen Angaben immer schwieriger, weil die betreffenden Zeitzeugen nicht mehr aussagen können. Da ist es schon erfreulich, wenn sich Anhaltspunkte für den jetzigen Aufenthalt einer gesuchten Person ergeben, nach der wir kürzlich in unserer Kolumne gefahndet haben – mit Vorbehalt, denn die von dem Suchenden gemachten Angaben waren mit einigen Fragezeichen versehen. Aber nun scheint es sich herauszustellen, dass wir tatsächlich dank eines immer bemühten Mithelfers auf der richtigen Spur sind, denn die Angaben stimmen mit den uns nun übermittelten Fakten bis auf einen unwesentlichen Unterschied in der Schreibweise des Namens überein. Vielleicht kann ich unseren Leserinnen und Lesern schon in der nächsten Ausgabe berichten: „Gesucht – gefunden“.

Mit den Namen ist das so eine Sache, gegen Irrtümer bin ich leider auch nicht gefeit, und nicht jeden kann man dem Druckfehlerteufel in die Schuhe schieben. Da habe ich doch in Folge 15 aus meinem Königsberger Landsmann Günter Walleit einen Günter Wallat gemacht. Unser „Sack­heimer Bowke“ hat das humorvoll moniert, und ich korrigiere hiermit die falsche Schreibweise. Aber eine kleine Anmerkung sei mir erlaubt: Da in dem Schreiben von Herrn Walleit die Anschrift nicht vermerkt war, habe ich sie mir aus dem schon weggelegten Briefumschlag geholt und auf dem Bogen notiert – na ja, meine Handschrift ist auch nicht gerade die Beste. Die Umschläge können aus Platzgründen nicht mit den Briefbögen archiviert werden, deshalb bitte ich immer wieder unsere Leserinnen und Leser, stets die volle Adresse auf dem Schreiben anzugeben. Möglichst mit Telefon, da sich gerade die älteren Leserinnen und Leser nur postalisch oder telefonisch melden können.

Und ein Nachschrapselchen haben wir heute auch wieder. Es handelt sich um ein Königsberger Poem, das ich nicht kenne und bisher vergeblich gesucht habe, betitelt „Königsberger Pfingstvergnügen“ und in ostpreußischer Mundart geschrieben. Gesucht wird es von Herrn Manfred Raddatz (E-Mail: manfredraddatz@aol.com) Zuschriften auch an die Ostpreußische Familie)

Eure Ruth Geede


Ein Kongress verpasster Chancen
Tagung der Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen in Breslau – Favorit bei Prasidentenwahl durchgefallen

Ein Beispiel für Ihre Erfolge und Errungenschaften ist das Schaffen der FUEV-Mitglieder, des Bundes der Polen in Deutschland und des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen“, ließ Polens Staatspräsident Andrzej Duda verkünden. Sein Grußwort wurde beim diesjährigen Kongress der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen, dem Dachverband der nationalen und ethnischen Minderheiten in Europa, in Breslau verlesen. Die Entscheidung für Breslau war gefallen, da die Odermetropole in diesem Jahr europäische Kulturhauptstadt ist.

Duda subsumierte, dass das frühneuzeitliche Vielvölker-Polen quasi Pate für die EU gestanden habe. „Genau von diesem Phänomen sprach unser großer Landsmann, der heilige Johannes Paul II., ‚dass das Polentum im Grunde genommen eine Vielfalt und Pluralismus, und nicht Beengtheit und Verschlossenheit ist‘. Wir schöpfen aus diesen wundervollen Traditionen Inspiration, entwickeln den Dialog, freuen uns über alle Formen von Aktivitäten der in Deutschland lebenden Polen und ethnischen Gruppen“, so Duda. Womöglich ein erneutes Plädoyer, die Zuwanderungsminderheit der Polen in Deutschland in den Rang einer autochthonen Volksgruppe heben zu wollen? Die Kritik an der vermutlichen Intention blieb in Breslau aus. Vielmehr fühlten sich viele Anwesende eher geschmeichelt, dass der Staatspräsident sie als Interessengruppe einfach wahrnahm.

Die Deutsche Minderheit in der Republik Polen, die zu den Gastgebern zählte, wurde ihrer Verantwortung für alle Deutschen im Staate nicht wirklich angemessen gerecht. Der erste Online-Beitrag der Zeitung der deutschen Minderheit, des Wochenblatts (Wochenblatt.pl) nach Abschluss des Kongresses befasste sich mit der Deklaration der Delegierten gegen eine Eingemeindung von stadtrandnahen und vorwiegend von Deutschen bewohnten Dörfern zu Oppeln. Das ist ein verständliches Anliegen. Dennoch war sie da wieder – die Fixierung der vorwiegend Oppelner Funktionsträger der Deutschen Minderheit auf ihre Region. Dabei hatten Spitzenfunktionäre der Minderheit erst vor Kurzem in Lubowitz getagt und Vertretern aus anderen Regionen versucht, entsprechende Bedenken zu nehmen. Vor allem in Westpreußen, Teilen Niederschlesiens und in Ostoberschlesien regt sich immer wieder Unmut, bei verbandsinternen Mittelzuweisungen benachteiligt zu werden.

Auch der Auftritt der Hohen Kommissarin für nationale Minderheiten bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) muss wohl als eine vertane Chance gedeutet werden. Mit ihrer Analyse, dass Hass-Reden oder entsprechende Interneteinträge zugenommen hätten, dürfte sie vermutlich nicht falsch liegen. Doch im Grunde gehörte der Beitrag zu den politisch korrekten, die Zuwanderungsminderheiten mit autochthonen Volksgruppen auf eine Ebene stellen.

Letztmalig trat in Breslau Hans Heinrich Hansen, Deutscher aus dem dänischen Nordschleswig, als FUEV-Präsident ans Mikrofon. Der seit 2007 amtierende und nun scheidende Vorsitzende betonte im Zeichen der Asylkrise, dass die Anerkennung und Wertschätzung für alteingesessene Minderheiten drohe, in den Hintergrund zu treten. An Hansens Stelle tritt nun Loránt Vincze aus Neumarkt am Mieresch, ein Angehöriger der ungarischen Volksgruppe in Rumänien. Seine Wahl wurde vor allem dem Selbstbewusstsein der Minderheiten aus dem einstigen Ostblock zugeschrieben, denn Vincze trat gegen die Empfehlung des FUEV-Vorstands in einer Kampfabstimmung gegen Dieter Paul Küssner an, der als Angehöriger der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein Garant für die Zentrale Flensburg im Verband gewesen wäre. Vincze stellte jedoch klar, er werde den Standort Flensburg nicht in Frage stellen.            Edmund Pander


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 101. GEBURTSTAG

Fortak, Ottilie, geb. Latza, aus Erben, Kreis Ortelsburg, und  Ittau, Kreis Neidenburg am 1. Juni

ZUM 99. GEBURTSTAG

Felsner, Edeltraut, geb. Marquardt, aus Treuburg, am 29. Mai

König, Johanna, geb. Hausendorf, aus Merunen, Kreis Treuburg, am 28. Mai

ZUM 97. GEBURTSTAG

Geisendorf, Christel, geb. Kallweit, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 29. Mai

Karasch, Fritz, aus Rumeyken, Kreis Lyck, am 1. Juni

ZUM 96. GEBURTSTAG

Baginski, Gisela, geb. Jedamski, aus Neidenburg, am 2. Juni

Fechner, Helga, aus Ortelsburg, am 1. Juni

Golob, Hildegard, geb. Unruh, aus Zimmerbude, Kreis Samland, am 31. Mai

Groß, Irma, geb. Kramer, aus Milken, am 28. Mai

Schirmacher, Magdalene, geb. Lehwald, aus Gedwangen, Kreis Neidenburg, am 2. Juni

Wulff, Anna-Frieda, geb. Duchna, aus Kreis Neidenburg, am 29. Mai

ZUM 95. GEBURTSTAG

Bohnhof, Karl, aus Lyck, Soldauer Weg 11, am 1. Juni

Didszun, Hildegard, geb. Herzog, aus Nassawen, Kreis Ebenrode, am 30. Mai

Dienhardt, Erika, geb. Kopiszenski, aus Bobern, Kreis Lyck, am 30. Mai

Geisler, Maria, geb. Sylla, aus Gorlau, Kreis Lyck, am 2. Juni

Lange, Frida, geb. Jakubzik, aus Arlen, Kreis Lötzen, am 27. Mai

Marks, Helmut, aus Treuburg, am 30. Mai

Mirbach-Ziehe, Ruth, geb. Ziehe, aus Tutschen, Kreis Ebenrode, am 31. Mai

Nützel, Ilse, geb. Matthée, aus Merunen, Kreis Treuburg, am 30. Mai

Ossa, Lieselotte, geb. Romanowski, aus Reichenwalde, Kreis Lyck, am 28. Mai

Patzer, Hedwig, geb. Schramma, aus Lenzendorf, Kreis Lyck, am 30. Mai

Quilitzsch, Ruth, geb. Wagner, aus Klaussen, Kreis Lyck, am 1. Juni

ZUM 94. GEBURTSTAG

Blaeser, Gertrud, geb. Gronau, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 28. Mai

Dziedo, Maria, geb. Dausch, aus Kutzen, Kreis Lyck, am 1. Juni

Gojny, Elly, geb. Wischnewski, aus Neuhof, Kreis Neidenburg, am 31. Mai

Liebenau, Eva, geb. Schmidt, aus Lyck, am 27. Mai

Maertens, Elisabeth, geb. Gräfin von Schwerin, aus Wildenhoff, Kreis Preußisch Eylau, am 29. Mai

Powilleit, Erika, geb. Sudau, aus Breitenhof, Kreis Elchniederung, am 2. Juni

Reichardt, Ruth, geb. Berger, aus Sareiken, Kreis Lyck, am 27. Mai

Roßberg, Erika, geb. Cytrich, aus Rogallen, Kreis Lyck, am 1. Juni

Schuhmacher, Fritz, aus Andersgrund, Kreis Ebenrode, am 1. Juni

Spalding, Herta, geb. Mey, aus Wehlau, am 1. Juni

ZUM 93. GEBURTSTAG

Bolsch, Otto, aus Steinkendorf, Kreis Lyck, am 29. Mai

Braun, Else, geb. Rehfeld, aus Willenberg, Kreis Ortelsburg, am 30. Mai

Filipzik, Herta, geb. Weitschat, aus Datzken, Kreis Ebenrode, am 30. Mai

Gussek-Hahlbohm, Gertraud, geb. Gussek, aus Fronicken, Kreis Treuburg, am 30. Mai

Hoff, Inge, geb. Baumgärtner, aus Plauen, Kreis Wehlau, am 29. Mai

Klotzbücher, Irmgard, geb. Matthies, aus Sinnhöfen, Kreis Ebenrode, am 2. Juni

Laskowski, Walter, aus Reimannswalde, Kreis Treuburg, am 28. Mai

Thiede, Horst, aus Sonnau, Kreis Lyck, am 27. Mai

Wirschun, Käthe, geb. Seller, aus Mulden, Kreis Lyck, am 30. Mai

ZUM 92. GEBURTSTAG

Becker, Dora-Erika, geb. Laschat, aus Plein, Kreis Elchniederung, am 2. Juni

Borowski, Edith, geb. Pauliks, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 30. Mai

Fischer, Annelore, aus Nautzwinkel, Kreis Samland, am 31. Mai

Franke, Sigrid, geb. Becker, aus Lyck, am 28. Mai

Fromme, Erika, geb. Marquard, aus Wacholderau, Kreis Ortelburg, am 31. Mai

Geppert, Gerda, geb. Gallert, aus Gundau, Kreis Wehlau, am 1. Juni

Hartmann, Edeltraud, geb. Lietke, aus Irglacken, Kreis Wehlau, am 29. Mai

Hoesch, Katharina, geb. Krause, aus Rossitten, Kreis Samland, am 30. Mai

Keding, Magdalene, aus Grünwiese, Kreis Elchniederung, am 30. Mai

Milz, Sieglinde, aus Rauschen, Kreis Samland, am 31. Mai

Neumann, Gertrud, geb. Ludszuweit, aus Sokaiten, Kreis Tilsit-Ragnit, am 27. Mai

Parzianka, Irmgard, aus Steinwalde, Kreis Lötzen, am 31. Mai

Ruppelt, Irene, geb. Plotzitzka, aus Moneten, Kreis Treuburg, am 1. Juni

Stimmel, Renate, geb. Burghardt, aus Lindenfließ, Kreis Lyck, am 29. Mai

ZUM 91. GEBURTSTAG

Baier, Christel, geb. Lewitzki, aus Köllmisch Damerau, Kreis Wehlau, am 2. Juni

Breidenbach, Erna, geb. Skorzenski, aus Lissau, Kreis Lyck, am 31. Mai

Deußing, Rolf, aus Wehlau, am 28. Mai

Doehler, Elfriede, geb. Schubert, aus Lötzen, am 2. Juni

Grywatsch, Horst, aus Hartwichs, Kreis Preußisch Holland, am 29. Mai

Köring, Elisabeth, geb. Romoth, aus Treuburg, am 27. Mai

Kräft, Erna, geb. Schlösser, aus Wickenfeld, Kreis Ebenrode, am 30. Mai

Mattern, Elsbeth, geb. Kutz, aus Frauenfließ, Kreis Lyck, am 30. Mai

Meinken, Bernhard, aus Zohpen, Kreis Wehlau, am 30. Mai

Mletzko, Ewald, aus Paulshagen, Kreis Johannisburg, am 30. Mai

Neuschulz, Alice, geb. Leiber, aus Eckwalde, Kreis Elchniederung, am 2. Juni

Schröder, Fritz, aus Garbseiden, Kreis Samland, am 27. Mai

Stabbert, Erna, geb. Jebramzik, aus Glinken, Kreis Lyck, am 28. Mai

Stolz, Ernst, aus Inse, Kreis Elchniederung, am 29. Mai

Till, Eva, geb. Hartmann, aus Wehlau, am 29. Mai

Wegner, Helena, geb. Stolzenwald, aus Neuendorf, Kreis Wehlau, am 29. Mai

ZUM 90. GEBURTSTAG

Behrendt, Hans, aus Klein Nuhr, Kreis Wehlau, am 29. Mai

Dittwald, Erna, geb. Serafin, aus Klein Schläfken, Kreis Neidenburg, am 2. Juni

Fries, Ruth, aus Insterburg, am 29. Mai

Irrittje, Fritz, aus Stolzenau, Kreis Ebenrode, am 30. Mai

Klein, Ursula, aus Richau, Kreis Wehlau, am 31. Mai

Losch, Erika, aus Puppen, Kreis Ortelsburg, am 27. Mai

Maczeyzik, Werner, aus Prostken, Kreis Lyck, am 2. Juni

Norkus, Alfred, aus Ginkelsmittel, Kreis Elchniederung, am 29. Mai

Pucknat, Waldemar, aus Wartenhöfen, Kreis Elchniederung, am 1. Juni

Reschminski, Ilse, geb. Mueller, aus Groß Trakehnen, Kreis Ebenrode, am 28. Mai

Rückemann, Ruth, geb. Lottermoser, aus Finkenschlucht, Kreis Ebenrode, am 31. Mai

Schulz, Eva, geb. Schröter, aus Neidenburg, am 1. Juni

Schulz, Kurt, aus Wehlau, am 31. Mai

Sehnwitz, Dora, geb. Priebe, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 28. Mai

Wieser, Martha, geb. Fidorra, aus Malga, Kreis Neidenburg, am 28. Mai

ZUM 85. GEBURTSTAG

Buy du, Frans, am 31. Mai

Corinth, Hans, aus Kreis Insterburg, am 31. Mai

Drossel, Elfriede, geb. Bubbat, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 2. Juni

Flöß, Siegfried, aus Treuburg, am 27. Mai

Gebhardt, Frieda, geb. Kuzcinski, aus Kleinkosel, Kreis Neidenburg, am 31. Mai

Gritzka, Günter, aus Erlental, Kreis Treuburg, am 30. Mai

Grohs, Eva, geb. Kossak, aus Birkenmühle, Kreis Ebenrode, am 28. Mai

Haase, Peter, aus Palmnicken, Kreis Samland, am 28. Mai

Hardt, Erika, geb. Chaberny, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 28. Mai

Heidorn, Hildegard, geb. Sokolis, aus Davidshof, Kreis Ortelsburg, am 30. Mai

Hoffmann, Alfred, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 2. Juni

Kappner, Lisbeth, geb. Andres, aus Gundau, Kreis Wehlau, am 28. Mai

Kownatzki, Ilse, aus Theerwischwalde, Kreis Ortelsburg, am 31. Mai

Kyewski, Gertrud, geb. Upadek, aus Groß Schöndamerau, Kreis Ortelsburg, am 29. Mai

