20.04.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Ausgabe 49/16 vom 09.12.2016

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

Der nächste Tiefschlag
Das Italien-Desaster kann der knappe Sieg der Eliten in Wien nicht überdecken

Euro-Kritiker jubeln, das Polit-Establishment reagiert mit Starrsinn: Italien wirbelt Europa durcheinander.

Das große Aufatmen von Wien über Brüssel bis Berlin nach dem Ausgang der österreichischen Präsidentenwahl wird schon wegen des gleichzeitigen Debakels des italienischen Regierungschefs nicht lange anhalten. Denn, wie an dieser Stelle schon vergangene Woche festgestellt: Die Entscheidung an der Donau kommt an Tragweite nicht entfernt heran an die Schockwelle, die von Rom ausgeht.

Die Reaktionen der Etablierten schwanken denn auch zwischen Sturheit und Wirklichkeitsverleugnung. So wurde der Sieg des Grünen Alexander Van der Bellen zur Absage an die „Rechtspopulisten“ mit gleichsam internationaler Ausstrahlung hochgejubelt. Derweil kanzelte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn die krachende Niederlage des italienischen Premiers Matteo Renzi beim Verfassungsreferendum zur „innenpolitischen Auseinandersetzung“ ohne Wirkung auf Europa ab. So kann nur einer reden, der sich in eine Parallelwelt verabschiedet hat.

Im Siegestaumel von Wien wird überdies ausgeblendet, dass der Triumph nur noch unter Aufbietung sämtlicher Kräfte zu erzielen war, welche den etablierten Eliten zur Verfügung standen. Fast alles, was Rang und Namen hatte in der Alpenrepublik, zog gegen den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer zu Felde, sei es aus Kultur und Medien, aus Politik und großen Unternehmen. Dazu leisteten mächtige Verbündete aus dem Ausland massiven propagandistischen  Flankenschutz.

Am Ende reichte es dennoch wieder nur für einen denkbar knappen Sieg. Einen Sieg für einen Kandidaten, der für ein verbissenes Festhalten an den Dogmen jenes Establishments steht, in dem sich grünlinke Ideologen und eine abgehobene Zeitgeist-Schickeria mit beträchtlichen Teilen des Großkapitals verbunden haben, während sich das Volk immer stärker abwendet.

Der Starrsinn jenes Establishments ist im Begriff, die Europäische Union zu zerrütten, am Ende gar zu zerstören. Italien zeigt dies überdeutlich: Das einst so EU-begeisterte Volk ist gefangen in den glühenden Eisen einer Einheitswährung, die viel zu hart ist für seine Wirtschaftskultur, weshalb die Konjunktur seit Jahren stagniert. Hoffnungslosigkeit hat vor allem die Jugend erfasst. Hinzu kam die Asylpolitik, in der sich die Italiener von den „Willkommens-Europäern“ weiter nördlich im Stich gelassen fühlen − und der Ärger über den Brüsseler Zentralismus.

Beflügelt fühlen sich nun Parteien wie die „Fünf Sterne“ (laut Umfragen derzeit stärkste Partei mit rund 30 Prozent) oder die Lega Nord, die sich betont Euro-kritisch geben. Die Entscheidung der Italiener hat die EU und erst recht den Euro einen Schritt näher an den Kollaps geführt. Doch es hat nicht den Anschein, dass die Eliten daraus selbstkritische Schlüsse ziehen.               Hans Heckel 


Offenes Einfallstor für jedermann
Womöglich sollte der Hacker-Angriff die Telekom nur zu mehr Datensicherheit veranlassen – Schwachstelle war dem Unternehmen bekannt

Böse Überraschung für rund 900000 Kunden der Telekom: Telefon, Internet, Online-Fernsehen – nichts ging mehr. Schuld daran war der Ausfall zahlreicher Router vom Typ Speedport W723 beziehungsweise W921 des taiwanesischen Herstellers Arcadyan. Diese Geräte dienen der Einwahl ins Netz der Telekom und werden von dem Unternehmen regelmäßig aus der Ferne gewartet sowie mit aktualisierter Software versehen.

Und genau das bot nun Hackern leichtes Spiel, denn der hierfür genutzte Netzwerkadressenteil mit der Nummer 7547 fungierte quasi als offenes Tor für jedermann – also nicht nur für die Techniker des Magenta-Riesen. Hierüber muss die Telekom auch Bescheid gewusst haben, denn seit dem 8. November ist die Schwachstelle in der allgemein bekannten Sicherheitslücken-Datenbank Exploit DB aufgelistet.

Diese Einfallsmöglichkeit nutzend, versuchten die Hacker, die Router zu kapern, um sie zu einem sogenannten Botnetz zusammenzuschließen. Damit kann man DDoS-Attacken, also gezielte Überlastungen fremder Systeme, herbeiführen und so beispielsweise Behörden oder Internetdienste sabotieren. Allerdings hatten die Telekom und ihre Kunden Glück im Unglück, weil die verwendete Schadsoftware vom Typ „Mirai“ nicht richtig funktionierte. Deshalb misslang es den Hackern, die Speed- port-Router zu übernehmen – das  Bombardement mit den fremden Daten verursachte aber ganz massive Netzwerkunterbrechungen. Schlimmer wäre die Sache jedoch ausgefallen, wenn der Eingriff die Geräte irreversibel umprogrammiert und so einen Austausch nötig gemacht hätte: Bei der Telekom liegen nämlich bloß einige 10000 Router auf Lager.

Nun wird natürlich die Frage nach der Identität der Hacker gestellt. War es die Gruppe „Sofacy“, die seit etwa 2007 für den russischen Geheimdienst arbeiten soll? Immerhin befinden sich im Quellcode von „Mirai“ diverse russische Sprachschnipsel. Andererseits kann die Schadsoftware seit Oktober problemlos aus dem Internet heruntergeladen werden. Zudem gibt es Indizien dafür, dass der Angriff von Rechnern in Brasilien kam. Und wozu sollte das Botnetz eigentlich dienen: Ging es tatsächlich um die Lahmlegung der deutschen Energie­- versorgung oder andere schwerwiegende Eingriffe in unsere sensible Infrastruktur?

Bei allem Spekulieren über die Hintergründe der Cyber-Attacke, in das sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Unterstellungen an die Adresse Russlands einschaltete, bleibt freilich ein Aspekt der Angelegenheit unerwähnt: Die Router von Arcadyan fallen bereits seit mehreren Jahren durch gravierende Sicherheitslücken auf. Warum ver wendet die Telekom diese unsicheren Geräte dann immer noch? Aus Kostengründen?

Auf jeden Fall hätten auch Sicherheitsbehörden und Geheimdienste die Schwachstelle nutzen können. Vielleicht wollten die angeblich „gemeingefährlichen“ Hacker auch nur erreichen, dass das Unternehmen seine Router endlich gegen potenzielle staatliche Eingriffe von außen immunisiert – damit die Bürger hierzulande nicht mehr ganz so gläsern dastehen.

                Wolfgang Kaufmann


Jan Heitmann:
Felix Austria

Tu felix Austria – du glückliches Österreich. In der Tat haben die Österreicher Grund, glücklich zu sein. Nicht, weil sie jetzt einen Grünen als Bundespräsidenten bekommen, sondern weil sie ihn selbst wählen durften. Ganz anders dagegen wir Deutschen. Wir werden nicht gefragt, wenn es darum geht, das höchste Amt im Staate zu besetzen. Wer darum ins Rennen geht, kungeln die Parteien unter sich aus. Gewählt wird der Bundespräsident dann von einem Gremium, das zur einen Hälfte aus den Bundestagsabgeordneten und zur anderen Hälfte aus willigen Claqueuren besteht, die zuvor von den Parteien benannt wurden. So fehlt dem deutschen Bundespräsidenten tatsächlich die Legitimation, als Vertreter des Volkes aufzutreten. Glücklicherweise gab es immer wieder Bundespräsidenten, die dieses Manko kompensieren konnten, indem sie dem Amt kraft der eigenen Persönlichkeit Profil verliehen.

In noch einem weiteren Punkt gibt die Alpenrepublik ein Lehrstück in Sachen Demokratie. Auf den bloßen Verdacht hin, dass es zu Unregelmäßigkeiten bei der Stichwahl zum Bundespräsidenten gekommen sein könnte, ordnete der Verfassungsgerichtshof eine Wiederholung der Wahl an. Und als es bei deren Vorbereitung zu einer technischen Panne kam, stand außer Frage, dass der Wahlgang verschoben werden müsse. In Deutschland dagegen wurde eine verfassungsgerichtliche Überprüfung der letzten Bundestagswahl von der Politik systematisch verhindert, obwohl es zahllose Fälle von nachgewiesenen Manipulationen, Fälschungen und Fehlern gab. Offenichtlich gibt es diesseits und jenseits der Alpen ein unterschiedliches Verständnis von wahrer Demokratie.


S. 2 Aktuell

Konservativ bis in die Knochen
François Fillon hat beste Aussichten, Frankreichs nächster Präsident zu werden

Frankreichs Politik hat einen neuen Star. Der Konservative François  Fillon hat beste Chancen, der nächste Präsident zu werden. Seine Popularität macht auch Marine Le Pen zu schaffen.

Die beiden härtesten Widersacher hat François Fillon schon ausgeschaltet. Bei den Vorwahlen der konservativen Partei „Les Républicains“ (LR, Die Republikaner) setzte sich der 62-jährige ehemalige Ministerpräsident gegen Hochkaräter wie den ehemaligen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy oder den früheren Premier- und Wirtschaftsminister sowie heutigen Bürgermeister von Bordeaux Alain Juppé durch. Und in allen Umfragen liegt er in direkten Duellen vorne. Gegen Marine Le Pen, Vorsitzende des Front National (FN, Nationale Front), hätte Fillon leichtes Spiel. Mehrere Meinungsforschungsinstitute geben ihm in dieser Konstellation eine Zweidrittelmehrheit. „Fillon plant das schlimmste Programm zur Zerstörung des Sozialsystems in der Geschichte Frankreichs“, sagte Le Pen nach dem Wahlsieg Fillons. Innerhalb des Front National gilt der 62-Jährige als der gefährlichste Gegner. „Für uns bedeutet das eine zusätzliche Komplexität“, räumte kürzlich etwa Le Pens Nichte Marion Maréchal-Le Pen ein.

Denn bei François Fillon, der fünf Jahre lang unter Präsident Sarkozy Regierungschef war, handelt es sich nicht um einen liberalen Christdemokraten. Der praktizierende Katholik gilt als ein überzeugter Konservativer bis in die Knochen, der sich an Demonstrationen gegen die sogenannte Homo-Ehe beteiligte und sich für ein schärferes Abtreibungsrecht ausspricht. Für das politische Establishment ist er deshalb so gefährlich, weil er radikale wirtschaftspolitische Ansätze vertritt. Während des Vorwahlkampfes kündigte er weitrechende Reformen an. Tiefe Einschnitte in die Staatsausgaben, Beamtenabbau, Steuersenkungen für Unter- nehmen, Erhöhung der Mehrwertsteuer, Abschaffung der 35-Stunden-Woche und der Vermögensteuer. Zudem solle das Rentenalter von 62 auf 65 Jahre angehoben werden, die Arbeitslosenhilfe im Zeitablauf sinken sowie der Kündigungsschutz gelockert werden.

Frankreich befindet sich seit Jahren in schweren wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Das Land zählt neben Italien zu den Sorgenkindern der Euro-Zone. Die Ausgaben für den aufgeblähten Beamtenapparat sind enorm und es wachsen Befürchtungen, das Land könne sich die üppigen Pensionen der ehemaligen Staatsbediensteten nicht mehr lange leisten. Die Zahl der Beamten will Fillon um 500000 reduzieren. Er verlangt von ihnen zudem, in Zukunft 39 statt 35 Stunden ohne Gehaltsausgleich zu arbeiten. Große französische Tageszeitungen schrieben in den vergangenen Tagen von einer „konservativen Revolution“. Das aufgeblähte Regelwerk des Arbeitsrechts mit 3400 Seiten will er auf 150 Seiten straffen. Eine Mehrwertsteuererhöhung von zwei Prozentpunkten soll Abgabenerleichterungen an anderer Stelle finanzieren. Zudem soll die Vermögenssteuer abgeschafft werden. Damit will Fillon wohlhabende Franzosen im Land halten und das Land weniger abhängig von fremden Devisen machen.

Vor einigen Jahren hätte ein Kandidat mit solch radikalen Vorschlägen wohl keine Chance gehabt. Doch in Frankreich wächst die Bereitschaft zu durchgreifenden Reformen. Die Zeitung „Le Figaro“ glaubt, dass „es einen Kandidaten braucht, der eine Vision eines neuen Frankreichs hat und der bereit ist, unangenehme Wahrheiten auszusprechen“. Sowohl Marine Le Pen als auch alle potenziellen Kandidaten der Sozialisten gerieren sich dieser Tage als Besitzstandswahrer. Der Front National macht die Europäische Union und die Masseneinwanderung als Ursache aller Probleme aus. Die französische Linke hat ein Auge auf die Superreichen geworfen und fordert, Länder wie Deutschland müssten noch mehr Geld an die EU zahlen.

Die  Parti socialiste (PS, Sozialistische Partei), die mit François Hollande immerhin den amtierenden Staatspräsident und die von Premierminister Manuel Valls angeführte Regierung stellen, sind von der neuen Entwicklung überrascht. Sie wollen im Januar ihren Kandidaten küren. Hollande hat am vergangenen Donnerstag wenig überraschend den Verzicht auf eine weitere Kandidatur bekanntgegeben. Den Sozialisten droht nun eine interne Zerreißprobe. Die besten Karten dürfte Premierminister Valls haben, der sich aber mit einem halben Dutzend Mitbewerben auseinandersetzen muss. Sein früherer Wirtschaftsminister Emmanuel Macron hat dagegen eine eigene Kampagne gestartet, die vor allem auf die Wähler der politischen Mitte abzielt. Der Linkspolitiker Jean-Luc Melenchon, ein früheres Mitglied der Sozialistischen Partei, hat ebenfalls einen eigenen Wahlkampf begonnen. Sie liegen in allen Umfragen deutlich über der Zehn-Prozent-Marke, hätten aber keine Chance, in das entscheidende Duell zu gelangen. Dort sehen die Demoskopen derzeit Marine Le Pen mit rund 25 Prozent sowie Fillon, der wenige Punkte vorne liegt. Das Kalkül der Sozialisten, in einem zweiten Wahlgang die „Stimmen der Demokraten“ gegen Le Pen zu bekommen, dürfte nicht aufgehen.

Die Wahl in Frankreich wird ohnehin eine Zäsur darstellen. Denn egal, ob Fillon oder Le Pen. Die beiden aussichtsreichsten Kandidaten treten für ein Europa der Vaterländer ein und wollen die Sanktionen gegenüber Russland lockern. Der russische Präsident Wladimir Putin, dem nachgesagt wird, den Front National mit Geld zu versorgen, teilte jedenfalls schon mal mit, dass er Fillon „für einen guten Mann“ halte.

                Peter Entinger


Hongkonger fühlen sich betrogen
Wahl 2017: Die einstige Kronkolonie fürchtet um die Reste ihrer Selbstverwaltung

Sein Name bedeutet „Duftender Hafen“ und es selbst war einst ein berüchtigter Seeräuberunterschlupf. In seiner wechselvollen Geschichte kam ein Stadtteil „für ewige Zeiten“ zur britischen Krone, während ein anderer nur gepachtet war – ohne den Hongkong indes nicht lebensfähig ist. So gab London 1997 die Souveränität an die Volksrepublik China zurück; im Gegenzug garantierte diese, Hongkong als „Sonderverwaltungszone“ unter Beibehaltung des bisherigen wirtschaftlichen und politischen Lebens zu behandeln – bei den erwähnten Grundrechten fehlte indes die Abhaltung freier Wahlen.

Hatte die Führung der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) anfangs viel vom Selbstbestimmungsrecht der Hongkonger geredet, so stellte sie sehr bald fest, über die Zukunft der Stadt seien die Ansichten der über eine Milliarde Chinesen maßgebend, nicht jedoch deren Einwohner. In der Tat wurde die Leitung Hongkongs von reinen Erfüllungsgehilfen Pekings besetzt. Bald spürte man deren wachsenden politischen Druck auf die Medien, während andererseits nicht wenige Hongkonger sich aus politischen und wirtschaftlichen Motiven mit Peking arrangierten. Als man dort im September 2012 einen sogenannten patriotischen Schulunterricht im kommunistischen Sinne verlangte, beriefen sich die Hongkonger auf die versprochene Autonomie, ihr separates Rechtssystem und ihre Bürgerrechte. Wiederholt demonstrierten bis zu 120000 Menschen erfolgreich vor dem Regierungssitz der Sieben-Millionen-Stadt, von deren Bewohnern annähernd die Hälfte aus dem kommunistischen China geflüchtet ist. Bei den alljährlichen Protestmärschen am Jahrestag der Rückgabe Hongkongs an China stieg die Zahl der Teilnehmer auf eine halbe Million. Studenten blockierten bei den von den Medien gerne „Regenschirm-Revolution“ genannten Protesten in Hongkong 2014 die wichtigsten Straßen für 79 Tage.

Bei den Wahlen im diesjährigen September wurde vielen Wahlkandidaten von der Hongkonger Stadtverwaltung die Unterzeichnung der Deklaration „Hongkong ist ein Teil Chinas“ abverlangt, während freiheitlich-demokra-tische Gruppierungen offen die Unabhängigkeit propagierten oder sogar zur Einheit aufriefen für eine stärkere Macht, „um die KP Chinas zu bekämpfen“. Sie errangen immerhin genügend Sitze, die ihnen wenigstens ein Veto gegen einige Gesetzesvorlagen ermöglichten. Das Pro-Peking-Lager erlitt Verluste, behielt jedoch die Mehrheit. Ungefähr zeitgleich verschwanden fünf Leiter von Verlagen, die gegen Peking eingestellt sind. Sie befinden sich in der Volksrepublik in Haft. Die der KPCh recht nahe stehende „Global Times“ versuchte, diese Entführungen mit dem Hinweis zu rechtfertigen, dass deren Bücher „auf verschiedenen Wegen“ in die Volksrepublik gelangten und dort „negative Effekte“ sowie „Störungen“ verursachten und China vor „ein wahres Problem“ stellten.

Bald danach erklärte Chinas Präsident Xi Jinping in einer Stellungnahme, er werde jede Form von Aktivitäten für ein unabhängiges Hongkong resolut bekämpfen. Die Stimmung der dortigen Bevölkerung ist in den letzten Wochen erneut angeheizt worden, zumal sie bei den Wahlen nächstes Jahr entgegen allen bisherigen Versprechen der Volksrepublik, erstmals den Hongkonger Verwaltungschef direkt wählen zu können, nunmehr nach bisheriger Art wählen soll: Ein Komitee Chinas filtert in einer Vorauswahl die Kandidaten, aus denen dann die Honkonger einen auswählen dürfen. Es wird in den bevorstehenden Monaten über diese äußerst entscheidende Frage viel Ärger und zweifellos ebenfalls Unruhen geben. Xi sollte dabei umsichtig handeln, denn Hongkong stellt immer noch eine wichtige Brücke zur Außenwelt dar und gilt als der fünftwichtigste Bankplatz der Welt. Die US-Investitionen dort werden auf mindestens fünf Milliarden US-Dollar geschätzt und der Erfolg des Werbens um eine Vereinigung mit Taiwan wird nicht zuletzt von der Behandlung Honkongs abhängen. Eine Trennung vom kommunistischen China werden die Hongkonger zumindest in absehbarer Zeit kaum erreichen.

                Friedrich-Wilhelm Schlomann


MELDUNGEN

Staat bestimmt über Flugrouten

Berlin – Das Bundesinnenministerium darf nach einer Änderung des Luftsicherheitsgesetzes unter bestimmten Voraussetzungen ein Einflug-, Überflug-, Start- oder Frachtbeförderungsverbot verhängen. Das gilt auch außerhalb des deutschen Hoheitsgebietes, sofern keine völkerrechtlichen Regeln entgegenstehen. Anlass dieser Neuregelung sei der Abschuss des Malaysia-Air­lines-Flugzeugs im Juli 2014 über der Ukraine, teilten die Koalitionsfraktionen mit. Angesichts neuartiger Gefahrenlagen könne die Verantwortung, welche Gebiete noch überflogen und welche Flughäfen noch bedient werden können, nicht allein den Fluggesellschaften und Piloten überlassen bleiben. Die Schutzpflicht des Staates erfordere auch ein staatliches Handeln.            J.H.

 

Massenflucht aus Nordkorea

Seoul – Die Zahl der aus Nordkorea in den Süden geflohenen Menschen betrug Mitte November 30000. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies trotz aller verstärkten Grenzabsperrungen eine Steigerung von 18 Prozent. Weit über die Hälfte der Ankömmlinge in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul ist zwischen 20 und 30 Jahre alt; ein deutliches Indiz dafür, dass das Regime in Pjöngjang trotz aller massiven Propaganda weite Kreise der Jugend nicht für sich gewinnen kann. Befragungen der Geflohenen ergaben, dass das Hauptmotiv ihrer Flucht in früheren Jahren der Hunger war, während in jüngster Zeit primär die „Sehnsucht nach Freiheit“ angegeben wird. Aufschlussreich ist, dass sich die Zahl von Angehörigen der „Elite-Gruppen“, wie in Nordkorea höhere Parteifunktionäre, Geheimdienstler, Offiziere und Akademiker tituliert werden, unter den Flüchtlingen verdoppelt hat.          F.W.S.

 

Ehrendoktor für Historiker Karner

Moskau – Die Russische Staatliche Geisteswissenschaftliche Universität  (RGGU) in Moskau hat den österreichischen Historiker Stefan Karner mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet. Karner, Vorstand des Instituts für Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmensgeschichte sowie Gründer und Leiter des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgenforschung (BIK) erhielt diese Ehrung wegen seiner herausragenden wissenschaftlichen Leistungen und seines weit über das Übliche hinausreichenden Engagements zur Aufarbeitung der Geschichte Russlands und Österreichs. Darüber hinaus verdanken Österreich und Deutschland dem Geehrten, der auch Ko-Vorsitzender der österreichisch-russischen Historikerkommission ist, die Aufklärung des Schicksals hunderttausender Kriegsgefangener und internierter Zivilisten, die sich infolge des Zweiten Weltkriegs in sowjetischen Lagern befanden. Davon zeugen unter anderem auch zwei Konferenzen zum noch immer nicht vollständig aufgeklärten Weg und physischen Ende des 1945 von den Sowjets aus Budapest verschleppten schwedischen Diplomaten und Judenretters Raoul Wallenberg. Erst kürzlich publizierte Karner nach intensiven Forschungen in Moskauer Archiven seine endgültigen Ergebnisse zum Schicksal der Österreicherin Margarethe Ottillinger, die sich zehn Jahre in GULag-Gewahrsam befunden hatte. R.O.


S. 3 Deutschland

Die Verachtungs-Gemeinschaft
Wenn sich Spitzenpolitiker über deutsche Werte und Kultur auslassen, ist vor allem Fremdschämen angesagt

Vorbei sind die Zeiten, als Politprominenz von links wie rechts einen gesunden Patriotismus pflegte. Mit haarsträubenden Äußerungen zeigen die Regierungsverantwortlichen von heute ihr  gestörtes Verhältnis zur Nation. Für das Land im Zuwandererchaos eine tödliche Gefahr.

Sie hetzt und giftet, sie pöbelt, brodelt und schäumt. Jutta Ditfurth (65), einst Mitbegründerin der Grünen und heute als Mitglied einer obskuren Partei namens ÖkoLinX Stadtverordnete in Frankfurt, tut sich keinen Zwang an. Der Rassismus und der Hass, den sie an diesem 13. Oktober am Rednerpult im Römer, dem Rathaus der Finanzmetropole, verbreitet, wird sie nicht um ihre berufliche Existenz bringen. Ihre Facebook-Seite wird nicht gesperrt werden. Die Empörungsmaschinerie der Mainstream-Medien wird nicht über sie hinwegrollen.

Es geht schließlich nur um Deutschland. Verrecken soll es, weil das wunderbar wäre, zitiert Jutta Dithfurt genüsslich aus dem Lied einer Punkband. Aus ihren Sympathien für das hirnlose Liedgut macht sie keinen Hehl.

Was die Stadtverordnete Ditfurth in aller Öffentlichkeit zum Besten gibt, würde der Bundeskanzlerin Merkel selbstredend niemals über die Lippen kommen. Ihre Haltung zur Nation scheint eher in einem Stadium angelangt, das zwischen Gleichgültigkeit und Verachtung pendelt. Geht es um geborene Deutsche, spricht sie – so geschehen in einem ARD-Interview mit Anne Will – von „den Leuten, die schon etwas länger hier leben“. Im Gegensatz zu „denen, die neu hinzugekommen sind“, womit wohl die Heerscharen der Asylsucher gemeint sind, die sie ins Land gelassen hat. Beliebiger geht es nimmer. Eine Patientenschar beim Zahnarzt ließe sich so charakterisieren: Manche warten eben schon etwas länger auf ihre Wurzelbehandlung.

Lässt sich die Kanzlerin doch einmal über kulturelle Werte und nationale Identität aus, ist Fremdschämen angesagt. Der Sorge vor dem expansiven Islam solle man durch die Pflege christlicher Traditionen begegnen, so ihre krude Logik. Auf einem Sonderparteitag der CDU im Oktober riet sie der entgeisterten Zuhörerschaft, zu Weihnachten, Liederzettel zu kopieren und jemanden aufzutreiben, der Block-flöte spielen kann. „Ich meine das ganz ehrlich. Sonst geht uns ein Stück Heimat verloren.“ Ehrlich war an dieser Stelle wohl nur der Eindruck, wie falsch und unecht die Töne in Merkels Blockflöten-Statement klangen.

Dass solche haarsträubenden Äußerungen von einer breiten Öffentlichkeit nahezu gleichgültig hingenommen werden, liegt vielleicht daran, dass neben und hinter Merkel allzu viele Blockflöten in der gleichen Tonlage musizieren. Derart dauerbeschallt, wird dem Bürger der antideutsche Klang zur Selbstverständlichkeit, etwa wenn Innenminister Thomas de Maizière bei einer Diskussion über Integration zum Stichwort Nationalkultur nichts weiter einfällt als Schweinebraten und Currywurst. Derlei Leckereien werde man natürlich trotz islamisch-orientalischer Einwandererflut auch weiterhin verspeisen können, verkündet er generös.

Was ein möglicherweise zukünftiger SPD-Kabinettkollege vom Land seiner Geburt hält, hat er ebenfalls schon deutlich gemacht. Martin Schulz, noch bis Januar Parlamentspräsident in Brüssel und dann als neuer deutscher Außenminister im Gespräch, will erklärtermaßen auch künftig EU-Interessen vertreten. Berliner Belange scheinen ihm weniger am Herzen zu liegen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen: Auch wenn CDU und SPD mit dem beginnenden Wahlkampf in vielen Fragen auseinanderdriften, als Verachtungsgemeinschaft in Sachen Staatsvolk harmonieren sie prächtig. Unvorstellbar sind heute die Zeiten, als Willy Brandt mit dem Slogan antrat „Deutsche, wir können stolz sein auf unser Land“. Zum Bundestagswahlkampf 1972 war das, und die SPD errang mit 45,8 Prozent der Stimmen den höchsten Sieg ihrer Geschichte. Mit Patriotismus lassen sich Wahlen gewinnen, Es ist jene herrlich irrationale Antriebskraft, die Menschen veranlasst, auf eigene Egoismen zu verzichten und sich dem Dienst an einer größeren Sache zu widmen. Sie bringt US-amerikanische Schüler dazu, jeden Morgen in ihren Klassenzimmern die Nationalhymne anzustimmen und zaubert den Franzosen Schmetterlinge in den Bauch angesichts der Marianne, der Nationalfigur ihrer Republik, deren Büste derzeit die Züge des korsischen Topmodels Laetitia Casta trägt.

Wem all dies zu gefühlig und pathetisch klingt, kann sich einmal fragen, wie es eigentlich einer Firma ergeht, deren Spitzenkräfte sich nicht mit dem Unternehmen identifizieren. Er kann sich Verkaufsleiter vorstellen, die halbherzig Preise aushandeln, Personalchefs, denen es egal ist, wer angeheuert wird, und Produktionsleiter, die mehr auf die Qualität ihrer Krawatten achten als auf die Güte der Firmenerzeugnisse. Das Unternehmen wäre binnen Kurzem ein Fall für den Konkursverwalter.

