29.03.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Ausgabe 25/16 vom 24.06.2016

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

Wollt ihr Krieg?
Steinmeier hat recht, denn die Lage Europas ist heikler als sie erscheint

Nicht nur Druck und Härte gegen Moskau, sondern auch Dialog: Der deutsche Außenminister mahnt zur Vernunft und wird hart attackiert.

Die Warnung von Außenminister Frank-Walter Steinmeier, das Verhältnis zu Russland nicht „durch lautes Säbelrasseln und Kriegsgeheul“ noch weiter aufzuheizen, hat zum Teil giftige Reaktionen vonseiten der Union wie etlicher Medien hervorgerufen. Der SPD-Politiker sieht im polnischen Großmanöver „Anakonda“, sinnlosen Aktionismus. Steinmeier fordert, nicht nur mit Druck und Drohungen auf den Kreml einzuprügeln, sondern zugleich den Dialog daneben zu setzen. Den habe man „völlig vergessen“.

Die Kritik an Steinmeier fußt letztlich auf dem Standpunkt, dass allein Russland schuld sei an den frostigen Beziehungen zum Westen, welche die Tauwetterperiode nach dem Ende des Kalten Krieges abgelöst haben. Eine allzu einseitige Sicht, wie der Blick auf die Fakten belegt.

So werfen Kommentatoren US-freundlicher deutscher Medien ausschließlich der russischen Seite Grenzprovokationen vor. Dabei übergehen sie geflissentlich ähnliche Aktionen der USA (siehe S. 6). Auch die Schuld an der Eskalation in der Ukraine sehen die Steinmeier-Gegner allein bei Russlands Präsident Putin. In Wahrheit beeinflussen auch die USA die politische Entwicklung des gebeutelten Schwarzmeer-Staates seit Jahren massiv und im durchaus eigenen Interesse, wofür Milliarden geflossen sind.

Der deutsche Außenminister verlangt keineswegs, vor Moskau aus Angst vor Konflikten auf die Knie zu gehen, er zweifelt auch nicht an den berechtigten Sicherheitsinteressen etwa Polens oder der baltischen Staaten. Steinmeier weiß aber, welches Verhängnis sich ergeben kann, wenn jede Seite nur auf ihre eigenen Rechte und „legitimen Interessen“ pocht, ohne die des anderen anerkennen zu wollen. Drohend zieht das Szenario von 1914 am Horizont herauf, als eben diese Halsstarrigkeit eine Weltkatastrophe auslöste.

Im schlimmsten Fall könnte dies zu einem direkten Schlagabtausch an Europas Ostflanke führen. Die konventionellen Kräfte der Nato sind denen Russlands jedoch hoffnungslos unterlegen, das Baltikum wäre Experten-Schätzungen zufolge in wenigen Tagen überrannt, Polens Sicherheit ernsthaft gefährdet.

Und dann? Die USA müssten in dem Moment den Einsatz von Atomwaffen erwägen, um ihren Weltmachtstatus zu verteidigen. Das nukleare Inferno bräche los, ade Europa!

Diesen schlimmsten Fall muss ein deutscher Außenminister mitdenken, genau das hat Steinmeier getan. Mag sein, dass ihn dabei auch innenpolitische Überlegungen bewegt haben, etwa die, auf diese Weise eine Brücke zur Linkspartei für ein rot-rot-grünes Bündnis 2017 zu bauen. Doch das fiele in der Bedeutung weit zurück hinter die epochale Gefahr, die es zu bannen gilt. Hier ist Minister Steinmeier als Stimme der Vernunft aufgetreten.           Hans Heckel


»Snowden Agent Putins«
Verfassungsschutzchef sieht Moskau als Urheber der Geheimdienstaffäre

Russland ist an allem schuld“. So könnte man kurz gefasst das Fazit beschreiben, das Hans-Georg Maaßen, der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, aus der Snowden-Affäre zieht. Vor dem NSA-Bundestagsuntersuchungsausschuss ritt Maaßen heftige verbale Attacken gegen den umstrittenen US-amerikanischen Enthüller Edward Snowden, dem wir umfassende Einblicke in die weltweiten Überwachungs- und Spionagepraktiken westlicher Geheimdienste verdanken. Für den Inlandsgeheimdienstchef ist Snowden ein „russischer Agent“, der die NSA ausgeplündert habe „wie kein Zweiter zuvor einen US-Nachrichtendienst ausgeplündert hat“. Die ganze Snowden-Affäre sieht Maaßen als „Teil der hybriden Kriegführung Russlands gegen den Westen“.

Moskau habe sich, so Maaßens These, für die Enttarnung seiner Spione in den USA durch einen Überläufer dadurch gerächt, dass es Snowden angeworben habe. Dass dieser in der internationalen Öffentlichkeit weder als Überläufer noch als Doppelagent wahrgenommen werde, sondern als selbstloser Idealist, setze „dem russischen Erfolg die Krone auf“. Hier sei gut zu beobachten, wie sich operative Geheimdienstarbeit mit Desinformation verbinden lässt.

Nicht nur den Schaden, den Snowden dem US-Geheimdienst  bereitet hat, beziffert Maaßen als „immer noch groß“. Auch die negativen Auswirkungen für die deutschen Dienste seien erheblich. Der Vorgang habe hierzulande „gegen die eigenen Nachrichtendienste gerichtete Stimmungen erneut hochkochen lassen“. In der Folge seien Interna und Informationen aus deren täglicher Arbeit an die Öffentlichkeit gelangt sowie „ihre Tätigkeit und ihre Existenz als solche rundheraus skandalisiert“ worden. Auch dies habe gerade vor dem Hintergrund des Konflikts um die Ukraine im Interesse Russlands gelegen.

Und schließlich sei es Moskau mit der Snowden-Affäre gelungen, einen Keil zwischen die USA und ihren engsten europäischen Verbündeten zu treiben, so Maaßen.        J.H.


Selbst ausgegrenzt
Studie über Türkischstämmige in Deutschland – Viele Fundamentalisten

Nach einer repräsentativen Emnid-Umfrage fühlen sich 90 Prozent der türkischstämmigen Einwohner in Deutschland wohl, doch mehr als die Hälfte sieht sich sozial nicht anerkannt. Woran es unter den in Deutschland lebenden Türkeistämmigen mangele, sei das Gefühl, „willkommen geheißen und anerkannt zu sein“, sagt der Leiter der Studie „Integration und Religion aus der Sicht von Türkeistämmigen in Deutschland“, der Religionssoziologe Detlef Pollack von der Universität Münster.

Der Mangel an sozialer Anerkennung stehe in Zusammenhang mit einer teilweise vehementen Verteidigung des Islam, so ein Ergebnis der Studie. Im scharfen Gegensatz zur Haltung der Mehrheitsbevölkerung schrieben die Türkischstämmigen dem Islam vor allem positive Eigenschaften wie Solidarität, Toleranz und Friedfertigkeit zu. 83 Prozent der Zuwanderer und ihrer Nachkommen erklärten, es mache sie wütend, wenn nach einem Terroranschlag „als erstes Muslime verdächtigt“ würden. Aus Sicht der muslimischen Minderheit handele es sich beim Islam um eine angegriffene Religion, die vor Verletzungen, Vorurteilen und Verdächti- gungen zu schützen sei. Zwei Drittel der Befragten gaben an, der Islam passe durchaus in die westliche Welt, während 73 Prozent der Gesamtbevölkerung in Deutschland das Gegenteil meinen.

Zugleich lassen die Ergebnisse der Umfrage einen beträchtlichen Anteil an islamisch-fundamentalistischen Einstellungen erkennen, „die schwer mit den Prinzipien moderner Gesellschaften zu vereinen sind“. Die Hälfte der Befragten stimmt dem Satz zu, es gäbe „ nur eine wahre Religion“. 47 Prozent halten die Befolgung der Islam-Gebote für wichtiger als die deutscher Gesetze. Ein Drittel meint der Studie zufolge, Muslime sollten zur Gesellschaftsordnung aus Mohammeds Zeiten zurückkehren. 36 Prozent sind überzeugt, nur der Islam könne die Probleme der Zeit lösen. Pollack warnt, der Anteil derjenigen mit verfestigtem fundamentalistischem Weltbild liege „immer- hin bei 13 Prozent“.            U.M.


Jan Heitmann:
Nicht Schäuble!

Es mutet wie eine bewusste Provokation an: Kaum hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mit seinen unsäglichen Äußerungen über die angebliche Notwendigkeit der Zuwanderung ins inzestuöse Deutschland für Schlagzeilen gesorgt, hat der Berliner Senat beschlossen, ihm die Ehrenbürgerwürde der Hauptstadt zu verleihen. Das Ehrenbürgerrecht ist die bedeutendste Auszeichnung Berlins. Sie wird an Persönlichkeiten verliehen, „die sich in hervorragender Weise um die Stadt verdient gemacht haben“. Da stellt sich die Frage, was der Badener Schäuble wohl Großartiges zum Wohle der Stadt geleistet haben mag. Die Antwort des Senats: Er hat eine Rede gehalten. Das war vor einem Vierteljahrhundert, in einer Bundestagsdebatte am 20. Juni 1991, in der er sich „mit Nachdruck und Überzeugungskraft für Berlin als Sitz von Parlament und Regierung des wiedervereinigten Landes“ eingesetzt habe.

Eine einzige Rede. Das soll reichen. Die heutigen Senatsmitglieder hätten Schäuble damals besser zuhören sollen. Er hat nämlich gesagt, es gehe in der Debatte in Wirklichkeit „nicht um Bonn oder Berlin“. Die Entscheidung für Berlin sei „auch eine Entscheidung für die Überwindung der Teilung Europas“. Schon in seiner damaligen Rede ging es ihm um nichts anderes als um das, was er heute rücksichtslos betreibt: Die Zentralisierung zugunsten der EU unter Aufgabe der Souveränität Deutschlands. Berlin ist Schäuble ganz egal. Seine Hauptstadt heißt Brüssel.

Erinnert sei auch an seine Lügen, seien es die über die Verhandlungen zum Einigungsvertrag oder die in der CDU-Spen- denaffäre. Von seinen „Leistungen“ bei der „Griechenland-Rettung“ gar nicht erst zu reden.


S. 2 Aktuell

Sogar Obama mischt mit
In den USA hat der schmutzigste Wahlkampf aller Zeiten begonnen – Attentat von Orlando instrumentalisiert

Es ist ziemlich ungewöhnlich, dass sich der amtierende Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika über potenzielle Nachfolger äußert. Barack Obama hat dies in der vergangenen Woche in einer bis dato ungeahnten Schärfe getan. Das zeigt, wie stark die politischen Fronten mittlerweile verhärtet sind.

„Der Killer von Orlando war ein US-Bürger. Wollen wir jetzt deswegen alle Muslime wegen ihres Glaubens diskriminieren“, fragte Obama bei einer Rede vor Demokraten in Washington. Kurz zuvor hatte der republikanische Präsidentschaftsbewerber Donald Trump die demokratische Partei des US-Präsidenten scharf kritisiert und seine Forderung nach einem Einreiseverbot unter anderem für Flüchtlinge aus Syrien erneuert.

Seit wenigen Tagen steht zudem fest, dass Trump sich im Wahlkampf um die Nachfolge Obamas mit Hillary Clinton wird auseinandersetzen müssen. Die Vorwahlen sind gerade abgeschlossen, die Kandidaten versuchen, ihre Kriegskasse zu füllen, doch bereits jetzt scheint festzustehen, dass es der schmutzigste Wahlkampf der US-Geschichte sein wird. Ursprünglich wollte der schillernde Milliardär Trump, der sich beim republikanischen Elefantenrennen gegen ein gutes Dutzend zum Teil hochkarätiger Konkurrenten durchgesetzt hatte, in diesen Tagen über die moralische Verkommenheit seiner Gegnerin sprechen. Ihren Ehemann, den Ex-Präsidenten Bill Clinton, findet Trump bekanntermaßen „zum Kotzen“, diese gesamte Familie „sei untreu, korrupt und verkommen“.

Doch dann kam es in Orlando zu dem Massaker in einem Schwulen-Club. Ein in den USA geborener Afghane, der sich zur islamischen Terrorgruppe IS bekannte, erschoss 50 Menschen. In den Vereinigten Staaten gilt eigentlich die Prämisse, dass nationale Krisen zu einem Schulterschluss unter den Politikern führen. Doch diesmal ist alles anders. Jedes Lager versucht, die Vorfälle möglichst für die eigene Kampagne auszunutzen.

„Ich will sie nicht in unserem Land haben“, sagte Trump und erneuerte damit de facto nicht nur seine umstrittene Forderung nach einem Muslim-Bann. Er versuchte auch, bei der Homosexuellen-Community zu punkten. Dies ist in der republikanischen Partei höchst umstritten. Vor allem der rechte Parteiflügel läuft seit Jahren Sturm gegen die so genannte Homo-Ehe. Doch der Anschlag von Orlanda hat die Nation an einem empfindlichen Punkt getroffen. Noch nie zuvor gab es so viele Solidaritätsbekundungen Richtung Homosexuelle. „Wir sind ein Land, in dem der Schutz der Minderheiten eine lange Tradition hat“, sagte Trump und giftete Richtung der Muslime: „Sie sind Gott sei Dank auch noch eine Minderheit. Aber sie haben keinen Respekt vor unseren Werten.“

Der amtierende Präsident reagierte erbost. „Wenn wir alle Muslime über einen Kamm scheren, gehen wir denen auf den Leim, die einen Krieg zwischen dem Islam und dem Westen oder den USA wollen, dann erledigen wir die Arbeit der Terroristen.“  Trump konterte umgehend und attackierte seinen politischen Gegner. Obama sei unfähig und wisse nicht, was er tue. Er müsse vorzeitig zurücktreten, zitiert die Nachrichtenagentur DPA aus einer Rede. Und seine Kontrahentin wolle die Zuwanderung von Syrien-Flüchtlingen um 500 Prozent erhöhen, wetterte Trump. „Das ist größer, furchtbarer, als das legendäre Trojanische Pferd jemals war.“ Trump warf muslimischen Gemeinden vor, nicht mit Behörden im Kampf gegen potenzielle Gewalttäter zusammenzuarbeiten.

Die aggressive Rhetorik zeigt anscheinend Wirkung. Einer Umfrage zufolge sank der Vorsprung von Clinton auf Trump nach dem Massaker von Orlando. Die Demokratin liegt nur noch 11,6 Prozentpunkte vor dem Republikaner Trump, wie aus einer aktuellen Reuters/Ipsos-Umfrage von Dienstag vergangener Woche hervorgeht. In der Vorwoche hatte Clinton noch 13 Punkte vor Trump gelegen.

Trump, in den USA auch aufgrund seiner wirtschaftlichen Aktivitäten nicht unumstritten, sieht in dem Islam-Thema offenbar einen Ansatz, um einen Stimmungsumschwung herbeizuführen. Bisher gilt Clinton als Favoritin. Trump kritisierte auch die Tatsache, dass Obama die Bezeichnung „radikaler Islam“ bewusst vermeidet. „Wir werden geführt von einem Mann, der entweder nicht hart ist oder nicht klug ist oder der etwas ganz anderes im Sinn hat“, meint Trump.

Der attackierte Präsident griff daraufhin mehr oder weniger unverhohlen in den Wahlkampf ein. „Das ist nicht das Amerika, das wir wollen. Das macht uns weniger sicher.“ Zu Trumps Forderungen sagte er: „Wo hört das auf? Wo führt uns das hin?“ Doch das Attentat von Orlando bietet den Republikanern nicht nur eine Wahlkampfvorlage. Denn der Täter war auf Grund seiner Tätigkeit für eine Sicherheitsfirma rechtmäßig im Besitz einer Schusswaffe. Das Recht zur „Selbstverteidigung“ gilt vor allem unter den Parteirechten als hohes Gut. Nicht umsonst forderten die Demokraten im Kongress, nun müsse eine breite gesellschaftliche Debatte über das liberale Waffenrecht einsetzen. „Wir haben genug von Schweigeminuten“, sagte die demokratische Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus, Nancy Pelosi. Aber an Trump prallen diese Vorschläge ab. „Die Demokraten sind Leute, die das eigenen Land hassen und es unsicher machen wollen. Unsere Bürger haben das Recht, für ihre Sicherheit zu sorgen“, sagte der Milliardär.    Peter Entinger


Von Johannis’ Erfolg beflügelt
Gute Ergebnisse für das Demokratische Forum der Deutschen bei Regionalwahlen in Rumänien

Zum fünften Mal in Folge erzielte das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR) bei den Kommunalwahlen in Rumänien erstaunliche Erfolge, die weit über den den prozentualen Anteil der Rumäniendeutschen an der Gesamtbevölkerung hinausgehen.

Auch oder gerade wegen der Präsidentschaft des rumäniendeutschen Präsidenten Klaus Johannis wurde in seiner Heimatstadt Hermannstadt die Siebenbürger Sächsin Astrid Fodor vom DFDR mit 57,13 Prozent der Stimmen zur ersten Bürgermeisterin der Stadt gewählt. Die Juristin und Verwaltungswissenschaftlerin wurde bereits 2004 unter Johannis in den Hermannstädter Stadtrat gewählt und stieg 2008 zur Vizebürgermeisterin auf. Im Sommer 2014 übernahm sie kommissarisch die Bürgermeisterbefugnisse, nachdem Johannis seine Präsidentschaftskandidatur bekannt gegeben hatte. Als Johannis Staatspräsident wurde, wählten die Hermannstädter Stadträte Fodor zur Interims-Bürgermeisterin. In ihrem Amt wird sie von einer deutschen Mehrheit von zwölf Stadträten unterstützt. Obwohl es diese absolute Mehrheit erlauben würde, die zwei Vizebürgermeisterstellen zu besetzen, hat das DFDR eine Vizebürgermeisterstelle der Liberalen Partei PNL überlassen, die 2014 Johannis auf ihrer Liste zum Präsidentschaftskandidaten gemacht hatte. Den zweiten Vizebürgermeisterposten wird das Deutsche Forum in der Person der bisherigen Vizebürgermeisterin Corina Bokor stellen.

Auch im Kreis Hermannstadt hält das Deutsche Forum acht Kreisratsmandate, nach neun in  der vergangenen Legislaturperiode. Hier wird man die bisherige Zusammenarbeit mit der liberalen PNL fortsetzen. Die Liberalen werden den Kreisratsvorsitzenden und einen der stellvertretenden Kreisratsvorsitzenden stellen, das Deutsche Forum wird den anderen stellvertretenden Kreisratsvorsitzenden in der Person von Wiegand Fleischer stellen. Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler war bereits Kreisrat in zwei Legislaturperioden und hat als Geschäftsführer des Deutschen Wirtschaftsclubs Siebenbürgen Erfahrung in der Verwaltung gesammelt. Weitere Kandidaten hatte das Forum in Heltau [Cisn], wo ein Stadtrat bestätigt wurde. In Freck [Avrig] stellt es dagegen nicht mehr den Bürgermeister. Nur 300 Stimmen haben Arnold Klingeis gefehlt, auch der Anteil der Stadträte ging von fünf auf drei zurück. In Agnetheln [Agnita] hat das Forum seinen Stadt-ratsposten verloren, in Lasseln [Laslea] konnte es einen Gemeinderat halten, so Martin Bottesch, der Kreisvorsitzende des Deutschen Forums. Im Kreis Kronstadt [Brasov] stellt das Forum einen Bürgermeister in Bodendorf [Bunesti] und zwei Stadträte in Kronstadt.

Gute Wahlergebnisse hatte das Deutsche Forum im Kreis Sathmar [Satu Mare], im Norden Rumäniens, wie der DFDR-Vorsitzende Paul-Jürgen Porr hervorhob. Hier stellen Deutsche in einigen Orten noch die Bevölkerungsmehrheit. Als in diesem Sinne deutscheste Orte Rumäniens gelten Fienen und Petrifeld, wo Georg Otto Marchis (DFDR) Bürgermeister ist. Vier Bürgermeister und über zehn Stadträte stellt das Forum insgesamt in Sathmar und gute Chancen bestehen für die Ernennung weiterer vier Vizebürgermeister.

Das Demokratische Forum der Deutschen im Banat ist in so vielen Kommunalverwaltungen präsent wie lange nicht mehr. Fünf von insgesamt sechs Kandidaten des Forums haben den Einzug in die Kommunalräte geschafft. Auch wenn die Bürgermeisterposten verpasst wurden, steht das Forum besser da als vor vier Jahren. In Busiasch [Buzias] und Billed [Biled] konnten die langjährigen Vorsitzenden der Ortsforen, Josef Kanton und Adam Csonti, ihre Plätze in den jeweiligen Gemeinderäten, die sie seit 1990 besetzen, auch beibehalten. In Detta [Deta] schaffte der Vorsitzende des Ortsforums, Gerhart Samantu, den Sprung in den Stadtrat. In der Kleinstadt Sanktanna [Santana] schaffte der 27-jährige Claudius Höniges überraschend den Sprung in den Stadtrat. In der Gemeinde Schag [Sag] hat es mit Alexander Hubert ein Neuling in Sachen Kommunalpolitik auf Anhieb in den Gemeinderat geschafft. In Sackelhausen [Sacalaz] hatte sich ein zurückgekehrter Banater Schwabe aus Deutschland, Ewald Neu, als Kandidat des DFDR beworben. Allerdings reichte es für ihn nicht für einen Sitz im Gemeinderat.

Im Banat fehlte das Zugpferd Klaus Johannis, der in Siebenbürgen alles überstrahlt. Allerdings wird sich die Hauptstadt des Banat, Temeschwar [Timisoara], für 2021 als Kulturhauptstadt Europas bewerben. Die Kulturhauptstadt war auch im Jahre 2007 für Johannis das Sprungpferd ins höchste Staatsamt gewesen.     Bodo Bost


MELDUNGEN

Millionen für die Türkei

Berlin – Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat im ersten Quartal dieses Jahres über- und außerplanmäßige Ausgaben in Höhe von insgesamt 127,67 Millionen Euro bewilligt. Davon wurden 127 Millionen Euro als „Mehrbedarf aufgrund erforderlicher bilateraler Verträge“ deklariert. Genauer: Sie gingen an die sogenannte EU-Türkei-Flüchtlingsfazilität. Weitere 300,9 Millionen Euro wurden als außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigung für die Jahre 2017 bis 2019 für die EU-Türkei-Flüchtlingsfazilität bereitgestellt. U.M.

 

Erdogan erhält eine Abfuhr

Moskau/Ankara – Anlässlich des russischen Nationalfeiertags am 12. Juni schickte der türkische Präsident Reccep Tayyip Erdogan seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin ein Glückwunschtelegramm, in dem er den Wunsch nach einer Normalisierung der Beziehungen zum Ausruck brachte. Auch der türkische Premierminister Binali Yildirim wandte sich an seinen Amtskollegen Dmitrij Medwedjew, um die Wichtigkeit der Zusammenarbeit beider Staaten zu unterstreichen. Seit die Türkei einen russischen Kampfjet über syrischem Gebiet abgeschossen hat, zeigt Putin Ankara die kalte Schulter. Die türkische Wirtschaft bekommt das Wegbleiben russischer Urlauber zu spüren, und gemeinsame Wirtschaftsprojekte liegen auf Eis. Putin verlangt von Erdogan finanzielle Kompensation für den Jet-Zwischenfall. In diesem Sinne ließ er seinen Sprecher Dmitrij Peskow auf das Telegramm antworten, der sagte, dieses enthielte „keine substanziellen Passagen“ und sei nicht mehr als ein Protokoll und gängige Praxis in den internationalen Beziehungen. MRK

 

Truppe zahlt fürs Bleiben

Berlin – Es ist erst wenige Jahre her, da hat die Bundeswehr Berufssoldaten den vorzeitigen Ruhestand vergoldet, um wie von der Politik vorgegeben Personal abbauen zu können. Nachdem Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen kürzlich bekanntgegeben hat, den Personalbestand wieder aufzustocken, muss die Truppe nun den umgekehrten Weg gehen. Jetzt bezahlt sie die Soldaten, damit sie bleiben. Dazu gewährt sie einen sogenannten Personalbindungszuschlag als Einmalzahlung. Das Angebot richtet sich an Berufs- und Zeitsoldaten im Dienstgrad Hauptmann, deren Dienstzeitende bevorsteht. In einem Schreiben an die Betreffenden heißt es: „Die aktuelle Personallage der Bundeswehr un-terliegt aufgrund vielfältiger Faktoren wie etwa der fortschreitenden Digitalisierung oder geopolitischen Veränderungen der stetigen Anpassung. … Im Fokus der Personalplanung der Bundeswehr steht deshalb auch die Aufgabe, geeignetes Personal über den gegenwärtigen Verpflichtungszeitraum hinaus zu binden beziehungsweise. für eine Verwendung bei der Bundeswehr, ggf. mit bestimmten regionalen Schwerpunkten, zu gewinnen.“ Da die Vergabemöglichkeiten begrenzt seien, wird empfohlen, „sich bereits zum jetzigen Zeitpunkt mit den Möglichkeiten und Optionen auseinanderzusetzen“. Denn: „Die investierte Zeit kann sich durchaus lohnen. Der Zuschlag beträgt abhängig von der Besoldungsgruppe bis zu 32500 Euro.             J.H.


S. 3 Deutschland

Der Kampf um die Mitte
Beim Bundestagswahlkampf wird die Steuerpolitik im Mittelpunkt der Debatte stehen

Bis zur Bundestagwahl im kommenden Jahr vergehen zwar noch knapp 15 Monate, doch schon jetzt stehen die großen Themen fest. Neben der Islamdebatte und der Flüchtlingskrise dürfte auch die Steuerpolitik im Zentrum der Debatten stehen.

Der Staat hat in den vergangenen Monaten so viel Geld eingenommen wie nie zuvor. Die Arbeitslosigkeit ist noch äußerst gering, die Wirtschaft boomt, doch die schwarz-rote Koalition hat bisher wenig unternommen, um die Bürger am Geldsegen teilhaben zu lassen. Die Zurückhaltung hat einen einfachen Grund: Angesichts der horrenden Mehrausgaben, die durch die sogenannte Flüchtlingskrise entstanden sind, tritt Finanzminister Wolfgang Schäuble auf die Ausgabenbremse. Doch SPD-Chef Sigmar Gabriel fordert ebenso wie der bayerische Finanzminister Markus Söder eine deutliche Entlastung der Bürger.

Der Bund der Steuerzahler, der sich als Lobby-Organisation der Lohn- und Einkommenssteuerzahler versteht, machte unlängst gar das Fass Solidaritätszuschlag wieder auf. „Schluss mit dem Solidaritätszuschlag bis spätestens 2019, wenn die Finanzhilfen für den Aufbau Ost ohnehin auslaufen“, heißt es in einer Mitteilung der Organisation, die sich lobend über Söder äußerte, da sich dieser gegen den Soli ausspreche und zudem einen „Tarif auf Rädern“ fordere. Damit solle der Einkommensteuer-tarif an die Inflationsentwicklung angepasst werden. Der CSU-Politiker will die Schwesterpartei CDU motivieren, mit einem „gemeinsamen Paket für eine umfassende Steuerreform“ in den Bundestagswahlkampf 2017 zu ziehen. Söder lässt derzeit nach Angaben des „Donaukuriers“ ein Steuerkonzept mit vier Schwerpunkten erarbeiten. Neben dem Wegfall des Solidaritätszuschlags soll auch die sogenannte kalte Progression abgeschafft werden. Zudem will Söder niedrige und mittlere Einkommen bei der Einkommensteuer „fair entlasten“.

„Wie hoch die Entlastung ausfallen wird, hängt vom finanziellen Spielraum ab“, sagte der bayerische Finanzminister, der allerdings klarmachte, dass die von „Bundeskassenhüter“ Schäuble in Aussicht gestellten zwölf Milliarden Euro zu wenig seien. „Da muss mehr kommen, das sind wir den Bürgern schuldig.“ Schäuble selbst hat offenbar ebenfalls erkannt, dass angesichts steigender Ausgaben für Asylsuchende „ein Bonbon“ für die einheimische Bevölkerung dringend notwendig ist. „Da wir ein Stück weit Spielraum gewonnen haben, bin ich dafür, dass man ihn nutzt, um in den nächsten Jahren die Einkommensteuertarife für untere und mittlere Einkommen ein wenig zu senken“, sagte er.

Schäuble bremste allerdings im Gespräch mit dem „Handelsblatt“ allzu hohe Erwartungen. In dieser Legislaturperiode werde es keine Steuersenkungen geben. Die CDU habe 2013 versprochen, die Steuern nicht zu erhöhen, der Bundesrat bestehe darauf, sie nicht zu senken. „Ich bin Finanzminister dieser Legislaturperiode und halte mich daran“, erklärte er. Zuvor hatte bereits der CDU-Steuerexperte Eckard Rehberg gefordert, seine Partei müsse mit einem „Steuerentlastungskonzept“ in den Wahlkampf ziehen.

Gleiches plant auch SPD-Chef Sigmar Gabriel, der die „arbeitende Mitte“ für sich entdeckt hat. „Die Leute, die hart und ehrlich arbeiten, müssen entlastet werden“, sagt der oberste Genosse der Republik. Wie das genau funktionieren soll, verrät er freilich noch nicht. „Die SPD sucht noch nach ihrer Taktik“, kombinierte die Tageszeitung „Die Welt“ bissig. Zumal Fraktionsvize Carsten Schneider bereits warnt: „Unrealistische Versprechungen nähren nur die Politikverdrossenheit. Entlastungen müssen zielgenau sein. Von Steuersenkungen profitierten sonst vor allem hohe Einkommen. Um zu erreichen, dass mittlere und untere Einkommen mehr Netto vom Brutto haben, werden wir deshalb auch Entlastungen bei den Sozialabgaben prüfen.“ So könnte die SPD den Bogen von einem Steuer- zu einem, Gerechtigkeitswahlkampf spannen. Zumal der Kampf um die Mitte längst entbrannt ist.

Auch die FDP und die AfD haben sich zum Interessenvertreter der Steuerzahler erklärt. „Die Menschen, die morgens aufstehen, müssen einfach mehr in der Tasche haben“, sagte der FDP-Vorsitzende Christian Lindner. Die Liberalen wollen die Abschaffung des Solidaritätszuschlags zu einem Schwerpunkt ihrer Kampagne machen. Die AfD hat sich derweil noch nicht festgelegt. „Aber es wird sicher ein Thema sein, zu dem wir uns positionieren werden“, sagt der Parteivorsitzende Jörg Meuthen. Lediglich die Grünen wollen nicht mitspielen. „Wir werden nicht die Fehler des letzten Wahlkampfs wiederholen und an der Lebensrealität der Menschen vorbeiargumentieren. Dieses Land braucht Konsens und keine leeren Versprechungen“, sagte der designierte Spitzenkandidat Cem Özdemir.          Peter Entinger


Belanglose Studie
Forschungsbericht über Fremdenfeindlichkeit reine Auftragsarbeit

Wissenschaftler von der Universität Leipzig haben eine soziologische Studie vorgestellt, der zufolge „die Mitte“ der deutschen Gesellschaft in au­toritärer und rechtsextremer Weise „enthemmt“ ist. Dabei handelte es sich um verdeckte Auftragsforschung. Die wissenschaftlichen Ergebnisse dürfen wenigstens partiell bezweifelt werden. „Die enthemmte Mitte“: Damit entspricht die Studie im Titel genau dem neuen Kampfbegriff der links-grünen veröffentlichten Meinung, nämlich der seit den sich abzeichnenden Erfolgen der AfD vermehrt aufgestellten Behauptung, dass „die Mitte“ radikal, ja eigentlich terroristisch sei. Schon diese Übereinstimmung von medial eingeführten und angeblich wissenschaftlichen Begriffen lässt aufhorchen.

Die beteiligten Forscher unter Leitung des psychoanalytischen Sozialpsychologen Oliver Decker arbeiten am „Kompetenzzentrum für Rechtsextremismus- und Demokratieforschung“. Für das penetrante Selbstlob, sich Kompetenz zuzusprechen, können sie nichts, denn das ist mittlerweile Usus an deutschen Universitäten. Es fällt aber auf, dass eine Bedrohung der Demokratie für die selbsternannten Kompetenten nur vom „Rechtsextremismus“ her kommen kann.

Bei einer Befragung kommt es bekanntlich auf die Fragen an. An den Fragen, die den 2400 „bevölkerungsrepräsentativen“ Probanden gestellt wurden, kann man deshalb erkennen, was die Leipziger Soziologen beispielsweise für „Chauvinismus“ halten: Nämlich „Mut zu einem starken Nationalgefühl“, den Wunsch nach einem „harten und energischen Durchsetzen deutscher Interessen“ und die Erwartung an die Politik, „Deutschland die Macht und Geltung zu verschaffen, die ihm zusteht“. Nach diesen Kriterien sind beispielsweise die USA eine superchauvinistisch-rechtsextreme Macht mit ebenso superchauvinistisch-rechtsextremen Bürgern. Zudem wurden von rot-grünen Bundesregierungen ebenso wie den Großen Koalitionen deutsche Interessen innerhalb der EU teilweise knallhart durchgesetzt wie auch, unter anderem durch den drittgrößten Waffenexport weltweit, zur deutschen Geltung beigetragen, ohne dass dies die Leipziger Soziologen zur Verurteilung von Schröder, Fischer, Merkel und Gabriel als „autoritäre Rechtsextreme“ geführt hätte.

Klaus Schroeder, Extremismusforscher an der Freien Universität Berlin, kritisierte denn auch im Deutschlandfunk die methodischen Grundlagen der Studie. Die Fragen seien häufig suggestiv gestellt, die Untersuchung insgesamt sei von Interessen geleitet, ihr Titel reißerisch und völlig überzeichnend, die Ergebnisse seien „im Grunde genommen belanglos“.

Den Vogel schießen die Wissenschaftler mit ihren stolz aufgeführten Förderern ab. Es sind dies die Heinrich Böll-Stiftung, die Rosa Luxemburg-Stiftung und die Otto Brenner-Stiftung, womit die Grünen, die Linkspartei und die IG Metall beisammen sind. Die Stoßrichtung der Studie ist damit sonnenklar: Sie schlussfolgert, dass „die AfD“ zur „Heimat“ für Rechtsextremisten geworden sei. Das ist ziemlich global behauptet und ungefähr so aufschlussreich wie die sicher korrektere Feststellung, dass die Grünen und die Linkspartei die Heimat vieler Linksextremisten seien. Die damit einhergehende linksextreme „Enthemmung der Mitte“ ist aber anscheinend kein soziologisches Problem.

                Adorján Kovács


Klautour nach Deutschland
Der Kriminaltourismus unter dem Deckmantel Asyl floriert

Das Bundeskriminalamt (BKA) hat erstmals eine Bilanz über Straftaten von Zuwanderern veröffentlicht (siehe PAZ 24/2016). In seiner „Lageübersicht“ analysierte es auch, welche Nationalitäten besonders oft straffällig werden. Demnach begingen Algerier, Marokkaner, Serben und Georgier besonders viele Straftaten, wohingegen Syrer, Afghanen und Iraker unterdurchschnittlich häufig polizeilich auffielen. Laut BKA gibt es ein „steigendes Straftatenaufkommen“ auch aus ethnisch-kulturellen oder religiösen Motiven, womit die steigende Gewalt unter den Asylbewerbern gemeint ist.

Gesichert ist nun auch, dass die Mehrzahl der Sex-Täter der Kölner Silvesternacht im Zuge der Asylwelle aus den Maghreb-Staaten ins Land gekommen ist. Der Willkommensruf Angela Merkels war in diesen Staaten im letzten Jahr auf besonders fruchtbaren Boden gefallen. Während aus Syrien, Irak und Afghanistan sich vorwiegend Familien auf die Flucht machen, ist die Maghreb-Zuwanderung eine fast rein männliche, was die Frustration und die kriminelle Energien unter diesen Männern noch potenziert.

Anders sind die Verhältnisse im Falle Georgien. Dieses Land ist im Gegensatz zu Nordafrika mit seiner Auswanderungsbewegung nach Frankreich kein klassisches Auswanderungsland. Die Emigration aus diesem Land scheint vielmehr gezielt von einer „georgischen Mafia“ zum Zwecke des Kriminaltourismus gesteuert zu sein. Nach Auskunft von André Schulz, dem Vorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, spricht die Mafia in Georgien gezielt Kriminelle an, um sie nach Deutschland zu schleusen. Als der georgische Innenminister Giorgi Mgebrischwili im April in Deutschland zu Besuch war, verurteilte er einen solchen Missbrauch des Asylrechts durch seine Landsleute scharf.

Nach der „Rosenrevolution“ von 2003 war die Regierung von Micheil Saakaschwili mit beispielloser Härte gegen die Mafia vorgegangen. Da bot das liberale deutsche Asylrecht eine günstige Gelegenheit, um der Verfolgung durch die georgische Justiz zu entgehen. Nachdem Saakaschwili 2012 die Wahl verloren hat und jetzt die Koalition „Georgischer Traum“ regiert, haben sich die Maßnahmen im Kampf gegen Kriminelle abgemildert. Die bereits zu Jahresbeginn vereinbarte Visafreiheit für Georgier wurde jetzt wegen der hohen Kriminalitätsrate georgischer Asylbewerber erst einmal auf Eis gelegt.