Nowozin, Käthe, geb. Ceranski, aus Fröhlichswalde, Kreis Ortelsburg, und Großwalde, Kreis Neidenburg, am 28. Mai

Radszuweit, Ulrich, aus Grünhausen, Kreis Elchniederung, am 31. Mai

Römstedt, Edeltraud, geb. Lange, aus Tawe, Kreis Elchniederung, am 1. Juni

Schnurpfeil, Else, geb. Stallbaum, aus Norgau, Kreis Samland, am 31. Mai

Siegmund, Richard, aus Schnippen, Kreis Lyck, am 29. Mai

Wagner, Hildegard, geb. Palloks, aus Jägerhöh, Kreis Elchniederung, am 2. Juni

Walkhöfer, Dieter, aus Schwentainen, Kreis Treuburg, am 29. Mai

Windt, Kurt, aus Barten, Kreis Rastenburg, am 1. Juni

ZUM 80. GEBURTSTAG

Albrecht, Elisabeth, geb. Plewa, aus Seenwalde, Kreis Ortelsburg, am 30. Mai

Bednarski, Margot, geb. Gollnik, aus Neidenburg, am 31. Mai

Beermann, Eva, geb. Eisenmenger, aus Uggehnen, Kreis Samland, am 30. Mai

Dietzel, Ursula, geb. Altrock, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 30. Mai

Dittert, Gisela, geb. Chmielewski, aus Ortelsburg, am 28. Mai

Dorka, Erich, aus Willenberg, Kreis Ortelsburg, am 29. Mai

Eilers, Erika, geb. Völkner, aus Schanzenort, Kreis Ebenrode, am 30. Mai

Görlitz, Felicitas, geb. Taudien, aus Raging, Kreis Elchniederung, am 31. Mai

Höpker, Toni, geb. Schmetzer, aus Kummeln, Kreis Ebenrode, am 27. Mai

Iwanczik, Hans Dieter, aus Grabnick, Kreis Lyck, am 29. Mai

Kissel, Elisabeth, geb. Jorzik, aus Soltmahnen, Kreis Lyck, am 30. Mai

Klein, Willy, aus Grieben, Kreis Ebenrode, am 2. Juni

Kowalik, Helga, geb. Schilling, aus Rautenburg, Kreis Elchniederung, am 30. Mai

Kriwath, Egbert, aus Wehlau, am 28. Mai

Krzyzan, Waltraut, geb. Rippke, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 2. Juni

Lausch, Evelyn, geb. Weber, aus Grünwiese/Pannwitz, Kreis Heiligenbeil, am 31. Mai

Lichtenstein, Ewald, aus Narthen, Kreis Neidenburg, am 27. Mai

Manthey, Helmuth, aus Goldenau, Kreis Lyck, am 30. Mai

Mintel, Helmuth, aus Bladiau, Kreis Heiligenbeil, am 31. Mai

Mosbach, Renate, geb. Gronau, aus Großudertal, Kreis Wehlau, am 28. Mai

Neumann, Horst, aus Prostken, Kreis Lyck, am 28. Mai

Reininghaus, Hiltrud, geb. Meißner, aus Dreimühlen, Kreis Lyck, am 31. Mai

Rose, Erwin, aus Warnien, Kreis Wehlau, am 31. Mai

Rutzen, Erika, geb. Naschokin, aus Wilpen, Kreis Ebenrode, am 27. Mai

Schrader, Reinhold, aus Lindental, Kreis Elchniederung, am 31. Mai

Uhlich, Eva, geb. Beier, am 30. Mai

Wenzel, Erika, geb. Borm, aus Altschanzenkrug, Kreis Elchniederung, am 27. Mai

Wiethölter, Christa, geb. Aßmann, aus Paterswalde, Kreis Wehlau, am 28. Mai

Wölck, Gerhard, aus Goldbach, Kreis Wehlau, am 30. Mai

ZUM 75. GEBURTSTAG

Antoniewski, Renate, geb. Sadrina, aus Kobulten, Kreis Ortelsburg, am 1. Juni

Büchner, Ursel, geb. Makowka, aus Neufließ, Kreis Ortelsburg, am 29. Mai

Fehlau, Kurt, aus Groß Friedrichsdorf, Kreis Elchniederung, am 30. Mai

Hasenpusch, Arno, aus Fedderau/Lokehnen, Kreis Heiligenbeil, am 29. Mai

Heidemann, Manfred, aus Argemünde, Kreis Elchniederung, am 1. Juni

Kniza, Rosemarie, geb. Vieweg, aus Ittau, Kreis Neidenburg, am 28. Mai

Knizia, Hans Walter, aus Omulefofen, Kreis Neidenburg, am 29. Mai

Kowalek, Lothar, aus Neidenburg, am 1. Juni

Marzian, Gerhard, aus Fronicken, Kreis Treuburg, am 31. Mai

Rehberg, Herbert, aus Neufrost, Kreis Elchniederung, am 27. Mai

Schulz-Eisenhardt, Ulrich, aus Ortelsburg, am 27. Mai

Sczepanek, Dr. Herbert, aus Schuttschen, Kreis Neidenburg, am 30. Mai

Segner, Brigitte, geb. Preikschat, aus Ebenrode, am 28. Mai

Goldene Hochzeit

Stopka, Dr. Klaus, aus Barteln, Kreis Sensburg, und Ehefrau Wally, geb. Zabel, am 27. Mai


S. 16 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

ALLENSTEIN LAND

Kreisvertreter: Hans-Peter Blasche, Lankerstraße 40, 40545 Düsseldorf, Telefon (0211) 17181290; (02131) 902700 (dienstl.), Telefax (02131) 902430 (dienstl.) Geschäftsstelle: Gemeindeverwaltung Hagen, Postfach 1209, 49170 Hagen, Telefon (05401) 9770. www.allenstein-landkreis.de

Sonnabend, 28. Mai, Bochum: Kirchspieltreffen Göttkendorf, Alt Schöneberg und Jonkendorf im Hölterweg 4, 444894 Bochum-Werne. Informationen: Gerhard Sawitzki, Hölter Weg 4, 44894 Bochum, Telefon (0234) 230624.

 

EBENRODE (STALLUPÖNEN)

Kreisvertreter: Dr. Gerhard Kuebart, Schiefe Breite 12a, 632657 Lemgo, Telefon (05261) 8 81 39, E-Mail: gerhard.kuebart@ googlemail.com.

28. bis 29. Mai, Bergen: Kirchspieltreffen Birkenmühle/Mehlkehmen im Hotel Michaelishof, Hauptstraße 5, 29303 Bergen (Telefon: 05051/8870). Anmeldung und Information bei der Kirchspielvertreterin Margarete Malchow.

3. bis 6. Juni, Hermannsburg: Schülertreffen im Hotel Heidehof, Billingstraße 29, 29320 Hermannsburg. Anmeldung: Telefon (05052) 9700 oder E-Mail: info@heidehof.bestwestern.de.

 

FISCHHAUSEN

Kreisvertreter: Klaus A. Lunau,  Bahnhofstraße 14, 30853 Langenhagen, Stellvertreterin: Marion Gehlhaar, Telefon (040) 476070. Geschäftsstelle: Fahltskamp 30, 25421 Pinneberg, täglich erreichbar unter Telefon (04101) 22037, Postfach 17 32, 25407 Pinneberg, E-Mail: Geschaeftsstelle@kreis-fischhausen.de. Besichtigung nach Wunsch.

4. Juni, Leipzig: 4. Regionaltreffen der Kreisgemeinschaften Wehlau, Labiau, Königsberg-Land und Fischhausen im Gartenlokal „Zur Seilbahn“, Max-Liebermann-Straße 91–93, 04157 Leipzig. Informationen: Eberhard Grashoff, Telefon (0341) 9010730.

 

INSTERBURG − Stadt und Land

Vorsitzender Stadt & Land: Reiner Buslaps, Am Berg 4, 35510 Butzbach-Kirch-Göns, Tel.: (06033) 66228, Fax (03222) 3721953, E-Mail: R.Buslaps@t-online.de. Kreisgemeinschaft Insterburg Stadt & Land e. V.,  Geschäftsstelle, Am Marktplatz 10, 47829 Krefeld, Postfach 111 208, 47813 Krefeld, Tel.: (02151) 48991, Fax (02151) 491141, E-Mail: info@insterburger.de, Internet: www.insterburger.de, Bürozeiten: Montag – Freitag von 8 bis 12 Uhr.

Mittwoch, 15. Juni, 12 Uhr, Gaststätte „Kaktus“, Dreescher Köpmark, Schwerin: Gemeinsames Treffen der Heimatgruppe Schwerin. Informationen: Helga Hartig, Telefon (0385) 3922633, E-Mail: hehartig@web.de.

Donnerstag, 16. Juni, 12 Uhr, DRK-Begegnungsstätte, Eschenweg 60, 08060 Zwickau: Vortrag „20 große Ostpreußen“ bei der Heimatgruppe Sachsen, Informationen: Kurt Klaus, Telefon (037296) 17661.

Sonntag, 29. Mai, Erfurt:  Mitgliedertreffen der Heimatgruppe Thüringen. Das Programm wird von den Heimatfreunden Erfurt gestaltet.

 

ORTELSBURG

Kreisvertreter: Dieter Chilla, Bussardweg 11, 48565 Steinfurt, Telefon (02552) 3895, E-Mail: kontakt@kreisgemeinschaft-ortelsburg.de. Geschäftsführer: Hans Napierski,  Heinrichstraße 52, 45701 Herten, Telefon (0209) 357931, Internet: www.kreis-ortelsburg.de

Gut besucht war die diesjährige Kreistagssitzung der Ortelsburger im Kulturzentrum der Patenstadt Herne. Als Gäste waren die Kandidatinnen und Kandidaten anwesend, die in diesem Jahr erstmalig bei den Kreistagswahlen auf der Wahlliste stehen.

Herbert John verlas im Rahmen der Kreistagssitzung die Totenehrung für die verdienten Mitglieder der Kreisgemeinschaft Ortelsburg. Insbesondere erwähnte er stellvertretend für alle Verstorbenen Erich Rattay und Willi Glaß. Der Kreistag ehrte die Toten mit schweigendem Gedenken.

Der Kreisvorsitzende Dieter Chilla lobte den freiwilligen Einsatz für die Heimatstube unter anderem durch Irmgard Denda und Jürgen Mosdziel. Auf einer Ausschusssitzung der Stadt Herne hat Dieter Chilla im Oktober 2015 einen Bericht über die Aufgaben der Heimatstube vorgetragen, der positiv aufgenommen wurde:

Im April 2015 fand der letzte Kreistag statt, an dem die historische Fahne der Ortelsburger Jäger durch Erwin Syska an den Ehrenvorsitzenden Edelfried Baginski übergeben wurde. Das Ostheim in Bad Pyrmont konnte letzmalig vor der Schließung für das Heimatseminar der Kreisgemeinschaft Ortelsburg genutzt werden. Hierfür konnten wieder kompetente und namhafte Referenten für das Heimatseminar gewonnen werden. Im Mai und Juni fanden Kirchspiel- respektive Landbezirkstreffen statt. Ende Mai wurde die Studienfahrt nach Ortelsburg durchgeführt, wobei unter anderem eine Erwachsenentaufe in Passenheim stattfand und das 490-jährige Jubiläum der evangelischen Kirche in Preußen gefeiert wurde.

Im September 2015 fand wieder das jährliche Hauptkreistreffen statt, das mit circa 500 Besuchern vergleichsweise gut besucht war. Für die gute Organisation zeichnete Hans Napierski verantwortlich. In Bad Harzburg fand wieder das Treffen der Ortelsburger Oberschüler statt, ein bemerkenswertes Ereignis. Wenn man an das hohe Alter der Teilnehmer denkt.

Im Oktober wurde die Bruderhilfe vor Ort ausgezahlt. Die Auszahlung wurde von Vertretern der Deutschen Minderheit vorbereitet. Die Weihnachtsfeier bildete einen sehr schönen Jahresausklang.

Die Friedhofspflege unter Federführung von Gregor Gonsowski wurde besonders gewürdigt. Auch die Arbeit am Heimatboten unter Leitung von Jürgen Mosdziel wurde hervorgehoben. Die Ausführungen der Schatzmeisterin Helga Frankiewicz fassten die wesentlichen Posten aus dem Jahr 2015 zusammen. Insgesamt sind die Ausgaben deutlich höher als die Einnahmen gewesen. Der Fehlbetrag wurde den Rücklagen entnommen. Der Bericht der Revisoren Dieter Packheiser und Ingo Gosdek ergab keine Beanstandungen, der Vorstand wurde einstimmig entlastet.

Erwin Syska beschrieb die Geschichte der Ortelsburger Oberschule, die 1892 mit einer Privatschule begann. 1909 übernahm die Stadt Ortelsburg das entstehende Realgymnasium. Unter den Lehrern und Schülern war der Zusammenhalt nach dem 2. Weltkrieg so groß, dass 1956 eine Vereinigung der ehemaligen Lehrer und Schüler der Hindenburg-Schule frei von Revanchismus gegründet wurde. Heute bestehen freundschaftliche Beziehungen zur Schule in Ortelsburg (Szczytno). An der Schule wurde ein Projekt „Gegen das Vergessen” zur deutschen Zeit in Ortelsburg umgesetzt. Am 15. Juni 2012 wurde das Anbringen einer Gedenktafel an der ehemaligen Hindenburg-Schule behördlich genehmigt.

Dieter Chilla erläuterte die Planungen des Pfarrers Alfred Borski zur Renovierung des historischen Pfarrhauses in Ortelsburg. Die Renovierung soll durch verschiedene Zuschüsse und aus Eigenmitteln finanziert werden, wobei die Kreisgemeinschaft Ortelsburg diese Maßnahmen unterstützt.

Die Passenheimer Kirche feiert 2016 ihr 625jähriges Bestehen. Die Außenfassade ist in den letzten Jahren schrittweise renoviert worden, wobei ein letzter Bauabschnitt noch aussteht. Das Gustav-Adolf-Werk, das polnische Ministerium für Kultur und nationales Erbe und das deutsche Kulturministerium sind in diesem Fall Geldgeber. Alfred Denda bearbeitet für die Kreisgemeinschaft Ortelsburg die Formalien für die Bezuschussung durch das deutsche Kulturministerium in Zusammenarbeit mit dem Passenheimer Pfarrer Witold Twardzik.

Hans Napierski hat den Stimmzettel für die Kreistagswahl als Kopie verteilt und abschließend berichtigt. Der einstimmig verabschiedete Stimmzettel wird als Anlage beigefügt. Der Wahlausschuss für die Wahl des Kreistages 2016 besteht aus Edelfried Baginski, Brigitte Napierski und Dieter Packheiser. Der Wahlausschuss wurde einstimmig bei Enthaltung der Betroffenen angenommen. Edelfried Baginski erläuterte im Anschluss den Ablauf der Kreistagswahl. Wahlausschlussfrist ist der 31. Oktober 2016.

Marc Plessa gab einen Überblick über neue genealogische Erkenntnisse: Im letzten Jahr wurden die Standesamtsregister vom Standesamt Passenheim-Stadt digitalisiert und auf der Internetseite des Staatsarchivs Allenstein veröffentlicht. Der Umfang mit circa 15600 Bildern ist sehr umfangreich. Seit wenigen Tagen sind außerdem Unterlagen der evangelischen Kirche in Allenstein auf der Internetseite des Staatsarchivs Allenstein zu finden. Der Umfang mit circa 47600 Seiten ist überwältigend und enthält auch einige Personen aus dem Kreis Ortelsburg.

Der Ehrenvorsitzende Edelfried Baginski betonte die Heimatverbundenheit der Ortelsburger und deren Nachkommen. Die aktuell immer gute Situation führte Edelfried Baginski unter anderem auf das Wirken des Landrats Viktor von Poser und der Ortelsburger Bürgermeister Ernst Mey und Bruno Armgardt zwischen den Weltkriegen zurück. Insbesondere der Aufbau der Kreisgemeinschaft ab 1948 trug wesentlich zur erfolgreichen Heimatarbeit bei. 1964 kamen mehr als 4000 Ortelsburger zum Heimattreffen nach Wanne-Eickel. Hierfür und für die geleistete Arbeit sprach Edelfried Baginski seinen Dank aus und rief zur weiteren aktiven Mitarbeit auf.