Es braucht die Volkstod-Phan-tasien einer Jutta Ditfurth nicht, um einem Land massiv zu schaden. Gleichgültigkeit und Verachtung reichen vollkommen.

                Frank Horns


Rechtzeitig zur Wahl
FES-Studie unterstellt AfD samt Sympathisanten Radikalisierung

Vergangenen Monat stellte die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Berlin die neue für sie von Ralf Melzer herausgegebene Studie „Gespaltene Mitte – Feindselige Zustände. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2016“ vor. Der Tenor der Veröffentlichung war schnell klar. „Die Anhängerschaft der AfD ist seit der vergangenen Studie nicht nur gewachsen, sondern hat sich parallel zur Ausrichtung der Partei auch radikalisiert“, sagte die Mitautorin Beate Küpper. Beispielsweise seien 68,4 Prozent der AfD-Anhänger fremdenfeindlich. Zum Vergleich: Bei den im Bundestag vertretenen Parteien liege der Anteil zwischen sechs Prozent bei den Grünen und 15,8 Prozent bei der Union. „Die große Mehrheit der AfD-Anhänger tendiert ganz eindeutig zu menschenfeindlichen Einstellungen“, auch „hart rechtsextremistische Einstellungen“ seien unter den Wählern und Sympathisanten der AfD „weitverbreitet“, erklärte der Koautor Andreas Zick weiter.

Küpper lehrt an der Fachhochschule Niederrhein „Soziale Arbeit in Gruppen und Konfliktsituationen“. Als Autorin zeichnet sie für Veröffentlichungen wie die Schrift „Wut, Verachtung, Ablehnung. Rechtspopulismus in Deutschland“ verantwortlich, die sie gemeinsam mit Zick geschrieben hat. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“) schrieb über das im Jahr 2014 erscheine Buch wenig Schmeichelhaftes: „Die neue Analyse der Daten aus einer von der Friedrich-Ebert-Stiftung herausgegebenen Schrift unter der Perspektive des Rechtspopulismus scheint nur ungenaue Ergebnisse zu liefern.“ In Bezug auf die AfD warf der „FAZ“-Autor Zick und Küpper bereits damals „Alarmismus“ vor.

Andreas Zick ist als Leiter des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) an der Universität in Bielefeld tätig. Sein Steckenpferd ist das Aufspüren von vermeintlich rechten Umtrieben. So sitzt er im Stiftungsrat der „antifaschistischen“ Amadeu-Antonio-Stiftung und ist Mitglied in der Zuwanderungslobby-Organisation „Rat für Migration“. Die Ausschreitung von jungen Muslimen in der Silvesternacht von Köln spielte er in einem Interview als „Party der Gewalt“ herunter und sagte, „dass man in der Herkunft der Täter keine Antwort auf die Vorkommnisse finden wird“.

Verantwortlicher Redakteur der Studie ist mit Ralf Melzer ein hauptamtlicher Mitarbeiter der Stiftung. Melzer beschäftigt sich hauptberuflich mit der Erforschung von Rechtspopulismus. Die SPD-nahe Stiftung beschäftigt derzeit insgesamt mehr als 600 angestellte Mitarbeiter in ihren Niederlassungen in Bonn und Berlin sowie in den 100 Auslandsvertretungen. Ihr Vorsitzender ist der ehemalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck. Im vergangenen Jahr erhielt sie mehr als 120 Millionen Euro aus Bundes- und Landesmitteln, um „politische Bildungsarbeit“ zu betreiben. Man dürfte während des Wahlkampfes noch öfter von ihr hören. Peter Entinger


Erinnerungstransfer gelungen
Bund der Vertriebenen wählte neues Präsidium

Der Bund der Vertriebenen (BdV) hat auf seiner Bundesversammlung in der Hessischen Landesvertretung in Berlin den Bundestags­abgeordneten Bernd Fabritius mit 142 von 144 gültigen Stimmen im Amt des Präsidenten bestätigt.

Zu Vizepräsidenten wurden Stephan Grigat, Renate Holznagel, Christian Knauer, Albrecht Schläger und Reinfried Vogler gewählt. Weitere Präsidialmitglieder sind Waldemar Eisenbraun, Raimund Haser, Milan Horacek, Siegbert Ortmann, Egon Primas und Stephan Rauhut.

Die Präsidentin des Frauenverbandes im BdV, Maria Werthan, und der Präsident des Bauernverbandes der Vertriebenen, Christian Walter, gehören kraft Amtes dem Präsidium an.

Damit spiegele das neue Präsidium, so das BdV-Präsidium, das breite Aufgabenspektrum des Verbandes wider. Es zeige außerdem, dass der „Erinnerungstransfer innerverbandlich bereits gelungen“ sei.

Fabritius erklärte nach der Wahl unter anderem: „Unser Verband wird in stark zunehmendem Maße als verlässlicher und kompetenter Partner gesehen, der repräsentativ und konstruktiv-lösungsorientiert für die Heimatvertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler auftritt. Wir haben es geschafft, der Öffentlichkeit zu vermitteln, dass wir für Menschenrechte, für Völkerverständigung und Versöhnung in einem geeinten und friedlichen Europa eintreten. Uns eint nicht der Hass auf diejenigen, die uns Unrecht zugefügt haben, sondern die Bereitschaft, auf unsere östlichen Nachbarn zuzugehen, ihnen die Hand zu reichen – so lange, bis sie ergriffen wird und wir mit unseren Anliegen weiterkommen.“

Auch die wahrheitsgemäße und offene Aufarbeitung der Vergangenheit sowie die Beratung und Betreuung von Spätaussiedlern und Zuwanderern, einschließlich heutiger Opfer von Flucht und Vertreibung, würden weiterhin wichtige Aufgabenfelder bleiben, so das BdV-Präsidium.              PAZ


MELDUNGEN

Betreuung von Ehegatten

Berlin – Der Bundesrat beugt dem vielfachen Missbrauch im Betreuungswesen vor. Künftig soll für den Fall, dass ein Ehepartner entscheidungsunfähig ist und keine Vertretungsvollmacht vorhanden ist, der andere Ehepartner automatisch ein Vertretungsrecht in medizinischen und damit zusammenhängenden finanziellen Angelegenheiten erhalten. Gleiches soll für eingetragene Lebenspartner gelten. Dem Gesetzentwurf zufolge soll künftig grundsätzlich angenommen werden, dass eine Vertretungsvollmacht für den Gatten besteht, sofern keine entgegenstehende Erklärung des Verunglückten oder Erkrankten vorliegt. J.H.

 

Geld gegen »Populisten«

Berlin – Mögen Kommunalpolitiker, Verbandsvertreter und Bürger auch noch so viel klagen, seit Jahrzehnten sieht die Bundespolitik tatenlos zu, wie Dörfer und kleine Gemeinden immer mehr veröden. Bis jetzt. Die Rettung naht in Gestalt von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU), der ein Förderprogramm für den ländlichen Raum auflegen will. Das tut er nicht etwa aus Einsicht, dass im Interesse der hier lebenden Menschen dringend etwas geschehen muss, sondern „aufgrund der Wahl­erfolge von Rechtspopulisten“. Wenn Menschen das Gefühl hätten, sie seien abgehängt, dann müsste diese Sorge ernst genommen werden, und die Politik müsse sich um sie kümmern, sagte Schmidt der Zeitung „Bild am Sonntag“. Dazu gehörten erreichbare Läden, Schulen, Ärzte und Dienstleistungen sowie eine vor Ort ansprechbare Verwaltung. Dass das Grundgesetz die Direktfinanzierung von Kommunen aus Bundesmitteln untersagt, ficht den Minister nicht an. Seine Lösung: das Grundgesetz einfach ändern. Wenn es gegen „Rechtspopulisten“ geht, geht eben alles.           J.H.


S. 4 Verwertungsgesellschaften

Kampf ums geistige Eigentum
Gericht mahnt Erstattung von Urheberrechtsgeldern an – Buchverlagen droht der Ruin

Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) rüttelt an den Grundfesten des Urheberrechts. Bei der Verwertungsgesellschaft VG Wort haben Buchverlage künftig keine urheberrechtlichen Ansprüche mehr.

Jeden Sommer dürfen sich Buchautoren und Journalisten auf einen kleinen Geldsegen freuen. Sofern sie bei der in München ansässigen VG Wort gemeldet sind, erhalten sie einen bis zu vierstelligen Geldbetrag überwiesen, der sie für die Zweitverwertung ihrer Texte durch Kopien, durch Bibliotheksausleihe oder durch Online-Verbreitung entschädigt. In diesem Jahr geht es um bis zu 190 Millionen Euro, die nach einem bestimmten Verteilschlüssel an die rund 180000 Wahrnehmungsberechtigten überwiesen werden.

Nutznießer waren bislang auch die Verlage, welche sich den Ausschüttungsbetrag mit den Autoren im Verhältnis von 70 zu 30 bei belletristischen und 50 zu 50 bei wissenschaftlichen Werken teilten. Im Jahr 2014 gingen so 38 Millionen Euro an etwa 6000 Verlage.

Doch damit ist es nun vorbei. Der BHG gab am 21. April einer Klage des Wissenschaftsautors Martin Vogel statt und entschied, dass nur den Autoren das Urheberrecht an ihren Werken zustehe, nicht aber den Verlagen. Diese mussten nun bis zum 30. November rückwirkend bis 2012 ihre von der VG Wort ausgezahlten Tantiemen zurückerstatten. Dabei handelt es sich um insgesamt 100 Millionen Euro.

Für manche Verlage geht es deshalb um die Existenz, denn laut Börsenverein des Deutschen Buchhandels betragen die Rück­forderungen je nach Verlag „zwischen 20 und 200 Prozent des durchschnittlichen Jahresgewinns“. Gegen­über der „Taz“ sagte die Chefin des Berliner Wagenbach-Verlags: „Für die kleinen Verlage ist ein Betrag von 5000 Euro so viel wie eine Million für die großen.“ Damit kleinere Betriebe nicht Insolvenz anmelden müssen, gewährt die VG Wort eine Stundung der fälligen Beträge, aber nur wenn ein Wirtschaftsprüfer die Notlage des Verlages bestätigt.

Nicht unmittelbar betroffen von dem BGH-Urteil sind die Presseverlage. Sie hatten ihre Einkünfte aus der VG Wort an Journalistenverbände weitergegeben, welche damit eine Fortbildungsakademie für Journalisten finanzierte. Da deren Finanzgrundlage jetzt entzogen ist, wurde sie nach dem BGH-Urteil geschlossen.

Auf jeden Fall ist die Vorfreude der Autoren auf eine Bonuszahlung groß, wenn das ausstehende Geld von den Verlagen eingesammelt ist. Langfristig gesehen, kann dabei der VG Wort aber großer Schaden entstehen, denn die Verlage werden auf Dauer garantiert nicht auf ihre Urheberrechtsansprüche verzichten. Das seit 1958 funktionierende Modell der Rechteverwertung durch die VG Wort gerät in Gefahr, wenn die Verlage daraus ausscheren und eigene Rechtegesellschaften gründen.

Und schlimmer noch: Das BGH-Urteil könnte eine Signalwirkung für all jene haben, die in die VG Wort einzahlen. Dabei handelt es sich um die Hersteller von Kopiergeräten, Hochschulen, Bibliotheken, Rundfunksender und Internetfirmen. Wenn sie das Urheberrecht aufgeweicht sehen, könnten sie auf eine Verringerung der von ihnen jährlich geforderten Millionenbeträge pochen.

Die VG Wort sieht sich nach dem Urteil demnach in ihrer Existenz bedroht. Wenn sie in der bestehenden Form die Urheberrechte von Autoren und Pressetexten weiterhin wahrnehmen soll, wäre ein Gesetz nötig, welches den Buchverlagen ein ähnliches Leistungsschutzrecht anerkennt, das die Presseverlage bereits besitzen.

Passiert das nicht, dann könnte sich die VG Wort zu einem reinen Presseclub wandeln. Aus dem  sommerlichen Geldsegen für die übriggebliebenen Autoren würde dann aber nur noch ein Rinnsal werden.     Harald Tews


Treuhänder der Urheber
Verwertungsgesellschaften nehmen Schutzrechte für Werke wahr

Jede Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Werkes, sei es die Vervielfältigung eines Textes oder die öffentliche Wiedergabe eines Musikstücks, ist ohne die zuvor eingeholte Erlaubnis des Urhebers unzulässig. Allerdings ist es gerade bei massenhaften Nutzungsvorgängen faktisch unmöglich, in jedem Einzelfall die erforderliche Erlaubnis des Rechteinhabers einzuholen. Ebenso ist es einem einzelnen Urheber im Zeitalter der Massennutzung urheberrechtlich geschützter Werke nahezu unmöglich, seine Vergütungsansprüche geltend zu machen. Das scheitert allein schon daran, dass der Urheber zumeist gar keine Kenntnis von der Nutzung seines urheberrechtlich geschützten Werkes hat. Er ist daher auf die Hilfe einer Verwertungsgesellschaft angewiesen, um die ihm zustehende Vergütung zu erhalten und die widerrechtliche Nutzung seiner Werke und Leistungen zu unterbinden.

Verwertungsgesellschaften sind privatrechtlich organisierte Vereinigungen von Urhebern und Inhabern von Leistungsschutzrechten. Dazu gehören beispielsweise Komponisten, Schriftsteller, Journalisten, bildende Künstler, Fotografen, Tonträgerhersteller oder Filmproduzenten. Die Berechtigten räumen der jeweiligen Verwertungsgesellschaft ihre urheberrechtlichen Nutzungsrechte sowie Vergütungsansprüche ein. Die Verwertungsgesellschaften nehmen die Rechte der Urheber kollektiv wahr, indem sie Lizenzen für die von ihnen verwalteten Werke erteilen, die Nutzung dieser Werke überwachen und die eingezogenen Lizenzgebühren auf der Grundlage von Verteilungsplänen an die Rechteinhaber ausschütten.

Derzeit besitzen 13 Verwertungsgesellschaften die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb nach dem Verwertungsgesellschaftengesetz. Pro Jahr nehmen sie aus der Rechtewahrnehmung zusammen rund 1,5 Milliarden Euro ein. Da sie treuhänderisch tätig sind und faktisch über eine Monopolstellung verfügen, unterliegen sie der staatlichen Aufsicht, die durch das Deutsche Patent- und Markenamt ausgeübt wird. Seit diesem Jahr arbeitet das Amt dabei auch mit den anderen europäischen Aufsichtsbehörden zusammen.          J.H.


Ein Kind der Gleichschaltung

Bereits in der auf dem Wiener Kongress vor über 200 Jahren beschlossenen Bundesakte für den Deutschen Bund hieß es in Artikel 18: „Die Bundesversammlung wird sich bey ihrer ersten Zusammenkunft mit Abfassung gleichförmiger Verfügungen über die Preßfreyheit und die Sicherstellung der Rechte der Schriftsteller und Verleger gegen den Nachdruck beschäftigen.“

Es dauerte dann doch bis 1902, dass das „Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst“ festlegte, dass es zur öffentlichen Aufführung eines musikalischen Werkes der Genehmigung des Autors bedarf. Daraufhin gründete die „Genossenschaft Deutscher Tonsetzer“ (GDT) im Folgejahr die „Anstalt für musikalisches Aufführungsrecht“ (AFMA). Da die AFMA als E-Musik-lastig empfunden wurde, entstand 1915 die „Genossenschaft zur Verwertung musikalischer Aufführungsrechte“ (Gema) als U-Musik-Pendant.

AFMA und Gema gründeten 1930 den „Verband zum Schutze musikalischer Aufführungsrechte für Deutschland“. Aus diesem ging wenige Monate nach der nationalsozialistischen „Macht-ergreifung“ in einer Zeit des Zentralismus und des Totalitarismus die „Staatlich genehmigte Gesellschaft zur Verwertung musikalischer Aufführungsrechte“ (STAGMA) hervor, die von den neuen Machthabern das Monopol zur Wahrnehmung von Musikaufführungsrechten erhielt. Das Ende des Dritten Reiches bedeutete nicht das Ende der STAGMA, allerdings arbeitet sie seit 1947 unter der Bezeichnung „Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte“ (Gema).

1951 entstand als DDR-Pendant die „Anstalt zur Wahrung der Aufführungs- und Vervielfältigungsrechte auf dem Gebiet der Musik“ (AWA). Nach der deutschen Vereinigung wechselten viele Mitglieder zur Gema beziehungsweise der „Verwertungsgesellschaft Wort“ (VG Wort). Mittlerweile befindet sich die AWA in der Liquidation. Manuel Ruoff


Zeitzeugen

Walter Kollo – Der eher der U-Musik zuzuordnende ostpreußische Operettenkomponist besaß einen eigenen Musikverlag und gehörte 1915 zu den Gründern der „Genossenschaft zur Verwertung musikalischer Aufführungsrechte“ (Gema). Mit vier Verlegern, zwei Textdichtern und zwei weiteren Komponisten bildete er den Aufsichtsrat der Gema.

Martin Vogel – Der Autor und Patentrichter macht sich seit Jahren für das Urheberrecht stark. Unter der damaligen Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) hat er 2002 das „Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern“ mitverfasst. Als Mitglied der VG Wort brachte er eine Klage gegen die Buchverlage bis vor das BGH, das als „Vogel-Entscheidung“ jetzt die gesamte Urheberrechtsbranche aufwirbelt.

Rainer Just – Der Betriebswirt ist seit 2008 geschäftsführender Vorstand der VG Wort. Im selben Jahr wurde der zuvor beim Ernst-Klett-Verlag tätige Just außerdem Präsident der in Belgien ansässigen „International Federation of Reproduction Rights Organisations“, die juristische Grundlagen gegen weltweite Copyright-Verstöße legt. Nach dem BGH-Urteil muss Just aber erst einmal die größte Krise der VG Wort in ihrer 58-jährigen Geschichte bewältigen.

Gerda Krüger-Nieland – Die bis 1945 als Anwältin in Berlin, Düsseldorf und im ostpreußischen Elbing tätige Juristin war 1951 eine der ersten Richterinnen am BGH. Unter Berufung auf ihre Entscheidungen zum Urheberrecht fanden die Verwertungsgesellschaften Gema und VG Wort ihre Rechtsgrundlagen. Für Künstler, Theaterleute, Musiker und Journalisten und Literaten ist Krüger-Nieland so etwas wie die Mutter eines jährlichen Geldsegens.

Anne Algermissen – Die Leiterin der Staatsaufsicht über die Verwertungsgesellschaften beim Deutschen Patent- und Markenamt sorgt dafür, dass diese ihre Aufgaben erfüllen und die ihnen per Gesetz übertragene Machtfülle nicht missbrauchen. Auch erteilt ihre Abteilung den Verwertungsgesellschaften in Abstimmung mit dem Bundeskartellamt die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb.


S. 5 Preussen/Berlin

LAF-Mitarbeiter schlagen Alarm
Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten: Aggressive Asylsucher, Angestellte völlig überlastet

Die Mitarbeiter des neu gegründeten Berliner Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) prangern in einem Brandbrief, den sie „Gefahrenanzeige“ nennen, Überbelastung, Krankheiten, Aggression und kaum auszuhaltende Zustände an – ein „absolut chaotisches System“.

Erst im August war das Amt aus dem wegen grassierender Missstände in die Schlagzeilen geratenen Lageso (Landesamt für Gesundheit und Soziales) gebildet worden. Die Politik versprach seinerzeit mehr Personal, bessere Abläufe, mehr Unterkünfte für Asylsucher. Jetzt schreiben die Mitarbeiter ihrer Vorgesetzten Claudia Langeheine, wie unhaltbar ihr Alltag in Wahrheit ist und kritisieren „mangelnde Organisation im Haus“. Sie verlangen „Sofortmaßnahmen zur Arbeitsentlastung“.

Die Polizei arbeitet in der Metropole gerade ansatzweise die negativen Folgen bisheriger politischer „Willkommenskultur“ ab, verhaftete vergangene Woche einen ägyptischen Schleuser, der bandenmäßig Menschen unter härtesten Bedingungen ins Land geschmuggelt hatte und dessen ungeachtet unbehelligt in einer Berliner Asylunterkunft lebte.

Anzeichen dafür, dass der Senat dort nicht Herr der Lage ist, gibt es viele – nun erneut aus den Reihen der unmittelbar betroffenen Verwaltung. Am neu organisierten LAF herrscht Chaos: Die Mitarbeiter beklagen sich in dem Brandbrief über aggressive Antragsteller, zu viele Fälle pro Mitarbeiter (15 am Tag) und Überlastung. Sicherheit wie Gesundheit der Angestellten seien in Gefahr.

Angesichts von offiziell „nur“ 16000 neuen Asylsuchern in diesem Jahr kommt die interne Klage, in die auch die neuen, zur Verstärkung zusätzlich berufenen Mitarbeiter einstimmen, wie ein Paukenschlag daher. Gerade löst der Senat eine Sondereinheit der Verwaltung zum Asylsuchermanagement auf. Die „Gefahrenanzeige” nach dem Arbeitsschutzgesetz sagt jedoch zeitgleich: Die Verwalter der politisch gewollten Asylwelle fühlen sich selbst nicht mehr sicher.

Aktuell leben offiziellen Angaben zufolge noch zirka 20000 Zuwanderer in Berliner Notunterkünften, kurz NUK. Rund 40 Turnhallen sind nach wie vor als Unterkünfte belegt. Die Spannungen, die durch dauerhaft räumlich beengtes Nebeneinander von Menschen verschiedenster Herkunft entstehen, nehmen immer mehr zu. Da viele in Massenunterkünften Einquartierte keine Umzugsaussichten haben und den zweiten Winter in beengten Verhältnissen hausen, können sie ihr Leben nicht gestalten – eine Integrationsbremse, wie sie in dem Ausmaß angeblich kein anderes Bundesland kennt. Andere Bundesländer haben die Unterkunftslage entschärft, der Berliner Senat hat sie dagegen jüngst noch mit einem Abschiebestopp angeheizt.

Der scheidende Sozialsenator Mario Czaja (CDU) musste Bürgermeister Michael Müller (SPD) jetzt Rechenschaft ablegen, wie es um die Unterbringung steht. Seine Nachfolgerin Elke Breitenbach (Linke) müsse sichere Zahlen haben, so die SPD. Die Bilanz fällt angesichts des erklärten Willens des neuen Senats, die bisherige Politik noch intensiver zu betreiben, denkbar düster aus.

Der Bau von Containerdörfern verzögert sich. Die Sozialverwaltung  musste kürzlich ihre Zusage, Turnhallen bis Jahresende zu räumen, zurücknehmen. Außerdem räumten die Verantwortlichen Fehler bei den Vergabeverfahren zum Betrieb fertiger Lager ein. Mehr als 3000 Menschen verbringen den Winter in dafür kaum geeigneten Hallen. Insgesamt sind 5000 Personen falsch einquartiert: Anerkannte Asylbewerber, die eigentlich in Heimen oder Wohnungen leben sollten, hausen weiter in Quartieren des LAF. Für sie ist das Landesamt aber nicht zuständig – aus Mangel an Wohnraum bleiben sie dennoch in dessen Massenunterkünften.

Dass der Senat binnen weniger Tage von Czaja eine Bilanz fordert, stellt klar: Die CDU soll die Schuld bekommen für das Mittragen linker Politik im rot-schwarzen Senat der vergangenen Wahlperiode. Die neue rot-rot-grüne Koalition schreibt trotz offensichtlicher Selbstüberschätzung diesen Kurs fort. Breitenbach will dem Landesamt Aufgaben abnehmen, Abläufe beschleunigen. Czaja verspricht – ähnlich den politischen Beteuerungen vom Sommer – mehr Mitarbeiter.

Die Asylpolitikerin Canan Bayram (Grüne) sagt, Langeheine sei zwar eine „anerkannte Verwaltungsexpertin“, wichtiger seien jedoch die „politischen Vorgaben“. Da diese sich im Kern nicht ändern, bleibt die ano­nyme Aussage eines LAF-Mitarbeiters aktuell: Man schaffe die Arbeit nicht, habe „keine eigenen Unterbringungsmöglichkeiten“ und sei zudem „enormen verbalen Angriffen und Anfeindungen“ ausgesetzt.

                Sverre Gutschmidt


CDU nach Henkel
von Theo Maass

Geht es mit der Berliner CDU seit den verlorenen Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus wieder aufwärts? Nach einem Stimmenanteil von 17,6 Prozent bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus am 18. September 2016 wurde im Oktober ein Umfragewert von 18, dann 19 und am 27. November schließlich gar von 20 Prozent gemessen. Nun hat die CDU ihren Landesvorsitzenden ausgetauscht.

Frank Henkel musste gehen und sein Generalsekretär Kai Wegner gleich mit. Noch sitzt Nachfolgerin Monika Grütters, die sich nicht um den Posten der Landesvorsitzenden gerissen hat, im Bundestag – noch. Ihr Personalvorschlag für den Posten des Generalsekretärs wurde erst einmal „durchgereicht“, um erst im zweiten Wahlgang eine hauchdünne Mehrheit zu finden. Das zeigt, dass Grütters wenig Rückhalt in der Partei hat. Bei einem Ergebnis von 81,7 Prozent Zustimmung ohne Gegenkandidaten sprachen parteiinterne Kritiker von einem Dämpfer.

Inhaltlich bekannte sich Grütters unmissverständlich zur Zuwanderungspolitik der Kanzlerin: „Das Grundprinzip der Entscheidung der Kanzlerin, die Flüchtlinge ins Land zu lassen, war ein Akt der Barmherzigkeit.“ Grütters hat sich in einem Interview dennoch als „bürgerlich-bodenständig“ etikettiert. Dem entgegen beschreiben sie fast alle Medien eher als Repräsentantin des Konzepts „moderne Großstadtpartei“.

Im Herbst 2017 wird ein neuer Bundestag gewählt. 2013 erreichte die CDU in Berlin noch 28,5 Prozent. Legt man das Ergebnis der jüngsten Abgeordnetenhauswahlen zugrunde, wäre ein Verlust von fast elf Prozentpunkten zu befürchten. Noch sitzen neun Berliner CDU-Mandatsträger im Bundestag. Das kaommt auch daher, dass die beiden bürgerlichen Konkurrenten AfD und FDP seinerzeit an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert sind. Wenn es diesmal weniger Überhangs- und Aus­gleichsmandate in Berlin geben sollte, ist nicht auszuschließen, dass es dann nur noch fünf Berliner CDU-Politiker ins Bundesparlament schaffen – allesamt über die zu erwartenden Direktmandate der Partei im Westteil der Stadt. Aber Grütters sitzt in Marzahn-Hellersdorf im Osten.

Was, wenn sie kein Bundestagsmandat bekommt? Wird ihr Merkel trotzdem den Posten des Kulturstaatsministers belassen – auch als Königin ohne Land? Wem wird die Partei die Schuld geben, wenn das Berliner Bundestagsergebnis deutlich schlechter ausfällt als das von 2013? Eine Hoffnung für Grütters: Der Berliner CDU könnte die kommende rot-rot-grüne Landesregierung nützen. In Thüringen hat die Zustimmung zum Linksbündnis seit dessen Machtübernahme rapide abgenommen. Dort verfügen CDU und AfD nach der letzten Umfrage zusammen über 51 Prozent.


Krise beim Verfassungsschutz
Brandenburgs Landesamt mit Aufgaben zunehmend überfordert

Im Gespräch mit dem Sender RBB hat Brandenburgs Verfassungsschutzchef Carlo Weber eine alarmierende Zustandsbeschreibung geliefert. Trotz wachsender Gefahren ist der Landesverfassungsschutz demnach nur noch bedingt einsatzbereit. Weber bezeichnet den Zustand als „prekär aufgestellt“. Derzeit arbeiteten rund 90 Mitarbeiter beim Brandenburgischen Verfassungsschutz, nötig wäre laut Weber aber eine Aufstockung um etwa ein Drittel, auf 125 Mitarbeiter.