Ebenso wie Maghrebiner und Georgier haben serbische Staatsbürger kaum eine Chance, als Asylbewerber anerkannt zu werden. Sie stellen ihre Asylanträge hauptsächlich, um nach Deutschland einreisen zu können und dann bis zur Ausweisung gezielt kriminell tätig zu sein. Spektakuläre Fälle organisierter Kriminalität in Serbien betreffen in erster Linie die Kosovaren. Doch während albanische und kosovarische Clans vorwiegend in Drogenhandel und Prostitution tätig sind, werden in der BKA-Statistik Eigentumsdelikte als häufigstes Vergehen serbischer Asylsuchender in Deutschland angeführt. Dies könnte damit zu tun haben, dass im Rahmen der Massenzuwanderung viele serbische Roma in Deutschland und Österreich Asyl beantragt haben. Beim BKA sind Roma als eigene Gruppe von Tatverdächtigen jedoch nicht untersucht worden.           Bodo Bost


MELDUNGEN

Mehr Rechte für Verfassungsschutz

Köln – Die Bundesregierung will dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) spezielle Befugnisse zur Einrichtung gemeinsamer Dateien „mit wichtigen ausländischen Partnerdiensten, insbesondere der Nachbarstaaten und anderer EU- beziehungsweise Nato-Mitgliedsstaaten“ einräumen. Die Regelung ist Teil eines Gesetzes­pakets „zur verbesserten Terrorismusbekämpfung“. Zudem soll die Bundespolizei wegen der oftmals „abgeschotteten Strukturen im Bereich der Schleusungskriminalität“ wie „nahezu alle Polizeien der Länder und das Bundeskriminalamt“ Verdeckte Ermittler schon zur Gefahrenabwehr und nicht erst zur Strafverfolgung einsetzen dürfen.           U.M.

 

Stasi-Akten sollen ins Bundesarchiv

Berlin – Die Koalitionsfraktionen im Bundestag wollen den Gesamtbestand des Stasi-Unterlagenarchivs dauerhaft erhalten und das Recht auf Akteneinsicht für Betroffene, Wissenschaft und Öffentlichkeit weiterhin gewähren. Zudem soll die ehemalige Stasi-Zentrale in der Normannenstraße in Berlin-Lichtenberg zum „Ort der Aufklärung über Diktatur und Widerstand“ weiterentwickelt werden. Die Gedenkstätte im ehemaligen Stasi-Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen soll als eigenständige Einrichtung weitergeführt werden. Damit übernehmen die Regierungsfraktionen die Empfehlungen aus dem Abschlussbericht der Expertenkommission zur Zukunft der Stasi-Unterlagenbehörde. Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen soll nach dem Willen von Union und SPD in der kommenden Legislaturperiode gemeinsam mit dem Bundesarchiv ein Konzept erarbeiten, um die Stasi-Akten geschlossen in das Bundesarchiv zu überführen.              J.H.


S. 4 Enteignung der Bürger

Zins-Katastrophe spitzt sich zu
»Eine ganze Generation könnte um ihr Erspartes gebracht werden«

Es ist eine winzige Zahl. Doch sie markiert einen historischen Dammbruch, der das Geldvermögen und die Altersversorgung von Abermillionen von Menschen bedroht.

Wie die Finanzexperten Marc Friedrich und Matthias Weik in ihrem neuen Buch „Kapitalfehler“ berichten, zahlt erstmals eine dänische Bank einer Kundin 0,0172 Prozent Zinsen pro Jahr dafür, dass sie einen dreijährigen Kredit aufgenommen hat.

Geld für Schulden? Das bedeutet umgekehrt, dass Menschen, die etwas sparen, dafür wiederum  zahlen müssen. Und genau das geschieht tatsächlich: Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik fielen die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen in den negativen Bereich. Wer dem deutschen Staat Geld leiht, muss draufzahlen. Bei kürzer laufenden Bundesanleihen war dies schon vorher passiert.

Aber was hat der Normaldeutsche mit Staatsanleihen am Hut? Und ist es für einen Kreditnehmer nicht wunderbar, wenn er fürs Schuldenmachen auch noch Geld bekommt von der Bank?

Ein doppelter Trugschluss: Wenn auch kaum ein Privatkunde selbst Staatsanleihen hält, so legen die privaten Renten- und Lebensversicherer das Geld ihrer Kunden größtenteils in solchen Papieren an. Perfiderweise hat die Politik selbst die Versicherer gezwungen, einen Großteil des Anlegergeldes in eben solchen Staatsanleihen zu parken.

Und wie ist es mit den günstigen Krediten? Der persönliche Kreditrahmen richtet sich nach Vermögen und Einkommen des Schuldners. Je wohlhabender er ist, desto großzügiger und günstiger wird ihm geliehen.

So führt die Zinspolitik unserer Tage zu einer gigantischen Umverteilung von Vermögen zulasten von Unter- und Mittelschicht hin zu jenen, welche diese einmalig profitablen Kreditbedingungen im großen Rahmen nutzen können.

Es geht noch weiter: Reiche Kreditnehmer nehmen das billige Geld und kaufen damit beispielsweise Wohnimmobilien. Damit erhöhen sie die Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt, was hier die Preise nach oben treibt. Die Folge sind irgendwann steigende Mieten, die auch und vor allem jene bezahlen müssen, die aufgrund ihrer geringen Bonität von den günstigen Kreditbedingungen kaum oder gar nicht profitieren.

Insgesamt führt die Zinspolitik dazu, dass sich Inhaber großer Vermögen aus Geldwerten verabschieden und ihre Mittel in Sachwerten anlegen, die dadurch im Preis steigen. Sachwerte wie Häuser oder Land muss man sich aber leisten können. Kleinere Vermögen verharren daher trotz aller Widrigkeiten beim Sparkonto oder der Kapitallebensversicherung. So wird kleines Vermögen schleichend abgezogen, um jene zu nähren, welche ohnehin schon weit mehr besitzen.

Wer ist verantwortlich? Dänische Banken müssen heute schon einen Strafzins von 0,75 Prozent für das Geld zahlen, das sie auf ihrem Konto bei der Zentralbank liegen haben, in der Euro-Zone sind es derzeit 0,4 Prozent. Auch wenn das dänische Institut seiner Kreditkundin einen kleinen Bonus zahlt, reduziert es immerhin seinen Verlust, den es erlitte, wenn das Geld stattdessen bei der Zentralbank angelegt wäre.

Für Sparkassen und Genossenschaftsbanken könnte diese Entwicklung jedoch den Tod bedeuten. Sparkassenchef Georg Fahrenschon warnt vor einer neuen Bankenkrise. Die Commerzbank überlegt, ihr Geld in bar im Tresor zu lagern, statt es teuer bei der Bundesbank zu parken. Langfristig, so Fahrenschon, müssten wir „aufpassen, dass nicht eine ganze Generation um ihr Erspartes gebracht wird“.               Hans Heckel


Warum Links versagt
Vom Anwalt der kleinen Leute zum Büttel des Großkapitals

Warum formiert sich gegen die Enteignung der „kleinen Leute“ eigentlich kein politischer Widerstand? Denn es sind die Kleinen, die unter die Räder geraten. Profitieren tun allein große Vermögen. Insbesondere von links müsste ein dauernder Aufschrei durchs Land schallen. Doch: Es ist still in SPD oder Linkspartei, von vereinzelten Räusperern abgesehen.

Grund für das Versagen: Das linke Lager hat sich in seinen politischen Dogmen verfangen. Ein zentrales Dogma ist das Ziel von möglichst viel „Umverteilung“. Um mehr Geld – gern auch auf Pump – staatlich „umverteilen“ zu können, kommen niedrige Zinsen linker Politik eigentlich zupass. Sie ermöglichen es dem Staat, sich günstig zu verschulden und mindern dafür private Profite aus Kapital. Dabei ist jedoch übersehen worden, dass diese „Umverteilung“ nunmehr das große Heer der Klein- und Mittelverdiener zur Schlachtbank führt, wie oben ausgeführt. Gegenmaßnahmen wie höheren Steuern können sich Reiche dagegen umso leichter entziehen, je umfangreicher und damit meist auch globaler sie aufgestellt sind, wie etwa die sozialistische Regierung in Frankreich erleben musste: Nach einer massiven Anhebung der Spitzensteuer flohen reiche Franzosen in Scharen ins Ausland.

Die linken Parteien und Ideologen stecken in einem Dilemma, das weit über den Bereich Zinsen und Finanzen hinausgeht.

Der Multikulturalismus etwa stürzt insbesondere die unteren Einkommensschichten in einen ruinösen Wettbewerb mit ständig neuen Konkurrenten aus den ärmeren Regionen der Welt, denen linke Politik (wie auch der linke Unionsflügel) die Tür aufhält.

Die linke Familienpolitik hat unter dem Banner der Emanzipation dafür gesorgt, „das Familienleben – und das Bild gelungener weiblicher Existenz – der Verwertungslogik des Arbeitsmarktes anzupassen“, wie Alexander Grau unlängst im „Cicero“ bemerkte.

Resümee: Zentrale linke Forderungen sind unversehens zu Treibern eines ausgearteten Kapitalismus geronnen; die Linke mutiert vom Anwalt der kleinen Leute zum Büttel des Großkapitals – eine traurige Karriere.           H.H.


Kritik an EZB wächst: Nun  sogar die OSZE

Angesichts der täglich offenkundiger werdenden Verwerfungen aufgrund eines ins Perverse abgleitenden Finanz- und Kreditmarktes gerät die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) zunehmend in die Kritik. Mit dem billigen Geld solle die Wirtschaft angekurbelt werden, so das Mantra von EZB-Chef Mario Draghi. Doch selbst die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), sonst ein Freund von staatlich gesteuerter Konjunkturpolitik, bekommt angesichts der Realität kalte Füße und warnt.

Die Wirtschaft komme nicht nur nicht in Gang, warnt die  OSZE, sie nehme sogar Schaden. Schwache Firmen, die eigentlich vom Markt gehörten, würden mit billigen Krediten am Leben erhalten und sorgten für ein Überangebot, das im Preiskampf die starken Firmen schwäche. Letztlich wirkt die Zinspolitik hier also wie das Kommando einer Planwirtschaft: Niemand geht pleite. Das Resultat dieses wirtschaftshistorischen Experiments ist bekannt. Am Ende gingen ganze Volkswirtschaften bankrott.

Der Strukturwandel, der notwendig ist, um eine Wirtschaft dauerhaft florieren zu lassen, wird zudem dadurch verschleppt, dass Investoren ihr Geld lieber in Immobilien und Aktien stecken, statt es beispielsweise Firmengründern zur Verfügung zu stellen. Der Grund  liegt abermals in der Politik des „billigen Geldes“. Das von der EZB in den Markt gespülte und zu traumhaften Konditionen an wohlhabende Kreditnehmer weitergereichte Geld überschwemmt den Börsen- und Häusermärkte, wo daher die Preise rasant gestiegen sind und stolze Renditen erwirtschaftet wurden, was immer neue Anleger anlockt.

Firmengründer, welche (aufgrund ihrer notgedrungen zunächst unsicheren Lage) nur schwer Zugang zu gewöhnlichen Bankkrediten haben, können mit den Renditen am Häuser- oder Aktienmarkt nicht mithalten. Um sie machen die Anleger daher einen Bogen.       H.H.


Zeitzeugen

Mario Draghi – Der 68-jährige gebürtige Römer steht seit November 2011 an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB). Draghi war zuvor seit 2005 Chef der italienischen Notenbank, davor hatte er für die US-Investmentbank Goldman Sachs gearbeitet. Mit seiner Niedrigzinspolitik hat er verschuldeten Staaten und Personen geholfen.

Jens Weidmann – Der 48-jährige Solinger wurde 2011 zum bis dahin jüngsten Präsidenten der Deutschen Bundesbank. Weidmann steht in der Tradition seines Hauses, dem es vor allem um Geldwertstabilität geht. Daher kritisiert er die „Staatsfinanzierung aus der Notenpresse“ und warnte schon vor drei Jahren vor den Folgen lang anhaltender Niedrigzinsen. Doch in der EZB-Führung ist der Deutsche weitgehend isoliert.

Georg Fahrenschon – Der 48-jährige Münchener CSU-Politiker war von 2008 bis 2011 als Vorgänger von Markus Söder bayerischer Finanzminister. Seit 2012 ist er Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes, in dem die Landesbanken sowie die regionalen Sparkassen- und Giroverbände zusammengeschlossen sind. Für die Sparkassen ist die Null- bis Negativzinspolitik eine existenzielle Bedrohung, weil sie mehr als die Großbanken auf herkömmliche Zinsgeschäfte angewiesen sind.

Wolfgang Schäuble – Seit 2009 ist der 73-jährige Freiburger Bundesfinanzminister. Wie Weidmann warnt er vor den Folgen der Niedrigzinspolitik. Im April warf er EZB-Chef Draghi vor, für die Hälfte des AfD-Erfolgs mitverantwortlich zu sein. Als Finanzminister profitiert er indes, weil die Zinszahlungen des Bundes massiv zurückgegangen sind – auf Kosten der deutschen Sparer.

Sahra Wagenknecht – Als einsame Stimme innerhalb des linken Lagers hat die 46-jährige Jenaerin die Niedrigzinsen wegen der Folgen für die Kleinsparer scharf verurteilt. Sie nannte die EZB-Politik eine „Vermögensteuer für die Mittelschicht“, durch welche die „Reichen reicher“ würden. Die Politikerin der Linkspartei geißelt eine „kalte Enteignung der Mittelschicht“, für welche sie auch der Bundesregierung eine Mitverantwortung gibt.


S. 5 Preussen/Berlin

Berlin droht die nächste Blamage
Zeichen verdichten sich, dass der Wahltermin im September ernsthaft gefährdet ist

Ist Berlin auch mit Wahlen überfordert? Nur gut drei Monate vor den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus wächst die Sorge, dass erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik ein Landtagswahltermin aus organisatorischen Gründen scheitert. Vor allem für einen Politiker der rot-schwarzen Koalition könnte dies das Ende seiner politischen Karrierepläne bedeuten. 

Wie verfahren die Lage in Berlin ist, wird an einer Äußerung deutlich, die man eigentlich aus einem Krisengebiet oder einem Dritte-Welt-Land erwarten sollte. „Die Wahlen sind gewährleistet“, so die von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) der Öffentlichkeit gegebene Zusicherung. Tatsächlich sind inzwischen Zweifel aufgetaucht, dass am 18. September in Berlin tatsächlich reibungslos gewählt werden kann.

Bekannt geworden ist unter anderem eine Warnung der Berliner Landeswahlleiterin Petra Michaelis-Merzbach. Diese hatte in einem Brandbrief an die Innenverwaltung ihre Sorge geäußert, dass massive Probleme bei der An- und Ummeldung der Berliner, vor allem aber Probleme mit einer neuen Software die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen in Gefahr bringen.

Medienberichten zufolge ist es bei einer Probewahl im Mai, bei der das Rechnerprogramm eine Woche lang getestet wurde, zu massiven Problemen gekommen. Die Rede ist von Datenverlusten und der Vermischung von Datensätzen, langen Reaktionszeiten des Computersystems und zu langen Druckzeiten bei der Ausstellung der Wahlscheine.

Spätestens am 7. August muss das System zur Wahlvorbereitung reibungslos funktionieren. Der Zeitplan zur Behebung der Mängel gilt allerdings als sehr eng und für eine Fehlerbehebung sei es bald zu spät, heißt es. Sechs Wochen vor dem Wahltermin will die Landeswahlleiterin nämlich die Wahlverzeichnisse, die Wahlbenachrichtigungen und Briefwahl-Unterlagen erstellen lassen. Ob ein inzwischen stattgefundenes Krisentreffen bei der Innenverwaltung tatsächlich den Durchbruch darstellt, bleibt abzuwarten.

Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) hat unter anderem angekündigt, den Bezirken Reinickendorf, Treptow-Köpenick und Mitte „moderne Geräte“ zur Verfügung zu stellen, welche für die Wahlvorbereitung veraltete Drucker ersetzen sollen. Aufgetaucht ist inzwischen allerdings der Verdacht, dass es mit dem Beschaffen einiger neuer Drucker nicht getan ist, dass es vielmehr ganz grundlegende Probleme gibt.

Einige Bezirke haben der Darstellung des Senats inzwischen vehement widersprochen. So liegt von Frank Balzer (CDU), dem Bezirksbürgermeister von Reinickendorf, die Aussage vor, beim misslungenen Test zu den Wahlvorbereitungen seien neue „Hochleistungsdrucker“ im Einsatz gewesen. Quelle der Probleme wäre demzufolge das Rechnerprogramm (Software) des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten. Als Beleg für Probleme in der Software wird angeführt, dass in den Wählerverzeichnissen sogar Daten von Verstorbenen aufgetaucht sein sollen – Zustände wie bei der griechischen Rentenversicherung!

Kritik kam ebenso von Oliver Igel (SPD), Bürgermeister von Treptow-Köpenick. In dem Bezirk sollen beim Testlauf sogar nagelneue Laserdrucker im Einsatz gewesen sein. Laut  Igel haben bei dem Testlauf in seinem Bezirk die für den Druck der Wahlscheine benötigten Barcodes nicht funktioniert. Als Fehlerquelle kommen entweder die Geschäftsstelle der Landeswahlleiterin oder das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten infrage. „Ich verzichte hier darauf, zu veröffentlichen, welche der beiden Behörden die fehlerhaften Barcodes geliefert hat, und empfehle beiden Institutionen, in einen kommunikativen Austausch zu gehen und die Fehler zu beheben“, so der Bürgermeister.

Stimmen die Vorwürfe der Bezirks­chefs, dann wächst der Druck auf Innensenator Frank Henkel (CDU) weiter. Schon seine Bilanz bei der Kriminalitätsbekämpfung fällt eher mager aus. Zudem ist er es, der als Innensenator die politische Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung  der Wahlen in Berlin trägt.

Bereits die wochenlangen Wartezeiten für Termine in den Bürgerämtern haben die Frage aufgekommen lassen, ob die Wahl möglicherweise angefochten werden kann. Immerhin beruht die Korrektheit der Wahlverzeichnisse auf zuverlässigen Angaben aus den Melderegistern, wer in Berlin gemeldet ist und wo dort. Nur so kann korrekt ermittelt werden, wer überhaupt wahlberechtigt ist.

Inzwischen wächst auch in der CDU die Sorge, dass die Organisationspannen Stimmen kosten können. Schon jetzt sind die Prognosen für die Union nicht sonderlich günstig. Laut einer aktuellen Umfrage würden mehr Berliner die Grünen als die CDU ins Abgeordnetenhaus wählen.

Angefacht hat die Kritik an Henkel zusätzlich, dass er an dem Krisentreffen der Verwaltung wegen einer Erkrankung nicht anwesend war. Man sei im Wahlkampf und könne es sich nicht leisten, tagelang im Ticker zu lesen, dass die Wahlen in Berlin gefährdet seien. Notfalls müsse der erkrankte Henkel die zuständigen Staatssekretäre zu sich nach Hause zitieren, so eine Stimme aus der Berliner CDU. Schon in der Vergangenheit war bemängelt worden, Parteichef Henkel sei als Innensenator zu oft auf Dienstreisen und melde sich sehr selten zu politisch brisanten Themen der Stadtpolitik.

                Norman Hanert


Gerissener als die Mafia
von Theo Maass

Die Sinnhaftigkeit von Tempo 30 in unbewohnten Gewerbegebieten, die Wegnahme von Parkplätzen  in der Innenstadt oder die unmotivierte   Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit auf der Bundesautobahn auch abseits neuralgischer Abschnitte, etwa an Autobahnkreuzen, begründen sich nicht mit der Verkehrssicherheit.

In den Kreisen der betroffenen Autofahrer werden zwei Gründe für die Schikanen diskutiert: Zum einen werden politische Erziehungsmaßnahmen von Autofahrerhassern und zum anderen die Erschließung von neuen Einnahmequellen (Bußgeld) vermutet.

Ich bin seit 25 Jahren mit dem Auto in Dänemark unterwegs und bewege mich dort so wie in Deutschland. Ich hatte in dieser Zeit nicht ein einziges Mal Kontakt mit der Polizei.

In Deutschland bekomme ich pro Jahr zwei bis drei Strafzettel wegen Falschparkens und gelegentlich einen Bußgeldbescheid wegen Überschreitens der zulässigen Geschwindigkeit. Politiker aller Parteien schimpfen stets über verantwortungslose „Raser“ und rücksichtslose Falschparker. Viele der zur Kasse Gebetenen schimpfen über „Mafia- Methoden“.

Die bundesdeutschen Politiker sind aber gerissener als die Mafiosi, deren Opfer wissen, dass sie zu Unrecht geplündert  werden. Unsere Politiker versuchen, den Gemolkenen ein schlechtes Gewissen einzureden. Die Gerupften werden verbal kriminalisiert. Potsdam ist noch autofahrerfeindlicher als Berlin. Parkplätze gibt es kaum, Straßenbahnen und Busse sind keine Alternative und die S-Bahn-Anbindung an Berlin ist unzureichend.

Die Bahn hat es 26 Jahre nach der Vereinigung immer noch nicht geschafft,  ein zweites Gleis von Potsdam nach Berlin-Wannsee zu verlegen. Die „Bild“-Zeitung und „B.Z.“ haben nun berichtet, dass der brandenburgische AfD-Chef Alexander Gauland in sechs Monaten 54 Strafzettel für falsches Parken erhalten hat. Zudem habe ermehrfach ein Fahrverbot für zu schnelles Fahren erhalten. Gauland titulierte Verkehrspolizisten daraufhin als „Knall­chargen“.

Abgesehen davon, dass es interessant wäre zu erfahren, wie die Zeitung diese   detaillierten Informationen erlangt hat, ist der Skandal eigentlich keiner. Gerade  die eher rustikal denkenden Leser von „Bild“ und „B.Z.“ werden wohl Verständnis für Alexander Gauland aufbringen.


Banden plündern Solarparks
Polnische Profi-Diebe halten Brandenburger Polizei in Atem

Bereits zum zweiten Mal haben Unbekannte aus einem großen Sonnenkraftwerk im brandenburgischen Fahlhorst, unweit des Autobahndreiecks Nuthetal, Solarmodule gestohlen. Der Schaden geht laut Polizei in den fünfstelligen Bereich, insgesamt sollen die Diebe 300 Solarmodule abmontiert haben.

Ermittler vermuten, dass es sich bei den Tätern um eine der polnischen Banden handelt, die sich  auf den Solarmoduldiebstahl in ganz Deutschland spezialisiert haben. Derzeit vergeht in Brandenburg kaum eine Woche ohne neue Anzeigen von Solaranlagenbetreibern. Nach Angaben des Polizeipräsidiums Brandenburg hat es in diesem Jahr bereits mehr als 20 Diebstähle gegeben.

Nachdem die Polizei 2014 eine polnische Bande zerschlagen konnte, hatte sich die Lage zunächst ein wenig beruhigt. Dass es seit dem vergangenen Jahr wieder in verstärktem Maße zu Diebstählen kommt, ist aus Sicht der Ermittler der Bildung neuer Banden zuzuschreiben. Diese würden wie „Hydraköpfe“ wieder nachwachsen. Aktuell geht die Polizei von sieben bis neun Banden aus, die oftmals aus dem Raum Grünberg [Zielona Góra] stammten.

Das Vorgehen der Täter läuft nach einem erprobten Muster ab: Vorab spähen die Diebe die Tatorte professionell aus, dabei klären sie auch, zu welchen Zeiten ein Wachdienst auftaucht. Nachts montieren sie die Panele dann fachmännisch ab, wenn kein Strom produziert wird. Sie bevorzugen Tatorte, die wie die Anlage bei Fahlhorst in Autobahnnähe liegen. Nach den gewonnenen Erkenntnissen verkaufen sie die gestohlenen Solarmodule relativ schnell ins Ausland weiter.

Bundesweit tritt die neue Form von Kriminalität in größerem Umfang bereits seit 2005 auf. Von 2011 bis Ende 2014 registrierten die Ermittler bundesweit insgesamt mehr als 1880 Diebstähle im Gesamtschaden von mindestens 15 Millionen Euro. Der tatsächliche Schaden liegt vermutlich weit höher, da in der Vergangenheit nicht alle Bundesländer Solardiebstähle in der Statistik gesondert auswiesen. Das wegen der Nachbarschaft zu Polen besonders betroffene Brandenburg geht seit dem vergangenen Jahr mit einer speziellen Ermittlungsgruppe namens „Helios“ gegen die Solarzellendiebstähle vor. Noch Handlungsbedarf wird auf der Seite der Brandenburger Justizebene gesehen. So sind die Versuche, eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft für diese Delikte einzurichten, bislang gescheitert. N.H.


Schloss lockt Tausende
Das neue alte Herz der Hauptstadt hat die Berliner erobert

Zum Tag der offenen Baustelle am 11. Juni kamen rund 8000 Schaulustige, um die Arbeiten am Schloss im Herzen Berlins in Augenschein zu nehmen. Der Bau schreitet gut voran. Das Projekt liegt im Plan, der Rohbau steht, die einst vom Architekten Andreas Schlüter nach römischen Vorbildern entworfenen Fassaden sind zu drei Vierteln fertig. Die dafür nötigen Spenden von rund 80 Millionen Euro sind mehr als zur Hälfte verbucht. Damit ist der Spendenaufruf schon erfolgreicher als bei der Dresdner Frauenkirche zum gleichen Baustand.

Die Kamera, die in Echtzeit über den Platz neben dem Berliner Dom schwenkt, fängt einen edlen Rohbau in Weiß und hellen Grautönen ein. An dieses Betonskelett legen sich gelbe Ziegelwände mit barockem Schmuck. Zur Spree erhebt sich künftig eine glatte viergeschossige moderne Front.

Die Schloss- und Museumsgegner stellen nur noch eine Minderheit: Die Protestaktionen gegen den Bau lockten trotz Medienflankierung und Vernetzung über soziale Medien im Internet nur rund ein Zehntel so viele Interessenten an wie jetzt der Tag der offenen Baustelle. Das Schloss ist damit nicht nur im Herzen von Touristen, sondern auch in dem der Berliner angekommen.

Die bessere Baustelle im Vergleich zum Flughafen BER ist es allemal, vor allem weil es gelang, den Einfluss der Berliner Landespolitik weitgehend auszuschalten. Erst im Januar hatte der Senat verkündet, die vom Land Berlin zu nutzenden Räume umzuplanen. Die Änderungen müssen sich nun an dem orientieren, was bereits vorgesehen war, und Berlin zahlt selbst.

Der jüngste Besucheransturm nährt die Erwartung, dass sich das Schloss nach seiner Einweihung zu einem Besuchermagneten entwickeln wird: „Das Humboldt-Forum wird die Touristen-Massen anziehen“, prophezeit Paul Spies, der künftige Direktor der Stiftung Stadtmuseum. Der Tag der offenen Baustelle bot darauf einen Vorgeschmack. Kurzvorträge, Ausstellungsideen und besondere museale Objekte aus den bisherigen Sammlungen waren begleitend zu sehen. Das Programm beinhaltete zudem zwei Dokumentarfilme aus Bangladesch und Laos sowie eine Klanginstallation. Das Schloss gibt auch architektonisch Impulse – eine bundesweite Rekonstruktionswelle mit privaten Spendern in vielen Projekten erhält durch das Schloss weiteren Auftrieb.          SG


S. 6 Ausland

Spionage ganz offen
US-Aufklärungsflüge sollen Russland zu Gegenmaßnahmen provozieren

Es wäre naiv, sich über Spionage zu beklagen, denn dieses Geschäft betreibt jede Macht. Doch in der  aktuellen strategischen Situation gewinnen die gehäuften Spionageaktivitäten der USA eine neue Qualität. Erstens stehen sie im offensichtlichen Zusammenhang mit der Aufrüstung der Nato nicht nur an Russlands Westgrenze. Zum anderen widersprechen sie den üblichen Gewohnheiten in diesem eigentlich verdeckt arbeitenden Gewerbe.

Ort und Umstände wären eines Spionage-Reißers würdig: Die Generalkonsulin der USA in Wladiwostok im Fernen Osten Russlands, Mary Gunn, reitet mit zwei Gefährten durch ein militärisches Sperrgebiet der Halbinsel Kam­tschatka. Damit aber die Spannung steigt, wird sie von den russischen Sicherheitsbehörden gestellt. Dann allerdings findet die Geschichte ein unspektakuläres Ende. Die Konsulin weist sich aus, erklärt, sie sei als Privatperson unterwegs gewesen und wird entlassen. Ihr Konsulat schweigt zu dem Vorfall.

Zwischenfälle dieser Art aus dem Spionagewesen sind gut für die Unterhaltung und dafür, die Aufmerksamkeit von den wirklichen Geschehnissen abzuwenden. Tatsächlich nämlich steigern sich die Spionagetätigkeiten der USA in demselben Maße, wie die Nato an Russlands Grenzen aufrüstet. So kam es in jüngster Zeit allein an Russlands Ostseeküste zu verschiedenen Zwi­schenfällen. Am 10. Mai stiegen russische Jets auf, weil sich ein US-Aufklärungsflugzeug bedrohlich der Basis Königsberg genähert hatte. Derselbe Vorgang wiederholte sich an anderen Küstenabschnitten am 15. Mai, am 16., am 18. und am 23. Mai. Es war jedes Mal derselbe Ablauf: Annäherung einer US-Maschine vom Typ RC 135, russische  Jets drängen sie ab, woraufhin die USA Vorwürfe wegen gefährlichen Verhaltens seitens der Russen im Luftraum erheben. So erklärte Pentagon-Sprecher Mark Wright nach einem Zwischenfall am 7. April: „Das unprofessionelle Abfangen in der Luft kann für die Besatzung beider Maschinen gefährlich sein.“

Doch das geschieht beileibe nicht nur über der Ostsee. Vom Nördlichen Eismeer bis hinunter zum Schwarzen Meer und weit in den Fernen Osten zum Pazifik – überall dasselbe Bild. Kamtschatka wird ebenso ausspioniert wie die Kurilen. Hier gibt es Waffenfabriken, dort liegt ein Zielgebiet für Probeflüge von Interkontinentalraketen. Nicht anders in der Arktis, wo Russland neue Basen mit Raketenabwehrsystemen errichtet. Wo es die Lage eines Zielgebietes erfordert, werden die US-Spione sogar von Tankflugzeugen begleitet.

Das Spionagegewerbe ist eigentlich so ausgerichtet, dass es seinerseits möglichst nicht beobachtet wird. Nicht so die US-Spionageflüge, die ganz offen geschehen und bei denen keine Bemühung um Geheimhaltung erkennbar ist. Das hat seinen Grund in einem zweiten Zweck der Aktivitäten: Neben dem Sammeln von Informationen liegt dieser darin, ständigen militärischen wie auch politischen Druck auszuüben, wobei Zwischenfälle billigend in Kauf genommen werden. Denn Russland zu einer unbedachten Reaktion zu verleiten, gehört ganz wesentlich zur Taktik des Bündnisses, egal wo.

Drittens müssen sie auch im Zusammenhang mit einer der jüngsten Äußerungen des Nato-Generalsekretärs Jens Stoltenberg gesehen werden. Dieser nämlich hatte im Vorfeld der Nato-Tagung in Warschau erklärt, das Bündnis werde in Zukunft Cyber-Angriffe ebenso behandeln wie solche mit klassischen Waffensystemen. Das heißt, die Nato kann im Falle einer Hacker-Attacke den Bündnisfall ausrufen. Zu solchen digitalen Attacken seitens Russlands kann es aber im Zuge der Abwehr von Spionageangriffen sehr leicht kommen. Das heißt, die Nato erhöht die Drohkulisse ganz wesentlich und sucht sich gleichzeitig mehr Freiraum im Duell der Computer zu verschaffen.

Eine andere Arena des Kräftemessens ist diejenige der Diplomatie. Vor Kurzem wurde in Mo­s­kau der Militärattaché der US-Botschaft ins russische Verteidigungsministerium einberufen. Dort wurde er auf unprofessionelles Vorgehen eines US-Aufklärungsflugzeugs RC-135 am 22. Mai am Himmel über dem Japanischen Meer hingewiesen. Der Vorfall unterschied sich insofern von den zahlreichen anderen dieser Art, als er eine Kollisionsgefahr mit Flugzeugen ziviler Fluglinien geschaffen hatte. Die russische Luftabwehr habe über dem Japanischen Meer die US-Maschine lokalisiert, die mit abgeschaltetem Transponder unweit der russischen Grenze spioniert habe, so das russische Verteidigungsministerium. Dabei sei der US-Jet in einem Höhenbereich geflogen, nämlich rund 11000 Meter, der vom regulären zivilen Luftverkehr genutzt wird. Fluglotsen der Flugsicherung seien darüber nicht informiert gewesen. Um Unheil abzuwenden, mussten die Flugrouten einer KLM-Maschine und einer der Swissair kurzfristig verändert werden. Beide Maschinen befanden sich jeweils auf dem Linienflug zurück zu ihren Heimatflughäfen.

Die auf einer vierstrahligen Boeing-Transportmaschine basierenden RC-135 bilden ein zentrales Element der strategischen US-Luftaufklärung. Sie verfügen über  Möglichkeiten zur strategischen radioelektronischen Aufklärung, Funkaufklärung sowie zur Verfolgung von Aktivitäten auf dem Boden, im Meer und in der Luft. Die entsprechenden Daten können direkt an den US-Präsidenten, den Verteidigungsminister Ashton Carter und hochrangige Militärs übermittelt werden. 32 solcher Maschinen. überwachen regelmäßig den russischen Luftraum.

                Florian Stumfall


Tote Kinder zählen nicht
Riad erzwingt Streichung von der »UN-Liste der Schande«

Seit 1999 gibt der UN-Sicherheitsrat den Bericht zu Kindern in Konfliktgebieten heraus. Jedes Jahr listet er die Länder, Armeen und Terrorgruppen auf, die Heranwachsende verletzen, töten oder als Soldaten rekrutieren. In dem Report für 2015 stand erstmals auch Saudi-Arabien neben Syrien auf dieser „Liste der Schande“.

Die unter Führung Saudi-Arabiens stehende Interventionsstreitmacht wird im Jemen für den Tod von 510 und die Verletzung von 667 Kindern verantwortlich gemacht und damit für 60 Prozent der knapp 2000 minderjährigen Opfer des jemenitischen Krieges. Auf das Konto der gegnerischen schiitischen Huthis gehen „nur“ 142 tote und 247 verletzte Kinder.

Kaum war der Bericht erschienen, versuchten saudische Diplomaten unter Leitung von Botschafter Abdullah Al-Mouallimi und seine Golf-Nachbarn, mit massiven Drohungen die UN zu diskreditieren. Sie nannten die Vorwürfe zum Jemen „völlig übertrieben“ und verlangten, sofort aus der Liste entfernt zu werden. Andernfalls würden sie das UN-Geld für die arabischen Brandherde Palästina, Syrien und Sudan, an denen das Königreich fleißig mitschürt oder mitgeschürt hat, streichen.

Um nicht Gelder für Millionen anderer Kinder, die schwer leiden würden, zu verlieren, gaben die Vereinten Nationen klein bei und versprachen, die tödlichen Vorfälle im Jemen mit den Saudis noch einmal durchzugehen. Gleichzeitig betonte ein UN-Sprecher, man stehe zu jedem Wort, zu allen Daten und zu allen Informationen in dem Dokument. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon spricht von Erpressung, kündigte aber gleichzeitig an, die Militärkoalition werde von der Liste genommen, bis das Ergebnis einer gemeinsamen Überprüfung der Vorwürfe vorliege. Menschen­rechts­organisationen werfen ihm nun vor, unter dem Druck der arabischen Länder eingeknickt zu sein und so dem Ansehen der UNO geschadet zu haben. Die saudische Seite hat wieder einmal triumphiert und gibt sich arglos. Man habe niemanden eingeschüchtert, versicherte Al-Mouallimi.

Der unerhörte  Vorgang wirft ein weiteres Schlaglicht auf die neue rabiate saudische Außenpolitik unter dem neuen König Salman und seinem Sohn Muhamad als Verteidigungsminister, dem auch die verheerende Kriegführung des Landes im Jemen zuzuschreiben ist. Nicht nur die UN, auch andere internationale Menschenrechtsorganisationen hätten überwältigende Beweise dafür, dass die von Saudi-Arabien geführte Koalition hunderte von Kindern im Jemen getötet oder verstümmelt hat, erklärte Jo Becker, Direktor von „Human Rights Watch“. Auch der Hohe Kommissar für Menschenrechte, Zeid Raad Al-Hussein, hatte Riad bereits vor zwei Monaten vorgeworfen, „ein Gemetzel an der Zivilbevölkerung“ anzurichten. 6800 Menschen verloren in dem seit 15 Monaten tobenden jemenitischen Krieg bisher ihr Leben. 80 Prozent der 24 Millionen Jemeniten sind auf Nahrungshilfe angewiesen, 2,8 Millionen irren im Land herum.

Im Jemen kämpfen seit September 2014 die Truppen von Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi gegen die schiitischen Huthi-Rebellen und andere Gruppen, die dem ehemaligen Präsidenten Ali Abdallah Saleh die Treue halten. Seit März 2015 fliegt die von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition massive Luftangriffe gegen die Rebellen. Auch die islamische Terrororganisation IS profitiert von dem von den Saudis angeheizten Konflikt und hat weite Landstriche im Jemen unter ihre Kontrolle gebracht.    

                Bodo Bost


Zerwürfnis mit Todesfall
Machtkampf droht deutsche Kirche in der Ukraine zu zerreiben

Die Fotos von einem Pastor, der im Talar, mit erhobenen Armen, auf schwerbewaffnete Berkut-Einheiten in Kiew zugeht, gingen vor zweieinhalb Jahren um die Welt. Ralf Haska war Pfarrer der deutschen evangelisch-lutherischen Gemeinde St. Katharina in Kiew. Auf dem Höhepunkt des Majdan-Massakers erklärte Haska die Räume seiner Gemeinde zum Lazarett. Für das ZDF war er der Deutsche, der im Auge des Orkans lebte und daraus berichten konnte. Dabei zählt die deutsche evangelische Kirche in der Ukraine nur knapp 1500 Mitglieder, 300 davon leben in Kiew.