 

SCHLOSSBERG (PILLKALLEN)

Kreisvertreter: Michael Gründling, Große Brauhausstraße 1, 06108 Halle/Saale. Geschäftsstelle: Renate Wiese, Tel. (04171) 2400, Fax (04171) 24 24, Rote-Kreuz-Straße 6, 21423 Winsen (Luhe).

Liebe Mitglieder und Freunde der Kreisgemeinschaft Schlossberg, über Zusendungen von Beiträgen oder Leserbriefen für unseren diesjährigen Heimatbrief würden wir uns sehr freuen. Sollten Sie einen interessanten Beitrag für uns haben, dann sollte der Eingang der Zulieferung bis spätestens zum 1. September erfolgen. Bitte schicken sie ihn per E-Mail an: heimatbrief-schlossberg@web.de oder d-wiemer@versanet.de

Beiträge, die noch mit dem Computer abgeschrieben werden müssen, sollten spätestens bis Mitte August in der Geschäftsstelle in Winsen eingehen. Die Adresse lautet: Kreisgemeinschaft Schloßberg (Ostpreußen), Rote-Kreuz-Straße 6, 21423 Winsen an der Luhe.

 

SENSBURG

Kreisvertreterin: Gudrun Froemer, In der Dellen 8a, 51399 Burscheid, Telefon (02174) 768799. Alle Post an: Geschäftsstelle Kreisgemeinschaft Sensburg e.V., Stadtverwaltung Remscheid, 42849 Remscheid, Telefon (02191) 163718, Fax (02191) 163117, E-Mail: info@kreisgemeinschaftsensburg.de, www. kreisgemeinschaftsensburg.de

Am 23. April 2016 fand in Bad Sassendorf das 17. Kirchspieltreffen Sorquitten statt. Wettermäßig gestaltete sich der Tag zufriedenstellend, die ersten Teilnehmer trafen bereits ab neun Uhr ein, so dass sich der Saal zügig füllte. Zu unserer Freude kamen mehr Gäste als erwartet, für weitere Sitzmöglichkeiten musste gesorgt werden. Erfreulicher Weise kamen nicht nur die Stammteilnehmer, auch Neuzugänge konnten verzeichnet werden. Die Freude des Wiedersehens und die Heimatverbundenheit kamen voll zum Ausdruck.

Das Treffen wurde, wie bereits Tradition, mit dem Glockengeläut der Sorquitter Kirche und dem Singen des Ostpreußenliedes eröffnet. Anschließend wurden die Landsleute vom Kirchspielvertreter mit dem Ausdruck der Freude aufs herzlichste begrüßt. Von dem organisatorischen Standpunkt aus gesehen war es eine erfreuliche Bestätigung, dass die Treffen angenommen und die Tradition der Heimatverbundenheit beibehalten werden können. Die Grüße und guten Wünsche der Kreisvertreterin wurden übermittelt. Danach erhoben sich alle Teilnehmer von ihren Sitzen und gedachten der Verstorbenen des letzten Jahres.

Der Ablauf des Treffens gestaltete sich in einer freundlichen und gemütlichen Atmosphäre mit vielen Gesprächen und Erzählungen. Man hatte nicht den Eindruck, dass ein Treffen zweier Kirchspiele stattfand, sondern eine Gemeinschaft der Ostpreußischen Familie. Ein weiteres gemeinsames Treffen ist für 2017 vorgesehen.             Manfred Thiel

18. Juni, Hemer: 15. Treffen des Kirchspiels Ukta im Paul-Schneider-Haus, Ostenschlahstraße 2, 58675 Hemer ab 8.30 Uhr. Der Festgottesdienst findet um 11 Uhr statt. Anschließend besteht Gelegenheit, Erinnerungen und Neuigkeiten auszutauschen. Für das leibliche Wohl werden in bewährter Weise Norbert Kratz und Friedhelm Hoffmann sorgen. Weitere Informationen: Rolf W. Krause, Alte Poststraße 12, 42555 Velbert, Telefon (02052) 1309.

 

TILSIT-RAGNIT

Kreisvertreter: Dieter Neukamm, Am Rosenbaum 48, 51570 Windeck, Telefon (02243) 2999, Fax (02243) 844199. Geschäftsstelle: Winfried Knocks, Varenhorst-straße 17, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2309, E-Mail: WinfriedKnocks@aol.com

Ausführlich diskutierten die Kreistagsmitglieder in Gera über eine weitere Bezuschussung des „Hauses Schillen“. Es handelt sich hier um das ehemalige Gutshaus Erzberger in Schillen, das seit der politischen Wende 1990 mit viel Aufwand und Mühe Stück für Stück renoviert und zu einer bescheidenen Pension umgebaut wurde. Der leider verstorbene Walter Klink, Kirchspielvertreter von Schillen, hatte mit seinen zweckgebundenen Sammlungen dazu beigetragen, dass das Haus sich zu dem entwickeln konnte, als das es sich heute präsentiert. Er bat um Spenden zum Um- und Anbau, für Reparaturen und Verschönerungen – alles, wie gesagt, zweckgebundene Gelder-, allein für das Haus Schillen.

Besonders der Vorsitzende und Kreisvertreter Dieter Neukamm setzte sich in der Diskussion dafür ein, die Arbeit von Walter Klink fortzusetzen. Es wurde darauf hingewiesen, dass das Haus für jeden Ostpreußenreisenden offensteht. Für ein geringes Entgelt kann man in diesem Haus übernachten und essen. Am Ende stand ein einstimmiges Votum für die weitere Unterstützung des Hauses Schillen.

Geschäftsführer Winfried Knocks wies in seinem Bericht auf die rückläufigen Mitgliederzahlen und die für die weitere Entwicklung ungünstige Altersstruktur der Kreisgemeinschaft Tilsit-Ragnit hin. Er stellte die Frage in den Raum, ob angesichts dieser Fakten an der derzeitigen Organisationsform festgehalten werden kann.

„Die Spendeneingänge sind zwar auch rückläufig, die Mindereinnahmen konnten in 2015 aber durch eine sparsame Haushaltsführung ausgeglichen werden“, stellte Schatzmeister Helmut Subroweit fest. Da der Druck und Versand des Heimatbriefes „Land an der Memel“ hohe Kosten verursacht, bat der Schatzmeister die Kreistagsmitglieder um Unterstützung bei der Akquisition von Spenden. Ohne die läuft nichts, stellte er abschließend heraus.

In den Berichten der Kirchspielvertreterinnen und Kirchspielvertreter wurde die Schwierigkeit deutlich, alle Mitglieder zu erreichen, da viele bereits in Altenheimen leben. Es wurde aber auch von der Freude und Dankbarkeit berichtet, die bei Kontakten mit den Mitgliedern entstehen.           Winfried Knocks 

 

TILSIT–STADT

Stadtvertreter: Hans Dzieran, Stadtgemeinschaft Tilsit, Postfach 241, 09002 Chemnitz. Geschäftsführer: Manfred Urbschat, E-Mail: info@tilsit-stadt.de.

Das nächste Schultreffen findet vom 5. bis 8. Juni in Bad Bevensen statt. Anreise am 5. Juni, möglichst schon zu einem gemeinsamen Kaffeetrinken. Am 6. Juni um 10 Uhr Besprechung im kleinen Salon des Hotels. Die weitere Gestaltung für den 6. und 7. Juni kann ich erst an Ort und Stelle planen. Dafür komme ich zwei Tage früher. Abreise ist am 8. Juni.

Wer am 5. Juni ankommt braucht also drei Übernachtungen. Anmeldung im Hotel Berlin bis zum 31. März, Stichwort KLS. Kostenfreie Stornierung ist bis 11. April möglich. Anschrift: Hotel Berlin, Alter Wiesenweg 11, 29549 Bad Bevensen. Telefon (05821) 5060. Zimmerpreise: Doppelzimmer im Hochparterre mit Nordbalkon 98 Euro, mit Südbalkon 108 Euro. Einzelzimmer mit Nordbalkon 58 Euro. Pro Übernachtung kommen drei Euro Kurtaxe dazu. Auf Wunsch kann vom Hotel eine Reiserücktrittsversicherung vermittelt werden.

Es sei auch noch an die Möglichkeit erinnert, bei der Bahn eine Umsteigehilfe zu beantragen unter Telefon (01805) 512512. Das Hotel „Berlin“ bietet außerdem einen Hol- und Bringeservice an. Er gilt unter anderem für Berlin, Bremen, Hamburg, Hannover. Wer daran interessiert ist, müßte sich mit dem Hotel in Verbindung setzen.         Vera Jawtusch,

                 Schulsprecherin

 

TREUBURG

Kreisvertreterin: Ingrid Meyer-Huwe, Heinrich-Heine-Straße 51, 30173 Hannover, Telefon/Fax (0511) 884928, E-Mail: eusebius@kabelmail.de. Geschäftsführerin: Irmgard Klink, Schlehdornweg 30, 47647 Kerken, Telefon (02833) 3984 (Fax: 3970), iklink@gmx.de. www.treuburg.de. Ansprechpartnerin in Ostpreußen: Hannelore Muraczewska, Wisniowa 1, PL 19-400 Olecko, Telefon (0048) 875 20-3180.

Das Treuburger Hauptkreistreffen 2016 mit allen Dörfern findet im Eurostrand-Resort Lüneburger Heide, Bruchweg 11, 27389 Fintel, statt. Bahnhof: Lauenbrück, Taxi Cordes (Fintel) Telefon (04265) 1503), Taxi Dreyer (Scheeßel/Lauenbrück) Telefon (04263) 872. Festtag: Donnerstag, 2. Juni 2016 um 10 Uhr in der Tropic-Halle.

Wir laden Sie ganz herzlich ein, in dieser Runde von Ihren Kinder- und Jugendtagen zu berichten. Wir laden aber auch ganz besonders die Jüngeren ein, Verbindungen zu knüpfen und Bekannte ihrer Eltern zu treffen. Kommen Sie alle – ob jung oder alt. Organisatorin: Gabriele Janßen, St.-Barbara-Weg 4B, 47647 Kerken, Telefon (02833) 3228, janssen.53@web.de


S. 17-19 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BUND JUNGES OSTPREUSSEN

Vorsitzender: Marius Jungk, Gst.: Buchtstr. 4, 22087 Hamburg, Tel.: (040) 4140080, E-Post: kontakt@junge-ostpreussen.de, www.junge-ostpreu­ssen.de.

Sonntag, 19. Juni: Kleines Ostpreußen- und Schlesiertreffen auf Schloss Burg bei Solingen. Der BJO nimmt mit einem Infostand teil. Beginn der Veranstaltung: 11 Uhr, Kundgebung: 14 Uhr.

Freitag, 24. bis Sonntag, 26. Juni: Wanderwochenende zur Ostpreußenhütte im Salzburger Land. Infos: www.junge-ostpreussen.de/ 47-0-Aktivitaeten.html

Montag, 8., bis Sonntag, 21. August: BJO-Sommerfahrt ins Memelland. Weitere Informationen: www.junge-ostpreussen.de/47-0-Aktivitaeten.html

Freitag, 30. September, bis Montag, 3. Oktober: BJO-Herbstseminar und BJO-Bundestreffen. Informationen: www.facebook.com /events/1032910313418878/

Donnerstag, 24., bis Sonntag, 27. November: Adventstreffen im ostpreußischen Osterode. Informationen: www.junge-ostpreus-sen.de/47-0-Aktivitaeten.html

Donnerstag, 29. Dezember, bis Dienstag, 3. Januar: Silvesterfahrt nach Ostpreußen: Informationen: www.junge-ostpreussen.de/47-0-Aktivitaeten.html

 

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Landesgruppe – Sonnabend, 28. Mai, 9.45 Uhr Hotel Wartburg, Lange Straße 49: Landesfrauentagung. Der Vormittag ist der Arbeitstagung mit Berichten der Landesfrauenreferentin und der Frauengruppenleiterinnen gewidmet. Ab 14 Uhr beginnt der kulturelle Teil der Frauentagung. Ulla Gehm spricht über den Königsberger Dom und das Schloß. Uta Lüttich hält einen Vortrag zum 100. Geburtstag von Ruth Geede sowie über Erminia von Olvers-Batrocki. Die Veranstaltung endet gegen 17.30 Uhr. Mitglieder der Landsmannschaften Ostpreußen und Westpreußen, die Stuttgarter Frauengruppe und Gäste sind herzlich eingeladen. Anmeldung bei Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon (0711) 854093.

Ulm/Neu Ulm – Sonnabend, 11. Juni, 14.30 Uhr, Ulmer Stuben: Monatliches Treffen.

– Bericht –

Einige Mitglieder können aus Gesundheitsgründen nicht mehr an den Treffen teilnehmen, etliche haben gekündigt, und viele sind in der ewigen Heimat angekommen. Es war in der Jahreshauptversammlung daher zu überlegen, ob und wie die Arbeit  fortgesetzt werden kann.

Nach lebhafter Diskussion wurde beschlossen, die Kreisgruppe bis zum Ende 2016 weiterzuführen. Es werden 2016 noch ein Erntefest und eine Weihnachtsfeier veranstaltet. Die Tätigkeit der Kreisgruppe Ulm/Neu-Ulm endet zum 31. Dezember 2016. Weitere Treffen können in Form eines Freundeskreises stattfinden. Da dann keine Einnahmen mehr bestehen, gibt es ab 2017 auch kein Mitteilungsblatt mehr.

Der Vorstand dankt allen Mitgliedern und Freunden für die Teilnahme an unseren Veranstaltungen und für die Treue zu unserer Ostpreußischen Landsmannschaft. Unseren Kranken wünschen wir baldige Genesung. Wir wünschen Ihnen allen viel Freude und eine schöne Sommerzeit und hoffen, Sie bei unseren Veranstaltungen zahlreich begrüßen zu können.

                Hans Jürgen Jahnke

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Altmühltal – Sonnabend, 11. Juni: Tagesausflug nach Mödlareuth an der ehemaligen Zonengrenze mit Besuch des Deutsch-Deutschen Museums. Gemeinsame Fahrt im Reisebus. Auskunft und Anmeldung bei Landsmann Bethke, Telefon (09831) 80061.

Bamberg – Mittwoch, 15. Juni, 15 Uhr, Hotel Wilde Rose, Keßlerstraße: „Insterburg in Ostpreußen“ – Vortrag.

Landshut – Dienstag, 7. Juni: Ausflug mit eigenen Pkw zum Wendelstein (1838 Meter) im Mangfallgebirge.

München – Freitag, 10, Juni, 14 Uhr, Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, 81669 München: Treffen der Frauengruppe. –  Sonnabend, 18. Juni, 14.30 Uhr, Haus des Deutschen Ostens: „Der deutsche Osten in alten Bildern“ – Filmvorführung. Zu Beginn wird es eine gemeinsame Kaffeetafel geben.

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Bartenstein – Treffen der Gruppe. Anfragen bitte an Elfi Fortange, Telefon 4944404, richten.

Tilsit-Ragnit, Tilsit-Stadt – Sonnabend, 28. Mai, 15 Uhr, Ratskeller Charlottenburg, Otto-Suhr-Allee 102, 10585 Berlin, Anfragen bei Hermann Trilus, Telefon (03303) 403881.

Gumbinnen – Donnerstag, 2. Juni, 13 Uhr, Restaurant „Mazedonia“, Hans-Sachs-Straße 41, 12205 Berlin (direkt am S-Bahnhof Lichterfelde). Gemeinsames Treffen. Informationen: Joseph Lirche, Senftenberger Ring 52 d, 13435 Berlin, Telefon (030) 4032681.

Frauengruppe – Mittwoch, 8. Juni, 13.30 Uhr, Pflegestützpunkt, Wilhelmstraße 116–117, 10963 Berlin: Das Thema steht noch nicht fest. Anfragen bei Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Gumbinnen, Johannisburg, Lötzen, Sensburg – Dienstag, 21. Juni, 13 Uhr, Restaurant Muna, Albrechtstraße 52, 12167 Berlin: Sommerfest mit Essen. Anfragen für Gumbinnen bei Joseph Lirche, Telefon (030) 4032681, für Johannisburg und Sensburg bei Andreas Maziul, Telefon (030) 5429917, für Lötzen bei Gabriele Reiß, Telefon (030) 75635633.

 

BREMEN

Vorsitzender: Helmut Gutzeit, Telefon (0421) 25 09 29, Fax (0421) 25 01 88, Hodenberger Straße 39 b, 28355 Bremen. Stellvertrende Vorsitzende: Marita Jachens-Paul, Ratiborer Straße 48, 27578 Bremerhaven, Telefon (0471) 86176. Landesgeschäftsführer: Jörg Schulz, Am Anjes Moor 4, 27628 Uthlede, Telefon (04296) 74 77 01.