Konkret führt er einen Mangel an Technikern, Übersetzern, aber auch operativen Mitarbeitern etwa für die Observation an. Einzelne Bereiche des Verfassungsschutzes würden inzwischen „ganz blank ziehen“, so Weber im  RBB-Regionalmagazin „Brandenburg aktuell“. Hintergrund der Warnung ist ein Absinken des Personalbestandes auf einen historischen Tiefstand unter der rot-roten Koalition. Noch unter dem früheren Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) war der Verfassungsschutz auf rund 120 Mann aufgestockt worden. Sein Nachfolger Rainer Speer (SPD) verkleinerte den Personalbestand aus Kostengründen allerdings stufenweise.

Zumindest vorläufig scheint ein weiterer Abbau gestoppt zu sein. Im gerade beratenen Landeshaushalt hat sich Rot-Rot darauf geeinigt, zwölf Stellen, die ursprünglich zur Streichung vorgesehene waren, doch beizubehalten. Der gewachsenen Bedrohungslage scheint dies kaum angemessen zu sein. Neben der Reichsbürger-Bewegung sowie Links- und Rechtsextremisten wird auch für Brandenburg der extremistische Islam zu einem wachsenden Problem, das immer mehr Kräfte bindet.

Bereits bei der Vorstellung des jährlichen Verfassungsschutzberichts im Juli hatte Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD), seit November 2014 im Amt, darauf aufmerksam gemacht, dass islamische Extremisten zunehmend „personelle, materielle und finanzielle Ressourcen der Sicherheitsbehörden“ bänden. Die Zahl der gewaltbereiten Islamisten in Brandenburg liegt nach Schätzungen des Verfassungsschutzes mittlerweile bei ungefähr 50. Vor allem der anhaltende Zustrom tschetschenischer Asylbewerber  dürfte die Zahl noch weiter steigen lassen. Die Polizei hat inzwischen sogar ein eigenes Dezernat für den Kampf gegen den islamischen Terror eingerichtet. Mit mehr als 20 Mitarbeitern hat die neue Einheit im Landeskriminalamt Anfang November ihre Arbeit aufgenommen.                  Norman Hanert


Lobby schweigt
Übergriffe auf Homosexuelle nehmen zu

Die Gegend um den U-Bahnhof Nollendorfplatz in Berlin-Schöneberg gilt als „Schwulenkiez“. Dort und auch anderswo nehmen die Überfälle auf Menschen, die als schwule Männer oder lesbische Frauen erkennbar sind, zu. Kaum ein Tag vergeht, an dem die Szenemedien nicht von neuen Angriffen berichten.

Angeblich wurden 2016 bereits 113 Fälle von „Hass und Gewalt“ registriert. Im Vergleichs­zeitraum 2015 gab es 107 gemeldete Straftaten. Die Dunkelziffer der nicht gemeldeten Fälle dürfte jedoch ein Vielfaches betragen.

Jetzt musste ein bekanntes Lokal, die „Lieblingsbar“ in Schöneberg, schließen. Die Gäste seien wegen der steigenden Kriminalität weggeblieben, begründet der Wirt seine Entscheidung. Medien, Polizei und Lobby schweigen sich zu den speziellen Motiven und zur ethnischen Herkunft der Täter aus.

Frank Hansel, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD im Berliner Abgeordnetenhaus: „Die hier sich gegen Schwule richtende Hasskriminalität in Form von Raub und Überfällen geht nicht auf das Konto von irgendwelchen durchgeknallten ,Rechten‘, sondern von kriminellen Nicht-Schwulen aus dem Balkan, die von einer falschen EU-Süd-Osterweiterungspolitik eingeladen wurden.“

Die ethnische Herkunft der Täter zu thematisieren verträgt sich jedoch kaum mit der eher links-grünen Grundierung der Interessenverbände von Homosexuellen. Diese stürzen angesichts der Realität in einen Gewissenskonflikt, der sich zur Krise ihrer Glaubwürdigkeit auswachsen könnte.     

                Hans Lody


Hauptstadt der Hilfe-Empfänger

In Berlin leben (gemessen an der Gesamtbevölkerung) die meisten Empfänger von staatlichen Leistungen zum Erhalt des Existenzminimums bundesweit. Laut Daten des Statistischen Bundesamts waren Ende 2015 rund 662800 Hauptstädter oder 19,4 Prozent der Bevölkerung auf eine soziale Mindestsicherung wie etwa Hartz-IV-Leistungen oder Grundsicherung im Alter angewiesen. Dies waren zwar 0,1 Prozent weniger als im Vorjahr, dennoch ist Berlin damit Schlusslicht in Deutschland. Im Durchschnitt bezogen in der Bundesrepublik 9,1 Prozent der Bevölkerung soziale Mindestsicherung. Nach Berlin landete Bremen mit einem Anteil von 17 Prozent auf Platz 2. Brandenburg schaffte es mit einer Quote von 11,3 Prozent deutschlandweit auf den sechsten Platz. Mit einem Plus von 36,2 Prozent registrierte  das Statistische Bundesamt im vergangenen Jahr den größten Zuwachs bei Empfängern von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.              N.H.


S. 6 Ausland

Los von Washington
Die Bewegung »Yes California« erstrebt Abstimmung über den Austritt des Golden State aus den USA

Die Bewegung „Yes California“ hat dem Generalstaatsanwalt eine Referendums-Initiative vorgelegt, bei der es um eine Abstimmung über den Verbleib oder Austritt des sogenannten Golden State (Goldener Staat) aus den USA geht, die schon im Jahr 2018 stattfinden soll. Das berichtet die „Los Angeles Times“.

Der Name „Yes California“ ist von „Yes Scotland“ entlehnt, der Parole der schottischen Separatisten bei deren gescheitertem Referendum im Jahr 2014. Für ihre zumindest angestrebte Weltläufigkeit spricht auch ein weiteres Vorhaben der Separatisten. Sobald Kalifornien seine Unabhängigkeit erlangt hat, soll, so die Planung von „Yes California“, in Russland eine erste Botschaft eröffnet werden. Der Leiter der Gruppe, Louis Marinelli, war vor zwei Monaten nach Russland gereist, um dort Gleichgesinnte zu finden, allerdings keine russischen Separatisten, sondern Menschen, die der zunehmenden Globalisierung mit Misstrauen, wenn nicht ablehnend gegenüberstehen.

Mit dieser Haltung weist die Gruppe „Yes California“ über die Ablehnung des designierten US-Präsidenten Donald Trump hinaus noch ein zweites tragendes Element auf. In Russland scheint es Marinelli gefallen zu haben, jedenfalls – so heißt es – habe man ihm das Recht Kaliforniens auf Selbstbestimmung bestätigt, wenn natürlich auch ohne unmittelbare Folgen. Was nun die geplante Botschaft betrifft, so soll sie weniger mit den üblichen Zuständigkeiten solcher Institute betraut werden, sondern sich vielmehr der Aufgabe widmen, in Russland nicht nur für bessere Kenntnisse über Kalifornien zu sorgen, vor allem auch auf kulturellem und geschichtlichen Gebiet, als auch die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern zu festigen.

Damit stößt man auf das dritte tragende Element, das hinter der Idee einer Loslösung von den USA steckt. Wäre es mit der Selbstständigkeit schon so weit, wie „Yes California“ es gerne hätte, und der Bundestaat souverän, so bildete er als Einzelstaat weltweit die achtgrößte Wirtschaftsmacht nach China, den Rest-USA, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Italien, wäre von daher also alleine überlebensfähig. Kalifornien ist nach der Fläche der drittgrößte Staat der USA und steht, was die Bevölkerung angeht, mit Abstand auf Platz eins. In absoluten Zahlen liest sich das sehr beeindruckend: Auf einer Fläche von rund 424000 Quadratkilometern leben fast 38 Millionen Einwohner. Diese erwirtschafteten 2010 1,9 Billionen US-Dollar.

Das jährliche Pro-Kopf-Einkommen der Kalifornier betrug – wiederum im Jahr 2010 – 46488 Dollar, der Durchschnittswert aller Bundesstaaten lag bei 42429. In der Tatsache, dass das Pro-Kopf-Einkommen derart merklich über dem US-Durchschnitt liegt, kann ein weiteres tragendes Element des Separationsgedankens gesehen werden. Denn auch in den USA, deren Einzelstaaten erhebliche Unterschiede bei den Wirtschaftszahlen aufweisen, gibt es so etwas wie in Deutschland den Länderfinanzausgleich.

Und ebenso wie in Deutschland haben die Geberländer wenig Freude an der ihnen zugewiesenen Rolle. Um es kurz und den Vergleich anschaulich zu machen: Die Rolle, die in Deutschland Bayern spielt, ist in den USA Kalifornien zu eigen.

Schließlich spielt ein weiteres Element eine zusätzliche Rolle, jedenfalls in den Ballungsgebieten. Dort, vor allem in San Franzisco, hat sich in ziemlich großem Umfang eine Denk- und Lebensweise entwickelt, die deutliche Neigungen erkennen lässt, vom Skurrilen zum Absurden und vom Originellen zum Abartigen zu reichen. Eine extreme Auffassung von Liberalität hat vielfach zum moralischen Kollaps geführt. Nichtsdestoweniger wollen die, die eine solche Entwicklung tragen, sie auch weiterführen.

Das erklärt, warum die Wahl Donald Trumps zum Anlass dient, den Gedanken an eine Separation, der sich aus mehreren Quellen speist, gerade jetzt hervorzuholen. Trump ist nicht derjenige, der als Hüter eines regellosen Laissez-faire gelten kann. Jedenfalls bei den Betroffenen steht er im Verdacht, dass er mit seinem „Macht Amerika wieder stark“ auch an einen moralischen Aspekt denkt.

Wie auch immer die Aussichten der Kalifornier stehen, Teil der USA zu bleiben oder nicht – auf Russland allein wären sie im Fall des Falles nicht angewiesen. Ein Witzbold hat darauf aufmerksam gemacht, dass durch den Brexit in der EU ein Platz freigeworden sei, den Kalifornien dann einnehmen könne.                     

                Florian Stumfall


Putin setzt auf Jüngere
Absetzung Uljukajews löst Spekulationen über »Säuberungen« aus

Die Affäre um den abgesetzten russischen Finanzminister Alexej Uljukajew hat viele überrascht, galt der Minister doch als unbescholten. Nicht umsonst hat der Reformer der ersten Stunde nach dem Zerfall der Sowjetunion jahrelang hohe Ämter bekleidet. Als einer der wenigen konnte Uljukajew sich erlauben, Wladimir Putin zu kritisieren. Dass ausgerechnet dieser erfahrene Staatsmann über eine dummdreist eingefädelte Schmiergeldaffäre gestolpert sei, mag man selbst in Moskau nicht so recht glauben.

Uljukajew wird vorgeworfen, im Zusammenhang mit dem Verkauf des Ölkonzerns Baschneft an den Rosneft-Konzern 1,86 Millionen Euro Schmiergeld angenommen zu haben. Der Inlandsgeheimdienst FSB will beobachtet haben, dass Uljukajew für seine Zustimmung zu dem Handel im vergangenen Ok-tober das Geld von Konzernchef Igor Setschin erpresst haben soll.  Erst jetzt haben Beamte des FSB Uljukajew festgenommen.

Wenn diese Geschichte wahr ist, müsse Uljukajew den Verstand verloren haben, meint Dmitrij Trawin, Professor der Europa-Universität St. Petersburg. Kein normaler Mensch käme auf die Idee, illegale Geschäfte mit Rosneft abzuwickeln, dessen Chef Setschin ein enger Freund Putins ist. Über Setschins Einfluss auf wichtige Entscheidungen im Kreml gibt es seit über 15 Jahren Gerüchte. Trawin sieht in Uljukajew ein Bauernopfer.

Um vor den Wahlen beim Volk zu punkten, hat die russische Regierung sich den Kampf gegen die Korruption auf die Fahne geschrieben. Mit dem Fall sei eine Skandalsituation geschaffen worden, bei der gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden konnten: Zum einen entledigte Putin sich mithilfe des Geheimdienstes eines Kritikers. Uljukajew hatte der russischen Wirtschaft erst im Oktober eine düstere Zukunft mit einer 20 Jahre dauernden Stagnation prognostiziert. Der Minister hatte sich gegen die Übernahme von Baschneft durch Setschins Konzern ausgesprochen, da beide zu 50 Prozent in Staatsbesitz sind und der Handel daher keine Privatisierung darstelle. Neben Rosneft hatte auch der Konzern Lukoil Interesse am Kauf bekundet. Zum anderen versuche der FSB, so Trawin, seit einiger Zeit, die Regierung von seiner Wichtigkeit zu überzeugen, indem er korrupte Beamte  überführe.

Eine andere Erklärung ist, dass Uljukajew das Opfer interner Machtkämpfe der Kreml-Elite wurde. Ein Teil der Elite ist unzufrieden mit Putins hartem Kurs gegen-über der EU und in der Ukraine-Krise. Seit Längerem wird darüber spekuliert, dass Putin aus Angst vor einer Palastrevolte „Säuberungen“ durchführen lasse. Mit Verhaftungen korrupter Beamter werde beim Volk der Eindruck er-

weckt, nur Putin könne der Bevölkerung Sicherheit und Wohlstand garantieren. Vor den nahenden Duma- und Präsidentschaftswahlen nimmt die Zahl der Strafverfahren gegen korrupte Beamte unter Beifall vor allem der Landbevölkerung deutlich zu.

Es ist zu beobachten, dass Putin Schlüsselpositionen mit jüngeren Personen besetzt. Im August setzte er den 63-jährigen Leiter der Präsidialverwaltung, Sergej Iwanow, ab, dessen Nachfolger der bis dahin unbekannte 44-jährige Anton Wajno wurde. Als Nachfolger Uljukajews wurde der 34-jährige Dmitrij Oreschkin ernannt. Der bisherige Vize-Finanzminister gilt als Experte für Makroökonomie und genießt hohes Ansehen. Er war zehn Jahre lang im Bankensektor tätig und sammelte Erfahrungen im Ausland.

                Manuela Rosenthal-Kappi


Milizen statt Armeen
Ein Wandel der Kriegsakteure in Nahost – und nicht nur dort

Sogenannte „failed states“ (gescheiterte Staaten) und Milizen sind die beiden Seiten ein und derselben Medaille. Sie bedingen einander. Irreguläre Streitkräfte und Privatarmeen stellen das Machtmonopol und damit die Autorität des Staates mit dessen Waffenträgern in Frage, und sie füllen das Machtvakuum, das gescheiterte Staaten erzeugen. Sowohl die Zahl der gescheiterten Staaten als auch die der Milizen nimmt in einem für die internationale Stabilität besorgniserregenden Maße zu.

Die militärischen Konflikte in Syrien, dem Irak, dem Jemen und Libyen sind kaum vergleichbar. Zumindest eines haben all dies Konflikte jedoch gemeinsam: Sie wurden zu Geburtsstunden von vielen Milizen, die wiederum die jeweiligen Konflikte verstärken.

Sie sind im Herzen der Schlacht um Aleppo oder um Mossul. Sie sind Iraker, Syrer, Jemeniten, Palästinenser, Libyer, Libanesen oder entstammen aus vielen anderen Ländern. Sie sind Sunniten, Schiiten, Christen, Drusen, Eziden, Kurden, Turkmenen oder Araber. Sie kämpfen im Namen Allahs (Abu Bakrs oder Husseins) oder eines anderen Gottes, um ihre „Völker“ zu verteidigen oder eine neue Macht aufzuzwingen. Milizen sind inoffizielle bewaffnete Gruppen, die in Zeiten des Krieges gebildet wurden, häufig aufgrund der ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit. Der Libanonkrieg zwischen 1975 und 1990 hatte davon zehn produziert, es war der große Durchbruch dieser Völkergeißel, die sich jetzt im Nahen Osten in allen Konfliktzonen, aber auch darüber hinaus immer mehr durchsetzt. Milizen-Bewegungen stehen immer mehr im Mittelpunkt der jeweiligen Konflikte, sie ersetzen die staatlichen Armeen, sie wurden zu den wahren Meistern des Spiels oder vielmehr des Chaos.

Dies gilt für die Misrata-Milizen in Libyen, die Houthi-Milizen im Jemen, die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) oder die Sadristen im Irak, um nur ein paar zu nennen. Trotz ihrer vielen Unterschiede haben Milizen oft eine ähnliche Entstehungsgeschichte. Sie sind das Ergebnis eines Chaos, das sie letztlich verewigen und sogar verstärken. Deshalb werden die Milizen nicht verschwinden nach dem Ende eines Konfliktes. Sie sind das Ergebnis eines zerfallenden Staates, aber sie tragen auch dazu bei, diesen weiter zu schwächen. Sie machen ihm sein Gewaltmonopol streitig. Sie usurpieren einige seiner Vorrechte hinsichtlich Polizei, Justiz oder Bildung. Oft entstammen Milizen einer Minderheit und wollen die Rechte dieser Minorität verteidigen. Manchmal unterdrücken sie sogar eine Mehrheit im Namen der Verteidigung einer Minderheit.

Die Milizen kämpfen miteinander und/oder bilden Allianzen, wie es die Umstände und Interessen verlangen. Syrische Kurden haben so die Luftunterstützung der US-Amerikaner in ihrem Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) erhalten und den der Russen bei ihrem Kampf gegen die syrischen Rebellen. In Mossul, koordinieren die Peshmerga ihre Angriffe mit der irakischen Armee, trotz der sonst konfliktträchtigen Beziehungen zwischen Bagdad und Erbil.

Im Jemen arbeiten die Houthi-Milizen mit dem ehemaligen Präsidenten Ali Abdullah Saleh zusammen, obwohl sie dieser unterdrückt hatte, als er noch an der Macht war. Und was soll man sagen zu den unzähligen bewaffneten Gruppen, welche die syrische Opposition bilden, die vereint sind, wenn sie gegen Assad kämpfen und die sich sofort untereinander bekämpfen, wenn sich dessen Truppen zurückziehen?   Bodo Bost/PAZ


MELDUNGEN

Teilverbot von Nikab und Burka

Amsterdam – Das niederländische Parlament hat ein Gesetz verabschiedet, wonach Personen, die ihr Gesicht verbergen, öffentliche Einrichtungen wie Regierungsgebäude, Schulen, Verkehrsknotenpunkte und Krankenhäuser nicht mehr betreten dürfen. Grundsätzlich ist an allen Orten, an denen das Erkennen der Identität eines Menschen wichtig ist, das Tragen von Gesichtsschleiern untersagt. Bevor das Gesetz in Kraft tritt, muss es noch von der politisch wesentlich weniger bedeutenden anderen Parlamentskammer, dem Senat, gebilligt werden, was als sicher gilt.                J.H.

 

Aufschwung für russische Kirche

Moskau – Seit der Wahl von Patriarch Kyrill im Jahr 2009 wurden in Russland über 5000 neue Kirchen gebaut. Die Zahl der kirchlichen Amtsträger hat in nur sieben Jahren um 10000 zugenommen, die Zahl der Klöster ist um 122 gestiegen. Allein in Moskau sind in den letzten Jahren 160 orthodoxe Pfarreien neu entstanden. Es wird bereits gemunkelt, dass Patriarch Kyrill der eigentliche zweite Mann im Staat ist, nicht Premier Dmitri Medwedjew, der wochenlang kaum in der Öffentlichkeit erscheint, während der Patriarch „Staatsbesuche“ macht. Vor Kurzem war er sogar in Argentinien, wo der Patriarch Vorträge hielt und Gottesdienste feierte. Anlässlich seines 70. Geburtstages kamen Staatspräsident Wladimir Putin und Medwedjew in die Erlöser-Kathedrale in Moskau, um zu gratulieren. Putin überreichte ihm als Geschenk eine wertvolle Bernsteinplatte mit der Darstellung der Heiligen Dreifaltigkeit nach der Vorlage aus dem St. Sergius Kloster. Es scheint, als wolle Russland zum 100. Jahrestag der Oktoberrevolution 2017 die durch sie erlittenen Verluste im religiösen Leben wieder ausgeglichen haben.            B.B.


S. 7 Wirtschaft

Warnung vor »historischem Bruch«
Ökonomen von Deutscher Bank und BIZ befürchten Kollaps des globalen Finanzsystems

Begriffe wie „Austeritätspolitik“ oder „Stabilitätspakt“ vermitteln oftmals den Eindruck, in den letzten Jahren hätte eine Umkehr zu mehr Sparsamkeit stattgefunden. Tatsächlich sind die Schuldenberge seit der Finanzkrise von 2007 drastisch gewachsen. Nun werden Befürchtungen vor einem Kollaps des globalen Finanzsystems laut.

Ökonomen der Deutschen Bank haben eine alarmierende Lageeinschätzung vorgelegt. Aus Sicht der Analysten befindet sich das globale Finanzsystem mittlerweile in einem extrem fragilen Zustand. Diagnostiziert wird zum einen, dass der weltweit angehäufte Schuldenberg gemessen an dem derzeitigen Wirtschaftswachstum viel zu hoch ist. Damit, dass Schulden erlassen werden, um das Verhältnis zwischen den Schulden und der Wirtschaftsleistung wieder auf ein richtiges Niveau zu bringen, sei kaum zu rechnen.

„Die Schulden sind zu systemisch, als dass die Notenbanken zulassen könnten, dass es zu einem Zahlungsausfall kommt“, so die Einschätzung bei der Deutschen Bank. Aufrechterhalten werde mit der immer extremer gewordenen Geldpolitik dafür ein gescheitertes System, ohne dass dem Wirtschaftswachstum viel geboten wird. Zudem würden die unbeabsichtigten Konsequenzen der aktuellen Geldpolitik immer stärker zutage treten. So habe das Drücken der Zinsen durch die Europäische Zentralbank (EZB) bis in den Strafzinsbereich dazu geführt, dass die Zinsmargen der Banken dahingeschmolzen seien.

In eine ähnliche Richtung geht die Kritik, die Claudio Borio, der Chefvolkswirt der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) unlängst vorgebracht hat. In der „Süddeutschen Zeitung“ warnte der BIZ-Volkswirt, dass sich die Weltwirtschaft in einer Endphase befinde und möglicherweise vor einem „historischen Bruch“ stehe. Zur Begründung führte der 59-jährige Ökonom ein ganzes Bündel von Problemen an. So sind nach Ansicht Borios die Zentralbanken mittlerweile „an ihr Limit gegangen“ und überfordert. Gleichzeitig wachse die Wirtschaftsproduktivität noch langsamer als zu Zeiten der Finanzkrise. Ähnlich wie die Ökonomen der Deutschen Bank wies auch Borio auf die Höhe der privaten und öffentlichen Schulden hin: „Sie sind so hoch wie nie in der Geschichte“, so der BIZ-Chefvolkswirt.

Und tatsächlich ist es seit der globalen Finanzkrise ab 2007 zu keinem Schuldenabbau gekommen. Die Verschuldung ist stattdessen sogar massiv angestiegen. Nach Daten des McKinsey Global Institute (MGI) belief sich die Gesamtverschuldung der 22 größten entwickelten und 25 aufstrebenden Volkswirtschaften im Jahr 2000 auf 87 Billionen US-Dollar. Ende 2007, kurz nach Beginn der Finanzkrise, war der Schuldenberg bereits auf 142 Billionen Dollar angewachsen. Bis zum Ende des untersuchten Zeitraums im zweiten Quartal 2014 war der Stand von 199 Billionen Dollar erreicht. Die Schulden waren damit auf 286 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung angestiegen. Der Wert macht deutlich, wie wichtig die Niedrig- und Negativzinsen der Zentralbanken sind, um einen globalen Kollaps des Kredit- und Geldsystems zu verhindern.

Auch ein Blick auf die Euro-Zone zeigt, dass von einem „deutschen Spardiktat“ für Europa kaum die Rede sein kann. Deutschland eingeschlossen, überschreiten mittlerweile 14 von 19 Euroländern bei ihrer Staatsverschuldung den Maastricht-Grenzwert von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In sechs Euro-Ländern, Griechenland, Italien, Portugal, Belgien, Zypern und Spanien, waren im zweiten Quartal dieses Jahres die Staatsschulden sogar auf Werte von teils weit über 100 Prozent geklettert.

Niedrigzinzen und massives Gelddrucken der Europäischen Zentralbank haben bislang Staatsbankrotte in der Euro-Zone verhindern können. Bereits seit März 2015 kauft die EZB Staatsanleihen und andere Wertpapiere im großen Stil auf. Seit Juni stehen sogar Unternehmensanleihen auf dem EZB-Kaufprogamm. Insgesamt fließen so monatlich 80 Milliarden Euro, insgesamt soll so bis März kommenden Jahres eine Geldflut von 1,74 Billionen Euro geschaffen werden. Im Zuge ihres Aufkaufprogramms hat die EZB mittlerweile schon so viele Staatsanleihen erworben, dass sie sich der Höchstgrenze nähert, die sie sich selbst gesetzt hat. Demzufolge darf die Europäische Zentralbank höchstens ein Drittel der ausstehenden Staatsschulden eines Eurostaates aufkaufen.

Problematisch könnte diese Begrenzung speziell im Fall Italiens werden. Bereits im Vorfeld des gescheiteren Verfassungsreferendums hatte eine Kapitalflucht aus Italien eingesetzt und waren die Risikoaufschläge für Staatsanleihen gestiegen. Der Bankensektor des Landes ist derart angeschlagen, dass er als Großabnehmer für italienische Staatsanleihen kaum noch in Frage kommen dürfte.             

                Norman Hanert


Unproduktive Ungleichheit
Studie: Schere zwischen Arm und Reich senkt Produktivität

Eine neue Studie der OECD, die von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung durchgeführt wurde, soll belegen, dass die Schere zwischen Arm und Reich nicht nur sozial ungerecht sei, sondern auch Auswirkungen auf die Volkswirtschaft habe. Im Rahmen der Simulationsstudie hätten die Autoren festgestellt, dass sich in Deutschland die zunehmende Einkommensungleichheit in den zurückliegenden Jahren negativ auf das Wirtschaftswachstum ausgewirkt habe.

„Das Bruttoinlandsprodukt würde heute höher liegen, wäre die Ungleichheit in der Einkommensverteilung seit Anfang der 90er Jahre nicht angestiegen“, heißt es dort. Kurzfristig erhöhe zwar eine steigende Einkommensungleichheit in der Volkswirtschaft die Produktivität, da durch die größeren Auswirkungen persönlicher Anstrengungen auf die relative individuelle Einkommensposition ein Anreiz zu produktiverem Arbeiten gegeben sei („Anreizkanal“).

„In der längeren Frist wirkt sich die höhere gesellschaftliche Ungleichheit indes negativ auf die Produktivität aus, denn die Bezieher von Niedrigeinkommen investieren aufgrund fehlender Finanzierungsmöglichkeiten weniger in längere oder bessere Bildung (,Humankapitalkanal‘)“, so die Ansicht der Autoren.

Wirtschaftswissenschaftler messen die Ungleichheit in einem Land mit dem sogenannten Gini-Koeffzienten, der nach dem italienischen Statistiker Corrado Gini benannt wurde. Liegt der Koeffizient bei eins, hat einer das gesamte Einkommen eines Landes und die anderen nichts. Liegt er bei null, verdienen alle Bürger gleich viel. Vergleicht man die Markteinkommen, zu denen Löhne, Kapital- und Vermögenseinkommen zählen, ergibt sich für Deutschland ein Gini-Koeffizient von 0,50. In den USA liegt er mit 0,51 übrigens ähnlich hoch.