Mit dem erzwungenen Weggang Haskas im Sommer 2015 begann ein erbitterter Streit zwischen der Kirchenleitung in Odessa mit Bischof Sergej Maschewskij an der Spitze und der Hälfte seiner 25 Gemeinden. Es geht um Korruptionsvorwürfe, Vertrauensverlust und einen Todesfall. Die evangelische Kirche in Kiew beschloss sogar, nach dem plötzlichen Tod ihres aus Pommern entsandten Pfarrers Hans-Ulrich Schäfer  aus dem deutsch-lutherischen Kirchenverband in der Ukraine, der Delku, auszutreten. Schäfer hatte die Gemeinde erst im Oktober 2015 übernommen und war im März 2016 gestorben. Schuld an seinem Tod seien die Drangsalierungen durch den Bischof gewesen, glaubt die 77-jährige Tatjana Terjoschina, die Dolmetscherin der Kiewer Gemeinde.

Die deutschen Partnerkirchen, die EKD und die Bayerische Landeskirche, haben ihre Zusammenarbeit mit der Kirchenleitung in Odessa eingestellt. Pfarrer aus der Bayerischen Landeskirche wurden von 1992 bis 2015 regelmäßig in die Ukraine entsandt. Doch mit dem neuen, 2013 gewählten Bischof, dem ersten Einheimischen an der Spitze dieser Kirche, wurde alles anders. Maschewskij ist wie viele seiner russlanddeutschen Gemeindeglieder in Kasachstan geboren. Er warf der EKD vor, korrupte Strukturen in der ukrainischen Partner-Kirche geduldet zu haben. Die EKD wies diese Vorwürfe von sich. Es kam zum Zerwürfnis zwischen den beiden Kirchen. Viele aus der Gemeinde in Kiew werfen Bischof Maschewskij dagegen persönliches Interesse vor. Er wolle darüber hinaus die Delku an andere Glaubenstraditionen heranführen, vor allem an die Missouri-Synode, eine evangelische Kirche aus den USA, die als konservativ gilt und nicht dem Lutherischen Weltbund angehört. Die Missouri-Synode ist seit dem Zerfall der Sowjetunion in der Ukraine tätig. Einzelne Gemeinden, wie die in Jalta, hatten sich schon früher zeitweise dieser einst ebenfalls von deutschen Auswanderern in den USA gegründeten Kirche angeschlossen.

Attraktiv an der lutherischen Kirche in der Ukraine sind vor allem ihre Immobilien. In Odessa, wo der Bischof residiert, ist mit deutschen Geldern die einst ausgebrannte St. Pauls-Kirche wiederaufgebaut worden. In das Gebäude sind Büro- und Konferenzräume integriert, die vermietet werden. Bischof Maschewskij, so der Vorwurf, wolle nun auch über die Kirche im Zentrum Kiews verfügen, eine exklusive Lage in der Nähe des Präsidentenpalastes. Die EKD hat seit 1992 mit viel Geld und Personal die deutsche lutherische Kirche der Ukraine nach dem Zerfall der UdSSR wiederaufgebaut, aber offenbar hat man es versäumt, genügend auf die Verhältnisse vor Ort einzugehen. Denn bereits 1992 verließ der eigentliche Kirchengründer, Viktor Gräfinstein, ein aus einer Erweckungsgemeinde in Kasachstan stammender Russlanddeutscher, seine Kirche nach einem Zerwürfnis mit der EKD.  B.B.


MELDUNGEN

Schweiz will nicht mehr in EU

Bern – Zentralismus, Regelungswahn, Euro-Krise, Zuwanderungs-Krise – unter diesen Bedingungen ist ein Beitritt zur EU nur noch für schwächelnde Länder attraktiv. In prosperierenden Staaten wie der Schweiz hingegen könnten heute nur noch „ein paar Wahnsinnige“ der EU beitreten wollen, erklärte dazu der parteilose Schaffhauser Abgeordnete Thomas Minder. Deshalb haben beide Kammern des Schweizer Parlaments mit großer Mehrheit den Rückzug des Beitrittsgesuchs von 1992 beschlossen. Damit sind alle Pläne für einen Beitritt der Alpenrepublik zu dem erodierenden Staatenverbund endgültig vom Tisch.     J.H.

 

Kirchenfürsten verprassen Geld

Stockholm – Nach Medienberichten über das Gebaren ihrer Amtsträger gerät die schwedische Staatskirche zunehmend unter Druck. Bischöfe und andere hohe Kirchenfunktionäre hatten es nachweisbar bei Auslandsreisen auf Kosten ihres Arbeitgebers kräftig krachen lassen. So stiegen sie in Luxushotels exklusiver außereuropäischer Urlaubsziele ab oder besuchten Fußballspiele und Musicals in England. Als Grund für solcherlei Geprasse gaben sie gegenüber der Kirchenverwaltung „Kontaktpflege“, „Führen von vertraulichen Gesprächen“ oder „Haushaltsberatungen“ an. Auch Gemeindemitglieder mit guten Verbindungen zur Kirchenführung gönnten sich auf Kosten der Gesamtkirche Ausflüge beispielsweise zum Badeurlaub nach Malta, während bei manchen anderen Ortskirchen das Geld selbst für ihre elementarsten Aufgaben nicht ausreicht. Die bereits seit Langem auf Rekordniveau liegende Zahl der Kirchenaustritte schnellte nach Veröffentlichung der Berichte in die Höhe.         T.W.W.


S. 7 Wirtschaft

Experiment mit Unsicherheiten
Austritt aus der EU muss keine Katastrophe sein – hat aber weitreichende Folgen für alle Beteiligten

Erst seit 2009 lassen die Europäischen Verträge den Austritt eines Mitglieds aus der EU zu, vorgekommen ist er bislang jedoch noch nicht. Ob der Brexit kommt, konnte bei Redaktionsschluss zwei Tage vor der Abstimmung naturgemäß noch niemand wissen. In jedem Fall wäre er eine Premiere, und deshalb stellt sich umso mehr die Frage, was dann passiert.

Die Folgen eines Brexit, die sich nach dem Grad der Abnabelung richten, sind selbst für Experten ein Rätsel. Ein Wiederbeitritt nur zum Europäischen Wirtschaftsraum ist möglich. Island, Liechtenstein und Norwegen nehmen ähnlich am freien Verkehr von Personen, Waren und Dienstleistungen teil, ohne Teil der EU zu sein. Solche Nichtmitglieder und die EU haben ein Interesse an enger Zusammenarbeit. Ein Austritt kann daher keine Katastrophe sein – die könnte sich auch niemand leisten.

Wer wissen will, was genau ein Austritt bedeutet, erhält wenig Antworten. Die Bertelsmann-Stiftung rechnet im konkreten Fall für 2030 – erst dann entfalte sich die volle Wirkung – mit einem um 0,6 bis drei Prozent geringeren realen Bruttoinlandsprodukt (BIP) je Insel-Einwohner. Weniger als die Briten würden der Stiftung zufolge die irischen Nachbarn bluten. Die zu erwartenden „Wohlfahrtsverluste“ für Deutschland fielen ebenfalls eher gering aus.

Die Denkfabrik „Open Europe“ hingegen hält für 2030 zwischen einem 2,2 Prozent schlechteren und einem um 1,6 Prozent besseren BIP-Wert der Insel vieles für möglich. Einig sind sich die Experten nur, dass die Briten beim Austritt mehr bräuchten als einen neuen Status zur EU und Nachfolgeregeln für deren 38 Handelsabkommen mit anderen Staaten – die Briten bräuchten viele neue Handelsabkommen. Gefragt ist die von EU-Kritiker Nigel Farage jüngst formulierte „Zuwendung zur Welt jenseits der EU“.

Brüssel hält den Briten vor, sie hätten bald keinen Einfluss mehr, müssten aber EU-Regeln weiter respektieren. Ein Begriff, der in fast jeder Epoche der britischen EU-Beziehungen den Ton bestimmte, wird jedenfalls bleiben: die Nachverhandlungen. Zwar gilt im Fall eines Austritts das EU-Recht zunächst weiter, alles andere ist aber im Detail neu festzulegen – ein bürokratisch-staatsmännisches Großmanöver.

Das war auch schon zum Beitritt in den 1970er Jahren nötig gewesen, auf den die Briten – damals anders denn heute in einer Phase wirtschaftlichen Niedergangs – rund zwölf Jahre hatten warten müssen. Manches von dem, was unter EU-Druck seither umgestaltet wurde, könnten die Briten nach einem Austritt wieder stärker selbst bestimmen, so die Landwirtschaft, wo deutsch-französischer Protektionismus noch nie mit den Interessen der freihändlerischen britischen Industrienation im Einklang war.

Die Austrittsverhandlungen nach Artikel 50 der EU-Verträge sind umstritten. Vorgeschrieben sind der Ablauf der Verhandlungen und ein Zeitfenster von zunächst zwei Jahren. Der britische Premier David Cameron will binnen 14 Tagen starten. So soll möglicher Schaden für die eigene Volkswirtschaft eingedämmt werden und schnell Klarheit herrschen. Gibt es dann keine Einigung, weist die EU den Briten den Status eines Drittstaates zu – sie werden theoretisch behandelt, als wären sie nie Teil der EU gewesen. Dazu gehören auch Zölle. Andererseits wären sie aus der Mithaftung für seitens der EU verhängte Beschlüsse und Sanktionen befreit.

Wie EU-Regeln in Arbeit, Bildung, Kultur und Wirtschaft konstruktiv beendet werden können, ist offen. Brüssels Vorgaben in britisches Recht zu übernehmen, könnte den Prozess vereinfachen, widerspräche aber dem Votum des Volkes für einen Austritt. Bei den bevorstehenden Verhandlungen könnten beide Seiten jede Einzelfrage auf Augenhöhe verhandeln, ähnlich wie es die Schweiz praktiziert. Die Drohung, die EU werde Härte zeigen, wie von SPD-Fraktionsvize Axel Schäfer jüngst formuliert, widerspricht den Interessen der EU, die durch einen reinen Drittstaatsstatus der Briten teils mehr zu verlieren hat als die Briten.

Den Zuzug von Arbeitskräften und Sozialtouristen könnten die Briten bei einem Brexit selbst regeln. Vor allem die Landwirtschaft, die Finanzindustrie, die Gesundheitsbranche, das Hotel- und Gaststättengewerbe sowie die Bauindustrie Großbritanniens haben wegen ihres hohen Anteils an Arbeitskräften aus dem EU-Ausland ein Interesse an der Beibehaltung der Visafreiheit. EU-Produktionsstandards müssten auf der Insel gesichert bleiben, um den Standort für Exporte in die Gemeinschaft attraktiv zu halten. Finanzprodukte am Standort London können nicht mehr ohne weitere Zulassung in der EU vermarktet werden. Im grenzüberschreitenden Handel werden Verbrauchssteuern fällig, selbst wenn das Land einen Status ähnlich Norwegen erhält. Der Status von britischen Grenzgängern, die in der EU arbeiten, ist zu klären – viele Einzelaufgaben.

Wirtschaftlich müsste das Land weiter 80 Prozent der Binnenmarktvorschriften einhalten, so EU-Experten. Die Insel sollte zudem im eigenen Interesse Mitglied der Europäischen Freihandelsassoziation (Efta) bleiben, sonst drohen 20 Prozent Einfuhrzölle auf Tierprodukte, rund 52 Prozent auf Milch und 20,8 Prozent auf sonstige Getränke und Tabak durch die EU. Aber auch in der Efta besteht kein freier Zugang zum Dienstleistungssektor und Finanzmarkt der EU. „Insbesondere die Sektoren Chemie, Maschinenbau und die Kfz-Branche“, so die Bertelsmann-Stiftung, hätten unter dem erschwerten Zugang zu leiden. Dafür wären die Briten den ungeliebten EU-Fiskalpakt, den Euro und das Schengen-Abkommen definitiv los, ebenso den Nettobeitrag zur EU von rund neun Milliarden Euro – wichtigste Wünsche somit erfüllt.  Sverre Gutschmidt


Microsofts großer Coup
Übernahme von Linkedin soll Weltkonzern neue Märkte erschließen

Konstantin Guericke ist im Schlaf reich geworden. Der Hamburger gehört zu den Gründern des Karrierenetzwerks Linkedin. Er war dort Marketing-Chef, stieg aber im Jahr 2006 aus. Einige Aktien hielt er dennoch. Und die sind seit der vergangenen Woche richtig viel wert. Mitten in der Nacht erhielt Guericke eine Nachricht seines alten Freundes Reid Hoffman. Der Aufsichtsratsvorsitzende teilte ihm mit, dass die Firma für 23 Milliarden Euro an den US-Giganten Microsoft verkauft wurde. Microsoft-Chef Satya Nadella wagt damit die größte Übernahme in der Geschichte des Windows-Konzerns, um seine radikale Neuausrichtung zu besiegeln. Szenekenner sprechen davon, dass Microsoft durch den Zukauf eine „Schatztruhe an wirtschaftlichen Daten“ erhält.

Bisher machte das Unternehmen mit seinen Betriebssystemen Umsatz. Nun soll die Ausrichtung verändert werden. Internet-Anwendungen, Smartphones und soziale Netzwerke sollen künftig auch zur Angebotspalette gehören. Hier schließen sich der weltgrößte Software-Anbieter mit allein 1,2 Milliarden Nutzern der Office-Büroprogramme und die global führende berufliche Plattform zusammen. Es ist die Fortsetzung der Vision, die Nadella seit seinem Antritt als Chef vor über zwei Jahren verfolgt. „Dienste statt Kauf-Software, Online-Cloud statt lokaler Computer und Microsoft-Dienste überall, wo man sie brauchen könnte“, analysiert der Wirtschaftsdienst der Deutschen Presseagentur das Geschäft. Auch Firmengründer Guericke glaubt an positive Effekte: „Für Microsoft ist das ein sehr guter Deal. Ich glaube, es steckt eine Menge Potenzial in Linkedin, das noch nicht ausgeschöpft worden ist.“ Besonders wertvoll könnten die Nutzerprofile für Unternehmen sein, die neue Kunden erreichen wollen. Denn Linkedin hat international mehr als 430 Millionen Kunden.

Die Nutzer können sich dort mit eigenen Profilen in ihrem beruflichen Umfeld vorstellen oder nach neuen Arbeitsplätzen Ausschau halten. Das Netzwerk bietet seiner Gemeinschaft Geschäftsnachrichten und hat auch einen speziellen Arbeitsbereich für Personalbeschaffer entwickelt, mit dem diese in den Millionen von Kontakten nach passenden Kandidaten für freie Arbeitsplätze suchen können. „Dieser Deal bringt die größte professionelle Plattform mit dem führenden Karrierenetzwerk der Welt zusammen“, frohlockte Nadella in einem Brief an seine Beschäftigten.

Linkedin soll nach der Übernahme seinen Namen behalten und weitgehend eigenständig wirtschaften. Microsoft dürfte es auch eher um die rund neun Millionen Firmen-Kontakte gehen, die auf der Plattform aktiv sind. „Gemeinsam kann nun ein Markt im Wert von 315 Milliarden Dollar adressiert werden. Die Übernahme eröffnet die Möglichkeit, die Art und Weise zu verändern, wie Beschäftigte zusammenarbeiten“, erklärte Linkedin-Chef Jeff Weiner. Es ist übrigens nicht der erste Versuch von Microsoft, seine Marktpräsenz mit einem Netzwerk auszubauen. 2012 übernahm das Unternehmen den auf Kommunikation in Unternehmen ausgerichteten Kurzmitteilungdienst Yammer, für den Microsoft 1,2 Milliarden Dollar hinlegte. In Deutschland konnte man sich damit aber nicht durchsetzen. Nun soll die Übernahme eines Unternehmens mit teilweise deutschen Wurzeln neue Märkte erschließen.   P.E.


MELDUNGEN

Arbeitnehmer verweichlicht

Berlin – Rückenschmerzen und Depressionen sind nach Angaben der Bundesregierung die häufigsten Gründe für berufliche Fehlzeiten in Deutschland. Allein auf die Diagnose Rückenschmerzen entfielen 2014 rund 31,4 Millionen Fehltage. Auf Platz zwei liegt die sogenannte Depressive Episode mit rund 23,5 Millionen Arbeitsunfähigkeitstagen. Zu den 20 häufigsten Diagnosen, die zu Fehlzeiten führten, gehörten auch Infektionen der Atemwege und „Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen“. Hierbei geht es um außerberufliche Ereignisse, die zu einer Lebenskrise führen. Laut Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin gehört zu den häufigsten psychischen Belastungen im Beruf, wenn verschiedene Arbeiten gleichzeitig gemacht werden müssen, Termin- und Leistungsdruck, Arbeitsunterbrechungen und der Zwang zum schnellen Arbeiten.            J.H.

 

Volkswagen fällt zurück

Wolfsburg – VW ist bei einem Branchenvergleich zur Leistungskraft vom ersten auf den siebenten Platz gefallen. Dass VW nicht noch weiter hinten liegt, ist den Konzerntöchtern Audi und Porsche zu verdanken. Jetzt führen Toyota, Daimler und BMW die Liste an. U.M.


S. 8 Forum

Keine Billigpolizei
von Jan Heitmann

Die Gewährleistung der inneren Sicherheit, der Schutz der Bürger ist eine Kernaufgabe des Staates. Versagt er hier, steht seine Legitimation in Frage. Und angesichts der ausufernden Kriminalität gibt es allen Grund, die Legitimationsfrage zu stellen. Dass mehr Polizisten für mehr Sicherheit sorgen, ist eine Binsenweisheit. Dennoch sind in den vergangenen 15 Jahren gut 17000 Stellen abgebaut worden. Und das ausschließlich, um zu sparen. Die Folgen sind gravierend. In Hamburg beispielsweise sind zehn Prozent der Stellen in den Wachen unbesetzt. Streifenwagen können wegen Personalmangels häufig nicht ausrücken, sodass nicht einmal die sogenannte Grundlast abgedeckt werden kann. Deshalb will der Senat 350 neue Beamte einstellen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière glänzt auch in dieser Sache einmal mehr durch Inkompetenz. Was wir brauchen, sind gut ausgebildete, qualifizierte Polizisten. Die von ihm favorisierten „Wachpolizisten“ sind im Schnellverfahren eingewiesene Schmalspurpolizisten und mögen vielleicht geeignet sein, einfache Wach- und Ordnungsaufgaben zu übernehmen. Alles andere ist Sache der richtigen Polizei. Und die hat eben ihren Preis.


Retourkutsche
von Harald Tews

Geht das schon wieder los mit diesen Sportboykotts! Erst drohte man den russischen Fußballern den Ausschluss aus der Europameisterschaft wegen Hooligan-Ausschreitungen. Und jetzt sollen die russischen Leichtathleten wegen systematischen Dopings im Sommer nicht an den Olympischen Spielen in Rio teilnehmen dürfen. Man kann sich einerseits freuen, dass endlich einmal der Mut gefasst wurde, konsequent gegen Doping anzugehen. Andererseits muss man sich über diese Kollektivstrafe ärgern, denn sie betrifft auch die „sauberen“ russischen Sportler. Und sie dient allein der Aufbesserung des Medaillenspiegels westlicher Länder, deren meisten Olympiasieger auch keine Unschuldslämmer sein werden.

Russland sieht sich wieder einmal mit Sanktionen an den Pranger gestellt. Ohne die Annexion der Krim und den Ukraine-Krieg wäre Russland sportpolitisch wohl gar nicht erst ins Visier geraten. Wie 1980 nach dem Ein­marsch sowjetischer Truppen in Afghanistan sucht der Westen erneut nach Strafaktionen gegen den Kreml. Damals boykottierte man die Olympischen Spiele in Moskau. Prompt blieb der Ostblock vier Jahre später den Spielen von Los Angeles fern.

Moskau wird sich diesmal ga­rantiert wieder eine Retourkutsche einfallen lassen. Vielleicht könnte es ja schon in zwei Jahren bei der Fußball-WM in Russland die Deutschen treffen, weil deren öffentlich-rechtliches Fernsehen besonders emsig bei den Doping­enthüllungen russischer Sportler war. Dann wäre der Titelverteidiger nächstes Opfer des neuen Kalten Krieges. Und deutsche Hooligans böten ja genügend Anlass für einen Ausschluss.


Erdogan auf Ego-Trip
von Bodo Bost

Seit Wochen befindet sich der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan auf einem immer grotesker werdenden Ego-Trip. Da seine Entgleisungen zumeist gegen Deutschland gerichtet sind, werden sie auch überwiegend hier wahrgenommen. Bei seinem skandalösen Auftritt bei der Beerdigung des Weltklasseboxers Muhammad Ali jedoch hat die ganze Welt zugesehen.

Es ist nicht bekannt, wie nah sich die beiden standen. Aber über den Islam hinaus gab es zumindest das Boxen, das beide verband, denn Erdogan spielte wie viele Islamisten vor seiner Politikerkarriere mit dem Gedanken, Profiboxer zu werden. Während der als Cassius Clay geborene US-Boxer am Tag seiner Weltmeisterschaft seinen Namen auf Muhammad Ali („Mohamed der Größte“) änderte und zum Islam übertrat, gebrauchte der Istanbuler Straßenjunge Erdogan seine „Boxkünste“, um sich mit Hilfe des Islam zielstrebig politisch nach oben zu boxen.

So geradlinig wie die seines türkischen Boxkollegen verlief die Karriere des Boxers in den USA allerdings nicht. Als er sich 1965 weigerte, in den Vietnamkrieg zu ziehen, wie Millionen andere junge US-Boys, wurden ihm seine Boxtitel aberkannt. Jetzt erst wurde der Neumuslim zu einer Identitäts- und Integrationsfigur vor allem für die schwarze Bevölkerung Amerikas. Seine Konversion zum Islam war zwar auch für Ali ein politisches Bekenntnis, aber er missbrauchte seine Religion nie für politische Zwecke, wie das Erdogan gerne tut. Als bei ihm die Parkinson-Krankheit diagnostiziert wurde, wurde er zum tragischen Helden Amerikas. Für viele verkörperte er sogar die Möglichkeit der Toleranz zwischen der westlichen und der islamischen Welt.

Erdogan war nicht in die USA gereist, um dem Versöhner und Integrationshelfer Muhammad Ali seine letzte Ehre zu erweisen. Für ihn blieb Ali zeitlebens der großmäulige Boxer der als selbsternannter Größter „von Sieg zu Sieg“ eilte. In der Aura dieses zu einem „muslimischen Vorbild“ hochstilisierten Kämpfers wollte sich Erdogan sonnen, als er sich entschied, Alis Beerdigung zu seiner eigenen Bühne zu machen, und damit für einige Minuten selbst an der Größe Alis teilhaben zu können. Aber für Alis Angehörigen, darunter neun Kinder, war dessen wahre Größe viel mehr als nur die seiner Box-Erfolge. Sie verweigerten dem Möchtegernkalifen die Islam-Ego-Show, die für den wahren Muhammad Ali herabwürdigend gewesen wäre. Als Erdogan bei der Trauerfeier am Sarg keine Koran-Verse vorlesen und keine Reliquien aus Mekka deponieren durfte, fühlte er sich, wie so oft, in seiner islamistischen Ehre gekränkt und reiste erzürnt ab.

Wenn Ali nicht selbst ein Muslim gewesen wäre, hätte Erdogan ihm und seinen Angehörigen jetzt bestimmt Rassismus und Anti-Islamismus vorgeworfen, das ist der Standard-Vorwurf des beleidigten Erdogan gegenüber dem Westen.


Frei gedacht
Der zerstörte Frieden Europas
von Eva Herman

Es ist ein bemerkenswerter Vorgang, wenn ein ehemaliges Staatsoberhaupt sich öffentlich zu Wort meldet, um seiner Sorge über die Zukunft Europas Ausdruck zu verleihen. Wahrlich historische Gründe sind es, warum der ehemalige tschechische Präsident Vaclav Klaus aktuell ein Buch veröffentlichte. Es heißt „Völkerwanderung“ und ist, so der Untertitel, eine kurze Erläuterung der aktuellen Migrationskrise. Sein Ko-Autor, der Ökonom Jiri Weigl, ist als ehemaliger Chef der Präsidialkanzlei langjähriger Weggefährte des großen tschechischen Politikers. Die beiden reden Klartext, und wo sie dies nicht tun können, da stellen sie ihre kritischen Fragen in den Raum, deren Antworten sie selbst doch längst kennen, die man jedoch kaum aussprechen kann. Die Immigrantenflut verändert Europa schlagartig.

Jeder normal denkende Mensch muss sich doch fragen, warum die vielen Millionen Menschen plötzlich, wie auf Knopfdruck, im Sommer 2015 losliefen: „Bislang fiel es Migranten ausgesprochen schwer, große Distanzen zu überwinden. Heute, unter dem Einsatz moderner Verkehrs- und Kommunikationstechnik und angesichts eines höheren Lebensstandards selbst in relativ armen Ländern, ist es viel einfacher und billiger als in vergangenen Jahrhunderten, weit entfernte Ziele anzusteuern“, so der Politiker. „Aber auch das erklärt nicht das plötzliche Anrollen einer Welle derartiger Massenmigration, die uns statt (wie früher) mit Tausenden oder Zehntausenden Flüchtlingen schon heute mit Hunderttausenden und morgen vielleicht sogar mit Millionen von Menschen konfrontiert. Dieser Quantensprung ist es, der uns so besorgt.“

Schon im Vorwort wird klar, wie groß Klaus‘ Sorge um Europa ist: „Die fortgesetzte und massenhafte, leider noch lange nicht auf ihrem Höhepunkt angekommene Migrationswelle ist nur mit den früheren Invasionen ,barbarischer‘ Völker in die antike Welt vergleichbar. Kultur und Zivilisation des damaligen Europa wurden in einem so unvorstellbaren Ausmaß destabilisiert und zurückgeworfen, dass es mehrere Jahrhunderte dauerte, bis die Folgen überwunden waren.“ Doch heute ist es nicht nur schlimmer, sondern auch aussichtsloser, daraus macht Klaus keinen Hehl. Denn er spricht Europa jeglichen Verteidigungswillen, welcher frühere „Invasionen“ doch stets begleitete, völlig ab: „Denn es werden ja bereits die Vertreter der These diffamiert, dass es überhaupt noch etwas geben könnte, das es zu verteidigen lohnt.“ Dies scheine tatsächlich nicht gewollt zu sein, da offenbar ein „ganz anderer Wille“ existiere. „Das Europa der Integration ist von lauter weltfremden und heuchlerischen humanistischen Ideen durchdrungen, von denen wir die zwar modischen, in ihren Folgen aber selbstmörderischen Ideologien des Multikulturalismus und des ‚Human Rightismus‘ für die gefährlichsten halten.“

Klaus und Weigl nennen die wahren Schlepper- und Schleuserbanden, durch deren weltweite Netze überhaupt erst die Immigrantenströme möglich wurden: „Ja, der Migrantenschmuggel nach Europa ist ein großes Business. … Der Migrantenstrom wurde zwar nicht ausgelöst, aber wird mächtig befeuert von professionellen oder kurzfristig angelernten Schleppern, von Menschen, die seit langer Zeit von der Schattenwirtschaft, wenn nicht vom organisierten Verbrechen leben. Sie sind es, die für all die Verkehrsmittel, die Anleitungen in verschiedenen Sprachen, die Landkarten sowie die Reklameprospekte über das schöne Leben in Deutschland und den anderen europäischen Ländern sorgen.“ Umtriebig seien sie, blitzschnell, viel schneller als der Staat könnten sie reagieren auf alle Anlässe und Stimuli.

Natürlich sorgen sich viele Menschen in den europäischen Ländern. Doch nur wenige trauen es sich offen auszusprechen. Ganz anders die Mächtigen des EU-Abendlandes: „Es ist aber auch wahr, dass ein einflussreicher Teil der europäischen Eliten diese neuzeitliche Völkerwanderung begrüßt und bereit ist, sie zu ihren Gunsten zu nutzen.“ Und diese Leute seien es auch, auf die der primäre Impuls zurückgehe. Welcher Impuls? Welches Signal? Es sind die Namen Angela Merkel und Joachim Gauck, die dem Leser entgegenbrennen: Diese beiden „forderten die Migranten direkt zum Einmarsch nach Europa auf“. Es sei „die Verantwortungslosigkeit der europäischen Politik mit Angela Merkel an der Spitze“, welche die neue Völkerwanderung zusätzlich anfeuere. Nicht nur die Briten und US-Amerikaner machen inzwischen Deutschland für die Zerstörung Europas verantwortlich, auch Vaclav Klaus stellt fest: „Die Hauptrolle (neben den kosmopolitischen Intellektuellen Europas mit ihrem traditionellen Hang zu abstrakten politischen Idealen, die mit einer totalen, nahezu rousseauschen Interesselosigkeit an konkreten menschlichen Schicksalen einhergehen), die Hauptrolle aber spielte zweifellos die deutsche ‚Migranten-Mama‘ Merkel mit ihrem obamahaften Schlachtruf ‚Wir schaffen das!’.“

Bei manchem Leser wird Wut, Hoffnungslosigkeit sich ausbreiten beim Lesen dieser Schrift. Doch angesichts der größten Invasion seit Menschengedenken mahnt Vaclav Klaus, trotzdem nicht mit dem Finger auf andere zeigen: „Manche Menschen bei uns und anderswo in Europa ärgern sich über die Migranten, ärgern sich über das Land, aus dem die illegalen Migranten kommen, und sie ärgern sich über jene relativ ruhigen und prosperierenden Staaten, die ihre migrierenden Nachbarn nicht bei sich aufnehmen, sondern so schnell wie möglich weiterschicken. Das ist eine irrtümliche und noch dazu ganz unproduktive Ansicht. Wir sollten uns vor allem über uns selbst ärgern.“

Es ist der Anpassungsdruck, die vorauseilende, bedenkenlose Erfüllung politisch angesagter Forderungen, die so viele Bürger ergriffen hat, und die eine sachliche, ergebnisoffene Diskussion von Beginn an nicht möglich machte und uns in diese Situation erst brachte. Es ist der verdammt kurze Zeit­raum, in dem sich Europa jetzt völlig verändert. Es ist das Problem der „Auswirkungen einer so  hohen Zuwanderung auf die Kohärenz der europäischen Gesellschaft, auf das gesamte europäische Lebensgefühl und auf die Sicherheit von Millionen ‚Alt-Europäern‘“. Es komme zu einem Bruch mit den traditionellen Werten und Bräuchen der in Europa lebenden Menschen. Und es „kommt zur Entstehung und Verbreitung von ganz normalen menschlichen Ängsten, die seit einigen Monaten unbestreitbar zum europäischen Lebensgefühl gehören“.

Die Massenimmigration wird das bisherige Gleichgewicht der europäischen Gesellschaft ins Wanken bringen, so der Staatsmann. „Wie oft ist es schon in den zurückliegenden fünf Jahrzehnten zu keiner echten Integration von Migranten gekommen! Wie ist es angesichts dieser Tatsache möglich, hartnäckig davon zu träumen, dass uns die Zukunft – mit Migranten aus Syrien, Afghanistan, Somalia und anderen Ländern – im Unterschied zu unseren bisherigen Erfahrungen wundervolle Verhältnisse bescheren werde?“

Wer es bislang noch nicht wahrhaben wollte: Europa kann das alles nicht verkraften! Wer sich die Sache immer noch schönreden will, dessen Erwachen wird heftig werden. Man muss Vaclav Klaus dankbar sein für diesen bemerkenswerten Mut (der Verzweiflung) zur Wahrheit!


S. 9 Kultur

Ein Wiener zwischen den Meeren
Joseph Haydn steht im Zentrum des Schleswig-Holstein Musik Festivals − Musikfest feiert 30. Geburtstag

Der eine ist ein Meister am Klavier, der andere der „Erfinder“ der Sinfonie und des Streichquartetts, beide sind vollendete Könner: Sir András Schiff, Klavierlegende unserer Zeit, und Joseph Haydn (1732−1809), Vater der Wiener Klassik, prägen den Festivalsommer im hohen Norden der Republik beim Schleswig-Holstein Musik Festival (SHMF).

Stolze 100 der insgesamt 178 Konzerte sind beim größten Klassikfestival Deutschlands zwischen dem 2. Juli und 28. August dem Komponisten von Weltrang ge­widmet: Joseph Haydn, dem Schöpfer der Melodie unserer Nationalhymne. Eingeladen sind viele Künstler, die besondere Qualitäten in der kundigen Aufführungspraxis mitbringen – wie Giovanni Antonini, Ton Koopman, Roger Norrington oder auch Thomas Hengelbrock für Sinfonik und Chorsinfonik, das Auryn Quartett für die Streichquartette, Kristian Bezuidenhout am Forte­piano. Oder Musiker, die aus Haydns Vorlagen alternative Funken schlagen und ungeahnte Aspekte beleuchten wie die Pianisten Ivo Pogorelich, Caspar Frantz (solo und mit dem Schauspieler Axel Milberg als Textflüsterer) und David Fray, die Bläser Magali Mosnier, Albrecht Mayer oder Alison Balsom, die Streicher Isabelle Faust oder Alisa Weilerstein.

Darüber hinaus hat sich das SHMF vorgenommen, mit den Konzerten auch ein wenig die Biografie Haydns nachzuzeichnen. Bei der Eröffnung in der Lübecker Musik- und Kongresshalle am 2. und 3. Juli spielt das NDR Elbphilharmonie-Orchester unter seinem Dirigenten Hengel­brock neben Haydns „Oxford-Sinfonie“ auch Béla Bartoks „Konzert für Orchester“.

Natürlich dürfen auch die Wiener Sängerknaben nicht fehlen, bei denen Haydn selbst hellstimmig jung mitsang. Sie sind am 28. Juli in Ratzeburg, am 29. Juli in Meldorf und am 30. Juli in Itzehoe zu erleben. Die Blockflöten-Virtuosin Dorothee Oberlinger be­leuchtet die Zeit beim Grafen Morzin (13.7. auf Föhr, 14.7. in Schleswig und 15.7. in Meldorf). Und dann können die von Haydn am Hofe der Esterhazys entwickelten Hauptwerke folgen, die Gattungen wie das Streichquartett begründeten oder wie die Sinfonie oder die Klaviersonaten beflügelten. Schließlich kommt epochal Gewichtiges wie die Messen oder das Oratorium „Die Schöpfung“ (beim Abschlusskonzert in Kiel am 28.8.) aus der Spätphase des Österreichers zu Ehren. Nur die Oper, eigentlich auch nicht zu verachten, wird lediglich in Arien gestreift.

Bestens zu Haydn passt auch der diesjährige Schwerpunktkünstler Sir András Schiff, im Jahr 2014 von der Queen zum Ritter geschlagen und weltberühmter Pianist. Er ist ein großer Fan. „Haydn ist einer der größten Komponisten aller Zeiten“, so der 62-Jährige, „ich liebe ihn sehr.“ Festivalintendant Christian Kuhnt hatte die lebende Klavierlegende mit dem federleichten Anschlag 2008 kennengelernt, war tief beeindruckt von seinem Wesen, Wissen und seiner Werkdienlichkeit und hatte sich fest vorgenommen, den scheuen Star zu locken. „Er ist ein Sir auch im Klavierspiel“, begeistert er sich für den „Ausnahmekünstler“, dem es stets um das Wesentliche in der Kunst gehe und der das Publikum herausfordere, „am Wunder der Entstehung eines Kunstwerks teilzunehmen“. Zehn Konzerte wird Schiff während des Festivals geben, von Bachs Goldberg-Variationen (11.7. in Flensburg), die der Pianist laut Kuhnt als „Mount Everest der Klavierwerke“ bezeichnet, über den Puppentanz mit dem Salzburger Marionettentheater (17.7. in Husum) bis zu einem Konzert mit Schiffs Kammerorchester „Cappella Andrea Barca“ (14.8. in Kiel).

Auch das restliche Programm des SHMF kann sich sehen lassen. Viele bekannte Namen kommen nach Schleswig-Holstein: Baiba Skride, Sabine Meyer, Nigel Kennedy, Daniel Hope, Klaus Florian Vogt, Sophie Hunger und Zaz, außerdem noch Schauspieler wie Martina Gedeck, Birgit Minichmayr, Iris Berben, Axel Milberg und Tobias Moretti.

Auch Klaus Maria Brandauer stattet im Jahr des 30-jährigen Festival-Bestehens einen Geburtstagsbesuch ab – mit einem persönlichen Geschenk: Die österreichische Schauspiel-Legende wird am 16. und 17. Juli im Büdelsdorfer Kunstwerk Carlshütte Joseph Haydns „Jahreszeiten“ mit Texten zu Winter und Sommer, Herbst und Frühling begleiten. „Das wird ein rauschendes Geburtstagsfest, mit 30 kann man ja noch ganz ordentlich feiern“, sagte Kuhnt.

Der Gesamtetat für das Festival beläuft sich auf 8,9 Millionen Euro, davon kommen 1,2 Millionen vom Land, gut drei Millionen Euro stammen von Sponsoren, Stiftungen und privaten Spenden. Die Hälfte des Etats, rund 4,5 Millionen Euro, soll durch die Kartenverkäufe eingenommen werden. Insgesamt bietet das Festival im 30. Jahr seines Bestehens 178 Konzerte an 57 Orten in Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Süddänemark.  Andreas Guballa

Kartentelefon (0431) 237070, Programm und Online-Kartenbestellung unter www.shmf.de


Der Schatten des Vaters
Théodore Strawinsky, Sohn des Komponisten, und sein Familienbild

Strawinsky, Vorname Igor, den Vater, den Komponisten, kennt jeder. Théodore Strawinsky, seinen ältesten Sohn, den Maler, kennt aber hierzulande kaum jemand. Mit der Übernahme der bis Ende März dieses Jahres im Schweizer Kunstmuseum Appenzell präsentierten Schau schließt das Kunsthaus Stade diese Wissenslücke und zeigt sein Werk erstmals in Deutschland. Der Appenzeller Katalog begleitet auch die Ausstellung in Stade.