Landesgruppe – Zur Jahreshauptversammlung der Ostpreußen trafen sich Vorstandsmitglieder und Delegierte sowie ein Gast in der Bremer Geschäftsstelle des Bundes der Vertriebenen. Leider waren krankheits- und altersbedingt sowie auf Grund des Pfingstfestes etliche Landesvorstandsmitglieder und Delegierte nicht erschienen. Der Landesvorsitzende Helmut Gutzeit bedauert bei seiner Begrüßung insbesondere das Fehlen sämtlicher Vertreter der Landsmannschaft Ostpreußen und Westpreußen Bremen e. V.

Der Landesvorsitzender Helmut Gutzeit berichtet ausführlich über die wirtschaftliche Lage im nördlichen Ostpreußen, die nach Aussage einer jungen russischen Familie ausgezeichnet sei. Man könne – sofern das entsprechende Geld vorhanden ist – alles kaufen. Sogar das deutsche Fernsehprogramm könne man empfangen! Der südliche Teil Ostpreußens werde leider von relativ wenigen Touristen besucht. Trotzdem ist sich Gutzeit sicher: „Ostpreußen lebt!“.

Die Vertreterin der verhinderten Frauenreferentin bedauert ebenso wie alle anderen Sitzungsteilnehmer die steigende Zahl an alters- oder krankheitsbedingten Abgängen. Auf jeden Fall werde man sich auch weiterhin regelmäßig treffen – „so lange, wie es eben geht“ – jedoch sollen zukünftig keine Fahrten mehr unternommen werden.

Die Jahreshauptversammlung entlastet einstimmig den Vorstand der Landesgruppe Bremen, Jörg Schulz, der Vorsitzende der Nordbremer Gruppe, lud ein zur 60-Jahr-Feier am 28. Mai. Das Durchschnittsalter seiner 42 Mitglieder sei 87 Jahre! Sein Vorstand habe einstimmig beschlossen, die Ortsgruppe aufzulösen, wenn die Mitgliederzahl auf unter 20 Personen sinkt. Danach werde man nur noch als lose Gruppe weiterarbeiten. Auch die Vorsitzende Marita Jachens-Paul von der Bremerhavener Gruppe beklagt das schwindende Interesse auf Grund des hohen Alters der Mitglieder.

Eine mündliche Einladung ergeht zum Stiftungsfest der Bremerhavener Ostpreußen am Donnerstag, dem 13. Oktober, dem Gründungstag vor 90 Jahren. Wenn auch die Anzahl der Vorstandsmitglieder aus Krankheitsgründen geschrumpft ist, so werde man alles daran setzen, die 90. Wiederkehr der Gründung 1926 in einem stimmungsvollen und würdigen Rahmen zu feiern. Die Bremerhavener Gruppe umfasst 49 Mitglieder.

Landesvorsitzender Helmut Gutzeit erklärt in einer persönlichen Erklärung, dass er sich ab sofort aus gesundheitlichen Gründen von der aktiven Arbeit zurückziehen und auf der Jahres-hauptversammlung 2017 nicht wieder für das Amt des Bremer Landesvorsitzenden kandidieren werde.

Der Landes-Kulturwart der Ostpreußen und neu gewählte Landesvorsitzenden des Bremer „Bundes der Vertriebenen“, Jens Ulrich Fischer, stehe Gutzeit schon seit einiger Zeit zur Seite, und dieser würde ihn gern als seinen Nachfolger im Amt des Landesvorsitzenden sehen. Gutzeit wird Fischer im Laufe des Jahres 2016 in alle Amtsgeschäfte einweisen, so dass 2017 ein nahtloser Übergang erfolgen könnte.

Jens Ulrich Fischer informierte, dass er vor kurzem eine Facebook-Seite eingerichtet habe, auf der die Bremer Ostpreußen gut dargestellt sind. Auch ein wichtiger Termin wurde bekanntgegeben: Der Bremer „Tag der Heimat“ des BdV findet am 24. September im Bremer Flughafenhotel statt.

Die Jahreshauptversammlung 2016 schloss mit dem Dank des Landesvorsitzender Helmut Gutzeit an alle Beteiligten für die zügige Abwicklung der Tagesordnungspunkte und dem Singen des Ostpreußenliedes.

                Barbara Sandmann

Bremen – Zum Kulturnachmittag der Landsmannschaft Ost-, Westpreußen und des Heimatkreises Elbing im Barlachhaus begrüßte die Vorsitzende Marita Jachens-Paul die 24 Teilnehmer und überbrachte auch die Grüße des Landesvorsitzenden Helmut Gutzeit, Bremen. Die Vorsitzende berichtet vom schweren Schicksal der Malerin Inge Kies, deren Wohnhaus vor kurzem teilweise abgebrannt, kontaminiert und dadurch unbewohnbar geworden war und die außerdem noch von einer Katze gebissen wurde, so dass sie einige Zeit im Krankenhaus verbringen musste. Sie ist dort von Vorstandsmitgliedern besucht worden.

Nach dem Kaffeetrinken wurde vom Kassenwart Wolfgang Paul der Film „Trutzige Burgen, Ritterorden und kristallklare Seen“ gezeigt, der das Leben in Ostpreußen vor dem 2. Weltkrieg zeigt. Ostpreußen wurde im Jahre 1225 dem Deutschen Orden von Kaiser Friedrich II zum Zwecke der Ostkolonisation übereignet, was von Papst Honorius III bestätigt wurde. Es war über die Säkularisierung (1725) hinaus bis zum Ende des 1. Weltkriegs deutsches Siedlungsgebiet. Trotz des positiven Ergebnisses bei der Volksabstimmung 1922 zum Verbleib im Deutschen Reich kamen Teile Ostpreußens zu Polen, als der Polnische Korridor und die Freie Stadt Danzig gebildet wurden.

Der Film zeigt die herrliche Landschaft, alte Techniken in der Landwirtschaft, Erntebräuche und viele Orte, die den Anwesenden größtenteils noch in Erinnerung waren. Marita Jachens-Paul versprach, den zweiten Teil der jeweils etwa 50-minütigen Film-Serie an einem der nächsten Kulturnachmittage vorzuführen.

Den acht Geburtstagskindern Müller, Wedell, Tessarzik, Tieste, Graca (alle März) und Till, Tiedemann und Weidmann (April) wurde das Gedicht „Gelebtes Leben“ aus einem Buch von Elli Michler gewidmet. Ebenfalls im April hatte der Komponist des Ostpreußenliedes „Land der dunklen Wälder“, Herbert Brust, Geburtstag. Sein Grab auf dem Schiffdorfer Friedhof wurde schon öfters von den Bremerhavener Ostpreußen besucht und in früheren Zeiten auch gepflegt. Marita Jachens-Paul verlas einen ausführlichen Bericht aus der Nordsee-Zeitung über das Leben und Wirken von Professor Brust, der an zwei Geestemünder Gymnasien gelehrt hatte.

Weiterhin las sie einen Bericht aus dem Ostpreußen-Blatt vom 29. April über das Ostpreußische Landesmuseum in Warendorf, dessen Besuch sie allen Anwesenden empfahl.

Die Vorsitzende erinnerte auch an das 90. Jubiläum der Bremerhavener Landsmannschaft. Es soll ausnahmsweise nicht am traditionellen letzten Freitag eines Monats gefeiert werden, sondern bereits am Donnerstag, dem 13. Oktober, dem Gründungstag von 1926. Sie bittet die Mitglieder um Mithilfe bei der Planung und Durchführung des Jubiläums, denn „Wir alle tragen die Heimat im Herzen“.

Marita Jachens-Paul las dann noch zwei Geschichten aus einem Buch über ostpreußische Sagen und Märchen vor. Das stehend gesungene Westpreußenlied beendet nach den Schlussworten der Vorsitzenden den Kulturnachmittag.

                Barbara Sandmann,

                Stellvertretende Vorsitzende

– Zum Vormerken –

Die Termine der Gruppe Bremen für 2016:

24. Juni: Sommerfest mit Grillen

Juli /August: Sommerpause. Der für die Sommerpause vorgesehene Besuch des Seefisch-Kochstudios im Fischereihafen fällt aus wegen des zu hohen Eintrittspreises. 

23. September: Erntedankfeier

13. Oktober: 90-Jahr-Feier der Landsmannschaft, Beginn ist bereits um 13 Uhr, der Kulturnachmittag am 28, Oktober entfällt aufgrund der vorgezogenen Feiter

11. November; Kulturnachmittag

9. Dezember: Adventfeier

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Haus der Heimat, Teilfeld 8, 20459 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

KREISGRUPPEN

Gumbinnen – Sonnabend, 11. Juni, 14 Uhr, Traditionshaus Lackemann, Litzowstieg 8, 22041 Hamburg: Heimatnachmittag. Neuordnung der Heimatkreisgruppe Gumbinnen. Für ein abwechslungsreiches Programm mit Filmvorführung ist gesorgt. Über jeden neuen Gast würden wir uns sehr freuen. Das Haus Lackemann ist mit der U1 bis Wandsbek Markt gut zu erreichen. Zwischen dem Einkaufszentrum Quarree und dem Hotel Thiefenthal den Durchgang „Hinterm Stern“ nehmen, dann sind es nur wenige Schritte zum Restaurant. Für Pkw-Anreisende Parkhaus 2.

Heiligenbeil – Die Kreisgruppe Heiligenbeil feiert ihr Sommerfest am 18. Juni, um 14 Uhr, im AWO Seniorentreff, Am Gojenboom 46, in den neuen Räumen der AWO, im Stadtteilhaus „Horner Freiheit“. Die Mitglieder der Gruppe wollen ihr „Neues Domizil“ mit allen ihren Freunden und Gästen gebührend feiern. Bei Kaffee und Kuchen, wollen wir in geselliger Runde mit Ihnen einige fröhliche und besinnliche Stunden miteinander verbringen.

Sie erreichen den AWO Seniorentreff mit der U3 Richtung Billstedt/Mümmelmannsberg, bis Horner Rennbahn, hier den Ausgang, Am Gojenboom benutzen, direkt daneben ist das Stadtteilhaus „Horner Freiheit“, für Rollstuhlfahrer und Rollatoren gibt es einen Fahrstuhl, der zum Einkaufszentrum hinaufführt, hier sind es dann einige Minuten Fußweg bis zum Stadtteilhaus Am Gojenboom 46, zu gehen.

Insterburg, Sensburg – Die Heimatkreisgruppe trifft sich jeden ersten Mittwoch im Monat (außer im Januar und im Juli) zum Singen und einem kulturellem Programm um 12 Uhr, Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123–125. Kontakt: Manfred Samel, Fried-rich-Ebert-Straße 69b, 22459 Hamburg. Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de

 

HESSEN

Vorsitzender: Ulrich Bonk, Stellvertretender Vorsitzender: Gerhard Schröder, Engelmühlenweg 3, 64367 Mühltal, Telefon (06151) 148788

Kassel – Donnerstag, 2. Juni, 14.30 Uhr, AWO-Heim Am Wehrturm 3: Vortrag von Egmond Prill: „Blickpunkt Israel – ein interessantes und merkwürdiges Land“.

Wiesbaden – Dienstag, 14. Juni, 14.30 Uhr, Wappensaal, Haus der Heimat, Friedrichstraße 35: Heimatnachmittag der Frauengruppe.

 

MECKLENBURG-VORPOMMERN

Vorsitzender: Manfred F. Schukat, Hirtenstraße 7 a, 17389 Anklam, Telefon (03971) 245688.

Parchim – An jedem dritten Donnerstag, 14.30 Uhr, Café Würfel, Scharnhorststraße 2: Treffen der Kreisgruppe. Gemütlicher Nachmittag, um über Erinnerungen zu sprechen, zu singen und zu lachen. Informationen: Charlotte Meyer, Kleine Kemenadenstraße 4, 19370 Parchim, Telefon (03871) 213545

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Helmstedt – Donnerstag, 9. Juni, 15 Uhr Begegnungsstätte, Schützenwall 4: Treffen der Gruppe.

Osnabrück – Freitag, 17. Juni, 15 Uhr, Gaststätte Bürgerbräu, Blumenhaller Weg 43: Treffen der Frauengruppe,

Rinteln – Donnerstag, 9. Juni, 15 Uhr, Hotel Stadt Kassel, Klosterstraße 42, 31737 Rinteln: Beim Monatstreffen der Gruppe wird der Vorsitzende des Rintelner Seniorenbeirats, Eckard Strohmeier, über „Neues und Aktuelles aus Rinteln“ berichten. Angehörige und Freunde sowie interessierte Gäste sind ebenfalls herzlich willkommen. Auskünfte und Informationen zur landsmannschaftlichen Arbeit der Gruppe gibt es beim Vorsitzenden Joachim Rebuschat unter Telefon (05751) 53 86 oder über: rebuschat@web.de

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Landesgruppe – Die Kulturveranstaltung der Landsmannschaften der Schlesier und Ostpreußen, Landesgruppen NRW, findet am 19. Juni auf Schloss Burg statt.

Bad Godesberg – Jeweils am ersten Mittwoch des Monats,

15 Uhr, Erkerzimmer, Stadthalle: Treffen der Frauengruppe. – Jeweils am dritten Mittwoch des Monats, 15 Uhr, Erkerzimmer: Stammtisch. Gäste herzlich willkommen.

Bielefeld – Donnerstag, 2. Juni, 15 Uhr, Räumlichkeiten der Ostdeutschen Landsmannschaften, Wilhelmstraße 1b, 33602 Bielefeld: Gesprächskreis der Königsberger und Freunde der ostpreußischen Hauptstadt. – Montag, 6. Juni, 15 Uhr, Räumlichkeiten der Ostdeutschen Landsmannschaften: Frauengruppe. – Donnerstag, 16. Juni, 15 Uhr, Räumlichkeiten der Ostdeutschen Landsmannschaften: Heimatliteraturkreis.

– Ankündigung –

Die Kreisgruppe bietet eine Busfahrt zum großen Heimattreffen der Ostpreußen und Schlesier nach Schloß Burg an der Wupper am Sonntag, 19. Juni, an. Alle schlesischen Landsleute sind herzlich eingeladen sich zu beteiligen. Es gibt folgende Zustiegsmöglichkeiten:

8.30 Uhr: Abfahrt bei Busunternehmen Dieckhake in der Friedhofstraße in Steinhagen.

9 Uhr: Bielefeld Brunnenstraße am Theater

9.30 Uhr: Oerlinghausen

Der Endpreis richtet sich nach der Gesamtteilnehmerzahl und wird zwischen 10 und 20 Euro betragen. Anmeldung beziehungsweise weitere Informationen unter Telefon (05202) 5584.

Bonn – Dienstag, 7. Juni, 18 Uhr, Haus am Rhein, Elsa-Brandström-Straße 74: „Deutschlands neue Fremde – Das aktuelle Asyl- und Flüchtlingsrecht – Fragen nach Umsetzung und Auswirkung.

Düsseldorf – Jeden Mittwoch, 18.30 Uhr, Eichendorffsaal, Gerhart-Hauptmann-Haus (GHH), Bismarckstraße 90: Probe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft Ostpreußen-Westpreußen-Sudetenland unter der Leitung von Radostina Hristova. – Mittwoch, 1. Juni, 19 Uhr, GHH/Raum 412: Vortrag von Arnd Kolb über den Verein Domid in Köln (Konzept eines Migrationsmuseums). – Sonnabend, 4. Juni, 11 Uhr, Infostand Hauptbahnhof: Wandertreff. – Mittwoch, 8. Juni, 19 Uhr, GHH/Raum 412 „Ostpreußen“: Vortrag von Dr. Jürgen Nelles: „Starke Frauen oder schwaches Geschlecht?“ – Gerhart Hauptmanns Heldinnen. Literarische Werke, die anschließend im Mittelpunkt stehen werden. – Donnerstag, 9. Juni, 19 Uhr, Konferenzraum, GHH: „Gorbatschow – Mensch und Macht“ – Lesung und Gespräch mit Giörgy Dalos –  Freitag, 10. Juni, 18 Uhr: Restaurant Lauren’s, Bismarckstraße 62: Stammtisch. – Donnerstag, 16, Juni, 9 Uhr, Busbahnhof Worringer Straße: Tagesfahrt ins Westfälische Freilichtmuseum Hagen und zum Sorpe See im Naturpark Homert im Hochsauerland. – Donnerstag, 16. Juni, 19 Uhr, Raum 412, GHH: Offenes Singen mit Marion Cals. – Freitag, 17. Juni, 19 Uhr, Eichendorff-Saal, GHH: „Heimat – Heimatliebe, Heimatsehnsucht, Heimatweh“ – Musikalische Lesung mit der Sängerin Isabell Kusari.

