19.04.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Ausgabe 44/16 vom 04.11.2016

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

Ein historisches Duell
US-Wahl und Europa: Die alten Eliten kämpfen verbissen um ihre Macht

Kurz vor dem Wahltag steht alles wieder auf Messers Schneide. Die Entscheidung in den USA könnte die westliche Welt erschüttern.

Vor kaum mehr als einer Woche schien die Geschichte bereits gelaufen zu sein. Hillary Clinton führte mit zwölf Prozentpunkten vor Donald Trump in den Umfragen zur US-Präsidentschaftswahl am kommenden Dienstag. Dann aber haben Skandalenthüllungen der Bundespolizei FBI über Clintons Vergangenheit noch einmal alles gedreht. Der Vorsprung der Demokratin vor dem Republikaner schrumpfte auf ein Niveau unterhalb der statistischen Fehlergrenze, faktisch also auf null.

So spannend war schon lange kein US-Wahlkampf mehr, nie so aggressiv die Auseinandersetzung und nie so apokalyptisch die Vorhersagen beider Lager für den Fall, dass die „Falschen“ gewinnen sollten. Auch die Anteilnahme der deutschen Öffentlichkeit an dem Geschehen war ungewöhnlich intensiv. Das hat nur vordergründig mit Trumps lustvoll vorgetragenen Provokationen zu tun.

Diese sind leicht als Kalkül zu entlarven und kaum als Ausrutscher zu werten. Hätte sich der Immobilien-Mogul im Tonfall der Etablierten bewegt, wäre er vermutlich ebenso wie Clinton als Mitglied der alten Eliten abgestempelt worden. Mit der schroffen Wortwahl eines wütenden Stahlarbeiters dagegen gelang es dem Multimilliardär, sich als  Sprachrohr der gequälten Mittelschicht zu empfehlen. Während sich nun sogar der gerade bei Linken berüchtigte Ex-Präsident George W. Bush gegen seinen republikanischen Parteifreund Trump und für Clinton aussprach, brachte der laute Provokateur die kleinen Leute hinter sich.

Was sich hier auftut, ist eine völlig neue Frontstellung, die längst auch in Europa Fuß gefasst hat: Hier eine etablierte Elite, die, über die einstigen Lager hinweg eng ineinander verwoben, weitgehend das Gleiche anzustreben scheint. Dort eine wachsende Masse unzufriedener Bürger, die  − ebenso alte soziale und weltanschauliche Grenzen beiseite schiebend − in Opposition dazu geht.

Ein Wahlsieg Trumps wäre ein Signal, das die Herrschaft der alten Eliten ins Mark treffen würde. Zumindest psychologisch wären die Folgen auch für Deutschland beträchtlich. Zu befürchten ist beispielsweise, dass sich die hiesige alte Elite noch mehr in die Enge getrieben fühlen und ihre Nervosität ins Hysterische ausarten könnte. Bisherige Volksbeschimpfungen („Pack“, „Schande“) und Einschüchterungsversuche wären dann bloß der Vorgeschmack gewesen auf das, was noch kommen dürfte.

Die Krise jedenfalls, in welche die demokratischen Institutionen in ihrer derzeitigen Besetzung diesseits und jenseits des Atlantiks getrudelt sind, ist nicht mehr zu übersehen. Was in den USA wie ein dramatischer „High Noon“ zweier Duellanten daherkommt, vollzieht sich in Europa in einer massiven Umwälzung der Parteien- und Medienlandschaft. Der Kern ist der gleiche.               Hans Heckel


Deutsche haben Kriegsangst
Doch die Nato marschiert weiter gegen Russland auf

Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Wochenmagazins „Stern“ fürchtet ein Drittel der Deutschen einen Krieg mit Russland. Mit 84 Prozent findet es die große Mehrheit richtig, dass die Bundesregierung weiter das Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sucht. Lediglich 14 Prozent der Befragten halten die Gespräche mit Moskau für sinnlos. Der Umfrage zufolge bereitet auch der Konflikt in Syrien, den viele als Stellvertreterkrieg zwischen der Nato und Russland betrachten, Sorgen.

Unterdessen haben die Verteidigungsminister des Bündnisses bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel in der vergangenen Woche ihre Absicht zur „Erhöhung der Verteidigungsbereitschaft“ sowie zur „Stabilisierung der Außengrenzen und Nachbarregionen“ bekräftigt. Dazu gehört, dass die Nato immer mehr Kräfte an den Grenzen zu Russland disloziert, darunter zunächst vier multinationale Bataillone an ihrer Nordostflanke. Deutschland wird dabei den Kern eines etwa 1000 Mann starken Bataillons in Litauen stellen und dessen Aufstellung verantworten. Unterstützt wird es dabei von Belgien, Kroatien, Frankreich, Luxemburg, Norwegen und den Niederlanden. Die Kontingente werden rotieren, sodass nicht alle Nationen gleichzeitig vertreten sein werden. Das gilt allerdings nicht für Deutschland, das die Stabs- und Versorgungskompanie sowie wenigstens eine Kampfkompanie stellen wird.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zufolge gibt es jetzt ähnliche Planungen für die Schwarz- meer-Region. Demnach wollen sich Deutschland, Kanada, die Niederlande, Polen, die Türkei und die USA an der „Präsenz des Bündnisses zu Lande, zur See und in der Luft“ beteiligen. Die Landkomponente soll dabei eine Brigade unter rumänischer Führung bilden.     J.H.


Steinmeier gehorcht Erdogan
Auswärtiges Amt sagt Auftritt der Dresdner Sinfoniker in Istanbul ab

Das Gedenkprojekt der Dresdner Sinfoniker zum Völkermord an den Armeniern 1915 wurde abgesagt, weil Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier vor dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan eingeknickt ist. Die Musiker wollten Mitte November das Stück „Aghet“ im deutschen Generalkonsulat in Istanbul aufführen, weil in dieser Stadt der Völkermord an den Armeniern und anderen Christen geplant und organisiert worden war. Noch im April hatte Steinmeier das Konzertprojekt mit den Worten, es „weise einen Weg in eine hellere Zukunft“, gelobt.

Doch das Konzert wird in dieser Form in Istanbul nicht zustandekommen, nicht wegen einer türkischen Intervention, sondern wegen des vorauseilenden Gehorsams des Hausherrn des deutschen Generalkonsulats, des Bundesußenministers Steinmeier: „Die Räum- lichkeiten des Generalkonsulats in Istanbul stehen am 13. November nicht zur Verfügung“, teilte sein Ministerium in Berlin mit.

Dabei hatten die Dresdner Sinfoniker für die Aufführung in Istanbul sogar ein „entschärftes“ Pro- gramm vorgesehen. „Aghet“ sollte in einer kammermusikalischen Fassung aufgeführt werden und der Fokus der Veranstaltung auf der Gründung einer armenisch-türkisch-deutschen Freundschaftsgesellschaft gemeinsam mit dem deutsch-türkisch-armenischen Komponisten und Gitarristen Marc Sinan liegen.

Das Auswärtige Amt habe von der Brisanz des Stückes seit Monaten gewusst und nur „auf irgendeinen Anlass gewartet, die Auf- führung abzusagen“, moniert die Linkspartei-Europaabgeordnete Cornelia Ernst. Und Sahra Wagenknecht, Chefin der Bundestagsfraktion der Linkspartei, fragt: „Wird die Politik der Bundesregierung in Ankara gemacht?“         B.B.


Jan Heitmann:
Danke, Wallonen

Der von der kanadischen Regierung und den Brüsseler Eurokraten ausgeheckte Plan, die EU-Bürger mit dem Freihandelsabkommen Ceta über den Tisch zu ziehen, ist nicht aufgegangen. Zu verdanken haben wir das den Wallonen, die dazu Nein gesagt und Änderungen durchgesetzt haben, die uns zuvor als unverhandelbare Vertragsbestandteile verkauft worden waren. Regionalregierung und Parlament haben in allerbester demokratischer Praxis ein Mitspracherecht genutzt, das ihnen ausdrücklich zusteht. Schon vor einem halben Jahr hatten sie beschlossen, dass sie den Vertrag ablehnen werden, wenn er nicht geändert wird. Doch das hat weder in Brüssel noch in Ottawa irgendwen interessiert.

Dass die Wallonen dafür nun von Politikern sowie den Staats- und Konzernmedien diffamiert werden, ist ein Skandal. Da heißt es beispielsweise, die gut drei Millionen Wallonen schwängen sich zum Bestimmer über 500 Millionen EU-Bürger auf. Immerhin hat Wallonien mehr Einwohner als einige EU-Mitgliedstaaten. Dürfen die wegen ihrer geringen Größe jetzt etwa nicht mehr mitbestimmen? Ebenso ist der Vorwurf unverschämt, die Wallo- nen würden mit ihrer Blockade die EU blamieren oder gar deren Zerstörung vorantreiben. Das gilt doch wohl eher für die verbohrten Brüsseler Eurokraten, die gegen die Interessen der eigenen Völker handeln.

Deren Politik ist nicht mehr mehrheitsfähig. Die der Wallonen hingegen steht vollkommen in Einklang mit der öffentlichen Meinung quer durch Europa. Nun müssen die Inhalte der entartet neoliberalen EU-Handelspolitik geändert, nicht aber die demokratischen Verfahren außer Kraft gesetzt werden, wie es sich die Ceta-Befürworter wünschen.


S. 2 Aktuell

Nato in Erklärungsnot
Im Irak kämpft sie gegen islamische Terroristen, in Syrien macht sie mit diesen gemeinsame Sache

Die Nato hat, was ihre Kriege in Syrien und im Irak angeht, ein Problem: Wie kann man der Welt klarmachen, dass Bomben auf Aleppo schlecht, Bomben auf Mossul aber gut sind? Denn allein auf den Absender sollte es nicht ankommen. Dann nämlich hieße die Gleichung: US-Bomben dienen dem Frieden, solche aus Russland aber sind Kriegsverbrechen. Das könnte manchen Beobachter entweder überanstrengen oder aber ihn zum Grübeln verleiten.

Tatsächlich aber verbirgt sich hinter dem Bomben-Dilemma ein zweites, ähnlich schwer aufzulösendes Problem. Im Irak nämlich gehen die USA und die Nato tatsächlich gegen den IS vor, wenn auch in sehr beschränktem Umfang. In Syrien dagegen genießen die Dschihadisten nach wie vor die Unterstützung aus den USA und der Türkei, und sei es manchmal auch nur als Duldung im stillschweigenden Einverständnis.

Diese beiden Rätsel lösen sich, wenn man sich die US-Strategie vergegenwärtigt, die sie verbindet. Die Amerikaner wollen, dass die Islamisten den Irak verlassen und in Syrien weiterkämpfen, gegen den Präsidenten Assad, gegen die vielen Bürger, die ihm nach wie vor den Rücken stärken, gegen seine Armee und gegen die verbündeten Russen. Da aber die US-Amerikaner gerne Pläne schmieden, die Länder betreffen, von denen sie zu wenig wissen, machen sie sich gleichzeitig anheischig, das vom IS behauptete Mossul unter die eigene Kontrolle zu bringen. Dabei scheinen sie nicht zu bedenken, dass der IS weder im Irak noch in Syrien irgendeinen anderen Platz oder gar eine Stadt hat, wo er sich auf so viel Zuspruch seitens der Bevölkerung verlassen könnte wie gerade in Mossul. Das hängt damit zusammen, dass hier zu den Zeiten des Saddam Hussein eine Militär­akademie bestand, die wichtigste im Land. Wer hier lehrte, hat sich mit seiner Familie in Mossul niedergelassen, viele von denen, die hier studiert hatten, blieben ebenfalls, die Stadt war geprägt vom Militär, und zwar von den höheren Rängen. Als die USA den Irak zerstört hatten, wurden diese Soldaten samt und sonders entlassen und bildeten so ein reiches Reservoir für den IS, hoch willkommen wegen ihrer militärischen Fähigkeiten. So wurde Mossul zum Zentrum des IS und ist es seither geblieben.

Die Stadt wird mit starken Kräften angegriffen. Sie setzen sich zusammen aus irakischen Regierungssoldaten, schiitischen Milizen und sunnitischen Einheiten, ferner aus Peschmerga-Kämpfern. Allein diese dürften 30000 Mann stark sein. Insgesamt aber beläuft sich der Umfang der Streitkräfte auf das Doppelte. Dazu kommen rund 2000 Türken, Spezialkräfte aus den USA sowie sogenannte Berater ebenfalls aus den USA und aus Europa. Zudem befinden sich von den ursprünglich zwei Millionen noch eineinhalb Millionen Einwohner in Mossul. Generalleutnant Stephen Townsend, der Sprecher des Kommandos der US-geführten Koalition sagt dazu: „Das kann eine sehr lange und angespannte Schlacht werden, aber die Iraker haben sich darauf vorbereitet, und wir werden an ihrer Seite stehen.“ Sirwan Barzani, Brigadegeneral der Peschmerga, veranschlagt zwei Monate für die Schlacht um Mossul. Ein großes Problem stelle das Tunnel-Netz des IS unter der Stadt dar, deshalb könne die Luftwaffe den Kampf nicht allein bestreiten, und man müsse sich auf einen Häuserkampf einrichten.

Die Zahl der IS-Kämpfer in der Stadt beträgt nach Schätzungen bis zu 10000. Allerdings scheint das ein wenig hochgegriffen zu sein. Denn es gibt Meldungen, dass vor dem Angriff auf Mossul die meisten IS-Kämpfer in Richtung Syrien abgezogen seien, dorthin, wo sie nach der Vorstellung der US-Regierung gehen sollten. Die syrische Nachrichtenagentur Sana zitiert aus einer Erklärung des Oberkommandos der syrischen Armee: „Der Plan der Beschützer des internationalen Terrorismus, an der Spitze die USA und Saudi-Arabien, zur Bereitstellung eines sicheren Durchzugs und von Transit-Korridoren für IS-Terroristen, die sich aus Mossul in Richtung Syrien absetzen, beginnt klar zu werden.“ Auch Daniel Davis, früherer Oberstleutnant der US-Armee, erhebt den gleichen Vorwurf. Zudem stellt er fest, Washington verlasse sich im Kampf um Mossul „auf mehrere Kräfte mit gegenläufigen Interessen“. Deshalb könne das in einem Debakel enden.

In Aleppo sind noch 250000 Einwohner eingeschlossen, aber hier bilden die Extremisten im Gegensatz zu Mossul einen Fremdkörper. Als am 20. Oktober die Russen und die syrische Armee eine Waffenruhe ausriefen, hielten sie gleichzeitig im Ortsteil Bustan al-Qasr Korridore frei, durch die rund 2000 bis 2500 Zivilisten, die sich versammelt hatten, sollten fliehen können. Doch Al-Nusra-Kämpfer eröffneten auf diese Menschen das Feuer und verhinderten die Flucht. Die al-Nusra ist der syrische Zweig der al-Kaida. Sie wird von den UN als Terrorgruppe bezeichnet und von den USA unterstützt. Die al-Nusra war es auch, welche die Waffenruhe scheitern ließ. Doch die Schuld dafür wurde in den westlichen Medien Russland zugeschrieben.

Ein anderes Vorkommnis, das nicht so leicht umzudeuten ist, wird einfach geleugnet, obwohl es von der russischen Luftabwehr in Syrien lückenlos dokumentiert ist. Danach starteten am 18. Oktober vom jordanischen Flugplatz al-Salti zwei belgische F-16-Kampfjets und drangen den syrischen Luftraum ein. Unterwegs waren sie von einem US-Tankflugzeug vom Typ KC-135 Stratotanker betankt worden. Dann griffen die F-16 Hassajek an, einen Vorort von Aleppo. Sechs Zivilisten wurden getötet, weitere verletzt. Dann wurden die F-16 wieder betankt und hielten sich noch mehrere Stunden im syrischen Luftraum auf. In Brüssel aber will man von alledem nichts wissen.            Florian Stumfall


Natürlicher Gegner der Postdemokraten
Der von der Politik beschworene »herrschaftsfreie Diskurs« findet noch am ehesten am Stammtisch statt

Etablierte Politiker und Journalisten, das heißt, solche, die laut herrschender Moral des Parteienkartells einzig zur Meinungsbildung zugelassen sind, ereifern sich immer mal wieder über Stammtische und deren Urteile. Hier sprudelten, heißt es, trübe Quellen für Volkes Stimme, die von der jeweiligen Funktionselite verdächtigt wird, nicht die Gottes, sondern die des Ochsen zu sein. Übersetzt in heutige Kampfvokabeln: Hier schwadronieren angeblich sachfremde Simplifizierer, treiben Populisten – etwa der AfD – ihr dubioses Geschäft oder erleichtern es.

Nun soll hier gar nicht behauptet werden, dass in Gasthäusern, wenn beispielsweise über Energiewende, Schulreformen, Demografie oder TTIP diskutiert wird, stets Atomphysiker, Wirtschafts- oder Wissenschaftsmanager parat stehen, um belastbare statistische Daten zu liefern. Auch dürfte hier und da im Gespräch die Komplexität eines Problems zugunsten einfacher Urteile und Lösungen auch mal zu kurz kommen. Doch darf entschieden bestritten werden, dass unsere Volksführer sich im Gros mehr von den vielbeschworenen Fakten und Fachleuten leiten lassen als von Lobbygruppen, Parteiinteressen und entsprechend willfährigen Gutachten. Zumindest erklärte dies die erschreckende Ahnungslosigkeit mancher Abgeordneter über das, was gerade im Parlament verhandelt wird. Auch darf angenommen werden, dass man Sachverhalte und Wertungen kaum stärker banalisieren kann, als es von höchsten Repräsentanten in schlichten Schlagworten wie „Wir schaffen das!“, „Dunkel-Deutschland“ oder „Schande für unser Land“ zum Ausdruck kommt. Ganz zu schweigen von beinahe wöchentlich sich übertrumpfenden Primitivismen diverser Blockpolitiker. Man denke exemplarisch an SPD‘ler wie den Forsa-Chef Manfred Güllner, der AfD-Wähler nicht mehr als „normale Menschen“ ansieht, oder „Pöbel-Ralf“ Stegner, der dieser Partei unterstellt, sie fordere die „Todesstrafe für demokratische Politiker“.

Solche Verleumdungen produziert der Durchschnitts-Stammtisch nun gerade nicht. Und da er zudem nicht, machtgepolt, auf den Austausch von Argumenten zugunsten von Denunziationen verzichtet und sich von „Eliten“- wie „Experten“-Dünkel freihält, liegt es nahe, derartige Gesprächskreise zu rehabilitieren. Im Kontrast zu den nur beispielhaft zitierten obigen Ungeheuerlichkeiten erscheint nämlich der Stammtisch als urdemokratische Institution politischer Meinungsbildung. Bietet er doch Vieles, was die gängige öffentliche beziehungsweise Mediendebatte mittlerweile nicht mehr garantiert. Denn bei solchen meist freundschaftlichen, durch Getränke aufgelockerten Wirtshaus-Treffen verbietet sich politische Polarisierung mit dem einzigen Zweck, seine Ansichten durchzusetzen, um Stimmvieh für die eigene Partei zu rekrutieren. Das fehlt wohl nicht gänzlich, aber es definiert den Stammtisch gewiss nicht. Vielmehr hört man sich dort – im Rahmen der jeweiligen Temperamente – mehrheitlich noch zu und ist nicht selten für Belehrung sogar dankbar. Denn nicht wenige wollen von anderen, denen man Kompetenz zuschreibt, hören, wie es wirklich ist.

Und in der Tat finden sich ja gar nicht so selten auch Teilnehmer, die über praktische Erfahrung eine Menge vermitteln können, was bloße Prinzipien oder Theorien eher verschleiern. Die Problematik in Krankenhäusern etwa lässt man sich doch lieber von Ärzten und Schwestern erläutern als von Gesundheitspolitikern und Tariffunktionären, die des Mittelstands lieber von einem Elektromeister oder Firmengründer als von Frau Nahles oder Herrn Gabriel. Man hört in Sachen Geldstabilität eher einem Bankangestellten zu als Herrn Draghi, und beim Thema Innere Sicherheit eher einem im Straßendienst gestressten Polizisten als einem parteiischen Innen- oder Justizminister, deren gesinnungsgeprägte offizielle Verlautbarungen von äußerst reduziertem Informationswert sind. Denn in solchen Schilderungen wird alles konkret. Hier genügt kein abgehobenes Geschwätz, wie es nicht wenige praxisferne Schaufensterreden höchster Amtsträger kennzeichnen. Wenn doch, formieren sich Einwände, Fragen und Gegenreden, ohne dass dies als Majestätsbeleidigung der Alternativlosigkeit aufgefasst würde. Die Versuchung, durch Herrschaftswissen zu überwältigen, statt zu überzeugen, tritt zurück. Auch im umgekehrten Fall erwartet man ja von der Gegenseite nähere Auskünfte oder Urteile.

Grundsätzlich zugelassen ist gar die „dumme Frage“, die vielfach ohnehin eine intelligente ist, weil der noch nicht Überzeugte darum bittet, etwas genauer zu begründen, am besten mit Beispielen. Intellektuelles Katzbuckeln vor klingenden Begriffen, Theorien, vermeintlichen Autoritäten und angeblich ewigen Politik- oder Wirtschaftsgesetzen entfällt. Und in einer freundschaftlich gelösten Atmosphäre – sonst überleben Stammtische nicht lange – werden auch mal Eitelkeiten oder Wirkungsabsichten zurückgestellt. Noch ein Vorteil: Es herrscht grundsätzliche Gleichheit und kein Wille zum Ausgrenzen, selbst wo sich einer mal verrannt zu haben scheint oder von der herrschenden Moral missbilligte Sprachformeln benutzt. Das Schlimmste, was den „unkorrekten“ Außenseiter erwartet, ist gutmütiger bis grober Spott.

Der Gegensatz zur offiziösen Kommunikationssphäre wird so richtig evident, wenn wir uns etwa Kommentare unseres Staatsfunks oder die gängige öffentlich-rechtliche Talkshow ansehen. Hier thront eine nur scheinbar lammfromme Instanz mit Wolfskrallen zur überraschungsfreien Bestätigung herrschender Gutmensch-Dogmen. Im Verhältnis von mindestens 3:1 fällt man dann unisono über ein ausnahmsweise doch mal eingeladenes politisches Schmuddelkind her: den prädestinierten Prügelknaben, dessen minimale Redezeit zusätzlich dadurch begrenzt wird, dass man ihm ständig ins Wort fällt beziehungsweise durch Parallelsprechen seine Ausführungen unverstehbar macht. Das Ganze von der Moderation meist ungerügt. Zudem sorgen tendenziöse Einspielungen vorab dafür, dass er schnellstens die gewünschten Aversionen auf sich zieht.

Unsere die Medienanstalten üppigst versorgenden Postdemokraten lieben nun mal solche Denunziationsrituale. Denn last but not least steht ja hierzulande die Meinungsfreiheit in vielen Belangen nur auf dem Papier. Wir bringen den, der vom Mainstream-Comment abweicht, zwar nicht mehr um und nur selten ins Gefängnis. Stattdessen begnügen wir zivilisatorisch Fortschrittliche uns mit bloßem Rufmord, mit beruflicher und bürgerlicher Ausgrenzung.

Bleibt als Fazit also der Rat: Halten wir uns besser nicht an den von unseren „Eliten“ empfohlenen, aber faktisch eher als Ausnahme gestatteten „herrschaftsfreien Dis­kurs“! Orientieren wir uns lieber am biederen Stammtisch! Es bekäme uns besser, und nicht zuletzt unserer Demokratie.

                Günter Scholdt


MELDUNGEN

Giftgas gegen Sudans Christen

Khartum – Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International sind durch Luftangriffe mit Giftgas in den vergangenen acht Monaten in der Gebirgsregion Jebel Marra im Sudan, die vorwiegend von Christen bewohnt wird, bis zu 250 Zivilisten bei insgesamt 30 chemischen Luftangriffen getötet worden sein. Den rund 100 Seiten umfassenden Bericht stützt Amnesty auf eine Reihe „furchtbarer Beweise“, darunter Satellitenbilder und Interviews mit Überlebenden. Zudem veröffentlichte die Organisation schockierende Bilder und Videos der Opfer mit Verätzungen und großflächigen Wunden. Etliche der Überlebenden litten infolge der Gasangriffe unter Blindheit und blutigen Atemwegsverätzungen, heißt es. Medizinische Grundversorgung bleibe den meisten verwehrt, auch weil die Welt wie gebannt auf Syrien schaue und den weitaus älteren Konflikt im Sudan längst vergessen habe. Nach Einschätzung der Menschenrechtsorganisation sind die Angriffe mit Chemiewaffen Teil eines großangelegten Kampfeinsatzes der Regierung. Infolge von Bombenangriffen der Zentralregierung unter General Omar el-Baschir, starben in Darfur seit 2003 mehr als 300000 Menschen, der Großteil davon Zivilisten, drei Millionen wurden vertrieben. Der Einsatz von Chemiewaffen ist nicht nur ein neuer Tiefpunkt in der Reihe internationaler Kriegsverbrechen seitens der sudanesischen Armee, er zeigt zugleich die Überheblichkeit der Regierung gegenüber der internationalen Gemeinschaft. Amnesty appelliert an den Weltsicherheitsrat, das bestehende Waffenembargo zu überprüfen, den Einsatz von Chemiewaffen zu untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.                B.B.

 

Mehr US-Druck auf Nordkorea

Washington – Nach dem fünften Atombombentest Nordkoreas im September hat Washington etlichen Staaten nahegelegt, ihre diplomatischen Beziehungen zu Pjöngjang und selbst nähere Kontakte sowie gegenseitige Besuche einzuschränken. Gegenwärtig sind 24 Länder mit Botschaften in Pjöngjang vertreten, Nordkorea selbst unterhält diplomatische Missionen in 46 Ländern. In wirtschaftlicher Hinsicht will ein gemeinsamer Plan Wa­shingtons mit Seoul und Tokio Nordkoreas Export von Kohle und anderen Bodenschätzen einschränken, der über 40 Prozent von dessen Außenhandel ausmacht. Dem Erfolg dürften allerdings Grenzen gesetzt sein angesichts der umfangreichen Wirtschaftsbeziehungen Nordkoreas mit China. Erstmals haben die USA eine chinesische Firma auf ihre schwarze Liste gesetzt, die Maschinen nach Nordkorea verkauft haben und in dessen Nuklear-Aufrüstung verwickelt sein soll. Zehn weitere chinesische Firmen, die illegaler Geschäfte mit dem Norden Koreas verdächtigt werden, dürften sehr bald folgen. Als eine sehr wichtige Sanktion erachtet man in Wa­shington, Tokio und Seoul, das Regime vom internationalen Bankensystem abzuschneiden, indem alle großen Banken in der Welt aufgefordert werden, ihre Geschäfte mit der Zentral-Bank in Pjöngjang einzustellen.           F.W.S.


S. 3 Deutschland

»Schlimmer, als ich gedacht habe«
Gutachter äußert Zweifel an Aussagen von Polizei und Landesregierung zur Kölner Silvesternacht

Die Kölner Silvesternacht beschäftigt seit einigen Monaten einen Untersuchungsausschuss des Landtags von Nordrhein-Westfalen. Der hatte den renommierten Kriminologen Rudolf Egg damit beauftragt, ein Gutachten über den Ablauf der Geschehnisse auf der Domplatte zu erstellen. Die Resultate, die er in der vergangenen Woche präsentierte, sind ernüchternd.

Offenkundig waren über mehrere Stunden immer wieder Frauen schutzlos sexuellen Übergriffen von Arabern ausgesetzt. Selbst eine Polizistin, die im Rahmen des Silvestereinsatzes dienstlich in zivil unterwegs war, wurde dort sexuell belästigt. Dennoch hat die Polizei teilweise zu spät, teilweise gar nicht reagiert. Noch am Tag nach den Übergriffen war von „einer weitgehend normalen Lage“ die Rede. Wie sich jetzt herausstellt, war dies eine glatte Lüge. Denn rund ein Viertel der am Ende mehr als 1500 Strafanzeigen wurde schon am Neujahrstag aufgegeben.

Rechtspsychologe Egg hat für den Düsseldorfer Landtag über 1000 Fälle ausgewertet und dabei erschreckende Fälle öffentlich gemacht, die auch ein düsteres Bild der örtlichen Polizei zeichnen. „Leider waren die Polizisten vor Ort nicht sehr hilfreich. Eine Beamtin sagte zu mir: ,Du kommst doch aus Köln, dann weißt du doch, dass du hier nicht feiern gehen darfst‘“, zitierte Egg eine der betroffenen Frauen. Die Täter hätten den Bereich um den Kölner Dom „stundenlang als rechtsfreien Raum“ erlebt, heißt es in dem Gutachten. Ein möglichst rasches Eingreifen wäre nach Eggs Meinung erforderlich gewesen, um die „Flut“ von Taten einzudämmen. Denn die massenhaften Übergriffe seien durch das späte Eingreifen der Polizei begünstigt worden. Dass kleinere Tätergruppen stundenlang Frauen drangsalieren und bestehlen konnten, habe die übrige Menge wohl entfesselt. Die mehreren Hundert Männer mutmaßlich nordafrikanisch-arabischer Herkunft seien wahrscheinlich durch Mundpropaganda oder soziale Netzwerke lose verabredet oder eingeladen gewesen. Eine geplante Verabredung zu Straftaten habe „es wohl nicht gegeben“, schreibt Egg.

Der Rechtspsychologe ist von Amts wegen her mit den Abgründen der menschlichen Seele vertraut. Dennoch stellte die Aufarbeitung von Köln auch für ihn eine Herausforderung dar. „Es war viel schlimmer, als ich gedacht habe. Ich konnte immer nur ein paar Anzeigen hintereinander lesen und musste Pausen einlegen. Es war eine sehr belastende Arbeit. Es hat mich tief beeindruckt und berührt“, sagte Egg dem „Focus“.

In diesem Fall habe ihn der schiere Umfang der Taten, die Massivität, mit der die Frauen belästigt wurden, bestürzt. Dass dies im Herzen einer Großstadt, „vor dem Augen aller“, geschehen sei, mache ihn fassungslos. Egg berichtet in eindrucksvollen Worten von den überwiegend jungen Frauen, die in ihren Anzeigen von „aggressiven, nicht enden wollenden Übergriffen zahlloser Hände“ aus einer Menge heraus sprechen: „Ich habe mich in dem Moment hilflos gefühlt! Ich habe die ganze Zeit nichts gesehen, nur gespürt, weil meine Augen voller Tränen waren“, heißt es.

Als nicht haltbar bewertet Egg die offizielle Darstellung der Polizei, das Ausmaß der Übergriffe sei in der Silvesternacht nicht wahrnehmbar gewesen. Er berichtet in seinem Gutachten von mehreren Aussagen, wonach belästigten Frauen geraten worden sei, den Notruf zu wählen.

Die CDU-Landtagsabgeordnete Ina Scharrenbach zeigte sich gegenüber dem „Bayernkurier“ fassungslos. „Bis 23.30 Uhr ist niemand eingeschritten, obwohl es genug Notrufe gegeben hat. Das ist nicht zu erklären.“ Die Polizei hatte gegen 8.30 Uhr am 1. Januar mitgeteilt, dass „die meisten Silvesterfeierlichkeiten wie im Vorjahr friedlich verlaufen“ seien. Die Polizei habe „sich an neuralgischen Orten gut aufgestellt und präsent gezeigt“. Der Untersuchungsausschuss soll unter anderem klären, ab wann Kommunal- und Landespolitiker von den Übergriffen erfahren haben. Und ob es Versuche gegeben hat, die Tatsache zu verschweigen, dass zahlreiche Immigranten für die Übergriffe verantwortlich waren. Egg geht nicht davon aus, dass sich in der Silvesternacht hunderte gewaltbereiter, rücksichtsloser Männer gezielt verabredet hätten, um Frauen sexuell zu demütigen und Feiernde zu bestehlen. Er spricht von einer Sog-Wirkung: „Die Übergriffe geschehen, weil sie geschehen können. Von harten Griffen zwischen die Beine über Eindringen mit den Fingern bis hin zu ekligen Sex-Spielen mit den hilflos eingekesselten Opfern.“

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Innenminister Ralf Jäger haben den Vorwurf zurück­gewiesen, sie hätten die Eskalation vertuschen wollen. Offiziell sagen beide, sie seien erst am 4. Januar informiert worden. Egg hält dies „für wenig glaubhaft“. Kraft verweigert dem Untersuchungsausschuss bis heute die Herausgabe interner Dokumente. Dazu zählen nach Informationen des „Express“ Dokumente, die Kontakte innerhalb der Landesregierung aufzeigen. Unter anderem soll es um Besprechungsprotokolle, Akten der Silvesternacht-Nachbereitung in den ersten Wochen sowie die Verbindungsdaten von Telefongesprächen, die zu dem Thema geführt wurden, gehen. Peter Entinger


Per Luftbrücke zu uns
Bundesregierung will monatlich 500 Asylsucher nach Deutschland holen

Nach der Schließung der Balkanroute wird Deutschland jetzt per Luftbrücke monatlich hunderte von Asylsuchern aus Griechenland und Italien direkt nach Deutschland holen. Warnungen, dass diese innereuropäische „Hilfsbereitschaft“, die allerdings bei anderen Staaten der Europäischen Union auf wenig Verständnis stößt, das Geschäft der Schleuser und Schlepper wieder beflügeln könnte, werden geflissentlich ignoriert. „Wir haben aus Griechenland und Italien schon Akten über jeweils mehr als 500 Flüchtlinge bekommen, sie werden jetzt im BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, d. Red.) geprüft“, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums dazu dem „Handelsblatt“.

Schon beim „Flüchtlingsgipfel“ von Wien, an dem Italien und Griechenland bezeichnenderweise gar nicht teilgenommen haben, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel versprochen, im Rahmen des Umverteilungsprogramms monatlich 500 Immigranten aus Italien und Griechenland zu übernehmen. In Wien hatte die Bundeskanzlerin noch hinzugefügt, dass „angesichts der vielen Flüchtlinge“, die schon in Deutschland seien, „natürlich alle Mitgliedstaaten am Zuge sind, nicht nur die, die entlang der Balkanroute liegen“. Aber außer Deutschland sieht sich kaum ein anderes Mitglied der Europäischen Union in der Pflicht, den überlasteten Südländern zur Seite zu stehen.

Lediglich 4000 Menschen, sollen bislang von Griechenland in die Europäische Union verteilt worden sein. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist nun dabei, unter den Vorschlägen der griechischen und italienischen Behörden geeignete Fälle mit einem Bleiberecht auszusuchen. Sobald sich das Prozedere eingespielt hat, soll die Zahl der umgesiedelten Asylsuchenden schnell hochgefahren werden.

Vor gut einem Jahr hatten die EU-Staats- und Regierungschefs beschlossen, 160000 Immigranten innerhalb der Union umzuverteilen. Deutschland hatte die Aufnahme von 27000 Menschen zugesagt, sich wegen der hohen Flüchtlingszahlen im eigenen Land aber an dem „Relocation“ genannten Verfahren bislang nur sehr zögerlich beteiligt. Viele Migrationsforscher sehen jedoch gerade in der immer wieder geöffneten Tür Deutschlands eine Gefahr, dass die Zuwanderungszahlen vor allem in Griechenland wieder ansteigen könnten, weil von ihnen das falsche Signal an die Immigranten ausgehe.

Aber auch Politiker wie der österreichische Außenminister Sebastian Kurz warnen immer wieder davor, dass dank Merkels Großzügigkeit das Geschäft der Schleuser und Schlepper wieder zunehmen könnte und wieder mehr Immigranten das Risiko einer nicht nur illegalen, sondern auch hochgefährlichen Bootsfahrt auf sich nehmen könnten. Vor allem, wenn die Türkei wieder, wie im letzten Jahr, bei den illegalen Grenzübertritten ein Auge zudrückt.   B.B.


MELDUNGEN

Förderung gegen sich selbst

Berlin – Damit sichergestellt ist, dass auch über 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges noch immer Entschädigungsansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland durchgesetzt werden können, hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bis zu 17 Millionen Euro „überplanmäßige Ausgaben für Leistungen im Rahmen der Wiedergutmachung an Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung“ bereitgestellt. Das Geld dient einem „höheren Beitrag des Bundes zu den Verwaltungskosten der Conference on Jewish Material Claims against Germany (JCC)“. Die JCC mit Sitz in New York ist ein Zusammenschluss jüdischer Organisationen und vertritt Entschädigungsansprüche jüdischer Opfer des Nationalsozialismus und Holocaust-Überlebender.           J.H.

 

Überprüfung aller Soldaten

Berlin – Um zu verhindern, dass gewaltbereite Extremisten in den Genuss einer militärischen Ausbildung kommen, die sie zur Verübung von Gewalttaten befähigen, müssen sich alle Soldaten zukünftig schon vor ihrem Eintritt in die Bundeswehr einer Sicherheitsüberprüfung unterziehen. Daran sollen neben Bundeswehrdienststellen und dem Militärische Abschirmdienst gegebenenfalls das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei, der Verfassungsschutz, der Bundesnachrichtendienst und der Bundesdatenschutzbeauftragte mitwirken. Bislang wird von angehenden Soldaten nur ein Führungszeugnis oder eine unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister eingeholt sowie ein Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung gefordert. Kritiker hatten bemängelt, dass diese Maßnahmen keine umfassenden Erkenntnisse über einen möglichen extremistischen Hintergrund der Bewerber erlaubten.          J.H


S. 4 Antifa-Industrie

Wildwuchs Föderprogramme
Der Staat gibt Abermillionen Euro für linke Aktionen »gegen Rechts« aus

Als im vergangenen Jahr in Frankfurt am Main Autos brannten, Barrikaden errichtet und Polizeibeamte massiv bedroht und körperlich angegangen wurden, da war das Entsetzen groß. Anlässlich der Eröffnung der neuen Zentrale der Europäischen Zentralbank kam es zu Ausschreitungen von Linksextremisten in bisher noch nicht dagewesenem Ausmaß. Die Reaktion: Die Bundesregierung beschloss unter Federführung von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) eine deutliche Aufstockung der Fördermittel im „Kampf gegen Rechts“.

Bereits zuvor hatte die Sozialdemokratin linke Gewalt als „aufgebauschtes Phänomen“ bezeichnet und die Extremismusklausel ihrer Vorgängerin Kristina Schröder (CDU) gekippt, wonach alle Institutionen und Gruppen, die staatliche Fördergelder erhalten, sich schriftlich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen müssen.

Am linken Rand des politischen Spektrums sprießt somit seit einigen Jahren ein Phänomen, das von Kritikern als „Antifa-Lobby“ oder „Anti-Rechts-Industrie“ bezeichnet wird. Es gibt Dutzende Förderprogramme, hunderte Stellen und Unsummen von Geldern, die verteilt werden. Im Bundeshaushalt 2017 ist der Posten für Präventionsarbeit gegen politischen Extremismus im Vergleich zum Vorjahr von 50 auf 100 Millionen Euro verdoppelt worden.