Mit rund 90 Gemälden und Grafiken aus allen Schaffensphasen (1915–1982) wird auf drei Etagen ein Querschnitt von Strawinskys umfangreichem Œuvre gezeigt: Porträts, Landschaften, Stillleben, Akte, Zirkusmotive, Alltagsszenen, Entwürfe für Bühnenbilder und Kostüme zu Werken seines Vaters, selbst Kinderzeichnungen sind dabei.

Zwei Filme ergänzen die Werkschau. Zuerst der einzige Film über Strawinsky und sein Werk von 1973 mit Einblicken in das durch und durch bürgerliche Wohnhaus und das Atelier. Daneben wird der damals 66-jährige Künstler bei der Arbeit gezeigt. Ab 1948 führte Strawinsky sakrale Großaufträge für Kirchen in der Schweiz, vor allem aber in Holland und Belgien aus: Wandmalereien und Kirchenfenster. Unterlegt ist das 17-minütige Filmdokument mit der Musik des Vaters aus dem damaligen Skandal-Ballett „Le Sacre du Printemps“.

Ganz dem Werk Igor Strawinskys widmet sich der zweite Film: die 35-minütige Fernsehproduktion des Balletts „Petruschka“ des staatlichen Bolschoi Akademie Theaters von 2002. Es handelt sich dabei um eine Reinszenierung der Originalaufführung von 1911. Für eine spätere Aufführung hatte Théodore Strawinsky 1944 eigene Kostümstudien angefertigt, die im Kunsthaus zu sehen sind.

1907 in St. Petersburg geboren, blieb er 1914 mit der Familie in der Schweiz, lebte später in Frankreich, wurde 1941 von den deutschen Besatzern interniert, kam mit Hilfe von Freunden frei und lebte von 1942 bis zu seinem Tod 1989 in Genf. Die Schrecken des 20. Jahrhunderts hatten ihn persönlich betroffen.

Sein Werk nimmt dazu jedoch keine Stellung. „Man vergisst zu oft: Theater ist nicht Realität, es hat im Gegenteil seine ihm eigene illusorische Realität“, schrieb Strawinsky 1945. Mag sein, dass er sich in diese Realität flüchtete. Die entrückten, beziehungslosen Gruppenbilder und re­alistisch reduzierten, konstruierten Landschaften sprechen dafür. Halt mag auch die Familie um den dominanten Vater ge­geben ha­ben. Die Ausstellung eröffnet daher mit dem Idealbild ei­ner Klein­familie. Zu­gleich ein Programmbild, das auf die Stillleben verweist und – durch den roten Vorhang – auf die Zirkusbilder.

Strawinskys auf den ersten Blick so glattes Werk von naturalistischer Sachlichkeit offenbart auf den zweiten Blick genauso post-im­pressionistische und kubistische Linien. Auch die vordergründig schlichten Sujets sind nicht frei von stiller Poesie und subtilem Mythos.        Helga Schnehagen

Die Ausstellung im Kunsthaus, Wasser West 6, 21682 Stade, läuft bis 28. August. Geöffnet Dienstag bis Freitag 10 bis 17 Uhr, Mittwoch bis 19 Uhr, Sonnabend und Sonntag bis 18 Uhr. Internet: www.museen-stade.de


Böhmische Dörfer
Preußische Dialekte leben in Tschechien fort

Den ethnisch-sprachlichen Schmelztiegel seiner Heimat beschrieb Siegfried Lenz in „So zärtlich war Suleyken“ so: „Im Süden Ostpreußens ... waren wir Masuren zu Hause − eine Mischung aus pruzzischen Elementen und polnischen, salzburgischen und russischen.“   Dessen sprachliche Elemente mochten Hamburger Magazinen exotisch klingen. „Trogschnauziger Posauk“ waren für Ostpreußen aber O-Ton Heimat. Lenz hatte allenthalben Brüder im deutschen Geist: Bobrowski (Baltikum), Grass (Danzig), Meyrink (Böhmen) oder Kaindl (Karpaten). Aber nach 1945 war alles vorbei, als die vielen Millionen Deutschen aus dem Osten Europa fast gänzlich vertrieben wurden.

Aber die deutsche Sprache lebt – als „Element“ in südpolnischen und westtschechischen Regiolekten wie dem Lachischen, das der heimische Autor Ondra Lysohorsky (eigentlich Erwin Goj, 1905–1989) vergebens in literarische Höhen hieven wollte: „Kaj noród mój? Kaj lassko zem?“ (Wo ist mein Volk, wo liegt lachisches Land?). Vital und fröhlich ist Lidie Rumanova (*1952), Poetin aus dem mährischen Kuhländchen, die schon sechs Bände Gedichte in regionaler Mundart veröffentlichte, wo sich deutsche Wörter so häufen, dass sie für Tschechen „böhmische Dörfer“ sein dürften. Aber ein regionales Folklore-Ensemble bewirkte mit Gastspielen in Polen, Deutschland und Frankreich, dass „Kuhländisch“ europäisch wurde. Im Jahr 2009 publizierte Rumanova ein Tschechisch-Preußisches Wörterbuch. Mit „Preußisch“ ist in dem Fall die Mundart des (dem Kuhländchen nahen) Hultschiner Ländchen gemeint, das 1742 zu Preußen kam und noch bis heute halb ironisch „Prajzsko“ (Preußen) ge­nannt wird. Die dortige Sprachkonvention ist ebenfalls deutsch gespickt, in Lexik, Grammatik, Phonetik, Wortstellung.

Linguistisch akribisch verfuhr Tomas Stribny in seiner Diplomarbeit „Einfluss des Deutschen auf die Hultschiner Mundart“, die er 2010 an der Brünner Masaryk-Universität einreichte – in deutscher Sprache, wie es Katerina Kolibova 2008 vorgemacht hatte. Bahnbrecher dessen war die junge Universität Mährisch Ostrau [Ostrava], wo Katerina Volna (2003) und Eva Cieslarova (2005) auf Deutsch zu deutschen Spracheinflüssen diplomierten.

Den schönsten Aufsatz aber publizierte Zbnyek Holub 2011 über „Slonzaci, Vasrpolaci oder auch Moravci“, die im mährisch-schlesisch-polnischen Grenzgebiet sich nie den (deutschen) Mund verbieten ließen, nach 1945 auch nicht ihre deutschen Vor- und Familiennamen. Trennende Ethnonyme, von Holub im Titel aufgezählt, waren ihnen stets „kram nicvert“ (unwerter Kram), denn „Schlonsaken oder Wasserpolacken“ sind doch alle eins, nämlich „Ponasymu“ (Unsrige) – großgeschrieben wie ein echter Volksname. Wolf Oschlies


MELDUNGEN

Ausstellung zum Leibnitz-Jahr

Nürnberg − 2016 ist Leibniz-Jahr. Mit zahlreichen Aktivitäten be­geht die renommierte Leibniz-Gemeinschaft, ein Zusammenschluss deutscher Forschungsinstitute, den 370. Geburtstag (am 1. Juli) und 300. Todestag (am 14. November) ihres Namenspatrons Gottfried Wilhelm Leibniz. Das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg zeigt aus diesem Anlass vom 30. Juni an die Studioausstellung „Leibniz und die Leichtigkeit des Denkens. Historische Modelle – Kunstwerke, Medien, Visionen“. Zu sehen sind 50 Modelle aus dem 15. bis 21. Jahrhundert, welche die un­glaubliche Bandbreite des Universalgelehrten beweisen, der zu Lebzeiten mithilfe von Vorführobjekten sein Denken anschaulich vermitteln wollte. Die Ausstellung läuft noch bis zum 5. Februar 2017. Internet: www.gnm.de  tws

 

Kostenlos ins Folkwang

Essen − Seit einem Jahr ist die ständige Sammlung des Museum Folkwang dank einer Spende der Krupp-Stiftung von einer Million Euro kostenlos zu besichtigen, was zu einem Besucheransturm führte. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum haben sich die Be­suchszahlen im Jahresdurchschnitt mehr als verdoppelt. Aus Anlass des Jahrestags der Aktion „Freier Eintritt“ sind neben der Dauerausstellung auch die laufenden acht Sonderpräsentationen kostenfrei zu besichtigen. Info: www.museum-folkwang.de        tws

 

Rodins Masken einer Tänzern

Berlin − Mit einer Doppel-Ausstellung widmet sich das Kolbe Museum dem Werk des französischen Bildhauers Auguste Rodin. In „Auguste Rodin und Madame Hanako“ wird mit 50 originalen Plastiken der Maskenzyklus vorgestellt, mit dem Rodin eine vor 100 Jahren durch Europa tingelnde japanische Tänzerin porträtiert hat. In „Georg Kolbe: Ausgewählte Werke“ geht es um Rodins Einfluss auf Kolbes Zeichnungen und Skulpturen. Bis zum 18. September werden auch Zeichnungen einer kambodschanischen Tänzerin gezeigt, die Kolbe 1909 bei einem Besuch in Rodins Pariser Atelier erworben hat. (Sensburger Allee 25, 14055 Berlin, www. georg-kolbe-museum.de)            tws

 

Zürich ist ganz „Dada“

Zürich − Noch bis zum 18. September ist Zürich Gastgeberin der „Manifesta“. Die europäische Biennale für zeitgenössische Kunst steht in diesem Jahr ganz im Zeichen von 100 Jahren Dada. Die Kunstrichtung wurde 1916 in einem Zürcher Variéte „geboren“.  Eine schwimmende Plattform auf dem Zürichsee, der „Pavillon of Reflections“, bildet den Kern des multimedialen Kunstaustausches. Hier werden die zentralen, filmisch dokumentierten Momente der Entstehung neuer Kunstwerke erlebbar. Weitere Ausstellungsorte sind das Migros Museum für Gegenwartskunst, die Kunsthalle Zürich, das Helmhaus, der Luma Westbau. Vollständiges Programm im Internet unter www.manifesta. org und www.manifesta11.org tws


S. 10 Geschichte & Preussen

Ihren größten Erfolg erlebte sie nicht mehr
Die ostpreußische Mundartdichterin und Hörspielautorin Erminia von Olfers-Batocki kam in Rathshof vor 240 Jahren zur Welt

Erminia von Olfers-Batockis autobiographischer Roman „Das Taubenhaus“ über das Leben einer Familie zwischen 1762 und 1862 erschien 1968 erstmals in München. Die zweite Auflage erschien dann 1986 in Würzburg. Da war die vor 240 Jahren bei Königsberg geborene Autorin bereits seit über drei Jahrzehnten tot.

Erminia von Olfers-Batocki, als dritte von Vieren am 29. Juni 1876 in Rathshof zur Welt gekommen, galt in ihrer Familie von klein auf als Außenseiter. Die blonden Geschwister redeten ihr ein, sie sei ein auf der Steindammer Brücke gefundenes Zigeunerkind. Wenn jede der häufig wechselnden Gouvernanten ihre Stunden mit den Punischen Kriegen begann, äußerte Erminia von Olfers-Batocki, davon wollte sie gar nichts wissen, das sei zu lange her und viel zu weit weg. Sie wollte etwas über die Königin Luise erfahren, über Napoleon und von der Schlacht bei Preußisch Eylau.

Sie brachte die Lehrerinnen in Wut, wenn sie in der Naturkunde „Kleewer“ statt Klee sagte, „Schoapscher“ statt Schafgarbe, „Eller“ statt Erle. Das Plattlernen beim Kutscher Riegel und bei den Spielkameraden Wilhelm Wemke und Wilhelm Buchhorn ging schneller als das Einbimsen von Fremdsprachen.

Fleißig war Erminia von Olfers-Batocki, wenn sie im Kutschstall ausmisten und Pferde putzen half, wenn sie mit ihrem jüngsten Bruder im Frisching Kaulbarsche fing, wenn sie aus Lehm einen Herd baute, die Fischchen zu braten. Fleißig blieb Erminia von Olfers-Batocki auch, als Verwandte und Freunde sie nicht mehr „Erna“, sondern „Mine“ oder „Böckchen“ oder „Braunaugsches“ anredeten, als Mann und Kind sie „Mima“ nannten.

Was ihr die Eltern an kleinen Aufgaben zuteilten – Zuckerhüte zerschlagen oder Jagdbücher führen – füllte sie nicht aus. Viel mehr als zu langweiligen Gesellschaften fühlte sie sich zu plattdeutschen Unterhaltungen hingezogen, an die Krankenbetten in Tharaus Insthäusern. Viele Jahre pflegte sie die Kranken, bis eine Schwesternstation eingerichtet wurde. Alte Frauchen fragte sie nach ihren Urgroßeltern, von jungen Mädchen in Spinnstuben lernte sie lange Lieder, schrieb sie auf und sang Paul Boldt, Kantors Jüngstem, die Melodien vor, damit er sie in Noten festhielt.

Die Volkspoesie mag sie zu eigenen Dichtungen angeregt haben. Wieder spotteten ihre Geschwister, wenn sie sich ins entlegenste Mansardenstübchen verzog oder in eine verwilderte Ecke am Gartenzaun, um niederzuschreiben, was ihr am Herzen lag: Verse über ländliche Arbeiten und Sorgen, über Blumen und Ähren, über Jagd und Schlittenfahrt, aufgeflammte und erloschene Liebe. Balladen berichteten von Gestalten ostpreußischer Sagen und Geschichte. „Die Krügersche von Eichmedien“ wurde mit einem Preis bedacht.

So wuchs der jungen Dichterin der Mut, ihre Sammlung „Tropfen im Meer“ unter dem Pseudonym E. v. Natangen einem Verlag zu übergeben. Fast gleichzeitig druckte die „Ostpreußische Zeitung“ ein Heft mit gesammelten Liedern. In der Nachbarschaft und bei Festen des „Vaterländischen Frauenvereins vom Roten Kreuz“ spielten junge Leute und Kinder Erminia von Olfers-Batockis erste Bühnenstückchen. Unter den Dorfbewohnern entdeckte sie erstaunliche Spieltalente. Doch waren gerade unter diesen einige, die sich mit dem Hochdeutschen schwer taten. So kam ihr der Gedanke, es mit einem Stück in heimatlicher Mundart zu versuchen. Damals war sie schon verheiratet, Mutter und Schwester lagen auf dem Kirchhof, ihr Bruder war seit zwei Jahren im Kriege, ihr Mann in Gefangenschaft. Erminia von Olfers-Batocki wirtschaftete in Tharau und ließ das ebenfalls braunaugsche Töchterchen von ihren schweren Sorgen nichts merken. An langen Abenden saß sie am Spinnwocken, während alte Tantchen aus der Stadt für alle Hausbewohner – Mamsellchen und Mädchen, Erholungskinder und gefangene Russen – Weihnachtsgeschenke strickten.

Es gab auch Liederabende und Spielsonntage. Junge Dorfbewohner kamen zum Proben. Sie übten „Kleen Schirk“, das erste plattdeutsche Stück. Mit den Schulkindern übte Erminia von Olfers-Batocki „lebende Lieder“. Sie fuhr mit ihrer ganzen „Theatergruppe“ nach Königsberg, um den Städtern zu zeigen, was Landleute konnten und welche Ausdruckskraft in der heimischen Mundart liegt. Von da ab fühlte sich Erminia von Olfers-Batocki verpflichtet, der plattdeutschen Mundart, über die man bisher gelächelt hatte, zu Ehren zu verhelfen und ihre Schönheit im Gegensatz zum verfälschten Jargon zur Geltung zu bringen.

Nach Kriegsende musste sich ihr Federhalter zur Ruhe begeben. Die fleißigen Hände griffen nach Spaten und Harke, Forke und Gießkanne, Pferdeleine und Striegel. Das Gartengrundstück in Quednau war ein reiches Arbeitsfeld. Da hieß es, Kartoffeln setzen, Hafer säen, Heu harken, Blumen pflanzen, Mengen von Erdbeeren, Spillen, Äpfeln ernten, Hühner und Enten, Pferd und Kujel versorgen. Ziegen melken, zweimal täglich den Mann mit dem „Schimmelwagchen“ nach Maraunenhof kutschieren, von wo ihn die „8“ zum Dienst fuhr. Im Winter gab es viel zu nähen, bei Vereinsfesten und im Kirchenchor mitzuwirken.

Dazwischen konnte Erminia von Olfers-Batocki ein paar Gedichte im ostpreußischen Platt veröffentlichen, zuerst in Zeitungen, dann in Lesebüchern: Gedichte voll Heimatliebe und Schaffenslust.

Als Mima ihres Mannes wegen nach Königsberg ziehen musste, fiel ihr die Trennung von Stall und Garten schwer. Doch wann hätte sie sonst Zeit gefunden, plattdeutsche Gedichte und Märchen herauszugeben, dreißig Stücke für die Laienbühne samt dazugehörigen, selbst entworfenen Kostümen in Dörfer und Städtchen zu senden? Es blieb ihr Zeit genug, bei Veranstaltungen von Frauenvereinen mitzuwirken, Kinderspiele einzuüben, immer ideenreich, lebhaft und humorvoll. Oft saß sie in Archiven und erforschte das kulturelle Leben Königsbergs zur Zeit ihrer Vorfahren Bock und Tortilovius. So konnte sie, als sie wieder Landfrau von Tharau war, ihre romanhafte Familiengeschichte „Das Taubenhaus“ niederschreiben.

Daneben gab es für die alternde Erminia von Olfers-Batocki Aufgaben verschiedenster Art. Sie pflegte den gelähmten Mann, kutschierte ihr Kunterchen zum Wildfüttern in den Wald, übte mit der Gutsjugend neue plattdeutsche Stücke fürs Erntefest, ordnete das verwahrloste Gutshaus mit Stilgefühl und Schönheitssinn, doch ohne ein Klagewort machte sie ihre Arbeit wieder zunichte, als es hieß, die Stuben und Flure für Flüchtlinge aus den östlichen Landkreisen und ausgebombte Königsberger einzurichten, als sie ihre Theaterkostüme auftrennte, um für alle Flüchtlingsfamilien im Hause Kleider und Spielzeug herzustellen.

Im Tagebuch, das Erminia von Olfers-Batocki als Flüchtling in Pommern führte, berichtet sie trotz aller Schrecken und Hungersnot von Freude an der Arbeit, oft unnützer Arbeit, weil Plunder- und Zerstörungslust alles wieder zunichte machte, und weil die Zurückgebliebenen wussten, dass sie alles Gepflanzte wieder verlassen mussten.

Als Erminia von Olfers-Batocki dann ausgehungert und ausgeplündert bei der Familie ihrer Tochter in Westdeutschland ankam, schöpfte sie Kraft, so gut es ging, um für die Enkelchen, für den kleinen „Spatzengarten“ und für die ostpreußischen Landsleute da zu sein. Das Erscheinen ihres „Taubenhauses“ konnte sie nicht mehr erleben. Sie starb am 14. Dezember 1954 in Bad Harzburg.   E.B.


Vergeltungsangriffe für die Seeblockade der Navy
Im Ersten Weltkrieg setzte die kaiserliche Marine Luftschiffe für die Aufklärung auf hoher See und Bombenangriffe auf England ein

Ähnlich wie die preußische Armee setzte auch die kaiserliche Marine auf Zeppeline (siehe PAZ 12/2016). Bei Kriegsbeginn verfügten die Seestreitkräfte des Deutschen Reiches zwar nur über ein Luftschiff, das sollte sich aber schnell ändern, denn die Nachteile von Leichten Kreuzern, die bis dahin die Überwachung der britischen Flotte zur Aufgabe hatten, waren erheblich. Der Bau dauerte zwei Jahre, gegenüber sechs Wochen für einen Zeppelin, die Kosten betrugen bei diesen nur einen Bruchteil, Geschwindigkeit und Überwachungsradius waren größer. Luftschiffe eigneten sich hervorragend zur Aufklärung oder zum Markieren von ausgelegten feindlichen Minen. Auch waren Flottenbewegungen und -stärken aus der Höhe eher auszumachen.

Im Jahre 1913 wurde der Marineoffizier Peter Strasser als Korvettenkapitän zum „Führer der Luftschiffe“ (F.d.L.) in der Marine-Luftschifferabteilung ernannt. In dieser Position war er für die Planung und den Einsatz der Marineluftschiffe im Ersten Weltkrieg zuständig, nahm aber auch persönlich an Angriffsfahrten gegen England teil. Angriffe gegen England hatte Wilhelm II. zunächst abgelehnt, schließlich lebte enge Verwandtschaft nicht nur in London. Er gab jedoch schließlich nach, nachdem England am ersten Weihnachtsfeiertag 1914 Nordholz, den größten deutschen Luftschiffhafen, und Cuxhaven mit Flugzeugen von Flugzeugmutterschiffen aus angegriffen hatte.

Die militärische Führung des Deutschen Reiches setzte anfangs große Hoffnungen in die Luftschiffe. Sie erschienen als eine Art Wunderwaffe: Verglichen mit zeitgenössischen Flugzeugen, die noch am Anfang ihrer Entwick­lung standen, erreichten sie größere Höhen, waren fast ebenso schnell, konnten mit ihrer viel größeren Nutzlast stärker bewaffnet und mit mehr Bomben bestückt werden, konnten viel länger in der Luft bleiben und hatten eine sehr viel größere Reichweite. Auch erwies sich ihre Bekämpfung aus der Luft für die Gegner zunächst als schwierig, zumal das Wasserstoffgas bei weitem nicht so leicht zu entflammen war wie gedacht. Die Munition der Briten schlug allenfalls Löcher in die Hülle, die von den Segelmachern mit Bordmitteln geflickt werden konnten. Deutschland war mit seinen hoch fliegenden Zeppelinen in der Lage, vom deutschen Festland aus die britischen Inseln zu erreichen und dort ungefährdet Städte zu bombardieren. Sie flogen in Höhen, die von Flugzeugen zu der Zeit noch nicht erreicht werden konnten und waren damit unangreifbar. Dies brachte Großbritannien in eine doppelte Zwangslage. Weder konnte es sich verteidigen, noch konnte es die Angriffe erwidern, da seine Flugzeuge nicht in der Lage waren, Deutschland von der Insel aus zu erreichen.

Dieses Wissen wurde mit den Fortschreiten der Zeppelinentwicklung zu einem britischen Trauma. Es wurden zwar auch Städte in anderen Ländern angegriffen, aber England blieb das Hauptziel, weil der durch die britische Seeblockade ausgelöste Mangel an Versorgungsgütern vornehmlich die Zivilbevölkerung traf und den Ruf nach Vergeltungsschlägen weckte. „Zeppelin flieg / Hilf uns im Krieg / Fliege nach England / England wird abgebrannt / Zeppelin flieg“, sangen deutsche Schulkinder. Doch es wurde weit weniger zerstört als man sich vorgenommen hatte und die Zeppeline waren bei den Engländern schnell als „Babykiller“ verschrien und stachelten zum Gegenhass auf.

Ein Rüstungswettlauf in der Luft begann. Die Abwehr durch leistungsstärkere Flugzeuge wurde forciert und man entwickelte gefährliche Brandgeschosse, die Phosphorgranaten. Strasser antwortete mit noch höher fahrenden Zeppelinen, sie stiegen auf über 7000 Meter, aber das Unterfangen war zum Scheitern verurteilt. Nicht nur, dass seine Leute reihenweise ohnmächtig wurden in diesen Höhen, denn Sauerstoffmasken oder Druckausgleich gab es nicht, war die Kälte unerträglich, es gab Erfrierungen, ja sogar Todesfälle. Das Gasgemisch, was zur Verfügung stand, war unerträglich und wurde gemieden. Der Gegner entwickelte bis 1916 ein Aufklärungs- und Jagdflieger-Leitsystem, dass bis 1945 Bestand hatte. Die Zeppeline fuhren nur in mondlosen Nächten, eine Woche vor bis eine Woche nach Neumond, weil sie so am wenigsten sichtbar waren. Denn der Feind setzte starke Suchscheinwerfer ein. Die Verdunkelung der englischen Städte machte die terrestrische Navigation so gut wie unmöglich. London war zwar am Themseverlauf zu erkennen, aber oft warfen die Deutschen, kaum über englischem Gebiet angelangt, einfach ihre tödliche Last ab und kehrten um.

Bis zum Frühjahr 1917 bombardierten Heer und Marine gemeinsam Areale im Großbereich London. Dann stellte die Heeres-Luftschifffahrt ihre Angriffe wegen Ineffizienz und zu großer Verluste ein. Durch die Brandmunition werden die Verluste an havarierten, abgeschossenen Zeppelinen größer. Und doch gingen die Angriffe weiter, militärisch längst sinnlos, aber Strasser „erfüllt seine Pflicht als Soldat“. Er meint, es sich schuldig zu sein und kämpft bis zum Letzten, ein Entschluss, den er mit dem Tod bezahlt. Sein Wunsch, kämpfend zu sterben und nicht am Schreibtisch, ging in Erfüllung. Knapp 100 Tage vor Kriegsende wurde er mit seinem Luftschiff L 70 abgeschossen. Nun gab auch die Marineführung den Kampf auf. Elisabeth Austria


S. 11 Geschichte & Preussen

Finnlands »Sonderkrieg« im Weltkrieg
Vor 75 Jahren versuchten die Skandinavier, im Schatten der Deutschen die Ergebnisse des Winterkrieges zu revidieren

Drei Tage, nachdem der deutsche Angriff auf die Sowjetunion begonnen hatte, erklärte Finnland der UdSSR den Krieg. Das Ziel war die Rückgewinnung der im Winterkrieg von 1939/40 verlorenen Gebiete. Obwohl Finnland mit Deutschland ein gemeinsamer Feind verband, verzichtete es auf ein offizielles Bündnis mit dem  Reich und versuchte vielmehr, einen „Sonderkrieg“ zu führen mit der Hoffnung auf einen „Sonderfrieden“.

Gemäß dem deutsch-sowjetischen Nichtangriffsabkommen vom 23. August 1939 gehörte Finnland zur sowjetischen Interessensphäre. Drei Monate später überfiel Josef Stalin mit 800000 Soldaten Finnland ohne formelle Kriegserklärung und unter Bruch des Nichtangriffspakts von 1932, weswegen die Sowjetunion Ende 1939 als „Aggressor“ vom Völkerbund geächtet wurde. Ihre Rote Armee war an Soldaten dreifach, an Waffen zehnfach überlegen, erlitt aber enorme Verluste: 150000 Gefallene und 325000 Verwundete gegenüber 21000 beziehungsweise 44000 bei Finnland. Nur 30 Panzer besaßen die Finnen, vernichteten aber knapp 2000 sowjetische, vorwiegend mit 550000 todbringenden Brandflaschen, die sie in boshafter Anspielung auf Stalins Regierungschef und Außenminister „Molotovin cocktail“ nannten: Molotowcocktail.

Vor allem dieser „Cocktail“ befähigte die Finnen zu 105 Tagen heroischem Widerstand, wogegen die Sowjets am 12. März 1940 nur einen glanzlosen „Frieden“ erreichten. Finnland büßte zwölf Prozent seines Territoriums ein.

Die Möglichkeit, die Ergebnisse des sowjetischen Überfalls zu revidieren, schien der deutsche Angriff auf die Sowjetunion zu bieten. Diesem Versuch einer militärischen Grenzrevision gaben die Finnen die Bezeichnung „Fortsetzungskrieg“.

Trotz des gemeinsamen Kriegsgegners versuchte Finnland, in den Augen der Westalliierten, auf Distanz zu Deutschland zu bleiben. Das Land schloss kein offizielles Bündnis mit dem Deutschen Reich. Auch behandelte es seine rund 2000 Juden, Nachfahren sogenannter Kantonisten, russischer Soldaten, die sich nach Dienstende in Finnland niedergelassen hatten, beispielhaft. Im Sommer 1942 war SS-Führer Heinrich Himmler in Finnland, um die Auslieferung von Juden zu fordern. Diese Forderung wies Finnlands Ministerpräsident Jukka Rangell zurück: „Finnlands Juden sind Staatsbürger wie alle anderen. In Finnland gibt es keine Judenfrage.“ Das bestätigte Leutnant Max Jakobson, nach dem Krieg Vizeaußenminister und UN-Vertreter Finnlands: „In der jüdischen Gemeinde Finnlands wurde kein offizieller Beschluss zur Kriegsbeteiligung gefasst. Die Juden reagierten auf die Ereignisse exakt so wie die Finnen.“ Alle seien Patrioten gewesen, schrieb der Historiker Seppo Hentilä: „Vielleicht dachten die Sowjets, die Finnen würden sie mit Blumen begrüßen. Der gemeinsame Hass schweißte die Finnen zusammen.“ Deren Erfahrungen mit Sowjets hätten sie, so Juho Paasikivi, 1940/41 Finnlands Botschafter in Moskau und ab 1946 dessen Staatspräsident, gelehrt, dass das Sowjetsystem „tausend Mal schlimmer“ als Adolf Hitlers Regime gewesen sei.

Bis Ende September hatten die Finnen fast alle 1940 verlorenen Gebiete zurückerobert, wozu der US-Außenminister Cordell Hull Finnland augenblicklich gratulierte. Hingegen argwöhnte England hier eine Tarnung deutscher Angriffspläne auf nordrussische Häfen und Verkehrslinien und erklärte Finnland am 5. Dezember den Krieg. Kurz darauf riet Premier Winston Churchill vertraulich dem finnischen Oberbefehlshaber Gustaf Mannerheim, aus dem Krieg mit den Deutschen auszuscheren. Das hätte Finnland gern getan, aber nicht unter Preisgabe rückeroberter Gebiete, was man noch im Sommer 1943 als „politischen Selbstmord“ ansah. Die Deutschen behielten, ungeachtet herber Rückschläge in der „Schlacht um Moskau“, die Initiative an der Ostfront. Wozu sie fähig waren, sah man am benachbarten Norwegen, das seit April 1940 deutsches Besatzungsgebiet war. Finnland nahm an der Blockade Leningrads teil. Sich selber sah man gut gerüstet, hatte Ende Sommer 1941 etwa 650000 Soldaten aufgestellt, knapp 18 Prozent der 3,7 Millionen Einwohner, ein Rekord in der internationalen Kriegsgeschichte. Darunter litten allerdings Wirtschaft und Beschäftigung, sodass bereits ab Herbst 1941 Soldaten demobilisiert wurden. 1943 hatte Finnland nur noch 320000.

Das Land glaubte sich, so Ende 1941 sein Militärattaché in Wa­shington, mit seinem „Sonderkrieg“ auf gutem Wege zu einem „Sonderfrieden“. Mannerheim hatte Hitler die Niederlage prophezeit, als dieser im Juni 1942 zu seinem 75. Geburtstag angereist war. Ein offizielles deutsches Bündnisabkommen wurde zu­rück­gewiesen, worauf Deutschland seine Hilfslieferungen stoppte. Ein US-Angebot, bei der Kriegsbeendigung zu helfen, wurde allerdings ebenso am 20. März 1943 als „verfrüht“ abgelehnt. Man glaubte, warten zu können. Die Lage an der Front hatte sich stabilisiert, 1942/43 gab es kaum Kampfhandlungen. Erst im Sommer 1944 griff die Rote Armee in Karelien wieder an, im August übergab der zum Staatspräsident gewählte Mannerheim über die Sowjetbotschaft in Stockholm ein Friedensangebot ab. Schäbiger Bittsteller war man nicht, hatte vielmehr der Roten Armee in der Schlacht von Tali-Ihantala (25. Juni bis 9. Juli 1944) die schwerste Niederlage des Fortsetzungskriegs zugefügt, rund 18000 Rotarmisten waren gefallen, 300 Panzer und 280 Flugzeuge abgeschossen.

Die sowjetischen Bedingungen für die Feuereinstellung waren mit dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten abgestimmt: sofortiger Bruch mit Deutschland, Rückzug der deutschen Truppen bis zum 15. September. Am 4. September stellten die Finnen die Kampfhandlungen ein, die Sowjets erst am Tag danach wegen „bürokratischer Hemmnisse“. Am 19. September signierten in Moskau Finnland, die Sowjetunion und Großbritannien ein Waffenstillstandsabkommen, das für Sowjet-Usancen relativ milde ausfiel: Rückgabe der im Fortsetzungskrieg zurückgewonnenen Ge­biete, Abtretung weiterer Gebiete, ungehinderter Transit der Roten Armee durch Finnland, 300 Millionen US-Dollar Reparationen. Schwierigkeiten ergaben sich beim Rückzug der 200000 Deutschen, wofür die vorgesehene Zeit nicht ausreichte. Um den Sowjets keinen Vorwand zu liefern, den Waffenstillstand nicht einzuhalten, starteten die Finnen ihren „Lapplandkrieg“ gegen Deutsche, der sich dann noch bis Ende April 1945 hinzog.

Der endgültige Friedensvertrag Finnlands mit den „Alliierten und Assoziierten Mächten“ wurde am 10. Februar 1947 in Paris unterzeichnet. Offenkundig waren die Sowjets unzufrieden, nutzten den 1948 geschlossenen Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand zu einer Knebelung des Landes, für die 1966 der Politologe Richard Löwenthal den Begriff „Finnlandisierung“ prägte.      Wolf Oschlies


Preußens Kampf gegen die Armut
Im Juli 1891 gönnte sich Preußen das modernste Armengesetz Europas − Hilfsbedürftigen wurde eine staatliche Fürsorge garantiert

V  125 Jahren stellte sich Preußen mit der Novellierung seiner Armengesetzgebung an die Spitze der Staaten, welche zum Ende des 19. Jahrhunderts angemessene juristische Regelungen für den Umgang mit ihren unterstützungsbedürftigen Bürgern zu finden versuchten.

Für die Herrscher von Brandenburg-Preußen war es eine Selbstverständlichkeit, die Versorgung der Armen (wozu auch die psychisch und körperlich Behinderten zählten) in ihrem Reich zu regeln. So legte der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm 1684 fest, dass die Zuständigkeit für die Armen bei den Heimatgemeinden liege. Hierauf aufbauend verfügte Fried­rich III. am 10. April 1696 die Bildung von Verbänden, welche die Armenfürsorge zu übernehmen hätten, wenn einzelne Ortschaften damit überfordert seien. Dem folgten 1701 und 1708 Armen- und Bettlerordnungen, in denen der verstärkte Ausbau von Armenhäusern angewiesen wurde.

Und auch Friedrich der Große versuchte der Armut, „die es nach Gottes Gnaden gar nicht geben dürfte“, Herr zu werden. Hierzu erließ er am 28. April 1748 ein Edikt, „wie die wirklich Armen versorgt und verpflegt, die muthwilligen Bettler bestraft und zur Arbeit angehalten“ werden sollten. Darin stärkte der König die Position der Landarmenverbände und favorisierte die Armenpflege in geschlossenen Einrichtungen.

Noch weiter gingen die entsprechenden Regelungen im Allgemeinen Landrecht von 1794: Jetzt hieß es ganz ausdrücklich, dass es in letzter Instanz dem Staate zukomme, „für die Ernährung und Verpflegung derjenigen Bürger zu sorgen, die sich ihren Unterhalt nicht selbst verschaffen … können“. Allerdings überließen es Friedrich Wilhelm II. und III. am Ende doch den „Privilegierten Korporationen“ und Stadt- und Dorfgemeinden, die Armen über Wasser zu halten, was bald große Probleme verursachte.

Dies resultierte daraus, dass die preußischen Reformen vom Beginn des 19. Jahrhunderts zu tiefgreifenden Umwälzungen in der Wirtschafts- und Sozialordnung führten. Da sie auf dem Lande nicht mehr existieren konnten, strömten viele Bauern in die Städte, wo sie dann gemeinsam mit den durch die industrielle Revolution verarmten Handwerkern eine hilfsbedürftige Unterschicht bildeten. Dem aber war das traditionelle System der Armenpflege, welches vorsah, dass die Heimatorte der zu Versorgenden weiter für diese aufkommen mussten – auch wenn sie längst von dort weggezogen waren –, schließlich kaum mehr gewachsen.

Deshalb erfolgte am 31. Dezember 1842 die Verabschiedung der beiden Gesetze „über die Aufnahme neu anziehender Personen“ und „die Verpflichtung zur Armenpflege.“ Nun galt ohne Wenn und Aber, dass jeder Preuße Anspruch auf Freizügigkeit habe und die Übernahme der Kosten für die Betreuung der Armen der Gemeinde obliege, in der sie gerade aktuell lebten.

Dies zeitigte zwei Konsequenzen. Zum ersten wurde Preußen damit zum Vorreiter des Prinzips der freien Wahl des Wohnortes, welches dann im Bundesgesetz über den Unterstützungswohnsitz vom 6. Juni 1870 in ganz Norddeutschland Geltung erlangte. Zum anderen erhielten die Städte jetzt die Hauptmasse der finanziellen Lasten durch die Armenpflege aufgebürdet – besonders zu Buche schlugen dabei die Aufwendungen für den Betrieb von Heimen für geistig und körperlich Behinderte sowie hinfällige Alte.

Das sagen auch die Statistiken aus jener Zeit aus. So stieg der Anteil der unterstützungsberechtigten Armen an der Gesamtbevölkerung im Laufe des 19. Jahrhunderts von weniger als einem Prozent auf rund fünf Prozent. Doch das war nur der Durchschnitt, der unter anderem in der städtisch geprägten Rheinprovinz und in Westfalen weit überschritten wurde. Hier galt jeder zehnte als arm und in großen Orten wie Köln und Düsseldorf so­gar jeder sechste, während auf dem platten Land im Osten oft nur ein Armer auf 100 Einwohner fiel.