Wäre die Einkommensungleichheit gemessen am Gini-Koeffizienten der Nettohaushaltseinkommen auf ihrem Niveau des Jahres 1991 geblieben, so hätte das deutsche Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2015 um 40 Milliarden Euro höher gelegen als tatsächlich beobachtet, heißt es in der nun vorliegenden Studie. „Die Modellergebnisse legen mithin nahe, dass das Wachstum der deutschen Wirtschaft seit der deutschen Vereinigung um jahresdurchschnittlich gut einen halben Zehntel-Prozentpunkt niedriger ausgefallen ist, als es bei gleichbleibender Einkommensverteilung gewesen wäre.“

Die Autoren gelangen auch zu der Erkenntnis, dass die gestiegene Ungleichheit der Grund für Deutschlands Stellung als Exportweltmeister sei: „Wenn die Binnennachfrage schwach ist, zielen die Unternehmen in Deutschland auf das Ausland; zugleich dämpft die gesunkene Nachfrage vor allem der Geringverdiener die Importe: Der Außenhandelsbilanzsaldo wächst.“

Allerdings lässt die Studie auch im Hinblick auf internationale Vergleiche ein Faktum außer Acht. „Denn der deutsche Staat betreibt eine gewaltige Umverteilungsmaschine, die diese ungleiche Einkommensverteilung kräftig korrigiert“, kommentiert die „Rheinische Post“. Beziehe man Renten oder staatliche Transfers in den Vergleich ein, ergäbe sich ein ganz anderes Bild. Wie aus einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft hervorgeht, sinke der deutsche Gini-Koeffizient auf 0,29. In den USA liegt er mit 0,36 dann deutlich höher als in Deutschland.   Peter Entinger


»Trump-Hausse«
Analysten und die Börse erwarten einen Aufschwung in den USA

Ähnlich wie schon vor dem Brexit-Referendum wurden auch im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahl teils sehr drastische Warnungen vor wirtschaftlichen Konsequenzen abgegeben. Vorherrschend war die Einschätzung, Donald Trumps Ideen seinen „Gift für die Wirtschaft“, mit ihm drohe „ein Rückfall in die ökonomische Steinzeit“. Die Tageszeitung „Die Welt“ berichtete  von einer Berechnung, nach der es jeden Deutschen exakt 34662,50 Euro kosten würde, wenn ein zum Präsidenten gewählter Donald Trump sein „Harakiri-Programm durchziehen und – wie viele US-Präsidenten – auch eine zweite Amtszeit antreten“ würde.

Undiplomatisch positionierte sich vor der Wahl auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sehr eindeutig. Auf einer Botschafterkonferenz in Berlin erklärte der SPD-Politiker vor Wirtschaftsvertretern, „Populisten“ wie Trump seien „Gift für die Wirtschaft“.

Nach der Wahl werden nun auch völlig andere Einschätzungen bekannt, etwa von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Nach deren Einschätzung könnten die Investitions- und Steuersenkungspläne des neuen Präsidenten die Konjunktur in den Vereinigten Staaten kräftig ankurbeln. Trump hat ein Programm in Höhe von 550 Milliarden US-Dollar für die Erneuerung der Infrastruktur der USA angekündigt. Zudem sollen auch die Unternehmenssteuern kräftig sinken. Die OECD schätzt, der „fiskalische Impuls“ werde das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts der USA im nächsten Jahr um knapp 0,5 Prozentpunkte und 2018 um einen Prozentpunkt anheben.

Wie eine Umfrage des Münchner Ifo-Instituts ergeben hat, rechnet auch eine große Mehrheit von 130 befragten deutschen Wirtschaftsprofessoren mit einem Aufschwung durch die angekündigten Investitionen des künftigen US-Präsidenten. So gaben 80 Prozent der befragten Volkswirte an, sie würden mit einer moderaten Stimulierung des Wachstums rechnen. Gut 75 Prozent erwarten mehr Beschäftigung, wenn unter Trump mehr Geld in die Infrastruktur investiert wird. Etwa jeder siebte befragte Ökonom geht sogar von einer starken Belebung der Konjunktur aus.

Optimistisch sind auch viele Anleger. Seit der Präsidentschaftswahl sind die Kurse an den US-Börsen so stark gestiegen, dass inzwischen bereits von einer Trump-Hausse gesprochen wird. Sowohl der Aktienindex Dow Jones als auch der S&P 500 (Standard & Poor’s 500) haben jeweils neue Höchststände erklommen. Am stärksten zulegen konnten neben Finanzwerten die Aktien aus dem Einzelhandelssektor und der produzierenden Industrie.           N.H.


MELDUNGEN

Schlappe für Boeing

Genf – Das Schiedsgericht der Welthandelsorganisation (WTO) hat die Steuervergünstigungen für den Bau der Boeing 777X als verbotene Subvention eingestuft. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström bezeichnete die Entscheidung als „einen wichtigen Sieg für die EU und ihre Flugzeugindustrie“. Boeings größter Konkurrent Airbus freut sich über ein „vernichtendes, historisches Urteil“. Dabei haben die europäischen Flugzeugbauer eigentlich keinen Grund zur Freude, denn erst im September hatte das WTO-Gericht milliardenschwere Unterstützungen von Airbus durch die EU für unzulässig erklärt. Nun macht sich die chinesische Luftfahrtindustrie Hoffnungen auf Aufträge.         J.H.

 

Hilfen für Milchbauern

Berlin – Der Bundestag hat den Weg für finanzielle Hilfen an die Milchbauern freigemacht. Ab Februar 2017 werden sogenannte Liquiditätshilfen in einer Höhe von 116 Millionen Euro an die Milchwirte ausgezahlt, die ihre Mengenproduktion nicht steigern. Diese Maßnahme soll zu einer Reduzierung der Milchge-samtmenge führen und zur Stabilisierung der Preise auf dem Rohstoffmarkt beitragen.        J.H.


S. 8 Forum

Ein Dino stirbt
von Harald Tews

Alle Achtung! ARD und ZDF sind in Sachen Geldverschwendung einmal über ihre Schatten gesprungen und verzichten bis 2024 auf die Olympia­berichterstattung. Zu teuer! Olympia findet dann nur in einem Spartenkanal statt.

Das muss viel Überwindung gekostet haben. Denn jetzt können mehrere Hundertschaften an öffentlich-rechtlichen Moderatoren, Sportjournalisten, Kameraleuten und Regisseuren nicht das Privileg schöner Reisen und Unterkünfte genießen. Da die Hamburger auf ihre Olympiakandidatur für 2024 verzichtet haben, hält sich der Schaden in Grenzen. Es wäre auch zu peinlich, wären ARD und ZDF bei möglichen Spielen in Deutschland nicht live dabei.

Für Olympia scheint ohnehin bald das letzte Stündlein geschlagen zu haben. Immer wenige Orte sind bereit, sich auf die Gigantomanie solcher Veranstaltungen einzulassen. Garmisch, Hamburg und zuletzt auch Rom haben ihren Verzicht erklärt. Der Dinosaurier unter den kommerziell ausgebeuteten Sportfeiern ist am Aussterben, wenn auch große TV-Sender ihren Abschied davon erklären. ARD und ZDF sparen jetzt hunderte Millionen Euro ein. Wäre es da nicht an der Zeit für eine Gebührensenkung?


Terrorspielart
von Bodo Bost

Israel erlebt derzeit eine neue Spielart des Terrorismus: die politisch motivierte Massenbrandstiftung, von den israelischen Medien bereits als „Feuer- Intifada“ bezeichnet. Der November ist in Israel ein trockener Monat mit viel Ausdehnungsfläche für Brandherde. Von daher war es sicher kein Zufall, dass diese Brände jetzt nach monatelanger Trockenheit gelegt wurden. Die Brandherde verteilen sich quer über das Land. Die Feuer hatten solche Ausmaße angenommen, dass sich Premierminister Benjamin Netanjahu zu Wort meldete und jeden Brandstifter warnte, dass Feuerlegen als ein Terrorakt angesehen werde. Netanjahu kündigte zudem an, dass auch die Hetze in den sozialen Medien, Feuer weiter zu entfachen, streng geahndet werde.

Dazu gibt es allen Grund, denn der Hashtag „#Israel is burning“ von Israel-Gegnern und Imamen aus der arabischen Welt avancierte zum Twitter-Hit und wurde schnell 100000 mal geteilt. Auch in den sozialen Medien Ägyptens wurden die Nachrichten über die Großbrände, die über „the Zionist entity is burning“ veröffentlicht wurden, mit Freude aufgenommen.

Die Sicherheitsbehörden vermuten radikalisierte Palästinenser hinter den Taten. Es sei davon auszugehen, dass die Fälle von Brandstiftung „nationalistisch mo­tiviert“ waren, hieß es vonseiten der Polizei. Sollte dies stimmen, wird sich Israel mit einer neuen, vielleicht sogar noch intelligenteren, Art von Terror konfrontiert sehen. Dieser könnte das Land noch lange heimsuchen. Und er könnte eine Blaupause für eine ebenso einfache wie wirksame Spielart des Terrors in den westlichen Ländern sein.


Transportflotte der Schleuser
von Jan Heitmann

Tag für Tag fährt eine Flotte untauglicher Wasserfahrzeuge hinaus auf das Mittelmeer gen Europa. Ein gutes Geschäft für die Schleuser. Allein die Einwohner von libyschen Küstenstädten verdienen damit zwischen 275 und 325 Millionen Euro im Jahr. Das geht aus einem Bericht des Kommandeurs der EU-Marinemission EunavforMed vor der Küste Libyens, des italienischen Konteradmirals Enrico Credendino, für den EU-Militärstab in Brüssel hervor. Demnach reicht der Menschenschmuggel auf der zentralen Mittelmeer-Route sogar noch weit über Libyen hinaus. Insgesamt hätten in den ersten neun Monaten dieses Jahres mehr als 333400 Immigranten das Mittelmeer auf dem Weg nach Europa gequert, davon mehr als die Hälfte zwischen Libyen und Italien, heißt es in dem Bericht weiter. Inzwischen liefen sogar 90 Prozent der Versuche, nach Europa zu gelangen, auf dieser Route.

Was der Admiral indes noch pflichtschuldig bestreitet, ist tatsächlich Realität: Dass die Kriegsschiffe der EU-Operation Sophia, benannt nach einem somalischen Mädchen, das im August 2015 an Bord der Fregatte „Schleswig-Holstein“ zur Welt kam, permanent auf dem Mittelmeer unterwegs sind, ist ein zusätzlicher Anreiz für diese von Schleusern genutzte Route. Offiziell ist die Hauptaufgabe der Schiffe die Bekämpfung der Schleuserkriminalität, die Durchsetzung des UN-Waffenembargos gegen Libyen und die Ausbildung der libyschen Küstenwache. Das Ergebnis dieser Bemühungen allerdings ist äußerst dürftig. Dafür kümmern sich die Schiffe faktisch fast ausschließlich um die Rettung von Menschen aus Seenot.

Damit sind sie ein fester Bestandteil des Geschäftsmodells der Schleuser geworden. Diese müssen ihre „Schützlinge“ einfach nur in winzige, seeuntaugliche Kähne setzen, sie aufs offene Meer hinaus schleppen und einen Notruf absetzen, bevor sie sich aus dem Staub machen. Sie überlassen die Hilflosen nicht etwa sich selbst, sondern den Schiffen der EU-Seeoperation, die vor der Küste kreuzen und sie nach internationalem Brauch als Schiffbrüchige aufnehmen. Nun bringen sie die Asylsucher nicht etwa dorthin zurück, von wo sie in See gestochen sind, sondern sie sorgen für die sichere Passage nach Europa, wo für Asylsucher aus aller Herren Länder Milch und Honig fließen – was bekanntlich besonders für Deutschland gilt.

So dienen die Schiffe der EU-Mission, darunter auch deutsche Einheiten im Dauereinsatz, als unfreiwillige Transportflotte der Schlepperbanden. Das Geschäftsmodell der Menschenschmuggler ist ebenso einfach wie lukrativ: Sie müssen ihre lebende Fracht nur noch aufs Wasser bringen, den Rest erledigt die EU – effizient, zuverlässig und auf unsere Kosten.


Frei gedacht
Weihnachten 2016: Was uns erwartet
von Eva Herman

Gerade hörte ich, wie ein NDR-Moderator im Weih­nachts-Hörfunk sagte, es gäbe derzeit viele Menschen auf der Welt, die sich nicht aussuchen könnten, was zum Fest auf den Tisch kommt. Vielmehr diene das Essen in vielen Ländern einzig dem Lebenserhalt. Der NDR-Mann streifte hiermit kurz das Schicksal riesiger Teile unserer Erde, wo die Ärmsten der Armen leben. Doch mit unbekümmerter Stimme fuhr der öffentlich-rechtliche Medienmann fort, dass wir hierzulande diese Probleme glücklicherweise nicht hätten und wir uns unseren Festtagsbraten frei aussuchen und uns darauf freuen könnten. Faktisch mag das stimmen. Doch beschleicht mich ein mulmiges Gefühl bei dieser sorglosen Berichterstattung.

Angesichts der sich nun verschiebenden Wertevorstellungen des Abendlandes, angesichts auch der wachsenden Unruhen auf der ganzen Welt, der Kriege, Krisen und Katastrophen, ebenso der Massenmigration mit all ihren unkalkulierbaren Zukunftsfolgen für Europa, aber auch für die Flüchtlinge und Einwanderer selbst, und so vieler Verwerfungen mehr ist es an der Zeit, jetzt, kurz vor Weih­nachten, dem Fest der Liebe und Nächstenliebe, einmal innezuhalten.

Gewiss, noch geht es uns gut. Jedenfalls den meisten Leuten hier. Der Fernseher läuft, Fußball und Casting-Shows füllen die abendlichen Stunden, der Kühlschrank ist voll. Genug, um sich sicher zu fühlen? Wer die Veränderungen spürt, die auf uns zurollen, wer auch die damit verbundenen Gefahren gerade für Deutschland analysiert, dem könnte es jedoch flau werden. Noch geht es den meisten hier gut. Aber wie lange noch?

Ein realistischer Vergleich: Es gab bis vor wenigen Jahren etliche Länder, denen es vergleichbar gut ging wie uns. Da war das morgenländische Arabien, mit all den vielen Geheimnissen, welche die westliche Mentalität nie ganz hatte verstehen können: fremdländische Musikklänge, würzige, zauberhafte Gerüche, bunte Basare, reges Treiben vieler Menschen in farbenprächtig leuchtenden Gewändern. Dies war die Welt des „Ali Baba“, des „Kleinen Muck“ oder des „Diebes von Bagdad“, die uns in „Tausend und eine Nacht“ besuchten und unser Bild eindrucksvoll prägten. Von Kriegen und Terror war damals in diesen Ländern nur selten die Rede.

Auch die Menschen dort im Morgenlande, die Bevölkerung Libyens, Syriens, des Irak, Tunesiens oder Ägyptens hätten sich zu jenen Zeiten wohl nicht träumen lassen, dass ihre Welt schon bald in Schutt und Asche gelegt werden könnte. Doch genau das geschah! Und zwar durch das Zutun unserer westlichen Regierungen!

Durch einen vorsätzlich initiierten „Arabischen Frühling“ 2010/2011 wurden weite Teile Nordafrikas in ihren Strukturen erschüttert, seitdem sind hunderttausende „Maghreb-Flüchtlinge“ auf dem Weg nach Europa. Im Irak verloren durch die Nato-Kriege fast zwei Millionen Menschen ihr Leben, das Land existiert nur noch als Bruchhaufen aus Schutt und Asche. Millionen Menschen leben seitdem in Flüchtlingscamps, hunderttausende flohen und fliehen nach Deutschland. Der letzte und mithin furchtbarste Irakkrieg wurde ohne UN-Mandat des UN-Sicherheitsrates initiiert, somit wurde das Verbot eines Angriffskrieges in der UN-Charta gebrochen. Doch man wusste zu verhindern, dass diese üblen Methoden etwa strafrechtlich verfolgt werden konnten: Die transatlantische Achse, USA und Großbritannien, legte die UN-Resolution 1441 gegen die übrigen Sicherheitsratsmitglieder kurzerhand als Angriffsmandat aus und verhinderte mit ihrer UN-Vetomacht, dass der UN-Sicherheitsrat den Irakkrieg verurteilte. Wörtlich heißt es hierzu übrigens bei Wikipedia: „Da im Irak keine Massenvernichtungsmittel und keine Beweise akuter Angriffsabsichten gefunden wurden, ist die Begründung des Irakkriegs als falsch erwiesen.“ Außer den bis heute rivalisierenden Terrorgruppen ist vom Irak kaum etwas übrig.

Das gleiche Schicksal ereilt derzeit Syrien. Und auch Libyen traf es vor nicht einmal fünf Jahren. Die Nato zerbombte das Land, tötete den Regierungschef, ebenso wie man damals den irakischen Regierungschef Saddam Hussein hochoffiziell ermordete! Man schreckte auch nicht davor zurück, Uran- und Benzinbomben in Libyen einzusetzen, deren Gifte bis heute die dort lebenden Menschen umbringen.

Leid und Elend bei allen Menschen, die in diesen Ländern lebten und leben. Ja, hier stimmt es wirklich, und da hat der NDR-Moderator auch ganz recht: Die meisten von ihnen können sich keinen Festtagsbraten aussuchen, sondern sie sind froh, wenn sie etwas zum Beißen haben, um sich und ihre Familien irgendwie durch das Chaos hindurchzubringen.

Und nun wird es immer deutlicher: Kriege und Unruhen erreichen jetzt uns, Europa, Deutschland. Rivalisierende Clans und Banden aus Afrika und Arabien bestimmen unser Straßenbild zunehmend, Scharia-Gesetze, Kinderehen, zum Teil bestialische Gewalt gegen Frauen werden ohne juristische Zustimmung „legalisiert“. Die Zahl der sogenannten No-Go-Areas wächst in allen Städten unseres Landes. In manche Stadtteile traut sich die Polizei längst nicht mehr. Überfälle, Gewalt, Kriminalität nehmen zu, die Sicherheit für die Menschen schwindet. Die Einwanderungsströme stellen alle Behörden vor täglich neue Herausforderungen. Die innere Ordnung zerbricht, das System kollabiert. Reisewarnungen gegen Deutschland werden ausgesprochen in China, in Kanada, in den USA.

So geht es meistens los, anders war es auch nicht in den vorgenannten Ländern. So manch einem schwant, was hier auf uns zukommt. Viele stecken den Kopf in den Sand, drehen die Musik laut auf, gehen zum Feiern und Tanzen. Betäuben sich. Unterdessen schürt die vom Staat vielfach unterstützte Antifa Unruhe, links gegen rechts, grün gegen braun, Terror und Kampf breiten sich im bis vor Kurzem beschaulichen Deutschland aus.

Noch sind die Massenmedien angewiesen, weitgehend sich auszuschweigen über diese grauenerregenden Entwicklungen. Sie vertuschen oder verdrehen die Fakten, stellen das Unterste nach oben und das Oberste nach unten. Noch verharmlosen unsere Regierungspolitiker die wachsende Gefahr, und noch schenken viel zu viele Bürger diesem System Glauben, wollen aus ihrem Dornrös­chen-Schlaf einfach nicht erwachen: Mit stoischem Starrsinn schalten sie die TV-Abendnachrichten ein und fressen, was man ihnen vorwirft. Sie lesen sogenannte Leitmagazine und meinen, Bescheid zu wissen. Sie beschimpfen jene, die sich sorgen, und erteilen Maulkörbe.

Propaganda und Gesinnungsterror sind die wichtigsten Kriegswerkzeuge. Wer Augen hat, der sehe. Wer Ohren hat, der höre. Unsere Welt verändert sich rasant, die Exponentialfunktion befindet sich im letzten Höhenflug: Jede Entwicklung wird rasant beschleunigt. Kein Zweifel, der Karren rast gen Abgrund.

Und die nächsten Gefahren warten schon: Das bevorstehende Auseinanderbrechen des EU-Abkommens mit der Türkei wird es in Kürze zeigen. So meldete die stets gut unterrichtete „Bild“ am 26. November 2016: „Während einer Rede donnerte der türkische Regierungschef Erdogan Richtung EU: ,Wenn Sie noch weiter gehen, werden die Grenzen geöffnet. Merken Sie sich das!‘ Noch drastischer Premier Binali Yildirim wenige Stunden zuvor: ,Wenn Flüchtlinge durchkommen, werden sie Europa überfluten und übernehmen!‘“


S. 9 Kultur

Schatztruhe ostdeutscher Kunst
Regensburger Kunstforum stellt seit einem halben Jahrhundert Kulturgut aus den Vertreibungsgebieten aus

Auf den Tag genau 50 Jahre nach der Gründung der Stiftung Ostdeutsche Galerie feierte das weit über Regensburg und Ostbayern hinaus bekannte Museum am Abend des 16. November diesen wichtigen Stichtag. Das Haus ist ein viel besuchter Stützpunkt ostdeutscher Kultur.

Die Vorgeschichte geht allerdings noch einige Jahre weiter zurück. Den Anstoß gab der Adalbert-Stifter-Verein, der im Jahr 1947 von Wissenschaftlern, Künstlern und Literaten aus Prag und dem Sudetenland gegründet wurde. Der Verein überließ im Jahr 1957 Werke sudetendeutscher Künstler dem Museum der Stadt Regensburg, zumal die Donau- und Bistumsstadt am

10. November 1951 die Patenschaft über die Sudetendeutsche Volksgruppe übernommen hatte. In der ehemaligen Kunsthalle am Stadtpark eröffnete im Jahr 1959 die Sudetendeutsche Galerie. Hier wurden die Werke dann erstmals öffentlich zugänglich.

Parallel dazu suchte der im Jahr 1948 in Esslingen gegründete Verein Künstlergilde einen festen Ort für seine Sammlung von Kunstwerken aus den deutschen Ostgebieten. Diese beiden Bestandteile führten dann zu­nächst zur Gründung der Stiftung Ostdeutsche Galerie am 16. No­vember 1966. Diese basiert auch auf Paragraf 96 des Bundesvertriebenengesetzes: „Bund und Länder haben … das Kulturgut der Vertreibungsgebiete im Bewusstsein der Vertriebenen und Flüchtlinge, des gesamten deutschen Volkes und des Auslands zu erhalten und Archive, Museen und Bibliotheken zu sichern, zu ergänzen und auszuwerten.“

Aus der Sudetendeutschen Galerie wurde schließlich die Ostdeutsche Galerie – konkret aus dem am Stadtpark gelegenen Haus ein erweiterter und 1970 wieder eröffneter Museumsbau. Hier fanden die beiden Sammlungen ihren Platz, der allerdings schon bald zu gering war.

Natürlich gab es seither immer wieder auch Veränderungen im „politischen“ Auftrag. Grundsätzlich erfüllt das Kunstforum Ostdeutsche Galerie, wie die Einrichtung heute heißt, einen bun­desweiten Auftrag. Es be­schäftigt sich mit dem Werk von Künstlern, die aus den historischen deutschen Ostgebieten und den einstigen deutschen Siedlungsgebieten im östlichen Mitteleuropa stammen, dort tätig waren oder sind oder sich mit ihrer Arbeit diesen Gebieten verpflichtet fühlen. Zu Beginn wirkten in der Stiftung auch die Bundesländer mit, heute teilen sich der Bund, der Freistaat Bayern und die Stadt Regensburg die Trägerschaft.

Eine Neuorientierung brachten die Wendejahre 1989/90 für die „Ostdeutsche“, wie sie oftmals liebevoll genannt wird: Kontakte zu Künstlern oder deren Nachfahren, zu Einrichtungen, Vereinen, Verbänden und Gruppen aus be­ziehungsweise in den früheren deutschen Gebieten wurden nun möglich. Und damit auch Kooperationen, Austausch von Kunstwerken und natürlich Einbeziehung von dort lebenden und wirkenden Künstlern in das Netzwerk des Kunstforums.

Das wirkte sich auch auf die Bestände aus – und damit waren (und sind) immer wieder bauliche Erweiterungen nötig. Derzeit umfasst die „Schatzkiste“ der Galerie 2000 Gemälde, 500 Skulpturen und 30000 Grafiken aus dem Zeit­raum um 1800 bis heute – die größte Sammlung im ostbayerischen Raum und einzigartig in Deutschland.

Zum hochkarätigen Bestand gehören Werke von Lovis Corinth, Käthe Kollwitz, Ludwig Meidner, Bernard Schultze, Emil Orlik oder Alfred Kubin. Die zentrale Veranstaltung ist im zweijährigen Turnus die Verleihung des Lovis-Corinth-Preises, der im Jahr 1974 von der Künstlergilde Esslingen begründet wurde und seit dem Jahr 2006 gemeinsam durch das Kunstform Ostdeutsche Galerie und die Künstlergilde ausgelobt und vergeben wird.

Auch der Name der Einrichtung hat sich über die Jahre verändert. Am 10. Juni 1970 als Ostdeutsche Galerie eröffnet, erfolgte 1987 die Umbenennung in „Mu­seum Ostdeutsche Galerie“ und schließlich 2003 in Kunstforum Ostdeutsche Galerie (KOG). Un­trennbar mit dem KOG verbunden ist seit 2006 auch das von Magdalena Jetelová stammende Kunstwerk „Venceremos/Sale“ am Haupteingang. Diese dauerhafte Installation von vier rot leuchtenden, schrägen Säulen ist in den letzten zehn Jahren zum Markenzeichen des KOG geworden.

Natürlich gibt es zu den namhaften Ausstellungen stets detaillierte, wissenschaftlich und künstlerisch hochwertige Kataloge. Das engagierte Team um die seit April 2012 wirkende Direktorin Agnes Tieze widmet sich neben der laufenden Museumsarbeit ganz besonders der pädagogischen Arbeit mit Kindern und mit Menschen mit Handicap.

Die eigene Spezialbibliothek des Kunstforums zur deutschen und aktuellen Kunst im östlichen Europa umfasst rund 19000 Bän­de (Nachschlagewerke, Ausstellungskataloge, Künstlermonografien). Darüber hinaus stehen Auktions- und Antiquariatskataloge sowie Kunst- und Kulturzeitschriften (15 im Abonnement) zur Verfügung. Schriftentausch be­steht mit zirka 170 Museen in Deutschland und Mittelosteuropa.

Im Jahr des Stiftungsjubiläums, konkret bereits seit November 2015, ist die Dauerausstellung „Erinnerung und Vision“ wegen der anstehenden Dachsanierung geschlossen. Die Neukonzeption der Dauerausstellung ist in Arbeit und für Herbst 2017 geplant. Aber auch bis dahin ist das Kunstforum Ostdeutsche Galerie immer einen Besuch wert. Aktuell läuft noch bis zum 26. Februar eine Sonderausstellung mit Werken des diesjährigen Lovis-Corinth-Preisträgers, des Schweizer Künstlers Daniel Spoerri.        Markus Bauer


Pop-Takte zum Fest
Hör-Berieselungen – Neue Weihnachts-CDs

Ob traditionell, poplastig oder mit Gefühl – die Weihnachts­alben haben auch in diesem Jahr für jeden Geschmack etwas parat.

Der Arrangeur, Komponist, Pianist und Produzent Christoph Israel setzt mit der Liedersammlung Ein Wintermärchen – Weih­nachtslieder aus Deutschland einen stimmungsvollen Kontrapunkt zum Feiertagsstress: Mit dem Filmorchester Babelsberg hat er die schönsten deutschen Weihnachtslieder neu arrangiert. Neben zwölf In­strumentaltiteln beinhaltet das Al­bum sechs Stücke, die von handverlesenen Sängern interpretiert werden: Max Raabe stimmt „Ihr Kinderlein kommet“ und „Stille Nacht“ an. Schauspielerin Katharina Thalbach gibt eine festlich-verrückte Version von „Morgen Kinder wird’́s was geben“ zum Besten. Ab­gerundet wird die Sammlung von dem Bassbariton Thomas Quasthoff („Süßer die Glocken nie klingen“).

Seit drei Jahren läuft auf Vox die Musik-Show „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“. Als Gastgeber lädt Xavier Naidoo Freunde und Kollegen ein, um ihre Songs zu tauschen. Auch die dritte Staffel mit The BossHoss, Samy Deluxe, Nena, Annett Louisan, Seven und Wolfgang Niedecken hatte es in sich. Was in Südafrika begann, setzt sich nun in einer Almhütte in Ellmau (Österreich) fort, in der die Künstler bei einem gemeinsamen Weihnachtskonzert persönliche Lieblings-Weihnachtshits aufführen. Nachzuhören ist das auf der CD Sing meinen Song – Das Weihnachtskonzert und zu sehen am 20. De­zember um 20.15 Uhr auf Vox.

Erfrischend anders daher kommt Katie Melua mit ihrer CD In Winter. Die gebürtige Georgierin, die seit ihrer Kindheit in England lebt, setzt mit dem Gori Women’s Choir auf eine interessante Mischung: Neukompositionen und ausgewählte Coverversionen reihen sich an traditionelle Winterweisen ihrer Heimat.