Gütersloh – Sonnabend, 11. Juni, 13 Uhr, Kapellenschule, Dr.-Th.Plaßmann-Weg 10, Avenwedde-Amt: Fahrradtour in die nähere Umgebung. Um leckeren Kuchen und eine Thermoskanne mit Kaffee wird gebeten. Das anschließende Grillen beginnt etwa um 18 Uhr an der Kapellenschule. Anmeldung bei Josef Block, Telefon (05241) 34841 oder Marianne Bartnik, (05241) 29211. – Donnerstag, 16. Juni, 15 Uhr, Café Villa Dr. Murken, Neuenkirchener Straße 12: Treffen der Frauengruppe.

– Sänger gesucht –

Das Treffen des ostpreußischen Singkreises findet montags von 15 bis 17 Uhr in der Elly-Heuss-Knapp-Realschule, Moltkestraße 13, 33330 Gütersloh in unregelmäßigen Abständen statt. Neue „Drosseln“ sind immer gerne willkomenn, egal ob männliche oder weiblich. Kontakt: Renate Thamm, Telefon (05241) 40422.

Wuppertal – Sonnabend, 28. Mai, 14 Uhr: 6. Ostpreußisches Maifest, Stennert 8, Alte Färberei in Wuppertal-Oberbarmen. Es wirken mit: Musiker Christoph Marr, Chorfreunde Wuppertal unter Leitung von Marharyta, Mundharmonika-Duo Waltraud und Ulla Busch, Ritas Rasselbande, außerdem werden noch Sketche aufgeführt. Für Kaffee und Kuchen beziehungsweise Brötchen wird gesorgt. Gäste sind wie immer herzlich willkommen

 

SACHSEN

Vorsitzender: Alexander Schulz, Willy-Reinl-Straße 2, 09116 Chemnitz, E-Mail: alexander.schulz-agentur@gmx.de, Telefon (0371) 301616.

Landesgruppe – Sonnabend, 4. Juni, 10 Uhr (Einlass ab 9 Uhr), Saal des „Kleingartenvereins Seilbahn“, Max-Liebermann-Straße 91–93, 04157 Leipzig: 4. Heimattreffen. Kulturelle Höhepunkte sind der Auftritt des „Ensemble Sonnenschein“, des „Männerchores Leipzig-Nord“ sowie von Rosa & Peter Wegelin. Für das leibliche Wohl ist gesorgt. Nähere Auskünfte:  Eberhard Grashoff, Telefon: (0341) 9010730, E-Mail.: ebs.grashoff@web.de

Limbach-Oberfrohna – Am 7. Mai lockte das herrliche Wetter unsere Landsleute und Gäste zu unserer Veranstaltung, dem Heimatnachmittag, in das Esche-Museum. Der Vorsitzende Reinhard Gerullis begrüßte alle Teilnehmer und freute sich, dass unser Saal bis auf den letzten Stuhl besetzt war. Alexander Schulz, als Vorsitzender der Landesgruppe, wurde besonders herzlich begrüßt, ebenso die Teilnehmer aus Johanngeorgenstadt und Leipzig, die eine besonders weite Anreise auf sich genommen hatten.

Flucht, Vertreibung und Integration standen im Mittelpunkt dieses Heimatnachmittages. Der Saal war mit vielen leuchtenden Frühlingsblumen geschmückt und mit angefertigtem Tischschmuck verschönert. Passend zum Thema hatte Irmgard Gläser ihre ostpreußischen Handarbeiten ausgestellt.

Zu Beginn trug Elli Springwald das Gedicht „Heimatmelodie“ von Hildegard Rauschenbach vor. Die kleine Maja Büchner, in einem herrlichen Dirndlkleid überraschte mit einem herzerfrischenden Sologesang des Ostpreußenliedes. Mit ihrer klaren hellen Stimme und der musikalischen Unterstützung von Kurt Weihe sorgte Maja für großes Staunen und Begeisterung. Es gab viel Lob für diese wunderbare Einlage.

Horst Braczko sprach nun über persönlichen Erlebnisse der Flucht und Vertreibung aus seiner Heimat Ostpreußen. Sein Fluchtweg führte über das frische Haff. Mit viel Wehmut und Abschiedsschmerz hat er sich auf den Weg gemacht. Er war der Allerletzte, der den Heimatort verlassen hat. Wir waren alle von seinen Schilderungen des traurigen Schicksals berührt. In Meinsdorf bei Limbach-Oberfrohna fand die Familie ein neues zu Hause. Die Integration in Sachsen war schwer und erforderte viel Kraft. Mit Fleiß, Bescheidenheit und Einsatz hat sich Braczko eine neue Existenz geschaffen. Er ist bescheiden, rück-sichtsvoll und hilfsbereit. Mit seinen Ideen und seiner Tatkraft unterstützt er unsere ehrenamtliche Arbeit beispielhaft. Wir sind froh und glücklich ihn in der Gruppe zu haben.

Helga Büchner kam auch mit ihrer Familie über das frische Haff und berichtete über ihre Erlebnisse. Wir waren erschüttert bei dem Gedanken im Eis einzubrechen und in großer Kälte zu ertrinken. Sie denkt noch heute oft an die Worte ihrer Mutter – „wenn das Eis bricht, dann halten wir uns auch weiter ganz fest an den Händen und werden gemeinsam untergehen“. Aber mit äußerster Kraft haben sie es auch geschafft.  Sie kamen in Limbach-Oberfrohna an und fanden ihr neues Zuhause. Helga Büchner arbeitet aktiv mit bei der Vorbereitung und Durchführung unserer Veranstaltungen. Ihre Erlebnisse haben sie stark gemacht.

Nach dem Gedicht „Meine Heimat“ vorgetragen von Hannelore Kedzierski, folgte eine Pause. Bei Kaffee und einem kleinen Imbiss wurde plachandert. Danach berichtete Jürgen Scheffler über seine Flucht aus der Heimat. Da er selbst noch ein kleines Kind war, schilderte er, was ihm die Eltern berichtet hatten. Er sprach auch über die Integration und die Schwierigkeiten ein neues Zuhause in Sachsen aufzubauen. Der ständige Hunger gehörte für ihn zu den prägenden Erlebnissen der schweren Nachkriegsjahre. Mit Fleiß und Ausdauer erlernte er einen guten Beruf und schloss sein Studium als Diplom-Ingenieur ab. Scheffler arbeitet aktiv im Vorstand unserer Gruppe mit. Er schreibt gute Artikel unsere unserer Arbeit in den regionalen Zeitungen wie dem „Stadtspiegel“. Wir sind froh und stolz auf ihn.

Nach dem Bericht trug Irmgard Gläser das Gedicht „Der letzte Treck“ vor. Mit der musikalischen Unterstützung von Kurt Weihe wurden dann Heimat- und Frühlingslieder gesungen. Was allen sichtlich große Freude bereitete. Alle aktiven Mitarbeiter erhielten zudem vom Vorsitzenden Reinhard Gerullis für ihre aktive Mitarbeit eine ehrenvolle Anerkennung.  Es folgten noch ein Gedicht und einige Informationen bevor Reinhard Gerullis uns allen einen guten Heimweg und beste Gesundheit bis zum nächsten Heimatnachmittag wünschte. Ein besonderer Dank gilt den Kindern und Enkeln der Familie Weihe, die uns tatkräftig bei dieser Veranstaltung unterstützen.

                Hannelore Kedzierski

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle,  Telefon privat (0345) 2080680.

Magdeburg – Dienstag, 7. Juni, 13 Uhr, Immermannstraße: Treffen der Stickerchen. – Freitag, 10. Juni, 16 Uhr, TuS Zielitzer Straße: Treffen des Singekreises. – Sonntag, 12. Juni, 14 Uhr: Treffen zum Thema „Lesenswert – Heimatliteratur“.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner. Geschäftsstelle: Telefon (0431) 554758, Wilhelminenstr. 47/49, 24103 Kiel.

Bad Oldesloe – Die Mai-Runde der Ost- und Westpreußen begann mit „Der Mai ist gekommen“. Die Vorsitzende hatte Texte von Agnes Miegel mitgebracht, die sie in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts für die Königsberger Zeitung geschrieben hatte. Anni Piorreck hatte diese Texte aufgespürt und in einem Büchlein zusammengestellt. Die Teilnehmer hörten einen Beitrag über einen Sonntagsausflug der Königsberger in die Umgebung. Da wurden Erinnerungen lebendig: das Warten auf den Zug, das Drängeln durch die Sperre. Und die oft gehörten Sprüche: „Lieschen, den Schirm!“ „Fritzchen, dein Mantel schleppt.“ „Papa, hast auch die Fahrkarten?“

Nach dem Kaffeetrinken im „Forsthaus“ wurde im Kampf gegen unzählige Mückenschwärme gewandert. Dann erreichte man müde den „Zug um Sieben“ und landete auf dem heimatlichen Bahnhof. „Ist ganz schön, aber zu Hause ist am besten“, stellte Vater zum Schluss fest. Katharina Makarowski las zum Ausklang des Nachmittags die Gedichte „Heimat“ und „Bauer bleibt Bauer“.  Geburtstagskinder des Monats waren Boris Makarowski und Georg Baltrusch.                 Gisela Brauer

Flensburg – Freitag, 3. Juni, 12 Uhr, Spargelessen in den „Delfter Stuben“, Flensburg-Mürwik

Neumünster – Am 11. Mai fand die heimatliche Veranstaltung der Kreisgruppe statt. Eine Fülle von Mai-Liedern wurde gesungen. Lustige Beiträge vorgetragen von Hildegard Henning strapazierten die Lachmuskeln. Viel schnell endete der bunte Nachmittag.

– Ankündigung –

Die nächste Mitglieder und Gäste findet am 13. Juli um 15 Uhr in der Stadthalle am Kleinflecken statt. Der Leiter einer Firma für Orthopädie-Technik wird über verschiedene Möglichkeiten berichten,  Senioren mit gesundheitlichen Einschränkungen zu helfen.

 

THÜRINGEN

Vors.: Edeltraut Dietel, August-Bebel-Straße 8 b, 07980 Berga an der Elster, Tel. (036623) 231414.

Eisenach – Dienstag, 14. Juni, 14.30 Uhr, Rot-Kreuz-Weg 1: Heimatnachmittag.

Meiningen – Freitag, 10. Juni, 14 Uhr, „Wolkenlos“: Sommerfest der Ostpreußen.

Schmalkalden – Donnerstag, 2. Juni, 14 Uhr, Club der Volkssolidarität: Heimatnachmittag der Gruppe „Immanuel Kant“.


S. 20 Heimatarbeit

Aus dem Kreis nicht mehr wegzudenken
Ruppiges Wetter, herzliche Begegnungen – Ein Arbeitsbesuch mit dem Förderverein Slawsk in Ostpreußen

Im Jahr 2002 ging die niedersächsische Grafschaft Bentheim eine Partnerschaft mit dem russischen Rayon Slawsk, dem ostpreußischen Kreis Elchniederung, ein. Die rund 100 Mitglieder des „Fördervereins Slawsk“ unterstützen diese Partnerschaft. Sie organisierten zum Beispiel Schulungen zum Thema nachhaltige Landwirtschaft in der Elchniederung.  Russische Deutschlehrer und Studenten konnten in einem Fortbildungsprojekt ihre Deutschkenntnisse in der Grafschaft vertiefen. Vielfach reisen Mitglieder des Fördervereins auch in die Elchniederung, um die weitere Zusammenarbeit zu besprechen und um Spenden zu übergeben. Vom jüngsten Arbeitsbesuch berichtet das Fördervereinsmitglied Ralf Möllering aus Melle.

Am 16. April machten sich Helga und Jürgen Stoßberg, Renate und Eberhard Grzmehle sowie Galina und Ralf Möllering für einen einwöchigen Arbeitsbesuch auf den Weg in den Partnerschaftskreis. Das Wetter meinte es diesmal nicht gut mit der Gruppe, lagen die Tageshöchsttemperaturen doch nur im mittleren einstelligen Bereich und waren dazu garniert mit Hagelschauern und Regenfällen.

Der guten Stimmung tat dies dennoch keinen Abbruch, denn viele besonders herzliche Begegnungen waren mehr als eine Entschädigung dafür. Beim Erreichen der Gebietshauptstadt Königsberg waren die umfangreichen Bautätigkeiten unübersehbar. Die Fußball-WM 2018 wirft ihre Schatten voraus. Dort werden einige Spiele der Vorrunde stattfinden.

Weiter in Richtung Heinrichswalde (Slawsk) fiel auf, dass kaum noch Flächen brachlagen. Viele Obstplantagen und neue Gewächshäuser waren entstanden, offensichtlich eine Folge der fragwürdigen Sanktionspolitik des Westens. Die Kreisstadt Heinrichswalde präsentierte sich recht sauber und aufgeräumt, viele Häuser, welche noch vor kurzem eher Ruinen glichen waren renoviert.

Eine erste Begegnung fand mit der Verwaltungsspitze statt. Hier gab es im Herbst letzten Jahres Veränderungen. Neuer Landrat ist Igor Rudenkow. In der Grafschaft ist er kein Unbekannter. Er war vor zwei Jahren mit der Heinrichswalder Delegation gekommen, um sich über die Landwirtschaft in Deutschland zu informieren. Zwischen ihm und mehreren Mitgliedern des Fördervereins besteht seit Jahren eine enge Freundschaft. Igor Rudenkow betreibt Landwirtschaft mit Direktvermarktung über Lebensmittelläden und Gastronomie. In der strukturarmen Region der Elchniederung hat er viele Arbeitsplätze geschaffen und einigen Familien ihr Auskommen gesichert. Rudenkow  meinte wörtlich, er sei ein schlechter Politiker. Er denke und handele im Gegensatz zu Berufspolitikern pragmatisch.

Neuer Bürgermeister und Verwaltungschef ist Konstantin Panfilow. Er stammt aus Cranz (Selenogradsk), hat seine Ausbildung an einer Militärakademie absolviert und war zuletzt für die Verwaltung in Cranz tätig. Unter mehreren Bewerbern wurde er für das Amt des Bürgermeisters und zugleich Verwaltungschefs ausgewählt.

Sowohl Landrat als auch Bürgermeister betonten, einvernehmlich zusammenarbeiten zu wollen. Dies war bekanntlich in der Vergangenheit nicht immer der Fall. Wie Bürgermeister Panfilow betonte ist es ihm ein wichtiges Anliegen, möglichst viel alte Bausubstanz zu retten. Mit Nachdruck wird derzeit daran gearbeitet, Erdgasanschlüsse für die Häuser fertigzustellen.

Nachdem Jürgen Stoßberg die Grüße von Landrat Friedrich Kethorn und der Verwaltung des Kreises Grafschaft Bentheim übermittelte und die Zielsetzung des Fördervereins darlegte erläuterte Renate Grzmehle ihre Pläne zur weiteren Intensivierung der sportlichen Aktivitäten, insbesondere solle Mannschaftssport gefördert werden.

Da auf russischer Seite immer wieder nach einem Nachfolgeprojekt für die Fortbilungen im Bereich Landwirtschaft gefragt wurde, bot Ralf Möllering Kursseminare insbesondere für Kleinbauern und Vorarbeiter an mit demZiel, die Qualität der erzeugten Produkte zum steigern.

Wie gewohnt war die Gruppe des Fördervereins nicht mit leeren Händen gekommen. Die allgemeinbildende Schule konnte mit vollständigen Trikots für mehrere Fußballmannschaften in verschiedenen Altersklassen ausgstattet werden, sehr zur Freude von Schulleiter Viktor Kisseljow.

Er wünscht sich nach wie vor sehr, deutsche Austauschschüler in seiner Schule begrüßen zu können. Die Frauensportgruppen erhielten Schwingstäbe und Nordic-Walking-Stöcke, die aus Spendenmitteln beschafft wurden. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön allen Spendern.

Es war eine Freude zu sehen, wie die Nordic-Walking-Stöcke nach vorheriger Einweisung durch Renate Grzmehle überall in der Stadt im Einsatz waren. Die Invalidengruppe erfreute sich an Brillen und Kleiderspenden. Weitere Kleiderspenden konnten dem Kreiskrankennhaus übergeben werden. Der Kindergarten und die Jugendnothilfe erfreuten sich an Sportbekleidung und Spielen. Auch hier ein herzlicher Dank den Spendern. Die örtliche Presse berichtete umfangreich über den Arbeitsbesuch, die Schlagzeile lautete: „Freundschaft auf warmen Herzen aufgebaut“. 