Schwesig hat eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die über die Anträge auf Fördermittel entscheiden wird. Man muss kein Prophet sein, um zu erahnen, dass die „Expertenrunde“ fast ausschließlich linke Projekte fördern wird. Hat doch SPD-Vize Ralf Stegner unlängst erklärt, dass „Extremismus in Deutschland ausschließlich von rechts ausgeht“ und Justizminister Heiko Maas eine linksextreme Musikband für ihren „Kampf gegen rechts“ öffentlich gelobt.

Ein Blick auf das Jahr 2014 zeigt, wie großzügig mit den Geldern umgegangen wird. Allein das Bundesfamilienministerium hat damals eine Summe von 25,83 Millionen Euro im Haushalt veranschlagt und damit ein Beratungsnetzwerk finanziert, zu dem auch das linksradikale Antifaschistische Pressearchiv gehört. Die Bundeszentrale für politische Bildung steuerte sechs Millionen Euro an Fördergeldern bei und hat die Zuwendungen in den vergangenen beiden Jahren noch einmal erhöht. Bis heute finanziert das Bundesinnenministerium zusätzlich gemeinsam mit dem Bundesjustizministerium das Bündnis für Demokratie und Toleranz und lässt dafür eine Million Euro springen. Reichlich Geld gibt es natürlich auch noch von der Europäischen Union. „Zur Stärkung und Entwicklung demokratischer Strukturen, europäischen Verständnisses und persönlicher Entwicklung“ gibt es die beiden Förderprogramme „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ und „Jugend in Aktion“, die bis zu 100000 Euro auf Antrag zur Verfügung stehen.

Damit nicht genug. Neben den Europa- und Bundesprogrammen gibt es auf Länderebene einen regelrechten Wildwuchs von Programmen. Eine Armee von Sozialarbeitern wird damit finanziert. Ein Schwerpunkt der „Antifa-Industrie“ sind die mitteldeutschen Bundesländer. Allein im dünn besiedelten Mecklenburg-Vorpommern gibt es mehr als 100 Anti-Rechts-Initiativen. Das Mammut-Projekt der linken Lobby konnte bisher aber noch nicht umgesetzt werden. Der SPD-Politiker Sebastian Edathy plante die Gründung einer „Bundesstiftung gegen rechts“. Als Stiftungskapital nannte er die schier unvorstellbare Summe von 300 Millionen Euro. Daraus wurde ersteinmal nichts. Der Bundestagsabgeordnete stolperte über eine Kinderporno-Affäre.  

                Peter Entinger


Beistand von ganz oben
Ex-Stasi-IM Kahane leitet die Amadeu-Antonio-Stiftung

Der Volksmund besagt, dass der Apfel nicht weit vom Stamm falle. Bei der Familie Kahane scheint dies zuzutreffen. Vater Max war Zeit seines Lebens ein überzeugter Kommunist. KPD-Mitglied, Mitbegründer des DDR-Nachrichtendienstes ADN und regelmäßiger Autor der Propaganda-Zeitung „Neues Deutschland“.

Papa Kahane war ein treuer Genosse. Er erhielt den Vaterländischen Verdienstorden der DDR und die „Franz-Mehring-Nadel“ des Journalistenverbands der DDR. Tochter Anetta, 1954 geboren, nennt sich auch Journalistin. Mit der DDR konnte sie sich auch gut identifizieren, schließlich arbeitete sie als Informelle Mitarbeiterin der Staatsicherheit. Wird sie darauf angesprochen, wird die Frau Kahane ungemütlich. Kritiker bezeichnet sie pauschal gerne als „Neonazis“ und „Neue Rechte“. Sie ist Leiterin der Amadeu-Antonio-Stiftung, der wohl bekanntesten Anti-Rechts-Initiative der Bundesrepublik. Und sie ist gut vernetzt. Berichten Medien über ihre Stasi-Tätigkeit, dann dauert es nicht lange, bis sie publizistischen Beistand erhält. Vor allem das Online-Portal der Wochenzeitung „Die Zeit“ ist der antifaschistischen Arbeit sehr verbunden und wirft journalistischen Kahane-Kritikern des ZDF oder der „Frankfurter Allgemeinen“ schon mal „Hasskommentare“ und „Unterstützung braunen Gedankenguts“ vor. Die Stiftung wurde im Jahr 1998 mit dem Ziel gegründet, „eine demokratische Zivilgesellschaft zu stärken, die sich konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wendet. Namensgeber ist ein Angolaner, der in Brandenburg von alkoholisierten Jugendlichen totgeprügelt wurde. Die Stiftung unterstützt mehr als 1000 lokale Initiativen und hat inzwischen mehr als 30 hauptamtliche Mitarbeiter. Vom Bundesfamilienministerium erhält sie jährlich rund 130000 Euro alleine für ihre Aktivitäten im Internet. Dort führt sie eine von Kritikern als „Onlinepranger“ bezeichnete Seite, die „rechte Aktivisten“ outet. Unterstützt wird sie hierbei von Justizminister Maas, der den Kampf gegen „Hatespeech“ im Netz zur Chefsache erklärt hat.         P.E


Netzwerke gegen Andersdenkende

Nicht nur Verbände und lokale Initiativen machen im Kampf gegen rechts mobil. Auch einige Medien sind voll in die antifaschistische Arbeit integriert. Am bekanntesten ist das Online-Projekt „Netz gegen Nazis“, das von der Amadeu-Antonio-Stiftung betrieben wird und maßgeblich von der Wochenzeitung „Die Zeit“ initiiert wurde. Mitinitiatoren des Projekts sind dabei Institutionen wie der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), der Deutsche Fußball-Bund (DFB), die Deutsche Fußball-Liga (DFL) und der Deutsche Feuerwehrverband (DFV). Nicht fehlen darf dabei natürlich auch die Amadeu-Antonio-Stiftung, die wohl einen erheblichen Teil der redaktionellen Beiträge beisteuert.

„Nazi“ ist nach Lesart des mit üppigen öffentlichen Fördermitteln ausgestatteten Internet-Auftritts keinesfalls nur ein bekennender Nationalsozialist. Unter Verdacht stehen selbstredend die AfD, die Pegida-Bewegung, diverse Ultra-Gruppierungen der Fußballszene und – man höre und staune – auch die sächsische FDP, die nach Recherchen von „NGN“ ein „erhebliches Rechtspopulisten-Problem“ in Dresden hat. Äußerst aktiv ist auch das Internetportal „Endstation Rechts“, das vor allem aus den mitteldeutschen Ländern berichtet und auf Betreiben von SPD-Funktionären nach dem Wahlerfolg der NPD 2004 in Sachsen ins Leben gerufen wurde. Für den Betrieb des Portals gibt es drei bis fünf Mitarbeiter, in der Spitze erreichte die Seite rund 100000 Zugriffe. „Endstation Rechts“ legt Wert auf die Feststellung, dass man „kein offizielles“ Projekt sei, sondern sich ausschließlich über private Spendengelder finanziere. Unterstützung erfährt man dabei durch das Wochenmagazin „Stern“, welches das Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ betreibt und zu Spenden für „Endstation Rechts“ aufruft. Betrachtet man die Hintermänner der „Stern“-Initiative, dann fällt auf, dass die rechtlich Verantwortlichen des Internetauftritts in Berlin sitzen: Der Name des redaktionell Verantwortlichen: Amadeu-Antonio-Stiftung. So schließt sich ein Kreis.               P.E.


Zeitzeugen

Michael Sommer – Der langjährige Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes ist ein lautstarker Einpeitscher der Antifa-Lobby. Der Kommunist in Jugendjahren forderte, der damaligen Bundesministerin Kristian Schröder (CDU) die Zuständigkeit für Extremismusbekämpfung zu entziehen, als diese auch den linken Extremismus stärker ins Visier nehmen wollte. „Das ist ein hochbrisantes Thema für mich“, sagte Sommer damals.

Stephan Kramer – Der Sozialpädagoge war Generalsekretär des Zentralrats der Juden. Zum Judentum trat er erst 1998 über, als er bereits für jüdische Institutionen arbeitete. In dieser Funktionen widmete er sich vordergründig dem „Kampf gegen rechts“. Obwohl über Jahre Mitglied von CDU und FDP, fungiert er heute als Präsident des Verfassungsschutzes in Thüringen. Er sitzt im Kuratorium der AA-Stiftung und teilt per Twitter auch schon mal Meldungen der „Antifaschistischen Linken Münster“.

Mathias Brodkorb – Der 39-Jährige ist seit dem 20. September Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, dem er seit 2002 angehört. Bekannt wurde er mit Aktivitäten in der Hochschulpolitik und als Anti-Rechts-Agitator  mit dem von ihm initiierten Internet-Projekt Endstation Rechts.

Anette Kahane: Die Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung gilt als tief in militanten linken Kreisen verwurzelt. Dennoch genießt sie große öffentliche Unterstützung. Kritik an ihr gilt per se als „rechts“. So hielten sich die Proteste auch in Grenzen, als Kahane vor einiger Zeit sagte: „Im Osten gibt es gemessen an der Bevölkerung noch immer zu wenig Menschen, die sichtbar Minderheiten angehören, die zum Beispiel schwarz sind."

Ralf Stegner – Der stellvertretende SPD-Vorsitzende hasst Rechte und verharmlost linke Gewalt. Im Zuge der politischen Auseinandersetzung mit der Alternative für Deutschland (AfD) forderte er „die Zivilgesellschaft auf, das Personal der Rechtspopulisten zu attackieren“. Derzeit tourt er durch die USA und macht Wahlkampf für Hillary Clinton.


S. 5 Preussen/Berlin

Kreisreform wird zum Bumerang
Mehrkosten statt Einsparungen befürchtet − Experte: Nur die AfD würde profitieren

Mit ihrem Vorhaben, die Zahl der Landkreise zu reduzieren, geht die in Brandenburg amtierende Koalition von SPD und Linkspartei ein hohes Risiko ein. Wissenschaftler sehen nach einer Kreisreform auf Brandenburg eine Entwicklung wie in Mecklenburg-Vorpommern zukommen.

Bereits im Juli hat die Koalition aus SPD und Linkspartei im Landtag ein Projekt durchgesetzt, das Brandenburg stark verändern wird. Ab dem Jahr 2019 soll die Zahl der 14 Landkreise und vier kreisfreien Städte auf neun Landkreise reduziert werden. Die Städte Brandenburg an der Havel, Frankfurt (Oder) und Cottbus sollen in die umliegenden Landkreise einbezogen werden, lediglich Potsdam soll seine Kreisfreiheit behalten.

In einem weiteren Schritt sollen schließlich auch Gemeinden fusionieren. Als Argumente für die mit eigener Mehrheit im Landtag beschlossene Kreisgebietsreform bringt das rot-rote Bündnis den zu erwartenden Bevölkerungsrückgang in großen Teilen Brandenburgs und die hohe Verschuldung der großen Städte vor.

Trotz der Verabschiedung im Landtag ist eine Umsetzung des Megaprojekts Kreisgebietsreform aber keineswegs garantiert: Angekündigt sind zum einen Verfassungsklagen. CDU, Freie Wähler und FDP haben zudem auch noch einen Verein namens „Bürgernahes Brandenburg“ gegründet, der Unterschriften gegen die Kreisgebietsreform sammeln soll. Die Initiatoren haben eine Volksinitiative gegen die Gebietspläne der Landesregierung angekündigt, die am Ende sogar in einem Volksentscheid münden könnte. „Es wird kein Problem sein, die nötigen 20000 Stimmen im ersten Schritt zusammenzubekommen“, so Brandenburgs CDU-Landeschef Ingo Senftleben. Die CDU meint, dass mit der Kreisreform Bürgernähe verloren ginge, ohne dass es am Ende wirklich zu Einsparungen komme. „Im Gegenteil, Gutachten über entsprechende Reformen in anderen Bundesländern zeigen, dass die Verwaltung teurer wird“, so Senftleben.

Ob der Verein „Bürgernahes Brandenburg“ den gesamten Weg bis hin zu einem Volksentscheid erfolgreich meistert, bleibt abzuwarten. So müssen für ein Volksbegehren als zweite Stufe des Verfahrens bereits 80000 Bürger in  Rathäusern oder Bürgerbüros ihre Unterschrift abgeben. Lehnt der Landtag das Ansinnen des Volksbegehrens erneut ab, bleibt noch die Möglichkeit eines die Landesregierung bindenden Volksentscheids.

Dabei muss dann nicht nur die Mehrheit mit Ja stimmen, sondern auch mindestens ein Viertel aller Wahlberechtigten. Dies wären immerhin gut eine halbe Million Brandenburger. Bislang setzen CDU, Freie Wähler und FDP offenbar darauf, diese Hürden allein zu bewältigen. Bei der Vorstellung des Vereins wurde zwar der Aspekt der Überparteilichkeit herausgestellt, die AfD will man anscheinend dennoch nicht dabei haben: „Die CDU tut sich mit der kleinen Gruppe der Freien Wähler und der nicht im Landtag vertretenen Brandenburger Splitterpartei FDP zusammen. Mit der zweitstärksten Oppositionskraft AfD wird dagegen nicht einmal gesprochen. Wenn das überparteilich ist, dann möchte ich nicht wissen, was die CDU unter parteilich versteht“, kritisiert  Steffen Königer, der kommunalpolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Landtag.

Bestätigt fühlen kann sich das gesamte Lager der Reformkritiker durch eine Untersuchung, die der Volkswirt Felix Rösel unlängst veröffentlicht hat. Rösel hatte in einer Untersuchung zwölf Studien verglichen, in denen die Auswirkungen von Gebietsreformen in der Bundesrepublik, in Österreich und anderen europäischen Staaten untersucht worden waren. Die Ergebnisse dieses Vergleichs sind ernüchternd.

Demzufolge haben empirische Erhebungen weder Einspareffekte noch sinkende Ausgaben in fusionierten Gemeinden belegen können. Stattdessen finden sich sogar Hinweise auf eine überproportional ansteigende kommunale Verschuldung in fusionierten Gemeinden. Weitere Studien haben zudem die Prognosen widerlegt, dass sich nach den Gebietsfusionen die Qualität der öffentlichen Leistungen verbessere. Laut Rösel gehen Gebietsreformen obendrein mit substanziellen politischen Kosten einher. Die Menschen in unüberschaubar großen Kreisen und Kommunen fühlten sich anonym und heimatlos, sodass nach Ansicht des Dresdner Wissenschaftlers mit einer sinkenden Wahlbeteiligung und einer Stärkung „rechtspopulistischer Parteien“ zu rechnen sei.

Eine ähnliche Sichtweise vertritt der Wirtschaftsgeograf Helmut Klüter von der Universität Greifswald, der sogar fordert, die in Mecklenburg-Vorpommern erfolgte Zentralisierungen der vergangenen Jahre wieder rückgängig zu machen. Aus Sicht Klüters haben die Kreis- und Landtagsabgeordneten seit der Kreisgebietsreform von 2011 ihren Kontakt zur Basis im Land verloren. Gefüllt wird diese Lücke laut Klüter von der AfD. „Wenn man sich von Seiten des Landes in ein paar Jahren nicht fast ausschließlich mit AfD-Bürgermeistern unterhalten möchte, muss dringend gehandelt werden“, so der Greifswalder Forscher.          Norman Hanert


Goldener Herbst
von Vera Lengsfeld

Das letzte Wochenende war in Berlin besonders schön. Bei Sonnenschein und milden Temperaturen genossen die Berliner ihre Parks und das herrliche Umland.

Auch ich machte mich auf, um besonders schöne Ecken zu entdecken, und wurde fündig. Am Mauerweg, einem Wanderweg, der auf dem ehemaligen Todesstreifen angelegt wurde, haben die von Japan gespendeten Kirschbäume ein leuchtendes Gelb angelegt. So zieht sich ein gelbes Band durch die ganze Stadt. Biegt man auf der Höhe der S-Bahnstation Gesundbrunnen nach rechts ab, kommt man über eine zu Mauerzeiten gesperrte Brücke zum Humboldthain.

Ich kannte bisher nur die gleichnamige S-Bahnstation und war überrascht, wie ausgedehnt dieser Park ist. Der größte Teil des Baumbestandes scheint den Krieg unbeschadet überstanden zu haben, denn er ist sichtbar älter als 70 Jahre. Vom Humboldthain kann man entweder auf den Pankeweg wechseln oder in Richtung Bernauer Straße laufen, wo ein Flächendenkmal den Mauerbau dokumentiert. Gesäumt wird es vom Baumbestand eines alten Friedhofs, Sophien zwei, der zu DDR-Zeiten gesperrt war. Nun ist er mit Einfriedungsmauer, Grabstätten, Kapelle und Mausoleen als Gartendenkmal in die Berliner Denkmalliste aufgenommen worden.

Zurück durch den neu angelegten Nordpark, eine ehemalige Ödfläche im Grenzgebiet, die mit Starkbäumen gepflanzt wurde, zum Pankeweg, der bis tief nach Mitte hineinführt, wo er in den Südpankepark mündet. An der Chausseestraße kann man die neue Zentrale des BND leider nicht übersehen. Eine architektonische Scheußlichkeit, die an ein großes Gefängnis erinnert. Zum Glück ist man schnell daran vorbei und kann sich auf dem Invalidenfriedhof an den schönen Skulpturen erfreuen.

Links an der Spree entlang, deren Uferweg inzwischen dicht bepflanzt ist, kommt man zum Regierungsviertel, wo die vielen jungen Akazienbäume flammendes Rot angelegt haben, ein Hauch Indian Summer. Man kann noch einen Schlenker durch den neuen Spreebogenpark machen, bevor man in den Tiergarten eintaucht, der von oben, aus der Reichstagskuppel betrachtet, wie ein bunter Flickenteppich aussieht. Der Wanderer kann im Tiergarten stundenlang laufen, ohne dieselben Wege benutzen zu müssen. Irgendwann landet er dann am Landwehrkanal und dem Zoo. Man kann aber auch am Bundesratsufer in Richtung Moabit abbiegen und am Uferpark entlang bis zum Kleinen Tiergarten an der Turmstraße gehen. Leider ist dieser Park eines der größten Problemviertel der Stadt, aber das will man an diesem schönen  Wochenende vergessen. Lieber runden wir mit einem Besuch des neuen Parks am Nordhafen den Ausflug ab.


Hysterischer Angriff
Lobbyist gibt Verkehrspolitiker Mitschuld am Tod einer Radlerin

Mit dem Vorwurf einer angebliche Mitschuld eines Berliner Staatssekretärs am Unfalltod einer Radfahrerin ist die „Initiative Volksentscheid Fahrrad“ selbst bei Unterstützern auf scharfe Kritik gestoßen. Nach dem Tod der Frau hatte der Initiator des Fahrrad-Volksentscheids, Heinrich Strößenreuther, über den Internetdienst Twitter den SPD-Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler persönlich für den Unfall verantwortlich gemacht.

„Politik tötet Radfahrerin durch Unterlassen“, schrieb Strößenreuther und begründete seinen Vorwurf damit, dass der Politiker es trotz vieler tödlicher Unfälle versäumt habe, mit sicherer Infrastruktur die schwächsten Verkehrsteilnehmer zu schützen. Auf Distanz ging unter anderem die Spitzenkandidatin der Grünen, Antje Kapek, deren Partei die Ziele der Fahrrad-Initiative unterstützt. „Die Initiative ist eindeutig übers Ziel hinausgeschossen“, so Kapek gegenüber der „Berliner Zeitung“.

Auch einigen Fahrradaktivisten ging die Schärfe des Tonfalls zu weit. Strößenreuther hat sich inzwischen entschuldigt. Mit der Kritik gemeint gewesen sei Gaebler in seiner Funktion als Staatssekretär, nicht als Mensch. In der Sache beharrte Strößenreuther darauf, dass der Senat beim Schutz von Radlern versagt habe.

Der gereizte Ton zwischen der Initiative für bessere Radwege und dem SPD-geführten Verkehrsressort ist keineswegs neu. So werfen die Anhänger des Projekts dem Senat vor, mit seiner Kostenschätzung bewusst übertrieben zu haben, um Befürworter  abzuschrecken. Die Initiative fordert unter anderem breite Radwege an jeder Hauptstraße, mehr Stellplätze und 100 Kilometer Radschnellwege. Der Senat rechnet mit Kosten von zwei Milliarden Euro, die Initiative mit 320 Millionen Euro. Kritisiert wird zudem, der Senat prüfe das per Volksentscheid vorgeschlagene Fahrradgesetz der Initiative zu lange.

Bereits im Sommer hat ein entsprechendes Volksbegehren in kürzester Zeit fünfmal so viele Unterschriften bekommen wie nötig. Die Aktivisten fordern, das geforderte Radverkehrsgesetz bis März 2017 zu verabschieden. Die neue Regierung müsse die „Bummelei und Untätigkeit des alten SPD-geführten Verkehrssenats“ beenden. Angedeutet wurde, dass eine vorsätzliche Verschleppung durch den SPD-geführten Senat im bevorstehenden  Bundestagswahlkampf 2017 auch offensiv thematisiert werden könnte.              N.H.


Schock über Mathe-Test
Angehende Grundschullehrer scheitern reihenweise an Aufgaben

Nachdem es bereits Vorwürfe gegeben hat, die diesjährige Berliner Abi­turprüfung in Mathematik sei zu simpel gewesen, wirft nun das Scheitern vieler Grundschulpädagogen an der Freien Universität (FU) Fragen auf. In einem offenen Brief haben betroffene Studenten darauf aufmerksam gemacht, dass 40 von 108 Prüfungsteilnehmern nicht einmal die Mindestpunktzahl erreicht hätten.

Laut einer Studentin „wären sogar 80 von 108 Studierenden durchgefallen“, wenn nicht nachher eine Aufgabe ganz gestrichen worden wäre. Im Raum steht der Vorwurf, dass die Anforderungen viel zu hochgeschraubt gewesen seien. Angeführt wird, dass an der Uni Potsdam nicht wie an der Berliner FU gut 40, sondern nur 20 Prozent durchgefallen seien.

Vorangegangen waren der Klausur offenbar auch intensive Vorbereitungen. Über zwei Semester waren fast wöchentlich Übungszettel mit Mathe-Aufgaben zu bearbeiten. Die erstmals nach der grundlegenden Änderung des Lehrkräftebildungsgesetzes durchgeführte Klausur fand im vierten Semester des Bachelorstudiums statt. Seit dem Wintersemester 2015/16 ist vorgeschrieben, dass angehenden Grundschullehrer zwingend Deutsch und Mathematik belegen müssen.

Ziel der Vorgabe ist es, den Grundschulunterricht in diesen Kernfächern zu verbessern. Dass nun Lehramtsanwärter reihenweise an der Mathe-Prüfung scheitern und sogar über den Abbruch des Studiums nachdenken, ist speziell für Berlin sehr problematisch.

Die Stadt sucht nämlich händeringend nach Grundschullehrern. Steigende Einwohnerzahlen haben zu einem zusätzlichen Bedarf geführt, zudem gehen in den kommenden Jahren zahlreiche Lehrer in Pension. Hausgemachte Probleme verschärfen die Lage. Berlin hat über Jahre nicht genug Studienplätze bereitgestellt. Anders als die meisten Bundesländer verbeamtet es auch keine Lehrer mehr, zudem verdienen die Grundschullehrer deutlich weniger als Studienräte an Gymnasien.

Bereits 2015 hat Berlin versucht, in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg Nachwuchslehrer anzuwerben. 2016 ist die Suche sogar  auf die ganze Bundesrepublik und Österreich ausgeweitet worden. Inzwischen kommen an Berlins  Grundschulen verstärkt Quereinsteiger, pensionierte Lehrer oder Studienräte zum Einsatz, die eigentlich für das Gymnasium ausgebildet wurden.        N.H.


S. 6 Ausland

US-Bürger dürfen gegen Staaten klagen
Parlament verabschiedet Gesetz, dass den Grundsatz der Staaten-Immunität in den Wind schreibt

An Niederlagen ist das politische Leben des Barack Obama wahrhaft nicht arm (siehe Seite 7). Eine der folgreichsten hat er jetzt, gegen Ende seiner zweiten Amtszeit, einstecken müssen. Es geht um ein Gesetz, das es betroffenen Bürgern der USA erlaubt, andere Staaten wegen einer Unterstützung des Terrorismus zu verklagen.

Wegen der anhaltenden, ja zunehmenden Zweifel an der Korrektheit der Regierungsuntersuchung zum Attentat vom 11. September 2001 hatte das Weiße Haus zusätzlich zu den bisherigen Erklärungen ein mageres Bündel von erheblich geschwärzten 28 Seiten veröffentlicht, in dem von einer möglichen Verstrickung Saudi-Arabiens in den Anschlag die Rede ist. In der Folge verabschiedete der Kongress am 5. O­k­tober ein Gesetz, das es betroffenen US-Bürgern erlaubt, gegen Saudi-Arabien zu klagen.

Obama hatte das bis zum letzten Moment verhindern wollen, doch sein Veto wurde vom Kongress überstimmt. Der US-Präsident hatte argumentiert: „Falls wir den Begriff der gerichtlichen Immunität von Staaten aussetzen, könnten auch gegen unsere Militärs weltweit Klagen eingereicht werden.“ Tatsächlich verstößt das neue Gesetz gegen den Grundsatz der Staatenimmunität im Völkerrecht, wonach Staaten gegenüber anderen Staaten nur ein sehr eingeschränktes Klagerecht haben, Privatleute gegenüber Staaten aber überhaupt keines. Allerdings plagen den US-Präsidenten keinerlei Sorgen ums Völkerrecht, denn der Sinn und Zweck der sogenannten Freihandelsabkommen TTIP und Ceta besteht ja nicht zuletzt darin, Privatunternehmen zu ermöglichen, gegen Staaten zu klagen. Dieser Bruch mit dem Völkerrecht ist für Obama und seine Regierung längst System geworden. Obama geht es denn auch um etwas völlig anderes, nämlich um das politische Verhältnis seines Landes zu Saudi-Arabien.

Dieses stellt für Washington einen wichtigen Baustein in seiner Nahost-Strategie dar. Saudi-Arabien ist traditionell ein Verbündeter der USA, das natürliche Bollwerk gegen den Iran, es hat strategische Bedeutung wegen seines Ölreichtums, garantiert zusammen mit den Golfemiraten Einfluss in der gesamten Region und stellt die ideale, weil nur mittelbare Verbindung zu den islamistischen Organisationen wie al-Kaida oder Islamischer Staat (IS) dar, vor allem, wenn es um Waffenlieferungen geht.

Zudem sind die USA bei den Saudis erheblich verschuldet. Nach den Angaben der Agentur Bloomberg vom Mai dieses Jahres belaufen sich die Verbindlichkeiten Washingtons auf rund 117 Milliarden US-Dollar. Es gibt sogar Schätzungen, die sich bis auf eine halbe Billion erstrecken. Vor diesem Hintergrund sagte Marc Chandler, der Chefwährungsstratege bei der New Yorker Investment Bank Brown Brothers Harriman zu Bloomberg mit Blick auf die Saudis: „Ich meine, dass wir uns keinen Gefallen tun, wenn wir unsere Anfälligkeit gegenüber großen Gläubigern unterschätzen.“

Die Saudis wiederum wissen sehr wohl, was sie wert sind und welchen Platz sie in der Strategie der Neuen Weltordnung der USA einnehmen. Sie dürfen sich daher eine ziemlich unverblümte Antwort auf jenes Gesetz erlauben. Halef Batarfi, Politikwissenschaftler an der Feisal-Universität in Hofuf, schreibt: „Mit dieser Entscheidung zeigt Washington seine Unzuverlässigkeit als Verbündeter. Zudem bestätigen die USA, dass sie kein Rechtsstaat sind, denn dort können Gesetze zugunsten momentaner konjunktureller Interessen novelliert werden.“ Wenn auch ein Universitäts-Professor nicht der berufene Sprecher der Regierung ist, so dürfte Batarfi seine Anmerkung nicht gegen den Willen des Königs getan haben. Das gilt auch für die folgende Aussage des Professors: „Jeder Investor, der sein Geld in der Wirtschaft eines anderen Landes anlegt, rechnet mit dem Erhalt seiner Mittel, was die nationalen Gesetze garantieren sollen. Dieses Prinzip wurde hier verletzt.“ Die Saudis sehen sehr wohl die Gefahr, dass in den USA aufgrund des neuen Gesetzes saudische Konten gesperrt oder gepfändet werden könnten. Das Au­ßen­mi­ni­ste­ri­um in Riad hat bereits damit gedroht, alle Aktiva aus den USA abzuziehen. Dabei handelt es sich um 750 Milliarden US-Dollar.

Ganz in der Attitüde eines Sachwalters internationaler Rechtsfragen ließ das saudi-arabische Außenministerium verlauten: „Die Zerstörung der Grundlagen staatlicher Souveränität, die seit Jahrhunderten die Basis internationaler Beziehungen bildet, hätte eine üble Wirkung auf alle Länder, darunter auch für die USA.“          

                Florian Stumfall


Aus dem »Dschungel«
Auch Deutschland wird Immigranten aus Calais aufnehmen müssen

Seit 1998, kurz nach der Eröffnung des Eisenbahntunnels unter dem Kanal, gab es das Asylantenlager Sangatte bei Calais. Im Jahr 2002 beschlossen der damalige französische Innenminister Nicolas Sarkozy und sein britischer Amtskollege dessen endgültige Schließung. Dafür sollten drei Viertel der illegalen Zuwanderer Asyl in Großbritannien erhalten. Seit das Sangatte-Zentrum 2002 geschlossen wurde, lebten tausende von Immigranten in improvisierten Zeltlagern auf Müllhalden, die wie die Elendsquartiere der Großstädte der Dritten Welt aussahen, deshalb der Name „Dschungel“ für das Lager. Sie hofften, wie ihre Vorgänger in Sangatte in Großbritannien Aufnahme zu finden. Hier lebten vor allem Immigranten aus Ländern wie Afghanistan, Äthiopien, Eri­trea und dem Sudan, die aus Gründen der Sprache, der familiären Bindungen und des Arbeitsrechts sich besser in Großbritannien aufgenommen fühlten, aber keine legale Möglichkeit hatten, dorthin zu gelangen.

In Großbritannien ist die Arbeitslosigkeit geringer und man kann dort auch ohne Pass und ohne Asylantrag Arbeit finden. In Frankreich dagegen ist der Zugang zum Asylverfahren sehr restriktiv, Immigranten sollen eher abgeschreckt als willkommen geheißen werden. Im Laufe der 14 Jahre, in denen der Dschungel existierte, sollen hunderte Zuwanderer bei dem Versuch, mit einem der Lkw durch den Tunnel zu gelangen, ums Leben gekommen sein.

Jetzt wurde ein weiterer Versuch gemacht, das Lager, das mittlerweile auf fast 10000 Insassen angewachsen war, wieder einmal zu räumen. Diesmal vielleicht mit Erfolg. Vorausgegangen war ein politischer Schlagabtausch im französischen Präsidentschaftsvorwahlkampf, bei dem Herausforderer Sarkozy das Lager besucht hatte. Damit war jetzt Präsident François Hollande am Zuge, wenn er nicht sein Gesicht verlieren wollte. 1250 Polizisten waren im Einsatz, um die Räumung des „Dschungels“ abzusichern. In den Nächten vor der Räumung hatten sich Insassen immer wieder Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert. Viele entzogen sich der Umverteilung,  weil sie immer noch unter allen Umständen nach Großbritannien gelangen wollen.

Auch Deutschland könnte die Folgen der Aktion zu spüren bekommen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) rechnet für die nächsten Wochen und Monate mit mehreren hundert Übernahmeersuchen nach den Bestimmungen von Dublin. Paris könnte Berlin danach vor allem bitten, Personen aufzunehmen, die sich auf dem Weg nach Frankreich zuvor in Deutschland registriert oder einen Asylantrag gestellt hatten. Solchen Ersuchen Frankreichs müsse entsprochen werden, hieß aus dem BAMF. Allerdings hätten die betroffenen Personen auch das Recht, gegen die sogenannte Überstellung nach Deutschland vor einem französischen Gericht zu klagen.

Auch das Entstehen neuer illegaler Lager soll in Zukunft verhindert werden. „Die Ordnungskräfte werden Kontrollen an allen Stellen, wo sich Immigranten sammeln, durchführen, vor allem an den Bahnhöfen“, kündigte der französische Innenminister Bernard Cazeneuve an. Erst im Sommer dieses Jahres hatten sich Vertreter der französischen Flüchtlingsbehörde aus Paris auf den Weg ins saarländische Lebach begeben, um im dortigen Landesaufnahmezentrum zu sehen und zu erfahren, wie das deutsche Asyl­system funktioniert.              B.B.


»Ja zum Land Katalonien«
Frankreichs Minderheit um Perpignan gründet eigene Partei

Der Unmut über die Gebietsreform in Frankreich, die aus bis dahin 22 Re­gi­o­nen zu Beginn des Jahres 13 gemacht hat, wächst nicht nur im Elsass, das es jetzt als eigene Region gar nicht mehr gibt. Die in Frankreich lebenden Katalanen um die Stadt Perpignan, Katalanisch Perpinya, die auf dem Gebiet des Département Pyrénées-Orientales leben, haben jetzt eine eigene Partei mit dem Namen „Oui au Pays Catalan“ (OPC, Ja zum Land Katalonien) gegründet. Nordkatalonien gehört seit Januar zu der Region Okzitanien, die aus den beiden ehemaligen Regionen „Languedoc-Roussillon“ und „Midi-Pyrénées“ im Südwesten Frankreichs gebildet wurde. Der französische Teil von Katalonien war nie Teil des okzitanischen Einflussbereichs der sich von Bordeaux bis zur italienischen Grenze erstreckt.

Anders als die Katalanen in Spanien hätten die 400000 nördlich der Pyrenäen lebenden französischen Katalanen bislang noch keine separatistischen Ziele, hieß es bei der OPC-Gründung. Gefordert wurde lediglich ein eigener Status innerhalb der neuen Großregion, der in etwa dem Status vergleichbar ist, den die französischen überseeischen Gebiete immer noch trotz Gebietsreform bewahrt haben. Der Gründungskongress der Partei fand mit 500 Menschen in einem Filmtheater in einem Vorort von  Perpignan statt. Auf der Veranstaltung protestierten die Katalanen gegen die nationale „Demütigung“ ihrer Kultur und Sprache. „Die von Paris ferngesteuerten Parteien  befassten sich nicht mit den Problemen vor Ort“, hieß es von Kongressteilnehmern. Paris verweigere auch der Region eine eigene Identität und erkenne immer noch nicht die katalanische Kultur von Nordkatalonien an, sagte  Terenci Vera, ein katalanischer Lehrer, der auch  den Mangel an Unterstützung für die katalonische Sprache von Seiten der Schulverwaltung beklagte. Die Unterdrückung der katalonischen Sprache habe dazu geführt, dass mittlerweile die Mehrheit des Volkes diese Sprache verlernt habe, dass auch auf dem Kongress fast nur Französisch diskutiert und debattiert worden sei und dass der Name der neuen Partei auf Französisch festgelegt worden sei.

Der Parteigründung war am 10. September eine Demonstration von 10000 Menschen in Perpignan vorausgegangen, die hinter den rot-gelben Fahnen Kataloniens gegen die kulturelle Unterdrückung und die neue Großregion demonstrierten.

Einer der Führer der neuen Partei ist Jean-Luc Pujol, Bürgermeister von Fourques, einer Gemeinde von etwa 1200 Einwohnern in Nordkatalonien. Bürgermeister haben überhaupt den Gründungskongress der neuen Partei dominiert. Von den 226 Bürgermeistern des katalanischen Departements waren 163 quer durch alle Altparteien auf dem Kongress erschienen und wurden Mitglied der neuen Partei. Auch der Rat des Departements hatte sich mit großer Mehrheit über alle bisherigen Parteigrenzen hinweg hinter die neue Partei gestellt.

So wie man bislang gegen eine Auflösung der katalanischen Kultur in der französischen gekämpft habe, werde man jetzt gegen eine Auflösung des Katalanischen in der okzitanischen Kultur kämpfen, sagte Jordi Vera, der den moderaten separatistischen Flügel der neuen Partei verkörpert, die noch mehr Autonomie und eine Teilnahme am Unabhängigkeitskampf des Südens fordert.

Die neue Partei muss sich noch ein eigenes Programm geben. Bei diesem Programmkongress könnte der Einfluss der Separatisten zunehmen. Das kann sich zumindest Vera vorstellen.          B.B.


MELDUNGEN

Noch mehr Geld für die Griechen

Athen – Das Direktorium des Euro-Rettungsfonds ESM gewährt Griechenland weitere Hilfsgelder in Höhe von 2,8 Milliarden Euro. Athen mache bei den von den Geldgebern verlangten Reformen „stetig Fortschritte“, hieß es zur Begründung. Die griechische Regierung habe Schlüsselreformen im Rentensystem, im Bankensektor, im Energiebereich, bei der Steuer­erhebung sowie Schritte bei der Einrichtung des neuen Privatisierungs- und Investmentfonds unternommen. Die Euro-Länder hatten Griechenland im Juli 2015 mit einem drittes Hilfspaket von bis zu 86 Milliarden Euro erneut vor dem Staatsbankrott gerettet. Die Auszahlungssumme erreicht durch den nun gefassten Beschluss 31,7 Milliarden Euro.            J.H.

 

Bürgermeister darf nicht sparen

Rainbach – Der Bürgermeister der oberösterreichischen Gemeinde Rainbach im Innkreis, Gerhard Harant (FPÖ), darf nicht auf die Hälfte seines Bürgermeistergehalts verzichten. Der österreichische Verfassungsgerichtshof nahm seine diesbezügliche Klage nicht einmal an, da sie keine Aussicht auf Erfolg habe. Harant hatte nach seiner Vereidigung im November 2015 dem Amtsleiter die Weisung erteilt, ihm nur die Hälfte des gesetzlich vorgesehenen Gehalts auszubezahlen, nämlich statt 2641,90 Euro nur 1320,95 Euro. Das brachte ihm zunächst eine Rüge des Landes und dann einen Bescheid mit der Anordnung, die Weisung an den Amtsleiter aufzuheben, ein. Laut Landesregierung ist ein Verzicht auf die Hälfte eines Politikerbezuges wegen des klaren Verzichtsverbotes im Bezügegesetz „weder zulässig noch rechtswirksam“. Harant klagte dagegen beim Landesverwaltungsgericht, doch dieses wies die Beschwerde im August ab.          J.H.


S. 7 Wirtschaft

Schlechter als ihr Ruf in Deutschland
Barack Obamas Regierungsbilanz ist durchwachsener, als sie die bundesrepublikanischen Medien darstellen

Nimmt man die Berichterstattung bundesdeutscher Medien zum Maßstab, dann steht der scheidende US-Präsident Barack Obama kurz vor der Heiligsprechung. In den USA sind seine Beliebtheitswerte dagegen ebenso durchwachsen wie seine Wirtschaftsbilanz.