Eher als Geschenk für den Nachwuchs eignet sich das Werk 12 Nights of Christmas des Soul- und Rap-Sängers R. Kelly. Er liefert zwölf neue Lieder, die diese be­sondere Jahreszeit entspannt be­schreiben: Das Fest der Liebe, das gemütliche Beisammensein und die Freude auf den Weih­nachtsmann, der Geschenke bringt. Kelly hat seine Verse dazu no­tiert und sie wie gewohnt mit der passenden rhythmischen Intensität unterlegt.            Andreas Guballa

In der kommenden PAZ-Ausgabe folgt Teil 2 der schönsten Weih­nachts-CDs.


Rest ist Schweigen
Ende der Literatur: Wolfgang Hildesheimer

Die spektakulärste Äußerung von Wolfgang Hildesheimer erfolgte im Jahr 1984. Damals erklärte der Schriftsteller, dass er keine Zeile mehr schreiben wolle und stattdessen nur noch als bildender Künstler malen und Collagen erstellen wolle. So reden eigentlich Leute, die gescheitert sind und sich nun in ihre eigene Wohlfühloase zurückziehen.

Tatsächlich aber hatte Hildesheimer in der jungen bundesdeutschen Literatur seit dem Erscheinen seiner Kurzgeschichten „Lieblose Legenden“ 1952 einige Spuren hinterlassen, die inzwischen allerdings so langsam wieder verblassen. Wer weiß schon, dass er als Theaterautor anfing und sein Debütstück „Der Drachenthron“ 1955 in Düsseldorf unter Gustaf Gründgens uraufgeführt wurde? Und wer erinnert sich noch daran, dass er 1966 nach dem Erscheinen seines Prosamonologs „Tynset“ mit dem Georg-Büchner-Preis die wichtigste Literaturauszeichnung des Landes erhielt?

Auch über den Roman „Masante“ (1973) und die fiktive Biografie „Marbot“ (1981), sein letztes größeres Werk, legt sich so langsam der Schleier des Vergessens. Einzig seine „Mozart“-Biografie wird von Musikfreunden hin- und wieder noch aufgeblättert. Das Buch war Hildesheimers größter Auflagenerfolg und bei seinem Erscheinen 1977 ein großer Aufreger, hatte der Autor darin seinen Lieblingskomponisten in essayistischer Form entmythologisiert und ihn als psychisch instabilen Menschen mit allen seinen Schwächen bloßgestellt.

Vielleicht hat Hildesheimer da­bei ein wenig auch sich selbst geschildert. Am 9. Dezember 1916 in Hamburg als Sohn jüdischer Eltern geboren, entkam er dem Holocaust durch Auswanderung über England nach Palästina und verarbeitete dort sein Fluchttrauma als Maler. Nach dem Krieg kehrte er nach Deutschland zu­rück, wo er als Simultandolmetscher bei den Nürnberger Prozessen tätig war. Er entwickelte daraufhin ein pessimistisches Weltbild, das er als Schriftsteller mit absurder und surrealer Prosa be­wältigte. Bis er 1984 zum Schluss kam, dass Schreiben keinen Sinn mehr mache. Angesichts damaliger Apokalypsen wie dem Waldsterben prophezeite er, der sich nie als „Homo politicus“ verstand: „Wir gehen der Endzeit entgegen, die Menschheit und unsere Kultur werden Mitte des nächsten Jahrtausends aussterben.“

Hildesheimer selbst starb schon 1991 in seinem Künstler-Domizil im Schweizer Kanton Graubünden.     Harald Tews

Zum 100. Geburtstag ist bei Suhrkamp der umfangreiche Band „Die sichtbare Wirklichkeit be­deutet mir nichts – Die Briefe an die Eltern“ erschienen (1584 Seiten, 78 Euro). Und im Wallstein Verlag gibt es von Stephan Braese die neue Biografie „Jenseits der Pässe: Wolfgang Hildesheimer“ (588 Seiten, 44,90 Euro).


Des Spartacus’ Weg zum Ruhm

Auf der vom Amerikanischen Filminstitut 1999 herausgegebenen Liste der 100 größten Filmlegenden stehen Humphrey Bo­gart, Cary Grant und James Stewart ganz oben. Immerhin auf Platz 17 befindet sich Kirk Doug­las. Mit Sidney Poitier ist er aber der einzige noch lebende Vertreter auf dieser Liste: Am 9. De­zember wird er 100 Jahre alt.

Aus diesem Anlass laufen die Fernsehanstalten jetzt heiß mit Douglas-Filmen. „Spartacus“ wird da nicht fehlen, jener Sandalenfilm von 1960, der sein größter Filmerfolg wurde, oder „Vincent van Gogh“ von 1956, als Douglas sein markantes Grübchen am Kinn das einzige Mal hinter ei­nem Bart versteckte. In den dritten Programmen lief bereits Stanley Kubricks Kriegsfilm „Wege zum Ruhm“ (1957), in dem Doug­las drei zum Tode verurteilte Soldaten verteidigt. Später sollte der auch als Schriftsteller emsige Schauspieler seine Autobiografie „Weg zum Ruhm“ nennen.

Den Ruhmesweg hatte er sich aus ärmlichsten Verhältnissen in New York hart erkämpfen müssen. Über Engagements am Broad­way kam er zum Film. 62 Jahre dauerte seine mit einem Ehren-Oscar gekrönte Filmkarriere, die er 2008 mit einem TV-Krimi abschloss. Da hatte der seit 1954 mit einer Hannoveranerin verheiratete Douglas bereits einen Hubschrauberabsturz und einen Schlaganfall überlebt. Sein Sohn Michael Doug­las trat in seine Fußstapfen und wurde über die Krimiserie „Die Straßen von San Francisco“ selbst zum Hollywood-Star.              H. Tews


Steinmeier-Deal vor dem Aus

Für den 4. Dezember hatte die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) eine spektakuläre Ausstellung mit Werken aus dem Teheraner Museum für Zeitgenössische Kunst angekündigt. Doch dieser Termin ist geplatzt. Grund sind fehlende Ausfuhrgenehmigungen für 60 Werke unter anderem von Jack­son Pollock, Andy Warhol und an­deren modernen Künstlern. Das noch von der Schahgattin Farah Diba ge­gründete Mu­seum in Irans Hauptstadt beherbergt die umfangreichste Ausstellung westlicher Kunst außerhalb Europas und der USA, die seit der iranischen Revolution nur vereinzelt zu sehen war. Au­ßenminister Frank-Walter Steinmeier hatte die Ausstellung bei zwei Besuchen im Iran eingefädelt.

Dass die in der Gemäldegalerie am Kulturforum groß angekündigte Ausstellung nicht zum geplanten Termin eröffnet werden kann, ist mehr als nur ein diplomatisches Missgeschick. Große Pläne der Politiker scheitern oft an kleinen Problemen wie Ausfuhrgenehmigungen. Der iranischen Regierung, so heißt es, fehlen angeblich die Garantien dafür, dass die Werke nach Ausleihende zurückkehren und nicht im Westen bleiben.

Im Sommer hat außerdem ein Eklat dafür gesorgt, dass es zur Missstimmung zwischen der SPK und dem Teheraner Museum ge­kommen ist. Weil dessen Direktor bei einem Comic-Wettbewerb antisemitische Holocaust-Zeichnungen ausgezeichnet hatte, wurde er zur Persona non grata erklärt und nicht zur geplanten Eröffnung eingeladen. Obwohl die Verträge für die Ausstellung da schon unterschrieben waren, folgt nun die Retourkutsche aus dem Iran, die zu einer Ausstellungs-Verzögerung, schlimmstenfalls sogar zur Absage führen kann. Wenn im Januar die Kunstwerke nicht in Berlin angekommen sind, dann ist der Steinmeier-Deal geplatzt.              H. Tews


Filmkritik

Das Horrorgenre ist im Wandel. Waren es früher Monster und Mutanten, welche uns er­schrecken sollten, so kommt der blanke Horror jetzt meist von innen. Stephen King ist ein Meister darin, das Entsetzen auf subtile Art in unseren Köpfen abspielen zu lassen. Auf diese Weise will auch der Film Shut in punkten, der vom 15. Dezember an in den Kinos für Gänsehaut sorgen soll.

Naomi Watts spielt darin die Kinderpsychologin Mary, die in ihrem eingeschneiten Haus einsam mit ihrem pflegebedürftigen Sohn lebt, der seit einem Unfall, bei dem ihr Mann ums Leben kam, apathisch ans Bett gefesselt („shut in“) ist. Als dann ein bei ihr in Therapie befindliches Waisenkind verschwindet, passieren die üb­lichen Schock­momente: seltsame Laute im Haus, knarzende Holzbohlen, Türknarren.

Der Film folgt einem bekannten Muster: blonde Frau nachts allein im Haus. Psychologisch gesehen äu­ßern sich dabei Vergewaltigungsängste, die auch hier nicht unbegründet sind. Denn Marys Sohn ist weniger handlungsunfähig als sie denkt, will er sich doch mit Gewalt die Liebe der Mutter erzwingen. Am Ende ist doch alles nur Schnee von gestern.                tws


S. 10 Geschichte & Preussen

Wie der Wald-Wilde liebenswürdig wurde
Der Weihnachtsmann entwickelte sich aus dem Nikolaus, dem Christkind und dem Knecht Ruprecht

Die Geschichte des Weihnachtsmannes reicht bis ins Altertum zurück. Er steht ebenso in der Tradition des Nikolaus’ und des Christkindes, die beide Kinder beschenken, wie des ursprünglich Kinder ausschließlich strafenden Knechts Ruprecht. Im Zeitalter gewaltfreier Erziehung dient der mitgeführte Sack mittlerweile dem Mitbringen von Geschenken statt dem Mitnehmen böser Kinder. Und die Rute bleibt in der Regel ungenutzt.

Im 4. Jahrhundert amtierte in Myrra an der heute türkischen Mittelmeerküste der Heilige Nikolaus als Bischof. Nikolaus war ein Menschenfreund, vor allem Kindern galt seine Liebe und Fürsorge. So soll er einem armen Familienvater Geld gegeben haben, um ihn davon abzubringen, seine Töchter zur Prostitution zu zwingen, und häufig soll er bei mittellosen Familien Geschenke für die Kinder durchs Fenster geworfen haben.

Am 6. Dezember 343 starb Nikolaus’ und so wurde dieser Tag des Jahres zum Nikolaustag. Entsprechend seiner Kinderliebe werden an diesem Tag die Kinder beschenkt. Allerdings gibt es ein erzieherisches Element, denn nur die Artigen unter den Kleinen erhalten Präsente. Bereits 200 Jahre nach seinem Tod wurde der Kinderfreund aus Myrra in der griechisch- und auch der russisch-orthodoxen Kirche einer der beliebtesten Volksheiligen. Doch auch im weströmischen Kulturkreis wird der Heilige populär. Im 10. Jahrhundert breitet sich seine Verehrung über Italien bis nach Deutschland aus. In der Nacht vor seinem Ehrentag füllt er dem von braven Kindern vor die Tür gestellten Stiefel oder Strumpf. Er trägt dabei entsprechend seinem Amte als Bischof einen roten Mantel, eine Mitra und einen Bischofsstab. Popularität kostete den Nikolaus die Reformation.

Martin Luther bemängelte an der katholischen Kirche nicht zuletzt eine fehlende direkte Verbindung zwischen dem einzelnen Gläubigen und Gott. Er lehnte deshalb die Heiligenverehrung ab und damit auch die Verehrung des Heiligen Nikolaus. Da der Reformator den Kindern den Nikolaus nicht einfach streichen konnte, erhielten sie als Alternative den heiligen Christ, aus dem sich das Christkind entwickelte. Der Tag der Kinderbescherung wurde im Zuge dessen vom Todestag Nikolaus’ auf den Tag der Geburt des Heilands verschoben.

Doch nicht nur die lutherische, sondern auch die katholische Kirche trug zur Bedeutungseinbuße des Nikolaus und des Nikolaustages bei. Dort sah man die Gefahr, dass im Angesicht der Geschenke die Priorität des Heilands vor dem Heiligen in den Augen des Kindes in Vergessenheit gerate. Aus diesem Grunde traten auch im katholischen Kulturkreis die Geschenke des Nikolaus am Nikolaustag in den Hintergrund gegenüber der Bescherung durch das Christkind am Tage von Christi Geburt. Da Jesus Christus männlich war und es sich beim Christkind um den jungen Christus handelt, war das Christkind logischerweise anfänglich ein Junge. Im Zuge der Säkularisation geriet die Verbindung zwischen Christus und Christkind jedoch in Vergessenheit. Da die das Christkind auszeichnenden sozialen Kompetenzen jedoch eher als weiblich denn männlich galten, wurde im 19. Jahrhundert aus dem Jungen ein Mädchen, aus dem männlichen ein weibliches Christkind. Wird das Christkind älter, nähert es sich dem Erwachsenenalter, wird es zum Weihnachtsengel. Noch mehr als der Nikolaus konzentrierte sich das Christkind zusehends auf das Belohnen artiger Kinder.

Zum tradierten Bild von Erziehung gehört jedoch neben dem Belohnen des Guten auch das Bestrafen des Bösen, neben dem Zuckerbrot auch die Peitsche. Diese Aufgabe übernimmt Knecht Ruprecht, der an die Seite von Nikolaus wie Christkind tritt und diese ergänzt. Er schlägt die bösen Kinder mit der mitgeführten Rute und die ganz bösen Kinder steckt er in seinen Sack und nimmt sie mit.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts trat Knecht Ruprecht zusätzlich die Nachfolge des Nikolaus beziehungsweise des Christkindes an. Aus dem strafenden wird der ambivalente Knecht Ruprecht, der Weihnachtsmann. Und die Imageverbesserung ging weiter. Im Zuge der Humanisierung der Erziehung trat seine neue Aufgabe der Belohnung mit Geschenken zusehends gegenüber seiner althergebrachten der Bestrafung in den Vordergrund. Die Rute hing ungenutzt am Gürtel und im Sack wurden keine Kinder mehr mitgenommen, sondern Geschenke mitgebracht.

In der Entwicklung, die Produktion (Herstellung) und Distribution (Verteilung) dieser Geschenke durchlaufen haben, spiegelt sich der Trend der modernen Industriegesellschaft zu Arbeitsteilung, Spezialisierung und Massenproduktion. Hatte der Weih­nachtsmann die Präsente, die er verteilt, anfänglich noch selber hergestellt, so konzentrierte er sich später auf die Verteilung. Entweder lässt er sich die Geschenke von Wichteln und Elfen aus seiner Heimat, dem Wald, zuarbeiten, oder er bezieht sie aus dem Himmel vom Christkind, das dort über eine Heerschar fleißiger Englein verfügt. Dadurch kann der Weihnachtsmann sich nun ganz auf die Verteilung, wo seine Kernkompetenz liegt, konzentrieren und diese im großen Stil professionalisieren.

Anfänglich war Knecht Ruprecht zu Fuß unterwegs, wie es für einen Knecht standesgemäß ist. Später nutzte er schon Esel oder Pferd. Im Zuge der seit den beiden Weltkriegen erfolgten Amerikanisierung Europas im Allgemeinen und Deutschlands im Besonderen bedient sich der Weihnachtsmann inzwischen auch gerne des Fahrzeuges seines US-amerikanischen Pendants Santa Claus. Da Santa Claus im Gegensatz zum Wei­h­nachtsmann, der wie ein Mensch die Tür benutzt, von oben durch den Kamin in die Weihnachtsstuben gelangt, bieten sich für ihn Luftfahrzeuge an. Dank des 1823 anonym veröffentlichten Gedichts „The Night before Christmas“ wissen wir, dass er mit einem von den acht Rentieren Dasher, Dancer, Prancer, Vixen, Comet, Cupped, Donner und Blitzen gezogenen, fliegenden Schlitten die Geschenke austrägt. Irgendwann in den darauffolgenden 116 Jahren muss zu den acht dann noch Rudolph gestoßen sein, von dessen Existenz wir durch ein Gedicht von Robert L. Mays aus dem Jahre 1939 wissen, das die Vorlage für Johnny Marxs Weih­nachtslied „Rudolph the Rednosed Reindeer“ lieferte. Ebenso wie die Herstellung und Verteilung der Geschenke machte auch das äußere Erscheinungsbild des Weih­nachtsmanns beziehungsweise des Knechtes Ruprecht über die Jahrzehnte eine Entwicklung durch.

Aus dem Wilden aus dem Wald wird eine liebenswürdige Vaterfigur. Wie das Antlitz wird auch die Kleidung über die Jahrzehnte zivilisierter. Einem Naturburschen aus dem Wald entsprechend war der Mantel anfänglich erden-, naturfarben. Bis zum 20. Jahrhundert wurde das Kleidungsstück dann immer farbenfroher. Mal ist es rot, mal blau, mal cremefarben oder weiß wie bei Väterchen Frost. Ein anderes Mal ist es wie bei Santa Claus im Sternenhimmel-Look, was der Tarnung gegenüber Menschen dienen soll. Im 20. Jahrhundert hat sich dann eindeutig das rote Tuch mit weißem Besatz durchgesetzt. Immer wieder ist die Theorie zu hören, dass diese Kombination auf die Farben von Coca-Cola zurückzuführen sei. Doch hätte es nicht etwas Deprimierendes, wenn das Erscheinungsbild einer so hehren Figur wie des Weihnachtsmannes auf etwas derart Profanes wie das Warenzeichen eines Multis zurück­zuführen wäre? Ist es da nicht viel schöner, jener anderen Theorie Glauben zu schenken, dass der rote Grundton ein Rückgriff auf die Mantelfarbe des Heiligen Nikolaus sei und sich damit der Kreis nach Generationen endlich schließe?     Manuel Ruoff


Zum Scheitern verurteilt
Der Versuch, vor 100 Jahren durch Friedensangebote ein Ende des Krieges herbeizuführen, war letztlich nur ein taktisches Manöver

Im Verlauf des Jahres 1916 hatte sich die militärische Situation des Deutschen Reiches bedrohlich zugespitzt. Auch auf wirtschaftlichem und technischem Sektor konnten Deutschlands Kriegsgegner ihre Position erheblich verbessern. Während in dem von jeglicher überseeischen Zufuhr abgeschnittenen Reich die Bevölkerung hungerte und alle verfügbaren materiellen und personellen Mittel und Ressourcen mittelbar oder direkt für die Kriegführung verbraucht wurden, lief die Kriegsindustrie der Entente auf Hochtouren. Den Feindmächten standen Rohstoffe, Arbeitskräfte und personelle Reserven für die Streitkräfte in ausreichender Menge und Anzahl zur Verfügung.

Durch die schwere militärische Krise wurde die deutsche Kriegführung in die Hände des überaus befähigten Duos Hindenburg/Ludendorff gelegt. Beide waren nach Konsultationen mit dem Admiralstab davon überzeugt, dass der Krieg ohne die Wiederaufnahme des unbeschränkten U-Boot-Krieges verloren sei. Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg sah sich nun einer fast geschlossenen Opposition der Militärs gegenüber, die sich auf den täglich zunehmenden Druck der öffentlichen Meinung stützen konnten. Grundsätzlich scheute er eine Verschärfung des U-Boot-Krieges, da er für diesen Fall wenn schon nicht mit einer Kriegserklärung der USA, so doch zumindest mit einem Abbruch der diplomatischen Beziehungen rechnete.

Mittlerweile allerdings hatte die seit Monaten von den Militärs und den patriotischen Medien betriebene Agitation für den U-Boot-Krieg Wirkung gezeigt. Im Oktober erklärte die den Reichstag dominierende Zentrumsfraktion, der Reichskanzler könne sich des Einverständnisses des Parlaments sicher sein, falls er sich die Entscheidung der Obersten Heeresleitung zu eigen machen und die Führung des rücksichtslosen U-Boot-Krieges beschließen werde. Damit hatten die öffentliche Meinung und der Reichstag der militärischen Führung eine Entscheidung von höchster Tragweite zugewiesen und die politische Macht quasi der militärischen Gewalt übertragen. Der Reichskanzler hatte für den Fall, dass er sich in dieser Sache gegen die Oberste Heeresleitung stellte, die Unterstützung der stärksten Fraktion des Reichstages verloren und war zu einem Erfüllungsgehilfen der Militärs degradiert worden.

Bevor er sich deren Wunsch beugte, wollte er noch einen Versuch machen, sich mit den Kriegsgegnern zu verständigen, um damit die Feindseligkeiten auf politischem Wege zu beenden. Für den Fall, dass dies nicht realisierbar sein sollte, hoffte er, dass sich der US-Präsident Woodrow Wilson durch einen eigenen Friedensappell, von dem erwartet wurde, dass er von allen Kriegführenden mit Ausnahme des Deutschen Reiches abgelehnt werden würde, in eine Position begeben würde, in der er den unbeschränkten U-Boot-Krieg hinnehmen müsste. Am 12. Dezember übergab der Reichskanzler daher der amerikanischen Botschaft das deutsche Friedens­angebot. Dieses rief bei den alliierten Regierungen allerdings ein negatives Echo hervor und wurde auch von Wilson skeptisch aufgenommen, der am 18. Dezember einen eigenen Friedensappell an die Kriegführenden richtete und sie zur Erläuterung ihrer Kriegsziele aufforderte.

Auf diesen Friedensvorschlag, den zu erwünschen die deutsche Regierung seit Monaten vorgegeben hatte, antwortete sie mit einer deutlichen Ablehnung, denn tatsächlich wollte sie jede Einmischung der US-amerikanischen Regierung vermeiden und nur direkt mit den Feindstaaten verhandeln. Über die schwerwiegenden Folgen dieser Desavouierung des US-Präsidenten machte man sich in Berlin keine Gedanken. Es wird deutlich, dass die Reichsleitung den amerikanischen Präsidenten nur als Mittel ansah, um die Feindstaaten an den Verhandlungstisch zu bekommen oder um im Falle von deren Ablehnung eine moralische Be­rechtigung zur Verschärfung des U-Boot-Krieges zu haben.

Durch die schnelle deutsche Ablehnung des amerikanischen Vermittlungsangebotes wurde den alliierten Regierungen, die keine Neigung verspürten, mit der Reichsregierung über eine Friedensregelung in Verhandlungen zu treten, die Zurückweisung des deutschen Angebotes erleichtert. Am 30. Dezember veröffentlichten sie ihre Antwortnote, die nach deutscher Auffassung, wie sich der damalige U-Boot-Admiral Arno Spindler erinnert, „in Ton und Inhalt so verletzend“ war, dass die militärische Führung alle außenpolitischen Bedenken fallen ließ und die sofortige Anwendung des „letzten und zugleich auch gewagtesten Mittels, das sie sich seit 1915 für den äußersten Fall vorbehalten hatte“, beschloss. Die Militärs waren jetzt sogar bereit, über innenpolitische Konsequenzen, wie den Sturz des Reichskanzlers, nachzudenken, falls sich die Reichsregierung in der U-Boot-Frage immer noch gegen sie stellen sollte.

Ein solcher Schritt war jedoch nicht notwendig, denn Bethmann Hollweg, der eine schroffe Ablehnung der Alliierten vorausgesehen hatte, hatte sich bereits seinem Schicksal ergeben und verzichtete darauf, seine bekannte Position weiter zu verteidigen. Während einer Sitzung des Kronrates am 9. Januar 1917 im Hauptquartier in Pleß trugen Hindenburg und der Chef des Admiralstabes ihre Ansichten vor, denen der Reichskanzler nach kurzer Dis­kussion zustimmte. Er begründete dies damit, dass er sich nicht einer geschlossenen Forderung der militärischen Stellen entgegenstellen könne und erklärte, dass man, „wenn der Erfolg winkt“, handeln müsse. Der Kaiser schloss sich dieser Ansicht an und entschied, den uneingeschränkten Unterseekrieg am 1. Februar zu beginnen. Damit hatte sich die militärische Strategie gegenüber der Politik endgültig durchgesetzt, und noch am selben Tag erging der Befehl des Kaisers an den Admiralstab, den bedingungslosen U-Boot-Krieg „mit voller Energie“ wieder aufzunehmen. Als Folge dessen brachen mehrere neutrale Staaten ihre diplomatischen Beziehungen zum Deutschen Reich ab, darunter nach einigem Zögern auch die USA. Damit war ein weiterer Schritt zur Ausweitung des Konflikts zum Weltkrieg getan.

Präsident Wilson fühlte sich als neutraler und wohlmeinender Friedensvermittler von allen kriegführenden Parteien gleichermaßen brüskiert und beleidigt. Besonders groß war seine Empörung über die Reichsregierung. Trotz seiner Verärgerung war er aber entschlossen, sein Land nicht leichtfertig in den Krieg eintreten zu lassen. Stattdessen erklärte er, dass er dessen Großmachtstellung „weiterhin zum Wohle aller Völker und zur Wiederherstellung des Friedens zu nutzen“ wolle. Doch schon nach kurzem Notenwechsel mit den Regierungen der kriegführenden Mächte und über Schweizer Kanäle geführte Gespräche muss­te er erkennen, dass die Fronten für eine Beendigung des Krieges im wahrsten Sinne des Wortes zu verhärtet waren. Jetzt konnte nur noch die militärische Entscheidung den Frieden bringen, zu wessen Gunsten sie auch immer fallen mochte.        Jan Heitmann


S. 11 Geschichte & Preussen

Gelehrter und Techniker wie Kaufmann
Vor 200 Jahren geboren: Der Pionier der modernen Elektrotechnik und Konzerngründer Werner von Siemens

Wenn Werner von Siemens sich auch erklärtermaßen „mehr als Gelehrten und Techniker wie als Kaufmann betrachtete und fühlte“, so war er doch alles drei. Und das macht sicherlich auch die Bandbreite seiner Bedeutung aus.

So weiß man gar nicht, wo man anfangen soll bei der Würdigung der Bedeutung dieses Mannes. Er gründete nicht nur eines der ersten multinationalen Industrieunternehmen Europas und den zeitweise größten privaten Arbeitgeber Deutschlands. Er trug auch als Pionier der modernen Elektrotechnik wesentlich zur sogenannten zweiten industriellen Revolution bei und bemühte sich intensiv um die Versöhnung von Wissenschaft und Technik in seinem Heimatland.

„Mint“ (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) ist mittlerweile nicht nur bei Bildungspolitikern ein Modewort. Volkswirte machen die Zukunftsfähigkeit einer Volkswirtschaft heutzutage nicht zuletzt an der Quantität und Qualität der Absolventen der entsprechenden Studienfächer fest. Für das Studium der entsprechenden Fächer wird geworben. Die Absolventen genießen ein hohes Sozialprestige und haben gute Berufschancen, zumindest im Vergleich zu den Absolventen der sogenannten Laberfächer. Dazu, dass dem heute so ist, hat nicht zuletzt Werner von Siemens beigetragen.

Als Siemens am 13. Dezember 1816 in Lenthe bei Hannover zur Welt kam, war das noch ganz anders. Aufgrund der damaligen Geringschätzung und Missachtung der Technik durch den Wissenschaftsbetrieb gab es nur ein wissenschaftlich-technische Studienfach, und das waren die Bauwissenschaften.

Also wollte Siemens als sowohl wissenschaftlich wie technisch interessierter junger Mann  Bauwissenschaften studieren. Das dafür nötige Abitur hätte er wohl geschafft, denn in Mathematik war er derart gut, dass er in der nächst­höheren Klasse unterrichtet wurde, und in den Fächern, die ihm weniger lagen, kompensierte er dieses durch allgemeinen Wissensdurst und Fleiß. Dem vierten von 14 Kindern eines kränkelnden und ökonomisch unglücklich agierenden Gutspächters war ein Universitätsstudium jedoch aus finanziellen Gründen nicht möglich, und so beendete es die Schulausbildung am Lübecker Katharineum ohne Abschluss und ging zum Militär. Angesichts seiner Interessen empfahl ihm ein Lehrer, in das preußische Ingenieurkorps einzutreten. Aufgrund des großen Andrangs riet ihm jedoch der Chef des Ingenieurkorps, sich lieber bei der Artillerie zu bewerben, die ihren Offiziernachwuchs ebenfalls an der Berliner Artillerie- und Ingenieurschule ausbilden ließ. So wurde Siemens preußischer Artillerist und kam in den Genuss der von ihm angestrebten Ausbildung an der Berliner Artillerie- und Ingenieurschule.