Zur Finanzierung der Armenpflege erhoben die Städte Abgaben auf bestimmte „Lustbarkeiten“ wie Theatervorstellungen oder führten „Wildbretsteuern“ und Ähnliches ein. Doch das genügte letztendlich alles nicht, weswegen es notwendig wurde, die preußische Armengesetzgebung zu novellieren. Dies erfolgte mittels des Gesetzes vom 11. Juli 1891 über die „Abänderung des Gesetzes zur Ausführung des Bundesgesetzes über den Unterstützungswohnsitz vom 8. März 1871“. Die Kernaussage dieses bürokratischen Monstrums lautete, dass nun flächendeckend größere Landarmenverbände gegründet werden sollten, welche für die „Bewahrung, Kur und Pflege der hülfsbedürftigen Geisteskranken, Idioten, Epileptischen, Taubstummen und Blinden, soweit diese der Anstaltspflege bedürfen, in geeigneten Anstalten Fürsorge zu tragen“ hätten. Dazu kamen die „Siechen“ zur Aufnahme pflegebedürftiger Alter und Arbeitshäuser für diejenigen Armen, welche keine Behinderung aufwiesen und deshalb zur Hebung ihrer Arbeitsmoral eingesperrt wurden, wozu das Strafgesetzbuch von 1851 und das Ergänzungsgesetz zum Gesetz über die Verpflichtung zur Armenpflege vom 21. Mai 1855 die rechtliche Handhabe boten.

Zugleich übernahm der Staat nun aber auch größere finanzielle Verantwortung, indem er seinerseits regelmäßige Zuschüsse an die Orts- und Landarmenverbände leistete. Hierzu verfügte das Ministerium des Innern über den Staatsarmenfonds, dessen Mittel über die Regierungspräsidenten zur Verteilung gelangten. Ende des 19. Jahrhunderts flossen so im Jahresdurchschnitt 150000 Taler.

Mit dieser Verfahrensweise avancierte Preußen zum europäischen Vorbild, obwohl man den verstärkten Trend zur „Kasernierung der Armen“ – egal ob behindert oder nicht – heutzutage natürlich als das absolute Gegenteil der „Inklusion“ von Benachteiligten kritisieren könnte. Allerdings ging es im übrigen Europa seinerzeit deutlich rückständiger zu.

So gab es in England zwar ebenfalls eine staatliche Selbstverpflichtung, sich um die Armen zu kümmern, jedoch schikanierten die Behörden ihre „Schützlinge“ in der Regel mit rigiden Zwangsmaßnahmen. In Frankreich wiederum erhielten nur Waisen, „Irrsinnige“ und hilfsbedürftige Kranke Unterstützung, wohingegen in Österreich erst nach zehnjährigem Aufenthalt in einer Gemeinde Ansprüche auf Fürsorgeleistungen entstanden.

Und in südeuropäischen Ländern wie Italien und Spanien blieb die Armenpflege weiterhin gänzlich ungeregelt: sie war – wie schon im Mittelalter – eine Sache der Kirchen und privaten Stiftungen.     Wolfgang Kaufmann


S. 12 Leserforum

Leserforum

Einseitiger Vertrag

Zu: Vorläufig ausgehebelt (Nr. 21)

Das im Freihandelsabkommen TTIP durchzusetzende Ansinnen scheint mir weder im Grundsatz noch in der Balance der Interessen berechtigt beziehungsweise ausgeglichen zu sein.

Im Grundsatz stellt sich die Frage, warum bei dem transatlantischen Abkommen überhaupt ein Investitionsschutz gesetzlich gerechtfertigt – das Abkommen hat quasi Gesetzescharakter – sein soll. Sollen etwa die überwiegend deutschen Steuerzahler die Folgen amerikanischer strategischer Fehlentscheidungen als Folge unserer Schutzgesetze (Arbeits-, Umwelt- oder Verbraucherschutzgesetze) begleichen und dem Ansinnen mit dem Abkommen zu höheren Weihen verholfen werden? Es ist doch deren Sache, welche Entscheidungen sie in Absicht ihrer Gewinnmaximierung treffen und ob diese für sie gut oder schlecht sind.

Und sind solche überhaupt ge­genüber der Allgemeinheit schutz­würdig? US-Firmen brauchen bei Gültigkeit des zwischen Europa und Kanada geplanten Handelsabkommens CETA nur in Kanada Briefkastenfirmen zu installieren, deren ausschließlicher Zweck es ist, sich ihre Einnahmeausfälle großzügig von anderen erstatten zu lassen. Man muss kein Rechenkünstler sein, um zu erkennen, dass die Geltung von CETA vermutlich auf unseren Staatsbankrott hinauslaufen wird.

Zur Balance der Interessen ist zu fragen, ob amerikanische Investitionsschutzklauseln und deren wirtschaftlich freibeuterisches Gebaren einen höheren Stellenwert als die europäischen Schutzvorkehrungen für ungewollte Entwicklungen, zu denen auch gesundheitliche Obhutsrestriktionen und Fürsorgeintentionen zählen, haben können. Die Rigidität der Kompensationssanktionen im Abkommen spricht dafür.

Warum lassen wir uns überdies gefallen, bei uns transatlantische Rechte für die Handhabung gelten und die Nichtexistenz der Schutz­würdigkeiten für unsere Bürger von amerikanischen Gutachtern attestieren zu lassen oder als unberechtigt einzustufen? Die vermeintliche und vorgebliche Ausgewogenheit der Vertragsparameter empfinde ich als zutiefst ungerecht; sie will mir einfach nicht einleuchten.

Dr. Dr. Hans-Joachim Kucharski, Mülheim

 

 

Die »Bismarck« und das Ende einer Kriegsstrategie

Zu: Die erste war auch die letzte Feindfahrt (Nr. 21)

Um das Unternehmen „Rheinübung“, den ersten und letzten Einsatz des Schlachtschiffs „Bismarck“ richtig verstehen zu können, ist es sinnvoll, den strategischen Hintergrund dieses Unternehmens kurz zu beleuchten.

Die Kriegsmarine hatte aus dem Ersten Weltkrieg die Lehre gezogen, dass die Entscheidung im Seekrieg gegen England nicht in der Nordsee, sondern im Atlantik fallen musste, und zwar im Handelskrieg. Dazu sollten nicht nur U-Boote und Hilfskreuzer, sondern auch Überwassereinheiten eingesetzt werden. Bei Kriegsbeginn war die Kriegsmarine zwar noch im Aufbau begriffen, aber im ersten Quartal 1941 verfügte sie doch immerhin über vier Schlachtschiffe und vier schwere Kreuzer.

Besonders wichtig war, dass nach dem Sieg über Frankreich Stützpunkte an der französischen Atlantikküste zur Verfügung standen, in unmittelbarer Reichweite zu den britischen Seehandelsstraßen. Die Seekriegsleitung (Skl) plante daher die Verlegung der gesamten Überseeflotte nach Brest. Es würde der Britischen Admiralität kaum möglich sein, ihre zahlreichen Geleitzüge ausreichend gegen diese Flotte zu schützen.

Im März 1941 gelang „Scharnhorst“ und „Gneisenau“ unter der Führung von Admiral Lütjens als ersten deutschen Schlachtschiffen der Durchbruch in den Atlantik, wo sie erfolgreich Handelskrieg führten und dann nach Brest gingen. Im Mai 1941 sollte dann die „Bismarck“ in Begleitung des Schweren Kreuzers „Prinz Eugen“ folgen. Zeitgleich mit dem Durchbruch dieser Einheiten sollten „Scharnhorst“ und „Gneisenau“ von Brest aus einen Diversionsvorstoß in den Südatlantik unternehmen, um die britischen Flotte zu einer Aufsplitterung ihrer Kräfte zu zwingen. Anschließend sollten sich beide Gruppen vereinigen und im Atlantik den Kampf gegen britische Geleitzüge aufnehmen. Das war die strategische Ausgangslage für das Unternehmen „Rheinübung“.

Der Plan misslang. „Scharnhorst“ und „Gneisenau“ waren durch Bombentreffer nicht einsatzbereit. Die „Bismarck“ wurde versenkt. „Prinz Eugen“ konnte in den Atlantik ausweichen und ging nach Ölübernahme aus einem Tanker nach Brest.

Wenn man sich vor Augen führt, dass die britische Flotte nicht weniger als acht Schlachtschiffe, zwei Flugzeugträger, vier schwere, sieben leichte Kreuzer, 21 Zerstörer, unzählige Flugzeuge und ein unerwartetes Glück brauchte, um ein einzelnes Schlachtschiff zu stellen und zu versenken, dann bestätigt das, wie richtig die Konzeption der Skl im Grunde war.

Daher plante die Skl im Okto­ber 1941 eine Wiederholung und stellte dazu das Schlachtschiff „Tirpitz“ – das Schwesterschiff der „Bismarck“ − und den Schweren Kreuzer „Admiral Scheer“ bereit. Zur Ausführung ist es aber nicht mehr gekommen. Die Engländer hatten inzwischen das deutsche Versorgungsnetz im Atlantik vollständig aufgerollt.

Hinzu kam, dass inzwischen ein neuer Kriegsschauplatz in den Fokus gerückt war: das Nordpolarmeer. Hier liefen die Geleitzüge mit Nachschub für die Rote Armee von Island nach dem sowjetischen Murmansk. Die Skl beschloss, hier einen neuen strategischen Schwerpunkt zu bilden. In einer mehr als kühnen Operation gelang es, die Brest-Gruppe durch den Kanal in den Heimat zurück­zuführen. Die Handelskriegführung im Atlantik mit Überwasserstreitkräften hatte also mit der Versenkung der „Bismarck“ ihr vorzeitiges Ende gefunden. Der Atlantik war ab jetzt allein Kampfgebiet der U-Boote.

Rolf Bürgel, Darmstadt

 

 

Hochkonjunktur

Zu: Feige Anschläge (Nr. 21)

Inzwischen leidet Deutschland unter einer links-grünen Meinungsdiktatur. Andersdenkende sind verbalen und tätlichen Angriffen und sogar Morddrohungen schutzlos ausgeliefert, weil Strafgesetze nicht angewendet werden. „Blockwarte“ und Denunzianten haben wieder Hochkonjunktur. Verschärfend kommt heutzutage noch hinzu, dass sich Gesinnungsgenossen anonym in sozialen Netzwerken an der Treibjagd beteiligen. Fehlt nur noch, dass für Andersdenkende spezielle Lager eingerichtet werden.

Gisela Recki, Troisdorf

 

 

Total blauäugig

Zu: PAZ allgemein

Die Preußische Allgemeine Zeitung verwendet die Redewendung „blauäugig“ recht oft. Meinen Sie nicht, dass blauäugige Menschen sich damit bezüglich ihrer Intelligenz abwertend klassifiziert fühlen müssen und somit eindeutig diskriminiert werden? Also ich empfinde das definitiv als Diskriminierung.

Wenn Sie dazu einmal etwas recherchieren, werden Sie feststellen, dass diese Redewendung vor und bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs nicht in Deutschland existierte. Diese Redewendung wurde von gewissen Interessengruppen, die zum Teil auch die Mainstream-Medien seitdem in Deutschland fest kontrollieren, erfunden und gefördert, um den nordischen aufrechten Menschentypus als vermeintlich doof herabzusetzen. Prüfen Sie mal nach: Auch die sogenannten Blondinenwitze wurden erst nach dem Zweiten Weltkrieg von denselben Machtzirkeln in die Welt gesetzt.

Martin Mitzka, Grattersdorf


S. 13 Das Ostpreußenblatt

»Atemlos« in Allenstein
Stimmung, Poesie und lebendiges Brauchtum beim Ostpreußischen Sommerfest

Wer hätte gestern Abend gedacht, dass heute Morgen wieder die Sonne scheint?“, fragte Domherr André Schmeier gleich zu Beginn der Veranstaltung in die Runde. Während tags zuvor eine stürmische Gewitterfront für umgeknickte Bäume, abgedeckte Dächer und andere Widrigkeiten im Ermland und in Masuren gesorgt hatte, begrüßte einen Tag später mildes Sommerwetter alle Ankömmlinge im Amphitheater von Allenstein.

Über 1000 Besucher und Veranstaltungsteilnehmer waren aus der ganzen Region zum diesjährigen Ostpreußischen Sommerfest angereist. Nach den Grußworten und einem ökumenischen Gottesdienst wurde ihnen eine bunte Mischung aus Volkstanz, Gesang und Akrobatik geboten. 22 Vereine aus dem Verband der deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren (VdGEM) zeigten, wie lebendig deutsches Brauchtum in Ostpreußen auch im Jahre 2016 ist. Die Artisten der Zirkusgruppe Carnival sorgten mit Clownerien und poetischer Akrobatik in luftiger Höhe für weitere Höhepunkte. Kräftig Stimmung machten auch Monika Krzenzek, Mateusz Matlas und andere Solokünstler mit deutschen Schlagerhits wie „Micaela“ oder „Atemlos“.

Gefördert wurde das Sommerfest, das in diesem Jahr von der  Landsmannschaft Ostpreußen veranstaltet wurde, durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien. Lesen Sie in der nächsten Ausgabe der PAZ den ausführlichen Bericht über das Ereignis.               FH


»Teil des freien Europas«
Die Landsmannschaft Ostpreussen organisierte 2016 das Sommerfest. Stephan Grigat hielt die Begrüßungsrede. Hier der Abdruck im vollen Wortlaut:

Ostpreußen lebt! Wir sind heute hier in Allenstein, im Zentrum des südlichen Ostpreußens – Oberland, Ermland, Bartener Land und Masuren – zusammengekommen, nicht nur zum Wiedersehen und Feiern, sondern um ein Bekenntnis zu unserer Heimat Ostpreußen abzugeben. Wir wollen im Herzen bewahren, was auf uns überkommen ist, und Teil einer Zukunft Ostpreußens in Freiheit und Vielfalt sein.

Sehr geehrte Damen und Herren, hochansehnliche Festveranstaltung, im Namen der Landsmannschaft Ostpreußen begrüße ich Sie zum ostpreußischen Sommerfest 2016 an der Allensteiner Burg. Wir freuen uns, dass Sie der Einladung der Landsmannschaft Ostpreußen so zahlreich gefolgt sind.

2016 jährt sich der Abschluss des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages zum 25. Mal. In diesem Vierteljahrhundert haben sich die Beziehungen zwischen Deutschen und Polen gerade hier in Ostpreußen grundlegend gewandelt und überaus erfreulich entwickelt.

Wenngleich, worauf Bernard Gaida kürzlich erneut hingewiesen hat, noch nicht alle gegebenen Zusagen eingelöst sind, gibt es wenig Dissens über die Grundlagen unserer Beziehungen, die auf Aussöhnung und guter Nachbarschaft beruhen. Die verschiedenen Facetten der gemeinsamen Vergangenheit und die tatsächliche Geschichte Ostpreußens werden nicht mehr in Zweifel gezogen.

Die Geschichte Ostpreußens ist die Geschichte seiner Menschen, vor allem der Menschen, die hier vor dem Bevölkerungsaustausch infolge des Zweiten Weltkrieges lebten und wirkten: Vor 75, vor 100 oder vor 150 Jahren – und das sind ganz überwiegend die Eltern, Großeltern und weiteren Vorfahren von Ihnen, den Angehörigen der Deutschen Volksgruppe in Ostpreußen, und die Eltern, Großeltern und weiteren Vorfahren der nach 1945 vertriebenen deutschen Ostpreußen.

Heute ist der Wille, eine gemeinsame Zukunft zum Wohle aller in Frieden und Freiheit aufzubauen, unübersehbar und gelebte Realität. Lassen Sie uns das festhalten und bewahren. Das gebietet schon die Erinnerung an die Zustände vor der Wende.

Ich selbst kann mich noch gut an die Zeit vor 1989 erinnern, an die Zustände hier und an den Grenzen, an das Vorhandensein von Unrechtsregimen in Berlin und Warschau, an den Mangel allüberall und an die Drangsalierungen durch die diversen sogenannten „Sicherheitsorgane“. Viele hier sind genauso alt oder älter als ich und werden noch gleiche oder ähnliche Eindrücke im Gedächtnis eingebrannt haben.

Der südliche Teil Ostpreußens, eben die Wojewodschaft Ermland und Masuren und der nördliche Teil Ostpreußens, das Memelgebiet, haben durch das Abschütteln der kommunistischen Herrschaft und durch die Integration in die Europäische Union ab 2004 enorm profitiert. Sie sind gleichberechtigte Teile des freien Europas geworden. Und sie teilen inzwischen auch den europäischen Wohlstand.

Und doch wird in diesen Wochen und Monaten offenbar, dass es nicht selbstverständlich ist, dass das so bleibt. Europa hat in den letzten zwei Jahren Dinge erlebt, die man vorher nicht für möglich gehalten hätte. Der erreichte Stand an europäischer Integration, an Freiheit und Wohlstand ist plötzlich wieder gefährdet, gefährdet von inneren und äußeren Einflüssen, die es zu bannen gilt.

Niemand hat das Recht, aus eigener Machtvollkommenheit die Freiheits- und demokratischen Mitwirkungsrechte europäischer Bürger in Frage zu stellen. Ebenso hat niemand hat das Recht, durch das Zulassen oder Fördern einer Masseneinwanderung eigenmächtig und ohne Zustimmung der Bürger und der Parlamente die Bevölkerungsstruktur der Staaten Europas nachhaltig zu verändern. Es muss doch nachdenklich stimmen, wenn selbst der Papst von einer arabischen Invasion spricht.

Wir alle sind in der Pflicht, für den Erhalt des Erreichten einzutreten, für den Erhalt von Freiheit und Wohlstand, von äußerer und innerer Integrität, für den Frieden und die Brüderlichkeit unter den Völkern, für die Rechte der Volksgruppen und Minderheiten in Europa. Wir können die Dinge nicht sich selbst überlassen und auch nicht alleine den Politikern. Wir sind gefordert, von unseren Bürgerrechten, vom Recht auf Teilhabe an Politik und Entscheidung Gebrauch zu machen.

Wir müssen uns bewusst sein, das die Integration Europas Frieden bedeutet und eben auch Freiheit. Berechtigte Kritik an den Verhältnissen und den Handelnden sollte nie Richtung und Ziel aus dem Blick lassen: Europa hat nur eine Zukunft im Miteinander. Keine Nation wird die Aufgaben der Zukunft alleine bewältigen können. Angriffe auf Europa, seine Strukturen und seine Rechtsordnung richten sich gegen uns alle. Eine Desintegration Europa richtet sich gegen die Menschen, gegen ihre gedeihliche und friedliche Zukunft. Gegen Europa gerichtet ist auch alles, was gegen die Eigenständigkeit der Völker und ihrer Staaten gerichtet ist und diese einschränken oder aushöhlen will oder ihre Eigenheiten einebnen.

Europa wird nur funktionieren, wenn man die europäischen Völker sie selbst sein lässt und nur das einheitlich regelt, was wirklich einer einheitlichen Regelung bedarf. Es ist also an der Zeit, die Dinge anzupacken. Seien wir gute Ostpreußen, Deutsche oder Polen, und engagierte Europäer. Leben wir Europa in seiner Vielfalt zum Wohle aller, vergessen wir nicht die Vergangenheit und arbeiten an einer Zukunft in Freiheit, Frieden, Gerechtigkeit und Wohlstand.


MELDUNGEN

Deutsche Polizei in Allenstein

Allenstein – Deutsche Beamte besuchten auf Einladung des Landrats die Hauptstadt des südlichen Ostpreußens. Sie besichtigten unter anderem das Kriminal-Laboratorium der Woiwodschafts-Polizei und das Rettungszentrum. Vorgeführt wurden ihnen auch die städtischen Beobachtungs-Kameras und die Arbeit der Wasserschutzpolizei. Marek Kusmierczyk, stellvertretender Leiter der Städtischen Polizei in Allenstein, lobte, dass die Allensteiner Polizeibeamten bereits etliche Jahre mit den Kollegen im deutschen Osnabrück zusammenarbeiten.      PAZ


S. 14 Ostpreussische Familie

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

unser „Königsberger Wanderer“ war wieder unterwegs in der Stadt, die er bis zum letzten Winkel erforscht. Inzwischen haben die fotografischen Belege seiner Spurensuche jede Mappe gesprengt, und es ist jammerschade, dass ich nur hin und wieder eine der großartigen Aufnahmen von Jörn Pekrul in unserer Kolumne bringen kann. So manches Relikt aus deutscher Zeit könnte inzwischen verschwunden sein, aber auf den Aufnahmen ist es gesichert. Nun kommen noch brandneue hinzu, und es sind diesmal ganz besondere, denn seine Spurensuche beschränkt sich nicht auf das, was er in Sand und Stein findet, seine Wanderwege führten ihn diesmal hoch hinaus in den 14. Stock eines Neubaus. Und hier konnte er feststellen, dass in der Stadt das Baufieber ausgebrochen ist. Neben Kalksandstein und „Platte“ sind es markante Neubauten, die das Bild der Stadt prägen. Jörn Pekrul schreibt dazu:

„Manchmal gibt es auch einen betrüblichen Eindruck, so manch ein noch gut erhaltenes Kleinod aus dem alten Königberg wird in den Hintergrund gedrängt. So ist das alt vertraute Bild des Parkhotels als Solitär am Schlossteichufer der Erlebnisgeneration noch geläufig und auch mir vertraut, seit ich vor vier Jahren dort wanderte, nicht mehr vorhanden. Nun ist direkt daneben ein Wohnblock emporgewachsen, der wohl in das Bild einer modernen Stadt passt – aber der Anblick ist mehr als gewöhnungsbedürftig. Dennoch entdeckt man durch die Vogelschau auch Schönes: Die ,Barmherzigkeit‘ hat an der Ecke Hinterroßgarten/Altroßgärter Kirchenstraße einen soliden Neubau erhalten, der sich architektonisch den ihn umgebenden Bauformen anpasst. Und wie als Ausrufungszeichen zu der heutigen Bauwut ist es im Westen der Stadt immer noch der Turm der Luisenkirche, der − so könnte man meinen – souverän über dem Ganzen steht. Auf der Lomse wird fleißig entwässert und Sand aufgeschüttet, dort entsteht das neue Stadion. So blickt die heutige Verwaltung in die Zukunft.“

Jörn Pekrul ist dann wieder in die Niederungen seines Wanderweges abgestiegen und hat sich erneut auf die Suche nach Altvertrauten begeben. Das fand er im Innenhof des St. Georgen-Hospitals in der Turnerstraße, wo er einige schöne Details an dem erhalten gebliebenen Gebäude entdeckte, die ihm wieder einen Eindruck von unserem alten Königsberg vermitteln und deren Abbildungen sein umfangreiches Bildarchiv weiter bereichern werden.

Vielen Dank, lieber Jörn, für ihren kleinen Bericht über das heutige Königsberg aus der Vogelschau und für die damit verbundenen Grüße an unsere Ostpreußische Familie. Seine letzten aus der Pregelstadt sind schon zehn Monate her. Damals waren es nicht nur seine Grüße sondern auch die von Anne Rekkaro aus Estland. Die geborene Königsbergerin und der „nachgeschrapselte“ Ostpreuße, wie Jörn sich selber bezeichnet, durchwanderten die Stadt und verglichen ihre Eindrücke jeweils aus der Sicht ihrer Generation. Sie fanden viel Gemeinsames und Vertrautes – ohne Bitterkeit, wie Anne Rekkaro schrieb. Das wollte viel bei der Frau heißen, die als Dreijährige nach Estland kam und erst spät ihren Geburtsort aufsuchen konnte, zu dem sie dann sofort ein Heimatgefühl verspürte. Und die noch immer darauf hofft, dass sie eine Bestätigung ihrer Geburt in Königsberg erhält, die bisher von offizieller Seite nicht erfolgt ist.

So wie jeder Vertriebene durch sein eigenes Erleben von Flucht, Verschleppung und Vertreibung ein mit anderen Schicksalsgefährten kaum vergleichbares Verhältnis zu seiner Heimat hat, trifft das auch für die nachfolgenden Generationen zu. Was wurde ihnen von Eltern, Großeltern und anderen Zeitzeugen vermittelt, und wie wurden diese Erfahrungen an Kinder und Enkelkinder weitergegeben? In unserer Kolumne berichten immer wieder die Nachkommen von Vertriebenen, ob und wie sie ein Heimatgefühl bei der Spurensuche in dem Land ihrer Vorfahren entwickeln konnten – so wie unser ständiger „Königsberger Wanderer“ Jörn Pekrul. Wie unterschiedlich die Einstellung zur heutigen Stadt sind, beweisen die Ausführungen einer Wissenschaftlerin, die noch in Königsberg geboren wurde, aber keine Erinnerungen mehr an die Stadt hatte, und dann ihren eigenen Weg zu ihr suchte und fand: die Slawistin Prof. Dr. Annelore Engel, die uns einige Worte übermittelte, die sie im Rahmen ihrer Kant-Reise in ihrer Geburtsstadt im vergangenen Jahr gesprochen hat, und die ihr heutiges Verhältnis zu Königsberg/Kaliningrad aufzeigen. Frau Engel ist die Tochter der Königsbergerin Margarete Regehr, verw. Braunschmidt, geb. Falkenau, die bis zu ihrem Tod 2003 auch für das Ostpreußenblatt geschrieben hat. Leider können wir die Ausführungen von Frau Engel nicht im vollen Wortlaut bringen, glauben aber, das Wesentliche übermitteln zu können:

„,All Fehd hat nun ein Ende‘ – diesen Liedvers, Teil der evangelisch-lutherischen Liturgie, habe ich nie wieder so bewusst mitgesungen wie 1997 in der Kaliningrader Auferstehungskirche. Ich bin geborene Königsbergerin und gewordene Kaliningraderin. Das Haus und die Straße meiner Kindheit am Schlossteich gibt es nicht mehr, mein Vater ist in Russland vermisst, aufgewachsen bin ich nach der Flucht in Westdeutschland. Als ich in den 60er Jahren slawische Philologie studierte, galt ich im Westen als Kommunistin, in der Sowjetunion als Faschistin – so einfach war das. Ein Motiv für mein Slawistikstudium war der Wunsch, auf dem Umweg über Russland auf normale Weise nach Königsberg zu gelangen, was ja erst Anfang der 90er Jahre möglich wurde – zunächst privat, seit 1994 vermehrt durch den Partnerschaftsvertrag zwischen der Kaliningrader Universität und der Universität Kiel. Auf meiner ersten Reise 1991 war ich in der Gruppe ein schwarzes Schaf. Im Unterschied zu meiner Mutter, die dreimal in Kaliningrad nach Königsberg gesucht hatte, hatte ich keine Erinnerungen. Ich konnte Russisch und kannte die russischen Verhältnisse, redete mit Russen, Juden, Burjaten, traf Kollegen, besuchte Museen und Künstlerwohnungen, wie man das auch in Moskau machte, wenn man nicht in Bibliotheken oder Archiven saß – und sah da keinen Grund für Vergleiche zwischen Königsberg und Kaliningrad. Aber der äußeren musste eine innere Versöhnung folgen, deren Notwendigkeit ich bis zu jenem Kirchenbesuch nicht hatte eingestehen wollen. Seitdem ist der eingangs zitierte Liedvers von konkreter Bedeutung. Seit ich nicht mehr berufstätig bin, hat die Stelle der Universität die ,Gesellschaft der Freunde Kants und Königsbergs‘ eingenommen und bürgt für jene lebendige Vermittlung zwischen Deutschen und Russen, die heute nicht weniger wichtig ist als früher. Aber es gibt noch viele andere Dinge auf der Welt, für die Zeit zu nehmen es sich lohnt. Und nachdem ich verfolgt habe, wie sich Königsberg/Kaliningrad in den letzten 20 Jahren entwickelt hat, bin ich − sind wir − alle gespannt zu sehen, wie es weitergeht.“

Auf architektonischem Gebiet hat uns ja Jörn Pekrul Eindrücke vermittelt, die Frau Prof. Dr. Engel interessieren dürften. Eine Gelegenheit wird sie dazu haben, wenn sie mich demnächst besuchen kommt, um mit mir über einige Themen zu sprechen, die in unserer heutigen Kolumne nur angeschnitten werden konnten. Dann werde ich ihr auch einen Wunsch erfüllen können, der sie zu dem Schreiben an mich veranlasste: Sie möchte von mir unsere ostpreußische Mundart hören. Sie hatte in meiner Biografie den Begriff „Saatkartoffelchen“ gelesen – so wurde ich vor nunmehr 100 Jahren von einem Onkel benannt, als er mich viel zu früh geborenen Winzling sah –, und das Wort hatte in ihr das Interesse an dem Sprachgebrauch, der Aussprache und der Sprachmelodie des ostpreußischen Idi­oms wach gerufen. Sie hätte sich auch mit einem Telefongespräch begnügt, aber nun kommt es zu einem Plachanderstundchen in meinem Heim, denn wir wohnen nur wenige Kilometer voneinander entfernt im Hamburger Norden.

Oft erreicht uns eine Anfrage erst über Umwege, aber dann hat sie nach klärenden Telefongesprächen ihren richtigen Platz gefunden, denn eine befriedigende Antwort könnte nur aus unserem Leserkreis kommen. Das trifft auf die Frage von Frau Brigitte R. zu, die bisher die PAZ und damit auch das Ostpreußenblatt nicht gekannt hat. Herr Winfried Brandes, Vorsitzender der Ostpreußischen Landsmannschaft in Flensburg, an den sie sich gewandt hatte, reichte die Frage an unsere Redaktion weiter, und so landete sie bei der Ostpreußischen Familie. Brigitte war bereits elf Jahre alt, als sie 1948 mit ihren Eltern aus ihrer Heimatstadt Pr. Eylau zwangsumgesiedelt wurde. So hat sie noch Erinnerungen an die Zeit unter russischer Besatzung, aber alles, was sie bis dahin erlebt hatte, wurde übertroffen von der Fahrt mit dem Transportzug, der im Januar 1948 Pr. Eylau verließ. Frau Brigitte besitzt noch heute den von der russischen Kommandantur ausgestellten Transportschein, der den Befehl zum sofortigen Verlassen des Kaliningrader Gebietes enthält. Wie Vieh wurden die Vertriebenen in den überfüllten Waggons transportiert, es gab nichts zu essen, nichts zu trinken, die ausgehungerten Menschen litten entsetzliche Qualen, sodass einige verstarben – die Toten blieben in den Waggons, bis der Zug nach zwei Wochen im sächsischen Coswig ankam. Das war der Zielbahnhof, an dem die Ausgewiesenen nach der Entlausung in ein Lager kamen. Frau Brigittes siebenjähriger Bruder war so unterernährt, dass er von der Familie getrennt und in ein Kinderheim gebracht wurde.

Diese Erinnerungen will die heute fast 80-Jährige aufschreiben und damit für ihre Nachkommen glaubhaft machen. Aber dazu fehlen ihr alle Informationen über den damaligen Transportweg. Welche Strecke durch Polen hat der Zug genommen, wo hat er auf dem langen Weg bis zum Zielbahnhof gehalten, wer kam wie die Familie aus Pr. Eylau in das Lager in Coswig? Vor einigen Jahren, so erwähnte Frau Brigitte in einem Telefongespräch, soll es im MDR eine Sendung über das Lager Coswig gegeben haben, es dürfte also nicht zu klein gewesen. Sie hofft auf Zuschriften, die aber auf Wunsch der alten Dame über uns geleitet werden müssen, also an die Ostpreußische Familie zu richten sind.

Es ist manchmal nur ein Buchstabe, der zu Irrtümern führen kann. So geschehen in Folge 23, in der wir über den Säugling berichteten, der bei dem Untergang der „Wilhelm Gustloff“ gerettet wurde und in das Sanatorium Siloah in Kolberg kam. Von dort erfolgte die Adoption des Jungen, den die Schwestern des Sanatoriums liebevoll „Hein Gustloff“ getauft hatten, durch die Oberin, der Tante von Herrn Dr. Volker Vogel, der uns nun bat, ihn bei der Suche nach der Adoptivfamilie zu unterstützen. Derer richtiger Name lautet „von Domaros“. Vielleicht verhilft jetzt die Berichtigung zu einer erfolgreichen Suche (Dr. Volker Vogel, Am Mühlebach 8 in 79219 Staufen i.Br.).

Eure Ruth Geede


Ohne hupende Korsos
Für Schwarz-Rot-Gold muss man in Polen während der Fußball-Europameisterschaft einigen Mut aufbringen

Für polnische Ohren klingt das in polnischer Sprache mehr als ungewohnt und für viele fast empörend: „Ich freue mich, wenn Polen ein Tor schießt, aber noch mehr würde ich mich über deutsche Tore freuen.“ Dies jedenfalls sagte der 12-jährige Breslauer Paul Adrian dem Reporter des polnischen Senders TVN24. Pauls Vater, ein bundesdeutscher, mit einer Polin verheirateter Unternehmer aus Breslau, hatte über einen Internetaufruf in den Saal der deutschsprachigen evangelischen Christophori-Gemeinde zum gemeinsamen Schauen des Europameisterschaftsspiels Deutschland gegen Polen am 16. Juni eingeladen. Während andere in Gaststätten die Spiele verfolgen und ihr Bekenntnis für Deutschland dabei verbergen, war die in der Kirchengemeinde eingeladene Öffentlichkeit dem Fernsehen bereits einen Bericht aus dem Kuriositätenkabinett wert.

Denn selbstverständlich sind prodeutsche Gefühlsausbrüche in der polnischen Öffentlichkeit bis heute nicht. Während zu großen Sportereignissen fahnenschwenkende Korsos hupender Italiener oder Türken durch die deutschen Straßen fahren und demonstrieren, wer gerade Herr im Hause ist, sind die deutschen Autofähnchen östlich von Oder und Neiße kein besonders gutes Accessoire. Christoph Janotta hat damit jedenfalls keine gute Erfahrung gemacht. An seinem Auto wurden ihm zur Fußball-Weltmeisterschaft 2012, wie auch nun zur EM, die Fähnchen mutwillig abgeknickt. „Als ich vor ein paar Tagen beim Supermarkt vom Einkaufen zurückkam, waren die an beiden Türen ramponiert, dabei war ich doch nur wenige Minuten im Laden“, empört er sich.

Auch sonst hörte er angesichts seiner polnischen Kennzeichen und deutschen Fahnen unterwegs verärgertes Gehupe. „Im Allgemeinen nehm ich die Fahnen nach der Fahrt gleich ab“, aber dass man nicht mal einkaufen gehen kann, ärgert ihn doch.

So ganz öffentlich funktioniert das gemeinsame deutsche Feiern wohl nur im Schutze einer deutschen Mehrheit in Oberschlesiens Dörfern. Die Deutschen Freundschaftskreise in Neuhammer und Chronstau haben durch die Weltmeisterschaft 2012 bereits Erfahrungen. Gerade Chronstau hat sich dabei einen Namen gemacht. Zur neuen Saison läuft die örtliche Mannschaft sogar im Fritz-Laband-Stadion – benannt nach dem oberschlesischen Fußballweltmeister von 1954 – auf, und auch der Verein selbst heißt seit diesem Jahr zwar nicht zum Beispiel Germania, aber immerhin ganz unpolnisch 1. FC. Im Vereinswappen hat man sich zudem den Spaß erlaubt, die deutsche Ortsnamensform größer wiederzugeben als die polnische.

Dass hier eine der deutschen „Miro Fußballschulen“ die Kleinen zum Kampf um den runden Ball begeistern will und dabei auch die polnische Jugend nicht ausschließt, hat diesem Mut das Feld bereitet. Und natürlich hat auch aus Chronstau bereits mehrfach das polnische Fernsehen berichtet. Der aus der Nähe stammende Inhaber von TinaLED, einem Produzenten von LED-Anzeigen, Heinrich Nyolt, hat die Großbildübertragung durch eine seiner Großbildleinwände möglich und den Vorplatz zur Bar Centrum im in dem beschaulichen Ort zum Kristallisationspunkt deutscher Fans gemacht.

Dass der große Sport nicht immer dem ganzen Spektrum deutsch-polnischer Gefühlswelten offensteht, bewies dieser Tage der ebenfalls aus Oberschlesien stammende Direktor der Stiftung für deutsch-polnische Zusam­menarbeit, Christoph Ochmann. Gegenüber der „Märkischen Oderzeitung“ hatte er berichtet, wie er 1974 in Gleiwitz für die Deutschen jubelte. Die Redakteurin schrieb in diesem Beitrag auch über den durch Grenzänderung für Polen wie Deutschland spielenden Megastar der Vorkriegszeit Ernst Willimowski. Dieser habe durch den Einmarsch der Deutschen 1939 erst für Deutschland gespielt.