Es ist die Zeit der vorgezogenen Nachrufe. Ein Korrespondent des bundesdeutschen Nachrichtenmagazins „Spiegel“ schrieb neulich sogar von einem „mittleren Wunder“, als er die Amtszeit von Barack Obama analysieren sollte. Das bundesdeutsche Wirtschaftsmagazin „Wirtschaftswoche“ schrieb in der vergangenen Woche: „Das Land steht wirtschaftlich gut da. Die Arbeitslosigkeit ist auf fünf Prozent gesunken; nicht mehr lange, und erste Ökonomen werden von Vollbeschäftigung in den USA sprechen.“ Obama verweist auf die Erfolge bei dem Bestreben, Langzeitarbeitslose von der Straße zu holen, 14 Millionen neue Arbeitsplätze habe man geschaffen. Pro Kopf konsumieren die US-Amerikaner wieder mehr als vor der Finanzkrise 2008, die Steuereinnahmen sprudeln.

Die Stimmung ist dennoch schlecht. In einer repräsentativen Umfrage sagten nur 28 Prozent der Befragten, dass sie mit der Entwicklung der USA zufrieden seien. „Wenn man heute den Durchschnittsbürger befragte: Ist das Haushaltsdefizit unter Obama größer geworden oder geschrumpft, würden wahrscheinlich 70 Prozent sagen, es ist größer geworden“, beklagte der Präsident, der zu dem für ihn wohlwollenden Fazit kommt: „Die Stimmung ist wesentlich schlechter als die Zahlen“.

Politische Beobachter haben in den Vereinigten Staaten schon seit Jahren eine zunehmende Elitenfeindlichkeit ausgemacht. Claus Kleber, Moderator des „Heute-Journal“, gilt bei den Öffentlich-Rechtlichen als USA-Experte. Bei einem Vortrag zu den Präsidentschaftswahlen kritisierte er, dass sich in den USA wenige Familien die Macht teilen würden. „Auf Bush folgte Clinton, dann der Sohn von Bush. Dann Obama und Clintons Frau als Außenministerin. Nun wahrscheinlich Frau Clinton und anschließend Obamas Frau. Die Leute reagieren darauf mit Ablehnung“, erklärte Kleber. Umfrage-Ergebnisse geben ihm Recht. Hillary Clinton erhält große Zustimmung von den Superreichen, weil das politische Establishment, das sie verkörpert, in den Vereinigten Staaten seit Jahrzehnten Klientelpolitik betreibt. Gleichzeitig punktet sie bei den ganz Armen, weil sie wie

Obama gerne soziale Gefälligkeiten verspricht. Die große, starke US-amerikanische Mittelschicht fühlt sich nicht gewürdigt. Sie schwelgt immer noch in den „Goldenen 60ern“ – die statistischen Zahlen, mit denen Obama derzeit durchs Land tourt, lassen sie kalt.

Mittlerweile hat Obama eingeräumt, dass es seiner Regierung nicht gelungen sei, in den vergangenen Jahren massive Infrastrukturprogramme politisch durchzusetzen, obwohl dies angekündigt war. Es wäre die beste Zeit dafür gewesen angesichts niedriger Zinsen, einer unterbeschäftigten Bauindustrie und einer in die Jahre gekommenen öffentlichen Infrastruktur. Umgesetzt wurde wenig, kaum eine große Brücke wurde saniert, das US-amerikanische Straßennetz droht zu verkommen. Obama selbst verweist auf die Patt-Situation, weil im Kongress eine republikanische Mehrheit herrscht.

Ein weiterer Kritikpunkt lautet, dass Präsident Obama den wirtschaftlichen Aufschwung auf Pump erkauft habe. Die US-Staatsschulden sind seit Beginn seiner Amtszeit im Januar 2009 um 9,05 Billionen US-Dollar auf zuletzt 19,75 Billionen Dollar gestiegen. Im selben Zeitraum ist das US-amerikanische Bruttoinlandsprodukt aber nur um 3,75 Billionen Dollar auf zuletzt 18,5 Billionen gewachsen. „Die USA haben also 2,41 Dollar an Schulden gebraucht, um ein Wirtschaftswachstum von einem Dollar zu erreichen“, rechnet das Portal „Finanzen100“ vor.

Auch die Arbeitslosenstatistik hat ihre Schattenseiten. Denn wenn auch die Arbeitslosenquote niedrig sein mag, so ist die Zahl der Lanzeitarbeitslosen, Wirtschaftsexperten sprechen auch gerne von den „Abgehängten“, nach wie vor hoch, und eine Entspannung der Lage ist nicht in Sicht.

Mit Sorge beobachten Analysten auch die Tatsache, dass die Erwerbsquote seit Jahren nach unten geht. Immer weniger US-Amerikaner gehen arbeiten oder suchen einen Job. Letzteres sei eine Erklärung dafür, dass der scheidende Präsident gerne mit dem Begriff der Vollbeschäftigung kokettiert.

Auch das Prestigeprojekt des Präsidenten steht schwer in der Kritik. Mit großem Tamtam wurde eine Krankenversicherung eingeführt. Obama Care sollte mehr Menschen den Zugang zu Gesundheitsleistungen gewährleisten. Doch die Bilanz ist mager. „Die Reform ist etwas viel Kleineres, Bescheideneres: eine moderate Unterstützung für eine kleine Gruppe amerikanischer Bürger mit niedrigen Einkommen“, schrieb die „New York Times“ neulich.

Und so erklärt sich auch die Popularität des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. Der nennt den noch amtierenden Präsidenten „einen Stümper und Blender in Sachen Wirtschaft“. Und viele geben ihm Recht.                Peter Entinger


Mehr Korruption denn je
Tsipras stürzt Griechenland weiter ins Chaos

Wir sind das Neue“, und „Wir machen Schluss mit dem Alten.“, das hatten Alexis Tsipras und seine linksradikale Partei Syriza den Griechen im Wahlkampf versprochen. Es sollte endlich vorbei sein mit der Korruption und dem Nepotismus, mit dem Sozialisten und Konservative das Land ruiniert hatten. Fast zwei Jahre sind seit seinem Amtsantritt vergangen. Wirtschaftlich hat sich in Griechenland, trotz Sparprogrammen und Milliardenhilfen der EU-Partner, nicht viel verändert. Denn wie unter den Vorgängerregierungen blühen die Vetternwirtschaft sowie die Versorgung von Verwandten und Getreuen mit lukrativen Posten.

Klein gedruckte Meldungen im Staatsanzeiger belegten seit der Machtübernahme Tsipras‘ eine ganze Reihe pikanter Personalien. Giorgos Tsipras, der Cousin und Partner des Premiers in dessen altem Ingenieurbüro, arbeitet heute als Generalsekretär im Außenministerium. Eine 25-jährige Nichte der Vizebildungsministerin, die vorher in einem Café ausgeholfen hatte, berät jetzt den Justizminister. Ihr vier Jahre älterer Bruder erhielt eine Stelle als Verwaltungsbeamter im Ministerium der Tante. Außenminister Nikos Kotzias verhalf seinem Schwiegersohn in spe, Theodoros Mitrakos, zum Posten des Vizechefs der griechischen Notenbank. Ifigenia Kamtsidou, die Lebensgefährtin des Justizministers Nikos Paraskevopoulos, übernahm die Leitung des Zentrums für Verwaltung. Peti Perka, die Lebensgefährtin des Vizeverteidigungsministers Dimitris Vitsas, schaffte es zwar nicht, ins Parlament gewählt zu werden, aber sie bekam den Posten der Generalsekretärin im Transportministerium. Vangelis Kalpakidis, ein Neffe des Parlamentspräsidenten und langjähriger Gefährte des Premiers, dient der Regierung jetzt als Chef des diplomatischen Büros. Sein Bruder Giorgos kam bei Vizepremier Yannis Dragasakis unter.

Schon vor dem Linksruck in Athen im Januar 2015 versprach der damalige Oppositionsführer Tsipras, gegen das „Dreieck der Machtverflechtung“, wie er es nannte, vorzugehen. Geblieben davon ist nichts. Die größte Korruption grassiert unter Tsipras im Umfeld von Fernsehen, Banken und Justiz.

Als erstes musste Tsipras nach seiner Machtübernahme das Fernsehen unter seine Kontrolle bringen, bevor Neuwahlen oder Referenden im Jahrestakt angesetzt werden konnten. Legitimiert wurde dies mit den von der EU verlangten Sparzwängen. Deshalb wurden fünf private Fernsehsender mit 2000 Mitarbeitern geschlossen und gleichzeitig zwei befreundeten Unternehmern die Gelegenheit zum Aufbau von jeweils einem regierungsnahen Sender gegeben. Und dies, obwohl die neuen Medien-Macher bisher keinerlei Erfahrung mit Medien hatten. So gründete Tsipras ein neues Staatsfernsehen mit 1800 Mitarbeitern und brachte es auf seine Linie. Eigentlich lag die Zuständigkeit für die Regulierung des Fernsehmarktes laut Verfassung bei einem unabhängigen Rundfunkrat. Weil sich die linke Regierung und die konservative Opposition aber nicht über die Besetzung des Rates einigen konnten und die „Reform“ keinen Aufschub duldete, nahm der Staatssekretär und engste Freund des Ministerpräsidenten, Nikos Pappas, die Sache kurzerhand selbst in die Hand.             B.B.


Zusammenarbeit gefährdet
American Airlines stört sich an Air-Berlin-Anteilseigner Etihad

Der wirtschaftlich schwer angeschlagenen Fluggesellschaft Air Berlin droht ein weiterer Rückschlag bei ihrem Versuch einer Unternehmenssanierung. Laut Medienberichten will die US-Fluggesellschaft American Airlines ein seit sechs Jahren bestehendes Code-share-Abkommen mit Air Berlin kündigen. Für die deutsche Fluggesellschaft ist das Codesharing mit American Airlines wichtig, weil sie ihren eigenen Transatlantik-Passagieren damit ein umfangreiches Anschluss-Streckennetz in Nordamerika anbieten kann. Gefährdet scheint allerdings nicht nur die gemeinsame Vermarktung von Strecken, sondern die gesamte bisherige Kooperation von American Airlines und Air Berlin.

Wie der „Spiegel“ unter Berufung auf eine Sprecherin der US-Fluglinie berichtet, läuft bei American Airlines sogar eine Überprüfung sämtlicher Vereinbarungen mit dem bisherigen deutschen Partner. Zugespitzt hat sich damit ein schon länger schwelender Konflikt im Zusammenhang mit der nationalen Fluggesellschaft der Vereinigten Arabischen Emirate Etihad, die einen 29,2-Prozent-Anteil an der deutschen Fluggesellschaft hält.

Große US-amerikanische Fluglinien werfen Etihad, Emirates und Qatar Airways vor, dass sie durch ihre Regierungen mit zweistelligen Milliardenbeträgen subventioniert werden und den Wettbewerb im Luftverkehr verzerren. Bislang ist es den US-Gesellschaften gelungen, die finanzkräftige Konkurrenz vom arabischen Golf vom eigenen Markt fernzuhalten. Laut „Süddeutscher Zeitung“ soll American Airlines dem bisherigen Partner Air Berlin eine tiefere Zusammenarbeit auf den Langstrecken in die USA angeboten haben, wenn denn der deutsche Partner dieses Geschäft klar von seinem arabischen Großaktionär abgrenzt. Wie weiter berichtet wird, sei Air Berlin zu einem solchen Schritt nicht bereit gewesen.

Abzuwarten bleibt, welche Folgen diese Entwicklung für das Umbaukonzept bei Air Berlin hat. Vorgesehen ist, dass sich die Flug-linie insgesamt stark verkleinert. Ein Teil der Flugzeugflotte Air Berlins wird im Zuge eines Mietgeschäfts an Lufthansa/Eurowings gehen. Das Air-Berlin-Touristikgeschäft wiederum soll unter dem Dach des Großaktionärs Etihad mit der Tui-Tochter Tuifly verschmolzen werden. Im Kerngeschäft will sich Air Berlin künftig auf europäische Geschäftsreiseziele und auf Langstrecken über den Nordatlantik konzentrieren. Aufgenommen wurde im Zuge dieser Strategie inzwischen eine Verbindung von Düsseldorf nach Boston beziehungsweise San Francisco. Bereits im August hatte Air Berlin angekündigt, nächstes Jahr neue Ziele ab Berlin-Tegel und Düsseldorf anzufliegen und das Langstreckennetz in die USA weiter ausbauen zu wollen. Steigern will Air Berlin zudem auch die Frequenz der Flüge in Richtung USA. Hinter dem Ausbauplänen steht ein ehrgeiziges Ziel: Die Nordamerikaflüge sollen künftig die Hälfte des Umsatzes für Air Berlin erwirtschaften.

Gefährdet ist diese Zielmarke inzwischen nicht nur durch die Aufkündigung des Codeshare-Abkommens durch American Airlines. Offenbar auch als Reaktion auf die Air-Berlin-Pläne hat die US-Fluggesellschaft Delta angekündigt, künftig mehr Direktverbindungen zwischen Berlin und New York anzubieten.    Norman Hanert


MELDUNGEN

Immer weniger Briefverkehr

Brüssel/Berlin – Einem Bericht der EU-Kommission zufolge ist die Zahl der in der EU verschickten Briefsendungen von 107,6 Milliarden im Jahr 2008 auf 85,5 Milliarden 2013 zurückgegangen. Im Vergleich zu den Nachbarländern ist die Sendungsmenge nach Erkenntnissen der Bundesregierung noch „relativ stabil“. Das könne sich „perspektivisch“ aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung „deutlich verändern“. Die Bundesregierung prüft weiterhin eine Privatisierung ihrer Beteiligungen an der Deutschen Post AG und der Deutschen Telekom AG. An der Post hält der Bund über die KFW-Bankengruppe 21 Prozent der Aktien, an der Telekom noch 32 Prozent.       J.H.

 

Mindestlohn steigt erstmals

Berlin – Die Bundesregierung hat einen Anstieg des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland ab Januar 2017 von derzeit 8,50 Euro auf 8,84 Euro pro Stunde beschlossen. Die gilt für rund vier Millionen Arbeitsplätze. Es ist die erste Anpassung seit Einführung des bundesweiten Mindestlohnes 2015. Die Erhöhung erfolgt auf Empfehlung der Mindestlohnkommission, der Vertreter der Arbeitgeber und der Gewerkschaften sowie Wissenschaftler angehören.                J.H.


S. 8 Forum

Alle verlieren
von Eberhard Hamer

Alle Prognosen gehen von einer weiteren Massenzuwanderung nach Deutschland aus. Deren Treiber sind die internationale Großwirtschaft und ihre nationalen Konzerne, die Arbeitskräftefreiheit zum Lohndumping brauchen. Vor allem aber stehen internationale Organisationen hinter der Forderung, dass jeder Mensch in der Welt sich frei in den Ort mit der günstigsten Versorgung und des höchsten Lohns bewegen können müsse. Der Willkommensruf der Kanzlerin Merkel wurde demgemäß von den Soros-Stiftungen millionenfach auf alle iPhones und an alle Medien der Welt gesendet mit dem Versprechen: „Wer nach Deutschland kommt, bekommt mehr Geld, als er zu Hause verdient, Wohnung, Arbeit, Geld auch ohne Arbeit, Familiennachzug und Auto.“ Kein Wunder, wenn sich die Armen und Perspektivlosen der Welt aufmachen, dieses Sozialparadies zu erreichen.

Dass die Oberschicht Massenzuwanderung für sich als nützlich ansieht, war immer so. Dass aber nun auch die Vertreter der Unterschicht wie Gewerkschaften, linke Parteien und die Kirchen unbegrenzte Zuwanderung fordern, ist nicht verständlich, weil der Massenzuzug von Sozialgästen auch die Sozialkosten explodieren lässt, von denen die einheimischen Unterschichten bisher leben konnten, aber mit denen sie künftig nicht mehr auskommen werden. Der Mittelstand, der schon jetzt zu 80 Prozent mit seinen Steuern und Abgaben die Sozialleistungen finanzieren muss, wird zwar weiter ausgepresst werden, wird aber den Massenansturm auf unser Sozialsystem auf Dauer nicht mehr finanzieren können. Kurz: Mit Ausnahme der internationalen Oberschicht werden sowohl der deutsche Mittelstand als auch die Unterschicht mit den Zuwanderermassen teilen, viel teilen, sehr viel teilen und an Lebensstandard verlieren müssen, je nachdem, wie stark die Massen­immigration zugelassen wird.

Die Berliner Politik versucht den Eindruck zu erwecken, sie könnte durch Verwaltung der Zuwandermassen diese bewältigen. Dies wird schon mit der nächsten Welle scheitern. Eine echte Lösung des Problems der Immigrantenflut müsste anders ansetzen: 90 Prozent der Zuwanderer kommen nicht aus dem Krieg, sondern aus Lagern oder aus Armutsgebieten. Sie wollen Sicherheit und bessere Lebensbedingungen. Und die besten Sozialleistungen bietet eben Deutschland mit Begrüßungsgeld, Hartz-IV-Dauerbezahlung, Unterkunft, Familiennachzug, Dutzenden von Sonderleistungen bis hin zur Taxifahrt zum Arzt. Würden wir also unser üppigstes Sozialangebot der Welt absenken, den Zuwanderern kein Geld, sondern nur noch Unterkunft, Verpflegung und Sicherheit bieten, auch keinen Familiennachzug mehr genehmigen, so wäre es nicht mehr attraktiv, nach Deutschland zu gehen, und so würden die Zuwandererwellen abebben. Nur durch Reduzierung unseres Sozialangebots können wir unattraktiver für Zuwanderer werden. Nur so kann die Massenimmigration an der Wurzel bekämpft werden, ohne dass man die Grenzen sichern oder dem Türkensultan höhere Tribute zahlen muss.


Fabeln zählen mehr als Fakten
von Bodo Bost

Ausgerechnet die weltweit für das Kulturerbe zuständige Unesco hat am 13. Oktober eine von mehreren arabischen Ländern eingereichte Resolution zum Schutz palästinensischen Kulturguts, die jeglicher historischer Kompetenz Hohn spricht, mit einer Mehrheit von 24 zu sechs Stimmen gebilligt. Der Text zum Thema „besetztes Palästina“ ignoriert jede jüdische Beziehung zum Tempelberg – jenem Hügel in Jerusalem, der Israelis und Palästinensern heilig ist und der den größten Zankapfel im Konflikt beider Völker darstellt. Statt sich als neutrales Organ zu etablieren, ergriff die Unesco einmal mehr Partei im Nahostkonflikt und machte so diesen Konflikt nur noch schwerer lösbar. Wer Israel und den Juden eine Verbindung zum Tempelberg und der Klagemauer abspricht, der hat vermutlich auch von Jesus noch nie etwas gehört. Nur so ist es zu erklären, dass sich unter den Staaten, die diesen Text verabschiedeten, eine große Zahl mehrheitlich großer christlicher Länder wie Brasilien, Mexiko oder Russland befanden. Andere „christliche“ Länder wie Frankreich und Griechenland haben sich enthalten. Nur Estland, Deutschland, Litauen, die Niederlande, Großbritannien und die USA stimmten dagegen.

Der Text verschweigt, dass hier schon drei jüdische Tempel standen, bevor Christen und Muslime in Palästina auftauchten.

Der muslimische Anspruch auf Jerusalem ist dagegen keineswegs im Koran belegt, sondern lediglich im Hadith, der die mündliche Überlieferung sammelt, die auf den Propheten Mohammed zurückgehen soll, allerdings erst einige Jahrhunderte nach dessen Tod gesammelt wurde. Danach soll Mohammed, wohl im Traum, auf dem Fabelwesen al-Burak in einer Nacht von Mekka nach Jerusalem und wieder zurückgeritten sein. Deshalb sprechen Muslime nicht von der Klagemauer, sondern von der Burak-Mauer, weil Mohammed an dieser Mauer sein Fabelwesen angebunden haben soll. Während Juden und auch Christen historisch belegbare Ereignisse als Grundlage der Bedeutung Jerusalems haben, begründen die Muslime die Bedeutung Jerusalems mit einer Legende. Im Islam ist der Übergang von Legende zu Geschichte ohnehin fließend. Viele Muslime behaupten heute auch, Abraham habe die Klagemauer errichtet und König Salomon sei wie Jesus ein rechtschaffener Muslim gewesen. In der arabischen Welt wird den Kindern bereits mit Hilfe von Unesco-finanzierten Lehrbüchern erzählt, dass auf dem Tempelberg bereits vor 3000 Jahren eine Moschee gestanden habe – 1600 Jahre vor der Geburt Mohammeds. Im Islam muss sich eben auch die Geschichte der Religion unterordnen.

Man kann den Israelis viel vorwerfen, aber erst seit Israel nach dem Sechstagekrieg 1967 die Kontrolle über die Jerusalemer Altstadt hat, steht Anhängern der drei Religionen der Zugang zu ihren heiligen Stätten grundsätzlich wieder offen, den sie unter arabisch- jordanischer Herrschaft von 1948 bis 1967 nicht hatten.


Gegenwind
Nur über Uncle Sams Leiche
von Florian Stumfall

Es dauerte fünf Jahre, bis Ahmed Gaddafi al-Dam, ein Cousin des 2011 umgebrachten libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi, öffentlich einen der Gründe dafür nannte, warum die Nato beschloss, Libyen zu zerstören. Was er sagte, war weniger überraschend als die Tatsache, dass er es sagte, denn wer an diesem Thema rührt, lebt gefährlich. Gaddafi al-Dam also bestätigte jetzt, dass die Absicht seines Cousins, in Afrika einen Gold-Dinar einzuführen und eine afrikanische Investitionsbank zu gründen, seinen Untergang maßgeblich mit herbeigeführt hat.

Natürlich kann von dieser Begründung für einen Krieg nur derjenige überrascht sein, der unter der üblichen Parole von der Verbreitung und Verteidigung von „Demokratie und Menschenrechten“ etwas anderes versteht als die US-Strategie für die Welthegemonie. Wer genauer hinsieht, erinnert sich, dass auch der frühere Staatschef des Irak, Saddam Hussein, den Gold-Dinar einführen wollte. Es ist ihm ebenso schlecht bekommen wie Gaddafi, und auch der Irak liegt heute noch, ebenso wie Libyen, in Trümmern. Und um das Trio voll zu machen: Auch Baschaar al Assad, Präsident von Syrien, liebäugelte mit dem Gold-Dinar. Die Folgen sind bekannt.

Die USA dulden keinerlei Konkurrenz für ihr Finanz-System. Eine zweite internationale Investitionsbank? Eine zusätzliche Weltreserve-Währung? Ein Währungsfonds? Nur über Uncle Sams Leiche! Denn der US-Dollar ist das empfindlichste und spekulativste Finanzprodukt des Globus. Es gibt die 15-fache Menge an US-Dollars als das Weltvermögen darstellt. Ein Windhauch kann dieses Konstrukt umblasen, ein solider Wettbewerb würde es pulverisieren. Daher ist einer der Gründe für die Feindschaft der USA gegenüber Russland und China die Tatsache, dass die beiden den chinesischen Yuan zur Konkurrenz für den US-Dollar aufbauen. Doch zu einem Krieg haben sich die USA anders als gegenüber den viel kleineren arabischen Ländern noch nicht hinreißen lassen. Noch nicht.

Zu Gaddafis Absicht kam ein Zweites, nämlich, dass man ihm die Fähigkeit zutrauen durfte, diese Absicht auch durchzusetzen. Im Jahr 2002 wurde in Lusaka, der sambischen Hauptstadt, die Afrikanische Union gegründet, als Nachfolgeorganisation der OAU, der Organisation für Afrikanische Einheit, die nie merklich wirksam geworden war. Initiator dieser Gründung war Muammar al Gaddafi, ohne ihn hätte es diese Einrichtung nie gegeben. Sie orientierte sich weitgehend an der Struktur der Europäischen Union. Unter ihren Einrichtungen gab es jene drei relevanten Finanzinstitutionen: die Afrikanische Zentralbank, den Afrikanischen Währungsfonds und die Afrikanische Investmentbank. Wie bereits aus der Namensgebung erkennbar ist, verstehen sich diese Einrichtungen als Äquivalente der entsprechenden Institutionen Internationaler Währungsfonds, Weltbank und Internationale Investmentbank. Das heißt: die Afrikaner und in erster Linie Gaddafi, denn ohne ihn lief gar nichts, wollten sich selbstständig machen und unabhängig von den bestimmenden Kräften des Welt-Finanzsystems sein.

Dieses zielbewusste Vorgehen widerspricht völlig dem Bild, das man sich im Westen von Gaddafi gemacht hatte, das eines manischen, narzisstischen Halbidioten, den man nicht ernst nehmen müsse. Doch auch Gaddafis Bilanz als Regierungschef seines Landes belegt, dass es sich bei diesem Vorurteil um einen Irrtum handelte. Gaddafis Libyen war das Land auf dem afrikanischen Kontinent, das am besten regiert wurde, zumindest seit der Regierungsübernahme des ANC in Südafrika. Libyen hatte mit 14400 US-Dollar das höchste Pro-Kopf-Einkommen in Afrika. In der Regierungszeit Gaddafis stieg die Alphabetisierungsrate von 20 auf 88 Prozent, die höchste in Afrika. Es gab eine kostenlose Gesundheitsfürsorge, es wurden in Notfällen sogar Behandlungen im Ausland finanziert. Bildung war kostenlos, auch Auslandsstudien. Auf 800000 Einwohner kam eine Universität, das ist dieselbe Quote wie in Deutschland. Wer ein Unternehmen gründete, bekam 20000 US-Dollar Starthilfe, bei einer Heirat gab es 50000 US-Dollar für ein Eigenheim. Wer einen landwirtschaftlichen Betrieb aufbaute, erhielt  Land, Maschinen und Saatgut gratis. Das alles ist zerstört durch Nato-Bomben, Kollateral-Schäden beim Kampf für den US-Dollar. Das Land lebt in Not und Gewalt, die Karawane ist inzwischen weitergezogen nach Syrien.

Neben der Sorge um das Welt-Finanz-Monopol gab es noch weitere Gründe für den Krieg gegen Libyen. Wie so oft in Afrika, ist einer von ihnen ein natürlicher Reichtum – nicht der an Öl, durch den war Gaddafis Entwicklung seines Landes möglich geworden. Aus der zweiten Quelle floss Wasser, Wasser aus der Sahara, Tiefenwasser in unvorstellbarem Umfang, so viel, dass man ganz Deutschland tausend Meter tief darin versenken könnte. Dieses Wasser berührte vor allem die libysch-französischen Beziehungen. Diese waren damals durch zweierlei gekennzeichnet: Zum einen hatte Gaddafi dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy 40 Millionen Dollar für dessen Wahlkampf geliehen, die dieser ungern zurückgezahlt hätte, zum anderen war im Jahre 2007 der Bau eines französischen Kernkraftwerkes in Libyen vereinbart worden, dies im Rahmen des Planes, innerhalb der kommenden 20 Jahre in der ganzen Mittelmeer-Union 400 Kernkraftwerke zu bauen. Mit Hilfe dieser Kraftwerke sollte Energie vor allem zur Meerwasser-Entsalzung gewonnen werden. Da aber das libysche Süßwasser-Projekt nun so weit fortgeschritten war, dass man in Tripolis auf die Entsalzung verzichten konnte, drohte den französischen KKW-Bauern ein Ausfall in dreistelliger Milliardenhöhe.

Des Weiteren: Das Sahara-Wasser hatte Libyen von landwirtschaftlichen Einfuhren unabhängig gemacht und Gaddafi wollte diesen Segen zunächst mit seinen Nachbarländern Ägypten und Tschad teilen; die Vorbereitungen waren schon angelaufen. Natürlich war das eine Sache, die Landwirtschafts-Giganten wie Monsanto nicht unberührt lassen konnte. So trafen auch die ersten Maverick-Raketen der Nato-Jagdbomber nicht etwa libysche militärische Einrichtungen, sondern die Pumpstationen und Leitungsrohre für das Wasser aus dem Süden, vor allem aus der Oase Kufra.

Insgesamt handelt es sich bei dem Wasser-Reservoir in der Sahara um ein Kapitalvolumen von bis zu 50 Billionen Dollar. Hätte Gaddafi sein Vorhaben zu Ende führen können, wäre dies zulasten der drei französischen Konzerne im Wasser-Geschäft, Saur, Veolia und Suez-Ondeo, gegangen, die in dem Geschäft weltweit führend sind. Sie beherrschen 40 Prozent des internationalen Wasserhandels, und da dieser an Bedeutung gewaltig zunimmt, durfte es hier keinen Einbruch geben. Es ist schon aus geringeren Gründen Krieg geführt worden.

Von Gaddafi ist in seinem Land eine wehmütige Erinnerung geblieben, Europa hat er ebenfalls ein Vermächtnis hinterlassen. Kurz vor dem Ausbruch des Krieges, der Libyen vertilgen sollte, wandte sich Gaddafi an die Schuldigen: „Hört zu, Völker der Nato! Ihr bombardiert eine Mauer, die den Weg der afrikanischen Migration nach Europa und den Weg der Terroristen von al-Kaida versperrt hat. Diese Mauer war Libyen. Ihr Idioten reißt sie nieder ...“


S. 9 Kultur

Das ist die Harzer Luft, Luft, Luft
Berlin war für den vor 150 Jahren geborenen Paul Lincke ein gutes Klima – Besseres fand er weiter westlich

Mit „Das ist die Berliner Luft, Luft, Luft“ schuf Paul Lincke die Berlin-Hymne schlechthin. Den vor 150 Jahren in Preußens Hauptstadt geborenen Operettenkönig reklamieren aber die Menschen im Harz für sich.

Mitte der 1950er Jahre sorgten zwei Ortspolizisten für eine bizarre Szene auf dem Bergfriedhof von Hahnenklee im Harz. Sie hielten Wache am Grab vom Paul Lincke, damit seine sterblichen Überreste nicht entführt werden. Seine frühere Haushälterin setzte als Miterbin alles daran, damit der Komponist endlich in seine Heimat Berlin überführt wird. Doch die Harzer blieben stur: Den geben wir nicht mehr her. Was aber hatte Lincke eigentlich im Harz zu suchen gehabt?

Es war die Harzer Luft, Luft, Luft, die den „Berliner Luft“-Komponisten in seinen letzten zwei Lebensmonaten in den Harz ge­lockt hatte, die ihm aber offenbar zum Verhängnis wurde. Denn der fast 80 Jahre alte Mann, der noch voller Tatendrang war und an einer neuen Operette arbeitete, starb am 3. September 1946 im Clausthal-Zellerfelder Krankenhaus ausgerechnet an einer Lungenentzündung. Als er auf dem Hahnenkleer Friedhof beigesetzt wurde, ließ der englische Besatzungskommandant die Flaggen auf Halbmast setzen. Der Berliner Operettenkönig war längst auch bei den Kriegsgegnern geachtet.

Mit schmissigen Gassenhauern wie „Hinterm Ofen sitzt ’ne Maus“, „Schenk’ mir doch ein kleines bisschen Liebe“, „Schlösser, die im Monde liegen“ oder dem „Glühwürmchen-Idyll“ war Lincke für Berlin das, was Walzerkönig Johann Strauß für Wien war: ein musikalisches Aushängeschild der Stadt. „Papa Lincke“ nannten ihn die Gassenjungs liebevoll, die seine Ohrwürmer auf den Straßen sangen.

Der am 7. November 1866 geborene Urberliner erbte das Talent des Geigenspiels von seinem früh verstorbenen Vater, der als Magistratsdiener gelegentlich in Ka­pellen aushalf. Geprägt von den Märschen der Berliner Militärkapellen wollte Lincke eigentlich Militärmusiker werden, wurde wegen „Schmalbrüstigkeit“ aber abgelehnt. So kam er ans Theater, spielte in Tanzkapellen und dirigierte sogar in Paris am berühmten Théâtre Folies Bergères, wo ihm eine eifersüchtige Frau mitten im Konzert eine schallende Ohrfeige verabreichte.

Seine eigentliche musikalische Heimat aber war Berlin, und hier besonders das Apollo-Theater, in dem er 1899 seine berühmteste Operette „Frau Luna“ aufführte, in der 1904 auch die Stadthymne „Berliner Luft“ eingeführt wurde. Wenn er nicht gerade in seinem Stammcafé Skat kloppte, schrieb er bis zum Ersten Weltkrieg eine Erfolgsoperette nach der anderen. Danach kam ein Bruch in seinem Schaffen. Die 20er und 30er Jahre waren nicht seine Zeit. Mit Foxtrott, Tango und NS-Marschrhythmen tat er sich schwer.

Im Zweiten Weltkrieg wurde sein Haus in der Oranienburger Straße ausgebombt. Zu dem Zeitpunkt weilte er zu seinem Glück als Gastdirigent in Marienbad. Da er nicht mehr in seine Wohnung zurück­konnte, zog er in das oberfränkische Arzberg. Und weil ihm nach dem Krieg die Alliierten eine Zuzugsgenehmigung nach Berlin verweigerten, zog er am 1. Juli 1946 des Klimas wegen in den Harz, wo er sich prompt eine Lungenentzündung zuzog.

Als man ihn mit dem Versprechen auf „hübsche Krankenschwestern“ in den Krankenwagen nach Clausthal-Zellerfeld lockte, zündete er sich eine Zigarette an, die er mit folgenden Worten kommentierte: „Na, wenn’s schon sein muss – mit ’nem bissken Dampf jeht’s besser.“ Es war wohl sein Todesurteil.

Das letzte Domizil von Lincke lag am Dorfausgang des zwischen Clausthal-Zellerfeld und Goslar gelegenen Wintersportorts Hahnenklee direkt an einem Wanderweg zum Hochwald mit Blick auf den Bocksberg. Lange war es ein Geheimtipp, denn sein späterer Besitzer, ein Hannoveraner Unternehmer, hatte hier eine Hausbar eingerichtet. Umgeben von zahllosen, liebevoll dekorierten Lincke-Memorabilien und der Galerie der Träger des Paul-Lincke Ringes, kredenzte er hier seinen Gästen immer freitagabends hausgemachte Spirituosen. Heute befindet sich in dem Haus die „Paul Lincke Residenz“, die traditionelle Apartments im Landhausstil anbietet. Und der „Paul Lincke Treff“ lädt nicht nur die Pensionsgäste zum Verweilen im besonderen Kneipen-Ambiente ein. Am 5. No­vember findet darüber hinaus ein großer Paul-Lincke-Ball im Kurhaus Hahnenklee statt.

Ein Freundeskreis im Harz hält seit 1955 das Andenken des Komponisten mit einem „Paul-Lincke-Ring“ aufrecht. Neben den Ostpreußen Lotar Olias und René Kollo erhielten den Ring auch Udo Jürgens, Peter Maffay oder Udo Lindenberg. In diesem Jahr ging er an den Musikclown Helge Schneider.              H. Tews/J. Heitmann


West-östliche Nervensäge
Wolf Biermann meldet sich zum 80. zurück – in Wort, Bild und Ton

Falls Wolf Biermann etwas gelernt hat im Westen, dann das virtuose Spiel auf der Klaviatur der Selbstvermarktung. Kurz vor seinem 80. Geburtstag am 15. November häufen sich In­terviews und Konzerte, auf der Frankfurter Buchmesse hat er seine Autobiografie „Warte nicht auf bessre Zeiten“ beworben, von der ein Kritiker meinte, sie könne auch gut „Ich, ich, ich“ heißen.

Wenn man ihn lässt, spielt der selbsternannte Drachentöter ger­ne mal die Nervensäge. Das war in der DDR so, und das ist im Westen so geblieben. 2014 im Deutschen Bundestag, bei der Feierstunde zum 25. Jubiläum des Mauerfalls, ist Biermann zum Singen ge­laden. Macht er auch, aber zunächst einmal holt er weit aus, ignoriert den Ordnungsruf von Parlamentspräsident Nobert Lammert und liest der Linksfraktion die Leviten: „Ihr seid nicht links, ihr seid reaktionär, der elende Rest von dem, was gottlob überwunden ist.“

Wenn ein Künstler für ein Leben in zwei Welten steht, dann dieser körperlich kleine und untersetzte Mann mit dem grau gewordenen Schnauzbart, der einst antrat, das Vermächtnis seines von den Nazis in Au­schwitz ermordeten Vaters zu wahren. Geboren in Hamburg, wechselte der Liedermacher mit 16 Jahren in die DDR, war zunächst ein Verfechter der roten Diktatur, dann deren schärfster Kritiker. Ein Kernsatz seiner markigen Prosa: „Den Kommunismus soff ich mit der Muttermilch. Karls Marxens Utopie war mein Vaterblut. Und das bewährte sich als mein Lebenselixier im Streit mit der DDR-Diktatur. Meine Waffen in diesem Streit waren Bleistift und Weissgerber-Gitarre.“

Wenn einer die Rachsucht der sogenannten demokratischen Re­publik erlebt hat, dann er. Margot Honecker warnte ihn bei einem Besuch: „Wenn du weiter den falschen Weg gehst, werden wir Feinde.“ Sie wurden Feinde.  „Sozialismus schön und gut, aber was man uns hier aufsetzt, ist der falsche Hut“, sang die Nervensäge und erhielt 1965 prompt Auftrittsverbot – die Stasi-Akten über ihn füllen 50 Ordner. Aber ein Biermann ließ sich den Mund auch mit Maulkorb nicht verbieten: In seiner Wohnung in der Berliner Chausseestraße gab er Hauskonzerte, empfing prominente Besucher wie Joan Baez. Platten und Texte veröffentlichte er im Westen. 1976 dann sein erstes Konzert in Freiheit, in Köln – eine Falle. Er durfte nicht zurück. Aber ausgerechnet seine Ausbürgerung machte Biermann zum Helden. Zahlreiche DDR-Prominente von Christa Wolf bis Armin Müller-Stahl und Manfred Krug (siehe S. 24) unterschrieben einen Protestbrief, der Aufstand der Intelligenzia gilt bis heute als Anfang vom Ende der DDR.

Die Zeit ist längst über den wieder in seiner Geburtsstadt le­benden Klassenkämpfer hinweggegangen, heute ist er selbst Geschichte. Die ARD würdigt ihn mit einem Porträt („Der Fall Biermann – mit der Gitarre gegen die Staatsmacht“, 7.11., 23.30 Uhr). Geradezu prophetisch darin das verblüffte Fazit des kurz vor seinem 40. Geburtstag abgeschobenen Liedermachers: „Ich habe nicht geahnt, dass die sich so fürchten müssen. Nicht vor mir, sondern vor ihrem eigenen Volk.“     Anne Martin


Geistige Stickarbeit
Peter Handke privat – Doku über den Autor

Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr als ein Stickgarn. Diesen Eindruck hat man, wenn Peter Handke sein Stickzeug in die Hand nimmt. Mit Engelsgeduld fädelt der Schriftsteller ein Stickgarn ein, befeuchtet es, setzt neu an, bis es wieder zerfranst und kürzt es so lange, bis am Ende nur ein kurzes Stück an der Nadel hängt, das gerade einmal für zwei, drei Stiche reicht.