1839/1840 starben im kurzem Abstand erst die Mutter und dann der Vater. Als ältester Sohn übernahm Siemens Verantwortung für seine jüngeren Geschwister und versuchte, ihnen die Eltern zu ersetzen. Dieses ist der Moment, losgelöst von der Chronologie ein weiteres Spezifikum Werner von Siemens’ anzusprechen: seinen Familiensinn. Er selber schrieb dazu 1887: „So habe ich für die Gründung eines Weltgeschäfts à la Fugger von Jugend an geschwärmt, welches nicht nur mir, sondern auch meinen Nachkommen Macht und Ansehen in der Welt gäbe und die Mittel, auch meine Geschwister und nähere Angehörige in höhere Lebensregionen zu erheben … Ich sehe im Geschäft erst in zweiter Linie ein Geldwertobjekt, es ist für mich mehr ein Reich, welches ich gegründet habe und welches ich meinen Nachkommen ungeschmälert überlassen möchte, um in ihm weiter zu schaffen.“ An die Spitze seiner Vertretungen im Ausland hat er denn auch gerne Brüder gesetzt.

In abgeschwächter Form hat sich der Gutspächterssohn offenkundig nicht nur seinen Angehörigen, sondern auch den Angehörigen seines Unternehmens verantwortlich gefühlt. So schrieb er 1868: „Mir würde das verdiente Geld wie glühendes Eisen in der Hand brennen, wenn ich treuen Gehilfen nicht den erwarteten Anteil gäbe.“ Bereits in den 50er Jahren führte er eine Erfolgsbeteiligung ein. Und 1872 gründete er eine Pensions-, Witwen- und Waisenkasse. Siemens tat dieses aber nicht nur aus altruistischen Motiven. So schrieb er selber in seinen Lebenserinnerungen: „Es war mir schon früh klargeworden, daß eine befriedigende Weiterentwicklung der stetig wachsenden Firma nur herbeizuführen sei, wenn ein freudiges, selbsttätiges Zusammenwirken aller Mitarbeiter zur Förderung ihrer Interessen erwirkt werden könnte. Um dieses zu erzielen, schien es mir erforderlich, alle Angehörigen der Firma nach Maßgabe ihrer Leistungen am Gewinne zu beteiligen.“ Diese wichtigen Pioniertaten des Unternehmers Werner von Siemens auf dem Gebiete der Unternehmenskultur sollten nicht übersehen werden angesichts der großen Bedeutung dieses Mannes für Wissenschaft und Technik.

Die unverhofft übernommene Elternrolle zwang Siemens zu einem nicht unbedingt als typisch deutsch geltenden Verhalten. Deutsch sein heißt ja laut Richard Wagner, eine Sache um ihrer selbst willen zu tun. Und in der Tat genießen im Volk der Dichter und Denken der Professor und die Grundlagenforschung eine überdurchschnittlich hohe Wertschätzung. Darüber vernachlässigen die Deutschen gerne, ihre theoretischen Erkenntnisse in erfolgreiche Produkte und damit in klingende Münze umzusetzen. Dieses lukrative Geschäft übernehmen dann häufig andere. Aufgrund des Zwangs, als mittelloser junger Offizier für eine Familie Verantwortung zu übernehmen, sah Siemens sich jedoch nach dem Tod der Eltern bei aller Liebe zur Wissenschaft gezwungen, für den Markt zu entwickeln.

Siemens hatte das Glück, dass er beim preußischen Militär auf viel Verständnis stieß. So konnte er 1842 ein neues Verfahren zur galvanischen Versilberung und Vergoldung zum Patent anmelden. Vier Jahre später folgte ein Zeigertelegraf, dessen Vorteile Siemens wie folgt beschrieb: „Mein Telegraph gebraucht nur einen Draht, kann dabei mit Tasten wie ein Klavier gespielt werden und verbindet mit der größten Sicherheit eine solche Schnelligkeit, dass man fast so schnell telegraphieren kann, wie die Tasten nacheinander gedrückt werden. Dabei ist er lächerlich einfach und ganz unabhängig von der Stärke des Stroms.“ Nicht nur Siemens war von seinem Zeigertelegrafen begeistert. Auf der Londoner Weltausstellung von 1851 wurde dieser mit der „Council Medal“, der höchsten Auszeichnung der Ausstellungsjury, gewürdigt.

Zusammen mit dem Zeigertelegrafen entwickelte Siemens eine Extrusionspresse zur Herstellung von Isolierleitungen mit einem nahtlosen Mantel aus Guttapercha, einer besonders dichten Gummiart. Siemens meinte, sein Metier gefunden zu haben: „Ich will alle meine Kräfte dem einen Ziele der elektrischen Telegraphie und was daran hängt und dazu nützt, widmen!“

Mit dem Kapital eines vermögenden Vetters, der am Gewinn beteiligt wurde, gründete Siemens an seinem Stationierungsort 1847 mit dem selbständigen Feinmechanikermeister Johann Georg Halske, der seine Erfindungen nach seinen Plänen gebaut hatte, die „Telegraphen Bau-Anstalt von Siemens & Halske in Berlin“. Der Theoretiker Siemens und der Praktiker mit Unternehmererfahrung Halske ergänzten sich trefflich und bildeten ein Dreamteam, einTraumpaar.

1848 konnte der preußische Artillerieoffizier im Krieg gegen Dänemark mit seinem Erfindungsgeist auch auf militärischem Gebiete glänzen. So entwickelte er die weltweit ersten unterseeischen Minen. Sie wurden über die von ihm entwickelten Guttaperchaleitungen ferngezündet und bewährten sich bei der Verteidigung Kiels und dessen Hafens auf das Trefflichste. Angesichts dieses Erfolges und seiner sonstigen artilleristischen Leistungen verwundert es kaum, dass Siemens nach seiner Rückkehr aus dem Krieg den Auftrag erhielt, die damals längste Telegrafenlinie Europas zwischen Berlin und Frankfurt zu errichten. Im Zuge der Abarbeitung dieses Großauftrages machte Siemens diverse weitere kleinere Erfindungen im Bereich der Telegrafie.

Siemens wollte eine qualitativ hochwertige Lösung, der Auftraggeber, die preußische Telegrafenverwaltung, eine möglichst billige. Darüber kam es zum Streit, der 1851 zum Bruch führte. Auf Folgeaufträge durfte Siemens nun nicht mehr hoffen. Die Suche nach alternativen Großkunden führte ihn ins Ausland, wobei er seinen Bruder Carl in Russland und seinen Bruder Wilhelm in Großbritannien als seine Repräsentanten einsetzte. Für die weiträumige Landmacht Russland wurde ein Telegrafennetz von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer errichtet, für die Seemacht Großbritannien wurden vornehmlich Seekabel verlegt und die Indo-Europäische Telegrafenlinie gebaut. Dem eher sicherheitsorientierten Halske war Siemens’ nicht ohne Rückschläge bleibender Expansionskurs zu heftig und er stieg 1867 aus. Aus Siemens & Halske entstand so das Familienunternehmen Siemens.

Neben der Führung des Unternehmens und diversen Erfindungen fand Siemens immer noch Zeit und Muße zu intensiver physikalischer Forschung. So entdeckte er 1866 mit dem dynamoelektrischen Prinzip auch die Möglichkeit, elektrischen Strom industriell herzustellen: „Der Technik sind gegenwärtig die Mittel gegeben, electrische Ströme von unbegrenzter Stärke auf billige und bequeme Weise überall da zu erzeugen, wo Arbeitskraft disponibel ist.“ Das eröffnete der Menschheit völlig neue Möglichkeiten auf dem Gebiete Antrieb und Beleuchtung. Im Zuge der sogenannten zweiten industriellen Revolution traten in der Antriebstechnik an die Stelle der Kohle nun das Erdöl und der elektrische Strom. Werner von Siemens erkannte die Vielfalt der Anwendungsmöglichkeiten elektrischen Stroms. Und so erweiterte er sein Unternehmen nicht nur zu einem führenden Hersteller auf dem Gebiete der Stromerzeugungstechnik, sondern auch auf dem der Stromverbraucher, sprich der Elektrogeräte im weitesten Sinne. Diese Stellung in der Elektroindustrie hat sein Unternehmen mit wechselnden Schwerpunkten bis zum heutigen Tage wahren können.

Im Gegensatz zur ersten industriellen Revolution, die von den Briten dominiert wurde, spielten bei der zweiten die Deutschen ganz vorne mit. Werner von Siemens tat das Seine, dass in Deutschland das dafür nötige wissenschaftlich ausgebildete naturwissenschaftlich-technische Personal zur Verfügung stand. Naheliegenderweise galten sein Interesse und seine Fürsorge insbesondere der „Elektrotechnik“, übrigens ein Begriff, der auf ihn zurückgeht. 1879 gründete er mit Generalpostmeister Heinrich von Stephan in Berlin den „Elektrotechnischen Verein“, zu dessen Zielen die Einrichtung von Lehrstühlen für Elektrotechnik an Technischen Hochschulen gehörte. Aber Siemens’ gemeinnütziges Wirken beschränkte sich nicht auf die Elektrotechnik. So gehört der Wissenschaftler, Techniker und Industrielle Werner von Siemens mit dem „Reichskanzler der Physik“ Hermann von Helmholtz zu den Gründervätern der 1887 eingerichteten „Physikalisch-Technischen Reichsanstalt“ (PTR), die wissenschaftliche, technische und industrielle Interessen optimal verknüpfen sollte.

Ein Jahr später schied Siemens aus dem von ihm gegründeten Familienunternehmen aus. Und am 6. Dezember 1892, also vor 124 Jahren, starb er in seinem Haus in Charlottenburg bei Berlin. Manuel Ruoff (siehe auch Seite 22)


Unparteiisch und für jedermann

Der am 18. Dezember 1856 in Hirschfeld, Kreis Preußisch Holland geborene spätere Verleger und Gründer der Gesellschaft „Hannoverscher Anzeiger A. Madsack & Co.“, August Madsack, erlernte den Buchdruck wie das Verlagsgeschäft und ging als fließend Russisch sprechender Fachmann ins zaristische Russland. Hier war er für die deutschsprachigen Organe „St. Petersburg Herold“, „Revaler Zeitung“ und „Rigaer Tageblatt“ leitend tätig. Zwei Gründe gaben dann den Ausschlag für seinen Wechsel vom Baltikum nach Hannover. Zum einen verschlechterte sich das wirtschaftliche und politische Klima unter dem ab 1881 Russland regierenden Zaren Alexander III. mit seinen Russifizierungsbestrebungen für deutsche Zeitungen, und zum anderen wollte er Neuland betreten. Den Ostpreußen reizte es, eine nicht parteigebundene Zeitung in der Art des damals neuartigen „Berliner Lokal-Anzeigers“ herauszugeben.

Gegen den Rat alteingesessener Hannoveraner wählte er das 1866 preußisch gewordene Hannover zum Firmensitz und bewies damit – wie sich zeigen sollte – unternehmerischen Spürsinn. Nach seiner Übersiedlung in die Provinzhauptstadt im Jahre 1891 ließ er im darauffolgenden Jahr die Gesellschaft „Hannoverscher Anzeiger A. Madsack u. Co“ in Hannover eintragen. Am 1. März 1893 erschien der „Hannoversche Anzeiger“. Madsack nannte ihn ein „unparteiisches Organ für jedermann“. Zur Einführung heißt es wörtlich: „Der Start gelang glänzend. Mit dem kräftigen Paukenschlag einer Werbekampagne, wie sie die königlich-preußische Provinzhauptstadt Hannover bis dahin nicht erlebt hatte, scheuchte ein Mann aus dem Osten die Bürger aus ihrer beschaulichen Ruhe auf.“ So erhielt beispielsweise jeder hannoversche Haushalt ein Freiexemplar. Da er sich nicht nur auf die Stadt beschränkte, sondern zugleich ein weiteres Umfeld einbezog und zudem umfassender, unterhaltsamer und preisgünstiger informierte, als Hannover es bisher kannte, gewann er steigend an Vertrauen und damit Abonnenten und Inserenten. Bei Kriegsausbruch 1914 liefen bei ihm die neuesten Setz- und Rotationsmaschinen.

Auf dieser Basis gelang es Madsack, alle Krisen, die Kriegswirtschaft, die Inflation, welche die 20er Jahre mit sich brachte, zu meistern. Zielstrebigkeit und Ideenreichtum des Ostpreußen führten schließlich mitten in der Wirtschaftskrise Ende der 20er Jahre zu dem gewaltigen Bauvorhaben des Anzeigerhochhauses, das zu einem Wahrzeichen Hannovers werden sollte. Bauherr August Madsack und sein Architekt Fritz Höger, der unter anderem das Chilehaus in Hamburg baute, blieben der norddeutschen Backsteintradition verbunden. Mit 52 Metern Höhe, neun Stockwerken und einer Kuppel wurde der Klinkerbau im Jahre 1928 eingeweiht. Ein halbes Jahrzehnt später, am 5. Februar 1933, starb August Madsack in Hannover.     PAZ


S. 12 Leserforum

Leserforum

Gewerkschaft als Gesinnungsgehilfe der Antifa

Zu: Unglaubliche Einmischung (Nr. 46)

Die Empörung über den geschilderten Vorfall (nach Druck der Gewerkschaft Verdi auf einen Lokalbesitzer musste die Landesgruppe NRW der Landsmannschaft Ostpreußen den Historiker Stefan Scheil ausladen, d. Red.) teile ich uneingeschränkt. Mehr als nur irritiert bin ich auch deswegen, weil der von Verdi ausgeübte Druck auf die Gastwirte in meinen Augen nicht ursächlich von Verdi herrührt, sondern Folge eines Vorfalls ist, der sich bereits vor etwa zwei Jahren zugetragen hat. Involviert ist die organisierte Antifa, die damals öffentlich bekundete, Druck auf „etablierte Parteien und Gewerkschaften“ ausgeübt zu haben, damit im Haus Union „keine Events der extremen Rechten stattfinden“.

Dass die Antifa die Landsmannschaft Ostpreußen als geschichtsrevisionistisch bezeichnet, ist – bei derer verqueren Ideologie – nicht anders zu erwarten. Darüber sollte sich heute niemand mehr aufregen, da die Antifa kein Maßstab für Wahrhaftigkeit der Geschichtsschreibung ist. Dass aber Verdi sich zum Gehilfen der Antifa macht, ist ein Skandal. Wer sich, wie im vorliegenden Fall, einem pauschalen Druck von außen beugt, um dann selbst ohne zu hinterfragen angeblich rechtschaffenen Druck ausübt, muss sein demokratisches Selbstverständnis dringend neu justieren.

Seien Sie versichert, dass sowohl für meine Partei als auch für mich persönlich Meinungs- und Redefreiheit zu den höchsten Errungenschaften der Demokratie gehören.

Werner Jostmeier, MdL NRW, Düsseldorf

 

 

In der Bernsteingrube vergraben

Zu: Gescheiterter Rettungsversuch ( Nr. 41)

Schon seit längerer Zeit ist es mir ein Bedürfnis, vom Verbleib des Bernsteinzimmers zu berichten: Noch im April 1945 wurden Kisten mit dem Lkw aus Königsberg nach Balga transportiert. Die größeren Holzkisten wurden in der großen Sandgrube versenkt und zugeschüttet. Darauf landeten später Tierkadaver und sogar ein kaputter Panzer. Außerdem gab es noch die Möglichkeit, in den kilometerlangen unterirdischen Gängen von der Burg Richtung Süd-westen und Schneckenberg, größere Behältnisse zu lagern. Alles wurde von dem ehemaligen Kaufmann Mallien, der als Letzter den Ort verließ, genau beobachtet.

Nach dem Krieg hat ein junger Russe Bernstein aus Balga transportiert und trotz Androhungen mit Gefängnis den Ort seines Fundes nicht preisgegeben. Außer mir glauben viele Balgaer mit großer Wahrscheinlichkeit an den Verbleib des Bernsteinzimmers in den Kisten in der Sandgrube und auch in den unterirdischen Gängen.

Gisela Hannig, Friedrichshafen

 

 

Schlossmoschee

Zu: Lautsprecher des Zeitgeists (Nr. 45)

Natürlich wird geliefert, was die Politik fordert: die komplette Selbstaufgabe der deutschen Nation und ihrer großen Geschichte. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge macht es gerade vor. Die Veranstaltung zum Volkstrauertag hat mich mächtig geärgert. Die deutsche Nationalgeschichte soll in Gänze kriminalisiert werden. Wer will sich denn sowas ansehen, der noch bei wachem Verstand ist?

Wenn das Thema Religion einen großen Raum einnehmen soll, warum wird nicht gleich eine Moschee aus dem Schloss gemacht? Das käme vielen Berlinern gelegen.

Herbert Schinkel, Lengede

 

 

Schaltet einfach beim »Tatort« ab!

Zu: Macht endlich Schluss mit dem „Tatort“ (Nr. 45)

Der Abgesang auf Deutschlands älteste Fernsehserie ist vortrefflich auf den Punkt gebracht. Vielen Dank!

Als Fan und Sammler der klassischen „Tatort“-Folgen (70er bis Mitte der 80er Jahre) kann ich nur zustimmen, dass das Projekt in der modernen Ausprägung schnellstens abgewickelt werden muss – im Übrigen am besten gleich mit einem Großteil des restlichen Programmangebots. Und das nicht nur wegen der Gleichförmigkeit der Handlungsabläufe (nach ein paar Minuten gibt es die Leiche und den Spurensicherungsdialog) und inhaltlicher Einfallslosigkeit (die oft nur mit einem rapiden Anstieg von gezeigter Brutalität absorbiert werden soll), sondern vor allem auch wegen der im politisch-korrekten Sinne (um-)erzieherischen Ausprägung der Reihe.

Als ideologische Sprachrohre dienen meist die Kommissare, die all den Zuschauern, die es bei der im Programm vorangegangenen „Tagesschau“ noch nicht kapiert haben, auf noch subtilere Weise „klarmachen“, warum Einwanderer immer ein schweres Schicksal haben und sehr nette Menschen sind, Frauen fast immer die Opfer und alle anderen, die sich dem vermittelten (linken) Weltbild nicht unterordnen wollen, nur böse verkrampfte deutsche Unmenschen sein können. Dass dabei die „gesellschaftliche Realität“ abgebildet wird, ist stark zu bezweifeln, ein Blick in Deutschlands Gefängnisse in Sachen Schwerstkriminalität zeigt, dass die beim Tatort überführten Mörder (zu 99 Prozent Deutsche ohne Migrationshintergrund) mit der Wirklichkeit überhaupt nichts mehr gemein haben.

Denn Täter mit Migrationshintergrund möchte man dem Fernsehzuschauer nur sehr selten zumuten, weil davon auszugehen ist, dass dann auch der überwiegende Teil der verbliebenen „Tatort“-gucker um- oder ausschalten würde, wenn nur die „wirklichen“ Täter und deren Milieus dargestellt werden würden. So viel Realität verkraftet wohl niemand. Nach Feierabend möchte man ja „abschalten“. Und das ist allen zu raten, die mit der Art des heutigen Fernsehens unzufrieden sind: Schaltet einfach ab!

K. Weiß, Berlin

 

 

Der CDU fehlen die Sterne, welche die Partei wieder zum Leuchten bringt

Zu: CDU am Abgrund (Nr. 47)

Zwölf Jahre Kanzlerschaft unter Angela Merkel haben in dieser Partei sowohl eine programmatische als auch personelle Aus­trock­nung bewirkt. Bei der Euro-Rettungspolitik und bei der Massenzuwanderung scheiden sich die Geister. Für keines der beiden Themen gibt es, außer Worthülsen, progammatische Lösungen.

2005 beerbte sie mit wenigen Stimmen ihren Vorgänger Schröder und setzte dessen Politik nahtlos und ohne neue Impulse fort. Wirtschaftspolitisch selbst ideenlos hat sie die für das deutsche Sozialsystem schädliche Öffnung der Finanzmärkte für angloamerikanische Verbriefungsgeschäfte und Hedgefonds, die unter Kanzler Schröder begonnen worden waren, fortgesetzt. In der Wirtschaftskrise 2008 wurde ihre Nähe zu den großen Bankhäusern (hier speziell Josef Ackermann von der Deutschen Bank) als Zeichen der persönlichen Hilf- und Ratlosigkeit verstanden.

Ebenso verhält es sich mit der Agenda 2010 und den Hartz IV-Reformen ihres Vorgängers, die zunehmend in eine Verarmung der Arbeitnehmermassen führen, weil alle in Leichtlohngruppen arbeitenden Bürger von der eigenen Arbeit nicht mehr leben können und zusätzlich staatliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen. In der dadurch entstehenden Entlastung der deutschen Unternehmen sehen die benachbarten EU-Länder deutlich künstlich erbrachte Wettbewerbsvorteile. Eine vernünftige Rente für den Lebensabend kann so nicht entstehen.

Für die Folgen einer solchen Politik hat Frau Merkel keine programmatische Lösung, denn durch die Belastung der Staatskassen durch zu zahlende Zuschüsse an diese Arbeitnehmer fehlen Beiträge für die Rentenkassen, so dass Renten immer weiter abgesenkt und Lebensarbeitszeiten wegen der Finanzierbarkeit dieses verzerrten Wettbewerbs verlängert werden müssen. Längere Lebenszeiten werden nur zur Verschleierung dieser unsozialen Maßnahmen vorgeschoben.

Mit der Fortführung dieser Politik der Schröder-Regierung hat Frau Merkel allerdings, taktisch klug, ihre Gegner aus der Sozialdemokratischen Partei links überholt und damit sach- und sprachlos gemacht, sodass diese Partei (die früher einmal um soziale Gerechtigkeit kämpfte) bestenfalls als Mehrheitsbeschaffer in einer großen Koalition auftreten kann, nicht aber als Konkurrent, denn Argumente, die man für eine plausible Opposition benötigt, sind der SPD verwehrt, weil sie selbst Mutter dieses liberalisierten Arbeitsmarktes unter Schröder war.

Personell ist in der CDU der Himmel mehr als trübe. Es fehlen die Sterne, die einst blinkten und deren Stimmen noch aufhorchen ließen. Einige wie Norbert Röttgen wurden von Angela Merkel regelrecht abgewatscht oder verließen wie Friedrich Merz wegen Unprofessionalität und Ungeduld entnervt ihre Posten. Als Gegenkandidat wagen sich diese Parteihelden nicht mehr aus der Deckung. Viele brachten sich außerdem derart in die Nähe von Lobbyisten, dass schon ihre Namensnennung eine Gänsehaut verursachen würde.

Viele Parteimitglieder sind noch für eine Kandidatur entweder zu jung, zu alt (Wolfgang Schäuble) oder zu krank (Wolfgang Bosbach). Wieder andere sind vom Auftreten her derart affektiert und karrieregeil (Ursula von der Leyen), dass sich selbst die Mainstreampresse, die vielfach als Sprachrohr der CDU wahrgenommen wird, schwertut, darüber hinwegzusehen.

Dabei wäre das Desaster, welches Kanzlerin Merkel mit ihrer Flüchtlingspolitik angerichtet hat, ein sehr guter Moment gewesen, den Hut zu nehmen. Sie hätte damit gleichzeitig sehr gut verschleiern können, dass sie eigentlich in all ihren Regierungsjahren kein einziges Problem wirklich gelöst hat, darüber kann selbst eine „schwarze Null“ im Finanzbereich nicht hinwegtäuschen.

Weil die CDU sich faktisch selber ausgeblutet und das Ende der Fahnenstange erreicht hat, es nun auch keinen publikumswirksamen Kandidaten gibt, muss sie selber noch einmal antreten. In der Schwesterpartei CSU sieht es leider ebenso trübe aus. Seit dem Tod von Franz-Josef Strauß ist hier, außer für den bayerischen Geschmack, kein neuer politischer Stern entdeckt worden. Der Letzte, der dem Kabinett von Frau Merkel angedient wurde, taugte nur kurzfristig zum Verteidigungsminister und schaffte die Wehrpflicht ab. Hätte Karl-Theodor zu Guttenberg nicht seinen Doktortitel ergaunert, wäre er vielleicht für Frau Merkel zur Gefahr geworden.

Weil sich aber, um es mit Siegmar Gabriel zu sagen, in Deutschland (nun wohl auch in der Politik) so viel Pack herumtreibt, wird Frau Merkel die Wahl sicherlich gewinnen und mit ihren langjährigen altbewährten SPD-Freunden Deutschland weiterhin internationalisieren, sie ist sozusagen alternativlos.

Nachdem Konrad Adenauer seit nunmehr fast 50 Jahren im Grab ruht, ist es angesichts des Zustandes seiner heutigen CDU auch für ihn an der Zeit, sich einmal darin zu drehen.

Rudolf Neumann, Ahrensburg

 

 

Feige Christen

Zu: Kniefall gen Mekka (Nr. 46)

Wie weit wollen sich die christlichen Würdenträger noch verbiegen? In München predigte der Imam Idriz in der evangelisch-lutherischen St. Lucas-Kirche – und dies auch noch mit Einverständnis des bayerischen Landesbischofs Heinrich Bedford-Strohm. In Hamburg findet es die Bischöfin Kirstin Fehrs „in Ordnung“, wenn Gebetsrufe von Hamburger Moscheen ertönen, „wenn denn die Moschee demokratisch und anti-islamistisch ist“, und der katholische Weihbischof Hans-Jochen Jaschke ist „ganz mit ihr einig“ und sucht mit der Bischöfin das „Miteinander mit den gläubigen Muslimen“, und beide „fördern ihre Anliegen“.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) greift Martin Luther nach 500 Jahren wegen seiner berechtigten Stellungnahmen zum Islam an, und in evangelischen Kirchen werden Ausstellungen gezeigt, die Martin Luther als Judenfeind darstellen. In Gottesdiensträume, erst recht nicht in evangelisch-lutherische, gehören derartige Ausstellungen nicht. Ist die heutige evangelisch-lutherische Landeskirche wirklich noch die Kirche Martin Luthers, in die auch die „Bibel für gerechte Sprache“ Einzug gehalten hat? Ist denn die Luther-Bibel in ihrer Sprache etwa ungerecht? Im Nahen Osten werden die Christen verfolgt und abgeschlachtet, und hierzulande setzt sich die Verfolgung der Christen durch die Moslems in den Erstaufnahmelagern fort. Ja, die Moslems verbieten den Christen sogar, in einem christlichen Land das Weih­nachtsfest zu feiern, so wie es 2015 in Hamburg geschehen ist.

Die Kirchen, von wenigen Ausnahmen an der Basis abgesehen, schweigen politisch korrekt. Die Islamisierung Deutschlands, ja ganz Europas, ist nicht mehr nur schleichend und nimmt ein beängstigendes Ausmaß an.

Und nun noch dieser erbärmliche Kniefall in Jerusalem der obersten Repräsentanten des Christentums in Deutschland, des Erzbischofs Kardinal Reinhard Marx als Vorsitzendem der Deutschen Bischofskonferenz und des Landesbischofs Bedford-Strohm als Ratsvorsitzendem der EKD.

In Jerusalem hat Jesus das Kreuz auf sich genommen, und ganz in der Nähe des Leidensweges, auf dem Tempelberg, haben die beiden Bischöfe jetzt das Kreuz abgelegt. Nun wurde von Bedford-Strohm sogar behauptet, dass sie von den Israelis dazu aufgefordert worden seien, was aber von israelischer Seite unter Protest dementiert wurde. Auch das wäre kein Grund gewesen, sich des Kreuzes zu entledigen.

Zu diesem unverständlichen Vorgang kann nur mit 1. Korinther 16, 13 entgegnet werden: „Wachet, steht im Glauben, seid mutig und seid stark!“

Manfred Weinhold, Hamburg

 

 

Klare Analyse

Zu: Nur über Uncle Sams Leiche (Nr. 44)

Für den außergewöhnlich klarstellenden Artikel über die Vorgänge in Nordafrika und dem Nahen Osten (Gaddafi, Saddam, Assam) gebührt besonderer Dank. Selten, scheint mir, hat eine Analyse so viel Licht in eine für uns schicksalhafte Entwicklung gebracht.

Dr. Arthur Schanz, Overijse/Belgien


S. 13 Das Ostpreußenblatt

Kunst in der Königsberger Börse
In der Pregelmetropole soll eine moderne Touristenroute mit Museumsinsel entstehen

Im kommenden Jahr soll die Königsberger Kunstgalerie in das Gebäude der ehemaligen Börse umziehen. Der marode Zustand des jetzigen Galeriegebäudes hat zu der Entscheidung maßgeblich beigetragen.