Dass Willimowski gleichwohl als deutscher Staatsbürger zur Welt kam und sich mit „polnischen“ Mannschaftskollegen in der Kabine deutsch unterhielt, unterschlug sie. Einen entsprechenden Eintrag in Ochmanns Facebookseite erschien dem 1974 noch mutigen Ochmann scheinbar aufgrund seiner heutigen Funktion nicht angebracht. Dieser verschwand nach einigen Stunden, während nur die üblichen Friede-Freude-Eierkuchen-Kommentierungen ungelöscht überlebten.                Edmund Pander


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 98. GEBURTSTAG

Cudnochowski, Anna, geb. Reinert, aus Großdorf, Kreis Johannisburg, am 3. Juli

ZUM 95. GEBURTSTAG

Brandtstäter, Heinz, aus Kattenau, Kreis Ebenrode, am 25. Juni

Droste, Werner, aus Montzen, Kreis Lyck, am 27. Juni

Glaner, Lotte, geb. Lippik, aus Ebenfelde, Kreis Lyck, am 26. Juni

Haas, Ursula, geb. Patschke, aus Pobethen, Kreis Samland, am 27. Juni

Rupsch, Herta, geb. Grigull, aus Grünhausen, Kreis Elchniederung, am 24. Juni

ZUM 94. GEBURTSTAG

Flogerzi, Gerda, geb. Steckel, aus Kahlau, Kreis Mohrungen, am 27. Juni

Kiesewalter, Frieda, geb. Borowski, aus Auglitten, Kreis Lyck, am 28. Juni

Klein, Erwin, aus Sanditten, Kreis Wehlau, am 29. Juni

Wittat, Käthe, geb. Gutowski, aus Herzogskirchen, Kreis Treuburg, am 26. Juni

Zozmann, Martha, geb. Bern, aus Waiblingen, Kreis Lyck, am 29. Juni

ZUM 93. GEBURTSTAG

Bethke, Elfriede, aus Treuburg, am 26. Juni

Bittner, Hildegard, geb. Skrodzki, aus Kalthagen, Kreis Lyck, am 30. Juni

Buss, Erich, aus Kreis Ebenrode, am 24. Juni

Gehrau, Edith, geb. Timm, aus Reuß, Kreis Treuburg, am 29. Juni

Habedank, Heinz, aus Wilpen, Kreis Ebenrode, am 26. Juni

Heyna, Herta, geb. Dombrowski, aus Scharfenrade, Kreis Lyck, am 25. Juni

Kuchen, Frieda, geb. Komossa, aus Rotbach, Kreis Lyck, am 25. Juni

Lyhs, Ruth, aus Neumalken, Kreis Lyck, am 24. Juni

Meyer, Edeltraut, geb. Gehra, aus Lyck, Kaiser-Wilhelm-Straße 77, am 24. Juni

Raulin, Emma, geb. Schneider, aus Hansbruch, Kreis Lyck, am 30. Juni

Schummer, Traute, geb. Lamshöft, aus Grunau, Kreis Heiligenbeil, am 29. Juni

Sczepan, Gerhard, aus Ittau, Kreis Neidenburg, am 29. Juni

Sill, Eva, geb. Koschorreck, aus Auerbach, Kreis Wehlau, am 25. Juni

Viebrock, Waltraut, geb. Fingel, aus Rodental, Kreis Lötzen, am 27. Juni

ZUM 92. GEBURTSTAG

Bessel, Werner, aus Zohpen, Kreis Wehlau, am 30. Juni

Hähne, Brunhilde, geb. Ziehe, aus Tutschen, Kreis Ebenrode, am 27. Juni

Haentjes, Margarete, geb. Nilson, aus Groß Allendorf, Kreis Wehlau, am 30. Juni

Hofemann, Lieselotte, geb. Rundmann, aus Baitenberg, Kreis Lyck, am 27. Juni

Klüssendorf, Zita, geb. Lamprecht, aus Königshuld, Kreis Tilsit-Ragnit, am 26. Juni

Krings, Inge, geb. Rogge, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 24. Juni

Philipp, Elfriede, geb. Fuchs, aus Allenburg, Kreis Wehlau, am 26. Juni

Priewe, Heinz-Walter, aus Ortelsburg, am 27. Juni

Pyko, Karl, aus Plöwken, Kreis Treuburg, am 30. Juni

Simader, Charlotte, geb. Loch, aus Windau, Kreis Neidenburg, am 24. Juni

Stinka, Heinrich, aus Laschmieden, Kreis Lyck, am 24. Juni

Zarske, Frieda, geb. Zielke, aus Rockeimswalde, Kreis Wehlau, am 27. Juni

ZUM 91. GEBURTSTAG

Barkowski, Eva, geb. Kledewski, aus Merunen, Kreis Treuburg, am 25. Juni

Barnieck, Hildegard, geb. Schmidt, aus Lyck, Lycker Garten 61, am 30. Juni

Figur, Waltraud, geb. Sawitzki, aus Littfinken, Kreis Neidenburg, am 28. Juni

Garben, Siegfried, geb. Galilea, aus Kiöwen, Kreis Treuburg, am 24. Juni

Gottuck, Liesbeth, geb. Jerosch, aus Lyck, am 29. Juni

Kertscher, Irmgard, geb. Czybulka, aus Fürstenwalde, Kreis Ortelsburg, am 30. Juni

Leidwanger, Erna, geb. Kurapkat, aus Seekampen, Kreis Ebenrode, am 27. Juni

Litschke, Ruth, geb. Becker, aus Tawe, Kreis Elchniederung, am 27. Juni

Pohner, Evemarie, geb. Block, aus Lyck, Lycker Garten 16, am 26. Juni

Poschadel, Irmgard, aus Wittingen, Kreis Lyck, am 26. Juni

Rokitta, Erika, geb. Magdowski, aus Grallau, Kreis Neidenburg, am 26. Juni

Schneidereit, Herbert, aus Wartenhöfen, Kreis Elchniederung, am 30. Juni

Tomkowitz, Elfriede, geb. Samotia, aus Birkenwalde, Kreis Lyck, am 27. Juni

ZUM 90. GEBURTSTAG

Blank, Irmgard, geb. Gandlau, aus Talken, Kreis Lötzen, am 27. Juni

Burba, Klaus, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 28. Juni

Dahlke-von Terzi, Susanne, geb. von Terzi, aus Lyck, am 25. Juni

Eggert, Edith, geb. Schernack, aus Seerappen, Kreis Samland, am 27. Juni

Gera, Johanna, geb. Todzi, aus Mensguth, Kreis Ortelsburg, am 24. Juni

Gropp, Antonie, geb. Wilkat, aus Rauschmünde, Kreis Ebenrode, am 30. Juni

Heinrichs, Hildegard, geb. Gerdes, aus Gartenau, Kreis Neidenburg, am 27. Juni

Hildebrandt, Elfriede, geb. Reinert, aus Großdorf, Kreis Johannisburg, am 28. Juni

Kirchenberger, Luise, geb. Jakubczyk, aus Lyck, Hindenburgstraße 16, am 25. Juni

Kolnisko, Siegfried, aus Wiesenhöhe, Kreis Treuburg, am 28. Juni

Kurtz, Waltraut, geb. Annuß, aus Eichhagen, Kreis Ebenrode, am 28. Juni

Lasarzig, Ruth, aus Ostseebad Cranz, Kreis Samland, am 27. Juni

Pucilowski, Gertrud, geb. Weissmann, aus Sulimmen, Kreis Lötzen, am 27. Juni

Schramma, Edith, aus Lemzendorf, Kreis Lyck, am 28. Juni

Starre, Rudolf, aus Stosnau, Kreis Treuburg, am 28. Juni

Waschkewitz, Walter, aus Kölmersdorf, Kreis Lyck, am 27. Juni

Weiß, Frieda, geb. Kledtke, aus Skören, Kreis Elchniederung, am 26. Juni

Wilms, Helga, geb. Hippler, aus Lyck, am 29. Juni

ZUM 85. GEBURTSTAG

Berger, Anneliese, geb. Prepens, aus Lötzen, am 26. Juni

Beseler, Gertrud, geb. Januschkiewitz, aus Millau, Kreis Lyck, am 28. Juni

Brozio, Gerhard, aus Lyck, Bismarckstraße 62, am 25. Juni

Dombrowski, Günter, aus Gudnik, Kreis Mohrungen, am 25. Juni

Ebi, Gertrud, geb. Zachrau, aus Canditten, Kreis Preußisch Eylau, am 12. Juni

Glaser, Ingrid, geb. Raudies, aus Eibenau, Kreis Treuburg, am 29. Juni

Klatt, Heinz, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 24. Juni

Klose, Frieda, geb. Perle, aus Tutschen, Kreis Ebenrode, am 27. Juni

Kornitzki, Erwin, aus Sim-nau/Dosnitten, Kreis Mohrungen, am 29. Juni

Kuberski, Heinz, aus Rübenzahl, Kreis Lötzen, am 29. Juni

Kühn, Wolfgang, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 30. Juni

Lau, Irmgard, geb. Braun, aus Groß Michelau, Kreis Wehlau, am 24. Juni

Mlodoch, Irmgard, aus Steintal, Kreis Neidenburg, am 25. Juni

Nadolny, Eva-Maria, geb. Rogalski, aus Klein Kiöwen, Kreis Treuburg, am 29. Juni

Nuwel, Dipl.-Ing. Gerhard, aus Theerwisch, Kreis Ortelsburg, am 25. Juni

Paragnik, Werner, aus Treuburg, am 28. Juni

Richter, Johanna, geb. Gollub, aus Merunen, Kreis Treuburg, am 24. Juni

Sintenis, Ingobert, am 26. Juni

Stinsky, Helmut, aus Quehnen, Kreis Preußisch Eylau, am 30. Juni

Szelinski, Charlotte, aus Kleschen, Kreis Treuburg, am 30. Juni

Tammen, Gertrud, geb. Schakat, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 24. Juni

Viohl, Dorothea, geb. Müller, aus Kuglacken, Kreis Wehlau, am 29. Juni

Wadehn, Manfred, aus Königsberg und Wischenen, Kreis Samland, am 24. Juni

Wottrich, Margot, geb. Zirpin, aus Grünhausen, Kreis Elchniederung, am 30. Juni

ZUM 80. GEBURTSTAG

Bangel, Anneliese, aus Marienhof, Kreis Samland, am 24. Juni

Bargmann, Anneliese, geb. Neumann, aus Poppendorf, Kreis Wehlau, am 26. Juni

Basse, Gretel, aus Sarkau, Kreis Samland, am 25. Juni

Böttcher, Ingrid, geb. Mlodoch, aus Gusken, Kreis Lyck, am 24. Juni

Bühler, Margot Johanne, geb. Schröder, aus Plibischken, Kreis Wehlau, am 27. Juni

Burchard, Christian, aus Disselberg, Kreis Ebenrode, am 27. Juni

Christ, Christa, geb. Rogowski, aus Neuendorf, Kreis Treuburg, am 28. Juni

Czub, Hans, aus Glinken, Kreis Lyck, am 24. Juni

Derwehlies, Waltraut, geb. Adomeit, aus Wartenfeld, Kreis Elchniederung, am 25. Juni

Gehra, Hans, aus Zielhausen, Kreis Lyck, am 24. Juni

Janzik, Ingrid, geb. Skrotzki, aus Rhein, Kreis Lötzen, am 30. Juni

Kaffka, Werner, aus Thomken, Kreis Lyck, am 27. Juni

Kickstein, Dietmar, aus Rodental, Kreis Lötzen, am 24. Juni

König, Lothar, aus Romau, Kreis Wehlau, am 26. Juni

Kühn, Traute, geb. Hochfeld, aus Arnau, Kreis Samland, am 30. Juni

Lewerenz, Christa, geb. Sasse, aus Wehlau, am 28. Juni

Möllendick, Ingrid, geb. Grabski, aus Gutfeld, Kreis Neidenburg, am 28. Juni

Moysiszik, Günter, aus Reuß, Kreis Treuburg, am 27. Juni

Nadolny, Gertrud, geb. Kuberski, aus Rübenzahl, Kreis Lötzen, am 24. Juni

Paeger, Bruno, aus Eichhagen, Kreis Ebenrode, am 28. Juni

Pahl, Eva, geb. Warda, aus Lyck, am 26. Juni

Paschkewitz, Horst, aus Bredauen, Kreis Ebenrode, am 30. Juni

Rama, Dietmar, aus Omulefofen, Kreis Neidenburg, am 30. Juni

Saparautzki, Horst, aus Wartenhöfen, Kreis Elchniederung, am 27. Juni

Soboll, Helga, geb. Kloskowski, aus Kölmersdorf, Kreis Lyck, am 24. Juni

Strache, Margarete, geb. Schwabe, aus Haldenau, Kreis Ebenrode, am 30. Juni

Thiele, Waltraud, geb. Danner, aus Ebenrode, am 26. Juni

Wittenberg, Dieter, aus Schloßbach, Kreis Ebenrode, am 30. Juni

ZUM 75. GEBURTSTAG

Bendzko, Dorothea, geb. Bischoff, aus Lötzen, am 28. Juni

Halffmann, Irene, geb. Engelke, aus Neumühl, Kreis Wehlau, am 25. Juni

Kamphaus, Günther, aus Neuendorf, Kreis Wehlau, am 28. Juni

Karpinski, Edith, aus Grallau, Kreis Neidenburg, am 28. Juni

Kleibs, Ursula, geb. Hein, aus Goldbach, Kreis Wehlau, am 25. Juni

Kulikowski, Anneliese, geb. Bachor, aus Alt Kiwitten, Kreis Ortelsburg, am 26. Juni

Nomigkeit, Ulrich, aus Tannau, Kreis Treuburg, am 27. Juni

Pille, Dorothea, geb. Demski, aus Heinrichsdorf, Kreis Neidenburg, am 30. Juni

Radau, Joachim, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 29. Juni

Reimann, Dietrich, aus Nalegau, Kreis Wehlau, am 24. Juni

Thaler, Marlies, geb. Sablowski, aus Kalkhof, Kreis Treuburg, am 28. Juni

Wente, Liane, geb. Stellmacher, aus Allenburg, Kreis Wehlau, am 26. Juni


S. 16 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BUND JUNGES OSTPREUSSEN

Vorsitzender: Marius Jungk, Gst.: Buchtstr. 4, 22087 Hamburg, Tel.: (040) 4140080, E-Post: kontakt@junge-ostpreussen.de, www.junge-ostpreu­ssen.de.

Freitag, 24. bis Sonntag, 26. Juni: Wanderwochenende zur Ostpreußenhütte im Salzburger Land. Infos: www.junge-ostpreussen.de/ 47-0-Aktivitaeten.html

Montag, 8., bis Sonntag, 21. August: BJO-Sommerfahrt ins Memelland. Weitere Informationen: www.junge-ostpreussen.de/47-0-Aktivitaeten.html

Freitag, 30. September, bis Montag, 3. Oktober, Bad Honnef: BJO-Herbstseminar und BJO-Bundestreffen. Thema des Seminars:  „150 Jahre Deutscher Krieg – Preußen und Österreich in Geschichte und Gegenwart“. Weitere Informationen unter: www.facebook.com/events/ 1032910313418878/

Donnerstag, 24., bis Sonntag, 27. November: Adventstreffen im ostpreußischen Osterode. Informationen: www.junge-ostpreus-sen.de/47-0-Aktivitaeten.html

Donnerstag, 29. Dezember, bis Dienstag, 3. Januar: Silvesterfahrt nach Ostpreußen: Informationen: www.junge-ostpreussen.de/47-0-Aktivitaeten.html

 

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Landesgruppe – Sonnabend, 25. Juni, 14 bis 18 Uhr, Heimatnachmittag der 5 Landsmannschaften Westpreußen, Ostpreußen, Pommern, Weichsel-Warthe und Deutsch-Balten mit einem Vortrag von Helga Preußner zum Thema „Königin Katharina von Württemberg“. Aus dem Inhalt: Die russische Zarentochter Katharina Pawlowna war schön, klug und auch noch reich. Sie heiratete im Januar 1816 den württembergischen Kronprinzen Wilhelm. In schwerster Zeit kam sie nach Stuttgart und wirkte hier als Königin Katharina von Württemberg sehr segensreich. Kurz nach der Eheschließung trat ihr Ehemann im Oktober 1816 als König Wilhelm I. die Regierung in einer Notzeit mit Missernten, Teuerung und Hungersnot an. Königin Katharina entfaltete eine umfangreiche Wohltätigkeitsarbeit. Bekannt wurde sie durch die Gründung des „Zentralen Wohltätigkeitsvereins“, in dem sie gemeinsam mit bürgerlichen Männern und Frauen an der Linderung der Not arbeitete. Zahlreiche andere Institutionen, zum Beispiel das Katharinenstift und das Katharinenhospital in Stuttgart, die Württembergische Landessparkasse sowie das Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg gehen auf sie zurück. Sie war eine sehr starke Frau, die wusste was sie wollte und es auch durchsetzte. – Anschließend gemütliches Beisammensein. Gäste sind herzlich eingeladen.

Frauengruppe – Dienstag, 12. Juli, 14.30 Uhr, Kleiner Saal, Haus der Heimat, Stuttgart: Die Frauengruppe trifft sich zu einem interessanten Nachmittag. Thema „Reiseberichte“. Alle Mitglieder der Frauengruppe und Kreisgruppe sind eingeladen, den Nachmittag mit eigenen Beiträgen zu bereichern. Die Landsmannschaft Westpreußen und Gäste sind herzlich eingeladen.

Buchen – Sonntag, 26. Juni, 14.30 Uhr, Pfarrscheune (neben der Kirche), Buchen-Hainstadt: Gerda Hildebrandt stellt ihr Buch „Ein Leben – zwei Seiten“ vor. Sie schildert darin die Glanz- und Schicksalsjahre ihrer Großmutter, einer Gutsbesitzerin in Ostpreußen.

Heidelberg – Am Sonntag, dem 12. Juni, 15 Uhr, fand im Hotel Leonardo, Bergheimerstraße 63, das Treffen der Gruppe statt. Seit Tagen freuten wir uns auf den Besuch unserer verehrten Uta Lüttich, der Landesvorsitzenden der Ostpreußen in Stuttgart. Nach einer gemütlichen Kaffeepause hielt Uta Lüttich einen sehr interessanten Vortrag über Ruth Geede anlässlich ihres hundertsten Geburtstags. Die Schriftstellerin und Journalistin wurde geboren 1916 in Königsberg geboren. Seit 1979 ist sie die „Mutter“ der Ostpreußischen Familie. Gäste waren wie immer herzlich willkommen.

Ulm/Neu Ulm – Sonnabend, 9. Juli, 14.30 Uhr, Ulmer Stuben: Monatliches Treffen. – Sonntag, 10. Juli, 18 Uhr, Donauschwäbisches Zentralmuseum: Südostdeutscher Volkstumsabend mit Musik- und Tanzvorführungen.

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Altmühlfranken – Freitag, 29. Juli, 19 Uhr, Kastaniengarten, Gastwirtschaft Röschelskeller, Gunzenhausen: Sommerabend der Landsmannschaften.

Kitzingen – Freitag, 15. Juli, 15 Uhr, Hotel „Würzburger Hof“, Sommerfest bei schönem Wetter im Garten.

Nürnberg – Dienstag, 28. Juni, 15 Uhr, Haus der Heimat, Nürnburg-Langwasser (die Endstation der U1 liegt gegenüber): Gemeinsames Treffen zum Thema „Schriftsteller aus Ostpreußen“.

München – Freitag, 8. Juli, 14 Uhr, Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, 81669 München: Treffen der Frauengruppe.

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von

14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne

Becker, Telefon (030) 7712354.Bartenstein – Treffen der Gruppe. Anfragen bitte an Elfi Fortange, Telefon 4944404, richten.

Rastenburg – Sonntag, 3. Juli, 15 Uhr, Restaurant Stammhaus Rohrdamm 24 B, 13629 Berlin: Gemeinsames Treffen. Anfragen: Martina Sontag, Telefon (033232) 188826

Königsberg – Freitag, 15. Juli, 14 Uhr, Johann–Georg–Stuben, Johann-Georg-Straße-Straße 10, 0709 Berlin-Halensee. Gemeinsames Treffen. Anfragen: Elfi Fortange, Telefon 4944404

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Haus der Heimat, Teilfeld 8, 20459 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

KREISGRUPPEN

Insterburg, Sensburg – Die Heimatkreisgruppe trifft sich jeden ersten Mittwoch im Monat (außer im Januar und im Juli) zum Singen und einem kulturellem Programm um 12 Uhr, Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123–125. Kontakt: Manfred Samel, Fried-rich-Ebert-Straße 69b, 22459 Hamburg. Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de 

BEZIRKSGRUPPEN

Bergedorf – Freitag, 24. Juni, 15 Uhr, Harderskamp 1: Treffen der Frauengruppe zum Thema „Johannistag – was die neun Johanniskräuter erzählen“ mit Kaffeetafel und Erdbeeren

 

HESSEN

Vorsitzender: Ulrich Bonk, Stellvertretender Vorsitzender: Gerhard Schröder, Engelmühlenweg 3, 64367 Mühltal, Telefon (06151) 148788

Wiesbaden – Sonnabend, 25. Juni, 11 Uhr, Kranichstraße, Wiesbaden-Kohl: Feierstunde am BdV-Gedenkstein. –  Dienstag, 12. Juli, 15 Uhr, Gaststätte beim Wiesbadener Tennis- und Hockey-Club, Wiesbaden-Nerotal: Treffen der Frauengruppe mit Kaffeetrinken im Grünen. Anfahrt: Mit dem ESWE-Bus der Linie 1 bis zur Haltestelle Nerotal (Endhaltestelle). Wer Lust zu einem Spaziergang hat, steigt bereits an der Haltestelle „Kriegerdenkmal“ aus. Von dort geht die Gruppe um 14.30 Uhr durch die Nerotal-Anlage zur Gaststätte. Organisation und Leitung Helga Kukwa.

– Bericht –

Auf Initiative der Landtagsabgeordneten Astrid Wallmann konnten Mitglieder und Freunde der Landsmannschaft eine einstündige Plenarsitzung des Hessischen Landtags von der Besuchergalerie miterleben. Die Politikerin hatte eigens einen Donnerstag ausgesucht, weil an diesem Tag zu Beginn der Sitzung fast immer eine aktuelle Stunde zu wichtigen Themen vorangestellt wird. So standen diesmal „Extremismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus“ auf dem Programm. Redner aller Fraktionen riefen dazu auf, gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit die Stimme zu erheben. Nach dem Einblick in die Plenarsitzung traf sich Astrid Wallmann, die zugleich stellvertretende Vorsitzende und petitionspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion ist, mit unserem Besucherkreis zu einem Gespräch. Sie erläuterte ihre eigenen vielfältigen Aufgaben und die der heute 110 Abgeordneten und beantwortete und diskutierte Fragen der Teilnehmer.

Im Rahmen der Aussprache zum 2. Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses im Plenum ergriff auch die Landtagsabgeordnete das Wort. Im vergangenen Jahr seien 1220 neue Petitionen an den Petitionsausschuss gerichtet worden, so viele wie seit zehn Jahren nicht mehr, darunter ein beachtlicher Anteil mit aufenthaltsrechtlichem Hintergrund.

Den Abschluss des Informationsbesuches bildete die Führung durch Räume des historischen Stadtschlosses der nassauischen Herzöge, in dem sich seit Dezember 1946 der Hessische Landtag befindet. Nach schweren Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg war es wieder hergestellt worden; anstelle der abgerissenen ehemaligen Reithalle wurde der Plenarsaal errichtet.

Von 1841 war Herzog Adolf von Nassau erster und einziger ständiger Schlossherr. Nachdem er 1866 ins Exil gehen musste, nutzte das Königreich Preußen das Schloss für die Aufenthalte von Kaiser Wilhelm I. und Wilhelm II. und machten es bis 1918 zum königlichpreußischen Zweitwohnsitz.

Wilhelm I., seit 1861 König von Preußen und ab 1871 deutscher Kaiser, verweilte mehrmals im Schloss. Sein Enkel Kaiser Wilhelm II. machte Wiesbaden und das Schloss schließlich zu seiner regelmäßigen „Mai“-Residenz. Dem Kaiser zu Ehren waren 1896 die „Internationalen Maifestspiele“ ins Leben gerufen worden. In dieser Zeit erlebte Wiesbaden einen großen Aufschwung, wurde zur „Kaiserstadt“ und hatte um die Jahrhundertwende die meisten Millionäre Deutschlands.

 

MECKLENBURG-VORPOMMERN

Vorsitzender: Manfred F. Schukat, Hirtenstraße 7 a, 17389 Anklam, Telefon (03971) 245688.

Parchim – An jedem dritten Donnerstag, 14.30 Uhr, Café Würfel, Scharnhorststraße 2: Treffen der Kreisgruppe. Gemütlicher Nachmittag, um über Erinnerungen zu sprechen, zu singen und zu lachen. Weitere Informationen: Charlotte Meyer, Kleine Kemenadenstraße 4, 19370 Parchim, Telefon (03871) 213545

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Osnabrück – Donnerstag, 30, Juni, 15 Uhr, Gaststätte Bürgerbräu, Blumenhaller Weg 43: Literaturkreis.

Rinteln – Donnerstag, 14. Juli, 15 Uhr, Hotel Stadt Kassel, Klosterstraße 42, 31737 Rinteln: Beim Monatstreffen der Gruppe wird Jürgen Kaupel aus seinem Leben berichten: „Meine Geschichte von Königsberg bis Rinteln“. Angehörige und Freunde sowie interessierte Gäste aus Nah und Fern sind ebenfalls herzlich willkommen. Auskünfte und Informationen zur landsmannschaftlichen Arbeit der Gruppe gibt es beim Vorsitzenden Joachim Rebuschat unter Telefon (05751) 53 86 oder über: rebuschat@web.de

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Bad Godesberg – Jeweils am ersten Mittwoch des Monats, 15 Uhr, Erkerzimmer, Stadthalle: Treffen der Frauengruppe. – Jeweils am dritten Mittwoch des Monats, 15 Uhr, Erkerzimmer: Stammtisch. Gäste herzlich willkommen.

Bielefeld – Montag, 4. Juli, 15 Uhr, 2. Stock, Wilhelmstraße 1B, 33602 Bielefeld: Treffen der Frauengruppe. – Donnerstag,

7. Juli, 15 Uhr, 2. Stock, Wilhelmstraße 1B: Stammtisch der Königsberger und Freunde der ostpreußischen Hauptstadt. Donnerstag, 14. Juli, 15 Uhr, 2. Stock, Wilhelmstraße 1B: Treffen des Literaturkreises.

Düsseldorf – Jeden Mittwoch, 18.30 Uhr, Eichendorffsaal, Gerhart-Hauptmann-Haus (GHH), Bismarckstraße 90: Probe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft Ostpreußen-Westpreußen-Sudetenland unter der Leitung von Radostina Hristova. –  Mittwoch, 29. Juni, 19 Uhr, GHH: „75 Jahre Unternehmen Barbarossa – Angriff auf die Sowjetunion am

22. Juni 1941“ – Vortrag von Professor Dieter Pohl aus Klagenfurt.

Gütersloh – Sonnabend, 9. Juli: Seniorenfahrt. Stadt, Kirche, Museum, Schloss oder schöner Park? Bitte teilen Sie uns mit wohin Sie gerne fahren würden und wir versuchen es zu realisieren. 10 Euro  Kostenbeteiligung (für Fahrt, Eintrittsgelder und Kaffeetrinken) werden im Bus eingesammelt. Nicht-Senioren unter 65 Jahre und Nicht-Mitglieder zahlen 15 Euro. Melden Sie sich bei Josef Block, Telefon (05241) 34841 oder Marianne Bartnik, Telefon (05241) 29211.

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle,  Telefon privat (0345) 2080680.

Magdeburg – Dienstag, 28. Juni, 13 Uhr, Immermannstraße: Treffen der Stickerchen. 

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner, Julius-Wichmann-Weg 19, 23769 Burg auf Fehmarn, Telefon (04371) 8888939, E-Mail: birgit@kreil.info

Landesverband – Sonntag, 26. Juni, 10 Uhr, Haus der Heimat, Kiel: Vertreterversammlung der  Landesgruppe Schleswig-Holstein. Die Tagesordnung: 1) Begrüßung, Eröffnung und Feststellung der Ordnungsmäßigkeit der Einladung durch den Landesvorsitzenden Herrn Ferner, 2) Totenehrung, 3) Grußworte, 4) Genehmigung des Protokolls der Vertreterversammlung vom 21. Juni 2015, 5) Rechenschaftsbericht des Landeskulturreferenten, zugleich als Landesvorsitzender 6) Wir singen Volkslieder, 7) Beiträge in ostpreußischer und schleswig-holsteinischer Mundart von Frau Henning, 8) Bericht über die letzte Tagung der OLV in Bad Pyrmont von Herrn Gerigk, 9) Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2015, 10) Bericht der Kassenprüfer, 11) Entlastung des Vorstands und der Kassenführung, 12) Genehmigung des Haushaltsplans für 2016, 13) Ehrungen, 14) Mittagspause, 15) Vortrag „Königsberg – Kaliningrad, eine Stadt mit zweifachem Erbe“ von Professor  Steindorff, 16) Aussprache, 17) Wir singen Volkslieder, 18) Verschiedenes, Frau Harder berichtet unter anderem über das Treffen der Deutschen Minderheit in Ostpreußen, 19) Kaffeetrinken, 20) Die Vertreterversammlung schließt mit dem Ostpreußenlied.

Bad Oldesloe – Nach Begrüßung der Juni-Runde der Ost- und Westpreußen in Bad Oldesloe sprach die Vorsitzende über Aktuelles aus der Ordensgeschichte. Die Texte hatte sie aus den Heimatzeitungen der letzten Zeit zusammengestellt.

Es ging um die Marienstatue an der Außenwand der Marienkirche der Marienburg. Für die Wiederherstellung standen den polnischen Restauratoren von den deutschen Denkmalbehörden hergestellte Abgüsse und Fotografien sowie aus dem Schutt gesicherte Fragmente des Mosaiks als Grundlage zur Verfügung. Ein Teil der Steine musste aus Venedig beschafft werden, vermutlich wie es die Ordenskünstler auch getan hatten. Die alten Marienburger hatten ihr Wahrzeichen der Stadt immer wieder vermisst.

Hauptsitz des Deutschen Ordens ist Wien, nachdem er 1809 in den Rheinbundstaaten aufgelöst wurde. Ein wichtiger Standort in Deutschland ist das Deutschordensschloss in Bad Mergentheim in Baden Württemberg. In diesem Jahr besuchte Hochmeister Abt Bruno Plattner aus Wien die Heimattage im April in Bad Mergentheim. Außer den Modellen der Ordensburgen in unserer Heimat gibt es dort die Ritterrüstungen, Waffen, Schilde und Lanzen und die weißen Umhänge mit dem schwarzen Kreuz zu sehen, ferner Schriften, Bilder und Dokumente.

Anschließend gab Katharina Makarowskl den Bildband „Ostpreußen – Reise in ein Land der Vergangenheit“ von Wolfgang Korall und Gunnar Strunz herum, in dem die Ordensbauten noch einmal angeschaut werden konnten.

                Gisela Brauer

Flensburg – Brandestag 2016 in Flensburg – Dr. jur. Ernst Brandes (1862–1935), Rittergut Althof-Insterburg, maßgeblicher Agrarpolitiker der Weimarer Republik sowie anerkannter Pferdezüchter, ist der Urahn, dessen Nachfahren sich in dreijährigem Rhythmus treffen. Nach zuletzt Zürich (2010) und Tübingen (2013) fand der Brandestag 2016 vom 5. bis 8.Mai in Flensburg statt. Zum diesjährigen Treffen der über vier Kontinente verteilten Großfamilie Brandes waren erstmals auch Familienmitglieder aus Südafrika angereist, um Flensburg und seine Umgebung kennenzulernen. Den Programmpunkt „Stadtführung“ führte in bewährter Weise der trotz Namensgleichheit nicht zur Familie gehörende Winfried Brandes, Vorsitzender der Ostpreußischen Landsmannschaft Flensburg, durch.

Rezia Brandes, Witwe von Eddo-Ernst Brandes, der als letzter Erbe von Althof-Insterburg nach Verlust der ostpreußischen Heimat und langer Kriegsgefangenschaft 1955 nach Südafrika ausgewandert war, nahm auch am traditionellen Spargelessen der Flensburger Ostpreußen teil und wurde vom Vorsitzenden Winfried Brandes mit besten Wünschen und einem Buchgeschenk über „Das Dohnasche Vorwerk Schlobitten im Kreis Preußisch Holland“ in die südafrikanische Heimat verabschiedet.

                Michael H.E. Weber, Harrislee

Neumünster – Mittwoch, 13. Juli, 15 Uhr, Stadthalle am Kleinflecken: Damit der Alltag für Senioren einfach wird informiert der Leiter der Orthopädie-Technik-Nord (OTN).

Uetersen – Dienstag, 5. Juli: „Busfahrt ins Blaue“ gemeinsam mit dem Verein zur Erhaltung ostdeutschen Kulturgutes und KvD.

 

THÜRINGEN

Vors.: Edeltraut Dietel, August-Bebel-Straße 8 b, 07980 Berga an der Elster, Tel. (036623) 231414.

Eisenach – Dienstag, 12. Juli, 14.30 Uhr, Rot-Kreuz-Weg 1: Heimatnachmittag der Ost- und Westpreußen.

Schmalkalden – Dienstag, 7. Juli, 14 Uhr, Club der Volkssolidarität: Heimatnachmittag der Gruppe „Immanuel Kant“.


S. 17-18 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

ANGERAPP (DARKEHMEN)

Kreisvertreterin: Edeltraut Mai, Weißdornweg 8, 22926 Ahrensburg, Telefon (04102) 823300, Internet: www.angerapp.com

Sonnabend, 2. bis Sonntag, 3. Juli, Handeloh: Heimattreffen in der Lüneburger Heide im Hotel Fuchs, Hauptstraße 35, Handeloh.

 

ANGERBURG

Kreisvertreter: Kurt-Werner Sadowski. Kreisgemeinschaft Angerburg e.V., Landkreis Rotenburg (Wümme), Postfach 1440, 27344 Rotenburg (Wümme), Landkreis: Telefon (04261) 9833100, Fax (04261) 9833101.

Eine große Trauergemeinde, darunter Kreisvertreter Kurt-Werner Sadowski, nahm am 10. Juni auf dem evangelischen Friedhof in Delmenhorst von dem am 2. Juni verstorbenen Siegfried Schemionek Abschied. Außerdem gaben ihm vier Aktive aus seiner studentischen Verbindung das letzte Geleit. Siegfried Schemionek wurde am 17. Oktober 1933 in Lötzen geboren. Wenige Monate nach Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde er im April 1940 in Benkheim im Kreis Angerburg eingeschult. Dort lebte die Familie bis zur Flucht vor der Roten Armee am 23. Oktober 1944. In Benkheim betrieben die Eltern ein Lebensmittelgeschäft. Im eiskalten Winter des Jahres 1945 wurde die Flucht bei minus 20 Grad Celsius fortgesetzt. Die Familie gelangte nach Meiningen, wo Siegfried Schemionek 1948 konfirmiert wurde.

Im Jahr 1950 musste die Familie Meiningen verlassen, um in der Bundesrepublik neu anzufangen. Um die Strapazen der Flucht und die ersten Jahre danach zu überstehen, brauchte Siegfried Schemionek viel Kraft. Er machte das Abitur und studierte an der PH Bremen, um Lehrer zu werden. Als Lehrer war er zunächst an einer zweiklassigen Schule im Raum Göttingen tätig. Danach fand er eine Anstellung an einer Realschule in Delmenhorst. Von 1976 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1996 leitete er als Rektor eine Realschule in Delmenhorst. Ein guter Freund des Verstorbenen hob in seiner Abschiedsrede besonders die preußischen Tugenden, den Humor und die Gastfreundschaft von Siegfried Schemionek hervor. In vielen Gesprächen hat er an seine ostpreußische Heimat erinnert. Aber auch seinen Kindern hat er auf drei Reisen seine ostpreußische Heimat gezeigt. Auch in der Kreisgemeinschaft Angerburg war Siegfried Schemionek aktiv. Viele Jahre gehörte er der Angerburger Kreisvertretung an und arbeitete am Angerburger Heimatbrief mit. Diese wichtige Arbeit hat er mit großer Sorgfalt ausgeführt.

Wir Angerburger verlieren mit Siegfried Schemionek einen weiteren treuen Heimatfreund, dessen Mitarbeit wir sehr geschätzt haben. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie. Wir werden Siegfried Schemionek sehr vermissen und ihn in guter Erinnerung behalten.         Kurt-Werner Sadowski,

                 Kreisvertreter

 

EBENRODE (STALLUPÖNEN)

Kreisvertreter: Dr. Gerhard Kuebart, Schiefe Breite 12a, 632657 Lemgo, Telefon (05261) 8 81 39, E-Mail: gerhard.kuebart@ googlemail.com.

Sehr geehrte Damen und Herren,

gemäß § 8 Abs. 3 unserer Satzung vom 22. September 2012 hat in jedem Jahr eine ordentliche Mitgliederversammlung stattzufinden, zu der außer im Heimatbrief auch in der Preußischen Allgemeinen Zeitung mindestens vier Wochen vorher einzuladen ist. Deshalb lädt der Vorstand der Kreisgemeinschaft Ebenrode (Stallupönen) auch an dieser Stelle zur ordentlichen Mitgliederversammlung am 13. August 2016 um 14 Uhr in die Stadthalle 21423 Winsen/Luhe, Luhdorfer Straße 29, Clubzimmer, ein.

Tagesordnung:

1. Begrüßung, Protokoll, Beschlussfähigkeit

2. Rechenschaftsberichte des Vorstands

3. Bericht der Kassenprüfer und Antrag auf Entlastung des Vorstands

4. Nachwahl des Geschäftsführers und Kassenwarts

5. Zusammenarbeit mit der KG Schloßberg

6. Verschiedenes

Wir bitten um rege Teilnahme

Der Vorstand

 

INSTERBURG − Stadt und Land

Vorsitzender Stadt & Land: Reiner Buslaps, Am Berg 4, 35510 Butzbach-Kirch-Göns, Tel.: (06033) 66228, Fax (03222) 3721953, E-Mail: R.Buslaps@t-online.de. Kreisgemeinschaft Insterburg Stadt & Land e. V.,  Geschäftsstelle, Am Marktplatz 10, 47829 Krefeld, Postfach 111 208, 47813 Krefeld, Tel.: (02151) 48991, Fax (02151) 491141, E-Mail: info@insterburger.de, Internet: www.insterburger.de, Bürozeiten: Montag – Freitag von 8 bis 12 Uhr.