Ja, Handke, dieser vergeistigte Mensch, der frühere Rebell in der Autoren-Gruppe 47 der 60er Jah­re, der Schöpfer solch provokativer Dramen wie „Publikumsbeschimpfung“ und poetischer Prosawerke wie „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“ oder „Wunschloses Unglück“ – Handke stickt. Corinna Belz’ Dokumentation „Peter Handke – Bin im Wald. Kann sein, daß ich mich verspäte“, die am 10. November in die Kinos kommt, findet einen verblüffenden Zugang zur Geisteswelt dieses Autors: Sie zeigt den Elfenbeinturmbewohner, der noch nie vor einem Computer saß, bei seinen Hobbys in seinem Haus nahe Paris. Mit Hand- und skurrilen Gartenarbeiten – mit Strandmuscheln legt er sich seinen privaten Pilgerweg im Garten – lenkt er sich von der Schriftstellerei ab.

Ein bemerkenswertes Autorenporträt ist dabei entstanden, das in der Stille des Hauses Handkes Wortrhythmus nachempfindet. Die Regisseurin entlockt dem um jedes Wort ringenden Handke dabei auch Beichten zu heiklen Themen wie dem Selbstmord seiner Mutter oder zu seiner umstrittenen Einmischung während des Jugoslawienkrieges, als er „Ge­rechtigkeit für Serbien“ forderte.

Der Film kommt dem stillen Wesen Handkes sehr nahe. Wer sich auf den ruhigen, poetischen Ton einlässt, wird Vergnügen an dieser dokumentarischen Stickarbeit finden.        H. Tews


»Widerstand« in neuer Fassung

Obwohl er vor 100 Jahren, am 8. November 1916, in Nowawes, einem heute zum Stadtteil Babelsberg gehörenden Ort, ge­boren wurde, behauptete Peter Weiss stets von sich: „Ich war nie ein Deutscher.“ Dabei schrieb er seine Erfolgswerke wie das Drama „Die Verfolgung und Er­mordung Jean Paul Marats“, das Auschwitz-Oratorium „Die Er­mittlung“ oder die Erzählung „Ab­schied von den Eltern“ auf Deutsch. Die Emigration ab 1934 führte ihn aber bis nach Schweden. Dort entstand von 1971 bis 1981 – auf Deutsch – sein Hauptwerk „Die Ästhetik des Widerstands“. Der 1000-seitige Roman­essay erschien zunächst im We­sten bei Suhrkamp und kurz da­nach in der DDR in einer textlich abweichenden Ausgabe mit vielen Änderungen, die Weiss kurz vor seinem Herztod 1982 in Stock­holm vorgenommen hatte. Nun hat der Philologe Jürgen Schutte eine „definitive Fassung“ erstellt: Sie präsentiert den Text nach den Vorgaben von Weiss und ist Ende Oktober bei Suhrkamp erschienen. Die Ausgabe mit jetzt 1199 Seiten kostet 38 Euro.     tws


MELDUNGEN

Freifahrt-Ticket im Bahnhof

Berlin − Am 5. und 6. November feiert der Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart Berlin – sein 20-jähriges Bestehen mit einem eintrittsfreien Wochenende. Geboten wird ein umfangreiches Ausstellungs- und Vermittlungsprogramm, zusätzlich wird es bis zum 3. Dezember von Konzert- und Vortragsveranstaltungen ge­rahmt. Am Jubiläumswochen­ende sind am Hamburger Bahnhof sechs Ausstellungen zu sehen, darunter Gemälde des Kopfs der expressionistischen Künstlergruppe „Brücke“, Ernst Ludwig Kirchner, sowie „Musikwerke Bildender Künstler“, die ein ungewöhnliches Hörerlebnis versprechen. www.smb.museum/hbf tws

 

In Heidelberg verloren

Mannheim − Das weltweit siebtälteste Filmfest, das vom 10. bis 20. November stattfindende Internationale Filmfestival Mannheim-Heidelberg (IFFMH), feiert sein 65-jähriges Bestehen. Michael Kötz, der parallel dazu sein 25. Ju­biläum als Festivaldirektor feiert, präsentiert 30 Filmwerke von Regie-Neulingen, ergänzt von elf neuen Werken von noch wenig bekannten Independent-Filmern sowie acht Produktionen, die im Kinderfilmprogramm laufen. Die Vorführungen finden in Mannheim im Stadthaus mit zwei Kinosälen und im Kino Atlantis statt. In Heidelberg ist das IFFMH seit 2015 in der „Mark Twain Village“ in der Südstadt angesiedelt, ebenfalls mit zwei Kinosälen. Dort läuft auch der Eröffnungsfilm „Lost in Armenia“. Das vollständige Programm findet sich im Internet unter: www.iffmh.de tws


S. 10 Geschichte & Preussen

Ein merkwürdiger Tag, der nachdenklich macht
Obwohl der 9. November 1989 als wichtig gilt, sind wenige Details bekannt und viele Fragen offen

Die weitaus meisten Deutschen erachten den 9. November 1989, an dem die Berliner Mauer fiel, als das wichtigste Datum für die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten. Trotzdem erhält man bei Fragen nach näheren Einzelheiten dieses 9. November heute kaum inhaltsreiche Antworten.

An jenem Tag schrieb Egon Bahr in der „Bild“-Zeitung mit der ihm eigenen Vorstellungswelt groß: „Wiedervereinigung ist kein Thema!“ Zur gleichen Zeit war in der Züricher „Weltwoche“ zu lesen: „Die Wiedervereinigung wird kommen. Es ist töricht, davor die Augen zu schließen.“ Am frühen Morgen hatte der SPD-Innensenator West-Berlins, Erich Pätzold, im Bundeskanzleramt angefragt, was angesichts der Reise des Bundeskanzlers nach Warschau geschehen sollte bei etwaigen Ereignissen an der Mauer. Die Antwort aus dem nicht nur geografisch fernen Bonn war ein dröhnendes Gelächter.

Am gleichen Abend verkündete dann das ZK-Mitglied Günter Schabowski auf seiner Pressekonferenz in Ost-Berlin das neue DDR-Reisegesetz. Die berühmt gewordene Frage nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens kam um 16.53 Uhr von dem italienischen Journalisten Ricardo Ehrmann, dem viele Berufskollegen Derartiges nicht zugetraut hatten. Erst 2009 gab er zu, diese Frage sei ihm von Günter Pötschke zugesteckt worden. Mit seinem langen Schweigen habe er den Generaldirektor des Allgemeinen Deutschen Nachrichtendienstes (ADN) von 1977 bis 1989 und das Mitglied des Zentralkomitees (ZK) der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) decken wollen. Das indes kann nicht der Wahrheit entsprechen, denn Pötschke starb bereits im September 2006. Handelte Pötschke aus eigener Initiative oder hatte er Hintermänner? Und welche Absicht stand hinter der Frage? Als Leiter des ADN hatte er nicht nur zu östlichen Nachrichtendiensten Kontakte, sondern auch zu westlichen. Die Suche nach dem eigentlichen Veranlasser jener Frage ist bis zum heutigen Tage ohne Antwort geblieben, seltsamerweise auch niemals näher untersucht worden.

Als an jenem Abend die westdeutschen Medien ab 20.01 Uhr die Topmeldung verbreiteten, „DDR öffnet Grenzen“, stellte diese letztlich eine Falschmeldung dar. Wenn auch in seinen Formulierungen gut versteckt, so hatte Schabowski doch als Voraussetzung jener Reisemöglichkeit sehr wohl bestimmte Formalitäten erwähnt. Das aber wurde von fast allen Journalisten überhört. Die Folge dieses Missverständnisses war das Ende des „antifaschistischen Schutzwalls“. Laut einem DDR-Spezialisten war es ausgerechnet die West-Berliner Polizei, die auf ihrer Seite anfangs „auf Räumung drängte und die Ordnung wiederherstellen“ wollte.

Als Bundeskanzler Helmut Kohl am gleichen Tage mittags in Warschau eintraf, rief ihm der Solidarnosc-Anführer Lech Walesa lachend entgegen, die Berliner Mauer werde „in spätestens zwei Wochen nicht mehr stehen“. Erstaunlicherweise nahmen der deutsche Regierungschef und seine Begleitung dies ohne sichtbare Regung entgegen. Nach dem Mittagessen fragte Walesa daraufhin den Gast erneut: „Herr Bundeskanzler, sind Sie bereit für den Fall der Mauer?“ Trotz aller Prognosen des Bundesnachrichtendienstes (BND) über die Situation in der DDR erwiderte Kohl in seiner Art des Besser-Wissens: „Das wird nicht passieren!“ Selbst um 21 Uhr wollte er immer noch nicht an das Geschehene glauben. Über Wolfgang Schäuble wusste unlängst unser Fernsehen zu berichten, er habe in seinem Nicht-Wissen (-Wollen?) gemahnt, den Alkoholgenuss im Bonner Bundeskanzleramt einzuschränken. Ob es Zufall ist, dass all dieses in sämtlichen Veröffentlichungen von und über den damaligen Bundeskanzler verschwiegen wird?

Im Bundestag am Rhein leitete Annemarie Renger als amtierende Parlamentspräsidenten die Plenarsitzung, als der Fall der Mauer bekannt wurde. Ihr Buch schildert den ausbrechenden Jubel, einige Abgeordnete stimmten das Deutschlandlied an, „zögerlich fielen die anderen Stimmen ein“. Nach ihren Worten dachte sie, auch die Mitglieder der SPD-Fraktion hätten wie sie das Bedürfnis, diesen Tag „gemeinsam zu begehen, sich gemeinsam zu freuen, gemeinsam dankbar zu sein“. Indes, und der Leser verspürt den verbitterten Unterton: „Nichts dergleichen geschah.“

Es war ein sehr merkwürdiger Tag, der recht nachdenklich macht.

                Friedrich-Wilhelm Schlomann


Preußen trifft Byzanz
Die Heilandskirche in Sacrow und die Friedenskirche in Potsdam atmen den Geist des »Romantikers auf dem Thron«

Preußens sechster König, Fried­rich Wilhelm IV., gilt als der Romantiker auf dem Thron. Schon als Jüngling schwärmte er von Italien und verlor sich in Träumen von römischen Brunnen, flo­rentinischen Gärten und venezianischen Palazzi. Nach seiner Thronbesteigung nutzte er die Möglichkeit, als Bauherr seine Träume zumindest partiell umzusetzen.

Denkt man bei den preußischen Hohenzollernkönigen an Väter und Söhne, fallen einem zuerst einmal Kontraste und Konflikte ein. Es scheint sich wie ein roter Faden durch die Geschichte des Geschlechts zu ziehen, dass Vater und Söhne im Gegensatz zueinander standen. Man denke nur an das Verhältnis zwischen Fried­rich I. und Fried­rich Wil­helm II, zwischen dem Soldatenkönig und Fried­rich dem Großen, zwischen Wilhelm I. und Fried­rich III. oder zwischen dem 99-Tage Kaiser und Wilhelm II.

Auch das Verhältnis zwischen Fried­rich Wilhelm III. und seinem ältesten Sohn und direkten Nachfolger war nicht frei von Kontrasten und Konflikten. Der Ehemann Königin Luises war nüchtern und pragmatisch. Höhenflüge und die, die sie unternahmen, waren ihm suspekt, und die berühmte Doppelstatue seiner Frau und ihrer schönen Schwester verbannte er mit dem Urteil „mir fatal“ in eine dunk­le Ecke. Der Sohn dagegen war ein Romantiker. Schon als Jüngling schwärmte er von Italien und verlor sich in Träumen von römischen Brunnen, florentinischen Gärten und venezianischen Palazzi, aber er musste erst König werden, bevor er auf Wolfgang von Goethes Spuren wandeln und die blühenden Zitronen betrachten durfte.

Allerdings einte fast alle Hohenzoller das Bedürfnis, sich künstlerisch-kreativ auszudrücken. Während der Soldatenkönig malte, Fried­rich der Große komponierte und dichtete, Fried­rich Wilhelm II. Cello spielte und Fried­rich Wilhelm III. Militärmärsche komponierte, zeichnete Fried­rich Wilhelm IV. Das königliche Hobby Bauen teilten die Hohenzollern mit anderen Geschlechtern, doch während andere prachtvolle Schlösser erschufen, baute der Soldatenkönig Kasernen und Garnisonsstädte wie zum Beispiel Königs Wusterhausen, Fried­rich Wilhelm II. einen Freizeitpark auf der Pfaueninsel und Familienmensch Fried­rich Wilhelm III. aus Sehnsucht nach seiner Lieblingstochter, die nach Russland geheiratet hatte, in Potsdam ein russisches Dorf samt Kirche. Mit dieser dem russischen Nationalheiligen Alexander Newskij gewidmeten Kirche führte Karl-Fried­rich von Schinkel vor, dass man traditionell russische Elemente wie Zwiebeltürmchen, Russisch-byzantinisches wie Zierfriese und Halbkreisfenster sowie Preußisch-klassizistisches wie eine Kuppel und Apsis sehr gelungen vereinigen kann. Innen ist die Newskij-Kirche – darin ihrem pragmatischen Bauherrn entsprechend – für die Bedürfnisse einer russischen Gemeinde eingerichtet und wird auch heute noch als solche genutzt.

Die beiden Kirchen, die sein Sohn und Nachfolger bauen ließ, entsprechen dem „Romantiker auf dem Thron“ und entlocken einem bei der Besichtigung unweigerlich ein Lächeln. Die Heilandskirche in Sacrow und die Friedenskirche in Potsdam bringen italienische Leichtigkeit und Charme nach Preußen. Oder ist das der byzantinische Einfluss? Oder macht es gar die Verbindung, aus der sich so etwas wie „preußische Romantik“ entwickelt hat?

Mit der Friedenskirche in Scarow schuf Fried­rich Wilhelm IV. einen Platz, wo sich trockener Protestantismus mit etwas rührend Verspieltem vereinigte. In diesem Bekenntnis zum Traum und – auch das fällt in Sacrow auf – in einer Form, die sich keinesfalls der Funktion beugt, liegt dann schon wieder etwas sehr Aufrechtes, Individuelles und auch wieder sehr Preußisches.

Fried­rich Wilhelms IV. Baumeister-Traum begann damit, dass er – er war da gerade König geworden – Gut Sacrow an der Havel kaufte. Dazu gehörten ein Dörfchen, ein recht bescheidenes Schloss und ein Minihafen, in dem eine Fähre und diverse Fischerboote anlegten. Der König fand, dass Scarow auch noch ein Gotteshaus brauche, suchte sich ein Ufergrundstück aus, ließ den Fährhafen verlegen und entwarf eigenhändig die Kirche.

An der Stelle sollte man sich das Lächeln verkneifen. Es mag für uns nach fürstlichem Dilettantismus klingen, doch die Architekten des Königs – darunter Kapazitäten wie der Schinkel-Schüler Fried­rich-August Stüler, Ludwig Perseus und Christian Daniel Rauch – nahmen ihren Landesherrn und seine architektonischen Ambitionen durchaus ernst. Und so baute Stüler nach dem Entwurf seines Königs die Kirche mit ihrem freistehenden, italienischen Glockenturm, dem wie ein Schiffsbug in den Fluss hineinragenden Schiff, dem Umgang mit den Säulen, der so völlig zweckfrei, aber eben romantisch ist, und der Fassade, in der sich lokaler Back­stein mit byzantinisch anmutenden, blauen Zierkacheln vereinigt. Was außen so exotisch daherkommt, ist innen eine relativ nüchterne, protestantische Kirche, die nicht nur von der Dorfgemeinde besucht wurde, sondern lange Jahre auch vom König.

Inzwischen erstrahlt sie im alten Glanz und wird wieder genutzt. Doch sie hatte einige sehr schlechte Jahre, und es sah sogar eine Zeitlang so aus, als ob sie dem Verfall geweiht wäre. Zuzeiten der deutschen Teilung lag sie nämlich zwischen dem Grenzzaun und der Havel, jahrelang unerreichbar.

Der Potsdamer Friedenskirche, ebenfalls auf einem Entwurf von Fried­rich Wilhelm IV. basierend und von Perseus und Stüler erbaut, sieht man die Verwandtschaft“ mit der Heilandskirche von weitem an. Sie wirkt wie eine Verbesserung des ersten Versuchs, wobei auch sie ans Wasser gebaut ist und der freistehende Turm wie der Säulenumgang beibehalten wurden. Aber während die Heilandskirche nur ein Schiff hat und dadurch etwas unproportioniert wirkt, ist die Friedenskirche dreischiffig. Dazu ist sie innen deutlich prächtiger als die Heilandskirche. Prachtvoll sind die byzantinischen Elemente, vor allem das prächtige Mosaik in der Apsis mit dem byzantinischen Motiv der Deësis (Fürbitte) mit Christus als Weltenherrscher auf Goldgrund.

Im Kontrast zur glänzenden Apsis steht das, was darunter liegt: die königliche Gruft. Zwei Marmortafeln vor den Stufen des Altarraums verdecken den Zugang, darunter ist der Raum, in dem Fried­rich Wilhelm IV. und seine Ehefrau Elisabeth Ludovika in einfachen Sarkophagen aus englischem Zinn beigesetzt sind.         Sibylle Luise Binder


S. 11 Geschichte & Preussen

Mit ihm ging es bei VW wieder aufwärts
Vor 20 Jahren starb Toni Schmücker, der Vorstandsvorsitzende des Volkswagenwerks von 1975 bis 1982

Toni Schmücker bewirkte nicht den revolutionären Wechsel bei VW vom luftgekühlten Boxermotor, der die Hinterräder antreibt, zu wassergekühltem Frontmotor und Frontantrieb; aber sein Name bleibt auf ewig untrennbar mit dem wirtschaftlichen Durchbruch und den ökonomischen Erfolgen dieser mutigen Tat verbunden.

Wenn das Auto auch in Deutschland erfunden wurde, so sind doch die USA das Mutterland der Massenmotorisierung. So war auch das US-amerikanische Fordwerk am Rouge River in Dearborn, Michigan das Vorbild für das Volkswagenwerk am Mittellandkanal in Wolfsburg. Für den Aufbau des Werkes wurden systematisch Deutschamerikaner zur Rückkehr in die alte Heimat angeworben. Da die USA sich nach dem Schwarzen Freitag in einer Wirtschaftskrise befanden, die erst im und durch den Zweiten Weltkrieg überwunden wurde, folgten nicht wenige dem Ruf nach Deutschland. Füße auf dem Schreibtisch gehörten denn auch bei VW eher zur Unternehmenskultur als bei anderen, weniger US-amerikanisch geprägten Betrieben Deutschlands.

Der legendäre VW-Nachkriegslenker Heinrich Nordhoff kam zwar nicht aus den USA, doch hatte er vor der Übernahme der Führung des Volkswagenwerkes bei General Motors und dessen deutscher Tochter Opel gearbeitet. Ähnlich verhielt es sich mit Nordhoffs vor 20 Jahren verstorbenem Nachnachnachfolger Toni Schmücker. Der am 23. April 1921 in Frechen bei Köln geborene Sohn eines Fließbandarbeiters bei den Fordwerken von Köln-Niehl machte nach der mittleren Reife von 1937 bis 1939 beim Arbeitgeber seines Vaters eine kaufmännische Lehre.

Es folgten Reichsarbeits- und Wehrdienst. In den Streitkräften brachte er es bis zum Oberleutnant und Brigadeadjutanten, dann geriet er in Kriegsgefangenschaft. Nach der Entlassung konnte er ab Anfang 1946 die Arbeit bei Ford in dem erlernten Beruf fortsetzen. 1950 wurde Schmücker Abteilungsleiter, 1956 Einkaufschef und 1961 schließlich Vorstandsmitglied. Erst leitete er das Ressort Materialwirtschaft, ab 1967 dann den Verkauf einschließlich Export und Ersatzteilgeschäft.

Schmücker wurde bereits als zukünftiger Vorstandschef gehandelt, doch 1968 verließ er Ford. Die einen sagen, ihm habe die Vorstellung missfallen, als Deutschland-Chef von Ford der Europazentrale in London zu unterstehen. Die anderen sagen, ihn hätte die Aussicht auf Versetzungen ins Ausland im weltweit tätigen US-Konzern abgeschreckt. Jedenfalls wechselte er am 1. März 1968 in den Vorstand der krisengeschüttelten Rheinischen Stahlwerke nach Essen. Dort war der vormalige Verkaufs­chef von Ford nun für den Absatz zuständig, bis er wenige Monate später, im August 1968, den Vorstandsvorsitz übernahm.

Zu den Leistungen Schmückers in diesem Amt wird gezählt, dass er das Unternehmen saniert hat, und das nicht zuletzt dadurch, dass sich unter seiner Ägide der einst breit gefächerte Mischkonzern auf das Kerngeschäft fokussiert hat. So zog sich das Unternehmen beispielsweise aus dem Nutzfahrzeugbau zurück. 1969 wurde diese Sparte des Konzerns in der hierfür gegründeten Hanomag-Henschel-Fahrzeugwerke GmbH zusammengefasst und dann bis 1970 schrittweise an Daimler-Benz abgetreten. In Schmückers Amtszeit wurde aber auch in Zukunftsmärkte expandiert wie beispielsweise die Aufzugstechnik. 1973 kam es dann zu einer einvernehmlichen Übernahme von Rheinstahl durch die August Thyssen-Hütte AG. 1974 trat Schmücker in den Vorstand des Mutterkonzerns ein. Vorstandsvorsitzender eines selbstständigen Unternehmens war Schmücker nun nicht mehr.

Mit dem in Essen erworbenen Ruf eines erfolgreichen Sanierers von Unternehmen in Strukturkrisen wechselte Schmücker im Januar 1975 zum krisengeschüttelten und rote Zahlen schreibenden Volkswagenwerk. Die damals noch für Volkswagen typische Kombination aus luftgekühltem Boxermotor im Heck und Heck­antrieb galt mittlerweile als veraltet, und das einstige Erfolgsmodell „Käfer“ wurde inzwischen mit Verlust verkauft.

Schmücker hatte das Glück, dass seine beiden Vorgänger, Kurt Lotz und Rudolf Leiding, bereits den Wechsel zu einer neuen Modellpalette mit wassergekühlten Frontmotoren und Frontantrieb, wie sie heute noch die VW-Modellpolitik kennzeichnen, eingeleitet hatten. 1973 war der „Passat“ vorgestellt worden, seit 1974 wurden der „Golf“ und der „Scirocco“ produziert, und seit dem Frühjahr 1975 wurde der „Polo“ gebaut.

Die Produktion der noch nach dem alten „Käfer“-Konzept arbeitenden Modelle war bis auf den „Bully“, den Kurierwagen für die Bundeswehr und den „Käfer“ selber bereits in den Vorjahren eingestellt worden. 1973 war das Ende für den VW 1600 (Typ 3) gekommen, 1974 folgten das Produktionsende des VW Karmann-Ghia (Typ 14), des VW 412 (Typ 4) und des Post-Fahrzeugs „Fridolin“ (Typ 147).

Schmücker blieb es vorbehalten, für den konservativeren Geschmack die Produktpalette um Stufenheck-Varianten zu erweitern. So kam zum „Polo“ 1977 der „Derby“, zum „Golf“ 1979 der „Jetta“ und zum „Passat“ 1981 der „Santana“.

Schon gleich nach der Übernahme des Vorstandsvorsitzes hatte Schmücker die Produktion des glücklosen VW K 70 eingestellt. Dieses noch von NSU entwickelte kastenförmige, kantige Fahrzeug hatte nicht nur mit dem VW 411/412, sondern auch mit dem gefälligen, erfolgreichen Audi 100 Konkurrenz aus dem eigenen Konzern. Mit dem Audi 100 war der Audi NSU Auto Union AG bereits 1968 der Vorstoß in die obere Mittelklasse gelungen. Hierauf baute Schmücker nun auf und entwickelte Audi zur Premiummarke im Konzern.

Ebenso beendete Schmücker schon kurz nach Amtsübernahme die Entwicklungsarbeiten an einem VW-Nachfolgemodell für den von 1969 bis 1976 in Koproduktion mit Porsche gebauten VW-Porsche. Die diesbezüglichen im VW-Auftrag von Porsche erstellten Pläne wurden an Porsche verkauft. So kam Porsche zu einem eigenen Einstiegsmodell unterhalb des 911er, das mit der Porsche-Tradition des luftgekühlten, im Heck platzierten Boxermotors brach. Zur Auslastung eigener Kapazitäten setzte Schmücker durch, dass dieser Porsche 924 in dem dem VW-Konzern gehörenden Werk in Neckarsulm und mit Komponenten aus dem VW-Konzern gefertigt wurde. Von daher ist es verständlich, dass am 924er manches eher an einen VW oder Audi als an einen Porsche erinnert.

Schmücker hatte nicht nur Glück mit seinen Vorgängern, die ihm eine innovative Produktpalette hinterließen. Auch die wirtschaftliche Lage kam ihm entgegen. Die Ölpreiskrise von 1973 wurde überwunden, die Weltwirtschaft erholte sich, der US-Dollar regenerierte sich, und die Nachfrage nach Autos zog an.

Schmücker hatte zudem den Vorteil, dass ihm mehr Glück oder Geschick beim Umgang mit der IG Metall vergönnt war, die bei dem staatsnahen Betrieb schon damals eine wichtige Rolle spielte. Schmückers Vorvorgänger Kurt Lotz hatte sich lange mit den Themen der Personalpolitik sowie der gewerkschaftlichen und politischen Mitbestimmung bei VW auseinandergesetzt, bis er 1971 schließlich zurückgetreten war, und Schmückers direkter Vorgänger Rudolf Leiding hatte mit seinen Planungen für den Bau einer Fabrik in den USA bei der deutschen VW-Arbeitnehmervertretung auf Granit gebissen, bevor er 1975 aus dem Unternehmen ausgeschieden war. Schmücker hingegen konnte die Gewerkschafter für seinen Plan einer „kontrollierten Schrumpfung“ gewinnen, der dann später eine „kontrollierte Expansion“ folgte. Auch gelang es ihm, den Bau des Werkes Westmoreland in den USA zur Fertigung des „Golf“ durchzusetzen. 1978 nahm es den Betrieb auf.

Überhaupt setzte Schmücker vermehrt auf das Ausland, um die anfängliche Absatzkrise im Inland zu kompensieren. In Brasilien wurde ein Nutzfahrzeugwerk übernommen, und die ersten Gespräche zur Öffnung Chinas für Gemeinschaftsprojekte (Joint Ventures) fallen bereits in seine Ära. 1977 lieferte VW im Rahmen eines Kompensationsgeschäftes 10000 „Golf“ in die DDR.

Ausgerechnet im Rekordjahr 1979, als der Umsatz des Konzerns auf 30,7 Milliarden D-Mark stieg, unternahm Schmücker seinen wohl größten unternehmerischen Fehler mit dem Erwerb des Bürogeräteherstellers „Triumph Werke Nürnberg AG“. Bis Ende 1981 kostete dieser Versuch, in die Büromaschinen- und Informationstechnik zu diversifizieren, den Konzern rund eine Milliarde D-Mark.

Geprägt ist Toni Schmückers Bild jedoch von dem Umstand, dass das bei seinem Amtsantritt arg kriselnde Unternehmen bereits kurze Zeit nach seiner Übernahme des Vorstandsvorsitzes wieder nachhaltig Gewinne machte. Bereits im August 1975, also noch im Jahre seiner Amtsübernahme, schrieb VW wieder schwarze Zahlen. Respektvoll war von „Toni, der Trickser“ die Rede, und das Magazin „Wirtschaftswoche“ kürte ihn im darauffolgenden Jahr zum „Manager des Jahres“.

So waren es denn auch keine äußeren Gründe, die Schmückers Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender beendeten, zumindest keine direkten. Im Juni 1981 erlitt der Spitzenmanager einen Herzinfarkt, der ihn Ende des Jahres zur Erklärung seines Rücktritts bewegte. Der Ex-Vorstandsvorsitzende blieb dem Unternehmen insofern fürs Erste erhalten, als er in den Aufsichtsrat wechselte, dem er noch rund ein halbes Dutzend Jahre angehörte. Neun Jahre nach dem Ausscheiden aus dem Aufsichtsrat, am 6. November 1996, starb das zeitweilige Vorstandsmitglied des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) und Präsidiumsmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Industrie in Bergisch Gladbach.           Manuel Ruoff


»Gentleman des weißen Sports«
Zu seiner Zeit galt der Tennisspieler Gottfried Freiherr von Cramm neben Max Schmeling als beliebtester Sportler Deutschlands

Gottfried Freiherr von Cramm war ein sehr guter Tennisspieler, ohne Frage. Aber Sportgeschichte schrieb der „ewige Zweite“ weniger durch Siege als durch die Schönheit seines Spiels und seinen vorbildlichen Umgang mit Niederlagen. Sein US-amerikanischer Sportskamerad Donald Budge sagte über den sogenannten Tennis-Baron: „Er spielte schönes, einfach beneidenswert schönes Tennis. Das war ihm wichtiger als der Sieg.“ Und Cramm meinte nach einer Finalniederlage in Wimbledon, er habe das beste Tennis seines Lebens gespielt und es sei ihm eine Freude, gegen einen Besseren zu verlieren.

Schon früh zeigte sich das Talent des am 7. Juli 1909 in Nettlingen in der preußischen Provinz geborenen Sohns eines Landedelmannes, früh wurde es gefördert und früh hatte er den Wunsch, Tennisprofi zu werden. Erst machte er jedoch standesgemäß Abitur und studierte Jura für eine Verwendung im diplomatischen Dienst. Das Studium brach er jedoch ab und machte das Tennis zu seinem Beruf. Als Ursache werden mal seine sportlichen Erfolge und mal die Nationalsozialisten genannt, in deren Drittem Reich ihm eine diplomatische Karriere verbaut gewesen sei.

Unbestritten ist, dass Cramm kein Parteigenosse war und ihm 1938 Devisenvergehen und eine homosexuelle Beziehung vorgeworfen wurden, für die er zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Aufgrund seiner guten Beziehungen wurde der Adelige und Sportsmann zwar nach sieben Monaten auf Bewährung entlassen, aber er galt nun nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland als vorbestraft. 1940 wurde Cramm zur Wehrmacht einberufen, hatte jedoch das Glück, schon kurz nach seiner im Januar 1942 erfolgten Versetzung an die Ostfront unehrenhaft entlassen zu werden, sodass ihm die Teilnahme an den Rückzugsgefechten erspart blieb.

Seine Distanz zum Nationalsozialismus, die während der NS-Zeit Cramms Karriere behindert hatte, förderte diese nach dem Kriege. So war er 1946 der erste deutsche Sportler, dem die britische Besatzungsmacht eine Auslandsreise erlaubte. Mit anderen begründete er 1948 den Deutschen Tennis Bund (DTB). 1951 kehrte der Finalverlierer von 1935, 1936 und 1937 endlich nach Wimbledon zurück. Das Publikum war ihm treu geblieben und begrüßte ihn stürmisch. Aber der mittlerweile 41-Jährige konnte bei seinem letzten Wimbledon-Auftritt nicht mehr an seine sportlichen Erfolge der Vorkriegszeit anknüpfen. 1957 trat er vom internationalen Sport zurück.

Der zeitweilige Ehemann der Woolworth-Erbin Barbara Hutton fiel jedoch nicht in ein Loch. Mit seinem weltweiten guten Ruf und seinen vielfältigen internationalen Kontakten bot sich ein Engagement im grenzüberschreitenden Handel an. Es begann 1951 mit dem Import von Baumwolle aus Ägypten. Dort fand er auch den Tod. Auf einer Geschäftsreise wurde dem „Gentleman des weißen Sports“ am 9. November 1976 zwischen Alexandria und Kairo ein Autounfall zum Verhängnis.       M.R.


S. 12 Leserforum

Leserforum

Bernstein ist gutes Brennmaterial

Zu: Gescheiterter Rettungsversuch (Nr. 41)

Nach einem Urlaub in Königsberg in diesem Monat könnte ich den vielen Spekulationen zum Thema Bernsteinzimmer noch eine weitere Variante hinzufügen: Wir besuchten das Fort 11 „Graf Dönhoff“. Dieses alte preußische Bauwerk aus dem Ende des 19. Jahrhunderts ist in bemerkenswert guter Erhaltung. Es scheint äußerlich auch im Zweiten Weltkrieg wenig abbekommen zu haben. Nachdem es bis vor kurzer Zeit der russischen Marine als Munitionsdepot gedient hatte, wird es nun von einem Verein als touristische Sehenswürdigkeit vermarktet. Bei der Führung durch die Kasematten wurde uns ein bemerkenswerter Raum gezeigt. Während alle übrigen Gewölbe im guten Zustand sind, ist hier der Backstein mit einer schwarzen Glasur überzogen. Der Raum erscheint wie eine schwarze Tropfsteinhöhle.

Die Fremdenführerin erklärte uns, Soldaten der Roten Armee wären so dumm gewesen, 1945 hier eine größere Menge deutscher Munition zu vernichten. Uns fielen hier einige auffällige Widersprüche auf:

Erstens ist bemerkenswert, dass die Vortragende bei der Schilderung des Vorganges mehrfach die Einfältigkeit der Rotarmisten in diesen Fall betont hatte. Das widerspricht schon einmal der sonst üblichen Heroisierung der eigenen Truppe. Und zum zweiten ist es das markante Schadensbild. Man muss kein Feuerwerker sein, um festzustellen, dass hier nicht übliche Munition verbrannt ist. Wären es Sprengstoffe gewesen, dann müsste eine Druckwelle mehr Schaden angerichtet haben. Und wäre es nur Treibladungspulver gewesen, dann hätte die nur kurzzeitig auftretende Hitze nicht ausgereicht, um den Backstein derart zu versintern. Hier muss über längere Zeit ein sehr heißes Feuer gebrannt haben, wie es zum Beispiel mehrere Tonnen Bernstein verursachen könnten.

Auch in Wikipedia findet sich ein Hinweis darauf, dass hier noch Teile des Bernsteinzimmers vermutet werden. Vielleicht gelingt es jemandem bei einem nächsten Besuch an diesem Ort, einige Steinstückchen für eine chemische Analyse mitzunehmen, was wir leider versäumt hatten.

Henrik Schulze, Jüterbog

 

 

Die Betonklötze von Dresden

Zu: Aufmarsch im FDJ-Hemd (Nr. 41)

Es gab eine Zeit in Deutschland, da hat man Schutzbauten aus Beton für die Bevölkerung errichtet. Damals kam die Bedrohung von außen. Das ist lange her. Heute ist Beton wieder ein sehr gefragter Baustoff. Nun kommt offensichtlich die Bedrohung von innen.

Was für eine Errungenschaft zum Tag der Deutschen Einheit. Für die Kulturhauptstadt Dresden war das Fest nicht angemessen, eher furchterregend und bestimmt keine Werbung für die Stadt und ihre Bewohner. Als ob wir in Deutschland nicht schon genug mit Betonklötzen gesegnet sind, wurden extra zu diesem nationalen Feiertag tonnenschwere Betonklötze produziert, um die Feierlichkeiten auf dem Dresdner Marktplatz zu schützen. Vor wem oder was eigentlich? Genaues hat man natürlich nicht gesagt, woher die Gefahr kommt. Es wird stets von rechten Störern gewarnt. Es war eine reine Schutzbehauptung, um den Wahrheitsgehalt zu verschleiern.

Die Gefahr kommt von einer ganz anderen Seite. Wir erinnern uns an Nizza mit vielen Toten und Verletzten durch Einsatz eines ferngesteuerten Autofahrers islamistischer Prägung. Diese Betonblockade, vergleichbar mit der Siegfriedlinie, und dem Einsatz tausender Polizeikräfte einschließlich Scharfschützen auf den Dächern in der Merkelrepublik ist einzigartig. So gesehen war der Kirchgang und die interne Feier in der Semper-Oper eine sichere und eine Notwendigkeit.

Nach den Feierlichkeiten zog sich die Polizei nebst den Gästen aus Berlin wieder in ihre Ruhe­räume zurück, und die Betonklötze wurden für das nächste und das übernächste Jahr eingelagert. Sicherheit hat nun mal ihren Preis und das alles dank der Willkommenskultur.

Wilhelm Jäckel, Damme

 

 

Beruhigungspille

Zu: „Nur“ sechsstellig (Nr. 42)

Die neuerliche Feststellung, es habe sich 2015 in Deutschland „nur“ um 890000 und nicht um 1,1 Millionen Asylsucher gehandelt, ist doch nichts anderes als eine Beruhigungspille für die verständlicherweise zunehmend unruhig werdende Bevölkerung. Begründet wurde die Diskrepanz mit der Behauptung, bei dem im vorigen Jahr durch die Massenzuwanderung entstandenen Chaos sei es oft zu Doppelregistrierungen gekommen.

Sollte es tatsächlich 210000 Doppelregistrierungen gegeben haben? Wer soll so etwas glauben? Hier stimmt es doch weder hinten noch vorne, und wir werden zum wiederholten Mal für dumm verkauft.

Prof. Dr. Burkhard Hofmeister, Bad Reichenhall

 

 

Prag – ganz sicher

Zu: An der vollen Moldau (Nr. 43)

Danke für die Eindrücke von Prag in diesen Tagen! Da ich im vergangenen Sommer die Zeit der Hochsaison auch wieder einmal die tschechische Hauptstadt an der Moldau besuchte, möchte ich jedoch ergänzen, dass die Stadt zwar zu einem Anziehungspunkt der besonderen Art geworden ist und damit einige Schattenseiten einhergehen – doch hervorzuheben sind unbedingt die liebenswerten Seiten, die diese Stadt nach wie vor besitzt.

Dazu gehören die vielfältigen kulturellen Angebote und die touristischen Möglichkeiten, die auf der Moldau angeboten werden und sich auch auf die reizvolle und geschichtsträchtige Umgebung Prags beziehen.

Außerdem kann der Tourist völlig furcht- und gefahrlos alle Prager Stadtteile besuchen – und das auch allein und in der Nacht. Und die Bewohner Prags sind eben Einwohner des Staates, der sich „Tschechische Republik“ nennt; es sind eben Tschechen. Es gibt keine „Parallelgesellschaften“ und keine „No go“-Gebiete.

Diese Unterschiede zu den liebenswerten Großstädten im Land Deutschland dürften selbst dem hartnäckigsten Ignoranten auffallen. Insofern empfand ich Prag doch nach wie vor als „Goldene Stadt“, was sie hoffentlich auch bleiben wird.

Manfred Kristen, Freital


S. 13 Das Ostpreußenblatt

Hüter eines wiederentdeckten Schatzes
Teile der »Prussia-Sammlung« in Berlin, Allenstein und Königsberg – Zusammenarbeit funktioniert gut

Während des „8. Deutsch-Russischen Forums – Zukunft braucht Vergangenheit 2016“ der Landsmannschaf Ostpreußen in Berlin hatten die Teilnehmer Gelegenheit, neben Vorträgen zur Zusammenarbeit zwischen dem Museum für Vor- und Frühgeschichte und dem Königsberger Gebietsmuseum bei einer Führung mit Heino Neumayer einige Exponate der legendären „Prussia-Sammlung“ vor Ort anzusehen.