Die Gruppe wurde auch immer wieder von Passanten auf der Straße herzlich begrüßt begrüßt. Dies ist eine Bestätigung dafür, dass die Projekte des Fördervereins nicht nur angenommen wurden und werden, sondern dessen Arbeit im Partnerschaftskreis nicht mehr wegzudenken ist.


S. 21 Reise

Vielfach einzigartig
Im Trihotel am Schweizer Wald in Rostock betört ein Dreiklang aus Hotel, Kultur und Wellness alle Sinne

Die historische Rostocker Innenstadt ist nahe, die Ostsee schnell erreicht, und das Haus liegt direkt am Schweizer Wald, einem der schönsten Erholungsgebiete der Region. Für viele Gäste des Trihotels indes spielen solche Standortvorteile keine Rolle. Sie kommen nämlich mit der festen Absicht hierher – und das oftmals immer wieder –, das Hotel gar nicht zu verlassen. Denn hier übernachtet man nicht einfach, sondern in dem mehrfach prämierten First-Class-Superior Privathotel genießt man den Dreiklang aus Hotel, Kultur und Wellness, der dem Haus seinen Namen gibt. Das Hotel selbst ist für viele das eigentliche Reiseziel, die altehrwürdige Hansestadt nur touristisches Beiwerk.

Seit gut zwei Jahrzehnten verschmelzen hier Hotelluxus, Kultur- und Kunstgenuss sowie Erholung und Entspannung zu einem Ganzen. Wo früher das „Schweizerhaus“ Ausflügler und Gesellschaften anlockte, erfüllten sich Jörn und Ilona Weiß den Traum vom eigenen Hotel. Da das Ehepaar zuvor die einzige privatwirtschaftlich betriebene öffentliche Sauna in der DDR geführt hatte, lag es nahe, den Neubau mit Schwimmbad und Sauna auszustatten. Und da die Hausherrin eine bekannte Schauspielerin war, sollte auch Kultur geboten werden. So bekam das Hotel auch noch eine eigene Bühne.

Seit 2010 führt mit Benjamin Weiß die zweite Generation als Inhaber und Geschäftsführer das Zepter. Was der Hotelfachmann und Betriebswirt, der das Metier von der Pike auf gelernt hat, seinen Gästen bietet, sucht in der deutschen Hotellandschaft seinesgleichen. Denn alle Hotelbereiche sind etwas ganz Besonderes. Dass die insgesamt 101 Zimmer aller Kate­gorien hohen Wohnkomfort und viel Liebe fürs Detail aufweisen, ist da schon fast eine Selbstverständlichkeit. Einzigartig hingegen ist das erst im vergangenen Jahr eingerichtete Erlebnisrestaurant „5 Elemente“ mit Wintergarten. Es bietet Platz für bis zu 140 Personen. Die Elemente, die ihm den Namen geben, sind die Elemente der Natur: Wasser, Feuer, Holz, Erde und Metall. Die letzten drei finden sich auf vielfältige Weise in der Dekoration wieder, während ein Feuer und ein Wasserfall auf spektakuläre Weise die beiden Ebenen des Restaurants miteinander verbinden. In diesem außergewöhnlichen Ambiente genießen die Gäste ein breites Speisenangebot, das von traditionellen Mecklenburger Gerichten bis zur modernen Szeneküche reicht. Wer will, kann den kreativen Küchenchef Helge Balow mittags in die Natur gleich hinter dem Haus begleiten, wenn er die Kräuter und Wildsalate für das abendliche Dinner sammelt. Dessen Zubereitung wird live auf zwei große Glas- und Wasserwände ins Restaurant projiziert. Die Küche ist die einzige mit einer professionellen Soundanlage und Theaterbeleuchtung, denn sie wird regelmäßig zum Show- und Partyraum. Immer dann, wenn die Gäste zum gemeinsamen Kochen eingeladen werden oder das Kochteam und Musiker Gaumen- und Ohrenschmaus bieten und sich gemeinsam mit den Gästen auf den Abend einstimmen.

Ein Alleinstellungsmerkmal hat das Trihotel auch mit seiner 1800 Quadratmeter großen Wellness-Welt, die eine weitläufige Saunalandschaft mit Aroma-Dampfbad, Kräuterbad, Panorama-Blockbohlensauna, Wärmeraum, Kneipp-Tretbecken, Eisbrunnen, Erlebnisduschen, Ruhebereichen, Cardio-Fitnesstudio, Vital-Bar, Massageräumen und Schönheitssalons bietet. Das 110 Quadratmeter große Hallenbad mit Panoramafenstern fällt dabei allein noch nicht aus dem Rahmen, dass man dort aber allabendlich bei Kerzenschein unter einem künstlichen Sternenhimmel seine Runden drehen kann, dagegen schon.

Das gilt erst recht für die Spa-Suiten. Hier kann man bei frischem Obst und Sekt eine wahre Erlebnisreise durch die Badekulturen der Welt machen – am besten zu zweit. Im Cäsarbad entspannt man bei einem Whirl-Bad in natürlichen und heilsamen Essenzen und genießt anschließend das Ritual der Salbung und Massage. Richtig romantisch wird es beim Venusbad in einer herzförmigen Whirl-Wanne. Wem auch das noch nicht exklusiv genug ist, der steigt ins Kleopatrabad, eine mit Stutenmilch, Honig und aromatischem Rosenöl gefüllte Wanne, das Ganze mit frischen Rosenblättern garniert. Ein umwerfendes Badeerlebnis und eine samtweiche Haut sind garantiert. Wer mehr für fernöstliche Bade- und Heilkunst schwärmt, genießt im Asiabad ein Bad in ätherischen Ölen mit anschließendem Meersalz- oder Seifenschaumpeeling, pflegenden Cremes und einem traditionellen Tee-Zeremoniell zum Abschluss.

Asiatisch geht es auch im „Indao“ zu. Das im Hause befindliche Gesundheitsinstitut will den Hotelgästen zu innerer Balance, Gesundheit und Zufriedenheit verhelfen. Dazu dienen neben der Traditionellen Chinesischen Medizin Methoden wie Meditation, Tai Chi, Qi Gong, Reiki, Aikido und Tanz bis zu ganz besonderen Formen der Entschlackung beziehungsweise Entgiftung, des Muskelaufbaus und der Fitness. Das „Indao“ ist das Reich von Meditationslehrer Henry Forgbert, ein Mann wie ein Baum, der eine unglaubliche Ruhe ausstrahlt. Die überträgt sich unwillkürlich auf seine Patienten. Er ist kein Wunderheiler und er macht keinen Hehl daraus, dass seine Heilkunst Grenzen hat. Aber der Erfolg gibt ihm Recht. Und das Beste daran: In vielen Fällen zahlt die Krankenkasse.

Und dann gibt es im Trihotel noch das „SPOT66“, die Hotelbar im Untergeschoss, benannt in Anspielung auf die Route 66 und dekoriert mit allerlei Motorrad-Memorabilien. Cocktails spielen hier allerdings nur eine untergeordnete Rolle. Ihr Mittelpunkt ist nämlich die weit über die Grenzen Rostocks hinaus bekannte Kleinkunstbühne. In Hunderten von Vorstellungen sind hier viele Prominente aus dem Showgeschäft aufgetreten. Ein Publikumsmagnet ist das Rocktheater Rostock, eine „multikreative Fusion aus Filmproduktion, interaktivem Schauspiel und Live-Rock-Konzert“. Bereits in der vierten Saison, gilt das Rock­theater als erfolgreichste Live- und Bühnenshow in Mecklenburg-Vorpommern. Wenn die „Five Men on the Rocks“ mit Frontmann Benjamin Weiß auf der Bühne stehen, brennt die Luft.      Jan Heitmann

Trihotel am Schweizer Wald, Tessiner Straße 103, 18055 Rostock, Telefon (0381) 6597-0, Fax (0381) 6597-600, E-Mail: info@trihotel.de, Internet: www.trihotel-rostock.de


Russland in einem Zug
Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn von Moskau nach Irkutsk − Vor 125 Jahren begann der Bau der riesigen Bahnstrecke

Ab nach Sibirien! Kein Russe käme auf den Gedanken, freiwillig in einen Zug von Moskau nach Ostsibirien zu steigen. Westliche Touristen schon. Bis nach Irkutsk am Baikalsee sind es 5153 Kilometer oder 83 Stunden, weiter bis nach Chabarowsk, der Hauptstadt des „Fernen Ostens“, sind es nochmals 3340 Kilometer.

Abfahrt um 12.05 Uhr am Jaroslawler Kopfbahnhof in Moskau. Menschenmassen stehen an den Gleisen und fliegende Händler. Der Zug heißt „Baikal“ und misst fast einen halben Kilometer. Die Strecke ist elektrifiziert. Kommunismus, das bedeute Elektrifizierung, hatte Lenin gesagt. Die Waggons der Zweiten Klasse fassen 36 Reisende. Neun Vierbett-Abteile gibt es. Die oberen Liegen, mit grünem Leder bezogen, sind schräg angebracht, damit niemand aus dem Bett fällt. Die Fenster in den Abteilen sind verschlossen. Die Schaffnerin verteilt abgezählte Bettlaken und Handtücher. Kilometer 282: Jaroslawl. Zar Peter der Große ließ hier allen Reisenden mit Bart eine Steuer abknöpfen. Zar und Sowjets wurden gestürzt. Heute knöpfen alte Bauersfrauen den Fremden auf dem Bahnsteig die Rubel ab − für heiße Kartoffeln, Jo­hannisbeeren, Gurken, Tomaten.

Der Zug rattert auf einer Mammut-Brücke über die Wolga, Europas längsten Strom. Das Zugrestaurant ist fast menschenleer. Der Zugchef sitzt oft hier und trinkt Wodka. Die knallroten Polsterbänke, der Wein aus Georgien und Moldau, die billigen russischen Zigaretten hinter der Verkaufsvitrine lösen Ostalgie aus.

Draußen ziehen Tannen- und Birkenwälder vorbei, Bauerndörfer, jedes Haus aus Holz, ein paar Wiesen, Ställe, Sägewerke. Die West-Touristen stehen im Gang und starren in die Natur. Die Russen hocken in ihren Abteilen, reden, essen, lesen, schlafen, spielen Schach. Die Frage, ob ihnen die Gegend gefällt, kapieren sie nicht. Die Landschaft ist einfach da, nichts weiter, basta.

Vor 125 Jahren machte Zarewitsch Nikolaus II. am 31. Mai 1891 im Pazifikhafen Wladiwostok den ersten Spatenstich zum Bau der Ussuri-Bahn, dem ersten Transsib-Abschnitt im Osten. Etwa 90000 Sträflinge, Bauern, Soldaten und ausländische Vertragsarbeiter schufteten in heißen Sommern und eisigen Wintern für das Jahrhundertwerk. 1916 war es vollbracht: Russlands Hauptverkehrsader verband die Oberläufe der großen Flüsse Sibiriens. 800 Stationen und 200000 Strommasten passiert die Breitspurbahn.

Die klassische Transsib-Strecke führt von Moskau nach Chabarowsk, in Sibiriens Region „Ferner Osten“, wo die Hauptstrecke am Amur endet, ein paar Tigersprünge von der Grenze zu China entfernt. Alternative Routen führen weiter nach Wladiwostok an den Pazifik oder ab Irkutsk über die Mongolei nach Peking.

Heute sind viele Loks und Waggons veraltet, Tausende von Weichen defekt. Die Transsib fuhr durch die Geschichte. Während das Volk hungerte, hatten die Waggons der Zarenfamilie Raucherzimmer, Piano-Bar, Friseursalon und Badezimmer. Oft stoppten Schneestürme oder Räuber den Zug. Im Revolutionsjahr 1917 kamen Gold und Plüsch der Romanows unter die Räder, Lenin und später Stalin traten in den Kommandostand. Der Zug transportierte erst den Diktator, dann seine Opfer, später auch deutsche Kriegsgefangene.

Bald muss er kommen. Alle reden nur noch vom „Obelisk“ bei Kilometer 1777, dem Grenzstein mit der Aufschrift „Europa“ auf der einen und „Asien“ auf der anderen Seite. Am Bahnhof in Perm wird Gemüse in die Zugküche geschleppt, Wasserbehälter werden aufgetankt, Post wird verladen. Am Nachbargleis steht ein Militärtransport mit Soldaten, die aus Güterwaggons winken.

Der Ural ist wenig bergig, eher ein welliges Hügelmeer. Kurz hinter Perwouralsk werden die Ka­meras in Anschlag gebracht. Die Transsib rattert mit etwa 80 Sachen am Obelisk vorbei. Asien! Mit Tee aus dem Samowar, den die Schaffnerin serviert, wird der Kontinentwechsel begossen.

Jekaterinenburg naht, Datschen säumen bereits den Bahndamm. Die Stadt war die Endstation der Romanows. Als nach der Revolution und der Abdankung des Zaren der Kampf um die Macht im Lande tobte, trieben Agenten Lenins Zar Nikolaus II., Frau und Kinder hier in einen Keller und erschossen sie am 16. Juli 1917.

Sibirien − das sind 12,8 Millionen Quadratkilometer Landmasse mit kaum 30 Millionen Einwohnern, 770 Millionen Hektar Wald und gewaltige Ströme. In den weiten Ebenen leben Elch, Rentier, Luchs, Wolf, Braunbär, zwischen Amur und Wladiwostok im Fernen Osten sogar Leoparden, Kragenbären und die letzten Sibirischen Tiger. Sibiriens Boden ist reich an Steinkohle, Braunkohle, Öl, Gas, Uran, Gold und Erzen.

Schon Ende des 16. Jahrhunderts wurde Sibirien Verbannungsort. Massendeportationen setzten erst im 19. Jahrhundert ein. Erst traf es die Dekabristen, die Adeligen des gescheiterten Dezemberaufstandes von 1825, später Sozialrevolutionäre und Bolschewiki. Über eine Million Verbrecher, politisch Missliebige und religiös Andersdenkende ka­men im 19. Jahrhundert nach Sibirien. 1900 zählte man 287000 Verbannte zwischen Ural und Pazifik, 1947 waren es etwa vier bis sechs Millionen. Wie viele aus den Gulags zurückkehrten, wie viele umkamen, weiß niemand.

Der Zug passiert Rangierbahnhöfe, Werkshallen und Schlote, Fabrikhöfe mit Bergen von Stahlwolle und Armierungseisen, Mahnmale hemmungsloser Industrialisierung, dann Kuhwiesen, Weizenfelder, Sommerdatschen. Schon am dritten Tag hat jeder Reisende das Gefühl, seit drei Wochen unterwegs zu sein.

Halt in der Industriestadt Krasnojarsk, vier Zeitzonen jenseits von Moskau. Am Bahnsteig verkaufen rotbackige Babuschkas Johannisbeeren in Zeitungspapier. Der Koch kauft zwei Eimer Beeren. Ruckelnd überquert der „Baikal“ den Jenissej. Hier beginnt die Taiga, das größte Waldgebiet der Erde. Der Raubbau ist in vollem Gange. Russische und ausländische Unternehmen lassen großflächig abholzen.

Im Zugradio summt russische Popmusik. Die Russen im Nachbarabteil wechseln ihre Bade­schlappen gegen festes Schuhwerk. Irkutsk, die Endstation, naht. An einigen Hauswänden sind noch alte Losungen zu lesen: „Demokratie“, „Frieden“. Der „Baikal“ ist am Ziel, andere Transsib-Züge fahren noch weiter. 5153 Kilometer, vier Tage und drei Nächte, liegen zurück, etwa sechs Stunden Flugzeit. Die Schaffnerin lächelt erleichtert. Es ist geschafft: Russland in einem Zug.