Heimatgruppe Köln: Treffen jeweils am 4. Mittwoch im Monat. Nächste Zusammenkunft am Mittwoch, 22. Juni. Informationen: Carola Maschke, Telefon (0221) 796942, E-Mail: C.Maschke@netcologne.de.

Heimatgruppe Kiel: Treffen in jeden Monat am zweiten Donnerstag im Café Rebecca in der Matthias-Claudius-Kirche in Kiel-Suchsdorf. Informationen: Hellmut Jucknat, Telefon (0431) 311972.

 

PREUSSISCH EYLAU

Kreisvertreterin: Evelyn v. Borries, Tucherweg 80, 40724 Hilden, Telefon (02103) 64759, Fax: (02103) 23068, E-Mail: evborries@gmx.net. Kartei, Buchversand und Preußisch Eylauer-Heimatmuseum im Kreishaus Verden/Aller Lindhooper Straße 67, 27283 Verden/Aller, E-Mail: preussisch-eylau@landkreis-verden.de, Internet: www.preussisch-eylau.de. Unser Büro in Verden ist nur noch unregelmäßig besetzt. Bitte wenden Sie sich direkt an die Kreisvertreterin Evelyn v. Borries, Telefon: (02103) 64759 oder Fax: (02103) 23068, E-Mail: evborries@gmx.net

Die Mai-Ausgabe des Preußisch-Eylauer-Kreisblatts ist erschienen! Wer sie noch nicht per Post erhalten hat, kann sie anfordern bei Evelyn von Borries, Telefon (02103) 64759 oder evborries@gmx.net.

Die stellvertretende Kreisvertreterin Christine Bilke-Krause hatte diesmal die Schriftleitung übernommen und einen bunten Strauß von Berichten und Erinnerungen rund um die Heimat zusammengestellt, Texte aus unbeschwerter und aus schwerer Zeit. Dabei werden fast alle Winkel des Kreises angesprochen. Sie finden in dem Heft auch eine Übersicht über die noch erhaltenen deutschen Friedhöfe im südlichen (polnischen) Teil des Kreises sowie nützliche Hinweise zur Familienforschung und – das Programm unseres Kreistreffens im September in Verden.

Verabreden Sie sich schon jetzt mit Ihren Freunden und Verwandten zu dem Termin am 17. und 18. September.           

                 Evelyn von Borries

 

SENSBURG

Kreisvertreterin: Gudrun Froemer, In der Dellen 8a, 51399 Burscheid, Telefon (02174) 768799. Alle Post an: Geschäftsstelle Kreisgemeinschaft Sensburg e.V., Stadtverwaltung Remscheid, 42849 Remscheid, Telefon (02191) 163718, Fax (02191) 163117, E-Mail: info@kreisgemeinschaftsensburg.de, www. kreisgemeinschaftsensburg.de

18. Juni, Hemer: 15. Treffen des Kirchspiels Ukta im Paul-Schneider-Haus, Ostenschlahstraße 2, 58675 Hemer ab 8.30 Uhr. Der Festgottesdienst findet um 11 Uhr statt. Anschließend besteht Gelegenheit, Erinnerungen und Neuigkeiten auszutauschen. Für das leibliche Wohl werden in bewährter Weise Norbert Kratz und Friedhelm Hoffmann sorgen. Weitere Informationen: Rolf W. Krause, Alte Poststraße 12, 42555 Velbert, Telefon (02052) 1309.

24. bis 27, Juni, Eberbach:  31. Ortstreffen Steinhof und Groß Steinfelde im Hotel „Krone-Post“, Hauptstraße 1, 69412 Eberbach/Neckar. Buchungen sind direkt beim Hotel vorzunehmen: Telefon (06271) 806620, Fax (06271) 80662299. Sonnabend ist der Haupttag des Treffens. Weitere Informationen: Berthold Hirsch, Webskamp 17, 26197 Großenkneten, Telefon (04435) 5223.

 

TILSIT-RAGNIT

Kreisvertreter: Dieter Neukamm, Am Rosenbaum 48, 51570 Windeck, Telefon (02243) 2999, Fax (02243) 844199. Geschäftsstelle: Winfried Knocks, Varenhorst-straße 17, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2309, E-Mail: WinfriedKnocks@aol.com

Liebe, liebe Eva Gülzau, geb. Rohde, Du bist 90 geworden, wahrlich 90 Jahre alt, geboren am 19. Mai 1926 in Dzingelken und ich darf Dir bewundernd gratulieren. So alt zu werden ist eine Gnade und ich bin Dir dankbar, mit Dir über 30 Jahre verbunden zu sein.

Dein Lebensglück mit Karl-Heinz, mit den Kindern und Enkeln hat Dich reich gemacht und die schweren Abschiede das Herz traurig. Höhen und Tiefen sind in so einem langen Leben prägend.

Ganz sicher bist Du mit allen Fasern Deines Seins bis heute eine geborene, gewachsene und gestandene Ostpreußin. Diese Region hat Dich bis heute tief geprägt. All die vielen Geschichten, die Du wirklich erleben durftest, hast Du für uns mit Deinem fabelhaften Gedächtnis lebendig gehalten. Du hast uns bei Kraupischkern immer wieder, wenn es bei uns Wissenslücken gab, diese beseitigt. Du bist ein wandelndes Urgestein eines einst so blühenden, geschichtsträchtigen Kirchdorfes, dessen urkundliche Erstnennung 1352 durch den Hochmeister des Deutschen Ordens, Winrich von Kniprode, deren Mittelpunkt der 1555 durch Herzog Albrecht von Preußen erbauten zweiten evangelischen Kirchenneubau in Ostpreußen war. Trotz des Wiederaufbaus nach mehrfachen Bränden steht sie heute als verfallende Ruine im Ortskern des heutigen Uljanowos. Deine, Eure Konfirmationskirche, deren Bedeutung fest in die Jugenderinnerungen eingegangen ist.

Liebe Eva, die elterliche Molkerei, die Dein Vater so erfolgreich zu einem anerkannten, blühenden Betrieb bis zur Vertreibung geführt hat, war Dein, Euer Lebensmittelpunkt. Deine innigen wunderbaren Verbindungen zu Deinen Schülerfreundschaften, die Du trotz der stark gelichteten Reihen bis heute in langen Telefongesprächen pflegst, sind Dir eine wichtige Herzensangelegenheit!

Ein Foto von Dir hast Du Dir für „Land an der Memel-Tilsiter Rundbrief“ Nr. 99, Weihnachten 2016, verbeten. Dennoch Du bist uns jederzeit vor Augen!

Nicht zu vergessen sind Deine, Eure unermüdlichen Hilfstransporte mit Karl-Heinz, Anneliese und Ernst Adomat und vielen Unterstützern in die so hoch bedürftige, notleidende Region in und um Kraupischken/Breitensten [Uljanowo].

Liebevoll umarme ich Dich. Hab noch viele gute, gesegnete Lebenstage. Bleib behütet und gesegnet, das wünschen dir deine Landsleute, Kraupischker und stets Deine Katharina Willemer

Kirchspiel Kraupischken/Breitenstein

 

TILSIT–STADT

Stadtvertreter: Hans Dzieran, Stadtgemeinschaft Tilsit, Postfach 241, 09002 Chemnitz. Geschäftsführer: Manfred Urbschat, E-Mail: info@tilsit-stadt.de.

Ab 15. Juli wird die Ausstellung „Tilsit – die Stadt ohne Gleichen“ im Tilsiter Museum für Stadtgeschichte präsentiert. Auf 28 Tafeln wird in deutscher und russischer Sprache eine Fülle von Informationen, Bildern, Karten und Archivstücke vermittelt. Für alle, die keine Gelegenheit haben, die Ausstellung persönlich in Augenschein zu nehmen, wurde ein Katalog herausgegeben, der den Inhalt der Ausstellungstafeln in vollem Umfang wiedergibt. Auf 30 Seiten im Din A4-Format erfährt man die Geschichte der Stadt von ihren Anfängen bis zur Gegenwart. Es gibt Abhandlungen zur Ordensburg Tilse, zur Stadtgründung, zur Entwicklung im 17. und 18. Jahrhundert, zum Tilsiter Friedensschluss, zum Leben im 19. Jahrhundert und in der Zeit der beiden Weltkriege. Mehrere Seiten schildern Tilsit als Handelszentrum, als Verkehrsknotenpunkt, als Industriestandort, als Garnisonsstadt. Dargestellt werden die Tilsiter Schulen, die Glaubensgemeinschaften und Gotteshäuser, die Königin-Luise-Brücke und die Tilsiter Denkmäler.

Die Broschüre hilft, die Atmosphäre des Tilsiter Lebens nachzuempfinden und in die verschiedenen Epochen einzutauchen. Sie kann auf Spendenbasis von der Stadtgemeinschaft erworben werden bei: Manfred Urbschat, Bahnhofstraße 82, 03051 Cottbus,  E-Mail urb.man@freenet.de, Telefon (0355) 535544.

Die Schulgemeinschaft „Neustädtische Schule“ war in Gera vom 22. Bis 24. April 2016 zum Drei-Kreise-Treffen mit kaum zu erwartender Teilnehmerzahl vertreten. Auf jeden Fall hat sich die Entscheidung von 2014, zukünftig unsere Schulgemeinschaftstreffen mit den Treffen unserer drei Kreisgemeinschaften Tilsit-Stadt, Tilsit-Ragnit und Elchniederung zu verbinden, auch 2016 als erfolgreich bestätigt. Am Vorabend des Drei-Kreise-Treffens, zur „Tilsiter Runde“ waren wir acht Leute, die sich zur „Neustädtischen“ zugehörig fühlen. Zum eigentlichen Treffen am Sonnabend waren es sogar zehn Teilnehmer, obwohl die Schwestern Hannelore Uhlig aus Bad Salzungen und Sabine Kohlmeier aus Gera wegen einer Hochzeitsfeier in Berlin bereits frühmorgens abreisen mussten. Das abendliche Zusammensein erfüllte voll und ganz die Erwartungen aller Teilnehmer, sich mindestens einmal im Jahr zu treffen und nach Herzenslust „plachandern“ zu können. Besonders überraschend war, dass sich erstmals Klaus Dietrich, Sohn eines sehr bekannten Lehrers unserer „Neustädtischen Schule“, seinen Platz am Tisch der „Neustädtischen Schulgemeinschaft Tilsit“ einnahm. Wir erfuhren Neues und Interessantes. Beide Tage in Gera haben wir als sehr gelungen empfunden und gingen mit der Hoffnung auseinander, dass es 2017 ein Wiedersehen geben muss und wird. Einige von uns, die sich einen dritten Tag in Gera „leisteten“, erlebten noch eine wunderschöne Stadtführung. Wir von den „Neustädtischen“ waren von dem Treffen in Gera sehr befriedigt, und meinen, dass die Teilnahme von zirka 200 Ostpreußen mit deren Angehörigen beweist, dass der Wunsch, sich regelmäßig zu treffen, ungebrochen ist.      Erwin Feige

                Schulsprecher


Regionaltreffen in Leipzig
Drei Kreisgemeinschaften organisierten ein gemeinsames Treffen

Auch in diesem Jahr haben wir erfolgreich unser für alle offenes Regionaltreffen der Kreisgemeinschaften Fischhausen, Labiau und Wehlau in der Gaststätte „Seilbahn“ in Leipzig durchgeführt. Die Teilnehmerzahl überschritt wieder die 100. Damit sind wir in Anbetracht der rapide sinkenden Mitgliederzahlen der Kreisgemeinschaften und des hohen Alters der Landsleute der Vertriebenengeneration sehr zufrieden. Die Veranstaltung wurde ganz in Eigenverantwortung der Familie Grashoff organisiert und durchgeführt. Vielen Dank für die dabei aufgewendete Mühe und die geopferte Zeit. Es hat sich wieder gelohnt.

Nach dem Ertönen der Glocke des Königsberger Doms und des Ostpreußenliedes „Land der dunklen Wälder“ eröffnete Eberhard Grashoff das Treffen durch eine kurze Begrüßungsansprache. Als Ehrengäste wurden die Bundestagsabgeordnete der CDU aus Leipzig, Bettina Kudla, und der Landesvorsitzende der Landsmannschaft Ostpreußen in Sachsen, Alexander Schulz, sowie der Geschäftsführer des Deutsch-Russischen Zentrums in Leipzig, Dr. Manfred Hellmund, begrüßt. Herzliche Grußworte richteten auch die Vertreter der Kreisgemeinschaften Monika Ziegler für die Kreisgemeinschaft Fischhausen, Herr Rieser für die Kreisgmeinschaft Labiau und Uwe Koch für die Kreisgemeinschaft Wehlau an die anwesenden Gäste.

Der Ablauf des Treffens war so organisiert, dass vor und zwischen den geplanten Darbietungen ausreichend Zeit zum Kennenlernen, für Gespräche sowie Essen und Trinken zur Verfügung stand. So entstand insgesamt eine lockere und entspannte Atmosphäre. 

Nach den Begrüßungen ergriff Bettina Kudla das Wort zu einer Ansprache. Mit großem Interesse verfolgten die Teilnehmer die Informationen des MdB über die Zusammenarbeit der Gruppe der Vertriebenen im Bundestag mit den zahlreichen Vertriebenenorganisationen in Deutschland und mit den deutschen Minderheiten den in den historischen Heimatgebieten Ost- und Südeuropas. Ihren Ausführungen konnte man entnehmen, dass im Bundestag die Sachlage der Vertriebenen durchaus bekannt ist und dass man sich im Rahmen der Möglichkeiten um die Belange der Vertriebenenorganisationen und ihre vielen Einrichtungen und Institutionen kümmert und diese unterstützt.

Kulturelle Höhepunkte des Treffens bildeten die Auftritte der Familie Wegelin und des Männerchores Leipzig Nord. Das Ehepaar Wegelin mit Tochter und Enkelin bot sehr anspruchsvolle Gesangsstücke dar, die mit hoher Qualität vorgetragen wurden. Dr. Hellmund vom Deutsch-Russischen Zentrum gab jeweils die erläuternden Einführungen. Diese Musik alleine hätte schon die Teilnahme am Treffen gelohnt. Aber auch der Männerchor trug mit seinen Liedern, wovon viele an unsere ostpreußische Heimat erinnerten, zum Gelingen der Veranstaltung bei. Die sauber vorgetragenen und vielstimmig gesungenen Lieder bildeten einen Hörgenuss. Eine willkommene Ergänzung des kulturellen Rahmenprogramms boten der aus Königsberg stammende Rudi Höpfner mit dem Vortrag einiger selbst verfasster Gedichte und der aus dem Samland stammende Herr Pahl, der eine mit viel Mühe selbstverfasste Geschichte über seine Heimat in Versform vortrug.

Alles in allem war unser diesjähriges Heimattreffen wieder eine gelungene Veranstaltung, wofür besonders der Familie Grashoff für die Organisation aber auch dem Team der Gaststätte „Seilbahn“ für die Sicherstellung sowie dem Sächsischen Innenministerium für die Unterstützung nach §96 des BVG zu danken ist. Vielen Dank auch an Dr. Husen, die PAZ und die BIG Sicherheit Leipzig für die Unterstützung mit Material und Druck.     Helmut Fellbrich


Hoher Besuch in Allenstein
Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk kam auch ins Büro der LO

Nach politischen Geprächen in Danzig besuchte der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk MdB, die Woiwodschaft Ermland-Masuren, wo er Vertreter der Deutschen Minderheit sowie polnische Politik- und Kirchenvertreter in Danzig und im südlichen Ostpreußen traf.

Im ermländischen Allensteinunterhielt sich Koschyk zunächst mit Vertretern des Verbandes der deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren sowie der Allensteiner Gesellschaft der Deutschen Minderheit. Auch dem Verbindungsbüro der Landsmannschaft Ostpreußen (LO) in Allenstein stattete er einen Besuch ab, wo die LO-Mitarbeiterin vor Ort, Edyta Gladkowska, den hohen Besuch empfing. Bei seinen Gesprächen dankte der Bundesbeauftragte allen, die sich engagiert für die Anliegen der deutschen Minderheit vor Ort einsetzen, für deren hervorragende Arbeit.

Koschyk wurde während der Reise von der Generalkonsulin der Bundesrepublik Deutschland in Danzig, Cornelia Pieper, und dem Vorsitzenden des Verbandes der deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaften in Polen, Bernard Gaida, begleitet.              PAZ


S. 19 Heimatarbeit

Ostpreußentreffen auf Schloss Burg
Landesgruppe Nordrhein-Westfalen beging traditionelle Feier

Unter dem Motto „Fiat iustitia ne pereat mundus“ (Gerechtigkeit möge walten, damit die Welt nicht zugrunde gehe!) fand am 19. Juni bei schönem Wetter das „Kleine Ostpreußentreffen“ auf Schloss Burg bei Solingen an der Gedenkstätte des deutschen Ostens statt.

Neben dem offiziellen Teil mit der Begrüßung durch die Landesvorsitzenden und der Festansprache von Dr. Walter T. Rix gab es ein buntes Programm mit Tänzen, Liedern und heimatlichen Gedichten passend zur Jahreszeit.

Den zahlreich erschienenen Festteilnehmern – die aufgestellten Zelte waren bis zum letzten Platz gefüllt – blieb viel Zeit zum Schabbern und Plachandern.

Erfreulich war die große Altersspanne zwischen dem jüngsten Teilnehmer, ein Lorbaß von vier Jahren, und der ältesten Teilnehmerin, die im hohen Alter von 97 Jahren mit ihrer Enkelin gekommen war. Schade nur, dass es der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen nicht möglich war, das Fest ohne Beteiligung der Schlesier durchzuführen.                 PAZ


Ostpreußisches Landesmuseum

Montag, 25. Juli bis Freitag, 29. Juli, täglich 13.30 bis 16.30 Uhr: Sommerakademie für Jugendliche und Erwachsene. „Die Kunst der Zeichnung – von der Skizze zum Entwurf“. Eine Woche lang steht die Kunst der Zeichnung in ihrer Funktion von der Skizze zum Entwurf eines Bildes im Vordergrund. Als Inspirationsquelle der künstlerischen Arbeit werden eindrucksvolle Architektur-Objekte norddeutscher Backsteingotik in Lüneburg ausgewählt.

Dieser Zeichenkurs findet im Rahmen der Sonderausstellung „Backsteinarchitektur im Ostseeraum“ statt und ist sowohl für Anfänger als auch für Fortgeschrittene geeignet.

Die Künstlerin Elena Steinke wird die Teilnehmenden dabei professionell begleiten, beraten und anleiten. Kosten: 150 Euro (plus 20 Euro Materialkosten) für eine Woche.

Mittwoch, 3. August, 19 Uhr: „Domus lapidea. Bauen mit Backstein in Lüneburg“. Vortrag mit Professor Edgar Ring. Der Stadtarchäologe und exzellente Kenner der mittelalterlichen Architektur Lüneburgs verspricht einen profunden Überblick über die traditionsreiche Hanse- und Salzstadt. Wir empfehlen eine Platzreservierung. Eintritt 5 Euro.

Informationen und Anmeldung: Ostpreußisches Landesmuseum, Heiligengeiststraße 38, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 759950, E-Mail: info@ol-lg.de


S. 20 Heimatarbeit

Spukhäuser und Burgruinen
Langeweile? Den Kindern in Balga blieb dafür einfach keine Zeit

Schaurig-schöne Erinnerung hat PAZ-Leserin Gisela Hannig (91) aus Friedrichshafen an ihre Kindheit in Balga im Kreis Heiligenbeil. Warum dabei schnarchende Ritter und junge Eulen eine wichtige Rolle spielten, hat sie uns jetzt geschrieben.

In heutiger Zeit ist es leider nicht mehr üblich, bei Tagesausklang gemütlich beisammen zu sitzen, noch kein Licht anzumachen und sich Geschichten zu erzählen. Natürlich erzählte man sich früher dabei auch Spukgeschichten, aber auch wahre Erzählungen aus längst vergangener Zeit, die meist die Großmütter noch erlebt hatten.

Ich erinnere mich hauptsächlich an solche Winterabende in der Jugendherberge in Balga. Nach dem Schlittenfahren an der Steilküste hinunter durften wir Kinder oft in einem kleinen Stübchen auf einem Sofa sitzen, uns mit einer Decke zu dritt oder zu viert zudecken, während ein sehr netter älterer Herr uns Spukgeschichten erzählte. Angeblich war das ein Tierarzt aus Königsberg, der sich oft in der so idyllisch gelegenen Jugendherberge einquartierte. Obwohl diese Spukgeschichten am Ende immer gut ausgingen, vermuteten wir trotzdem hinter jedem Gebüsch auf dem Nachhauseweg durch die Fichten ein Gespenst. Aber wir erschreckten uns auch selber gerne und rannten umso schneller ins Dorf und nach Hause.

Am Sonntag holte Großmutter gerne die Spieluhren hervor, die sie mit einem Schlüssel aufzog. Wenn die Walze sich dann drehte, hörten wir die schönsten Meldien, wie „Alle Tage sind kein Sonntag“, aber auch den „Liebestraum“ von Liszt. Dann wurde das Spiel immer langsamer und auch Zeit für das Klunkermus zum Abendbrot.

Natürlich war Balga mit der alten Ordensburgruine schon anregend genug sich selber Spukgeschichten auszudenken und unserer Phantasie waren da kaum Grenzen gesetzt. Gegenüber vom Burggraben stand sogar noch ein Spukhaus, um das wir immer einen großen Bogen machten und auch später noch, mit dem Fahrrad, möglichst schnell vorbei fuhren. Dieses kleinere Haus in dem naturbelassenen Wäldchen hatte vor längerer Zeit einmal der Blitz getroffen. Man sah das wohl als böses Omen an und wollte diese Ruine nicht mehr aufbauen. Jedenfalls konnte man dort auch Geräusche hören. Rückwirkend betrachtet kamen diese Töne wohl aus dem Brunnen, in dem immer noch Wasser tropfte.

Doch im Hof der alten Ordensburg konnte man an lauen Sommerabenden die Ritter schnarchen hören. Das haben wir gerne den Berliner Ferienkindern vorgeführt. Ein schöner Spuk, von dem sie tief beeindruckt nach Hause berichteten. Jedenfalls machten die jungen Eulen in den Nestern zwischen den alten Gemäuern bei der Fütterung dieses schnarchende Geräusch.

Auf keinen Fall wurde es uns jemals langweilig und die Schummerstunden bleiben uns unvergesslich. Bei meinen inzwischen vier Urenkeln habe ich die feste Absicht, diese alte Sitte wieder einzuführen. Sogar die inzwischen dort lebenden Russen mit ihrer mystischen Veranlagung sind vor mir nicht sicher. Ob ich in der unvergessenen Heimat womöglich als Spukgespenst erscheinen werde?


»Bewegende Briefe«
Erinnerungen an Gertlauken von Marianne Peyinghaus

Bekannt ist die ehemalige Schule in Gertlauken im Kreis Labiau vor allem durch den Roman von Marianne Peyinghaus. 1941 wurde die damals gerade 20 Jahre alte Junglehrerin aus Köln in den kleinen Ort zwischen Königsberg und Tilsit versetzt. In ausführlichen Briefen berichtete sie ihren Eltern von ihrer Arbeit und dem – trotz Krieg – immer noch recht beschaulichen Leben im ländlichen Ostpreußen. 1985 erschienen die Briefe im Siedler-Verlag unter den Titel „Stille Tage in Gertlauken“. Wie viele andere konnte sich auch PAZ-Leser Alois Lienhard (67) aus dem badischen Offenburg für das Buch begeistern. Jetzt half er mit, in der ehemaligen Schule einen Gedenkraum einzurichten. Wie es dazu kam, schilderte er der PAZ.

Vor fünf Jahren las ich das Buch „Stille Tage in Gertlauken“ von Marianne Peyinghaus. Es faszinierte mich, nicht nur, weil es eine Landschaft, ihre Menschen und eine Zeit beschrieb, die nun untergegangen ist, sondern weil ich, der ich aus dem anderen Ende Deutschlands stamme (Baden-Württemberg), selbst in meiner Grundschulzeit – damals „Volksschulzeit“ – eine junge Lehrerin hatte, die bei uns ihre erste Stelle antrat und mit der ich zeitlebens befreundet war. Die Erzählungen von Marianne Peyinghaus und mein eigenes Erleben mit unserem Fräulein Fuchs in den Fünzigerjahren waren wie ein deja-vu.

Ein Freund von mir, der 1937 in Frisching, einem nun verschwundenen Ort bei Königsberg, geboren wurde, und 1945 mit seiner Familie fliehen konnte, erzählte mir von seiner Heimat und wir beschlossen, sie zu besuchen – natürlich einschließlich Gertlauken. Zur selben Zeit kam ich auch in brieflichen Kontakt mit Marianne Peyinghaus. Ich erhielt bewegende Briefe von ihr. Mein Freund und ich besuchten 2014 dann Gertlauken. Wir besichtigten die Schule und erfuhren, dass sie gerade geschlossen worden war, um zukünftig als Kulturhaus der Gemeinde zu dienen. Für Marianne Peyinghaus schoss ich noch viele Fotos. Leider kamen sie zu spät, da die Seniorin im April 2014 verstarb.

Bei unserem erneuten Besuch in Gertlauken 2015 erfuhren wir dann von Ekaterina Timanowa, einer Mitarbeiterin im Kulturhaus, dass die Absicht bestünde, im Obergeschoss einen Museumsraum einzurichten Er solle die Geschichte der ehemals deutschen Schule erzählen. Ich versprach Ekaterina Timanowa die Angehörigen von Marianne Peyinghaus um Dokumente und Bilder zu bitten. Dies geschah und ich konnte einige historische Aufnahmen nach Gertlauken schicken, darunter Bilder von Schülern und von der Umgebung der Schule. Im April 2016 wurde der Raum nun eröffnet und ich erhielt ein paar Fotografien der Eröffnungsfeier. Im August 2016 wollen wir uns den fertigen Raum dann bei unserer dritten Reise nach Königsberg in natura anschauen.  


S. 21 Lebensstil

Polens salziger Schatz
Im Salzbergwerk Wieliczka wird kein »weißes Gold« mehr gefördert − Eine Goldgrube ist es dank der Besuchermassen trotzdem

Copernicus und Goethe, Chopin, Geiger Nigel Kennedy und Papst Johannes Paul II., die polnischen Könige und Königinnen, Zar Alexander I. und Kaiser Wilhelm II., George W. Bush Senior und Gattin Barbara − kaum eine Persönlich­keit in Vergangenheit oder Gegenwart kam in Polen an dem Salzbergwerk Wieliczka vorbei.

Das 15 Kilometer südöstlich von Krakau gelegene Salzbergwerk Wieliczka wurde bereits 1978 in die erste Unesco-Welterbe-Liste aufgenommen und hat für Polen einen ähnlichen Symbolwert wie der Eiffelturm für Frankreich. Dennoch scheint dieses bergmännische Wunderwerk heute bei Amerikanern, Japanern oder Koreanern bekannter zu sein als hierzulande.

In der damaligen Welterbe-Begründung hieß es, Wieliczka sei weltweit das einzige Bergwerk, das seit dem Mittelalter bis heute ununterbrochen in Betrieb sei. Das stimmt nur noch bedingt. Denn nach dem Wassereinbruch von 1992 in 174 Meter Tiefe mit 20000 Litern pro Minute wurde der Steinsalzabbau 1996 endgültig eingestellt. Die heutige Salzgewinnung beschränkt sich auf das Siedesalz, das beim Abpumpen der Salzsole gewonnen wird. Ein Vorgang, der zur Sicherung des Bergwerks unerlässlich ist und dafür sorgt, dass es unter den mehr als 1000 Arbeitsplätzen auch noch echte Bergleute gibt.

Die über 400 Bergleute arbeiten in drei Schichten rund um die Uhr. Und die mehrsprachigen Fremdenführer, die Presseabteilung spricht von 450, werden es ihnen diesen Sommer wohl gleichtun. Zum Weltjugendtag in Krakau vom 18. Juli bis 7. August 2016 soll die Besichtigung nicht nur zu nächtlicher Stunde, sondern bei verstärktem Interesse sogar rund um die Uhr möglich sein. Immerhin erwartet man über zwei Millionen Teilnehmer.

Salz ist längst kein weißes Gold mehr, das Salzbergwerk Wieliczka jedoch weiterhin eine Goldgrube. 5000 bis 8000 Touristen pro Tag besuchen die Unterwelt, über eine Million sind es im Jahr. Geführt wird in Gruppen nach Voranmeldung. Einzelpersonen müssen oft stundenlang warten, bis sie zu einer Gruppe von 35 Personen angewachsen sind. Un­angemeldete Gruppen ebenso.

Ein Besuchermagnet war Wieliczka schon im 15. Jahrhundert. Bereits vor mehr als 200 Jahren schuf man die rund zwei Kilometer lange Touristenroute durch die schönsten Kammern und Gänge, Kapellen und Seen des Bergwerks. Dafür benötigt man gut zwei Stunden. Stanislaw Nosal kennt sich aus. Als Fremdenführer arbeitet er nur im Nebenberuf vor oder nach der Schicht und am Wochenende. Im Hauptberuf ist er Steiger. „Früher“, erklärt er, „wurde neben dem weißen Siedesalz vor allem Grün- oder Steinsalz abgebaut. Es wurde nicht gereinigt, sondern nur zerkleinert und über Tage gemahlen. Damit war es das bessere Salz, da es viele Mikroelemente, sprich Mineralien, enthielt.“

Bis heute ausgesprochen ge­sund ist das Klima unter Tage. Die Temperatur beträgt konstant 14 Grad Celsius, und das Durchatmen fällt auffallend leicht. Von den neun Sohlen, die bis 340 Meter unter die Erde führen und sich aus insgesamt 300 Kilometern Gänge und rund 3000 Ab­baukammern zusammensetzen, umfasst die Touristenroute zu­sammen mit der nochmals zwei Kilometer langen Tour durch das zutiefst beeindruckende unterirdische Museum der Krakauer Salzbergwerke auf Sohle 1 bis 3 nur gut ein Prozent.

Jede der 22 Kammern der Touristenroute, aus denen vom 17. bis Anfang des 20. Jahrhunderts Salz abgebaut wurde, erzählt ihre eigene Geschichte. Die einen illustrieren anschaulich den Salzbergbau, andere wurden zu unterirdischen Kapellen. Die älteste noch erhaltene hat man um 1700 dem heiligen Antonius geweiht. Wie in anderen Kapellen auch formten die Bergleute ihre gesamte Ausstattung – Portale, Skulpturen, Altäre, Kanzel – aus Salz. Wegen Renovierung ist sie bis auf weiteres geschlossen. Die jüngste Ka­pelle wurde 2014 dem verstorbenen Johannes Paul II. geweiht. Modern und multimedial spiegelt sie den Geist unserer Zeit.

Die Steinsalz­skulpturen sind Wieliczkas großer Schatz. Selbst Goethe steht seit 2001 vor der Kammer Weimar. Wie vergänglich sie sind, zeigen die beiden über 200 Jahre alten knienden Mönche der Heilig-Kreuz-Kapelle. Die einst lebensgroßen Figuren sind heute als solche kaum noch zu erkennen. „Denn das Bergwerk besitzt zwei Jahreszeiten“, er­klärt Nosal, „eine trockene im Winter und eine feuchte im Sommer. Daher hat man sich vor etwa zehn Jahren entschlossen, die Touristenstrecke zu klimatisieren. Seitdem ist die Luft immer trocken, und die Figuren erhalten sich sehr gut.“

Die größte, schönste und be­kannteste unterirdische Kapelle ist die der heiligen Kinga, der Schutzpatronin der Salzbergleute: 54 Meter lang, 17 Meter breit und 12 Meter hoch gleicht sie einer Kathedrale und lässt vergessen, dass sie ausnahmslos aus Salz besteht. Wie Marmor glänzt der aus dem Steinsalz gemeißelte Fußboden. Geputzt jedoch wird er mit dem Staubsauger ohne Wasser. Wie Glas leuchten die aus tausenden Salzkristallen zusam­mengesetzten Kronleuchter. Eine Galerie der Salzkunst bilden die Reliefs und Skulpturen, Altäre und anderen Ausstattungsstücke. 70 Jahre lang haben drei Künstler unter den Bergleuten sie ab 1896 aus dem harten Steinsalz geschlagen und gekratzt. Höhepunkt ist das perspektivisch exakte Abendmahls-Relief nach Leonardo da Vinci.

Die Kapelle ist ein lebendiges Gotteshaus. Jeden Sonntag um 8 Uhr findet hier die Frühmesse statt. Sie dient aber auch als Konzertsaal mit sehr guter Akustik. Und natürlich wird hier gerne ge­heiratet. Der Tanzsaal liegt 25 Me­ter tiefer im Show-, Sport- und Gastronomiezentrum. Hier kann auch der Besucher in einem geräumigen Selbstbedienungsrestaurant den Salzgeschmack herunterspülen, bevor er entweder das Museum besichtigt oder nach 800 Stufen bergab aus 135 Metern Tiefe mit dem Fahrstuhl gleich wieder bergauf fährt.

2013 wurde das Weltkulturerbe Wieliczka um das Salzbergwerk Bochnia, 30 Kilometer östlich, er­weitert. Hier wurde von 1248 bis 1989 Salz abgebaut. Jetzt führt man Besucher über die 1,5 Kilometer lange Touristenstraße. Eine Alternative für Kurzentschlossene: ähnlich, preiswerter und noch ohne lange Warteschlangen.

                Helga Schnehagen

Weitere Infos: www.salzbergwerkwieliczka.de und www.salzbergwerk-bochnia.eu


Ein schwergewichtiges Hotel
Als Gewichtheber holte Rolf Milser Gold, als Hotelier die Stars

Duisburg versteht sich als  „Stadt des Sports“. Da­men- und Herrenfußball, Wasserball, Eishockey und Hockey sind nur einige der Sportarten, mit denen der örtliche Vereinssport überregional glänzen kann. Bernard Dietz ist die Sportlegende der Stadt, schließlich wurde er 1980 Europameister mit der Fußballnationalmannschaft.

Sportlich deutlich erfolgreicher und doch etwas in seinem Schatten steht Rolf Milser. Der aus Bernburg an der Saale stammende Gewichtheber, der am 28. Juni seinen 65. Geburtstag feiert, hat in seiner Sportart alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt, und ist einer der erfolgreichsten deutschen Gewichtheber überhaupt.

Auch wenn er 1968 bei seiner Premiere bei den deutschen Jugendmeisterschaften nur den neunten Platz belegte, so war das für ihn doch der Startschuss für eine steile Karriere. Zwischen 1971 und 1984 konnte Milser zahlreiche (west-)deutsche und internationale Titel, olympische Medaillen und Rekorde sammeln. Nach den Olympischen Spielen in Los Angeles 1984 schied Goldmedaillengewinner Milser dann aus dem aktiven Sportlerleben aus und wechselte ins Trainerlager.

Der wirklich große Einschnitt kam aber erst im Jahre 1996. Milser wollte nicht mehr ständig auf Reisen sein, sondern etwas ganz anderes machen. Sein Traum: Ich eröffne ein Hotel. Da bot sich die Gelegenheit, ganz im Süden Duisburgs den kompletten Neuanfang zu starten und ein Hotel zu übernehmen. Doch was tun, wenn man weder Ausbildung noch Erfahrung in der Gastronomie hat? Genau: Man holt sich Hilfe. Milser ließ sich zwei Jahre lang von einem Hotelfachmann begleiten. In dieser Zeit entstand von der Planung über die Eröffnung bis zum alltäglichen Betrieb ein Landgasthaus, das idyllisch gelegen und dennoch verkehrsgünstig erreichbar ist. Das Hotel Landhaus Milser, Tagungsräume und das italienische Re­staurant „Da Vinci“ (zusammen mit einem Geschäftspartner) machen heute das Angebot aus. Der Erfolg blieb Milser auch in seinem neuen Beruf treu. Ein Beispiel ist die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland 2006, als die italienische „Squadra Azurra“ in Milsers Herberge einquartiert war.

Mit Veranstaltungen wie dem Landhaustreff ist Milser jetzt mitten im gesellschaftlichen Leben der Stadt angekommen. An einen Wechsel in den Ruhestand ist da vorerst nicht zu denken. Mit über 30 Veranstaltungen gehört der Landhaus-Treff heute zum festen Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens in Duisburg. Sportliche Themen werden dort genauso behandelt wie beispielsweise Wirtschaftsfragen oder politische Themen. Doch „einfach so“ hingehen, sich eine Eintrittskarte kaufen und teilnehmen – das ist leider nicht möglich. Zielgruppe sind diejenigen Sponsoren, die bei der Veranstaltung mit einem eigenen Tisch vertreten sind und dann gezielt eigene Gäste mitbringen.

Exklusivität ist hier also garantiert – nicht nur, was die Gäste anbelangt. Auch die angebotenen mehrgängigen Menüs können schon ein wenig außergewöhnlich sein. Flusskrebs mit Süßkartoffelcarpaccio als Vorspeise, Goldbrasse auf Tubettini-Ratatouille mit Bärlauch-Pesto als Hauptgang und Mango-Parfait gab es beispielsweise bei einer kürzlichen Veranstaltung mit Prominenten. Die Zutaten der Speisen stammten sämtlich aus Südfrankreich. Es war auch eine Hommage an die gegenwärtig in Frankreich stattfindende Fußball-Europameisterschaft.