Die einzige Kunstgalerie des Königsberger Gebiets soll ein neues Domizil erhalten. Grund hierfür ist der allmähliche Verfall des Gebäudes, in dem sie bisher untergebracht war. Das alte Galeriegebäude ist eine langgezogene Erweiterung eines mehrstöckigen Hauses auf der Altstädtischen Langgasse [Moskowskij Prospekt]. Die Galerie wurde im Jahr 1988 eröffnet, und obwohl das Haus noch nicht einmal 30 Jahre alt ist, verfällt es zusehends. Es ist sehr wahrscheinlich, dass durch die Bautätigkeit am neuen Pregelkai das Gebäude in Mitleidenschaft gezogen wurde. Zuletzt war es einsturzgefährdet: Das Dach war undicht, an den Wänden und im Boden zeigten sich Risse. Die bisher erfolgten Reparaturarbeiten waren eher kosmetischer Natur und wurden dazu noch vom Personal der Galerie durchgeführt, weil die Mittel so bescheiden waren.

Jährlich finden in der Königsberger Kunstgalerie 50 Ausstellungen statt, ihre Sammlung zählt zirka 14000 Werke der Malerei, aber auch Skulpturen, Grafiken und Fotografien sind hier zu sehen.

Die Gebietsregierung hat als Lösung des Problems den Umzug der Kunstgalerie in das Haus des Jugendkulturzentrums, besser bekannt als Haus der Marinekultur (das sich dort in der sowjetischen Zeit bis in die 1990er Jahre befand), vorgeschlagen. Vor dem Krieg war hier die Königsberger Börse beheimatet.

Das Gebäude ist ein Objekt des kulturellen Erbes von regionaler Bedeutung. Es wurde 1875 gebaut, und in ihm wurden neben Börsenhandel auch Ausstellungen und andere kulturelle Veranstaltungen durchgeführt. In den Jahren 1944 und 1945 wurde das Haus stark beschädigt und konnte bis 1960 nicht genutzt werden. We-gen seines halbzerstörten Zustands wurde es jedoch als Kulisse für Filme über den Krieg genutzt.

In den frühen 1970er Jahren wurde das Haus restauriert, und  das Haus der Marinekultur zog dort ein. Es gab ein literarisches Volkstheater, und zahlreiche kreative Zirkel und Verbände trafen sich hier.

Vor Kurzem wurde ein Gutachten über den Zustand des Börsengebäudes erstellt, aufgrund dessen die nun laufenden Reparaturen durchgeführt werden. Die Kleinkunst-Vereine, die  im jetzigen Jugendkulturzentrum untergebracht sind, werden auf andere Gebäude verteilt.

Die Gebietsregierung hat mitgeteilt, dass im Zentrum Königsbergs ein einheitlicher Museumskomplex entstehen soll, der die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt, insbesondere den Kneiphof, den Dom, die ehemalige Börse und das Ozeanmuseum sowie eine Anzahl weiterer kultureller Objekte zusammenführen soll. Es ist geplant, Aufzüge für die Hochbrücke zu bauen und den Kneiphof mit dem Ozeanmuseum über einen Steg zu verbinden. Ziel dieses vielversprechenden Konzepts ist es, dass Touristen bequem zu Fuß zu den Sehenswürdigkeiten gelangen können. Der Umzug der Kunstgalerie in die Königsberger Börse ist im Laufe des Jahres 2017 geplant.

                Jurij Tschernyschew


Ostpreußische Jugend feierte Advent
BJO und LO-Landesgruppe Bayern luden zum traditionellen Fest nach Osterode ein

Am ersten Adventswochen-ende kam die ostpreußische Jugend in Osterode zusammen, um gemeinsam den Advent zu feiern und die ostpreußischen Traditionen zu pflegen.

Fast 70 Jugendliche aus dem südlichen Ostpreußen, dem Königsberger Gebiet, Schlesien, Danzig, Pommern und der Bundesrepublik Deutschland haben von Donnerstag bis Sonntag zusammen gebastelt, gebacken, gesungen und Tänze eingeübt. Bei einer Rallye mussten in Gruppen Aufgaben gelöst werden, die mit Ostpreußen zu tun hatten.

Den Höhepunkt bildete wie in jedem Jahr die festliche Adventsfeier, die von den Arbeitsgruppen gestaltet wurde. Die Tische waren mit selbstgebastelter Dekoration geschmückt und die selbstgebackenen Plätzchen und Kuchen schmeckten köstlich. Es wurden Tänze aufgeführt und gemeinsam gesungen.

Fritz Mudzo, BJO-Mitglied und Leiter des Adventstreffens, begrüßte zur Feier Gäste der Deutschen Minderheit. Domherr Andre Schmeier und Pastor Wojciech Płoszek hielten in deutscher und polnischer Sprache ein geistliches Wort zum Advent. In seinem Grußwort für den Landesvorstand der Landesgruppe Bayern konnte Stadtrat Marc Zander dem Freistaat Bayern für die Förderung der Veranstaltung danken, und erbetonte, dass dies eine Finanzierung in die Zukunft sei, da das Adventstreffen nicht nur zum gegenseitigen Verständnis beitrage, sondern die Teilnehmer zu einer ostpreußischen Familie zusammenschweiße.

Am Sonntag diskutierten die Teilnehmer darüber, was „deutsch“ für sie bedeutet. Zum Abschluss wurden noch Lieder gesungen, und nach dem Mittag-essen ging es für alle wieder nach Hause. Zum nächsten Adventstreffen wollen alle wiederkommen.

Die Veranstaltung wird gefördert über das Haus des Deutschen Ostens, München, durch das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen. Der Veranstalter war die Landsmannschaft Ost- und Westpreußen, Landesgruppe Bayern, und für die Organisation war der Bund Junges Ostpreußen in der Landsmannschaft Ostpreußen zuständig.             Edyta Gładkowska


MELDUNGEN

Guttstadt erhält Musikschule

Guttstadt – 40 Schüler erlernen in einer neuen Filiale – es ist bereits die vierte – der Musik-Grundschule von Diwitten das Spielen auf Instrumenten. Der Unterricht erfolgt im Gebäude der Oberschule  in der Wormditter Vorstadt. Die Klassenzimmer sind fertiggestellt. Die Schule erhielt als Geschenk ein altes, aber erneuertes Harmonium. Die Kreis-Musikschule in Diwitten ist die größte dieses Typs in Polen. Sie unterrichtet 500 Schüler. Neben dem Hauptsitz hat sie Filialen in Wartenburg, Bischofsburg, Guttstadt und Hohenstein.             PAZ

 

Fahrrad-Trasse in Masuren

Allenstein – Die masurischen Gemeinden wollen um die Großen Masurischen Seen eine 300 Kilometer lange Fahrrad-Trassebauen. Der Verwaltungsvorstand der ermländisch-masurischen Woiwodschaft hat bereits einen Vertrag über diese Investition unterschrieben. Die mit EU-Mitteln geförderte Fahrrad-Trasse wird durch landschaftlich attraktive Gegenden Masurens führen. Der Weg wird beispielsweise Angerburg, Lötzen, Johannisburg, Nikolaiken, Rhein und Sensburg berühren. Außerdem werden von den Gemeinden kleine Anschluss-Wege gebaut. Die Fahrrad-Trasse soll von den Gemeinden und von der Gesellschaft „Große Masurische Seen“ bis zum Jahre 2020 verwirklicht werden, unterstrich  Woiwodschaftsmarschall Gustaw Brzezin.   PAZ

 

Störungen des Verkehrs

Allenstein – Straße Nr. S7: Liebemühl [Miłomłyn], Baustelle. Straße Nr. 7: Elbing [Elblag] – Jazowa, Baustelle; Liebemühl [Miłomłyn] – Osterode [Ostróda], Baustelle; Osterode [Ostróda] – Hohenstein [Olsztynek], Baustelle; Zalusken [Załuski] –Napierken [Napierki], Baustelle. Straße Nr. 7j: Zalusken [Załuski] – Neidenburg [Nidzica], Baustelle. Straße Nr. 15: Rheinsgut [Rynskie] – Mörlen [Morliny], Baustelle. Straße Nr. 16: Warweiden [Wirwaidy] – Thyrau [Tyrowo], Baustelle; Osterode [Ostróda] – Alt Jablonken [Stare Jabłonki], Baustelle; Borkenau [Nowe Bagienice] – Mertinsdorf [Marcinkowo], Baustelle. Straße Nr. 16c: Allenstein [Olsztyn] – Fittigsdorf [Wójtowo], Baustelle. Straße Nr. 22: Elbing [Elblag] – Fichthorst [Jegłownik], Baustelle. Straße Nr. 51: Allenstein [Olsztyn] – Pagelshof [Ameryka], Baustelle. Straße Nr. 58: Hohenstein [Olsztynek], Baustelle. Straße Nr. 63: Ogonken [Ogonki], Baustelle; Arys [Orzysz] – Johannisburg [Pisz], Brücken-bau. Straße Nr. 65: Goldap [Gołdap] – Treuburg [Olecko], Brückenbau.      E.G.


S. 14 Ostpreussische Familie

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

es ist erfreulich, wenn unsere Ostpreußische Familie als – oft letztmögliche – Informationsquelle gefordert wird, beweist dies doch, welch ein noch abrufbares Wissen über Ostdeutschland unseren Leserkreis auszeichnet. Wie wichtig diese Kenntnisse gerade für wissenschaftliche Arbeiten sind, haben verschiedene Veröffentlichungen in der letzten Zeit bewiesen. Auch heute liegen wieder einige Anfragen vor, von denen wir die von Herrn Prof. Dr. Dr. Hans Huchzermeyer aus Minden an den Anfang unserer heutigen Kolumne stellen. Der Wissenschaftler, der an der Biografie des ostpreußischen Organisten Arthur Altmann arbeitet, benötigt Angaben über dessen letzten Wohnort und das damit verbundene Sterbedatum. Der Name wird selbst manchem Kenner der ostpreußischen Musikgeschichte wenig sagen, obgleich der Organist einen Lebenslauf hatte, der nicht zielgerade zum Kirchenmusiker führte. Arthur Altmann wurde als Ältester von drei Söhnen einer jüdischen Familie am 7. Februar 1873 in Gumbinnen geboren. Über seinen Lebenslauf übermittelt uns Herr Prof. Huchzermeyer folgende Angaben:

„Vor der Jahrhundertwende absolvierte Altmann ein Musikstudium in Köln. Seit 1901 war er in Königsberg ansässig, wo er als Schulmusiklehrer, Organist, Chorleiter, Komponist und Musikschriftsteller tätig war. In dieser Zeit erfolgte seine Konversion zum christlichen Glauben. Altmann war Lehrer am Königsberger Konservatorium, an der Musikalischen Akademie und an einem Lyzeum, leitete die Altmannsche Madrigalvereinigung und war Organist an der Burgkirche. Als er 1935 von den Nationalsozialisten aus allen musikalischen Ämtern vertrieben wurde, musste auch das Burgkirchenkollegium Altmann in den Ruhestand versetzen. Arthur Altmann war kinderlos verheiratet und verzog, als die Verfolgungsmaßnahmen Anfang der 40er Jahre eskalierten und die Deportationen einsetzten, wahrscheinlich als „Vorsichtsmaßnahme“ von Königsberg in ein samländisches Dorf in Küstennähe. Von da an liegen keine Informationen mehr vor.“

Soweit die Informationen, die uns der Anfragende übermittelte. Leider sind wir in unseren eigenen Recherchen auch nicht viel weiter gekommen. Selbst ein versierter Kunstkenner des Königsberger Kulturlebens in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Dr. Ludwig Goldstein, lässt in seinen Lebenserinnerungen „Heimatgebunden“ das Leben und Wirken Altmanns unerwähnt, obgleich auch er ein ähnliches Schicksal hatte. Fündig wurde ich dagegen – wieder einmal – in der Königsberger Kirchenchronik von Heinz Ney „Gottes Häuser in Königsberg“, wo sich die Angaben von Herrn Prof. Huchzermeyer bestätigten. Sie stützen sich auf das Buch von Pfarrer Hugo Linck „Der Kirchenkampf in Ostpreußen“, in dem ein Bericht der „Kreuzzeitung“ vom 1. September 1935 enthalten ist, der den Ausschluss von nicht arischen Kirchenmusikern aus der Reichsmusikkammer meldet. Über Altmann steht da unter anderem zu lesen: „Das betraf den nicht arischen, mit einer arischen Frau kinderlos verheirateten Organisten Altmann aus der Burgkirche (reformiert) in Königsberg. Er war, überwältigt von der christlichen Glaubenskraft in den Werken von J. S. Bach, zum Christenglauben gekommen. Da er nur noch zwei Jahre bis zur Altersgrenze hatte, wurde er durch gütliches Einvernehmen mit dem Burgkirchenkollegium in den Ruhestand versetzt, und so wurden beide Teile aus der Schusslinie gezogen.“ Über den weiteren Verbleib des emeritierten Altmann ist aber nichts vermerkt, und so bleibt nun die Befragung unserer Leserschaft als Hoffnungsträger.

Arthur Altmann und seine Frau müssen noch 1941/42 in einem Dorf im Samland unweit der Küste gelebt haben. Vielleicht können sich ehemalige Freunde, Nachbarn oder Bekannte aus dem neuen Umfeld an die aus Königsberg zugezogenen Bewohner erinnern. Kamen sie bei Freunden oder durch deren Vermittlung unter, was anzunehmen ist, da sie aus eigenem Entschluss aus Königsberg fortzogen? Es ist ja auch möglich, dass der Organist im häuslichen Kreis musiziert hat, dann sicherlich mit Werken von seinem geliebten Bach. Da die Altmanns keine Nachkommen hatten, waren sie wohl nur auf sich allein gestellt. Haben sie die russische Okkupation noch erlebt, sind sie geblieben oder geflohen, wenn ja wann und wohin? Wir hoffen, dass aus unserem Leserkreis Hinweise kommen, die dem Anfragenden in seiner wissenschaftlichen Arbeit weiterhelfen. (Prof. Dr. med. Dr. phil. Hans Huchzermeyer. Habsburgerring 37a in 32427 Minden, Telefon 0571/40911, E-Mail: hhuchzermeyer@gmx.de)

Da kommt was auf uns zu – dachte ich, als ich den dicken Großbrief von Frau Edelgard Hesse aus Criwitz sah, einer treuen und aktiven Leserin, die mit unserer Ostpreußischen Familie bereits gute Erfahrungen gemacht hat. Auf diese hofft sie auch diesmal, aber so ganz einfach wird die Mithilfe, die sie für diesen Fall benötigt, nicht zu finden sein, und das liegt nicht nur an dem uns zugesandten Bündel von Unterlagen, sondern auch an den Voraussetzungen, die der oder die Betreffende für deren Bearbeitung mitbringen muss. Es geht nämlich um Dokumente aus der Geschichte von Riesenburg, die zum Teil in der Mitte des 15. Jahrhunderts erstellt wurden wie eine Eingabe des Ritters Hanczes von Bayern an den Hochmeister, den vom Riesenburger Bischof aus der Stadt vertriebenen armen Leuten zu helfen. Frau Criwitz hat die Dokumente von dem in Riesenburg [Prabuty] lebenden Pädagogen Bernhard Rex erhalten, der sich intensiv mit der Geschichte der Stadt beschäftigt und das erworbene Wissen auch an seine Schüler und interessierte Bewohner weitergeben will. Frau Hesse schreibt dazu:

„Eine Quelle für Herrn Rex ist das Buch ,Geschichte der Stadt Riesenburg‘, im Jahr 1896 im Verlag Louis Schwalm in Riesenburg erschienen. Lange Zeit hatten ihm seine Eltern bei der Erschließung des Textes geholfen, da sie ihm aber nicht mehr zur Seite stehen können, bemüht er sich nun allein, alles zu erfassen und zu bearbeiten. Dabei gibt es natürlich für ihn auch Grenzen, da es sich teilweise um die Wiedergabe jahrhundertealter Dokumente handelt. Er schickte mir einige kopierte Seiten, die ihm besonders Schwierigkeiten bereiten. Ich versprach zu helfen, jedoch ist das nicht so leicht. Und wurde noch schwieriger, als wir bei meinem Besuch in Riesenburg im August zusammen saßen, und Herr Rex uns vertrauensvoll eine Liste mit für ihn unverständlichen Wörtern überreichte: ,Ihr kommt doch aus Deutschland, sprecht Deutsch!‘ Aber als wir die Liste durchgingen, mussten auch wir passen. Die meisten Begriffe waren uns fremd, teilweise kamen sie aus dem Lateinischen, manche hatten doppelte Bedeutung. Wir überlegten, diskutierten und gaben schließlich auf. Ich bat Herrn Rex, mir den zusammenhängenden Text zu geben, weil sich daraus der Inhalt erschließen ließe. Aber auch das war nicht leicht. Den Inhalt konnte ich zwar sinngemäß erfassen, aber ob meine Übersetzung ins Hochdeutsche sich auch zum Weitergeben eignet? Auch Freunde konnten nicht helfen!“

Und somit bleibt für Edelgard Hesse nur noch ein Weg: Unsere Ostpreußische Familie, die sie direkt anspricht: „Gibt es unter der weiten Lesergemeinschaft jemanden, der mir beim Übertragen der mittelalterlichen Texte ins Hochdeutsche helfen kann, ob in eigenständiger Arbeit oder durch Vermittlung an einen Interessenten? Die Erschließung ist doch für uns alle wichtig, die deutsche Geschichte bewahren wollen. Ich würde mich freuen, wenn unserem Heimatfreund in Riesenburg geholfen würde, damit er sein Wissen weitergeben kann.“ Sie selber hat eine bewundernswerte Vorarbeit geleistet, denn was sich aus dem voluminösen Briefumschlag herausschälte, waren zum Teil die von ihr bereits getätigten Übersetzungen und Erklärungen, die eine Bearbeitung des von Bernhard Rex übermittelten samt Wörterliste nur 15 Seiten umfassenden Textmaterials wesentlich erleichtern. Ich stelle auch gerne die mir von Frau Hesse zugesandten Kopien zur Verfügung. (Edelgard Hesse, Weinbergstraße 38 in 19089 Crivitz, Telefon 03863/222577.)

Jedes Ding hat seine Zeit – so endete unsere Kolumne in Folge 44 vom 4. November, und gemeint war damit, dass es für die Weihnachtsbäckerei noch zu früh sei, wir aber doch schon auf die Marzipanstanze hinweisen wollten, die sich im Besitz von Frau Sabine Matthies aus Barsinghausen befindet. Es handelt sich dabei um eine von der Firma Seeger in Königsberg entwickelte Ausstechform für Marzipanstücke, ein Original, das heute Seltenheitswert haben dürfte. Sabines Mutter Eri­ka Kalkschmidt geborene Lessing, die es von ihrem Bruder, dem Königsberger Konditor Herbert Lessing erhielt, hat es ihrer Tochter vermacht, die das Marzipanbacken als alte Familientradition lebendig hält. Nun ist also die Zeit der Stanze gekommen, und bei Frau Matthies wird das große Kneten beginnen, wie es das Rezept für echtes Königsberger Marzipan erfordert. Das liefert Frau Matthies gleich mit und beweist damit, dass sie für die Marzipanbäckerei viel Zeit und Mühe aufbringen muss. Für das Rezept nach Vorgabe der Firma Seeger aus Königsberg werden 500 Gramm Mandeln, 500 Gramm Puderzucker, zorka 50 Milliliter Rosenwasser und ein Esslöffel Zitronensaft benötigt. Die Mandeln brühen, abgießen, in kaltes Wasser werfen, damit sie weiß bleiben. Die mit einem Tuch gut abgetrockneten Mandeln dreimal durch die Mandelmühle drehen, beim dritten Mal den Puderzucker dazugeben. Nun wird nach und nach Rosenwasser und Zitronensaft hinzugefügt. Die Masse mit den Händen etwa eine Stunde durchkneten und einige Stunden ruhen lassen. Dann Puderzucker ausstreuen, den Teig etwa 1,5 Zentimeter dick ausrollen, mit der Stanze die Form ausstechen und die Stücke auf ein Holzbrett legen, bei starker Oberhitze abbacken. Anschließend den Rand leicht mit Rosenwasser bepinseln. Gefüllt werden die Stücke mit Schokoladenglasur oder Zuckerguss aus Puderzucker, Rosenwasser und Zitronensaft. Das Produkt können wir in dem Foto betrachten, das uns Frau Sabine Matthies übersandte. So exakt sahen die selbst fabrizierten Marzipanstücke meiner Königsberger Kindheit allerdings nicht aus. Na ja, wir hatten ja auch keine Stanze.

Eure Ruth Gede


»Ja für die Selbstverwaltung« droht mit Aufstand
Proteste gegen die Eingemeindungen von Umlandsgemeinden zu Oppeln offenbaren Unzufriedenheit der deutschen Basis

Zum 1. Januar werden zu Oberschlesiens historischer Hauptstadt Oppeln Umlandgemeinden mit starker deutscher Volksgruppe eingemeindet, die durch diesen Akt Sonderrechte wie Deutsch als amtliche Hilfssprache oder das Recht auf zweisprachige Ortsschilder verlieren. Nun sind Gegner der Eingemeindung zum wiederholten Mal gedemütigt worden.

Am 30. November wurden sie mit Polizeigewalt aus den Oppelner Büroräumen des stellvertretenden Verteidigungsministers Patryk Jaki entfernt. Der Oppelner habe Lobbyarbeit für die Eingemeindung gemacht, so der Vorwurf der Protestierenden gegenüber dem PiS-Politiker, der in den vergangenen Jahren oft mit antideutschen Parolen aufgefallen war. Immerhin schafften es die Protestierenden dieses Mal in die Hauptnachrichten. „Wir haben keinen Widerstand geleistet, denn wir sind nicht gekommen, um gegen die Polizei zu kämpfen, sondern für unsere Gemeinde“, sagt Rafał Kampa, Mitglied der Deutschen Minderheit und Vorsitzender des Komitees „Ja für die Selbstverwaltung“ (Tak dla Samorzadnosci) im ersten Programm des Polnischen Radios.

Zu Erinnerung: Am 19. Juli 2016, einen Tag vor den geplanten Abschlussgesprächen der Gemeinsamen Kommission von Regierung, nationalen Minderheiten sowie der kommunalen und regionalen Selbstverwaltungsorgane der Woiwodschaft Oppeln, wurde in Warschau der Beschluss zur Eingemeindung gefasst. Dies erfolgte auf Initiative des Oppelner Stadtpräsidenten (Oberbürgermeisters), der auf interessante Gewerbegebiete schielte und so auch der Abwanderung in das prosperierende – und oft von Deutschen verwaltete – Umland begegnen will.

Ende November fand in Warschau ein Treffen von Vertretern der Deutschen Minderheit mit dem Regierungssprecher für Bürgerrechte, Adam Bodnar, sowie Experten für Minderheitenfragen, die Gutachten zum Thema „großes Oppeln“ verfassten, statt. Die Deutschen aus Oppeln holten sich von den Experten die Bestätigung, dass Verfahrensregeln zu Eingemeindungen im polnischen Gesetz grundsätzlich dürftig geregelt sind und dies besonders im Hinblick auf Fragen des Minderheitenschutzes. Es gäbe so auch keine Instanz, die als Vermittler auftreten könne. Lediglich der Bürgerrechtssprecher könne eine Klage beim Verfassungsgericht einlegen. „Es ist unbestritten, dass die polnische Gesetzgebung im Minderheiten- und Kommunalbereich unvollkommen ist und nachgebessert werden muss. Gemeint ist sowohl das Gesetz über die Gemeindeverwaltung als auch das Gesetz über nationale und ethnische Minderheiten“, so der Sejm­abgeordnete der Deutschen Minderheit, Ryszard Galla, gegenüber dem minderheitseigenen „Wochenblatt“.

„Man hat in diesem Prozess gegen viele Werte verstoßen, an die wir uns im freien Polen bereits gewöhnt haben, und damit eine enorme Verwüstung im mentalen Bereich angerichtet. Diese ist nur schwerlich aus der Welt zu schaffen. Wenn nämlich jemandem gesagt wurde: ,Deine Stimme zählt nicht, du bist für mich kein Gesprächspartner‘, dann ist dies eine Gefahr jeder Diskussionskultur, auch wenn sich das Blatt einmal wendet“, so Rafal Bartek, Chef der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen in der Woiwodschaft Oppeln.

Nun, von selbst wird sich hierbei wohl kein Blättchen wenden. Dafür stieß die Zentrale der Minderheit in der Vergangenheit meist eine viel zu laue Briese aus und befand sich zu häufig auf Kuschelkurs mit den Spitzenvertretern der politischen Konkurrenz der Region. Diesmal hat man sich jedoch zu einer Verfassungsklage durchringen können. Doch für den eigentlichen Wind sorgen genervte örtliche Mitglieder des Komitees „Ja für die Selbstverwaltung“. Es waren gerade einmal 50, die im Oppelner Büro des stellvertretenden Verteidigungsministers protestierten, aber laut genug, dass man sie eben auch in Warschau hörte. Nur Jaki hörte mal wieder nicht wirklich zu. Der „Berufsbeleidiger“ meinte, man habe ihn beleidigt und deshalb verweigere er Gespräche am 1. Dezember in Warschau. Zuerst müsse man sich bei ihm entschuldigen, dann würde er vielleicht einem Treffen zustimmen.

Doch Kampa und seine Mitstreiter beantragten ohne Entschuldigung einen weiteren Gesprächstermin im Büro Jaki. Diesmal für den 7. Dezember in Oppeln. Sollte man weiterhin die Bevölkerung ignorieren, drohen die Protestierenden mit einem Aufstand in Oppeln. Und diesmal wäre es wirklich ein schlesischer, denn die sogenannten schlesischen Aufstände nach dem Ersten Weltkrieg waren ja von Warschau mitinszeniert.    