Bevor die Teilnehmer des Deutsch-Russischen Forums Funde der „Prussia-Sammlung“ in Augenschein nehmen konnten, schickte Heino Neumayer, Kustos des Museums für Vor- und Frühgeschichte Berlin, in einem Vortrag Informationen zur bewegten Geschichte der Sammlung voraus: 1945 hätten Funde aus Ostpreußen den größten Teil des Museums ausgemacht. Allerdings galten zwei Drittel der Prussia-Sammlung als verschollen. Teile der Prussia-Sammlung wurden erst nach der Wende wiederentdeckt, als einzelne Exponate auf dem Schwarzmarkt in der Königsberger Exklave auftauchten. Als die Archäologen des Königsberger Gebietsmuseums auf die Suche gingen, fanden sie schließlich große Teile der Sammlung wieder. Seit 2003 sind diese wieder für die Öffentlichkeit zugänglich

Ausführlich berichtete Christoph Jahn vom Museum für Vor- und Frühgeschichte über die deutsch-russische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Archäologie. Bei der Prussia-Sammlung, die vor dem Krieg im Königsberger Schloss untergebracht war, handelte es sich um eine der bedeutendsten Sammlungen der Altertumsforschung. Im Deutschen Reich seien ohnehin die archäologischen Forschungen in Ostpreußen am bedeutendsten gewesen. Dazu trugen vor allem Friedhöfe bei, denn die dort geborgenen Funde ließen sich bis in die Wikingerzeit zurückdatieren.  1945 wurde ein Teil des Museumsbestands dann aus Königsberg in den Westen abtransportiert. Der in Königsberg verbliebene Teil galt lange Zeit als verschollen. 1990 tauchten Reste der Sammlung in Ost-Berlin wieder auf. Die wiederentdeckte Prussia-Sammlung wird heute an drei Orten aufbewahrt: Berlin, Allenstein und Königsberg. Archivquellen, die Nachweise über die Prussia-Sammlung enthalten, finden sich aber auch rund um den Ostseeraum. Eine wichtige Quelle stellten die Inventarbücher des ehemaligen Prussia-Museums dar, die in Königsberg gefunden wurden und sich teils in sehr gutem Zustand befanden.

Eine wichtige Aufgabe sieht Jahn in der Digitalisierung der Objekte, um sie via Internet allen zugänglich zu machen, aber auch, um Ergebnisse der alten Grabungen mit denen der neuen zusammenzuführen. Schon jetzt habe sich eine gute Zusammenarbeit zwischen Kollegen der baltischen Länder, Russlands, Polens und Deutschlands etabliert.

Sergej Jakimow, der Direktor des Königsberger Gebietsmuseums für Geschichte und Kunst, betonte, dass sich 1940 noch über 400000 Exponate im Königsberger Schloss befunden hätten. Die ersten Funde, die direkt nach dem Krieg in den Schlossruinen entdeckt worden waren, seien nach Moskau geschickt worden, und ihr Schicksal sei bis heute unbekannt. Die Inventarbücher der Prussia-Sammlung habe man in den 60er Jahren in Allenstein gefunden. Seit 2007 stellt das polnische Department für das kulturelle Erbe Mittel zur Restaurierung zur Verfügung, die Spezialisten aus Allenstein vornahmen. Die gute polnisch-russische Zusammenarbeit finde nicht zuletzt in zahlreichen Publikationen Ausdruck.

Die Ausgrabungen, die nach der Entdeckung der Prussia-Exponate beim Fort III stattfanden, haben insgesamt 30000 Funde zutage gebracht, die allerdings zu 90 Prozent nur noch in Fragmenten vorhanden waren. Seit 2001 hatte sich die „Zeit-Stiftung“ an der Finanzierung beteiligt, zusätzlich unterstützte das russische Kulturministerium die Ausgrabungen. Die Moskauer Wissenschaftsakademie half außerdem bei der Einrichtung von Laboren.

Jakimow kann die Erfolge der gedeihlichen Zusammenarbeit nur bestätigen: Bis diesen Monat laufen weitere Ausgrabungsarbeiten auf dem Gelände des Königsberger Schlosses, gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Ziel sei die Erstellung eines virtuellen Katalogs der Prussia-Sammlung, der auf Deutsch und Russisch abrufbar sein wird. Jakimow schloss seinen Vortrag schmunzelnd mit den Worten, dass immer wieder Bürgern fragten: „Wann finden die denn endlich das Bern-steinzimmer?“           M. Rosenthal-Kappi


Allensteiner Westbahnhof wird saniert
Umfangreiche Arbeiten im Zuge der Modernisierung der Polnischen Staatseisenbahnen bis Juli 2017

Jahrelang hat es Diskussionen um die Restaurierung des Westbahnhofes in Allenstein gegeben. Schließlich wurde vor ein paar Jahren im Zuge des Wiederaufbaus der Artilleriestraße die Unterführung restauriert und erweitert. Im vergangenen Jahr wurden schließlich die Bahnsteige repariert und neue Bänke und Papierkörbe aufgestellt. Allerdings blieb das Bahnhofsgebäude unverändert. Letztens wurde entschieden, die Situation zu verbessern, als die Polnische Staatseisenbahn ankündigte, dass in diesem Jahr die Arbeiten an der Modernisierung des Westbahnhofes in Allenstein beginnen sollen. Der Bahnhof soll den neuesten Standards entsprechen und unter anderem für Behinderte sowie für Eltern mit Kindern angepasst werden.

Mit der Projekterstellung wurde eine Allensteiner Firma beauftragt, doch dann trat die Polnische Staatseisenbahn vom Vertrag mit dem Auftragnehmer zurück. Laut der Eisenbahngesellschaft geschah dies wegen der verspäteten und vertragswidrigen Ausführung der Arbeiten. Die Projektvorbereitung wurde dann einem Team der Polnischen Staatseisenbahnen übertragen.

Der Westbahnhof in Allenstein wurde in den Jahren 1890 bis 1893 anstelle des seit 1883 bestehenden Bahnhofes Allenstein Vorstadt gebaut. Bis 1945 wurde Allenstein West nämlich Allenstein Vorstadt genannt. Die Unterführung unter dem Westbahnhof gibt es seit 1903.

Das Projektteam der Polnischen Staatseisenbahnen hat eine Visualisierung des erneuerten Allensteiner Westbahnhofes vorbereitet und sie der Öffentlichkeit vorgestellt. Danach wurde eine Ausschreibung für den Umbau des Westbahnhofs in Allenstein veröffentlicht. Angebote konnten bis Anfang Mai eingereicht werden. Nach dem Entwurf wird der Innenraum des Gebäudes der neuen Nutzung auf der Grundlage der bestehenden Struktur angepasst. Nur ein Teil der vorhandenen Toiletten wird aufgrund des schlechten technischen Zustands abgerissen und neu gebaut. Das Gebäude wird mit Überwachungskameras ausgestattet. Das U-Bahn-Geschoss des Bahnhofs ist bereits technisch funktionsfähig. Im Erdgeschoss wird die Freifläche des Bahnhofs einen überdachten Wartebereich erhalten.  Der Service für Passagiere wird auf dem jetzigen Stand beibehalten. Ein Teil des Gebäudes wird zu Geschäfts- und Büroräumen umgebaut. Außerdem sollen im Außenbereich Fahrradunterstände entstehen.

Die wichtigsten Arbeiten gelten jedoch der Wiederherstellung der Fassade und dem Inneren des Bahnhofes. Fenster und Türen sowie alle Sanitär- und Elektroinstallationen müssen erneuert werden. Auch die Grünflächen außerhalb des Bahnhofs sollen neu gestaltet werden. Neben neuen Bänken soll ein Parkplatz  mit zwei Behindertenstellplätzen geschaffen werden.

Nach den Angaben des Amtes der Stadt Allenstein ist es ein wesentliches Anliegen, einen barrierefreien Bahnhof zu bauen. Das Gebäude wird mit einer speziellen Rampe ausgestattet, die den Zugang zu den Bahnsteigen erleichtern soll. Im Projekt gibt es auch Wege für Blinde, Induktionsschleifen für Hörbehinderte und eine spezielle Objektkarte für Blinde.

Aktuell haben die Vorbereitungen für das Bauvorhaben am Westbahnhof bereits begonnen. Der Bauplatz wurde eingezäunt, und für die Passagiere wurden ein vorläufiges Kartenbüro und ein  Warteraum eingerichtet. Während der Umbauphase müssen sich die Reisenden auf Unannehmlichkeiten einstellen. Zum Beispiel müssen sie die Unterführung nutzen, um zu ihren Bahnsteigen zu gelangen, was den Weg etwas verlängert.

Wie das Amt der Stadt bekannt gab, soll die Restaurierung des Allensteiner Westbahnhofs Ende Juli 2017 beendet sein. Die Arbeiten wurde an ein Konsortium von Unternehmen aus Warschau und Beuthen vergeben. Die Modernisierung wird über 800000 Euro kosten. Laut der Stadtverwaltung soll sie den Komfort der Reisenden erheblich verbessern.

Bis dahin müssen Bahnreisende  nach Allenstein jedoch seit Anfang Septembers mit längeren Fahrtzeiten rechnen. Grund dafür sind geplante Reparaturen an einer der Eisenbahnbrücken in Allenstein, über die unter anderem die Linie nach Soldau und weiter nach Warschau verläuft. Deshalb werden über den Bahnhof Allenstein West nur Regionalzüge geleitet, während alle Intercity-Züge  über Deutsch Eylau fahren. Es gibt auch die Möglichkeit, über eine Ersatzverbindung von Soldau zum Allensteiner Hauptbahnhof zu gelangen. Dies ist vor allem für diejenigen interessant, die nach Hohenstein und Neidenburg wollen.

Die Polnischen Staatseisenbahnen planen, alle mit der Sanierung der Brücke verbunden Arbeiten zum 30. November abzuschließen. Leszek Chaburski


MELDUNGEN

EU-Gelder für Kanalisation

Lyck – Das Lycker Wasser- und Kanalisations-Unternehmen erhält einen Zuschuss von umgerechnet über 4,8 Millionen Euro von der EU zur „Verbesserung der Abwasserbeseitigung im Bereich Lyck II“. Das Projekt umfasst den Umbau des Kanalisationsnetzes, des Abwasser-Transportes und der Kläranlage in Neuendorf. Die errechneten Kosten der Investition betragen 7,6 Millionen Euro, von denen die EU 4,8 Millionen trägt und 2,7 Millionen Eigenmittel sind. Die Arbeiten werden Ende 2020 beendet sein.          PAZ

 

650 Jahre Pfarrgemeinde

Löwenstein – Das kleine Dorf Löwenstein im Kreis Gerdauen (heute Gemeinde Korschen) hat den 650. Jahrestag seiner Pfarrgemeinde mit einer feierlichen Prozession rund um das Dorf feierlich begangen. Heute wohnen nur noch einige Familien in Löwenstein, aber zu den Feierlichkeiten kamen einige Hundert früherer Pfarrangehörige. An dem feierlichen Gottesdienst nahm auch der ermländisch-masurische Woiwode, Artur Chojecki, teil: „Es ist zu sehen, dass das Sanktuarium unter den Gläubigen und unter Pilgern eine große Wertschätzung erfährt. Ich denke, dass es wichtig ist, dass die Einwohner aus der Geschichte das Beste hüten,“ sagte der Woiwode. Löwenstein wurde im Jahre 1366 vom Hochmeister Winrich von Kniprode gegründet. Seit 1954 wird die Pfarrgemeinde von Pfarrer Salezjanow geführt.                 PAZ

 

Störungen des Verkehrs

Allenstein – Straße Nr. S7: Liebemühl [Miłomłyn], Baustelle. Straße Nr. 7: Elbing [Elblag] – Jazowa, Baustelle; Liebemühl [Miłomłyn] – Osterode [Ostróda], Baustelle; Osterode – Hohenstein [Olsztynek], Baustelle; Zalusken [Załuski] – Napierken [Napierki], Baustelle. Straße Nr. 7j: Zalusken – Neidenburg [Nidzica], Baustelle. Straße Nr. 15: Rheinsgut [Rynskie] – Mörlen [Morliny], Baustelle. Straße Nr. 16: Osterode – Alt Jablonken [Stare Jabłonki], Baustelle; Arys [Orzysz] – Lyck [Ełk], Baustelle; Kallinowen [Kalinowo], Baustelle. Straße Nr. 16c: Allenstein [Olsztyn] – Fittigsdorf [Wójtowo], Baustelle. Straße Nr. 22: Elbing – Fichthorst [Jegłownik], Baustelle. Straße Nr. 51: Markeim [Markajmy] - Heilsberg [Lidzbark Warminski], Baustelle; Allenstein [Olsztyn] – Pagelshof [Ameryka], Baustelle. Straße Nr. 58: Hohenstein [Olsztynek], Baustelle; Groß Kessel [Kocioł Duzy] – Gut Eichental [Kaliszki], Baustelle. Straße Nr. 63: Arys [Orzysz] – Johannisburg [Pisz], Brückenbau. Straße Nr. 65: Goldap [Gołdap] – Treuburg [Olecko], Brückenbau; Neuendorf [Nowa Wiez Ełcka], Baustelle.            E.G.


S. 14 Ostpreussische Familie

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

die Erinnerung fährt diesmal zweigleisig und lässt auf der Überholspur lange Jahrzehnte zurück, versucht da zu landen, wo einmal das Herz der alten Pregelstadt schlug: im Königsberger Schloss. Genauer gesagt im „Blutgericht“, dem einst so berühmten Weinlokal, das sogar als eines der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten Deutschlands galt – so hat es der Königsberger Historiker Dr. Walther Franz in seiner 1939 geschriebenen Chronik „Vom Blutgericht zu Königsberg“ dokumentiert. Warum zweigleisig? Nun, es kamen kurz hintereinander aus unserem Leserkreis zwei grundverschiedene Fragen, beide das Blutgericht betreffend, und so muss jede besonders behandelt werden. Dass mich dies Thema besonders berührt, liegt daran, dass ich bereits in sehr jungen Jahren zu dem Kreis der ostpreußischen Schriftsteller gehörte, die sich einmal im Monat zu einem Treffen – heute würde man es wohl auf neudeutsch „workshop“ nennen – zusammenfanden. Der damalige Leiter unseres Literaturkreises, der Dichter und Dramaturg Martin Borrmann, hatte dieses in den tiefen Gewölben des Nordflügels gelegene Schlosslokal ausgewählt, und alle Teilnehmer waren ihm dafür dankbar, denn schon allein die Atmosphäre war für empfindsame Gemüter, wie Schriftsteller es nun einmal sind, anregend und beflügelte zu lebhaften Gesprächen und zum Vortragen ihrer jüngsten Arbeiten. Das diffuse Licht, die gotischen Gewölbe, die riesigen Weinfässer, die schweren barocken Eichenstühle und nicht zuletzt die Namen der einzelnen Gemächer wie die „Marterkammer“ trugen zu einer unverwechselbaren Stimmung bei. Wir tagten im Convent, einem etwas abseits gelegenen Raum, der für kleine Gesellschaften vorgesehen war – ich könnte heute noch den Weg durch die vielen Gänge finden.

Aber manchmal hilft auch die beste Erinnerung nicht weiter, und so muss ich die Frage eines Königsbergers an unsere Leserinnen und Leser weiterreichen. Es handelt sich um ein kulinarisches Problem, denn Herr Joachim D. erinnert sich daran, dass seine Mutter manchmal ein Gericht erwähnte, das sie „Blutgerichtsschnitte“ nannte. Selbst hergestellt hat sie es wohl nicht, denn sonst könnte sich ihr Sohn schon allein wegen des „gruseligen“ Namens daran erinnern. Herr D. nimmt an, dass es sich um ein Spezialgericht des berühmten Weinlokales handelt, in dem ja nicht nur ein edler Tropfen kredenzt, sondern auch vorzüglich gespeist wurde mit „Suppe, Fisch und Braten“, wie Dr. Walther Franz in seiner Chronik vermerkt. Er erklärt das so: „Zu einem guten Wein gehört eine gute Küche, auch der alte Zecher stärkt sich gerne durch einen kleinen Imbiss zu neuem Genuss, und die Küche des Blutgerichts ist über alles Lob erhaben.“ Wobei bei dem „kleinen Imbiss“ ostpreußische Maßstäbe anzuwenden sind – einst zur Freude manchen Gourmands wie des berühmten Schauspielers Heinrich George, der sich im Blutgericht eine Riesenportion Möweneier mit Spargel hinter den Latz knallte. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Er hatte sich selbst bei einem erlesenen Hummermahl im königlichen Kopenhagen die Serviette wie ein Kinderlätzchen um den Hals gebunden, was ihm von der dänischen Presse übel vermerkt worden war. Hier im Königsberger Blutgericht konnte er es ungeniert tun und bestätigte das mit einem eigenen Reim: „Vom Pregel bis zum Wiener Wald wird die Serviette vor den Latz geknallt!“ So blieb seine weiße Hemdbrust ohne Eier- und Rotweinflecke. Ja, meine lieben Leserinnen und Leser, diese kleinen Anekdoten mussten Sie mir schon erlauben, vermitteln sie doch etwas von der kommunikationsfreudigen Stimmung in dem alten Gewölbe, die sich auch auf unseren Literaturkreis auswirkte.

Doch was hat es nun mit der „Blutgerichtsschnitte“ auf sich? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es sich um eine Spezialität des berühmten Lokals handelt, eine profane „Schnitte“ passte einfach nicht zu dem hoch gelobten Speisenangebot der historischen Weinstuben im alten Ordensschloss. Ich habe diese Bezeichnung nie gelesen, sie ist auch in keinen Kochbüchern verzeichnet. Vielleicht handelte es sich um einen Imbiss für die jüngsten Gäste, denn das Blutgericht war auch für Familienfeiern gut, wie der Dichter Ernst von Wolzogen in seinem Loblied bestätigte, das er in das Gästebuch schrieb: „Es freut sich heut Mann, Weib und Kind, dass statt des Bluts nur Rotwein rinnt!“ Vielleicht hat die Mutter von Joachim D. in jungen Jahren dort die „Blutgerichtsschnitte“ genossen. Es bleibt also die Frage: Wer kennt eine Königsberger Spezialität mit diesem Namen und kann auch das Rezept angeben?

Eine alte Ansichtskarte von der Marterkammer mit ihren riesigen Weinfässern hat auch Maik Bialek in seinem Fundus, aber nicht über diese wollen wir berichten sondern über eine Fliese. Herr Bialek, der unseren Leserinnen und Lesern ja aufgrund seiner letzten Beiträge kein Unbekannter ist, hat uns Aufnahmen von dieser Fliese übersandt, die angeblich aus dem Blutgericht stammen soll. Herr Bialek schreibt dazu: „Da ich der Ansicht bin, dass es eine solche Fliese im alten Blutgericht nicht gegeben haben kann, bitte ich die Ostpreußische Familie um Rat. Ist durch andere Besucher bekannt, ob diese Fliesenart mal als Souvenir angeboten wurde? Die Fliesenrückseite habe ich nochmals als sehr gut lesbar im Museum von Palmnicken gefunden, hier jedoch mit einem Linienmuster auf der Trittseite. Somit dürfte es sich möglicherweise schon um eine Produktion aus dem Hause Villeroy & Boch handeln. Bevor ich mich jedoch an den Hersteller wende, hoffe ich auf Zuschriften von der Familie.“

Das war nicht sein einziger interessanter Fund, denn eine weitere Fliese entdeckte Maik Bialek gleich daneben, und da konnte er doch erfreut feststellen, welche Verbindungen vom Einst zum Jetzt sich selbst auf einer kurzen Ostpreußenreise ergeben. Denn diese Fliese wurde von der deutschen Firma Utzschneider & Jaunez in der seit 1890 bestehenden Produktionsstätte in Zahna hergestellt. Der Ort liegt im Landkreis Wittenberg, dem Wohnort von Herr Bialek, und – jetzt kommt’s – in dieser Firma ist seine Frau tätig, er besitzt somit Kenntnisse über das Zahna-Werk aus erster Hand. Auch über Fliesen aus aktueller Produktion, mit denen Gebäude im heutigen Königsberg ausgestattet sind wie das Restaurant Elefant im Fischdorf oder das Museum der Wasserversorgung in der Stresemannstraße [Sowjetskij Prospekt]. Der Besuch im Museum von Palmnicken wurde durch diese Entdeckung für Herrn Bialek zum besonderen Erlebnis. (Maik Bialek, Pfaffengasse 26 in 06886 Lutherstadt Wittenberg.)

Ein sichtbares Zeugnis deutscher Kulturgeschichte in Königsberg hat nun auch seinen angestammten und hoffentlich endgültigen Platz gefunden. Die Skulptur des Walther von der Vogelweide steht wieder da, wo sie hingehört: im Königsberger Tiergarten. Das ist eine erfreuliche Nachricht, denn wir haben in unserer Kolumne oft über diese von dem bekannten Bildhauer Georg Fugh geschaffene Figur berichtet, die zuletzt im Innenhof der Kant-Universität vor sich hin kümmerte. Vorher hatte sie auf dem Domplatz gestanden, war aber so beschädigt und beschmutzt worden, dass man sie in diesem Versteck sicherstellte, in dem Jörn Pekrull sie entdeckt hatte. Noch im Mai war unser „Königsberger Wanderer“ dort gewesen und hatte „sehr nahe Porträtaufnahmen“ von der Skulptur gemacht, weil ihn besonders das Gesicht des Minnesängers faszinierte. „Ich finde, sie zeigen gut, dass dieses Gesicht, so mächtig es aus Stein gehauen ist, dennoch ganz zarte und verletzliche Züge trägt, man merkt hier die hohe Kunst Fughs“, kommentiert Pekrul diese Aufnahmen, die wohl bald dokumentarischen Wert haben dürften, wenn endlich die noch ausstehende „Nasen-OP“ gemacht wurde. Aber viel wichtiger ist, dass die Figur jetzt wieder im Tiergarten steht, wo sie im Jahre 1930 aufgestellt und eingeweiht wurde. Die Übergabe durch die russische Administration in kommunales Eigentum erfolgte im letzten Juli anlässlich des 120-jährigen Bestehens des Königsberger Tiergartens, der einmal zu den modernsten und schönsten zoologischen Gärten Deutschlands zählte. Die aus rotem Granit geschaffene Skulptur steht nun wieder fast auf ihrem alten Platz in der Nähe des ehemaligen Gesellschaftshauses, in dessen erhalten gebliebenen Teilen sich heute die Verwaltung des Tiergartens befindet, auf einem Rondell, das von der Öffentlichkeit durch ein Beet abgegrenzt ist. So wird die Skulptur vor weiteren Beschädigungen geschützt, wenn diese auch in einem geschlossenen Gelände wie dem Tiergarten, der als Touristenmagnet gilt, kaum zu befürchten ist. Jörn Pekrul weiß schon, wohin ihn seine nächste Königsberger Wanderung führen wird: in den Tiergarten zu „seinem“ Walther von der Vogelweide – dann hoffentlich mit heiler Nase!

Noch ist die Zeit nicht da für die Weihnachtsbäckerei, aber wir sind ja schon im November, dessen letzter Sonntag diesmal der 1. Advent ist. Und da pflegte man in ostpreußischen Familien den Pfefferkuchenteig anzusetzen und bereitete sich auf die Marzipanbäckerei vor. Stichwort Marzipan, und das im wahrsten Sinne: Vor einem Jahr tauchte bei uns die Frage nach einer „Marzipanstanze“ auf, mit deren Hilfe akkurate Formen ausgestochen werden können. Ich kannte sie nicht, aber unsere Familie half auch hier, und es kamen Hinweise auf das noch heute erhältliche Gerät, das allerdings weniger für Haushalte als für berufsmäßige Zwecke bestimmt ist. Aber nun berichtet uns Frau Sabine Matthies aus Barsinghausen von einer ganz besonderen Stanze, die sich in ihrem Familienbesitz befindet, und zwar handelt es sich um das in Königsberg von der Firma Seeger entwickelte und patentierte Original. Ihr Onkel Herbert Lessing, Konditor und Bäckermeister in Königsberg, vermachte es seiner Schwester Erika Kalkschmidt geborene Lessing, die es wiederum ihrer Tochter Sabine vererbte, die nun die Tradition weiterführt. Da Frau Matthies Mutter von vier Töchtern ist, die sie zu jedem Weihnachtsfest mit eigenem Königsberger Marzipan versorgt, lohne sich schon der Einsatz einer solchen Stanze – so Frau Matthies, die uns auch ein Foto überlieferte, das wir aber lieber für den Advent aufheben. Jedes Ding hat eben seine Zeit, auch wenn diese mit Meilenstiefeln läuft.

Eure Ruth Geede


Stettin will die Villa Lentz retten
Warschau bewilligt nur die Renovierung des Solidarnosc-Zentrums »Swietlica«

In Stettin müssen das Solidarnosc-Zentrum „Swietlica“ (Gemeinschaftsraum) in der Stettiner Werft und die Villa Lentz in der Falkenwalder Straße [Al. Wojska Polskiego / Allee der polnischen Armee] dringend saniert werden. Eine Finanzierung wurde im Ministerium für Kultur und Nationales Erbe beantragt, doch bewilligt ist lediglich die Renovierung des Solidarnosc-Zentrums „Swietlica“ für 20 Millionen Złoty (etwa 4,6 Millionen Euro), aber nicht der Villa, deren Sa­nie­rungs­kosten auf 16 Millionen Złoty (rund 3,7 Millionen Euro) beziffert werden.

Das prunkvolle Haus gehörte einst Augst Lentz, dem Direktor der Stettiner Schamotte-Fabrik. Erbaut hat es der aus Leipzig stammende und mit 35 Jahren verstorbene Architekt Max Drechsler, der auch die Lutherkirche [St.-Joseph-Kirche] in Stettin-Pommerensdorf [Pomorzany] entwarf. 1911 kaufte Wilhelm Döring die Villa. Zusammen mit seiner Ehefrau baute der Kaufmann darin eine der bedeutendsten privaten Kunstsammlungen Stettins auf. 1925 stifteten die Dörings 34 Gemälde ihrer Sammlung dem Städtischen Museum für Kunst und Kunstgewerbe. Einige Werke der Döring-Stiftung überdauerten bis in die heutige Zeit. Man kann sie im Pommerschen Landesmuseum in Greifswald sehen. Als einziges Gemälde der Döring-Sammlung verblieb Lovis Corinths Doppelbildnis in Stettin. Es gehört heute zum Bestand des Stettiner Nationalmuseums [Muzeum Narodowe w Szczecinie].

In der zweiten Hälfte der 30er Jahre verkauften die Dörings die Villa an die Stadt. In den Kriegsjahren war dort der Sitz der Stettiner NSDAP und des 3. Luftgau-Nachrichten-Regiments. Nach dem Krieg hatte die Sowjetarmee sich hier einquartiert. Ab 1947 beherbergte das Gebäude die katholische Kirche, ehe 1950 aus dem Bischofssitz ein „Jugendpalast“ wurde, in dem bis 2008 junge Stettiner ihre künstlerische Kreativität ausleben durften. Zurzeit befindet sich das Objekt in Händen des Kulturvereins Acht Musen.

Die Frage nach einer passenden Nutzung eines im Erhalt derart kostspieligen Gebäudes stellt sich seit Jahren. Die Ideen reichen von einem Bürgertum-Museum über einen internationalen „Kultur-Hafen“ und ein Frauen-Museum bis hin zu einem Museum für das hiesige Villenviertel Braunfelde [Pogodno]. Die letzte der Ideen stammt von Robert Stankiewicz von der Partei Recht und Gerchtigkeit (PiS). Sein Ratskollege Jan Kuriata von der Bürgerplatform (PO) würde die Villa lieber als eine Stätte genutzt sehen, an der die kulturelle Identität „Westpommerns“ erforscht wird, sagte er gegenüber der polnischen Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“. „Westpommern“ ist der Name einer Woiwodschaft, deren Territorium weitgehend aus  Hinterpommern und der Woiwodschaftshauptstadt Stettin besteht, während das Gebiet der Woiwodschaft Pommern mit der Hauptstadt Danzig weitgehend mit Pomerellen oder Westpreußen deckungsgleich ist.

Doch erst einmal muss die Lentz’sche Villa saniert werden. Am 26. Oktober haben die Stadträte zusammen mit dem Sejmik (Woiwodschaftsparlament) der Woi­wodschaft Westpommern beschlossen, gemeinsam nach Finanzierungsquellen zu suchen. Stadtkämmerer Stanisław Lipinski will außer auf Mittel des aktuellen Haushaltsjahres bereits jetzt auf Haushaltesmittel des kommenden Jahres zugreifen.     Chris W. Wagner


Aus Regas Fluten
Treptow birgt deutsche Grabsteine

In Treptow an der Rega wurden deutsche Grabsteine aus dem Fluss geborgen. Die Nachricht, dass in der Rega Grabsteine ruhen, kam von Einwohnern der hinterpommerschen Stadt. Diese benachrichtigten den Direktor des Museums der Polnischen Streitkräfte in Kolberg, Aleksander Ostasz, der dafür bekannt ist, dass er sich besonders für die Bergung von Exponaten aus Flüssen und Seen einsetzt. 2009 fand er im Kamper See das Flugzeugwrack einer Dornier Do 24, und vor vier Jahren nahm er an der Bergung eines Jägers vom Typ Messerschmitt Bf 109 in Stargard in Pommern teil.

So war der aus Stettin stammende Museumsleiter auch gleich bei der Sache. „Die Leute sprachen davon, dass es sich bei dem Fund um jüdische Grabsteine handele, die von den Deutschen in die Rega geworfen worden seien. Andere wiederum berichteten, dass Polen in den 50er und 60er Jahren deutsche Grabsteine im Fluss versenkt hätten. Die zweite Version scheint uns wahrscheinlicher zu sein“, so Ostasz gegenüber onet.pl.

Der Historiker, Unterwasserarchäologe und Journalist ist noch kein Jahr Direktor des Museums, das im „Braunschweiger Palast“ in Kolberg seinen Sitz hat. Die aus dem 19. und dem Anfang des 20. Jahrhunderts stammenden Funde will er nun auf dem alten Friedhof in Treptow in einen Lapidarium aufstellen. Auch möchte er, dass weiterhin nach verborgenen Grabsteinen gesucht wird. Man müsse jetzt erfahren, welche Geschichten hinter den Funden steckten, so Ostasz, der dabei auf die Hilfe alter Treptower hofft. Man müsse sich um die Geschichte und das historische Bewusstsein kümmern und für solche „Schätze“ einen würdigen Ort finden, so der Museumschef aus Kolberg.              Ch.W.W.


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 107. GEBURTSTAG

Janneck, Herbert, aus Auerbach, Kreis Wehlau, am 5. November

ZUM 103. GEBURTSTAG

Wilhelm, Helene, geb. Schlicht, aus Battau, Kreis Samland, am 4. November

ZUM 101. GEBURTSTAG

Kröll-Troyke, Margarete, geb. Beyer, aus Schirrau, Kreis Wehlau, am 4. November

ZUM 99. GEBURTSTAG

Engelke, Liesbeth, geb. Loesch, aus Neumühl, Kreis Wehlau, am 10. November

Koch, Leni, geb. Warniak, aus Sarken, Kreis Lyck, am 8. November

ZUM 97. GEBURTSTAG

Barenthin, Erika, geb. Przyborowski, aus Treuburg, am 10. November

Speder, Ida, geb. Grunau, aus Schirwindt, Kreis Schloßberg, am 20. Oktober

ZUM 96. GEBURTSTAG

Niederstraßer, Fritz, aus Kassuben, Kreis Ebenrode, am 9. November

Schulze, Irmgard, aus Usdau, Kreis Neidenburg, am 7. November

ZUM 95. GEBURTSTAG

Anschütz, Hildegard, geb. Schanko, aus Giesen, Kreis Treuburg, am 5. November

Dinter, Christel, geb. Joneleit, aus Lyck, Bismarckstraße 40, am 4. November

Meier, Else, geb. Wietoska, aus Langsee, Kreis Lyck, am 6. November

Toplarski, Hildegard, geb. Skowronek, aus Lyck, Yorkstraße 16, am 8. November

ZUM 94. GEBURTSTAG

Piechotka, Gertrud, aus Fließdorf, Kreis Lyck, am 10. November

ZUM 93. GEBURTSTAG

Kugland, Kurt, aus Pregelswalde, Kreis Wehlau, am 10. November

Pahl, Erika, geb. Drummer, aus Prostken, Kreis Lyck, am 10. November

Richter, Christiane, aus Königstein, am 7. November

Riechey, Hella, geb. Ragozat, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 9. November

Tiska, Rüdiger, aus Zollernhöhe, Kreis Sensburg, am 5. November

Wenzel, Lisbeth, geb. Randt, aus Adlersdorf, Kreis Lötzen, am 5. November

Wilk, Christel, geb. Rudolph, aus Lyck, Memeler Weg 15, am 10. November

Wojazek, Lucie, geb. Jonat, aus Stadtfelde, Kreis Ebenrode, am 8. November

Wuttke, Ilse, geb. Koschul, aus Kiefernheide, Kreis Lyck, am 10. November

ZUM 92. GEBURTSTAG

Bergmann, Anni, geb. Mau, aus Treuburg, am 7. November

Bock, Dora, geb. Wenskus, aus Kastaunen, Kreis Elchniederung, am 6. November

Büchner, Herta, geb. Loyal, aus Langsee, Kreis Lyck, am 6. November

Erneke, Liesbeth, geb. Holz, aus Uggehnen, Kreis Samland, am 4. November

Hakelberg, Bruno, aus Eichhagen, Kreis Ebenrode, am 7. November

Jackisch, Heinz, aus Königsberg, am 1. November

Katzmarzik, Martha, geb. Tadday, aus Windau, Kreis Neidenburg, am 7. November

Krafft, Otto, aus Tannenmühl, Kreis Ebenrode, am 9. November

Paustian, Emmy, geb. Seidlitz, aus Borken, Kreis Treuburg, am 7. November

Renisch, Irma, geb. Gramstat, aus Ebenrode, am 6. November

Uhe, Frieda, geb. Reitz, aus Schloßbach, Kreis Ebenrode, am 5. November

Wernik, Else, geb. Hopstätter, aus Langsee, Kreis Lyck, am 5. November

ZUM 91. GEBURTSTAG

Balzer, Hedwig, aus Langsee, Kreis Lyck, am 6. November

Engmann, Günter, aus Lindendorf, Kreis Wehlau, am 6. November

Fischer, Elfriede, geb. Schöttke, aus Nautzwinkel, Kreis Samland, am 6. November

Gonschorek, Edith, aus Widminnen, Kreis Lötzen, am 8. November

Lichte, Brigitta, geb. Neuendorf, aus Eichhorst, Kreis Mohrungen, am 4. November

Martin, Lieselotte, aus Lyck, am 8. November

Nadler, Gertrud, aus Steinberg, Kreis Lyck, am 7. November

Rexin, Christa, aus Neidenburg, am 8. November

Spauschus, Dr. Bruno, aus Kuglack, Kreis Wehlau, am 5. November

Weimer, Frieda, geb. Hoffmeister, aus Kallen, Kreis Samland, am 7. November

ZUM 90. GEBURTSTAG

Albrecht, Gerda, geb. Juckschat, aus Lyck, am 5. November

Alshuth, Hans-Jürgen, aus Neuhäuser, Kreis Fischhausen, am 8. November

Bastian, Erika, geb. Feyerabend, aus Wehlau, am 7. November

Betker, Gertrud, geb. Sütterlin, verw. Ziegenhardt, aus Grünsee, Kreis Lyck, am 10. November

Böttcher, Gerda, geb. Spang, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 10. November

Bröhan, Edith, geb. Nötzel, aus Klemenswalde, Kreis Elchniederung, am 10. November

Herfer, Manfred, aus Lyck, am 8. November

Hoch, Horst, aus Lyck, am 4. November

Honnacker, Irmgard, geb. Zielasko, aus Waldwerder, Kreis Lyck, am 10. November

Listing, Elfriede, geb. Bogumil, aus Fließdorf, Kreis Lyck, am 8. November

Neyses, Hedwig, geb. Oleknowitz, aus Prostken, Kreis Lyck, am 5. November

Piotrowski, Irene, geb. Hintz, aus Strobjehnen, Kreis Samland, am 10. November

Rubner, Käthe, geb. Lindemann, aus Willkau, Kreis Samland, am 4. November

Ruschke, Ada, geb. Hoffmann, aus Alt Seckenburg, Kreis Elchniederung, am 7. November

ZUM 85. GEBURTSTAG

Elter, Irmgard, geb. Mantei, aus Partheinen und Mükühnen, Kreis Heiligenbeil, am 7. November

Grunwald, Waltraut, geb. Geske, aus Dräwen, Kreis Ebenrode, am 6. November

Gummelt, Waltraut, geb. Gudurat, aus Adlig Linkuhnen, Kreis Elchniederung, am 4. November

Heinrich, Willi, aus Bilderweiten, Kreis Ebenrode, am 4. November

Joppien, Reinhard, aus Gr. Kuhren, Kreis Samland, am 5. November

Kautz, Elisabeth, geb. Penk, aus Schwengels, Kreis Heiligenbeil, am 10. November

Kobus, Lucie, geb. Streuer, aus Hortlauken, Kreis Samland, am 9. November

Kulczewski, Irmgard, geb. Pawlzick, aus Lyck, Dallnitzweg 4, am 9. November

Mittag, Ingelore, geb. Bendrien, aus Rauschen, Kreis Samland, am 8. November

Nötzig, Edith, geb. Langecker, aus Prostken, Kreis Lyck, am 10. November

Nowosadtko, Günther, aus Reuß, Kreis Treuburg, am 8. November

Pieniak, Gertrud, geb. Loymann, aus Seefrieden, Kreis Lyck, am 8. November

Schiffer, Hans-Georg, aus Gucken, Kreis Ebenrode, am 10. November

Schirwon, Fritz, aus Groß Trakehnen, Kreis Ebenrode, am 7. November

Schrödter, Gerhard, aus Neidenburg, am 9. November

Stotz, Elli, geb. Krause, aus Warschkeiten, Kreis Preußisch Eylau, am 7. November

Wrobel, Heinz, aus Lyck, Steinstraße 4, am 6. November

ZUM 80. GEBURTSTAG

Engels, Inge, geb. Schulz, aus Langendorf, Kreis Wehlau, am 6. November

Hachmann, Helga Wilhelmine, geb. Janert, aus Rastenburg, am 28. Oktober

Harnisch, Irmeline, geb. Steiner, aus Neidenburg, am 9. November

Höller, Ingelore, geb. Graffenberger, aus Schwentainen, Kreis Treuburg, am 6. November

Gruszla, Herbert, aus Auglitten, Kreis Lyck, am 9. November

Jurkschat, Günter, aus Königsberg und Schönau, Kreis Allenstein, am 7. November

Karkoska, Karl-Heinz, aus Milucken, Kreis Lyck, am 5. November

Kulessa, Adolf, aus Skomanten, Kreis Lyck, am 6. November

Lesczinski, Hans-Martin, aus Kobalten, Kreis Ortelsburg, am 10. November

Mannke, Hans-Jürgen, aus Eichen, Kreis Wehlau, am 6. November

Mayer, Rosemarie, geb. Stritzel, aus Lyck, am 5. November

Pasch, Helmut, aus Lyck, am 9. November

Pasdika, Helene, geb. Czychon, aus Kölmersdorf, Kreis Lyck, am 10. November

Pogorzelski, Bruno, aus Zeysen, Kreis Lyck, am 5. November

Pogorzelski, Georg, aus Zeysen, Kreis Lyck, am 5. November

Renner, Christa, geb. Wendt, aus Neufrost, Kreis Elchniederung, am 6. November

Schröder, Erwin, aus Kattenau, Kreis Ebenrode, am 10. November

Schulz, Inge, geb. Kowalzick, aus Tawellenbruch, Kreis Elchniederung, am 5. November

Schwock, Wolfgang, aus Bledau, Kreis Samland, am 4. November

Steckert, Marlene Bertha, geb. Janert, aus Rastenburg, am 28. Oktober

Szibalski, Udo, aus Dingeln, Kreis Treuburg, am 7. November

Tilsch, Renate, geb. Malinka, aus Bergenau, Kreis Treuburg, am 9. November

Wedel, Werner, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 5. November

Weitz, Elsbeth, geb. Buyny, aus Dreimühlen, Kreis Lyck, am 10. November

ZUM 75. GEBURTSTAG

Bergknecht, Gerhild, geb. Endrejat, aus Brandenburg, Kreis Elchniederung, am 8. November

Blümke, Otto, aus Göritten, Kreis Ebenrode, am 9. November

Dreier, Karin, geb. Wermbter, aus Friedlau, Kreis Elchniederung, am 10. November

Gröning, Christa, aus Klein Engelau, Kreis Wehlau, am 4. November

Holtz, Elisabeth, geb. Kramp, aus Palmnicken, Kreis Samland, am 05. November

Maminski, Erwin, aus Fylitz, Kreis Neidenburg, am 7. November

Wermbter, Wolfgang, aus Friedlau, Kreis Elchniederung, am 10. November


S. 16-17 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

ALLENSTEIN LAND

Kreisvertreter: Hans-Peter Blasche, Lankerstraße 40, 40545 Düsseldorf, Telefon (0211) 17181290; (02131) 902700 (dienstl.), Telefax (02131) 902430 (dienstl.) Geschäftsstelle: Gemeindeverwaltung Hagen, Postfach 1209, 49170 Hagen, Telefon (05401) 9770. www.allenstein-landkreis.de

Dieter Eickhold, langjähriger Bürgermeister von Hagen am Teutoburger Wald, wurde kürzlich nach Beschluss des Vorstandes der Kreisgemeinschaft vom Kreisvertreter Hans-Peter Blasche die Ehrenmitgliedschaft unserer Kreisgemeinschaft angetragen. Die Ehrenurkunde übereichte er ihm in einer Feierstunde im Rathaus von Hagen vor Vorstandsmitgliedern, Presse und geladenen Gästen, darunter Landrat Dr. Lübbersmann, Landrat a.D. Manfred Hugo, Bundestagsabgeordneter Georg Schirmbeck, Landtagsabgeordnete Irmgard Vogelsang, Bürgermeister a.D. Hubert Große Kracht und Bürgermeister Peter Gausmann. Der inzwischen im Ruhestand befindliche Dieter Eickhold hat sich viele Jahre lang um die deutsch-polnische Versöhnung in Zusammenarbeit mit unser Kreisgemeinschaft verdient gemacht, insbesondere die schon vor Beginn seiner Amtszeit eingegangene Partnerschaft zwischen der Gemeinde Hagen a.T.W. und der Stadt Wartenburg [Barczewo], der ersten im historischen Ostpreußen, gepflegt und ausgebaut und auch den Schüleraustausch zwischen Hagen und Wartenburg bis zuletzt gefördert.