                Kai Althoetmar

Reiseinformationen: Von Juni bis September ist Hochsaison. Die meisten Reisenden wählen organisierte Transsib-Reisen, kombiniert mit Ausflugsprogrammen. Eine 17-tägige Reise von Moskau bis Peking kostet in der zweiten Klasse (Vierer-Abteil) um 4000 Euro (inklusive Hin- und Rück­flug, Hotels, Ausflüge, Verpflegung, Transfers und Reiseleitung). Nur Zugticket: zum Beispiel Moskau− Irkutsk−Ulan Bator, ab 365 Euro (zweite Klasse, Vierer-Abteil, Preise abhängig von Zug und Saison). Anbieter unter anderem: www.lernidee.de, www.go-east.de, www.djoser.de sowie www.olympia-reisen.com


S. 22 Neue Bücher

Hüben wie drüben
Geschichten einer Teilung

„Zwei Staaten in Deutschland“ – das war die Version der Bundesregierung während der deutschen Teilung. „Zwei deutsche Staaten“, so sagte es die DDR. Was wie eine Nuance klingt, war in der Tat der grundlegende Widerspruch über das, was die Folge des Zweiten Weltkriegs in Deutschland war. Alle Bundesregierungen gingen immer von dem einen Credo aus, für das Leben im geteilten Deutschland, insbesondere der Menschen in der DDR, nach Möglichkeit die Folgen der Teilung zu erleichtern, was in ständigen Bemühungen etwa um Reiseerleichterungen und Familienzusammenkünfte gipfelte.

Wo die Teilung besonders sichtbar war, wo auf sie politisch reagiert wurde oder sozialpolitisch reagiert werden musste, wo sie den Alltag der Menschen prägte, das gerät allmählich in Vergessenheit. Um die Erinnerung wachzuhalten, haben die Journalisten Ingolf Kern und Stefan Locke, beide bei großen Tageszeitungen beschäftigt, 25 Orte aufgesucht, an denen sie zeigen, wie die Teilung aussah, und weiter, was heute daraus geworden ist. Das reicht von administrativen Einrichtungen bis zu ganz konkreten Ortschaften, die durch die innerdeutsche Grenze plötzlich rabiat gespalten wurden.

Die Autoren haben das Buch in sieben Abschnitte unterteilt. Zu Beginn werden die von der DDR geradezu gehasste Erfassungsstelle in Salzgitter, in der DDR-Unrecht gesammelt und dokumentiert wurde, die Büros für Reise- und Besuchsangelegenheiten in West-Berlin, im Porträt die letzte Bundesministerin für innerdeutsche Beziehungen, Dorothee Wilms, die Aufnahmelager für Flüchtlinge und das umstrittene Büro des Rechtsanwalts Vogel vorgestellt. Spannender wird es, wenn die Autoren unmittelbar vor Ort sind, etwa im jahrzehntelang geteilten Dorf Mödlareuth, in Betrieben wie Post und Betonwerken (Produktion von Mauerteilen) oder auf dem Priwall gegenüber Travemünde, einem winzigen Streifen West vor dem mecklenburgischen Hinterland.

Kern und Locke besuchten ferner das Bürgerhaus Neunkirchen, wo der Saarländer Erich Honecker bei seinem Westbesuch 1987 unversehens weich und sentimental wurde, sie stellen das beliebte Haus Zenner im Osten Berlins vor, das Westbesuchern separate und exklusive Bedienung anbot, und sie schildern einschlägige Sendungen von ZDF und Rias-Berlin. In einer Geschichte, die die ganze Brutalität des DDR-Regimes zeigt, porträtieren sie einen Mann aus dem sächsischen Pirna, der völlig legal einen Antik-Handel aufzog. Damit war er so erfolgreich, dass er ins Visier des Staatlichen Kunsthandels unter Schalck-Golodkowski geriet, der ihm nach willkürlicher Verhaftung und Enteignung alles Hab und Gut abnahm.

Am Ende ein fast unbekanntes Kuriosum: Noch in den 1970er Jahren mussten nach Amerika fliegende Maschinen im kanadischen Gander (Neufundland) zwischenlanden, um aufzutanken, auch die DDR-Interflug bei Flügen nach Kuba. Alle Passagiere muss­ten dort von Bord, was immer wieder DDR-Reisende zur erfolgreichen Flucht in den Westen nutzten. Ein Glossar mit damals typischen Begriffen wie „Begrüßungsgeld“, „Zwangsumtausch“ oder „Spalterflagge“ beschließt den Band.

Das Buch ist unterhaltsam und spannend und dann am besten, wenn man direkt vor Ort ist und wenn Zeitzeugen oder Bewohner zu Worte kommen. Bei den Kapiteln zu Behörden und staatlichen Einrichtungen hätte man sich mehr statistische Angaben gewünscht. Dem überaus freundlichen Porträt der Ministerin Wilms wird mancher wohl nicht folgen, der sich daran erinnert, wie leichthin sie gleich nach der „Wende“ Ministerium und nachgeordnetes Gesamtdeutsches Institut dem damaligen Bundeskanzler Kohl zur Auflösung darbot. Als schon bald nach der „Wende“ angesichts der Probleme in den neuen Bundesländern händeringend nach Sachverstand gerufen wurde, war letzterer in alle Winde verflogen.               Dirk Klose

Ingolf Kern, Stefan Locke: „Geteilte Geschichte. 25 deutsch-deutsche Orte und was aus ihnen wurde“, Ch. Links Verlag, Berlin 2015, geb., 272 Seiten, 22 Euro


Einer zieht die Fäden
Welche Rolle spielte Gott 1989? − Theologen suchen eine Antwort

Der friedliche Epochenumbruch 1989/90 hat nicht nur die Bevölkerung der westlichen Welt überrascht, sondern auch alle Experten wie Politiker, Journalisten, Wissenschaftler und Philosophen, nicht nur, aber besonders in Deutschland. Hier brach nicht nur die zweite deutsche Diktatur, die von etlichen Linken als das bessere Deutschland angesehen worden war, zusammen. Durch den unwiderstehlichen Volkswillen kam es zur Aufhebung der deutschen Teilung, die als die gerechte Strafe für nationalsozialistische Untaten angesehen wurde − von den Machthabern der DDR und jenen Linken, die im demokratischen Teil Deutschlands saßen und nicht unter dem sozialistischen Staat zu leiden hatten.

Von diesen Linken ging schon ab Beginn der 90er Jahre die Uminterpretation des großartigen Freiheitsereignisses aus. Maßgeblich hervorgetan hat sich dabei Jürgen Habermas, der in mehreren Interviews und Aufsätzen von der Friedlichen Revolution als einem „regressiven Prozess“ sprach, um den sich „keine historisch bleibenden Erinnerungen kristallisieren“ würden.

Tatsächlich wurde viel getan und noch mehr unterlassen, um die Erinnerung an die daran zu schwächen. Auch in der veröffentlichten Meinung wird ausgerechnet die „ethisch qualifizierteste Revolution“ (Ulrich Schacht) ausgesprochen stiefmütterlich behandelt. Das zeigte sich zuletzt in der Entscheidung des Deutschen Bundestages, das „Einheits- und Freiheitsdenkmal“ nicht mehr zu finanzieren. In den Schulen steht sie, wenn überhaupt, unter ferner liefen auf dem Lehrplan.

Diesem Trend der Geschichtsvergessenheit etwas entgegenzusetzen, hatte sich die Evangelische Bruderschaft St.-Georgs-Orden mit ihrer Tagung zum 20. Jahrestag des Umbruchs in der DDR und dem 220. Jahrestag der Französischen Revolution zum Ziel gesetzt. Im kürzlich erschienen Band „... wenn Gott Geschichte macht! 1989 contra 1789“ sind Beiträge von sieben Referenten dieser Tagung versammelt. Anders als andere Tagungspublikationen ist ein spannendes, zeitloses Werk entstanden, das immer wieder in die Hand genommen und gelesen werden sollte.

Es geht um den „heilsgeschichtlichen Antwortcharakter der Friedlichen Revolution von 1989 auf die blutige von 1789 und ihren gewaltsamen Folgeumbrüchen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Russland (1917) und Deutschland (1933)“. Alle, die das letzte Datum zusammenzucken lässt, werden von den Autoren daran erinnert, dass sich nicht nur Lenin mit seiner Partei neuen Typus als Machtinstrument für den Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus positiv auf den jakobinischen Terror bezog. Auch der Präsident des nationalsozialistischen Volksgerichtshofes, Roland Freisler, erinnerte bei seiner Begründung für die Notwendigkeit dieses Terrorinstruments an das französische Revolutionstribunal, das nur Freispruch oder Todesurteil kannte.

Von der Französischen Revolution ging eben nicht nur ein Freiheitsimpuls aus, sondern auch eine Akzeptanz von Gewalt zur Erreichung politischer Ziele. Diese Gewaltaffinität hat das westliche Denken entscheidend geprägt. Selbst eine friedensbewegte Theologin wie Dorothee Sölle konnte sich Hass, der ja Quelle der Gewalt ist, als „potenziell kreativ denken“.

Man muss sich das vor Augen führen, um zu verstehen, warum manche westliche Denker in der „Friedlichen Revolution“ sogar eine Konterrevolution sehen wollten, weil die Revolutionäre von 1989/90 nicht daran dachten, blutige Rache an ihren Unterdrückern zu üben. Sie setzten sich mit ihnen sogar an Runde Tische, um den Übergang von der Diktatur zur Demokratie friedlich zu gestalten. Dieses geschichtsprägende Phänomen wird von den Autoren des Buches aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet. Wie ein roter Faden zieht sich durch alle Beiträge die Frage, welche Rolle Gott in dieser Revolution, die alle Kriterien einer klassischen Revolution über den Haufen geworfen hat, spielt. Kann man sie gar als moralischen Gottesbeweis ansehen?

Die Antworten darauf fallen unterschiedlich aus. Eines ist jedoch sicher: Die radikale Abwendung von der Kultur der Gewalt, die in der Französischen Revolution ihren Ursprung hat, führte zu einer neuen Ehrfurcht vor dem Leben. Das ist die Auflösung eines geschichtlichen Paradoxons: Als der Mensch in den Mittelpunkt der Welt gestellt wurde, brach die Zeit der zahllosen Menschenopfer für eine humanere Zukunft an. Sobald diese absolutistische Weltsicht abgelöst wurde zugunsten unideologischer, pragmatischer Freiheitsziele, wurde das menschliche Leben wieder so kostbar, dass es nicht geopfert werden durfte.

Der berühmte Marxsche Spruch, die Philosophen hätten die Welt nur interpretiert, es käme darauf an, sie zu verändern, wurde 1989 auf den Kopf gestellt. Die Welt wurde grundlegend verändert. Die Philosophen haben nun die Aufgabe, diese veränderte Welt zu interpretieren.

Das besprochene Buch ist dafür ein guter Anfang.           Vera Lengsfeld

Ulrich Schacht, Thomas A. Seidel (Hg.): „… wenn Gott Geschichte macht! 1989 contra 1789“, Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2015, brosch, 248 Seiten, 16,80 Euro


Kämpferische Damen
Porträts von Frauen, die die Nase von Küche, Kirche und Kindern voll hatten

Ein Pendant zum Buch über herausragende männliche Persönlichkeiten aus Baden-Württemberg ist das Werk mit den 20 Frauen aus derselben Region, das die Kunst- und Theaterkritikerin Adrienne Braun mit „Künstlerin, Rebellin, Pionierin“ jetzt vorlegt. Nicht allein wegen vieler Verfilmungen sind dem breiten Publikum Personen wie Margarete Steiff, Sophie Scholl oder Bertha Benz bekannt. Viele andere Frauen, die ähnlich Großes leisteten, stehen eher im Schatten, so die Mutter des Astronomen Johannes Kepler, die als Hexe verschriene Katharina Kepler. Vor 500 Jahren hatte eine Frau nicht klug und selbstbewusst zu sein. Das führte sonst auf den Scheiterhaufen.

Aber man muss gar nicht so weit in die Vergangenheit gehen. Auch das Leben der vielen noch gut bekannten Sopranistin Anneliese Rothenberger ist anrührend und eignet sich dazu, verfilmt zu werden. Wenige wissen, dass ein Schicksalsschlag in der Kindheit ihren weiteren Lebensweg begleitete. War sie doch dabei, als ihr Bruder beim Spielen von einem Auto überfahren wurde und starb. Ihr Vater gab ihr die Schuld und starb ein Jahr später am Schmerz über den Tod des Sohnes. Dass diese Ereignisse das Leben der Künstlerin entscheidend prägten, ist anzunehmen.

In einzelnen Geschichten noch einmal genauer in diese Leben zu schauen, eröffnet tiefere Einblicke. Es lässt vielleicht verstehen, warum Frauen in früheren Jahrhunderten so viel mehr um Daseinsberechtigung, Anerkennung und ihre Rechte kämpfen muss­ten. Die Autorin beleuchtet in der Publikation diese im Südwesten Deutschlands beheimateten au­ßergewöhnlichen Pionierinnen, die beeindruckende Leistungen hervorbrachten, obwohl ihnen von der Gesellschaft nur Küche, Kirche und Kinder zugestanden wurden.       Silvia Friedrich

Adrienne Braun: „Künstlerin, Rebellin, Pionierin. 20 außergewöhnliche Frauen aus Baden-Württemberg“, Südverlag, Konstanz 2016, Hardcover, 158 Seiten, 18 Euro


Sklave des Gastgebers
Eine der politisch »heißesten« Regionen Europas − Russland-Korrespondent beschäftigt sich mit dem »Pulverfass Kaukasus«

Manfred Quiring, 1948 geborener, in der DDR ausgebildeter Journalist, war vor und nach der „Wende“ lange Jahre Russland-Korrespondent. Sein jüngstes Buch ist keine „zweite Auflage“, sondern eine aktualisierte Darstellung von Historie und Gegenwart, Politik und Konflikten in Europas „heißester“ Region.

Schon vor dem „Vorwort“ findet der Leser eine Landkarte mit den Staats- und Regionalgrenzen samt Markierung der (zumeist russischen) „Einflüsse“ auf dem Kaukasus. Der misst 440000 Quadratkilometer und zählt 30 Millionen Einwohner – zersplittert in knapp 50 Völker mit ebenso vielen Sprachen und noch mehr Dialekten. Oder wie es der dagestanische Heimatdichter Rassul Gamsatow sagte: „Bücher werden in elf Sprachen gedruckt, Lieder in 40 Sprachen gesungen, geflucht aber wird bei uns in mehr als 100 Sprachen.“ Da sei Russisch als kaukasische „Lingua franca“ unentbehrlich, kommentiert Quiring aus eigener Erfahrung, der alle Regionen und Völker kundig „durchdekliniert“ und mit „Basisdaten“ (gerade zu Sprachen) abrundet.

Das Erbübel des Kaukasus ist Russlands seit Jahrhunderten erhobener Besitzanspruch, den die Zaren Peter und Katharina gewaltsam durchsetzten, den Stalin durch konfliktträchtige Grenzziehungen verewigte und den Politnarren wie Schirinowskij ideologisch rechtfertigten: Die kaukasische „Barbarei“ müsse durch „russisch-orthodoxe Kultur ersetzt werden“, da die meisten Kaukasier zur „Staatenbildung nicht fähig“ seien. Quiring verweist auf die seit 2007 eskalierende Gefahr des „islamistischen Emirats“, das in „Russlands muslimischem Nordkaukasus“ entstand und den be­waffneten Dauerkonflikt mit Russland starten will.

Auch im südlichen Transkaukasus kommt kein Frieden auf. Zwar warnte Solschenizyn 1994, „wir haben im Transkaukasus nichts zu suchen“, aber das war nie eine russische Option, wie der Krieg in Georgien 2008 und Russlands ständige Förderung dortiger russischer Sezessionsgebiete (Süd-Ossetien, Abchasien) sowie der jüngst wieder aufkochende Konflikt zwischen dem (muslimischen) Ölstaat Aserbajdschan und dem (prorussischen) Armenien be­legen. Russland ist überzeugt, auf dem Kaukasus nichts anderes als die Nato auf dem Balkan zu tun und droht dieser mit seiner Kampfbereitschaft, sollte sie Georgien aufnehmen wollen.

Hier äußert sich auch russische Angst, die Nato könne die ewige kaukasische Abneigung gegen Russen ausnutzen, die schon Leo Tolstoj erschreckte: „Es war das Gefühl der Unmöglichkeit, diese russischen Hunde überhaupt als Menschen anzusehen.“ Darum führte Russland 1994 und 1999 Kriege gegen Tschetschenien, das „sich nicht auf Dauer unterwerfen“ wird, und fürchtet Massaker wie das im nordossetischen Bes­lan, wo islamistische Terroristen am 1. September 2004 eine Schule überfielen, was 333 Todesopfer forderte, darunter 186 Kinder.

Quiring hat Beslan ausführlich untersucht, weil der damals ausgelöste Schock Moskaus Duldung von Kaukasiern erklärt, solange die fest an seiner Seite bleiben. Dann ist eine weltweit unglaubliche Korruption kein Thema mehr, werden Raub und Mord vertuscht, dürfen 150 „Tejps“ (tschetschenische Klans) ein rechtsfreies Eigenleben führen, auch wenn sich ihre spezifische Stammesstruktur immer stärker dem islamische „Scharia“-Recht unterwirft.