Star-Trainer Peter Neururer, Fußball-Legende Willi „Ente“ Lippens und Star-Moderator Manni Breuckmann schwelgten an diesem Abend teilweise in eigenen Erinnerungen und analysierten den modernen Fußball – da „Ente“ Lippens doch sehr humorvoll erzählen kann, waren die Wortbeiträge sehr gut anzuhören. Dass der deutschen Nationalmannschaft zugetraut wird, am Ende sogar Europameister zu werden, sei hier nur am Rande erwähnt.          Andreas Rüdig


Rosinen auf Berlin
Veteranentreffen zum Jahrestag der Berliner Luftbrücke am 24. Juni

Am 26. Juni 1948 flog die erste mit Kartoffeln beladene US-Maschine zum Berliner Flughafen Tempelhof. Es war einer jener Rosinenbomber, die während der sowjetischen Blockade die Stadtbevölkerung der drei westlichen alliierten Sektoren ein knappes Jahr lang aus der Luft mit Nahrungsmitteln versorgten. Zum Jahrestag treffen sich regelmäßig Veteranen, die als Piloten, Mechaniker oder Ingenieure an der Berliner Luftbrücke mitgewirkt haben.

Einige von ihnen haben ihre Mützen mit Ansteckern geschmückt. Manche sind fröhlich, einige er­griffen. „220 Flüge habe ich gemacht“, berichtet der ehemalige Flugzeugführer B. J. Anderson. Auf die Frage, ob er sich so etwas heute vorstellen könne, antwortet er mit Zweifeln: „Die Menschen sind heutzutage für so etwas zu sehr mit sich und ihren elektronischen Ge­räten beschäftigt.“

Sein Kamerad Alan Brunstrom lebt heute in Florida. Er war anfangs als Mechaniker bei der Luftbrücke dabei, dann als Pilot. Im Vietnamkrieg wurde er später mit seiner Maschine abgeschossen und war sieben Jahre in vietnamesischer Kriegsgefangenschaft. Brunstrom freut sich jedenfalls auf das Treffen mit seinen alten Kameraden: „Es ist gut, wieder hier in Berlin zu sein.“

Insgesamt wurden damals in über 200000 Flügen mehr als zwei Millionen Tonnen Fracht eingeflogen. Darunter über eine Million Tonnen Kohle, 490000 Tonnen Lebensmittel, 160000 Tonnen Baumaterialien, Benzin, Medikamente und ganze, in Einzelteile zerlegte Fabriken. Die Flugzeuge starteten in Frankfurt, Hamburg und Hannover. Die beiden äußeren Luftwege wurden als Einbahnstraßen benutzt für den Transport in die Stadt. Hier flogen die Piloten in fünf Ebenen. Auf dem mittleren Korridor verließen sie die Stadt wieder. Für den Landeanflug gab es nur eine Chance, wurde die verpasst, ging es zurück mit der gesamten Ladung. Alle drei Minuten landete ein Flugzeug, in Spitzenzeiten sogar alle 90 Sekunden. Die Franzosen gaben die Zustimmung, in ihrem Sektor einen neuen Flughafen zu errichten. So entstand Berlin-Tegel in nur 90 Tagen.

Insgesamt 380 Flugzeuge versorgten den Westteil der Stadt elf Monate lang im Minutentakt. Da­bei verunglückten viele Piloten und Helfer tödlich, da mangels Strom die Landebahnen ungenügend ausgeleuchtet waren. Wichtig war, dass die Ladung möglichst leicht war, um mehr transportieren zu können. So entzog man den Lebensmitteln Wasser zu Trockenmilch und Trockenkartoffeln. Statt Obst, das viel Wasser enthält, brachten die Flieger Rosinen. Die Berliner nannten sie daher liebevoll „Rosinenbomber“. Einige Piloten bastelten aus Taschentüchern Fallschirme, banden Kaugummi und Schokolade daran und warfen diese beim Landeanflug ab. Tausende Berliner Kinder freuten sich auf den Süßigkeiten-Regen.

Beim Thema „Kinder“ schießen der britischen Veteranin Delia Kennedy die Tränen in die Augen. Sie ist seit dem Ende der Luftbrücke mit dem Piloten Laurie Kennedy verheiratet. Er flog damals Kohlen nach Berlin-Gatow ein. Sie hockte manchmal als Angestellte der Royal Air Force während des Fluges auf dem Brennmaterial. Im Bombenhagel in England, so erzählt sie, sei ihr fünfjähriger Neffe umgekommen. Trost fand sie, indem sie dazu beitrug, tausende Berliner Kinder vor dem Hungertod zu bewahren.           Silvia Friedrich/tws


S. 22 Neue Bücher

Nicht immer nur Sissi
Romy Schneiders Tagebuch

Eine Nation lag ihr zu Füßen, als Romy Schneider in der Sissi-Trilogie in den Jahren 1955 bis 1957 die Rolle der Kaiserin Elisabeth an der Seite von Karlheinz Böhm spielte. Wohl jedes Mädchen wollte wie sie sein, verkleidete sich im Spiel als Sissi.

Alles hatte so glänzend begonnen. Rosemarie Albach, so der bürgerliche Name von Romy Schneider, entstammt einer Schauspielerfamilie. Ihre Eltern waren Wolf Albach-Retty und Magda Schneider, damals eine beliebte Filmgröße. Romy und ihr Bruder Wolfdieter wuchsen bei Magda Schneiders Eltern in Berchtesgaden auf. Nach der Scheidung der Eltern 1949 wurde Romy auf das Internat Goldenstein bei Salzburg geschickt. Wie sie schon während der Schulzeit ihr Talent als Schauspielerin entdeckte, geht aus ihren Tagebuchaufzeichnungen hervor, die Renate Seydel gesammelt und als Buch herausgegeben hat. Als Back­fisch führte Romy regelmäßig Tagebuch. Als sie im Showgeschäft Fuß gefasst hatte, kam sie nur noch sporadisch zum Schreiben. Zuletzt beschrieb sie nur noch lose Zettel, die sie aufbewahrte und die Aufschluss über ihren Seelenzustand geben. Am Ende ihres Lebens fühlte sich die Schauspielerin müde und gehetzt.

Romys Kinderjahre verliefen recht unspektakulär. Von Witzen und Streichen im Internat erzählt sie in ihrem Tagebuch, ansonsten war sie eine folgsame und wohlerzogene Tochter. Sie entsprach dem Rollenklischee der damaligen Zeit. Es war schließlich ihre Mutter, die sie zum Film brachte. An ihrer Seite spielte Romy im Alter von

15 Jahren in Heimatfilmen wie „Wenn der weiße Flieder wieder blüht“ (1953) und „Die Deutsch­meister“ (1955). Den internationalen Durchbruch erzielte sie schließlich mit den Sissi-Filmen. Wäre es nach dem Willen deutscher Filmemacher gegangen, wäre ihr Image damit für immer und ewig festgelegt gewesen. Hatte sich Romy in ihrer Debützeit noch über den Erfolg der Sissi gefreut, so reichte ihr die Festlegung auf seichte Rollen bald nicht mehr. Sie wollte zeigen, was in ihr steckt, fühlte sich zur Schauspielerin von Format berufen.

1958 zog es sie auf der Suche nach anspruchsvollen Rollen nach Paris, wo sie gemeinsam mit Alain Delon, mit dem sie sich schon bald verlobte, Kinoerfolge feierte. Es wird sowohl beruflich als auch privat eine aufregende Phase ihres Lebens, die von großen Erfolgen, aber auch Konkurrenzkämpfen zwischen den beiden aufstrebenden Schauspielern geprägt war. Vor den Dreharbeiten des Films „Christine“ war auch Delon noch ein Unbekannter. In den 70er Jahren erlebte Romy unter der Regie von namhaften Regisseuren wie Claude Sautet und Luchino Vis-conti ihren künstlerischen Höhepunkt.

Der Umzug nach Paris bedeutete für Romy neben der Abnabelung vom Elternhaus den Beginn ihrer eigenen Schauspielerkarriere. Für ihre Abkehr von der deutschen Filmindustrie überzog die Presse sie hierzulande mit Schmähungen und wüsten Beschimpfungen. Die bekannte und vielfach ausgezeichnete Schauspielerin haderte zeit ihres Lebens mit ihrem deutschsprachigen Publikum. Wie ein roter Faden zieht sich die Trauer darüber, dass sie aus Deutschland keine ernstzunehmenden Rollenangebote erhielt, durch ihr Tagebuch.

Romy Schneider wurde nur 43 Jahre alt. Die Nachricht von ihrem Tod am 29. Mai 1982 in Paris schockierte die Welt. Freunde, Kollegen, viele Persönlichkeiten von Rang und Namen erwiesen ihr die letzte Ehre. Darunter waren auch Alain Delon, Michel Piccoli und Yves Montand.

                Manuela Rosenthal-Kappi

Renate Seydel (Hg.): „Ich Romy. Tagebuch eines Lebens“, LangenMüller Verlag, München, überarbeitete Neuauflage 2016, 360 Seiten, gebunden, 20 Euro


Wem es nutzt
Autorenduo entlarvt Mythen bei der Klimapolitik

Das Buch ist ein wahrer Kracher. Es provoziert „in einem Ford“, gehört doch das Auto als unser liebstes Stück zu den größten „Klimakillern“. Es regt zum Nachdenken an und weckt unser Realitätsbewusstsein, ob seiner klaren unverblümten Sprache und seines dokumentarischen Wertes. Es ist ein zutiefst politisches Buch, das bei allen sozialen Entwicklungen des letzten halben Jahrhunderts der Frage „wem nutzt es“ nachgeht. Die Autoren: „Wenn Angst die Seele eines Menschen auffrisst, dann sind grüne Sozialisten die schlimmsten Seelenfresser, die man sich vorstellen kann. Sie führen einen Gesinnungskrieg gegen den Menschen. Sie streben einen Überstaat an.“

Das Buch „Klimasozialismus“  von Gerhard Breunig und Dieter Ber ist gegliedert in 35 Kapitel. Da wird das Element Kohlenstoff und sein Kreislauf behandelt. Da wird die CO2-Lüge entlarvt, wird der Zerstörung des Industriestandorts wie dem VW-Skandal nachgegangen, wird der Mythos der „Erneuerbaren Energien“ entlarvt, wird die „Große Transformation“ wie die „Einfalt der Massen“ offengelegt, wird der „CO2-Religion“ oder „Klima-Religion“ wie den katastrophalen Konsequenzen der „Dekarbonisierung“ der Weltwirtschaft nachgegangen. „Das 2-Grad-Ziel ist lediglich ein politisches Totschlaginstrument, das den Weg in eine planwirtschaftlich organisierte, sozialistische Weltgesellschaft ebnen soll.“ Sie werde von einer Finanz-Plutokratie gelenkt, in der Politiker die Rolle gelenkter Marionetten spielten, die Drahtzieher aber anonym blieben.

Zentraler Bestandteil des Buches sind die Kapitel 14 und 15 mit insgesamt 40 Seiten Umfang. Da geht es um die Personen und Kreise, „die uns mit physikalischem Unsinn seit Jahrzehnten ins Bockshorn jagen wollen“. Da geht es um die Helfer und Herrschenden. Da geht es um die „Warnung vor der drohenden Klimakatastrophe“ vom 22. Januar 1986 der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG), den Weltklimarat und Papst Franziskus mit seiner Enzyklika „Laudato Si’“. Das Pamphlet der DPG vom Dezember 1985 ist in voller Länge abgedruckt. Da wird der angebliche „Treibhauseffekt“ mit den „wärmeisolierenden Spurengasen“ aus der Taufe gehoben, wird von einer „Warmzeit vor etwa 5000 Jahren“ gefaselt und wird die Begrenzung „des globalen Temperaturanstiegs um maximal ein Grad Celsius“ gefordert. Als Rettung wird die Umstellung der Energieversorgung auf „Kernenergie und Sonnenenergie“ gefordert. Deswegen mussten die fossilen Energien verteufelt werden. Die „Angst vor der Atomkraft“ mit dem Tsunami von Fukushima machten der Kernenergie den Garaus, während nun die „Angst vor dem Klimawandel“ den fossilen Energien den Garaus machen soll. Dafür soll der Wind einspringen und für eine kontinuierliche Stromversorgung sorgen.

In der am 18. Juni 2015 von Papst Franziskus veröffentlichten Enzyklika „Laudato Si’“ steht der Satz: „Das Klima ist ein gemeinsames Gut von allen für alle.“ Da Gott, „der Schöpfer von Himmel und Erde“, das „Klima“ nicht geschaffen habe, könnten nur wir Menschen als Schöpfer von diesem „Gut von allen für alle“ in Frage kommen. Als wir Menschen in die Schöpfung gestellt wurden, war das Wetter schon da. Der Mensch musste dieses nehmen, wie es kam, und sich anpassen, auch die „sieben fetten und die sieben mageren Jahre“ erdulden. Es gab seit der Existenz des „homo sapiens“ kein „Klima“, bis dieses vom Menschen 1935 als statistisches Konstrukt erfunden wurde. Es ist ein „Gut“, das der mittleren Lebenserwartung oder dem mittleren Einkommen entspricht. Die „Globaltemperatur“ ist eine Folge des Wetters, nicht seine Ursache. Insofern ist die Kritik des Kardinal George Pell, der von Papst Franziskus zum Finanzchef des Vatikans gemacht wurde, gerechtfertigt: „The church has no particular expertise in science“. Ihre Sache ist der „Glaube“. Doch mit der Wissenschaft kann man weder den „Glauben“ noch den „Urknall“ beweisen.

Nur eine Kritik: Obgleich alle Konsequenzen der „Klima-Religion“ plausibel dargestellt wurden, glauben beide Autoren an den absolut unnatürlichen „Treibhauseffekt“. Er ist der einzig tragende Hauptpfeiler, mit dem die ganze Ideologie steht und fällt. Wie sollen „wärmeisolierende Spurengase“ die von der Sonne erwärmte Erde nicht nur warm halten, sondern sogar erwärmen, wenn nicht einmal eine Thermos-kanne den heißen Kaffee vor Abkühlung schützen kann?                 Wolfgang Thüne

Gerhard Breunig/Dieter Ber: „Klimasozialismus: Massenarmut – Millionen Tote – Niedergang der Kulturen. Was bezweckt der weltweite CO2-Schwindel wirklich?“. Juwelenverlag, Tönisvorst 2015; gebunden, 290 Seiten, 19,90 Euro


Mitten im kaiserlichen Berlin
Amüsante Zeitreise in die Reichshauptstadt des Jahres 1907

Wenn Seraphina von Podlatschek auf dem „Bahnhof Börse“ in der Reichshauptstadt auf den Zug wartet, dabei von einem Zeitungsjungen frech angesprochen wird, steht man mittendrin im kaiserlichen Berlin. Die Hitze des Sommers 1907 ist förmlich spürbar, der Qualm der Stadtbahn kriecht in die Nase, und man staunt über die unbekannte Stadt, die da an den Waggonfenstern vorüberzieht. Armin Strohmeyr gelingt es in seinem Roman „Dame mit rotem Kater“, mit beeindruckender Wortgewalt das alte Berlin wiedererstehen zu lassen. Am Wannsee gehen alle baden. Erstmals tummeln sich Menschen beiderlei Geschlechts fast nackt im Wasser, ohne sich um den Protest der Villenbesitzer und Moralwächter zu scheren. 

Dank des Romans darf man dieses Berlin vor dem Ersten Weltkrieg noch einmal durchschlendern, die Cafés und Geschäfte betreten und die Eigentümlichkeiten ihrer Bewohner genießen. Den „Bahnhof Börse“ gibt es nicht mehr. Er ging unter in der Geschichte, so wie das Kaiserreich. Und all die schönen Gebäude, darunter auch das Schloss, sind dem Krieg zum Opfer gefallen. Dass in wenigen Sätzen all dieses  wieder zum Leben erweckt wird, ist das Verdienst eines Meisters seines Fachs. Zu bemerken ist die Freude des Schriftstellers, sich in den verschiedenen Sprachfärbungen auszutoben. Eloquent schickt er die Leserschaft auf eine höchst amüsante Zeitreise. Ein unbescholtenes Fräulein aus geadelter Familie trifft auf einen Schelm der Unterschicht, der optisch immer wieder an einen roten Kater erinnert. Ein Ganove, dessen Charme sie sich nicht entziehen kann. In einer Welt mit bürgerlicher Doppelmoral und gestrengen Sittenwächtern versucht das Mädchen menschlichen Neigungen und Verlockungen durch strenge Sittlichkeit und einer groß angelegten Kampagne gegen das Küssen entgegenzuwirken. So nimmt sie auch teil an einem Vortrag des „Volksbundes zur Bekämpfung des Schmutzes in Wort und Bild“, in dem dieser Unsitte der Kampf angesagt wird.

Jedem Leser wird die diesbezügliche Ansprache des Professors Biederstein (der Name ist Programm!) unvergesslich bleiben. Das edle Fräulein zieht in den Kampf gegen Unsitte und Unmoral, mit Schirm und Handtäschchen sowie den roten Kater als Adjutant an ihrer Seite. So kommt es auch zu einem Kontakt mit Preußens Herrscher, Kaiser Wilhelm II., der seinerseits dem lustvollen Leben nicht abgeneigt scheint, dieses aber in aller Waldesstille im Schloss Königswusterhausen als Herrenabende tarnt. Dass kurz hinter dem Bahnhof Lichtenrade Indien beginnt, erfährt man so nebenbei, im Haus der Baronin Hermione von Preuschen, Schriftstellerin und Malerin in brandenburgischer Provinz. Es macht große Freude, in dieses Zeitgemälde einzutauchen.

                Silvia Friedrich

Armin Strohmeyr: „Dame mit rotem Kater“, Wiesenburg-Verlag, Schweinfurt 2015, gebunden, 310 Seiten, 16,90 Euro


Wie eine Sammlung schleichender Giftmorde
Marion Schimmelpfennig beleuchtet die Tricks der Getränkeindustrie und benennt Wege, der Täuschung zu entgehen

Der zeitgenössische Komfort scheint uns gut zu versorgen, und doch ist uns der Zugang zu den Quellen abgeschnitten. Das Wasser, welches unsere Vorfahren noch aus eigenen Brunnen schöpften, tragen wir heute in der Flasche ins Haus. Wo deren Inhalt herkommt und wie er zusammengesetzt ist, das müssen wir dem Kleingedruckten auf dem Etikett entnehmen. Ob die Angaben glaubwürdig sind, ist schwer zu ermitteln. Ganz zu schweigen von jenen Details, die gar nicht erst aufgedruckt werden.

In ihrem Buch über „Die Mineralwasser- und Getränkemafia“ breitet Marion Schimmelpfennig alles, was zwischen den Zeilen oder gar nicht zu lesen ist, auf beinahe 400 Seiten aus. Der alternative Heilkundler Rüdiger Dahlke hat dazu ein Vorwort verfasst, der Schauspieler Peter Fricke einige rühmende Worte zum Ausklang beigefügt.

Nicht nur der Handel mit dem Wasser an sich, sondern auch dessen Verwertung in der Limonadenherstellung, Saftproduktion und der industriellen Milcherzeugung werden geschildert. Schimmelpfennig nimmt nicht nur die offenbarsten Vergehen auseinander. Sie betrachtet auch jene Vorkehrungen, die gegen sie getroffen werden können. Alle möglichen Maßnahmen von Filtern, Umkehrosmose, Ionisierung und Keimsperren werden beschrieben und auf ihre Grenzen und Einseitigkeiten hingewiesen. Derartige Lektüre hat immer etwas Niederschmetterndes, wo man ohnedies weiß, dass die Entfernung von der Natur nie wirklich zuträglich sein kann. Wie weit sich  diese Kluft vor uns auftut, erfahren wir aus ihrem Buch.

Die Mitteilungen sind wenig beruhigend. Die fließende Grenze zwischen Werbung und arglistiger Täuschung ist der Autorin aus der eigenen Praxis in der Marketingbranche vertraut. Hier könnte der Austritt aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit noch am ehesten gelingen. Schwieriger wird es bei dem vermeintlich reinen Wasser. Denn das Jonglieren mit Grenzwerten und die raffinierte Anwendung der Statistik lassen jeden Zusatzstoff und jede Belastung irgendwie verantwortbar erscheinen. Die Lebensmittelindustrie sitzt an einem langen Hebel, mit dem sie schon durch eine kleine Rüge die politisch Verantwortlichen veranlasst, notwendige Bestimmungen auszusetzen. Es geht ihr nicht um die beste Qualität, sondern allein um den besseren Ruf. Da kann dieses Buch etwas Gegendruck erzeugen.

Der Fall von Yasemine Motarjemi wird ausführlicher dargestellt. Die Spezialistin für Nahrungsmittelsicherheit wurde der Weltgesundheitsorganisation aus Prestigegründen vom Nestlé-Konzern abgeworben. Als sie dort ihre Aufgabe zu ernst nahm, wurde sie von der Konzernleitung ruhiggestellt. In den wenigen Berichten über ihr noch laufendes Verfahren wird sie meist als gebrochene Persönlichkeit dargestellt. Die Autorin sprach mit der früheren Managerin. Motarjemi erinnert sich dabei unter anderem, wie der Chef von Nestlé Waters die Absicht bekundete, zur Absatzsteigerung des Flaschenwassers das Misstrauen vor dem Leitungswasser zu schüren.

Der Anhang enthält ein Interview von Jean Ziegler und eine Studie über den Einfluss der Industrie bei der Durchsetzung riskanter Technologien. Mit Namen, Wirkungsstätte und ihren Verbindungen zu den Konzernen sind dort jene Wissenschaftler, Institutsdirektoren und Professoren vermerkt, die sich den Interessen der Industrie andienen. Desweiteren werden die industrienahen Institutionen kurz porträtiert. Einige Tafeln mit Signets ordnen die verbreiteten Produktmarken den wenigen Marktbeherrschern zu.

Das gesamte Buch liest sich als eine Sammlung der schleichenden Giftmorde. Die Autorin verzichtet dabei auf rechthaberischen Furor und reißerische Überspitzungen. Sie stimmt mit ihren Ausführungen den Leser vor allem nachdenklich. Zuletzt ermahnt sie die Lager der Wissenschaftspuristen und der Esoteriker, keine unnützen Gräben zu ziehen: „Unser neues Zeitalter ist einfach reif dafür, aus diesen Schienen herauszukommen und neue Wege zu gehen.“                 S. Hennig

Marion Schimmelpfennig: „Die Mineralwasser- & Getränke-Mafia“, J-K-Fischer, Gelnhausen 2016, 367 Seiten, gebunden, 21,95 Euro


S. 23 Anzeige Rautenberg Buchhandlung

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S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Deutsche immer dabei / Wie wir uns per Schuldbekenntnis mit Erdogan versöhnen, was uns anders macht, und warum wir kein Geld mehr haben

Die Lage ist schrecklich verfahren. Die türkische Führung tobt nun schon seit Wochen wegen der Armenier-Resolution des Bundestages, Präsident Erdogan will sich gar nicht mehr beruhigen. Türken mit deutscher Staatsbürgerschaft sind dermaßen beleidigt, dass sie eine eigene Partei gründen wollen.

Letzteres ist ein besonders tiefer Schlag, denn dieser Schritt könnte Rot und Grün um die Früchte ihrer jahrzehntelangen Bemühungen bringen, die im Jahr 2000 in der Konfetti-leichten Gewährung doppelter Staatsbürgerschaften gipfelten. Das geschah in der Erwartung, dass die ansonsten eher stockkonservativ gepolten Deutschtürken aus Dankbarkeit Rot oder Grün wählen, was sie in ihrer großen Mehrheit bislang auch brav taten. Wenn diese Leute jetzt einen eigenen Laden aufmachen – wozu dann all der Aufwand?

Abgesehen davon beantwortet die Parteigründung eine Frage, die zu stellen das Multikulti-Lager am liebsten verbieten würde. Nämlich: Wie „deutsch“ sind diese Neu- und Doppelpassbürger eigentlich wirklich? Von links wurde uns vorgeschwärmt, dass sie, zumindest in der zweiten Generation und sobald sie den deutschen Pass in der Tasche hätten, zu loyalen Bürgern unseres Landes reiften und keineswegs mehr „Fremde“ seien.

Warten wir’s ab, lautete der kleinliche Einwand von rechts: Das werde sich erst erweisen, wenn deren frühere Heimat mit Deutschland in Konflikt gerate und sich die Neubürger entscheiden müssten, auf welcher Seite sie stehen. Hinsichtlich der Parteigründer ist diese Frage geklärt.

Das hilft uns aber auch nicht viel weiter. Es kann doch nicht ewig so weitergehen, dass sich Türken und Deutsche gegenseitig an den Ohren ziehen wegen des Armenier-Genozids. Wir müssen irgendeinen Modus Vivendi finden, schließlich wollen wir doch miteinander auskommen.

Ein Autoren-Trio der „Frankfurter Allgemeinen“ hat eine Lösung gefunden, die so neudeutsch ist, wie sie nur sein kann: Deutsche Historiker sollten sich der „deutschen Mitverantwortung“ an dem Massenmord „stärker als bisher zuwenden“. Dieser Aspekt sei „ein genuin deutsches Problem, dessen Bearbeitung einiges zur internationalen Entspannung und zur mentalen Abrüstung in Deutschland und in der Türkei beitragen kann“, so die drei Weisen.

Die „deutsche Mitverantwortung“ für den Armenier-Mord gleicht jener der US-Amerikaner und Briten für Stalins Gulag in der Zeit ihres Bündnisses von 1941 bis 1947. Ob die Angelsachsen das wohl schon bearbeitet haben? Nichts bekannt. Uns ist überdies völlig entgangen, wo und wie Deutschland „mental aufgerüstet“ hat, was im Ge­genzug also „abzurüsten“ wäre. Poltern tut allein die Türkei, bei uns gibt es bloß diese Resolution. Sollen die Abgeordneten die etwa wieder zurücknehmen?

Nein, nein, das wollen die Autoren gewiss nicht. Sie sagen das mit dem „Abrüsten“ nur, um die Türkei und Deutschland zunächst auf die gleiche Stufe zu bugsieren, damit sie sogleich die neudeutsche Wunderwaffe im Ringen um jedwede verlogene Völkerverständigung zücken können: das deutsche Schuldbekenntnis!

Das ist das Besondere an uns. In anderen Ländern fühlen sich die Leute selbst dann noch ihren eigenen Toten verpflichtet, wenn diese in Schandtaten verwickelt waren. Daher versuchen sie, deren Treiben zumindest zu erklären: Das war eine ganz andere Zeit, die Menschen waren enormem Druck ausgesetzt und konnten sich ihre Epoche ja nicht aussuchen, viel besser waren die anderen auch nicht und so weiter.

Da sind wir aus anderem Holz, Gnade wird unseren Vorfahren nicht gewährt, selbst wenn, wie im Fall der Armenier, gar keine Deutschen beteiligt waren. So musste erst ein in England lehrender australischer Historiker kommen, um uns vor ein paar Jahren die weltbewegende Neuigkeit zu verraten, dass Deutschland doch nicht der Hauptschuldige am Ersten Weltkrieg war. Von allein wären wir da nie drauf gekommen. Schon allein deshalb, weil wir nach einer derart irritierenden Entdeckung gar nicht gesucht hätten. So reagierte das akademische, politische und mediale Deutschland auf Christopher Clarks Griff in unsere Schuldkiste überwiegend zurückhaltend, teilweise sogar konsterniert. Oder man ignorierte den frechen Kerl einfach und verkroch sich in den gewohnten Gewissheiten unter der Überschrift: „Deutschland, das im 20. Jahrhundert zwei Weltkriege angezettelt hat.“

Mit einem neueren Dreh schaffen wir es mittlerweile, deutsche Schuld selbst für Taten zu entlarven, bei denen die Deutschen weder als Täter noch als Verbündete der Täter aufgetreten sind. Ganz im Sinne der internationalen Konkurrenz haben die Schuldfinder die deutsche Waffenindustrie als neuesten teutonischen Massenmörder aufgetan.

Frage: Wenn jemand mit einem Gewehr ermordet wurde, wer steht dann vor Gericht: der Mörder oder der Büchsenmacher? Kann man den Büchsenmacher dafür bestrafen, dass sein Werk für ein Verbrechen verwendet wurde? Natürlich nicht, Gewehre dienen ja auch dem Schutz von Menschen. Dass nicht Waffen töten, sondern Menschen, sieht jeder ein – es sei denn, auf der Waffe prangt ein deutsches Firmenlogo.

Dabei bedarf es gar keiner modernen Waffen, um einen Völkermord zu begehen. Beim schlimmsten Genozid der jüngsten Zeit, dem in Ruanda 1994, schlachteten die Hutu ihre Opfer vom Stamm der Tutsi mit simplen Macheten ab. Einem Gerät, das gewöhnlicherweise für die Feldarbeit benutzt wird.

Dennoch nicht auszudenken, was deutsche Schuldfinder aufgeführt hätten, wenn herausgekommen wäre, dass die Bundesrepublik in den 80er Jahren als Entwicklungshilfe eine moderne Macheten-Schmiede in das ostafrikanische Land geliefert hätte. Wenn wir lange genug suchen, kommt irgendwann an jedem Kriegsschauplatz irgendein verrosteter Karabiner aus germanischer Produktion zum Vorschein. Oder ein Messer aus Solingen, oder die Täter fahren auf alten deutschen Lastwagen umher oder pflegen ihr hässliches Gesicht mit hessischen Rasierapparaten. Was auch immer.

Und wozu soll das Gewese dienen? Erst einmal, weil sich die Ankläger dadurch besser fühlen – den anderen Deutschen moralisch überlegen. Ganz aktuell muss man den Deutschen überdies erklären, warum ausgerechnet sie die meisten Syrer unter allen EU-Ländern aufnehmen sollen. Nämlich weil in Syrien Krieg ist, weil Kriege mit Waffen geführt werden und Deutschland Waffen exportiert: schuldig!

Zuguter Letzt geht es natürlich auch um Geld. Geld, das wir im Grunde gar nicht haben. Der Soziologe Gunnar Heinsohn rechnet vor, dass allein die minderjährigen Zuwanderer und Flüchtlinge binnen zehn Jahren 70 Milliarden Euro kosten werden. Das sei eine interessante Summe, denn gerade erst habe die Politik die dringend notwendige Breitbandverkabelung der Bundesrepublik auf Eis gelegt. Die sei zwar technisch unbedingt nötig für ein Land, das wettbewerbsfähig bleiben wolle, aber leider unbezahlbar teuer, so die Argumentation aus Berlin, Kostenpunkt: 70 Milliarden Euro.

Gleichzeitig greift Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe in den Gesundheitsfonds, die eiserne Reserve des deutschen Gesundheitssystems, um 1,5 Mil­liarden Euro für die Versorgung von Zuwanderern und Flüchtlingen abzuzweigen. Bremen meldet, dass es kein Geld mehr habe für die Rettung seiner taumelnden Landesbank, weil die „Flüchtlinge“ so viel kosteten.

Angesichts solcher Nachrichten ist es dringend angeraten, eine deutsche Schuld am Krieg in Syrien und dem Irak, an der Korruption in Eritrea oder egal was in Nigeria und Gambia und wo nicht überall herbeizubasteln. Denn nur so werden wir die Deutschen dazu bewegen, ihre Infrastruktur verrotten oder ihre Gesundheitskasse plündern zu lassen, um das Geld anderen zu geben.


MELDUNGEN / ZUR PERSON

Bremen so gut wie am Ende

Bremen – Das kleinste Bundesland Bremen hat seine Schulden gemessen am Landeshaushalt von 2000 bis 2014 fast verdoppelt. Im Jahr 2000 entsprachen die Schulden 213 Prozent eines Jahreshaushalts, 14 Jahre später waren es 398 Prozent, und die Schulden stiegen seither weiter. Kein anderes Bundesland steckt so tief in den Miesen. Am anderen Ende der Skala konnte Primus Sachsen seine Schulden im gleichen Zeit­raum von 63 auf 27 Prozent eines Jahreshaushalts verringern.        H.H.

 

SPD/CDU: Nur noch 41 Prozent

Berlin – Die Berliner Landesregierung aus SPD und CDU erreicht wenige Wochen vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus am 18. September nur noch 41 Prozent. Nach der Umfrage von Infratest dimap würden derzeit 23 Prozent der Hauptstädter SPD und 18 Prozent CDU wählen. Die Grünen würden mit 19 Prozent zweistärkste Partei, die Linkspartei erreichte 17, die AfD 15 und die FDP vier Prozent.           H.H.

 

Sauberfrau im Augiasstall

Nimmt man den Trend der italienischen Regional- und Kommunalwahlen zum Maßstab, dann deutet alles darauf hin, dass es auch südlich der Alpen bald zu einer Machtverschiebung zugunsten der „Populisten“ kommen wird. Denn in Rom und Turin, die früher immer fest in sozialistischer Hand lagen, regieren demnächst Bürgermeisterinnen aus der Protestbewegung M5S (Fünf-Sterne-Bewegung) des bislang als „Politclown“ unterschätzten Kabarettisten Beppe Grillo.

Dass sich mit Virginia Raggi in Rom eine unbekannte und politisch völlig unerfahrene 37-jährige Juristin für Urheber- und Markenrecht in der Stichwahl mit 67 Prozent der Stimmen gegen einen Vertreter des Establishments durchgesetzt hat, zeigt deutlich den Vertrauensverlust der Bürger gegenüber den etablierten Parteien. Die Römer wählten Raggi, weil sie die Nase voll haben von Korruption, Vetternwirtschaft und einer untätigen Verwaltung mit 50000 städtischen Angestellten, die nichts gegen das Müll- und Verkehrschaos in der Ewigen Stadt unternimmt.

Raggi ist entschlossen, diesen Augiasstall auszumisten. Es sei ihr Zorn über die politische Kaste gewesen, welche Rom in diesen „würdelosen Zustand“ getrieben habe, sagte sie. Nach der Geburt ihres Sohnes sei sie 2009 zur M5S gekommen, weil bei ihr die Wut aufkam, als sie „den Kinderwagen im Slalom zwischen in zweiter Reihe parkenden Autos und durch verwahrloste Parks“ schieben musste.

„Heute beginnt eine neue Ära“, sagte sie nach ihrer Wahl und versprach „Legalität und Transparenz“. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft oft eine Lücke. Ob Raggi die überwinden kann, wird man demnächst sehen: Sie will – wie zuvor schon die Hamburger – die Bewerbung ihrer Stadt für die Olympischen Spiele 2024 kippen.   Harald Tews


MEINUNGEN

Bettina Röhl ekelt sich in „Tichys Einblick“ (14. Juni) vor einem verbreiteten Reaktionsschema von Journalisten auf        radikal-islamische Verbrechen – wie auch jetzt beim Massenmord von Orlando:

„Diese Journalistennummer, dass nicht die Attentate oder die Terroranschläge das eigentliche Problem seien und dass es gar nicht so recht auf die ermordeten Menschen ankäme, sondern die ,Rechten‘ oder die Trumps, die diese Anschläge für ihre unlauteren Zwecke missbrauchten, die eigentlichen und kaltzustellenden Bösewichte seien, müssen sich die besagten Journalisten endlich mal abgewöhnen. Das ist ein wirklich menschenverachtender Mist, um es so deutlich zu sagen, wie es ist.“

 

 

Der tschechische Außenminister Lubomír Zaorálek legt in der „Welt“ (16. Juni) dar, warum seine Landsleute keine orientalische Masseneinwanderung wollen:

„Wenn die Leute fernsehen, was sehen sie dann von Europa: die Attentate von Paris oder Brüssel, dann sagen sich die Leute: Die sollen uns bloß nicht erzählen, dass die Integration gelungen ist. Das Gefühl, das hier in Tschechien vorherrscht, ist: Warum sollen wir tolerant gegenüber jemandem sein, der uns gegenüber keine Toleranz an den Tag legt?“

 

 

Für Nicolaus Fest ist das Aufkommen rechter Parteien und Bewegungen vor allem ein Ausdruck von Freiheitsdrang, wie er auf seiner Internetseite      (19. Juni) schreibt:     

„Das Aufkommen rechter Alternativen ist, anders als behauptet, kein Zeichen einer Renaissance nationalistischen Gedankenguts oder einer Re-Christianisierung; es ist vielmehr ein Zeichen einer neuen Freiheitsdebatte. Sie steht hinter allen Fragen nach Nation und Identität. Wer die Freiheit der westlichen Lebensart verteidigen will, findet nur bei den neuen Rechten Antworten. Die alten Parteien sind so sprachlos wie unglaubwürdig, ihre politische Substanz ist erschöpft.“

 

 

Die Autorin Cora Stephan fragt sich auf ihrem Blog (12. Juni), welchen Gefallen die Nationalmasochisten, die Deutschland abschaffen wollen, wohl unseren Nachbarvölkern tun:

„Es gibt sie, die Deutschen mit dem notorischen Selbsthass, die das begrüßen würden. Soll sich Deutschland doch abschaffen – dann gibt es ein Problem weniger. Wirklich? Es ist ein Missverständnis der deutschen Geschichte, das Land auf das dreckige Dutzend Jahre von 1933 bis 1945 zu reduzieren. Und fragen wir doch einfach einmal die Nachbarn, was sie von einem destabilisierten Deutschland mitten in Europa halten. Wäre das bunt und weltoffen? Oder einfach nur brandgefährlich?“

 

 

Finanzexperte Frank Meyer weist auf  der Seite „rottmeyer.de“ (19. Juni) auf die Folgen der Negativzins-Politik der Notenbanken hin:

„Diese ,Rettungs-Politik‘ ist wohl die Grundlage für die nächsten Blasen am Finanzmarkt und eine noch größere Krise, von der keiner weiß, wie sie je bezahlt werden soll ... Denn wenn Geld heute keinen Preis durch den Zins hat, ist es später auch kein Geld mehr.“