Im Anschluss an die Feierstunde lud der Osnabrücker Landrat zu einem gemeinsamen Essen in das erste Haus am Platze ein. An den Feierlichkeiten „25 Jahre Allensteiner Gesellschaft Deutscher Minderheit“ (AGDM) in Allenstein am 24. September nahmen auf Einladung der AGDM fünf Vorstandsmitglieder unserer KG teil. Sie waren von der über den ganzen Tag ausgedehnt gelungenen Veranstaltung sehr beeindruckt. Hervorzuheben sind die im vereinseigenen Haus Kopernikus gezeigten Ausstellungen des Kulturzentrums Ostpreußen in Ellingen, in Wort und Bild zu den Themen preußische Befestigungsanlagen an Eisenbahnbrücken zwischen Weichsel und Memel sowie über die Kämpfe in der Tannenbergschlacht des Ersten Weltkrieges in Ostpreußen im August 1914. Beim abendlichen Festakt würdigten Honoratioren des Regierungsbezirks Ermland und Masuren, der Stadt und des Landkreises Allenstein, der Landsmannschaft Ostpreußen, des Kulturzentrums Ostpreußen, der Stadtgemeinschaft und der Kreisgemeinschaft Allenstein, des Verbandes deutschstämmiger Vereine aus Oberschlesien und Andere die herausragenden Leistungen der AGDM, die sie für die Mitglieder und die Bevölkerung im Allensteiner Raum gebracht hat und gratulierten unter Überreichung von Blumengebinden und Präsenten zum Vereinsjubiläum.

Ein kultureller Genuss waren die anschließenden Darbietungen eines Konzertensembles und einer Sopranistin mit Werken deutscher Meister. Ein reichhaltiges Büfett bei angeregten Gesprächen rundete nach zwölf Stunden das gut organisierte Jubiläumsfest ab. Näheres dazu ist dem neuen Heimatjahrbuch zu entnehmen, das sich derzeit in der Druckerei befindet. Die Leser des neuen Heimatjahrbuches werden gebeten, auf den Artikel „Heimatjahrbuch aktuell: Anerkennungsleistung an ehemalige deutsche Zwangsarbeiter“ zu achten. Dieser Artikel konnte nicht mehr in das Inhaltsverzeichnis aufgenommen werden. Es empfiehlt sich auch, betroffene Landsleute hiervon zu informieren Die Antragstellung ist fristgebunden.

 

ANGERBURG

Kreisvertreter: Kurt-Werner Sadowski. Kreisgemeinschaft Angerburg e.V., Landkreis Rotenburg (Wümme), Postfach 1440, 27344 Rotenburg (Wümme), Landkreis: Telefon (04261) 9833100, Fax (04261) 9833101.

Mit einer Kranzniederlegung und dem Gedenken am Patenschaftsstein bei der Angerburger Eiche im Amtshof des Kreishauses in Rotenburg (Wümme) begannen die Angerburger Tage vom 17. bis 18. September. Im Anschluss folgte die öffentliche Sitzung des Kreistages der Kreisgemeinschaft im großen Sitzungssaal des Kreishauses. Kreisvertreter Kurt-Werner Sadowski begrüßte die Anwesenden zur letzten Sitzung in der Form einer Delegiertenversammlung. Ab dem 1. Oktober tritt die neue Satzung in Kraft. Nach Paragraph 6 bestehen die Organe des Vereins dann aus dem Vorstand (Kreisausschuss) und der Mitgliederversammlung (Kreistag).

Neben der üblichen Tagesordnung einer solchen Sitzung wurde der Pfarrer im Ruhestand Gerhard Mörchel zum neuen Kreisältesten gewählt. Für seine Heimattreue überreichte der Kreisvertreter Hans Sadlack einen Angerburger Teller (siehe PAZ 41, Seite 16).

Nach Beendigung der Sitzung konnten die Angerburger an einer Busfahrt nach Stade teilnehmen. Dort wurde das Patenschaftsmuseum der Goldaper besucht. Freundlich wurden die Besucher von Anneliese und Gerhard Trucewitz begrüßt und durch das Museum geführt. Im Anschluss warteten Kaffee und Kuchen auf die Ausflügler. In der Zwischenzeit verbrachten andere Angerburger ihre Zeit im Angerburger Archiv oder in der Theodor-Heuss-Schule in Rotenburg.

Der Samstagabend stand im Zeichen von Hermann Löns. Monika Seidel, Präsidentin des Verbandes der Hermann-Löns-Kreise in Deutschland und Österreich, erzählte lebendig aus dem Leben des im westpreußischen Culm geborenen Heidedichters. Natürlich wurden auch an diesem Abend Lieder von Hermann Löns gesungen.

Am Sonntag folgte die Feierstunde in der Theodor-Heuss-Schule. Nach dem musikalischen Auftakt durch die Jagdhornbläser begrüßte Kreisvertreter Sadowski die versammelten Angerburger und die Ehrengäste in der Schul-Aula. Die frischgebackene CDU-Bundestagsabgeordnete Kathrin Rösel war erstmals dabei. Sie sitzt seit dem 4. Juni im Bundestag, nachdem Vorgänger Reinhard Grindel – ebenfalls ein häufiger Gast bei den Angerburgern – zum Präsidenten des Deutschen Fußballbundes gewählt wurde.

Die folgenden Grußworte bei der Festveranstaltung am Sonntag hielten unter anderem Pfarrer Günter Braun, der gut aufgelegt über eine nicht mehr ganz „taufrische“ Wasserprobe des Jordanflusses im Heiligen Land sprach, sowie Heinz-Günter Bargfrede, Kreistagsmitglied und ehemaliger CDU-Bundestagsabgeordneter. Launig berichtete er, dass er für die Angerburger sogar einen speziellen Auftritt seines Landrates, eine Bürger-Predigt in der Stadtkirche, geschwänzt habe.

Die niedersächsische Landtagsabgeordnete Elke Twesten von Bündnis 90/Die Grünen berichtet von ihrer Kindheit im Landkreis Rotenburg, als man nicht „zu denen“ ging, die in der Vertriebenensiedlung lebten. Zuschauer und Rednerin waren sich wohl einig in der Erleichterung darüber, dass diese Zeiten Vergangenheit sind.

Für die Festrede trat dann Iris Rehder, die Leiterin des Rotenburger Ratsgymnasiums, an das Rednerpult. Kenntnisreich und ausgehend von vielen eigenen Erfahrungen berichtet sie über das Thema Schüleraustausch sowie die positiven Folgen für junge Menschen, die an den Programmen teilnehmen. Schüler des Ratsgymnasiums lebten schon bei Gasteltern in den USA, in Mexiko, in Ungarn und natürlich in Angerburg. Seit mehr als 20 Jahren besteht ein Austauschprogramm mit Polen.

Grußworte, Festrede und viele persönliche Erlebnisse aus den vorangegangenen zwölf Monaten boten den angereisten Angerburgern dann genug Gesprächsstoff für einen kurzweiligen Sonntagnachmittag als Abschluss eines gelungenen Kreistreffens.

                Susanne Hagen/PAZ

 

HEILIGENBEIL

Kreisvertreterin: Elke Ruhnke, Im Bökel 76, 42369 Wuppertal, Tel.: (0202) 46 16 13. E-Mail: ruhnke@kreis-gemeinschaft-heiligenbeil.de. Stellvertreter: Christian Perbandt, Im Stegfeld 1, 31275 Lehrte, Tel.: (05132) 57052.

E-Mail: perbandt@kreisge­meinschaft-heiligenbeil.de. 2. stellvertretender Kreisvertreter: Bernd Schmidt, Heideweg 24, 25578 Dägeling, Telefon (04821) 8 42 24.  E-Mail: Schmidt.ploessen@gmx.de. Schriftleiterin: Brunhilde Schulz, Zum Rothenstein 22, 58540 Meinerzhagen, Tel.: (02354) 4408, E-Mail: brschulz@dokom.net. Internet: www. kreisgemeinschaft-heiligenbeil.de

Liebe Kreis Heiligenbeiler, sehr geehrte Angehörige des Kirchspiels Balga, der Gemeinden Follendorf, Groß Hoppenbruch, Kahlholz und Wolitta!

Am 3. September wurde ich beim Kreistreffen in Burgdorf einstimmig zur neuen Kirchspielvertreterin des Kirchspiels Balga gewählt. Ich bedanke mich ganz herzlich für das entgegengebrachte Vertrauen  und kann versichern, dass es mir ein Ehre ist, die Nachfolgerin von Günter Neumann-Holbeck sein zu dürfen.

Ich werde mich nach bestem Wissen und Gewissen bemühen, mich aktiv zum Wohl und zum Erhalt der Kreisgemeinschaft einzubringen. Die persönliche Kontaktpflege zu den Menschen der Erlebnis- und der Bekenntnisgeneration ist dabei eine zentrale und spannende Aufgabe. Die praktische Förderung von friedlichen und freundschaftlichen Beziehungen zu den Menschen in unserem früheren Heimatland, dem Land unserer Vorfahren, ist mir ebenfalls wichtig.

Ich bin 1962 geboren und meine familiären Wurzeln liegen in Follendorf im Kreis Heiligenbeil, sowie in den Kreisen Labiau und Wehlau. Im Jahr 2015 war ich erstmalig auf heimatlicher Spurensuche im ehemaligen Kreis Heiligenbeil. Während dieser Reise lernte ich Günter Neumann-Holbeck kennen und wir besuchten „70 Jahre danach“ gemeinsam Balga, Follendorf und Groß Hoppenbruch. Die Erlebnisse und Eindrücke berühren mich nachhaltig und trugen mit dazu bei, die Nachfolge anzutreten.

Liebe Landsleute, ich freue mich auf die Zusammenarbeit und unsere Begegnungen!

Es grüßt Sie/Euch ganz herzlich, verbunden mit den besten Wünschen für die bevorstehende, besinnliche Zeit

Regina Holweger, 38229 Salzgitter, Am Heller 15, Telefon (05341) 178173, E-Mail: regina.holweger@t-online.de

 

LÖTZEN

Kreisvertreter: Dieter Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg. Geschäftsstelle: Ute Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg, Telefon (040) 6083003, Fax: (040) 60890478, E-Mail: KGL.Archiv@gmx.de

Sonnabend, 19. November, Lötzener Heimatmuseum in der Patenstadt Neumünster, Sudetenlandstr. 18 H (Böcklersiedlung) – letzter allgemeiner Öffnungs- und Veranstaltungstag in der Museumssaison 2016. Ab 10 Uhr ist geöffnet und es besteht die Möglichkeit, die Sonderausstellung der Gemälde Reinhard Bergmanns zur Thematik „Burgen des Deutschen Ordens“ zu betrachten und – die Werke zu kaufen. Der in Weißenfels ansässige Kunstmaler hat gegenüber der Kreisgemeinschaft eine großzügige Festlegung getroffen: Von einem jeden verkauften Werk würden 30 Prozent des Verkaufserlöses der Kreisgemeinschaft zugute kommen. Das weckt Hoffnungen. – Um 15.30 Uhr beginnt als letzte Veranstaltung dieses Jahres der Vortrag der vielseitigen Künstlerin Elena Steinke unter dem Titel „Zwischen zwei Welten“. Sie spricht über ihren künstlerischen Lebensweg von Königsberg [Kaliningrad] nach Nordfriesland. Sie wird anhand von Beispielen Schwerpunkte ihres künstlerischen Schaffens, vor allem der letzten eineinhalb Jahrzehnte, vorstellen. Für Fragen aller Art steht sie im Anschluss zur Verfügung. – Eintritt frei.

Die Teilnahme an der wissenschaftlichen Tagung „25 Jahre Ostseeforschung“, von der Academia Baltica zusammen mit der Böckler-Mare-Balticum-Stiftung und dem Ministerium für Justiz, Kultur und Europa des Landes Schleswig Holstein am vorletzten Oktoberwochenende im Akademiezentrum Sankelmark veranstaltet, war ursprünglich ein Vorhaben aus ganz privatem Interesse. Doch dauerte es keine zwei Stunden, da saß Ute Eichler, Betreuerin des Lötzener Heimatmuseums, neben einem jungen Nachwuchswissenschaftler aus Estland. Als dieser über sich sagte, Geschichte sei sein Fachgebiet, er schreibe zur Zeit an seiner Masterarbeit zum Thema „Burgen des Deutschen Ordens am Beispiel von Estland und Livland“, war damit ein Gesprächthema gefunden, das in vielen Details zur gegenseitigen Bereicherung führte. Artur Alajaans (26) aus Tallinn zeigte sofort Interesse, am Sonntag auf der gemeinsamen Rück-fahrt einen Abstecher nach Neumünster zu unternehmen, um dort im Lötzener Museum die noch laufende Sonderausstellung „Burgen des Deutschen Ordens – Gemälde von Reinhard Bergmann“ zu sehen. Seine Enttäuschung war einzig die, dass der Kunstmaler Reinhard Bergmann in seiner europaweiten Spurensuche nach Burgen des Deutschen Ordens noch nicht bis nach Livland und Estland vorgedrungen ist, ja es fehlen auch noch die Burgenbauten des nördlichen Ostpreußens in der bisher bereits 150 Gemälde umfassenden Serie. Artur Alajaans, dessen wissenschaftlicher Betreuer der Däne Prof. Jens Olesen (Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifwald) ist, trug sich in das Gästebuch des Museums ein und flog noch am Abend via Stockholm zurück nach Tallinn, Estlands Hauptstadt.

 

MEMEL-STADT MEMEL-LAND

Kreisvertreter: Uwe Jurgsties, Kirschblütenstraße 13, 68542 Heddesnheim, Telefon (06203) 43229, Mobil: 0174-9508566, E-Mail: uwe.jurgsties@gmx.de. Gst. Für alle Memellandkreise: Uwe Jurgsties, Kirschblütenstraße 13, 68542 Heddesheim.

Unter dem Motto „Zerstreute Bibliotheken-zerstreutes Erbe: Viele Wege des Erfahrens“ lud Direktor Juozas Siksnelis von der Simonaitytes Bibliothek in Memel [Klaipeda] vom 27. bis 29. September 17 Referenten aus Deutschland, Litauen und Polen zu einer internationalen Tagung in die Bibliothek ein. Insgesamt nahmen 60 Personen daran teil. Am 27. September fand zunächst für alle Teilnehmer ein geführter Rundgang durch die Altstadt Memels statt. Rasa Miuller führte die Deutschen, Arnold Piklaps die Litauer und auch die Polen hatten eine eigene Führung. Der Tag endete für alle Teilnehmer mit einem gemeinsamen Abendessen im Hotel „Amberton“. 

Der 28. September begann im Skulpturenpark, dem ehemaligen städtischen Friedhof, mit der Einsegnung des restaurierten Grabsteines von Hermann Gerlach durch Pfarrer Moras. Grußworte sprachen unter anderem Bürgermeister Grubliauskas, Direktor Siksnelis, der Direktor des Kleinlitauischen Museums Jonas Genys und der Direktor des Schmiedeeisernen Museums Dionyzas Varkalis. Anschließend fand in der Bibliothek die Registrierung der Teilnehmer statt und Direktor Siksnelis eröffnete die Tagung mit seiner Begrüßung. Bürgermeister Grubliauskas sprach auch hier ein Grußwort. Unter dem Titel: „Wann und welche Erinnerungsstücke verwahrt und sammelt man?“ sprach der Bundesvorsitzende der AdM Uwe Jurgsties in seinem Referat über die Gründung der AdM, erstes Zustandekommen eines Archivs und seine Weiterentwicklung und Betreuung durch mehrere Mitglieder der AdM sowie die Verlagerung des Archivs als Dauerleihgabe an die Simon-Dach-Bibliothek nach Memel. Anschließend verlieh Uwe Jurgsties Herrn Juozas Siksnelis die Verdienstmedaille der AdM in Silber.

Anja Gillen vom Stadtarchiv Mannheim referierte über das Verhältnis der beiden Städte Mannheim und Memel im Rahmen der Patenschaft von 1915 bis zum Ende der 1920er Jahre, die Beziehung Mannheims zu den Vertriebenen und geflüchteten Memelländern im Rahmen der neuen Patenschaft von 1953 sowie die Geschichte Memels [Klaipedas] seit dessen Gründung: die Memelsammlung im Stadtarchiv Mannheim – ISG. Illustriert wurde alles mit Bildern auf einer Leinwand.

Als nächstes sprach Jolita Steponaitiene, Direktorin der Informations-Hilfsquellenabteilung der Martynas Mazvydas Nationalbibliothek von Litauen. Sie betreibt die Erwerbung und Sammlung von Bildern, Dokumenten und Büchern und stellte diese in Bildern vor. Sie meinte zum Schluss, dass Bücher leben müssen.

Anschließend referierte Jurga Bardauskiene von der Simon-Dach-Bibliothek und Betreuerin unseres AdM-Archivs über die Stadtbücherei Memels von 1920 bis 1944. Auch Jurga illustrierte ihre Ausführungen mit Bildern.

Der Vortragstext von Vacys Vaivada, Forscher am Institut der Baltischen Region für Geschichte und Archäologie, wurde verlesen. So kam ein Vortrag nach dem anderen, teils mit Simultanübersetzung in Deutsch, später in Englisch. Dazwischen auch Fragen und Diskussionen. Zum Abschluss dieses Tages wurden die Teilnehmer von Viktorija Karaliene und Jurga Bardauskiene durch das AdM-Archiv geführt.

Am 28. September wurde eine Präsentation von Prof. Alex Walter von der Universität Memel [Klaipeda] vorgestellt. Inhalt: Die virtuelle Rekonstruktion der alten Königsberger Büchereien, speziell von tausenden Veröffentlichungen, aufgearbeitet und bewahrt in litauischen Büchereien.

Rita Urbaityte berichtete über die Fragmente der zerstreuten Büchereien in Kaunas aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Zum Abschluss dieses Vormittags sprach Anita Romulewicz, Direktorin des regionalen Informationszentrums der öffentlichen Bibliothek aus Allenstein, über die zerstreuten Büchereien von Graf Benediktas Tiskevicius und sein Schicksal in Polen.

Im Rahmen dieser Tagung fuhren die deutschen und drei polnische Teilnehmer mit Rasa und Jurga auf die Kurische Nehrung. Auch wenn der Himmel verhangen war und einzelne Tröpfchen fielen, waren wir auf der Toten Düne, in Schwarzort, in Nidden im Thomas-Mann-Haus und auf der Hohen Düne. Rasa hat uns wieder viel Wissenswertes vermittelt. Ein großer Dank gebührt Jurga und Viktorija, die zusammen mit Direktor Siksnelis diese internationale Tagung hervorragend ausgerichtet haben.

Am 1. Oktober feierte das Simon-Dach-Haus in Memel sein 20-jähriges Bestehen. Die Feierstunde um 11 Uhr begann mit der musikalischen Einleitung von zwei jungen Talenten der Jaronimo Kacinsko Musikschule mit Musik aus den Kinofilmen „Fluch der Karibik“ und „Sherlock Holmes“. Der Vorsitzende des Deutschen Vereins Klaus Peter Paus Grudzinskas begrüßte die Gäste, Bürgermeister Grubliauskas sprach ein Grußwort und Arnold Piklaps stellte in einer Präsentation den Werdegang und die Aktivitäten des Hauses sehr anschaulich dar. Die Zwillingsschwestern Ieva und Auguste Petkunaites vom Sudermann-Gymnasium spielten auf dem Flügel vierhändig den „Tango“ von Astor Piazzola. Auch Magdalena Piklaps sprach ein Grußwort und Honorarkonsul Dr. Arunas Baublys verlas das Grußwort der Deutschen Botschafterin Jutta Schmitz. Des Weiteren sprachen die stellvertretende Leiterin des Sudermann-Gymnasiums Frau Neringa Tallat-Kelpsaite Dapsiene, Uwe Jurgsties, Gerlinda Stunguriene aus Heydekrug und die Leiterin des Minderheiten-Kulturzentrums Jelena Butkeviciene. Viele Vertreter der Minderheiten-Vereine kamen mit Geschenken und Gesang gratulieren. Am Nachmittag wurde das Programm beim „Haus der offenen Tür“ wiederholt. Die Auftritte des Chores des Sudermann-Gymnasiums waren wieder hervorragend. Es war ein Genuss, diesen talentierten Sängerinnen zuzuhören. Natürlich gab es reichlich zu Essen und zu Trinken. Es wurde bis in den Abend gefeiert.

Am 2. Oktober fand in der Aula des Sudermann-Gymnasiums die Feier zum Tag der Deutschen Einheit statt. Im Hintergrund lief ein Film über den Mauerfall in Berlin und die Menschenkette von Wilna bis Tallinn ab. Manfred Wagener vom Verein Vokietuva begrüßte das Publikum und betonte, dass er und seine deutschen Geschäftsfreunde die Vereinsarbeit unterstützen. Die Sudermann-Schule sieht er als Zentrum von Veranstaltungen. Ein Streichquartett spielte das Deutschlandlied und anschließend die Litauische Nationalhymne. Der Bürgermeister sprach ein Grußwort. Dr. Baublys verlas das Grußwort von Jutta Schmitz. Der Jugendchor verzauberte seine Zuhörer mit zu Herzen gehenden Liedern.

Anschließend wurde in der blau-weiß geschmückten Schulkantine ein Oktoberfest gefeiert mit Leberkäs, Senf und Brötchen von Klaus Seppmann und Manfred Wagener vom Verein Vokietuva spendiert. Die verschiedenen landesüblichen Getränke kamen von der Volfas Engelman Brauerei. Natürlich hat auch die AdM alle Feiern finanziell unterstützt. Für großartige Stimmung sorgte die Zwei-Mann-Kapelle von Gintaras Jonaitis mit bayerischer Musik und der Chor vom Verein Heide, der vollzählig mit dem Bus angereist kam.

Allen Sponsoren nochmal ein herzliches Dankeschön.

Am 4. Oktober lud die Deutsche Botschafterin Jutta Schmitz anlässlich des Tages der Deutschen Einheit zu einem Empfang in den Großfürstenpalast in Wilna ein. Manfred Wagener fuhr Dr. Baublys, Magdalena und Arnold Piklaps, Klaus Grudzinskas, Rasa Miuller, Uwe Jurgsties und mich  in seinem Kleinbus nach Wilna.  Es fanden sich 500 geladene Gäste ein. Nach Abspielen des Deutschlandliedes und der Litauischen Nationalhymne hielt Jutta Schmitz eine Ansprache. Es folgten einige musikalische Beiträge von jungen Musikern aus Duisburg. Dann wurde das üppige Buffet eröffnet. Es waren erlebnisreiche aber auch anstrengende Tage.              Karin Gogolka

 

SENSBURG

Kreisvertreterin: Gudrun Froemer, In der Dellen 8a, 51399 Burscheid, Telefon (02174) 768799. Alle Post an: Geschäftsstelle Kreisgemeinschaft Sensburg e.V., Stadtverwaltung Remscheid, 42849 Remscheid, Telefon (02191) 163718, Fax (02191) 163117, E-Mail: info@kreisgemeinschaftsensburg.de, www. kreisgemeinschaftsensburg.de

Der Einladung zur Festveranstaltung des 25jährigen Bestehens der Sensburger Deutschen Gesellschaft waren am 1. Oktober  etwa 100 Gäste in den Konferenzsaal des Hotels „Huszcza“ gefolgt. Gegen 15 Uhr eröffnete der Vorsitzende der „Bärentatze“, Karol Czerwinski, die Feierstunde und begrüßte die Besucher und Ehrengäste mit herzlichen Worten. Er erinnerte an die Tage des Entstehens des Sensburger deutschen Vereins und schilderte die anfänglichen Schwierigkeiten, sprach von der neu entstandenen Situation, die eine gewisse Einübung erforderte, ehe sie alltägliche Realität wurde. Anschaulich ließ er die Arbeit des Vorstands in geraffter Form Revue passieren. Für einen humanen Umgang miteinander machte sich die Bürgermeisterin der Stadt Sensburg, Otolia Siemieniec, in ihrer Rede stark. Sie sprach von Mitmenschlichkeit, die sie über Grenzen hinweg praktiziere. Sie habe viele Bekannte in Deutschland, mit denen sie freundschaftlich verkehre. Jeder Mensch, der ihr begegne, sei ihr wichtig. Aus dieser ihrer Haltung heraus wird verständlich, warum Frau Siemieniec über mehrere Amtsperioden hinweg die Führung der Stadt bis heute innehat. Die Leiterin des Verbindungsbüros der Landsmannschaft Ostpreußen in Allenstein, Edyta Gładkowska, begrüßte die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft und gratulierte  herzlich zum Jubiläum. Sie führte aus, dass die vor 25 Jahren entstandene Sensburger Deutsche Gesellschaft ihren Mitgliedern die Möglichkeit gegeben habe, ihre Identität zu pflegen und zu bewahren. Zuvor sei das leider nicht möglich gewesen. Des Weiteren fand sie herzliche Dankesworte für die gute Zusammenarbeit mit dem Vorstand des deutschen Vereins in Sensburg. Jolanta Puchalska-Olszewska, überbrachte ein Grußwort des amtierenden Landrats, Antoni Karas, der sich entschuldigte, bei der Veranstaltung nicht dabei sein zu können.

Als Redner aus Deutschland überbrachte das Grußwort Manfred Buchholz, der mit seinem Kollegen des Kreisausschusses Sensburg, Gerhard Zielinski, anreiste. In seinen einleitenden Worten wandte er sich an alle Gäste der Jubiläumsfeier, indem er sagte: „Als Beauftragter für die Sensburger Deutsche Gesellschaft ,Bärentatze‘ begrüße ich herzlich alle Besucher dieser Jubiläumsfeier zum 25-jährigen Bestehen der .Bärentatze‘. Ich überbringe die herzlichen Grüße der Kreisgemeinschaft Sensburg aus Remscheid und damit zugleich Grüße der Menschen, deren Heimat einst hier gewesen ist. Sie alle wünschen der heutigen Veranstaltung ein gutes Gelingen. Sie wünschen der Sensburger Deutschen Gesellschaft viele erfolgreiche Jahre.“

Der aus dem Kreis Sensburg stammende Redner erinnerte im weiteren Verlauf seiner Ansprache an die Zeit vor einem Vierteljahrhundert. Er ließ die Erinnerung wach werden, erhob die Frage: „Was ermöglichte plötzlich die Schaffung der deutschen Vereine?“ Und er verwies auf den bedeutenden Nachbarschaftsvertrag vom 17. Juni 1991. In dem vor 25 Jahren zustande gekommenen Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit heißt es in Artikel 20/1: „Die Angehörigen der deutschen Minderheit in der Republik Polen, … die deutscher Abstammung sind oder sich zur deutschen Sprache, Kultur oder Tradition bekennen, …. haben das Recht, … ihre ethnische, kulturelle, sprachliche und religiöse Identität frei zum Ausdruck zu bringen, zu bewahren und weiterzuentwickeln.“ Dieser Vertrag erst habe es ermöglicht, dass die hier wohnenden Menschen deutscher Herkunft sich als Mitglieder in deutschen Vereinen zusammenfanden und ihre Rechte wahrnahmen.

Die Ostpreußischen Sommerfeste, zunächst in den Städten Lötzen, Osterode, Hohenstein, erfreuten sich großer Beliebtheit. Die Menschen deutschen Ursprungs bestürmten förmlich die Festivals. So war der Treffpunkt des Sommerfestes für das Jahr 2015 die Stadt Sensburg. In dem Zusammenhang ließ sich der Beauftragte für die SDG zu einer hypothetischen Aussage hinreißen: „Hätte ein solches Sommerfest bereits in den ersten Jahren nach 1945 hier in Sensburg stattfinden können, und hätte es das Amphitheater seinerzeit gegeben – es wäre bis auf den letzten Platz gefüllt gewesen! Damals betrug der Anteil der deutschen Bevölkerung vielerorts weit über 50 Prozent. Es muss nicht groß erörtert werden, welche Ereignisse dazu führten, dass die Zahl der Deutschstämmigen heute so gering ist. Bereits in der Rede zum 10-jähren Bestehen des damaligen Dachverbandes sagte Joachim Salewski im Namen des Verbandes: „Wir hier in der Heimat verbliebenen, heute polnischen Bürger deutscher Abstammung wurden in 45 Jahren nach dem Kriege intensiv polonisiert, wir wurden unserer Sprache und Kultur beraubt. Man hat auch hier in Ermland und Masuren alles getan, um die Menschen zu unterdrücken, was dazu führte, das viele das Land verließen.“ Der Redner fügte hinzu „zu viele“ und ergänzte: „Wir wollen nichts verdrängen. Wir wissen, was von Deutschland aus dem polnischen Volk im Zweiten Weltkrieg angetan wurde. Wir erinnern  uns aber auch die Zeit hier in Sensburg nach 1945. Und wir wissen, warum heute so wenig Deutschstämmige hier leben. Die geschichtliche Wahrheit kennen wir.“

In seinen Ausführungen bedeutete der Gast aus Deutschland, dass ein wesentlicher Prozess der Verständigung mittlerweile in Gang gekommen ist. Der erwähnte Nachbarschaftsvertrag enthalte einen Passus, der besagt, dass deutsche Gräber in der Republik Polen geachtet werden und ihre Pflege ermöglicht wird. Diese Erklärung werde von der Stadtverwaltung Sensburg mit Leben erfüllt. In diesem Frühjahr fand auf dem alten evangelischen Friedhof durch jugendliche Gruppen aus Polen, Deutschland und der Türkei eine Aufräumaktion statt, wofür der Bürgermeisterin jetzt Dank ausgesprochen wurde.

Abschließend äußerte der Redner, dass der Prozess der Verständigung sichtbare Fortschritte mache. Im vergangenen Jahr sei die Städtepartnerschaft zwischen Mragowo und Remscheid zustande gekommen. Zur Unterzeichnung des Vertrags war der Sensburger Landrat, Antoni Karas, mit einer Delegation nach Remscheid gekommen. Begegnungen haben inzwischen stattgefunden und weitere seien bereits geplant. Auch der Nachbarschaftsvertrag von 1991 betrachtet die Minderheiten und ihnen gleichgestellte Gruppen als natürliche Brücken zwischen dem deutschen und dem polnischen Volk. Und der Aufruf des Gastredners zu einem besseren Miteinander verhallte bei den Zuhörern gewiss nicht ungehört: „So ist das heutige Jubiläumsfest eine kleine Brücke zwischen Mragowo und Remscheid, zwischen Deutschland und Polen. Wir alle wollen dazu beitragen, – heute und stets –  dass diese Brücke stabiler und tragfähiger werde.“

Ein kleines kulturelles Programm wurde dargeboten von der Tanzgruppe der unteren Klassen der Volksschule Hohensee, für deren Auftritt sich das Vorstandsmitglied der SDG, zugleich Verantwortliche für die deutsche Minderheit in der Region Sorquitten, Dagmar Zajko, einsetzte. 

Monika Krzenzek, Vorstandsmitglied beim Verband der deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren sowie bei der Gesellschaft der deutschen Minderheit „Heimat“ in Ortelsburg, erfreute die Anwesenden mit Sologesängen deutscher Lieder. Ein Repertoire überwiegend deutscher Volkslieder bot die Singgruppe „Masurenklang“ aus Peitschendorf, die inzwischen ihre dritte CD, bestehend größtenteils aus deutschen Gesängen, herausbrachte. Spezialitäten vom Grill, die der Hotelier selbst zubereitete, waren nach geduldigem Zuhören und aufmerksamem Beobachten sehr willkommen. In den Abendstunden versammelten sich die speziell geladenen Gäste zu einem Empfang im Restaurant, wo nun auch der Landrat seine Aufwartung machte, da er am Nachmittag bei einem wichtigen Einsatz nicht abkömmlich war. Der Abend klang zufrieden aus, in einer gelösten und heiteren Atmosphäre. Manfred Buchholz

 

TILSIT–STADT

Stadtvertreter: Hans Dzieran, Stadtgemeinschaft Tilsit, Postfach 241, 09002 Chemnitz. Geschäftsführer: Manfred Urbschat, E-Mail: info@tilsit-stadt.de.

Alfred Pipien, Ehrenmitglied der Stadtgemeinschaft Tilsit, ist kurz nach seinem 91. Geburtstag für immer von uns gegangen. Er wurde 1925 in Tilsit geboren. Nach dem Besuch der Schwedenfelder Volksschule erlernte er den Beruf des Maschinenschlossers. 1943 wurde er zur Luftwaffe einberufen, wurde zweimal verwundet und geriet in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nach der Entlassung landete er in Hannover, wo er sein Berufsleben in einem Unternehmen der Metallbranche verbrachte.

Schon vor vielen Jahrzehnten wurde er aktiv in der Stadtgemeinschaft Tilsit tätig, deren Entwicklung er als gewähltes Mitglied der Stadtvertretung nachhaltig prägte. Seine handwerklichen und konstruktiven Fertigkeiten setzte er für den Bau von Modellen markanter Tilsiter Bauwerke ein, die auf Heimattreffen und im Freiluftmuseum Molfsee große Beachtung fanden. Alfred Pipien leitete als Sprecher die Schulgemeinschaft Schwedenfeld, deren jährliche Schultreffen beispielgebend waren. Mit vielen Beiträgen half er auch publizistisch, die Erinnerung an die Heimat am Memelstrom zu bewahren. Sein jahrzehntelanger Einsatz für die Stadtgemeinschaft wurde mit der Verleihung der Silbernen Ehrennadel der Landsmannschaft Ostpreußen und der Bismarckmedaille gewürdigt. In tiefer Trauer nehmen wir Abschied von Alfred Pipien. Unser Mitgefühl gilt seiner Frau Elsbeth, Wir werden Alfred Pipien sehr vermissen und sein Wirken dankbar bewahren.


S. 18-20 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BUND JUNGES OSTPREUSSEN

Vorsitzender: Marius Jungk, Gst.: Buchtstr. 4, 22087 Hamburg, Tel.: (040) 4140080, E-Post: kontakt@junge-ostpreussen.de, www.junge-ostpreu­ssen.de.

Donnerstag, 24., bis Sonntag, 27. November: Adventstreffen im ostpreußischen Osterode. Informationen: www.junge-ostpreus-sen.de/47-0-Aktivitaeten.html

Donnerstag, 29. Dezember, bis Dienstag, 3. Januar: Silvesterfahrt nach Ostpreußen: Informationen: www.junge-ostpreussen.de/47-0-Aktivitaeten.html

 

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Landesgruppe – Sonnabend, 5. November, 11 Uhr, Großer Saal, Haus der Heimat, Stuttgart: Kulturnachmittag des Landesgruppe Westpreußen. Die LM Ostpreußen und Gäste sind herzlich eingeladen.