Quiring schließt mit bösen Bemerkungen über „Kaukasier und ihre Eigenheiten“: Ihre Gastfreundschaft sei vielfach unerträglich, denn „der Gast ist wie ein Sklave des Gastgebers“. Wahre Sklaven seien Frauen, weithin rechtlos, gar „anrüchig“, falls unverheiratet. Generell weichen Wein, Musik, Humor islamischem Duckmäusertum. Wein verschließt „die Tore zum Paradies“ – „Singen, Lachen oder gar Pfeifen in geschlossenen Räumen – undenkbar“.    Wolf Oschlies

Manfred Quiring: „Pulverfass Kaukasus. Nationale Konflikte und islamistische Gefahren am Rande Europas“, Ch. Links Verlag, Berlin 2016, broschiert, 224 Seiten, 18 Euro


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S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Wer dazugehört – und wer nicht / Warum »Demokrat« immer komischer klingt, wo der »sozial Benachteiligte« geblieben ist,  und wieso Merkel in Kabul nicht dabei war

Was ist Demokratie? Spötter sagen gern den alten zynischen Spruch auf: Wenn zwei Wölfe und ein Schaf mehrheitlich darüber abstimmen, wer heute Abend gefressen wird. Stimmt das? Nein, eben nicht. Demokratie heißt in unserem heutigen Verständnis, dass auch die Schwächeren und Unterlegenen weiter dazugehören, mit allen Rechten und ohne Gefahr, von den Mächtigeren und Siegreichen plattgemacht zu werden.

Nach der österreichischen Präsidentenwahl atmeten die Mächtigen in Europa hörbar auf. Gerade nochmal gutgegangen für uns, so die erleichterten Kommentare. Außenminister Steinmeier frohlockte: „Ganz Europa fällt ein Stein vom Herzen.“

„Ganz Europa?“ – ein denkwürdiger Ausspruch. Nachdem wir gelernt haben, wer und was alles „zu Deutschland“, also auch zu Europa, gehört, nämlich „der Islam“ und irgendwie jeder noch so zufällig hereingeschneite Zuwanderer, erfahren wir nun auch, wer nicht „zu Europa“ gehört. Nämlich beispielsweise rund die Hälfte der österreichischen Wähler und alle anderen Bewohner dieses Kontinents, die in den Augen von Steinmeier und seiner Gesinnungs- und Regierungsgenossen mit dem Wort „rechtspopulistisch“ zu etikettieren sind.

Hier bekommt der bislang etwas schwammige Begriff von der „Umvolkung“ endlich messerscharfe Konturen. Während Millionen Orientalen und Afrikanern ein euphorisches „Willkommen!“ entgegen geschmettert wird, schmeißen sie auf der anderen Seite Millionen von angestammten (Ex?-) Europäern raus aus ihrer Heimat, zumindest im Geiste. Die sind nicht mehr bloß verfemte Falschwähler, sie gehören überhaupt nicht mehr dazu, denn „ganz Europa“ steht gegen sie, basta.

Verblüffend, wie tief jene, die sich selbst so inbrünstig „Demokraten“ nennen, schon heruntergekommen sind. Allerdings wird das mit der Unterscheidung zwischen „uns Demokraten“ und „den Rechtspopulisten“ zunehmend zum Problem für einige der  Selbstbeweihräucherer. Die Linkspartei hatte in dieser Kollektivabgrenzung zur AfD zunächst die große Chance gewittert, trotz des Makels der 45 Jahre SED-Diktatur endgültig in den Reihen der Guten und Braven untertauchen zu können.

Leider gebar der Schachzug einen unangenehmen Nebeneffekt, der sich bei den jüngsten Wahlen zeigte. Die „Protestwähler“, einst treue Kundschaft bei den Dunkelroten, liefen scharenweise zu den Blauen über, weil sie „wir Demokraten“ mit „wir Mächtigen und Etablierten“ übersetzt haben und die Linkspartei nun in der Reihe der Herrschenden sahen, denen man doch einen Denkzettel verpassen wollte.

Da kann man nichts machen. So ungerecht das auch sein mag: Wenn ein Wort allzu oft missbräuchlich verwendet wird, bekommt es eines Tages diesen muffigen Beigeschmack. Bei erschreckend vielen Leuten liegt bereits eine feine Süffisanz im Ton, wenn sie von „den Demokraten“ sprechen. Wenn Steinmeier und Co. sich ordentlich Mühe geben, werden wir bald auch das Wort „Europäer“ kaum noch aussprechen können, ohne mit den Mundwinkeln zu zucken. Und dass sie sich Mühe geben werden, daran dürfte kein Zweifel bestehen.

Unsere Sprache ist einem steten Wandel unterworfen. Während die (eigentlich so schönen) Vokabeln „Demokratie“ und „Europa“ gerade ihren Vergewaltigern zum Opfer fallen, verschwinden andere Lieblingswörter über Nacht aus dem Gebrauch.

Statt von „arm“ und „wohlhabend“ zu sprechen, haben linke Gesellschafts-Ingenieure bislang viel lieber zwischen „sozial benachteiligt“ und „privilegiert“ unterschieden. Das hatte seinen Grund: Arm oder wohlhabend kann man auch aus eigener Schuld respektive persönlichem Verdienst werden. Privilegiert oder benachteiligt wird man dagegen immer von anderen. Die Benachteiligten sind die Opfer, wohingegen sich die Privilegierten schuldig fühlen sollen. So gesehen ist Sozialismus die einzig moralische Antwort, und genau darauf soll diese Unterscheidung ja auch hinauslaufen.

Österreichs Präsidentschaftswahl hat die roten Sprachoffiziere allerdings vor ein Dilemma gestellt. Die „Benachteiligten“ (also die Opfer, die Guten) haben dort nämlich überwiegend den Rechten gewählt, die „Privilegierten“ (also die sozial Schuldigen) den Linken. So was Blödes. Und jetzt? Ach, die Lösung war rasch gefunden: Man sprach einfach von den „höher Gebildeten“ die links abgebogen waren und den „geringer Gebildeten“, die falsch abgestimmt hatten. Klingt doch schon viel gefälliger, fast wie „die Doofen sind rechts und die Klugen links“.

Ist der „sozial Benachteiligte“ damit für immer aus dem korrekten Wortschatz gestrichen? Aber nicht doch! Spätestens, wenn ein Immigrant wegen eines Überfalls im Polizeibericht landet, werden Sie wieder von ihm hören.

Diese Österreich-Wahl ist den Mächtigen in Europa trotz ihres glimpflichen Ausgangs ziemlich in die Glieder gefahren. Greift das jetzt um sich? Nein, nein, beruhigt CDU-Vize Armin Laschet die nervöse Gefolgschaft; es kämen ja kaum noch „Flüchtlinge“, damit habe sich das Aufregerthema Nummer eins bald erledigt und damit auch die Gefahr, dass die Opposition von rechts noch stärker wird.

Wenn er sich da mal nicht irrt. Es geht nämlich gerade wieder los, allein am vergangenen Montag landeten 2600 Leute aus Afrika in Italien an. Auf einem regelrechten Gipfeltreffen in Kabul hatten sich zuvor 28 Bosse der weltweit größten Schlepperorganisationen versammelt, um ihre Arbeit besser abzustimmen und zu optimieren.

Laut Geheimdiensten wollen sie wegen der Schließung der Balkanroute, die in Kabul sehr bedauert worden sei, neue Wege von Afghanistan über Georgien, Russland, die Ukraine und Ungarn „erkunden und ausbauen“. Die Reisezeit nach Europa solle auf drei Wochen verkürzt werden. Außerdem sollen vermehrt auch Frauen geschleust werden, weil sich in Europa angekommene männliche „Kunden“ beschwert hätten. Mindestens 300 Afghanen sollen am Tag auf die Reise gehen.

Die „Rechtspopulisten“ geben ja Angela Merkel eine Mitschuld an der Asylflut, manche beschimpfen sie gar als Schleuserin. Immerhin hatte die Kanzlerin die Schließung der Balkanroute scharf kritisiert und befindet sich damit in peinlicher Übereinstimmung mit den Teilnehmern des Ganoven-Gipfels. Doch um Verdächtigungen vorzubeugen: Merkel war in Kabul selbst nicht dabei. In den an bundesdeutsche und österreichische Zeitungen durchgereichten Agentenberichten wird die deutsche Regierungschefin jedenfalls nicht als Teilnehmerin vermerkt.

Außerdem wurde sie zu der Zeit in Berlin gesehen und kurz darauf in der Türkei, hat also ein Alibi. Am Bosporus traf sie zum x-ten Mal auf den türkischen Präsidenten Erdogan, der auch diese Gelegenheit nicht verstreichen ließ, seine deutsche Gesprächspartnerin hämisch vorzuführen. Gleichzeitig mit Merkels Türkei-Besuch rutschte die Nachricht durch, dass türkische Behörden besonders gern „schwere medizinische Fälle oder Flüchtlinge mit sehr niedriger Bildung“ in die EU weiterleiten. Akademikern dagegen werde die Ausreise nach Westen verweigert. Warum kommt das ausgerechnet zum Merkel-Besuch heraus? Wie steht die Kanzlerin denn jetzt da?

Wer der CDU-Chefin in die Augen schaut, kann jedenfalls deutliche Anzeichen dafür entdecken, dass ihr die Freude an den Treffen mit ihrem osmanischen Folterknecht vergangen ist. Allerdings ist der vielleicht schon bald gar nicht mehr so wichtig. Wenn die neue Schleuserroute über den Kaukasus in Schwung kommt und auch der Italien-Transfer wieder Fahrt aufnimmt, wiederholt sich der vergangene Sommer auch ohne die Türkei-Strecke. Freuen wir uns auf spannende Monate und viele neue Sofort-Dazugehörer aus fernen Ländern.


MELDUNGEN / ZUR PERSON

Flüchtlinge als »Wetteinsatz«

Nairobi – Afrikanische Regierungen fordern von Europa Milliarden-Zuschüsse dafür, dass sie zum Teil seit Jahrzehnten bei ihnen lebende Flüchtlinge im Land behalten. Kenia etwa droht mit der Schließung eines Lagers für 600000 Somalier, Niger soll bereits 1,1 Milliarden Euro von der EU bekommen, um Zuwanderer nicht weiterziehen zu lassen gen Europa. Angeheizt hat die Begehrlichkeiten das EU-Türkei-Abkommen. Seitdem würden Flüchtlinge zum „internationalen Wetteinsatz gemacht“, schreibt die „New York Times“.               H.H.

 

Mehr Gewalt gegen Polizei

Düsseldorf – Die Zahl der Gewalttaten von Links- und Rechtsextremisten auf Polizisten hat sich in Nordrhein-Westfalen 2015 auf 1510 verdoppelt im Vergleich zum Vorjahr, als 740 solche Delikte gezählt wurden. 80 Prozent der Taten gingen von links aus, so das Innenministerium auf eine Anfrage der FDP im Landtag.          H.H. 

 

Pflegeleichter Hofburg-Adel

Das ist ja gerade noch mal gut gegangen. Zwischen Berlin und Brüssel konnte man laut diesen Stoßseufzer vernehmen, als das Ergebnis der Stichwahl zum Bundespräsidentenamt in Österreich feststand. Nicht der EU-kritische Favorit Norbert Hofer von der nationalliberalen FPÖ wurde gewählt, sondern der vor allem für Österreichs SPÖ-/ÖVP-Regierung pflegeleichtere Alexander Van der Bellen (siehe Seite 2), der seine aristokratischen Manieren lediglich einmal verlor, als er Hofer im TV-Duell den „Scheibenwischer“ zeigte.

Der offiziell als unabhängiger Kandidat von den Grünen ins Rennen für die Hofburg geschickte VWL-Professor versteht es ansonsten, nicht groß anzuecken. Im Wahlkampf lavierte er sich bei manchen Problemthemen durch und sprach sich erst für das Freihandelsabkommen TTIP aus, dann wieder dagegen. Was seine Sympathien für Immigranten angeht, so macht er keinen Hehl daraus, dass er selber ein Immigrantenkind ist. 1944 kam er in Wien als Sohn zweier Esten zur Welt, die nach der Besetzung ihrer Heimat durch die Sowjetunion über das ostpreußische Laugzargen nach Österreich weitergezogen waren.

Van der Bellen hat holländische Ahnen, die im 18. Jahrhundert nach Russland ausgewandert waren, wo sie gesellschaftlich aufstiegen und in den Adelsstand erhoben wurden. Die Oktoberrevolution vertrieb die Familie später nach Estland, auf dessen Staatsbürgerschaft der künftige österreichische Präsident weiterhin Anspruch hat.

Er wird darauf verzichten können. Vom Präsidentenamt wird man den Mann, der von 1997 bis 2008 den Grünen-Vorsitz innehatte, erst einmal nicht vertreiben können. Der in der Wahl unterlegene Hofer mag sich trösten. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Seine Zeit wird kommen.   H. Tews


MEINUNGEN

Hugo Müller-Vogg lästert bei „Tichys Einblick“ (18. Mai) über die jüngste Volte von SPD-Chef Sigmar Gabriel:

„Ein Parteivorsitzender, der die Bestätigung seiner potentiellen Kanzlertauglichkeit per innerparteilicher Vorwahl sucht, ist politisch bereits tot: Dead man walking. Was Gabriel derzeit inszeniert oder zu inszenieren versucht, ist Ausfluss purer Verzweiflung.“

 

 

Der Sänger der Gruppe „Eagles of Death Metal“, Jesse Hughes, der während des Massakers vom 13. November 2015 im Pariser Klub „Bataclan“ aufgetreten war, gibt im britischen „Taki’s Maga­zine“ (14. Mai) der „Politischen Korrektheit“ eine Mitschuld an der Wehrlosigkeit gegenüber dem islamischen Terror:

„Sie (die Islamisten) wissen, dass da draußen große Scharen weißer Jugendlicher sind, die dumm und blind sind. Das sind diese reichen weißen Kids, die mit einem linken Lehrplan aufgewachsen sind von der Zeit an, als sie im Kindergarten waren, überflutet mit hochtrabenden Ideen, die nichts als heiße Luft sind. Man sieht, wohin sie das gebracht hat.“

 

 

Gewaltforscher Jörg Baberowski erklärt in der „Berliner Zeitung“ (23. Mai), dass sich manche orientalischen Männer in Deutschland besonders aggressiv verhalten, weil die hiesigen Männer darauf warteten, dass der Staat eingreife, statt selbst gegen Verbrechen vorzugehen:

„Einige Wochen nach den Ereignissen in Köln gab es Übergriffe durch arabische Migranten in Murmansk. Am Ende wurden die Angreifer von russischen Männern verprügelt. Niemand wartete auf den Staat, und am Ende gab es dennoch eine klare Botschaft, die die Täter verstanden haben. In Tunesien oder Marokko ist es verboten, Frauen auf der Straße auszurauben oder zu vergewaltigen. Die Täter wären von anderen Männern gelyncht oder ins Gefängnis gebracht worden. Hier aber geschah nichts dergleichen. Warum sollte man nicht tun, was offenbar niemand ahndet?“

 

 

Alexander Grau sieht die Deutschen in die politische Obdachlosigkeit gefallen, wie er im „Cicero“ (21.Mai) schreibt:

„Die Menschen sehen Deutschland in und vor gewaltigen Krisen. Doch den etablierten Parteien trauen sie eine Lösung nicht mehr zu. Zugleich sind die Menschen realistisch genug, um festzustellen, dass radikale Lösungen weder möglich noch wünschenswert sind. Man hat den Eindruck, von den Regierenden in eine Sackgasse gelotst worden zu sein. Das Ergebnis ist Hilflosigkeit und ein Gefühl von politischer Melancholie.“

 

 

Für Rainer Nowak von der Wiener „Presse“ (23. Mai) ist der Ausgang der Präsidentenwahl ein äußerst fader Erfolg des grün-rot-schwarzen Lagers:

„Nichtsdestoweniger bedeutet der Wahlausgang mit Platz zwei einen enormen Erfolg für Norbert Hofer und die FPÖ. Während Van der Bellen von einer Koalition von Prominenten und Vertretern mehrerer Parteien unterstützt wurde, stehen hinter Hofer nur die Freiheitlichen. Noch nie hat ein Kandidat der Oppositionspartei so viele Stimmen auf sich vereinigen können.“