Ludwigsburg – Montag, 21. November, 15 Uhr, Kronenstuben, Kronenstraße 2: Stammtisch.

Reutlingen – Am 1. Oktober feierte die Landsmannschaft Ost-Westpreußen Reutlingen ihr Erntedankfest.

Die im Saal schön herbstlich geschmückten Tische waren schnell belegt. Die 1. Vorsitzende Ilse Hunger, begrüßte Mitglieder, Ehrengäste und Freunde herzlichst. Als Einleitung zum Gesang des Liedes „Bunt sind schon die Wälder und die Stoppelfelder“ begleitete Anton Prokein mit dem Akkordeon die Gäste und führte sie mit weiteren Klängen zu den Liedern durch den Nachmittag.

Ein tief beeindruckender Vortrag über das frühere Leben in der Heimat Ostpreußen folgte von Andreas Praß. Weitere Herbstgedichte und Gedanken zum Erntedankfest wurden vorgetragen. Das von der Bäckerei Bosch gespendete Erntedankbrot wurde dankend entgegen genommen und nach ostpreußischer Tradition gesegnet. In der Pause wurden Lose verkauft. Nach dem gemeinsamen Ostpreußenlied „Land der dunklen Wälder“ stieg die Spannung bei der Gewinn-Verteilung.

Am Ende des Festes durfte der schöne und reiche Erntegabentisch von den Gästen abgeräumt werden. Alle waren zufrieden und hatten ein lobendes Wort über das schön gelungene Erntedankfest.

                E. Manzau-Schmidt

Ulm/Neu Ulm – Freitag, 11. November, 14.30 Uhr, Ulmer Stuben: Monatliches Treffen.

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Ansbach – Sonnabend, 12. November, 14.30 Uhr, Waldfriedhof: Gedenken zum Volkstrauertag (mit allen Ansbacher landsmannschaften). Ab 15 Uhr lädt die Landsmannschaft in der Orangerie nach dem Kaffee zum Tisiter-Käse-Essen ein.

Bamberg – Mittwoch, 16. November, 15 Uhr, Hotel Wilde Rose, Keßlerstraße: Monatstreffen mit einem Vortrag über die Pilgerkirche Heiligelinde.

Hof – Bis zum 6. November läuft noch die Sonderausstellung „Ostpreußen verzaubert“ im Museum Bayerisches Vogtland in Hof. – Sonnabend, 12. November, 15 Uhr, Altdeutsche Bierstube Hof: Heimatnachmittag. – Sonnabend, 10. Dezember, 15 Uhr, Altdeutsche Bierstube Hof: Adventsnachmittag. – Sonnabend, 14. Januar, 15 Uhr, Altdeutsche Bierstube Hof: Jahreshauptversammlung. – Sonnabend, 11. Februar, 14 Uhr, Altdeutsche Bierstube Hof: Grütz-wurstessen. – 6. bis 16. Juni : Ostpreußenreise mit Christian Joachim als Reiseleiter.

Landshut – Dienstag, 15. November, 14 Uhr, Gasthof Zur Insel: Gemeinsames Treffen.

Ulm – Sonnabend, 12. November, 14.30 Uhr, Ulmer Stuben: Monatliches Treffen der Kreisgruppe.

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Bartenstein – Anfragen zu gemeinsamen Treffen bei Elfi Fortange, Telefon (030) 4944404.

Frauengruppe – Mittwoch, 9. November, 13:30 Uhr, Pflegestützpunkt, Wilhelmstraße 116-117, 10963 Berlin: Totenehrung. Anfragen: Marianne Becker, Telefon, (030) 7712354.

Rastenburg – Donnerstag, 13. November, 12 Uhr, Rastenburg, Restaurant Stammhaus, Rohrdamm 24 B, 13629 Berlin: Gemeinsames Treffen. Anfragen: Martina Sontag, Telefon (033232) 188826.

Königsberg – Freitag, 18. November, 14 Uhr, Johann-Georg-Stuben-Straße 10, 10709 Berlin-Halensee: Eisbeinessen. Anfragen bei Elfi Fortange, Telefon 4944404.

Heilsberg/Rößel – Mittwoch, 30. November, 15 Uhr, Seniorenfreizeitstätte „Maria Rimkus Haus“, Gallwitzallee 53, 12249 Berlin: Adventliches Beisammensein. Anfragen bei Erika Hack-barth, Telefon (033762) 40137, für Rößel bei Ernst Michutta, Telefon (05624) 6600.

 

BREMEN

Vorsitzender: Helmut Gutzeit, Telefon (0421) 25 09 29, Fax (0421) 25 01 88, Hodenberger Straße 39 b, 28355 Bremen. Stellvertrende Vorsitzende: Marita Jachens-Paul, Ratiborer Straße 48, 27578 Bremerhaven, Telefon (0471) 86176. Landesgeschäftsführer: Jörg Schulz, Am Anjes Moor 4, 27628 Uthlede, Telefon (04296) 74 77 01.

Bremen – Freitag, 11. November, 12.30 Uhr, „Hotel Robben – Grollander Krug“, Emslandstraße 30, in Bremen-Grolland: Diesjähriges Entenessen unserer Frauengruppe – offen für alle Mitglieder und sonstige Interessenten. Eine halbe Ente wird als Tellergericht mit den üblichen Beilagen serviert und kostet 15,90 Euro pro Person. Sie erreichen das Lokal mit den BSAG-Linien 1 und 8, Haltestelle: „Norderländerstraße“. Anmeldungen bitte bis spätestens 5. November bei Frau Schramm, Telefon (04298) 698765.

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Haus der Heimat, Teilfeld 8, 20459 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

Landesgruppe – Sonnabend, 12. November, 10 bis 16 Uhr, Haus der Heimat, Teilfeld 8: Christkindlmarkt der ost- und mitteldeutschen Landsmannschaften. Der Ostpreußenstand ist auch mit einem Angebot regionaler Spezialitäten und diverser Literatur vertreten. Für das leibliche Wohl ist ebenfalls gesorgt. Anreise: Das Haus der Heimat liegt unweit der S-Bahnstation Stadthausbrücke, der U-Bahnstation Rödingsmarkt oder der Haltestelle der Buslinien 6 und 37.

KREISGRUPPEN

Elchniederung – Dienstag, 29. November, 14 Uhr, Berenberg-Gossler-Haus, Bürgerhaus Niendorf e.V., Niendorfer Kirchenweg 17, 22459 Hamburg: Treffen der Gruppe im Advent zu einem besinnlichen und fröhlichen Nachmittag mit Geschichten, Liedern und Julklapp. Bitte ein Päckchen mitbringen, damit keiner leer ausgeht. Gäste sind herzlich willkommen. Weitere Auskunft bei Helga Bergner, Telefon (040) 5226122.

Insterburg, Sensburg – Die Heimatkreisgruppe trifft sich jeden ersten Mittwoch im Monat zum Singen und einem kulturellem Programm um 12 Uhr, Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123–125. Kontakt: Manfred Samel, Fried-rich-Ebert-Straße 69b, 22459 Hamburg. Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

Osterode – Sonnabend, 26. November, 14 Uhr, Restaurant Ribling (ehemals Krohn), Fuhlsbüttler Straße 757: Wir laden herzlich zu unserer Weihnachtsfeier ein. Das Restaurant befindet sich direkt am Bahnhof Ohlsdorf, Ausgang Fuhlsbüttler Straße. Wir beginnen mit einer gemeinsamen Kaffeetafel sowie Liedern und Erzählungen zur bevorstehenden Adventszeit. Über genügend Beteiligung freuen sich Marie-Louise und Günter Stanke.

BEZIRKSGRUPPEN

Hamburg-Bergedorf – Sonnabend, 5. November: Treffen der Frauengruppe. Herbstmarkt im Ostpreußischen Landesmuseum, Heiligengeiststr. 38, Lüneburg. Thorner Kathrinchen und Pfefferkuchenstand Gisela Harder Kaffee und Kuchen im Bernstein Café.

 

HESSEN

Vorsitzender: Ulrich Bonk, Stellvertretender Vorsitzender: Gerhard Schröder, Engelmühlenweg 3, 64367 Mühltal, Telefon (06151) 148788

Darmstadt/Dieburg – Informationen der LOW-Kreisgruppe Darmstadt/Dieburg: Am 4. Okto-ber hat sich der Vorstand zu einer turnusmäßigen Sitzung getroffen, um einen Rückblick auf die letzten zwölf Monate zu halten, und vorausschauend das erste Halbjahr 2017 terminlich zu planen. Hier eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Punkte: Unsere Mitgliederzahl ist, bedingt durch natürliche Umstände, kontinuierlich am Abnehmen. Dies wirkt sich auf die Teilneh-merzahlen an unseren Veranstaltungen aus. Die durchschnittliche Teilnehmerzahl der letzten zwölf Monate waren 27 Personen pro Veranstaltung (Gäste mitgerechnet). Wichtiger Hinweis: Unsere Veranstaltungen im November und Dezember 2016 sowie Januar, Februar und März 2017 beginnen bereits um 14.30 Uhr.

Für das erste Halbjahr 2017 haben wir folgende Termine und Programme vorgesehen: 14. Januar: Nord-Ostpreußen auf eigene Faust. Vorgetragen von Hanna Schink und Kerstin Hoffmann. Alternativ durch Gerhard Schröder und Hannelore Neumann. 25. Februar: Fasteloawend. 18. März: Hauptversammlung und Wahl des Vorstandes. 8.April: Ein weiterer Vortrag durch „pro Senior Referentin“ – Franziska Raschke. 13. Mai: Frühlingsfest mit Musikbegleitung durch Walter Fischer. 10. Juni: Mundartliche Vorträge und Quiz über ostpreußische Bräuche. Im Juli und August ist Sommerpause. Termine für das zweite Halbjahr 2017 (ohne Programmangaben): 16. September, 14. Oktober, 11. November und 9.Dezember. Weitere Informationen werden monatlich mitgeteilt.

Unser nächstes Treffen findet am 12. November statt. Siegfried Kugies wird hier ein Lichtbildervortrag über eine Reise 2015 auf dem Oberländischen Kanal vorstellen. Ab November 2016 bis einschließlich März 2017 beginnen unser Veranstaltungen  bereits um 14.30 Uhr.

Wetzlar –  Montag, 14. November, 19 Uhr, Restaurant Grillstuben, Stoppelberger Hohl 128: „Von Siegen nach „Kaliningrad und dann nach Königsberg und Ostpreußen“ –  So lautet das Thema eines Vortrages des Historikers Peter Wörster aus Marburg). „Autobiografische Streifzüge eines Siegerländers am Ende seines Arbeitslebens“, hat der Referent seinen Vortrag untertitelt. Wörster, der in Marburg Geschichte, Slawinistik und Pädagogik studierte, hat seit 2006 einen Lehrauftrag für osteuropäische Geschichte an der Uni in Marburg. Der Eintritt ist frei. Kontakt: Kuno Kutz, Telefon (06441) 770559.

Wiesbaden – Dienstag, 8. November, 14.30 Uhr, Wappensaal, Haus der Heimat, Friedrichstraße 35: Treffen der Frauengruppe zum Thema „Gesundheit und altersgerecht ernähren – Ein Nachmittag mit dem Arbeiter-Samariter-Bund (ASB)“. – Sonntag, 13. November: Volkstrauertag mit Gedenkstunde auf dem Südfriedhof. Für die angeschlossenen Landsmannschaften legt der Bund der Vertriebenen (BdV), Kreisverband Wiesbaden einen Kranz nieder. – Sonnabend, 19. November, 14.30 Uhr, Haus der Heimat, Großer Saal, Friedrichstraße 35: Gedenkfeier zum 70-jährigen Bestehen unserer Landsmannschaft. Die Veranstaltung steht unter der Schirmherrschaft von Staatsekretär Ingmar Jung, Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst. Den Festvortrag hält Stadtverordnetenvorsteher a.D. Wolfgang Nickel. Zur Feier sind alle Mitglieder und Freunde unserer Landsmannschaft herzlich eingeladen. Wir freuen uns über regen Besuch.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Holzminden – Zum traditionellen Königsberger Klopsessen trafen sich im Oktober wieder zahlreiche Mitglieder und Gäste. Das Gedicht „Erinnerung“ von Dr. Alfred Lau wurde ein wenig umgewandelt und darin fand sich so manch einer wieder : „… auf em Haken hängt der Rock, aufgekrempelt sind die Ärmels; fier die Klopse lifte ich meinem Bauch und meine Därmels“. Und weiter: „ … miede bin ich und beleck meine Fingers zwischendessen; und ich bin so voller Glick, denn ich hab mir ieberfressen!“ So heiter geht es fast immer in der Holzmindener Ostpreußengruppe zu und Gäste aus Pommern und Schlesien fühlen sich hier mittendrin gut aufgehoben. Die Vorsitzende Renate Bohn erinnerte an den Freitag, 18. November, um 15 Uhr im „Felsenkeller“. Sie hat in all den vergangenen Jahren eine Fotoauswahl der Reisen und Veranstaltungen zusammengetragen und wird diese vorführen; „Unsere Ostpreußengruppe über Jahrzehnte“. Wenn dann die Zeit noch reicht, wird sie auch einen Film über Masuren zeigen. Die Weihnachtsfeier findet am 4. Advent statt mit vorausgehender Andacht. Zu allen Veranstaltungen sind Gäste stets herzlich willkommen.

Oldenburg – Mittwoch, 9. November, 15 Uhr, Stadthotel Eversten: Bildervortrag des Ehepaars Lubenau zum Thema „So schön ist der Nordwesten (Deutschlands), Eindrücke aus unserer Region“. Freunde und Bekannte sind herzlich willkommen.

Osnabrück – Dienstag, 15. November, 16.30 Uhr, Hotel Ibis, Blumenhaller Weg 152: Kegeln. – Freitag, 18. November, 15 Uhr, Gaststätte Bürgerbräu, Blumenhaller Weg 43: Treffen der Frauengruppe.

Rinteln – Donnerstag, 10. November, 15 Uhr, Hotel Stadt Kassel, Klosterstraße 42, 31737 Rinteln: Beim Monatstreffen der Gruppe wird Joachim Berg Filme aus seinem Archiv vorführen. Interessierte Gäste aus Nah und Fern sind zusammen mit ihren Angehörigen, Freunden und Bekannten ebenfalls herzlich willkommen. – Bitte vormerken: Die Adventsfeier der Gruppe mit einem besonderen Programm ist für Donnerstag, 8. Dezember, 15 Uhr, vorgesehen, weitere Informationen folgen. Auskünfte zur landsmannschaftlichen Arbeit der Gruppe gibt es beim Vorsitzenden Joachim Rebuschat, Telefon (05751) 53 86 oder per E-Mail: rebuschat@web.de

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Bonn – Dienstag, 8. November, 18 Uhr, Haus am Rhein, Elsa-Brandtström-Straße 74: Bildvortrag zum Thema „Europäische Kulturhauptstadt Breslau 2016“. 

Düsseldorf – Jeden Mittwoch, 18.30 Uhr, Eichendorffsaal, Gerhart-Hauptmann-Haus (GHH), Bismarckstraße 90: Probe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft Ostpreußen-Westpreußen-Sudetenland unter der Leitung von Radostina Hristova. – Montag, 7. Novemberm 19 Uhr. „Die deutschen Ostvertriebenen und der Lastenausgleich“ – Vortrag von Professor Manfred Kittel. – Donnerstag, 10. November, 19 Uhr, GHH: „Die Deutschen, Geographie eines Verlustes“ – Lesung mit Jakuba Katalpa. – Freitag, 11. November, 18 Uhr, Restaurant Akropolis, Immermannstraße 40: Traditionelles Gänseessen. Anmeldung erforderlich: Telefon (0211) 682318. – Mittwoch, 16. November, 19 Uhr, GHH: Gespräch mit Professor Stefan Creuzberger von der Uni Rostock zum Thema „Eine Supermacht dankt ab – Das Ende der Sowjetunion vor 25 Jahren.“ – Donnerstag, 17. November, GHH/Raum 412 „Ostpreußen“: Offenes Singen mit Marion Cals. Freitag, 18. November, 18 Uhr, GHH: Andreas-Gryphius-Preisverleihung. – Montag, 21. November, 19 Uhr, Jüdische Gemeinde, Leo-Baeck-Saal, Zietenstraße 50; Düsseldorf: Vortrag über Rabbiner Leo Baeck, gehalten von Pater Elias H. Füllenbach. Anmeldung bis zum 15. November bei Dr. Katja Schlenker, Telefon (0211) 16991-23 oder E-Mail: schlenker@g-h-h.de

Gelsenkirchen – Montag, 21. November, 14. 30 Uhr, Landgrafenschule, Eingang Märkische Straße: Treffen der Ostpreußen.

Gütersloh – Donnerstag, 10. November, 15 Uhr, Café Villa Dr. Murken, Neuenkirchener Straße 12: Treffen der Frauengruppe. Der Ostpreußische Singkreis trifft sich in unregelmäßigen Abständen montags von 15 bis 17 Uhr in der Elly-Heuss-Knapp-Realschule, Moltkestraße 13. Neue „Drosseln“ sind immer willkommen. Kontakt für Frauengruppe und Singkreis: Renate Thamm, Telefon (05241) 40422.

Köln – Dienstag, 15. November, 14:30 Uhr, Bürgerzentrum Köln-Deutz, Tempelstraße 41 – 43: Treffen der Ostpreußenrunde. Haben Sie, verehrte, in und bei Köln wohnende, ostpreußische Landsleute Lust, an unserer Nikolaus/Weihnachtsfeier am 20. Dezember teilzunehmen? Dann möchten wir Sie herzlich einladen, an der Sitzung im November teilzunehmen. Wir wollen den Ablauf der Feier und das Menü besprechen. Kommen Sie vorbei, auch wenn Sie noch nie bei uns waren. Vielleicht bringen gerade Sie zusätzlich einen Hauch mehr aus unserer Heimat mit. Wir möchten bei dieser Feier gut speisen, altbekannte Lieder mit Musikbegleitung singen, Geschichten in Erinnerungen an früher hören und manches andere tun, was einen vorweihnachtlichen Nachmittag ausmacht. Unser kleiner, aber gemütlicher Raum wartet auf Ihren Besuch.

Neuss – Sonntag, 13. November, Hauptfriedhof, 11 Uhr, Rheydter Straße: Teilnahme an der Feierstunde zum Volkstrauertag.

Wesel – Sonnabend. 12. November, 16 Uhr, Heimatstube, Kaiserring 4: Kulturabend (28. Preußische Tafelrunde). Alle Landsleute und Heimatfreunde sind dazu herzlich eingeladen. Der Kulturreferent der Gruppe, Paul Sobotta, hält das Referat: „Ostpreußische und ostdeutsche Größen in der heutigen Zeit.“ Traditionell werden Schnittchen mit geräucherter Gänsebrust, dazu Tee mit Rum oder Zitrone angeboten. Anmeldungen bei Paul Sobotta, Telefon (0281) 45657 oder Manfred Rohde, Telefon (02852) 4403.

Witten –  Montag, 21. November, 14.30 Uhr, Evangelisch-Lutherische Kreuzgemeinde, Lutherstraße 6-10: Film über die Rominter Heide, Königsberger-Klopse-Essen.

Wuppertal – Sonnabend, 12. November, 14 Uhr, Hofaue 51, Kolkmannhaus in Wuppertal-Elberfeld Ostpreußenrunde.

 

RHEINLAND-PFALZ

Vors.: Dr. Wolfgang Thüne, Wormser Straße 22, 55276 Oppenheim.

Mainz – Sonnabend, 5. November, 15 Uhr, Mundus Residenz, Große Bleiche 44, 55116 Mainz: Gezeigt wird der Film „Heimat ist kein Ort“.Sachsen

 

SACHSEN

Vorsitzender: Alexander Schulz, Willy-Reinl-Straße 2, 09116 Chemnitz, E-Mail: alexander.schulz-agentur@gmx.de, Telefon (0371) 301616.

Limbach-Oberfrohna – Die Kreisgruppe feierte das traditionelle, ostpreußische Erntedankfest. Am 8. Oktober waren alle Landsleute und Gäste herzlich dazu ins Eschemuseum eingeladen. Schon vorher gab es eine Menge vorzubereiten. Einen Tag vorher trafen sich alle im Eschemuseum. Der Saal wurde  mit herbstlichen bunten Dekorationen geschmückt. Der Saal wurde gemeinsam mit herbstlichen bunten Dekorationen, mit Girlanden aus Maiskolben, getreide und Blumen geschmückt. Der Saal erstrahlte in den schönsten Farben des Herbstes. Die Frauen des Vorstandes hatten leckeren Kuchen gebacken Deftiges in Form von Wurstbroten und Schmalzbroten durfte ebenfalls nicht fehlen.

Am Tag des Erntedankfestes war der Saal bis auf den allerletzten Stuhl gefüllt. Am Eingang wurden alle Landsleute und Gäste von den freundlichen Enkelkindern der Familie Weihe willkommen geheißen. Jeder bekam zur Begrüßung ein kleines mit Bernstein verziertes Geschenk überreicht. Als besonderer Ehrengast konnte Jesko Vogel, der Oberbürgermeister von Limbach-Oberfrohna mit seiner Gattin begrüßt werden.

Eingangs erinnerte Herr Weihe an die Zeit der Ernte in unserer Heimat Ostpreußen und berichtete über Kultur und Brauchtum. Es folgte der Einmarsch der Bauernfamilie. In bäuerlicher Kleidung und mit den alten Arbeitsgeräten in der Hand marschierten die Landsleute ein. Die kleinen Urenkel der Familie Weihe liefen unter gro-ßem Beifall vorweg. Elli Springwald trug dann das Gedicht „Der Bauer spricht“ vor.

Danach wurde die Erntekrone hereingetragen. Es war für Irm-gard Gläser und Hannelore Kedzierski eine große Ehre, dieses zu tun. Kedzierski rezitierte dazu das Gedicht „Wir bringen der Herrschaft eine Krone aus Korn“.

Anschließend folgte „Spätsommer“ von Agnes Miegel. Nun wurden die Schüler der Gerhart-Hauptmann-Oberschule begrüßt. Ein buntes Kulturprogramm passend zur Erntezeit wurde von den Kindern vorgetragen. Sie bekamen großen Beifall.

Den erhielt auch der gemischte Chor Langenberg. Er erfreute uns mit Liedern des Herbstes und der Heimat, bei denen kräftig mitge-sungen wurde. Anneliese Mar-schall und Helga Büchner unter-stützten das Programm mit Hei-matgedichten. Bevor wir das Lied der Ostpreußen sangen, sprach Jürgen Scheffler über seine Kind-heit in Ostpreußen und trug das Gedicht „Erinnerungen – Ich stand am Kornfeld, ich war noch ein Kind“ vor. Nach der erholsamen Pause ging es weiter mit einem Vortrag von Springwald. Sie erzählte vom Erntekranz. Kedzierski trug ein fröhliches Gedicht vor. Mit musikalischer Begleitung von Herrn Weihe sangen wir unser Abschlusslied „Nach meiner Heimat zieht’s mich wieder!“

Einen besonderen herzlichen Dank sagen wir Ingeburg und Karl-Heinz Christoph aus Berlin für die gute materielle Unterstüt-zung unserer Arbeit mit den Schülern. Zum Abschluss unseres Erntedankfestes informierte der Vorsitzende Reinhard Gerullis über die zukünftige Arbeit, Für die finanzielle Unterstützung des Sächsischen Innenministeriums Dresden sagen wir Danke.           H. K.

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle,  Telefon privat (0345) 2080680.

Magdeburg– Freitag, 11. November, 15 Uhr, TuS, Zielitzer Straße: Treffen des Singekreises. – Sonntag, 13. November, 14 Uhr: Gedenken aller Kriegs- und Vertreibungsopfer.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner, Julius-Wichmann-Weg 19, 23769 Burg auf Fehmarn, Telefon (04371) 8888939, E-Mail: birgit@kreil.info

Bad Schwartau – Donnerstag,   17. November, 14.30 Uhr, AWO-Begegnungsstätte, Auguststraße 34a, 23611 Bad Schwartau: – Monatstreffen mit Wernfried Lange: „Die Burgen des Ritterordens im ehemals deutschen Osten“. Telefon (0451) 25243.

Flensburg – Sonntag 13. November (Volkstrauertag), 11.30 Uhr und Sonntag 20. November (Totensonntag), 15 Uhr, Friedhof Am Friedenshügel in der Kapelle: Gemeinsames Gedenken. Es ist geplant, ein Sammeltaxi durch die Stadt einzusetzen.

Neumünster – Mittwoch, 9. November, 12 Uhr: Wenn der Spirkel schmurgelt! „Ete und Drinke hölt Liew on Seele tosome.“ Ein gemeinsames Mittagessen nehmen wir in der Stadthalle am Kleinflecken ein. – Donnerstag, 10. November, 12 Uhr, Stadthalle, Kleinflecken: Gemeinsames Mittagessen. Näheres und Anmeldung unter Telefon (04321) 82314. Gäste sind willkommen.

Pinneberg – Sonnabend, 12. November, 15 Uhr: Gänseverspielen (Bingo). Anmeldungen unter Telefon (04001) 62667.

Schönwalde am Bungsberg – Donnerstag, 3. November, 14 Uhr: Gemeinsames Treffen. – Donnerstag, 10. November, 14 Uhr: Gemeinsames Treffen. – Sonntag, 13. November, 9.45 Uhr, Schönwalder Kirche: Volkstrauertag. – Donnerstag, 17. November, 14 Uhr: Seniorenbegegnung.

Uetersen – Freitag, 11. November, 15 Uhr, Haus Ueterst End, Kirchenstraße 7: Vorstandsmitglied Frank Farin berichtet über die wirtschaftliche und politische Situation unserer Nachbarn.


Wenn dieses Rad erzählen könnte ...
Früher half es den Zauber Ostpreußens zu erkunden, heute ist es ein Museumsstück

Wenn dieses Rad erzählen könnte, es würde berichten von weiten Feldern, dunklen Wäldern und stillen Seen, von schattigen Alleen und sandigen Wegen, von beschaulichen Dörfern, lebhaften Städten und mächtigen Burgen, es würde erzählen von Ostpreußen. Hergestellt in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg bei der Firma Lindlau in Köln, die es heute noch gibt, gelangte es in den Besitz der Schülerin beziehungsweise Studentin Marianne Günther, später verheiratete Peyinghaus aus Köln. Mit ihr hat es die längsten Wege seines Daseins in Ostpreußen zurückgelegt. Darüber berichtet Marianne Peyinghaus in ihrem Buch „Stille Jahre in Gertlauken“

Im November 1941 tritt die Junglehrerin aus Köln ihre erste Stelle an der Dorfschule in Gertlauken, Kreis Labiau, an. Gertlauken liegt abseits und ohne Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel. Darum bittet sie ihre Eltern bereits kurz nach ihrer Ankunft in einem Brief vom 15. November 1941, ihr das Fahrrad nachzuschicken. Das erfolgt mit der Bahn. Das Rad kommt, wie sie in ihrem Brief vom 25. April 1942 berichtet, im 20 Kilometer entfernten Labiau an.

Von nun an erkundet Marianne Günther mit ihrem Fahrrad die nähere und weitere Umgebung Gertlaukens, den Kreis Labiau und darüber hinaus. Sie fährt ans Haff , am Großen Friedrichsgraben entlang bis Elchwerder und Gilge, zu ihrer Studienfreundin nach Weidlacken, durchfährt das Deimetal nach Tapiau, fährt über Wehlau und Norkitten, nach Insterburg und Gumbinnen. Das Rad bringt sie unzählige Male an den Haltepunkt Mauern bei Laukischken, an der Bahnstrecke Königsberg-Tilsit gelegen. Sie fährt bei jedem Wetter, ob Sonne, Wind, Sturm und Regen, ob Schnee und Eis. Das Rad überdauert auch einige Stürze und wird von seiner unerschrockenen Fahrerin wieder fahrbereit gemacht. Der Ablauf der Jahreszeiten in Ostpreußen wird für die naturverbundene junge Frau zu einem Erlebnis, das sie in dieser Intensität nur durch das Radfahren erfährt. So schreibt sie es an ihre Eltern in der Großstadt Köln.

Im Januar 1945 hat die Idylle und der vermeintliche Friede in Gertlauken ein Ende. Die russische Armee rückt näher. Mit einem deutschen Militärbus gelingt es Marianne Günther – Gepäck und Fahrrad auf dem Dach des Busses –  an den Bahnhof von Labiau zu gelangen. Nach stundenlangem Warten auf einen Zug in bitterer Kälte kann sie ihre Habe in einen endlich bereitgestellten Waggon packen. Der Zug erreicht über Königsberg, Marienburg und die zum Glück noch nicht gesprengte Weichselbrücke nach einer Woche die Stadt Penig in Sachsen. Wie durch ein Wunder findet sie dort trotz der chaotischen und wirren Zustände auch ihr Fahrrad wieder.

Mit viel Mut überwindet Marianne Günther alle Hindernisse und bürokratischen Hürden und kommt auf ihrem Fahrrad im Juni 1945 wohlbehalten bei ihren Eltern in Köln an.

Nach ihrer Heirat nimmt sie das Rad mit an den neuen Wohnort Wipperfürth, wo ihr Mann Fritz Peyinghaus am Gymnasium tätig ist. Im Pensionsalter zieht es das Ehepaar Peyinghaus an den Rhein nach Bad Breisig, auch das Fahrrad kommt mit. Es bleibt bis ins Alter ihr zuverlässiger Begleiter.

Die Heimatstube des Heimatkreises Labiau im historischen Torhaus von Otterndorf in Niedersachsen ist die letzte Station auf der langen Reise dieses Fahrrades. Es hat viel erlebt und einen würdigen Platz verdient. Die Original-Landkarte von Ostpreußen, die Marianne Günther dabei hatte, leistet ihm im Torhaus Gesellschaft. Das Buch „Stille Jahre in Gertlauken“ ist ebenfalls ausgestellt. Eine Dokumentation ist in Arbeit.

                Brigitte Stramm


S. 21 Lebensstil

Irrsinn mit Maske
Wenn aus Spaß Ernst wird – Als Gruselclowns Verkleidete sorgen um das Geisterfest Halloween herum für Angst und Schrecken

In diesen Tagen machen Attacken von „Gruselclowns“ Schlagzeilen. Dabei handelt es sich nicht nur um harmlose Halloween-Scherze, sondern um Straftaten.

„Ich halte mich für ein intelligentes, menschliches Individuum, mit der Seele eines Clowns, welche mich immer wieder dazu zwingt, in den wichtigsten Mo­menten alles zu zerstören“, sagte der 1971 verstorbene Rock­star Jim Morrison, bis heute eine Ikone der Moderne zwischen Mu­sik, Drogen und Rebellion. Als Clowns Verkleidete dringen derzeit als Teil einer anderen zerstörerischen Pop-Kultur ins öffentliche Bewusstsein. Sogenannte „Grusel-Clowns“ oder „Killer-Clowns“ erschrecken oder verletzen öffentlich. Anders als Morrison setzen sie sich nicht mit sich auseinander, doch auch sie suchen das Spannungsfeld von öffentlicher Aufmerksamkeit und Tabubruch mit Menschen als unfreiwillige Co-Darsteller.

In Rostock griff am 21. Oktober ein Mann mit Clownsmaske einen 19-Jährigen mit einem Baseballschläger an und verletzte ihn. Kurz zuvor war in der Ostseestadt bereits ein 15-Jähriger von einem Clown mit einem Messer bedroht worden. Der Jugendliche konnte unverletzt flüchten. Tags zuvor erschreckte ein Mann in ähnlicher Maskerade eine 22-Jährige in Greifswald. In Gelsenkirchen bedrohte zeitnah ein 16-Jähriger im Horrorkostüm mit Baseballschläger einen zwei Jahre jüngeren Bekannten. In Wesel er­schreckt­e ein maskierter Mann mit einer Kettensäge eine Frau. Die Fälle scheinen sich zu häufen, Manege frei für Nachahmer.

Die Grenzen zwischen dem Angsteinjagen und der Körperverletzung bis hin zur Tötungsabsicht sind dabei für die menschlichen Ziele selten erkennbar. Maskenhaft und mit Anzeichen von Gewaltbereitschaft ausgestattet – hysterisch wie die Aufmachung der falschen Spaßmacher sind oft auch die Reaktionen. US-Forscher beschäftigen sich mit dem Angstfaktor Clown. Ihr Fazit: Unvorhersehbarkeit, insbesondere die fehlende Erkennbarkeit von Gefühlen, flößten Angst ein. Die unkonventionelle bis nachlässige Aufmachung lasse weitere Regelverstöße vermuten, sagen Wissenschaftler zur „Coulrophobie“, der Angst vor Clowns.

Die aggressiven Nachahmer sind nach amerikanischen Erfahrungen meist junge angetrunkene Männer, die beeindrucken wollen und Aufmerksamkeit suchen. Psychologen raten, keine Angst zu zeigen, den falschen Clown zum Gehen aufzufordern und bei härteren Fällen die Polizei zu verständigen. Stephen King, geistiger Vater des urbösen Clowns Pennywise in seinem verfilmten Horrorroman „Es“, sagt: „Hey Leute, lasst die Clown-Hysterie abkühlen – die meisten sind gut, heitern Kinder auf und bringen Menschen zum Lachen.“

Die Welle könnte abebben, wenn die sozialen Netzwerke im Internet nicht ständig neue Aufmerksamkeit schüfen. Früher wä­re der vermeintliche Spaß des Auflauerns, Schreckens und Ja­gens in einer Ausnüchterungszelle verebbt. Heute ist die Grenzüberschreitung in Dauerschleife im Netz, sichert vermeintlichen Ruhm. Bei ihrer Inszenierung ahmen die Täter nach, was sie in Videos anderer sehen. Mit Traditionen hat das Treiben wenig zu tun, vielleicht noch mit dem spätherbstlichen Gruselfest Halloween. Manche argwöhnen, das böse Spiel sei nichts als Werbung für eine Neuauflage von „Es“.

Noch bevor der Negativ-Trend aus den USA dort erste Tote forderte, starb das Ansehen der echten Clowns. Sie haben plötzlich auch in Europa einen Horrorjob. Der Firmenclown Ronald McDonald erklärt, warum er nicht mehr auftritt. Judy Quest, die im Gremium „Clowns of America International“ sitzt, sagte über die Gewaltbespaßer: Diese Menschen sind keine Clowns, sie ruinieren unseren ganzen Berufsstand.“

Grenzüberschreitungen sind dem Milieu, in dem die maskierte Gewalt Vorbilder findet, nicht fremd. Zur Pop-Kultur der USA als Herkunftsland des Clown-Horrors gehört seit Jahren eine teils kultische Verehrung von Mördern, unter ihnen der 1994 hingerichtete John Wayne Gacy, der über 30 Menschen in den Tod quälte. Noch aus der Haft verkaufte er Clown-Bilder. Die Vermarktung eigener Ge­walttaten mit Schubkraft für das Ego ist auch eine Triebfeder der „Killer-Clowns“.

Die neue böse Clownerie ist ei­gentlich ein alter Zirkus. Im August trat ein maskierter Mann im US-Bundesstaat South Carolina nur eine neue Welle Nachahmer los. Frankreich erlebte 2014 Taten böser Spaßmacher. Die Lust am Er­schrecken ist aber so alt wie die Menschheit. Mit einem Unterschied: Früher gab es einen gemeinschaftlichen Rahmen wie den Karneval und eben den Zirkus – heute ist das unerwartete Auftauchen Unberechenbarer möglich. Die Verletzungslust geht jüngst nicht umsonst in einigen Fällen von Menschen mit gestörter sozialer Bindung aus. Viele der Enthemmten lassen sich, einmal demas­kiert, als Verlierer einordnen.

Wer Grusel mit Gewalt verknüpft, muss selbst auf einiges gefasst sein. In britischen Medien kursieren Bilder, wie das Grauen umschlägt und die Grusel-Clowns Prügel beziehen. Die Übergriffe wie manche Reaktionen darauf stellen somit soziale Grenzen infrage. Der Staatsanwalt ermittelt gegen den Jugendlichen aus Gelsenkirchen, weil sein Opfer auf der Flucht schwere Handverletzungen erlitt. Beim Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen heißt es zur bösen Bewegung: „Das ist absolut keine Kleinigkeit oder ein Scherz, denn so ein Erschrecken kann durchaus auch einen Herzinfarkt verursachen“, so LKA-Sprecher Frank Scheulen.

„Es ist schmerzlich, einem Menschen seine Grenzen anzusehen“, sagte einst der Schriftsteller Christian Morgenstern – die falschen Clowns lassen kaum ein Bewusstsein für Grenzen erkennen. Das Strafrecht wird für sie Grenzen finden müssen, denn viele der Trittbrettfahrer sind schlicht Verbrecher: In Salzwedel zündeten vor wenigen Tagen als Clowns Maskierte neun Fahrzeuge an, in Berlin versuchten Stunden zuvor falsche Clowns einen Mann auszurauben. Dieser erste gewalttätige Clown-Übergriff in der Hauptstadt verlief glimpflich. Das ist nicht immer so: In Potsdam überfielen in der Nacht zum 17. Oktober drei Männer mit Clownsmasken einen Pizzaladen. Sie verletzten einen Angestellten mit einem Elektroschockgerät. Die Polizei warnt vor Nachahmern. Pünktlich zum Horrorfest Halloween hatten sie diesmal Konjunktur.       Sverre Gutschmidt


Die Pille zum Anschauen
In der Oberpfalz steht das größte deutsche Apothekenmuseum

Seit einem Jahr betreibt Dr. Markus Lommer die „Alte Hofapotheke“ im oberpfälzischen Sulzbach-Rosenberg. Doch Lommers ist kein Apotheker. Sein Doktortitel ist in den Geisteswissenschaften angesiedelt, und bei der Apotheke handelt es sich um ein Museum. Es zeigt neben der Baugeschichte des Hauses rund 5000 Exponate aus der Zeit von 1850 bis 1950 mit Schwerpunkt auf die Jahre 1920 bis 1950.

„Hofapotheke“ – diese historische, fürstliche Schiene reicht in Sulzbach-Rosenberg bis ins 15. Jahrhundert zu­rück. Daneben gab es ab dem 16. Jahrhundert auch eine im Rathaus wirkende Stadt­apotheke. Als in den 30er Jahren des 18. Jahrhunderts das höfische Le­ben in Sulzbach zu Ende ging, erfolgte die Verschmelzung zur „Städtischen Hofapotheke“, die ne­ben dem heutigen Museum untergebracht war.

Ein einschneidendes Ereignis war der Stadtbrand im Jahr 1822, dem auch die Apotheke zum Opfer fiel. Doch der damalige Hof- und Stadtapotheker Josef Schießl trieb nicht nur den Wie­deraufbau und die Unterbringung der Apotheke nun im neuen Haus voran, sondern dokumentierte auch das Bauprojekt detailliert. Im Jahr 1918 übernahm Lommers Großvater nach vier Schießl-Generationen die Apotheke mitsamt dem Gebäude, 1964 folgte Lommers Vater als Hof- und Stadt­apotheker direkt im Stadtzentrum. Doch der Bau einer Tiefgarage im Stadtkern von 1986 bis 1991 führte letztlich zur Schließung der Apotheke im Jahr 1992. In vielen Bauabschnitten sanierte schließlich von 1999 bis 2014 Lommer das Bauwerk und kam  auf die Museumsidee.

Das Museum Alte Hofapotheke ist ein „Anhängsel“ des Stadtmuseums, sodass auch die Stadt per Kooperationsvertrag in die Abläufe eingebunden ist. „Von der Ausstellungsfläche ist es das größte Apothekenmuseum im deutschsprachigen Raum“, freut sich Lommer. Die zu besichtigenden Räume erstrecken sich über mehrere Stockwerke, wobei im Keller auch Belege für die Bausubstanz (bis in die Gotik) deutlich werden.

Doch zentral sind natürlich die apotheken-spezifischen Aspekte und Tätigkeiten: Offizin (Herstellungsraum der Medikamente, „Pillendrehen und Destillieren“), Labor, „Drogenkammer“, Materialhaus, Rezeptur, Büro, Flaschenlager, Kräuterboden. Dazu gibt es entsprechende Geräte (Trichter, Mikroskope, Kräuterpresse, Schalen, Extraktions- und Analysegeräte, Spiritusbrenner), vielerlei Flaschen, Gefäße sowie das dazugehörige Mobiliar zu sehen.

Aber auch die Entwicklung beim Personal und der Qualifizierung – etwa vom Dienstboten zum Apothekenpraktikanten – wird behandelt. Er­wähnt sei das aquarellierte Herbarium des Apothekers Christian Schießl aus dem Jahr 1834/35 mit 78 Aquarellblättern. Auf dieser Basis wurden im Apothekerkräutergarten im Freien 21 Kräuter und Blumen aus eben diesem Druckwerk ge­pflanzt.

Seit 1994 ist im Erdgeschoss des Hauses der Eine-Welt-Laden untergebracht. „Damit verbinden sich kulturelle, soziale, regionale und lokale Aspekte“, bringt es Lommer, der im Hauptberuf katholischer Seelsorger an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg/Weiden ist, auf den Punkt.     Markus Bauer

Luitpoldplatz 6, Sulzbach-Rosenberg, geöffnet: donnerstags und sonnabends 14.30 bis 17.30 Uhr. Internet: www.alte-hofapotheke-sulzbach.de


Trauriger November-Blues
Der »neunte« Monat des Jahres hat einen schlechten Ruf

Langsam neigt sich das Jahr dem Ende zu, die Tage werden kürzer. Während die einen die Herbstzeit wegen der Buntheit des Laubes lieben und der angenehmen Kühle nach heißen Sommern lieben, stößt er bei anderen auf Abneigung: zu neblig, zu nass und zu kalt. Dann stellt sich der „November-Blues“ ein. So hat man den November auch zum „Stillen Monat“ erklärt.

Viele Gedenktage wurden deshalb in diesen Monat gelegt.  Immer am 1. November ist das Fest „Allerheiligen“. Die Gläubigen der katholischen Kirche denken an die Menschen, die zu Heiligen erklärt wurden. Am 2. November be­geht die katholische Kirche den Feiertag „Allerseelen“. Hier nun wird an alle Verstorbenen gedacht.  An einem Novembersonntag, dem Volkstrauertag, ge­denken wir aller Opfer und Soldaten, die in den Kriegen gestorben sind. Auch die Gläubigen der evangelischen Kirche gedenken an einem Sonntag ihrer Verstorbenen, und zwar dem Totensonntag. Der fällt auf den letzten Sonntag vor dem 1. Advent.

Warum aber heißt der November so, wie er heißt? „Novem“ kommt aus der lateinischen Sprache und bedeutet „Neun“. Ob­wohl der November für uns der elfte Monat ist, war er bei den Römern der neunte. Und zwar deshalb, weil im alten Rom bis 153 vor Christus das Jahr im März begann und im Februar endete. Der erste Monat im damaligen römischen Kalender, der März, ist nach dem römischen Kriegsgott Mars benannt. April kommt von „Aphrodite“, der griechischen Liebesgöttin. Bei den Römern hieß sie „Venus“, dennoch nannten sie den Monat nach der griechischen Göttin. Der Name Mai kommt von lateinisch „maiores“ = die Vorfahren, und Juni = „juniores“, die Jüngeren. Einer der berühmtesten Herrscher Roms war Gaius Julius Cäsar. Der Juli wurde zu seinen Ehren nach ihm benannt. Sein Nachfolger war der erste römische Kaiser Augustus. Er lebte von 63 vor Christus bis 14 nach Christus. Ihm gewidmet war der Monat August. Der siebte Monat bei den alten Römern war der September, von lateinisch septem = sieben. Der Oktober war der achte Monat, von lateinisch octo = acht, der November hatte seinen Namen von novem = neun. Dann kam der zehnte Monat, lateinisch decem = zehn. Der Januar war dem römischen Gott Janus gewidmet. Ein Gott des Anfangs und des Endes. Er wird oft mit zwei Gesichtern dargestellt. Man sagt auch heute noch zu Menschen, die zwei gegensätzliche Meinungen vertreten, sie seien janusköpfig. Der Februar bekam seinen Namen vom lateinischen februare = reinigen. Man benannte den Monat nach dem römischen Reinigungsfest Februa. Ab 153 vor Christus zählte das Jahr im römischen Kalender auch von Januar bis Dezember. Die Na­men unserer Monate sind daher antiken Ursprungs.

Cäsar führte auch den Julianischen Ka­lender ein, auf den der heute übliche Kalender zurück­geht. Der Julianische Ka­lender war jedoch geringfügig zeitlich ungenau. Diese Ungenauigkeit wirkte sich viele 100 Jahre später schon in einigen Tagen aus. Um das auszugleichen, erneuerte Papst Gregor 1582 den Kalender in der sogenannten Kalenderreform. Der gregorianische Kalender wird von vielen Menschen auf der Welt benutzt. Es gibt aber noch andere Kalendersysteme: islamische, indische, jüdische, chinesische und mehr. Silvia Friedrich


S. 22 Neue Bücher

Was ist ein Veteran?
Diskussionen über Soldaten

Seit einigen Jahren wird in den der Bundeswehr nahestehenden Kreisen viel darüber diskutiert, was ein Veteran ist. Vor allem geht es darum, ob man „im Krieg“ gewesen sein muss, um als solcher zu gelten. Dabei herrscht noch nicht einmal Konsens darüber, ob die Auslandseinsätze der Bundeswehr überhaupt als Kriegseinsätze bezeichnet werden können.

Wie dem auch sei, die meisten Deutschen interessieren sich nicht für diese Dinge und wenn, dann bringen sie den Veteranenbegriff nur selten mit der Bundeswehr in Zusammenhang. Deshalb gibt es auch bis heute keine gesellschaftliche Diskussion über den Umgang mit einsatzerfahrenen Bundeswehrsoldaten, von denen es mittlerweile weit über 350000 gibt. Herausgeber und Autoren des vorliegenden Sammelbandes, die ausweislich des Untertitels unter Veteranen ausschließlich Kriegsheimkehrer verstehen, wollen ein stärkeres Bewusstsein für deren Anliegen und Ziele wecken und einen Debattenbeitrag liefern, der die hierzulande zögerlich beginnende Veteranenkultur weiter voranbringt.

Dazu haben Wissenschaftler, Journalisten, Militärs und Unterstützer der „Neuen Veteranen“ und ihrer Angehörigen zur Feder gegriffen. Am Anfang stehen Geleitworte des selbst einsatzerfahrenen CDU-Verteidigungspolitikers Oberst a.D. Roderich Kiesewetter, der CSU-Verteidigungspolitikerin Julia Obermeier und des Bundeswehrverbands-Vorsitzenden André Wüstner. Es folgen ein durchaus entbehrlicher fiktiver Prolog über Veteranen des Ersten Weltkrieges und ein Vorwort der Herausgeber, bevor ab Seite 45 endlich die Autoren zu Wort kommen. Im ersten Kapitel über die Auslandseinsätze sind das die betroffenen Veteranen selbst, unter ihnen der aus dem Saarländer „Tat-ort“ bekannte Schauspieler Gregor Weber, der als Reservist freiwillig in Afghanistan war. Danach geht es in neun Beiträgen um das Spannungsfeld von Bundeswehr und Gesellschaft. Das dritte Kapitel befasst sich mit den psychischen Folgen des Einsatzes, vor allem mit den Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS), die nicht nur für viele der Betroffenen noch immer ein Tabuthema sind. Den Band beschließt ein Epilog des ehemaligen Wehrbeauftragten Reinhold Robbe (SPD). Darin stellt der Wehrdienstverweigerer, der sich während seiner Amtszeit als „Anwalt der Soldaten“ nicht zuletzt durch regelmäßige Inspektionsreisen in die Einsatzgebiete den Respekt der Soldaten verdient hat, unmissverständlich klar, dass „die Zeit reif ist“, diesen endlich die ihnen gebührende angemessene Akzeptanz und Solidarität zu gewähren, wie überhaupt alle Bundeswehrangehörigen „gesellschaftliche Empathie“ verdienten.

Es ist festzustellen, dass Herausgeber und Autoren ihr eingangs skizziertes Ziel erreicht haben, haben sie doch die Veteranen-Problematik aus unterschiedlichen Perspektiven eingehend beleuchtet und damit Material für den überfälligen Diskurs über die in der Gesellschaft „unsichtbaren Veteranen“ geliefert. Ein wichtiges Buch, dessen Erlöse übrigens zu 100 Prozent in die Arbeit des Bundes Deutscher Veteranen e.V. fließen. Mit dessen Einbeziehung in das Projekt hängt möglicherweise der einzige Kritikpunkt zusammen: Auch wenn es die Veteranen zweifellos längst verdient haben, dass ihr Schicksal und ihre Leistungen von der Gesellschaft nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern auch anerkannt und gewürdigt werden, hätte dem Band etwas weniger Pathos und Larmoyanz an einigen Stellen gut getan.

                Jan Heitmann

Marcel Bohnert, Björn Schreiber (Hg.): „Die unsichtbaren Veteranen. Kriegsheimkehrer in der deutschen Gesellschaft“, Carola Hartmann Miles-Verlag, Berlin 2016, 324 Seiten, 24,80 Euro


Nach der Stunde Null
Erinnerungen Prominenter an 1945 in einem Sammelband

Anlässlich der Erinnerung an das im vergangenen Jahr 70 Jahre zurückliegende Kriegsende veröffentlichte der Hoffmann und Campe Verlag unter dem Titel „Als der Krieg zu Ende war“ einen Band mit „25 Geschichten von der Stunde Null“, wie der Untertitel ankündigt. Inhaltlich sind einzelne dieser Geschichten aber etwas weiter gefasst. Es handelt sich um eine kommentarlos zusammengestellte Auswahl von Texten prominenter Deutscher und deutsch-jüdischer Ausgewanderter, deren Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg, das Kriegsende und an die Nachkriegszeit entweder autobiografischen Büchern oder Sammelbänden entnommen wurden. Einen Kontrapunkt bildet der Textbeitrag von Michail Gorbatschow. Leider fehlt auch in dieser aus gegebenem Anlass herausgegebenen Verlagsveröffentlichung außer den Nachweisen wieder einmal alles, was zu einer Textanthologie gehört, angefangen bei einem Vor- oder Nachwort. Dies lässt nur die Vermutung zu, dass aus Kostengründen Eile angesagt war. In dieser Hinsicht setzen die Verlagsleitungen inzwischen offenbar auf einen Gewöhnungseffekt bei den Lesern. 

Der Band ist dennoch besonders lesenswert, da er die Zeitenwende 1945 aus den unterschiedlichen Blickwinkeln von Frauen und Männern, Siegern und Besiegten und aus der Sicht der befreiten Juden beschreibt. Stefan Heym, Ralph Giordano, Inge Jens, Loki Schmidt, Maximilian Schell, Fritz Stern, Siegfried Lenz, Freya von Moltke und viele andere der Autoren waren bei Kriegs-ende Jugendliche oder junge Erwachsene. Willy Brandt war 32, Joachim Gauck fünf und Wolfgang Joop noch nicht einmal ein Jahr alt. Der spätere Publizist und „FAZ“-Mitherausgeber Joachim Fest geriet als 19-Jähriger mit seiner Luftwaffeneinheit bei Remagen in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Er berichtet vom Leben im Gefangenenlager in Laon (Frankreich), wo er fast zwei Jahre interniert war.

Für den aus Pommern stammenden Christian Graf von Krockow begann nach der Entlassung aus kurzer Kriegsgefangenschaft schon am 6. Juli 1945 ein neuer Lebensabschnitt. Im vorliegenden Auszug aus seinem im Jahr 2000 erschienenen Buch „Erinnerungen. Zu Gast in drei Welten“ stehen von Krockows Beobachtungen der Nachkriegsgesellschaft im Vordergrund. Bekannt wurde der Historiker und Schriftsteller später vor allem mit seinen Büchern über die Geschichte Preußens. 

„Wir waren nach 1945 außer Rand und Band“, erinnerte sich der beliebte Schauspieler Armin Mueller-Stahl, dessen Autobiografie 2014 erschien. Ein fetter Braten, der seinen chronisch leeren Magen in Aufruhr gebracht hatte, bewahrte den 16-Jährigen Mitte April 1945 vor der Abkommandierung an die Front zusammen mit einigen Klassenkameraden. Wenige Tage später wurde seine Heimatstadt Prenzlau bei einem Fliegerangriff fast völlig zerstört. Das Kriegsende erlebte Mueller-Stahl mit Familienangehörigen auf einem Hofgut nahe Prenzlau, wo kurz darauf auch eine Abteilung russischer Soldaten einquartiert wurde. „Vergewaltigungen durch russische Soldaten waren an der Tagesordnung“, berichtet er. „Manche Frauen erlitten das mehrmals täglich, viele starben. Die Gewalt und das Sterben gehörten zum Alltag, und für manchen war der Tod gar nicht das Schlimmste, sondern eine Erlösung. Der Tod wurde alltäglich.“

Mit der Todesangst und jammervollen Zuständen musste Esther Bejarano, die Auschwitz überlebte, jahrelang umgehen. Ende April 1945 wurde sie zusammen mit anderen Insassen des KZ Ravensbrück von SS-Leuten auf einen Todesmarsch durch Mecklenburg getrieben und konnte sich retten. Der Name Ravensbrück wird in ihrem Bericht nicht genannt, umso wichtiger wären zusätzliche Informationen zu dem dramatischen Geschehen gewesen. Dass sie fehlen, schmälert den Wert dieses Buches als Dokument der Erinnerung.

                Dagmar Jestrzemski

„Als der Krieg zu Ende war. 25 Geschichten von der Stunde Null“, Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2015, gebunden, 335 Seiten, 22 Euro


Zukunft unter Putin
Benjamin Bidder lässt junge Russen zu Wort kommen

Es ist zur Tradition geworden, dass ehemalige Korrespondenten Bücher über ihre Auslandserfahrungen schreiben. So wartet auch Benjamin Bidder, der sieben Jahre lang als Korrespondent für „Spiegel Online“ in Moskau gearbeitet hat, mit seinem Titel „Generation Putin“ auf. Bidder, Jahrgang 1981, leistete 2002 in einem russischen Kinderheim Zivildienst und kehrte nach seinem Studium als Journalist zurück.

Im Vorwort hadert Bidder mit dem zum Schimpfwort gewordenen Begriff „Russlandversteher“, dem er entgegensetzt: „Wer nicht versteht, was in Russland passiert, wird aus Furcht auf Abgrenzung setzen, wo kluge Annäherung wichtig wäre.“

Mit der „Generation Putin“ meint der Autor junge Menschen zwischen Hoffnungslosigkeit und Mut, die in der Jelzin-Ära geboren und in der Putin-Ära erwachsen wurden. Seine Jahre in Moskau haben ihm ganz unterschiedliche Einblicke ins Alltagsleben eröffnet. Einige der Menschen, die er kennengelernt hat, kommen im Buch zu Wort: Neben dem Skywalker Marat, der mit Kumpels nachts die städtischen Wolkenkratzer erklimmt, Netzblogger Ilja Warlamow, dessen Plattform „Ridus“ sich ein Hobby daraus macht, Nein zu Verboten zu sagen, kommen Vertreter der „jungen Garde“, der Jugendorganisation der Kreml-Partei „Einiges Russland“, zu Wort. Die Ideologie der Kreml-Jugend weise einen Zug auf, der charakteristisch für die politische Stimmung insgesamt im Land geworden sei. Dazu gehöre die Überhöhung Wladimir Putins zum „nationalen Führer“, „zur einzigen Kraft, die Russland gegen die Verschwörung finsterer Kräfte verteidigen könne“.

Bidder berichtet von dem Behinderten Sascha, der um ein selbstbestimmtes Leben kämpft und dabei hartnäckig mit den Behörden ringt, sowie von Ljudmila Kostkina, Jahrgang 1949, die sich gegen die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen einsetzt. Er webt um die Geschichten der Vertreter der jungen Generation die des Zerfalls der Sowjetunion mit ein. Ein großes Kapitel beschäftigt sich mit Tschetschenien. Er beschreibt das Kriegskind Taissa, dessen Kriegser-innerungen tiefe Spuren bei der jungen Frau hinterlassen haben.

Bidden versäumt es nicht, die  Russlandberichterstattung in deutschen Medien zu kritisieren. Er nennt als Beispiel Sotschi. Die Häme und Kritik habe sich gegen Putin gerichtet, aber einfache Menschen getroffen, die sich auf die Spiele gefreut hatten.

Bei der Beurteilung der politischen Ereignisse seit der Rückkehr  Putins ins Präsidentenamt und der Ukrainekrise folgt er indessen der „Political Correctness“. Ein weiteres Zitat aus dem Vorwort entlarvt seine Denkweise: „Russland hat einen unübersehbaren Satz in die Moderne gemacht. Genauso unverkennbar ist aber auch, dass der Wandel in den Köpfen der Menschen das rasante Tempo nicht mitgemacht hat.“

                Manuela Rosenthal-Kappi

Benjamin Bidder: „Generation Putin. Das neue Russland verstehen“, DVA Spiegel-Buchverlag, München 2016, broschiert, 335 Seiten, 16,99 Euro


Zufallsfunde in den Stasi-Akten
Briefe an die DDR-Führung zeugen von tiefer Unzufriedenheit der Bürger – Autor arbeitete bei der Gauck-Behörde

Eine „Gemeinschaft von unzufriedenen DDR-Bürgern“ schrieb im Juni 1980 an Erich Honecker einen Brief, der mit den Worten begann: „Die DDR ist der größte Scheißstaat auf der ganzen Erde. Euch Schweine an der Spitze

müsste man alle einzeln aufhängen, mit dem Kopf nach unten, und Euch durchpeitschen. Haltet Ihr die Bevölkerung wirklich für so doof, dass sie Euch alles glaubt, Eure sogenannten Fortschritte in den letzten 30 Jahren?“

Natürlich war der Brief anonym. Die Absender wussten sehr wohl, was sie erwartet hätte, wären sie entdeckt worden. Solche Briefe sind, wie sich jetzt zeigt, in weitaus größerer Zahl an die SED, an staatliche Behörden und Zeitungen geschrieben worden, als man bisher glaubte. Der Herausgeber dieses Sammelbandes, Siegfried Suckut, hat jahrelang in leitender Position in der Gauck-Behörde“gearbeitet. Mehr durch Zufall sei er auf diese von der Stasi akribisch gesammelten Briefe gestoßen, von denen er jetzt rund 250 für die Zeit zwischen 1984 und 1989 herausgegeben hat. Es sind exemplarische Zeugnisse für die tiefe Unzufriedenheit, die sich in der DDR bei vielen Menschen immer tiefer einfraß. „Wer glaubt denn noch an die Worte unserer Führung“, fragte im Oktober 1980 ein „HO-Kollektiv aus Suhl“, „es stimmt doch alles nicht! Das ist eine Beleidigung für das ganze Volk, und das rächt sich. Immer wieder steigt an allen Ecken und Enden die Frage auf, ob wir von Unfähigen regiert werden, die keine Einsicht besitzen und rechthaberisch auf ihren sturen Dogmen beharren?“ Mehrere Themen durchziehen fast alle Briefe: zuallererst Versorgungsprobleme bei alltäglichsten Dingen, dann Probleme bei Arbeit und Renten, wo übermäßige Bürokratie, Korruption und Schlendrian angeprangert werden, drittens die, wie ein Briefschreiber es nennt, „Krankheit Bewusstseinsspaltung“, dass man sich nach außen anders geben muss, als man wirklich denkt und fühlt, und schließlich die Frage der deutschen Einheit – West und Ost gehörten doch zusammen, das Gerede von der „Nation der DDR“ sei nur eine Lüge. Überhaupt wird die Bundesrepublik ständig als Vergleich herangezogen und den Adressaten als Spiegel vorgehalten: „Lasst Euch mal ganz schnell was einfallen, damit wir auch unsere im Westen lebenden Verwandten und Bekannten besuchen können. Wir müssen doch endlich auch mal frei leben können ... Ihr braucht doch keinen Strafvollzug mehr – bei uns ist doch alles Gefängnis“, so ein anonymer Brief an das Politbüro der SED.

Es gibt auch an  die Einsicht appellierende und um  Reformen bitende Briefe, nicht selten von SED-Anhängern, die sich auch anonym, ab Mitte der 80er Jahre aber zunehmend offen mit Namen und Unterschrift äußern. Mit Blick auf die Versorgungslage heißt es in einem Brief aus Erfurt: „Oft und oft muss man in die Geschäfte laufen und nachfragen nach den primitivsten Artikeln; es ist eine Schande. Und damit wollen wir Westdeutschland überholen? Nicht einmal einholen würde uns gelingen.“

Suckut bringt auch 40 Briefe, die aus der DDR an westdeutsche Politiker oder ARD-Sender geschrieben wurden, meist an Willy Brandt und Helmut Kohl; auch sie wurden zu einem großen Teil abgefangen und bei der Stasi archiviert. Es sind meist Briefe voller Hoffnung, dass es ihnen gelingen möge, das Los der Menschen zu verbessern. Brandt selbst erhält mehrere

Glückwünsche zur Wiederwahl 1972 und zur Verleihung des Friedensnobelpreises. Am Ende stehen – das scheint entbehrlich – 20 Briefe, die (auch in derbem Ton) aus der Bundesrepublik an SED und Staatsführung der DDR geschrieben wurden – Schmähungen ohne erfahrenen Lebenshintergrund.

Der Herausgeber nennt zu Recht als Anlass für die teils beleidigenden, schmähenden, obszönen, bittenden, appellierenden, teils historisch argumentierenden (und dabei auch die Gleichsetzung von DDR und NS-Zeit nicht scheuenden) Briefe den tiefen Widerspruch zwischen der offiziell so positiv geschilderten Lage im Land und der real erlebten Wirklichkeit. Es ist eine Alltagsgeschichte der DDR, wie sie in dieser Drastik und Deutlichkeit bisher noch nicht vorlag.

                Dirk Klose

Siegfried Suckut (Hg.): „Volkes Stimmen. ,Ehrlich, aber deutlich‘ - Privatbriefe an die DDR-Regierung“, dtv Verlagsgesellschaft, München 2016, gebunden, 576 Seiten, 26,90 Euro


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S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
18 Jahr, graues Haar / Was Angela Merkel wirklich erreicht, warum ihr so viele zu Dank verpflichtet sind, und wieso die Deutschen so gelassen bleiben

Vielleicht würden sich die „Wutbürger“ ja wieder einkriegen, wenn sie die Sache mal von der anderen Seite her betrachteten. Deren prominentestes Feindbild ist bekanntlich Angela Merkel. Die Kanzlerin soll es sein, welche die Saat des Bösen, der Spaltung und Selbstauflösung Deutschlands und des Abendlandes verstreut.

Aber stimmt das überhaupt? Von besagter anderer Seite gesehen erscheint die CDU-Chefin verblüffenderweise eher wie die personifizierte Ironie der Geschichte, die − freilich, ohne es zu wollen − geradezu zwanghaft das Gegenteil ihrer eigenen Absichten hervorbringt.

Gehen wir’s mal durch: Wo beispielsweise wäre die AfD heute ohne Merkels selbstherrliche Abschaffung der Grenzkontrollen im September vor einem Jahr? Damals war das Euro-Thema aus den Schlagzeilen gerutscht, zurück in die Fachartikel der Finanzexperten, wo es kaum ein Normalsterblicher mehr fand. Das war schlecht für die AfD. Zudem war die „Alternative“ von inneren Querelen erschöpft. Resultat: Die Partei war bei den Umfragen auf bis zu drei Prozent zusammengeschnurrt und die Etablierten gratulierten sich herzlich, die eben noch gefürchtete neue Konkurrenz wieder vom Hals zu haben.

Dann kam Merkel mit der „Willkommenskultur“ angeritten und rettete die AfD nicht bloß aus der tödlichen Umklammerung der wegbrechenden Popularität, sondern führte die junge Truppe sogar zu nie für möglich gehaltenen Siegen. Dafür darf die Kanzlerin eigentlich eher Dankbarkeit erwarten als diese hässlichen „Merkel muss weg!“-Rufe.

Auch die Brexit-Anführer von der britischen Unabhängigkeitspartei Ukip sollten der Deutschen lieber artig Kränze flechten, statt sie, wie geschehen, als Gruselgestalt schlechthin zu attackieren. Denn auch sie verdanken ihren Triumph maßgeblich der Kanzlerin. Lange lag das Lager in Führung, das in der Europäischen Union bleiben wollte. Erst Merkels Willkommensschlacht hat genug Briten aus ihrer EU-freundlichen Bahn geschleudert, um das Ergebnis zu kippen. Denn nachdem eine Million Menschen (oder mehr, oder weniger, so genau weiß das keiner) in die Bundesrepublik geflutet waren, ging Merkel mit Eifer daran, die europäischen Nachbarn zu drängen, ihr welche von den Willkommengeheißenen abzunehmen. Die Briten fassten die Berliner Forderung nach einer „europäischen Lösung der Flüchtlingsfrage“ und einer „gerechten Lastenverteilung“ als offene Drohung auf und folgten der Parole: Rette sich, wer kann! Was in diesem Falle hieß: Raus aus der EU!

Um diesen Zusammenhang rasch unter den Teppich zu kehren, beeilten sich die Merkel-freundlichen Kommentatoren (in Deutschland also fast alle) mit der Feststellung, dass für die große Mehrheit der Briten Merkels Asylflut nur eine Nebenrolle gespielt habe bei der Brexit-Abstimmung. Das soll natürlich nur ablenken, nett von den Kommentatoren, aber leicht durchschaubar. Der Abstand zwischen den beiden Lagern betrug nicht einmal vier Prozentpunkte. Wenn also nur jeder 50. britische Wähler aufgrund seiner Ablehnung von Merkels Einwanderungspolitik die Seiten zum Brexit-Lager gewechselt hat, hat die CDU-Chefin jene Abstimmung entschieden. So darf der Brexit zu Recht den Vornamen „Angela“ tragen. Hat ihr Nigel Farage dafür wenigstens eine Schachtel Pralinen geschickt? Nein! Was für ein Rüpel.

Merkels Spur könnte sich in wenigen Tagen sogar noch tiefer in die Weltgeschichte graben. Die politisch interessierte Menschheit hält den Atem an, wenn am kommenden Dienstag die US-Bürger ihren neuen Präsidenten wählen. Aber so ein Ami lässt sich doch nicht von Merkel beeinflussen, oder? Ja, das hatte ich auch gedacht, bis ich eine interessante Reportage im Wiener „Standard“ gelesen habe. Darin bekennt ein Mann im traditionell linken Bundesstaat West-Virginia, er wähle Trump, weil er sich vor einem Multikulti-Chaos fürchte, wie es gerade über Europa hereinschwappe. Der Mann ist übrigens Moslem libanesischer Herkunft. Nun sind die jüngsten Wahlprognosen wieder bedrohlich knapp ausgefallen. Wie beim Brexit-Votum könnte also erneut eine kleine Schar von Wählern den Ausschlag geben, die sich von ihrer Ablehnung der deutschen Regierungschefin haben leiten lassen.

Am 4. Dezember steht dann in Italien irgendein Referendum an. Worum es geht, habe ich vergessen, soll aber auch nicht so wichtig sein. Alle kundigen Beobachter haben den Urnengang längst zur Abstimmung über die Regierung des Sozialdemokraten Matteo Renzi erklärt.

Der müht sich verzweifelt, auf Abstand zu seiner deutschen Amtskollegin zu kommen, weil ihn die EU-kritische Fünf-Sterne-Bewegung mit dem Vorwurf durchs Land scheucht, der Deutschen allzu sehr nachzugeben. Wenn die Fünf-Sterne-Partei es schaffen sollte, Renzis Lager zu besiegen, kann sie dafür also ebenfalls der CDU-Chefin danken.

Sehen Sie, so kann man eben auch Weltpolitik machen, nämlich indem man überall auf dem Globus die Leute gegen sich auf die Palme bringt. Nur in Deutschland ist von großer Erregung nicht mehr viel zu spüren. Das haben wir dem wohltuenden Wirken des Gewöhnungseffekts zu verdanken − und einer sehr einfühlsamen Medienpolitik.

Hätten wir nur den geringsten Anhaltspunkt für den Verdacht in Händen, die Mordtat an dem     16-jährigen Hamburger Mitte Ok­tober könnte ein rechtsextremes Motiv gehabt haben − du meine Güte, das hätte ein Getöse gegeben! Nun war der junge Mann aber hinterrücks erstochen worden, ohne ersichtlichen Anlass, was auf ein Muster hindeutet, das der IS schon vor einiger Zeit an seine Anhänger in aller Welt ausgegeben hat: Tötet die Andersgläubigen so unerwartet wie möglich und an jedem beliebigen Ort, absolut wahllos also, damit sich von denen niemand mehr sicher fühlt, zu keiner Zeit, egal, wo er sich befindet. Dieses Muster bei der Hamburger Tat erkennend, schalteten die Staats- und Konzernmedien statt auf Getöse sofort auf die Erklärung „Nichts Genaues weiß man nicht“: Das hat so gut funktioniert, dass nicht einmal der IS selbst etwas mit der Sache anfangen konnte.

Rund zwei Wochen später tauchte eine mysteriöse Beken­nererklärung auf, die behauptet, vom IS zu stammen. Dürfte kaum echt sein: Die Erklärung brüstet sich mit gleich zwei Morden. Dabei hat der Täter die anwesende Freundin des Tötungsopfers in die Alster gestoßen, aus der sie sich retten konnte.

Dass hier jemand nach dem IS-Muster losgezogen ist, sollte die Deutschen eigentlich zutiefst beunruhigen. Zudem kommt es alle paar Tage irgendwo im Land zu Krawallen oder Übergriffen, in welche „Flüchtlinge“ verwickelt sind. Über die Lokalnachrichten kommen derlei Schönheitsfehler auf dem Antlitz der Willkommenskultur jedoch selten bis gar nicht hinaus. Daher bleiben die Deutschen ganz gelassen.

Um die Stimmung zu heben, werden wir mit Rührstücken von „unbegleiteten Minderjährigen“ bei Laune gehalten. Da berichtet eine große Zeitung vom 18-jährigen Muhammad aus Pakistan, der in Bremen Koch lernt. Integration! Er flüchtete vergangenes Jahr zu uns. Auf dem Foto lächelt uns Muhammad freundlich an: Über dem faltendurchzogenen, stoppeligen Gesicht wellt sich sein graumelierter Schopf. Wie 18-Jährige halt aussehen, nicht wahr?

Bemerkenswert, dass es sich die Journalisten selbst angesichts des Offensichtlichen nicht gestattet haben, Zweifel zu hegen an der Altersangabe dieses gereiften Herren. 18 Jahre? Letztes Jahr angekommen? Klar: Um als „unbegleiteter Minderjähriger“ durchzugehen, durfte er damals höchstens 17 sein. Ein britisches Gastelternpaar, das einen „15-jährigen Flüchtling“ zwei Jahre aufgenommen hatte, wurde von seinem Schützling anschließend sogar noch verhöhnt: „Ihr Engländer seid so dumm, ich bin in den 20ern.“ Ja, diese Engländer!


MELDUNGEN / ZUR PERSON

Asylgrund zum Selbermachen

Münster – Laut einem Urteil des Verwaltungsgerichts Münster muss syrischen Asylbewerbern grundsätzlich Asyl gewährt werden. Dies gilt offenbar auch, wenn die Antragsteller zuvor nicht politisch verfolgt wurden. Denn, so die Richter, die Beantragung von Asyl in Deutschland werde von der syrischen Regierung als staatsfeindlicher Akt betrachtet, weshalb abgelehnte Asylbewerber nach ihrer Rückkehr mit Repressalien zu rechnen hätten.              H.H.

 

Einreiseverbot für immer

Canberra – Australien plant ein lebenslanges Einreiseverbot für als „Bootsflüchtlinge“ ins Land gelangte Ausländer. Selbst als Touristen oder Geschäftsreisende sollen Personen, die nach Australien einmal illegal eingereist sind, das Land nie wieder betreten dürfen. Regierungschef Malcolm Turnbull will damit eine „absolute, unnachgiebige und unmissverständliche Botschaft“ aussenden. Die Regelung soll auch rückwirkend für Altfälle gelten.         H.H.

 

Schrittmacher in Ost und West

Die Sicherheitskontrolle am Flughafen zu umgehen ist tabu. Manfred Krug aber tat es vor Jahren am Hamburger Flughafen. Auch wer Star-Allüren besitzt, darf es sich nicht erlauben, den Torbogen mit Metalldetektoren zu umgehen. Es sei denn, er bringt dadurch seine Gesundheit in Gefahr. Deshalb hielt der Sicherheitsmann, der den Schauspieler erkannte, diesen mit der Frage an: „Sie haben wohl einen Herzschrittmacher, Herr Krug?“ Der Star antwortete gereizt: „Reden Sie doch noch lauter, damit es auch alle mitbekommen.“

Nein, auf den Mund gefallen war Krug nicht. Die von einem PAZ-Redakteur verbürgte, wahre Anekdote auf dem Flughafen zeigt die ganze Bandbreite von Krug: Der am 21. Oktober in Berlin gestorbene Krug konnte schlagfertig und witzig sein, aber auch herrisch und launenhaft wie eine Diva. Wer ihm als Pressevertreter unbequeme Fragen oder ihn als Regisseur am Filmset vor unliebsame Aufgaben stellte, der bekam seinen vollen Zorn ab.

Krug schöpfte dabei aus dem Selbstbewusstsein der unangepassten Schauspiel-Institution, die er in Ost wie in West war. In der DDR baute er auf seinen Ruf als Querdenker im real existierenden Sozialismus, den er nach Frank Beyers regimekritischem Film-Meisterwerk „Spur der Steine“ erlangte und kultivierte. Er gipfelte in seinem Protest gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns, die 1977 zu Krugs eigener Ausreise in die Bun­desrepublik führte. Dort wurde der Rebell mit Kusshand empfangen. Als Hamburger „Tatort“-Kommissar und Serienheld in „Liebling Kreuzberg“ feierte er Triumphe, die nur durch seinen unglücklichen Werbeauftritt beim Börsengang der Deutschen Telekom getrübt wurden.

In letzter Zeit machte der gebürtige Duisburger einen müden Eindruck: das Herz … Als er jetzt an einer Lungenentzündung starb, half ihm auch der Schrittmacher nicht mehr. Tews/Ruoff


MEINUNGEN

In seinem neuen Buch „Aufwachen!“ prophezeit die österreichische Reporterlegende Friedrich Orter (67, berichtete aus 14 Kriegen) einen Krieg zwischen Moslems und Nichtmoslems in Europa, denn:

„Die wenigsten von uns kennen den Islam als Gesetzesreligion, die das politische, soziale und kulturelle Leben bestimmt:  eine Religion, die keine sich selbst verwaltenden Bürgerschaften kennt, eine Glaubenslehre, die die Einheit von Politik und Religion fordert und deren orthodoxe Anhänger den Islam für die einzig religiöse Wahrheit halten und sich auf die 114 Suren des Koran berufen.“

 

 

Josef Urschitz zeigt in der Wiener „Presse“ (28. Oktober) wenig Verständnis für die Forderung, noch mehr Staatsschulden zu machen. Denn verdeckte Staatsschulden, die auch durch die Milliardenverpflichtungen durch die Asylflut steil anstiegen, drohten, die EU-Staaten schon bald zu verschlingen:

„Es sieht also ganz danach aus, als würde die gesamte westliche Welt im Schuldensumpf versinken. Solche implizite Schuldenstände lassen sich mit Sparen oder Steuererhöhen allein nicht mehr einfangen. Zumal ja der überwiegende Teil der versteckten Staatsschulden auf die Finanzierung von Sozialleistungen entfällt, die kein neues ,Staatsvermögen‘ schaffen. Vielleicht sollte man den im Euroraum wieder laut werdenden Ruf nach einer Lockerung der Defizitregeln auch einmal unter diesem Aspekt betrachten.“

 

 

Für 2017 werden 1,5 Prozent Inflation erwartet − bei null Prozent Zinsen. In der „Zeit“  (27. Oktober) warnt Uwe Jean Heuser vor der Wut der auf diese Weise schleichend enteigneten deutschen Sparer:

„Die Frage ist, wie lange die Deutschen die Geldschmelze ertragen, bevor sie antieuropäisch wählen. Man muss kein Hellseher sein, um vorherzusagen, dass die Spannungen im Euro mit der Inflation wachsen werden. Solange die Franzosen ihre Wirtschaft nicht umbauen und die Griechen bei ihren Reformverpflichtungen schummeln, ziehen sich die Nullzinsphase und das deutsche Leiden daran weiter hin.“

 

 

Simon Verhoeven, Regisseur der Flüchtlingskomödie „Willkommen bei den Hartmanns“ (seit Donnerstag im Kino), äußerte gegenüber „TV Today“ (Nr. 22/2016) Kritik an der deutschen Asyldebatte:

„Ich habe auch viel Verwirrendes in Flüchtlingsunterkünften erlebt und gesehen. Ich glaube, dass nicht alle, die da kommen, pauschal als Flüchtlinge zu bezeichnen sind ... Ich bedaure, dass man kritische Frage nicht stellen durfte ... Wenn man diese Fragen gestellt hat, wurde man in die rechte Ecke geschoben.“

 

 

Jakob Augstein erklärt im „Spiegel“ (29. Oktober), warum westliche Bomben auf Mossul für gut und russische auf Aleppo für böse erklärt werden:

„Die Idee, dass wir immer das Gute wollen und die anderen immer das Böse, ist ein Märchen. Aber dieses Märchen gehört zur seelischen Hygiene demokratischer Gesellschaften. Anders können sie die Kriege nicht verkraften, die sie führen wollen.“