                Chris W. Wagner


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 101. GEBURTSTAG

Kempf, Ruth, geb. Lukas, aus Palmnicken, Kreis Samland, am 12. Dezember

Welz, Elise, aus Pillau, Kreis Samland, am 11. Dezember

ZUM 100. GEBURTSTAG

Ernst, Friedegard, aus Neuendorf, Kreis Lyck, am 12. Dezember

ZUM 98. GEBURTSTAG

Hoffmann, Frieda, geb. Naujokat, aus Palmnicken, Kreis Samland, am 15. Dezember

ZUM 97. GEBURTSTAG

Fritz, Marta, geb. Klimmek, aus Herzogsmühle, Kreis Treuburg, am 10. Dezember

ZUM 96. GEBURTSTAG

Meinhold, Hildegard, geb. Schröder, aus Treuburg, am 11. Dezember

Wilhelm, Liesbeth, geb. Schellong, aus Kobulten, Kreis Ortelsburg, am 9. Dezember

Zech, Betty, geb. Worat, aus Schwentainen, Kreis Treuburg, am 9. Dezember

ZUM 95. GEBURTSTAG

Boy, Gertrud, geb. Wiertschoch, aus Borken, Ortsteil Niederhorst, Kreis Lyck, am 14. Dezember

Holzapfel, Ursula, geb. Metauge, aus Groß Kuhren, Kreis Samland, am 15. Dezember

Suhr, Paul, aus Groß Kuhren, Kreis Samland, am 9. Dezember

ZUM 94. GEBURTSTAG

Grau, Elsa, aus Schloßbach, Kreis Ebenrode, am 13. Dezember

Jung, Katharina, geb. Hillbrunner, aus Deumenrode, Kreis Lyck, am 12. Dezember

Knorr, Helene, geb. Szesny, aus Kielen, Kreis Lyck, am 12. Dezember

Meyer, Emma, geb. Blasko, aus Giesen, Kreis Treuburg, am 12. Dezember

Nieber, Werner, aus Grabnick, Kreis Lyck, am 13. Dezember

Podehl, Elisabeth, geb. Bandilla, aus Milussen, Kreis Lyck, am 10. Dezember

Seifert, Elisabeth, geb. Birnbacher, aus Bredauen, Kreis Ebenrode, am 10. Dezember

Tennert, Herta, geb. Kullack, aus Mertenheim, Kreis Lötzen, am 10. Dezember

ZUM 93. GEBURTSTAG

Borbe, Erna, geb. Neumann, aus Tykrehnen, Kreis Samland, am 10. Dezember

Doddek, Gertrud, geb. Gregel, aus Borken, Kreis Lyck, am 14. Dezember

Gollnow, Hedwig, geb. Stach, aus Ulleschen, Kreis Neidenburg, am 11. Dezember

Koch, Erna, geb. Warias, aus Gellen, Kreis Ortelsburg, am 12. Dezember

Maifeld, Else, geb. Malinowski, aus Nußdorf, Kreis Treuburg, am 11. Dezember

Nissen, Ingrid, geb. Liedtke, aus Tawe, Kreis Elchniederung, am 10. Dezember

Pietrass, Frieda, aus Groß Krösten, Kreis Lötzen, am 13. Dezember

Roeder, Hellmut, aus Neidenburg, am 11. Dezember

Sallewsky, Christel, aus Lyck, Yorkplatz 4, am 14. Dezember

Tebben, Edith, geb. Neumann, aus Mensguth. Kreis Ortelsburg, am 14. Dezember

Westermann, Gertrud, geb. Walendy, aus Nußdorf, Kreis Treuburg, am 10. Dezember

ZUM 92. GEBURTSTAG

Buchwald, Irmgard, geb. Berkau, aus Weißengrund, Kreis Ortelsburg, am 10. Dezember

Dauner, Hans, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 12. Dezember

Leymann, Otto, aus Birkenwalde, Kreis Lyck, am 14. Dezember

Marstaller, Wolfgang, aus Eiserwagen, Kreis Wehlau, am 13. Dezember

Matzeit, Fritz, aus Kastaunen, Kreis Elchniederung, am 14. Dezember

Nagat, Frieda, aus Klein Friedrichsgraben, Kreis Elchniederung, am 15. Dezember

Reichel, Waltraud, aus Ortelsburg, am 10. Dezember

Sagorski, Irmgard, geb. Grytzo, aus Prostken, Kreis Lyck, am 12. Dezember

Strelow, Erika, geb. Schmielewski, aus Salleschen, Kreis Neidenburg, am 14. Dezember

ZUM 91. GEBURTSTAG

Bohnhoff, Dora, geb. Andres, aus Alt Passarge, Kreis Heiligenbeil, am 13. Dezember

Brakensiek, Waltraut, geb. Prieur, aus Prostken, Kreis Lyck, am 13. Dezember

Fricke, Christel, aus Lyck, am 10. Dezember

Hünemohr, Helmut, aus Neidenburg, am 15. Dezember

Jöhnke, Martha, geb. Helbart, aus Baringen, Kreis Ebenrode, am 13. Dezember

Kern, Hiltraut, geb. Küchen, aus Wildwiese, Kreis Elchniederung, am 13. Dezember

Kristan, Silvia, aus Grabnick, Kreis Lyck, am 14. Dezember

Lehmann, Olga, geb. Lüdke, aus Deumenrode, Kreis Lyck, am 13. Dezember

Mildt, Ingeborg, geb. Stapelfeldt, aus Poppendorf, Kreis Wehlau, am 10. Dezember

Müller, Elfriede, geb. Manteuffel, aus Waiselhöhe, Kreis Neidenburg, am 10. Dezember

Skierlo, Christel, geb. Neumann, aus Gedwangen, Kreis Neidenburg, am 10. Dezember

ZUM 90. GEBURTSTAG

Beyer, Heinz, aus Schloßbach, Kreis Ebenrode, am 13. Dezember

Böhme, Christel, geb. Dous, aus Ostseebad Cranz, Kreis Samland, am 15. Dezember

Breuksch, Christel, geb. Gerss, aus Weißensee, Kreis Wehlau, am 15. Dezember

Ginnow, Arnold, aus Rauschen, Kreis Samland, am 12. Dezember

Hinz, Christel, geb. Daduna, aus Borschimmen, Kreis Lyck, am 11. Dezember

Kais, Irmgard, geb. Mitzkatis, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 13. Dezember

Knabe, Erika, geb. Schulz, aus Neuendorf, Kreis Lyck, am 10. Dezember

Kutz, Bruno, aus Lisken, Kreis Lyck, am 10. Dezember

Meyer, Hildegard, geb. Sabrowski, aus Neidenburg, am 12. Dezember

Mitschke, Brigitte, aus Canditten, Kreis Preußisch Eylau, am 14. Dezember

Pasternak, Günter, aus Wehlau, am 10. Dezember

Rang, Christine, geb. Kannenberg, aus Lyck, am 15. Dezember

Resumek, Lothar, aus Lötzen, am 15. Dezember

Tintsch, Gertrud, geb. Kischnik, aus Tiefen, Kreis Lötzen, am 9. Dezember

Wenninger, Frieda, geb. Grigat, aus Drusken, Kreis Ebenrode, am 10. Dezember

Wilk, Elfriede, aus Lyck, am 13. Dezember

ZUM 85. GEBURTSTAG

Achenbach, Horst, aus Rauschen, Kreis Samland, am 9. Dezember

Becker, Gerhard, aus Quellbruch, Kreis Ebenrode, am 13. Dezember

Breiksch, Horst, aus Paterswalde, Kreis Wehlau, am 11. Dezember

Burmeister, Ilse, geb. Steinkraus, aus Neidenburg, am 12. Dezember

David, Johann, aus Großheidenau, Kreis Ortelsburg, am 15. Dezember

Fiedler, Erika, geb. Janz, aus Lentenbude, Kreis Elchniederung, am 12. Dezember

Galler, Eitel, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 10. Dezember

Jonashoff, Inge, geb. Penellies, aus Altginnendorf, Kreis Elchniederung, am 14. Dezember

Juska, Heinz, aus Lyck, Lycker Garten 31, am 12. Dezember

Linnemann, Ruth Elisabeth, geb. Wengelnik, aus Roggen, Kreis Neidenburg, am 12. Dezember

Mannsfeld, Irene, geb. Rattay, aus Treuburg, am 15. Dezember

Pempe, Heinz, aus Schwalg, Kreis Treuburg, am 12. Dezember

Samsel, Christel, geb. Stobbe, aus Loye, Kreis Elchniederung, am 12. Dezember

Schmidt, Ursula, geb. Mikat, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 12. Dezember

Schulte, Elisabeth, geb. Laschat, aus Schneckenwalde, Kreis Elchniederung, am 13. Dezember

Schupetta, Otto, aus Samplatten, Kreis Ortelsburg, am 10. Dezember

Szillies, Egon, aus Kleinerlenrode, Kreis Elchniederung, am 11. Dezember

Steinmüller, Margarete, geb. Biermanski, aus Fittigsdorf, Kreis Allenstein, am 15. Dezember

Teubler, Richard, aus Köffeshof, Kreis Tilsit-Ragnit, am 14. Dezember

Zohner, Helga, geb. Riedel, aus Pobethen, Kreis Samland, am 14. Dezember

ZUM 80. GEBURTSTAG

Bandowski, Herbert, aus Reipen, Kreis Wehlau, am 10. Dezember

Blaurock, Herbert, aus Lukau, Kreis Ortelsburg, am 12. Dezember

Bornhold, Erhard, aus Hardichhausen, Kreis Neidenburg, am 10. Dezember

Dawidowski, Ewald, aus Lyck, am 10. Dezember

Friedrich, Hans, aus Saalfeld, Kreis Mohrungen, am 15. Dezember

Gottschalk, Hildegard, geb. Hube, aus Schwengels, Ortsteil Dothen, Kreis Heiligenbeil, am 15. Dezember

Heinsohn, Hannelore, geb. Kubeit, aus Loye, Kreis Elchniederung, am 12. Dezember

Kaminski, Ursula, geb. Cyrkel, aus Saberau-Abbau, Kreis Neidenburg, am 12. Dezember

Klitzsch, Herbert, aus Hansbruch, Kreis Lyck, am 12. Dezember

Kroll, Gerda, aus Neu Keykuth, Kreis Ortelsburg, am 11. Dezember

Krüger, Siegfried, aus Ebenrode, am 13. Dezember

Lange, Brigitta, geb. Prawda, aus Reimannswalde, am 10. Dezember

Mack, Elisabeth, aus Fröhlichshof, Kreis Ortelsburg, am 11. Dezember

Männel, Rolf, aus Moptau, Kreis Wehlau, am 13. Dezember

Neitzel, Christel, geb. Bandilla, aus Eichensee, Kreis Lyck, am 11. Dezember

Niemann, Rita, geb. Bloszies, aus Skören, Kreis Elchniederung, am 14. Dezember

Plotteck, Helga, aus Kerpen, Kreis Mohrungen, am 12. Dezember

Rau, Christel, geb. Stadie, aus Brittanien, Kreis Elchniederung, am 14. Dezember

Rihm, Christel, geb. Wolff, aus Satticken, Kreis Treuburg, am 9. Dezember

Schalwat, Günther, aus Kummeln, Kreis Ebenrode, am 10. Dezember

Schmidt, Christa, geb. Limandt, aus Sanditten, Kreis Wehlau, am 13. Dezember

Schön, Werner, aus Ittau, Kreis Neidenburg, am 15. Dezember

Schubert, Edith, geb. Sylla, aus Neumalken, Kreis Lyck, am 11. Dezember

Serowy, Elly, geb. Kobus, aus Gellen, Kreis Ortelsburg, am 9. Dezember

Stoll, Christel, aus Keipern, Kreis Lyck, am 15. Dezember

Thurm, Dorothea, geb. Lingies, aus Ragnit, am 14. Dezember

Winkler, Klaus, aus Schwiddern, Kreis Treuburg, am 14. Dezember

Zukowski, Heinz, aus Waiselhöhe, Kreis Neidenburg, am 13. Dezember

ZUM 75. GEBURTSTAG

Barteck, Paul, aus Grunau, Kreis Heiligenbeil, am 14. Dezember

Danowski, Heinz, aus Erlental, Kreis Treuburg, am 14. Dezember

Farin, Brigitte, aus Lindenort, Kreis Ortelsburg, am 15. Dezember

Finke, Christel, geb. Gerull, aus Neulinkuhnen, Kreis Elchniederung, am 14. Dezember

Goering, Peter, aus Braunsberg, am 13. Dezember

Hensel, Hans-Joachim, aus Groß Keylau, Kreis Wehlau, am 13. Dezember

Jakubassa, Albert, aus Lindenort, Kreis Ortelsburg, am 11. Dezember

Masuch, Frigga, aus Rodefeld, Kreis Ortelsburg, am 12. Dezember

Sporer, Erika, geb. Dagott, aus Polennen, Kreis Samland, am 12. Dezember

Wenzel, Alfred, aus Wildwiese, Kreis Elchniederung, am 11. Dezember

Wiechmann, Gerhard, aus Reinlacken, Kreis Wehlau, am 13. Dezember


S. 16-17 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

ALLENSTEIN LAND

Kreisvertreter: Hans-Peter Blasche, Lankerstraße 40, 40545 Düsseldorf, Telefon (0211) 17181290; (02131) 902700 (dienstl.), Telefax (02131) 902430 (dienstl.) Geschäftsstelle: Gemeindeverwaltung Hagen, Postfach 1209, 49170 Hagen, Telefon (05401) 9770. www.allenstein-landkreis.de

Die Partnerschaftsbeauftragte des Landkreises Allenstein (Powiat Olsztyn), die Gymnasiallehrerin a.D. Anna Wagner-Rybinska aus Mokainen im Amt Wartenburg (Barczewo), verstarb Anfang November nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 64 Jahren und wurde am 12. November in heimischer Erde in Mokainen zu Grabe getragen. 25 Jahre lang hatte sie zunächst als Dolmetscherin und später als berufene Partnerschaftsbeauftragte die Vertreter der Landkreise Allenstein (Olsztyn) und Osnabrück sowie der Stadt Wartenburg (Barczewo) und der Gemeinde Hagen am Teutoburger Wald und auch unserer Kreisgemeinschaft hüben und drüben in ihrer Versöhnungsarbeit begleitet, wie dies aus Bildern und Berichten des neuen Heimatjahrbuches Nummer 47/2016, Artikel X. 6 „25 Jahre Versöhnungsarbeit“ hervorgeht. Anna Wagner war auch die Gründerin des Ermländisch-Masurischen Landfrauen-Vereins und der Aktion „Ferien auf dem Bauernhof“. Ihr eigener Bauernhof in Mokainen bot zahlreichen Landsleuten auf ihren Reisen und Urlaubern während ihrer Ferien angenehme Aufenthalte und war mit seiner „Friedenswiese“ häufiger Austragungsort von Deutschen und Polen bei ihrer Versöhnungsarbeit. – Unser Pressereferent hat unmittelbar nach Bekanntwerden des Todesfalles für die Kreisgemeinschaft und ihren Vorstand kondoliert. Der Ehrenvorsitzende Herbert Monkowski nahm an der Beerdigung teil und legte für die Kreisgemeinschaft am Grabe einen Kranz nieder.         Horst Tuguntke

Der Vorstand hat auf seiner Heimatreise Ende September Überstücke von Heimatbriefen seiner eigenen aber auch sämtlicher anderer Kreisgemeinschaften aus dem historischen Nord- und Südostpreußen der letzten 25 Jahre, soweit diese in der Redaktion der Kreisgemeinschaft Allenstein-Land eingegangen waren  (nicht jedoch solche im Zeitungsformat) nach Allenstein mitgenommen –Gesamtmenge etwa eintausend Stück – und diese wegen des großen Interesses den Bibliotheken der Universität und des Schlosses in Allenstein und die eigenen zusätzlich dem Wartenburger Rathaus und dem Heimatmuseum in der alten Synagoge zum ständigen Verbleib überlassen. Das neue Heimatjahrbuch Allenstein-Land kommt am 10. Dezember 2016 zum Versand. Horst Tuguntke

 

ELCH-NIEDERUNG

Kreisvertreter: Manfred Romeike, Anselm-Feuerbach-Str. 6, 52146 Würselen, Telefon/Fax (02405) 73810. Geschäftsstelle: Barbara Dawideit, Telefon (034203) 33567, Am Ring 9, 04442 Zwenkau.

Wie in den Jahren zuvor, konnte vom 20. bis 28. Mai erneut eine Heimatreise mit Schwerpunkt Elchniederung und Masuren organisiert werden. Sie hatte ihren Ausgangspunkt in Lehrte bei Hannover, dem Sitz von Partner–Reisen/ Grund–Touristik einem über Jahrzehnte zuverlässigen Reiseveranstalter mit ostpreußischen Wurzeln. Die Gruppe bestand aus 20 Landsleuten, wobei mehrheitlich die Erlebnisgeneration vertreten war. Zudem kam der am weitesten angereiste Teilnehmer aus den USA.

Mit Zustiegsmöglichkeiten entlang der A2/Berlin ging es in Frankfurt an der Oder zunächst über die deutsch-polnische Grenze zur Zwischenübernachtung in Danzig. Bereits der nächste Tag sah einen geführten Rundgang durch die sehr schön restaurierte Altstadt vor. Danach blieb noch genügend Zeit für individuelle Unternehmungen, bevor es zum polnisch–russischen Grenzübergang Heiligenbeil II ging. Hier wurden wir  bereits von unserer  russischen Reiseleiterin  Tanja erwartet, die uns in den nächsten Tagen im nördlichen Ostpreußen zur Seite stand.

Nach passieren der Grenze ging es vorbei an Königsberg, Wehlau und Tapiau weiter bis nach Tilsit, wo das stadtmittig gelegene Hotel „Rosssija“ bezogen wurde. Bereits der nächste Tag sah am Vormittag die Teilnahme an einem Gottesdienst der evangelischen Kirchengemeinde in Heinrichswalde vor. Für die kleine Gemeinde , wie auch das im Ort ansässige Waisenhaus der Diakonie Puschendorf/Bayern, stehen diese Treffen ganz im Zeichen christlicher Verbundenheit. Hierbei konnten erneut Kontakte geknüpft und bestehende Verbindungen vertieft werden.

Danach ging es über Neukirch nach Rauterskirch, wo ein Empfang durch die örtliche Bevölkerung mit anschließender Besichtigung  der historischen Kirche auf der Agenda stand. Nach der offiziellen Begrüßung verteilten die Reiseteilnehmer  die zuvor in Deutschland liebevoll zusammen gestellten Geschenke an die versammelten Bewohner. Die Armut in diesem Teil der Elchniederung ist besonders groß. Die hier lebenden Menschen sehen in unseren Besuchen einen für sie außergewöhnlichen Festtag, der ihre Not ein wenig lindert und sie nicht vergessen macht.

Darüber hinaus konnten die Krankenstationen Rauterskirch und Seckenburg mit allerlei Hilfsmitteln für die ärztliche Versorgung sowie Ausgestaltung der Räume bedacht werden Für die Instandhaltung und Pflege der Kirche und Gräber sowie der weitläufigen Anlage wurden dringend benötigte Gerätschaften  übergeben sowie eine angemessene Auslagenerstattung für Arbeitsleistung und Zukauf von Blumen und Gewächsen. Zudem wurde eine zuvor in Deutschland gefertigte Gedenktafel in der Größe 1.20 mal 0,80 Meter zur Historie der Kirche und der Ortschaft in feierlicher Form übergeben. Sie fand noch am gleichen Tag  im Eingangsbereich einen würdevollen Platz.

In der mit deutschen Mitteln unterstützten Sanitätsstation warteten danach die Krankenschwestern mit einem kleinen Imbiss auf, bei dem der selbstgebrannte Schnaps Samagon  nicht fehlen durfte. So eingestimmt und gestärkt führte die weitere Fahrt mit Kurzaufenthalten über Seckenburg, Groß Friedrichsdorf  und Kreuzingen zurück nach Tilsit. Hier erwartete den Teilnehmern noch ein geführter Rundgang durch die Stadt. Als nächstes ging es zu einer Rundfahrt durch die Elchniederung, insbesondere in Gebiete nördlich der Gilge mit Besuch von Sköpen, Kuckerneese, Herdenau, Karkeln ,Inse zum Jadtschloß Pait und weiter über Milchhof, Alt Dümpelkrug, Rauterskirch und zurück nach Tilsit.

Hierbei bestand die Möglichkeit mit der einzigen hier noch lebenden Deutschen, Charlotte Meschkauskine, einem „Wolfskind“, ins Gespräch zu kommen. Das  Schick-sal dieser im Krieg auf sich allein gestellten Kinder und jetzt in der Diaspora lebenden Landsleute entbehrt jeder Vorstellungskraft. Auskünfte darüber können gerne beim Verfasser dieser Zeilen erfragt werden. 

Auch von russischer Seite ist das Interesse an der deutschen Geschichte im Gebiet der Elchniederung recht groß. Dementsprechend gibt es eine Vielzahl von Kontakten, die von Aussöhnung und Verständigung geprägt sind. Die Begegnung mit den jetzt dort lebenden Menschen  wie auch  der Kontakt zu unserer Landsmännin Charlotte Meschkuskine gehören neben dem Besuch der heimatlichen Scholle zweifelsfrei zu den nachhaltigsten Eindrücken der Heimatreise.

Bereits der nächste Tag sah dann die grenzüberschreitende Fahrt über Goldap ins südliche Ostpreußen mit seinen dunklen Wäldern und kristallenen Seen vor. Zur Zwischenübernachtung ging es nach Nikolaiken, wo der neue Tag nach einem Rundgang durch die Altstadt begann, Eine Masurenrundfahrt mit dem Schiff von Nikolaiken nach Übersee schloss sich an. Diese für jedermann eindrucksvolle Schiffsfahrt durch die naturbelassene  Landschaft sollte fortan unser ständiger Begleiter sein. Von Übersee ging es nach Eckertsdorf  mit Besuch des bekannten Philliponenklosters das von „Altgläubigen“, einer Religionsgemeinschaft, die nach der Vertreibung aus Russland in Ostpreußen Aufnahme fand, gegründet wurde.

Anschließend führte die Fahrt zum wohl romantischsten Fluss Masurens, die Kruttina. Bei einer Stakenkahnfahrt zeigte sich die Natur von ihrer schönsten Seite und dürfte bei so manchem Teilnehmer für innere Einkehr und Ruhe gesorgt haben. Zum Ausklang des Tages erwartete die Reiseteilnehmer am Seeufer der weitläufigen Hotelanlage ein rustikaler Grillabend mit einer herrlichen Aussicht auf die reizvolle Landschaft.

Leider hieß es bereits am nächsten Tag Abschied nehmen, um die Weiterreise nach Westen in das Ermland fortzusetzen. Zunächst wurde die Hauptstadt Ermland-Masurens, Allenstein, besucht. Bei einer Führung durch die Altstadt stand unter anderem die Burg des ermländischen Domkapitels im Mittelpunkt. Der Nachmittag sah ein ganz besonderes Erlebnis vor: Eine Fahrt südlich von Elbing auf dem Oberländer Kanal. Die einzigartige technische Anlage, bei der die Schiffe  den Höhenunterschied des Geländes durch das Aufschleppen über die geneigte Ebene überwinden, ist Teil deutscher Ingenieurkunst aus dem vorherigen Jahrhundert.

Danach ging es zur Zwischenübernachtung in eine bei Osterode  malerische hoch über einen See gelegene Hotelanlage, die um eine einstige deutsche Villa herum entstanden ist. So ausgeruht ging es am folgenden Tag nach Hohenstein. Hier wurde das historische Freilichtmuseum besucht. Der Nachmittag sah die Weiterreise  nach Westen vor. In Schneidemühl, dem Ort der letzten Zwischenübernachtung, wurde beim Abendessen mit musikalischer Begleitung das Ende der in jeder Hinsicht erlebnisreichen Heimatreise begangen. Am nächsten Tag erfolgte die endgültige Rückreise nach Deutschland.

Für das Jahr 2017 sind im Mai und August mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung erneut zwei Heimatreisen geplant. Alle Heimatverbundenen sind dazu recht herzlich eingeladen. Peter Westphal,

                 Kirchspielvertreter Rauterskirch

 

GOLDAP

Kreisvertreter: Stephan Grigat, Telefon (05231) 37146, Fax (05231) 24820, Heidentalstraße 83, 32760 Detmold. Geschäftsstelle: Annelies Trucewitz, Hohenfelde 37, 21720 Mittelnkirchen, Telefon (04142) 3552, Telefax (04142) 812065, E-Mail: museum@goldap.de. Internet: www.goldap.de.

Wir laden alle Ostpreußen und Ostpreußenfreunde ein nach Stade zum Advent im Patenschaftsmuseum Goldap (Harsefelder Str. 44a, 21680 Stade). Am 11. Dezember (3. Advent) von 11 bis 17.30 Uhr heißt es „Weihnachten für Ostpreußen“. Es wird einen Bücherflohmarkt und viele Überraschungen geben. Das Programm:

Zirka 11.15 Uhr: Weihnachtliche Musik am Museum mit dem Posaunenchor der Johanniskirche Stade

12.45  Uhr: „Masuren – Paradies der Erinnerung“ – Filmvorführung

ab 15 Uhr: „Damals – Winter und Weihnachtszeit in Ostpreußen“ – Powerpointvortrag und weihnachtliche Lesung im adventlichen „Erzählcafe“

Drumherum und nebenher werden Museumsführungen, auch speziell zur Ausstellung „Goldap und Stade nach 1945“, angeboten. Außerdem wird es Zeitzeugengespräche geben. Ein Treff für Familienforscher wird eingerichtet sein. Ergänzend zur Fachbibliothek erhalten Besucher Tipps zur Forschung übers Internet und Einblick in unser Archiv. Auf unserem Verkaufstisch bieten wir „Liebhabereien und Spezialitäten für Ostpreußenfreunde“ an. Heimatkalender, ausgesuchte Ostpreußenliteratur, Reiseführer, mehrsprachige Straßen- und Landkarten, CD’s, DVD’s und anderes mehr liegen als Weihnachtsgeschenke bereit. Der gut sortierte Bücherflohmarkt lädt zum Stöbern ein.

In einer Neuauflage ist jetzt die Ortschronik „Gollubien / Unterfelde in Ostpreußen“ erschienen.  Das Buch von Gerhard Obereigner und Reinhard Krumm, Erstausgabe 2003, gehört zu den besten Ortschroniken, die von Dörfern des Kreises Goldap erstellt wurden. Es erscheint jetzt in vollem Umfang mit überarbeitetem Layout. Das Buch im DIN-A4-Format und Paperback-Einband hat eine gut leserliche, nicht zu kleine Schrift. Es behandelt vorrangig den Ort Gollubien (Unterfelde), berichtet aber auch aus dem Kirchort Szittkehmen (Wehrkirchen) und von den ersten Treffen und Reisen in die Heimat. Besonders wertvoll sind die Schulfotos, die fast ausnahmslos mit einer Fotolegende versehen sind.

150 Seiten Textteil und ein ebenso umfangreicher Fototeil beinhalten alles, was man mit einer Dorfchronik vermitteln kann. Neben informellen Seiten über die Geschichte Ostpreußens, des Dorfes Gollubien und den ansässigen Familien haben die beiden Autoren im ersten Teil des Buches viele schöne Gedichte und „Vertellkes“ aufgenommen, so dass es jeden Ostpreußen erfreuen kann.

Aus dem Inhalt: Geographische Standortbestimmung, Geschichte, Bei uns zu Hause, Rundgang durch unser Dorf, Wie wir Feste feierten, Dies und Das, Gedichte, Lieder, Späßchen. Die Gefallenen, Der Volkssturm, Berichte der Zeitzeugen, Zwei Reisen in die Heimat, Heimattreffen der Dorfgemeinschaft und Gemeinschaftsfahrt 2001. Ebenso gibt es einen Fotonachweis und ein gut sortiertes Inhaltsverzeichnis.

Ein sehr zu empfehlendes Buch, das wir ab sofort für Sie vorrätig halten. Der Preis für das 330 Seiten starke Buch beträgt 26,90 Euro. Zu beziehen unter verkauf@goldap.de oder Telefon (04141) 7977537 (nur Mittwochs), oder schriftlich unter „Patenschaftsmuseum Goldap in Ostpreußen“, Harsefelder Straße 44 a, 21680 Stade.

 

INSTERBURG − Stadt und Land

Vorsitzender Stadt & Land: Reiner Buslaps, Am Berg 4, 35510 Butzbach-Kirch-Göns, Tel.: (06033) 66228, Fax (03222) 3721953, E-Mail: R.Buslaps@t-online.de. Kreisgemeinschaft Insterburg Stadt & Land e. V.,  Geschäftsstelle, Am Marktplatz 10, 47829 Krefeld, Postfach 111 208, 47813 Krefeld, Tel.: (02151) 48991, Fax (02151) 491141, E-Mail: info@insterburger.de, Internet: www.insterburger.de, Bürozeiten: Montag – Freitag von 8 bis 12 Uhr.

Heimatgruppe Kiel – Jeder zweite Donnerstag im Monat, Café Rebecca, Matthias-Claudius-Kirche, Kiel-Suchsdorf: Gemeinsames Treffen. Informationen: Hellmut Jucknat, Telefon (0431) 311972.

Heimatgruppe Sachsen – Sonnabend, 10. Dezember,  12 Uhr, DRK-Begegnungsstätte, Eschenweg 60, 08060 Zwickau-Marienthal:  Weihnachtstreffen. Informationen: Kurt Klaus, Telefon (037296) 17661.

Heimatgruppe Thüringen – Sonnabend, 10. Dezember,  14 Uhr, Diakonissenmutterhaus Eisenach, Karlsplatz 27–31: Weih-nachtsfeier. Informationen: Jürgen Böhlke, Telefon (03691) 211105.

Heimatgruppe Schwerin – Mittwoch, 17. Dezember, 12 Uhr, Gaststätte „Kaktus“, Dreescher Köpmarkt: Weihnachtsfeier. Informationen: Helga Hartig, Telefon (0385) 3922633, E-Mail: hehartig@web.de.

 

TILSIT-RAGNIT

Kreisvertreter: Dieter Neukamm, Am Rosenbaum 48, 51570 Windeck, Telefon (02243) 2999, Fax (02243) 844199. Geschäftsstelle: Winfried Knocks, Varenhorst-straße 17, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2309, E-Mail: WinfriedKnocks@aol.com

Während eines Besuches von Dieter Neukamm im Juli in Ostpreußen lud Jurij Userzow – Direktor der Schule in Breitenstein und des dort befindlichen Ostpreußenmuseums – zur 70jährigen Jubiläumsfeier des Bestehens der Schule und der 35-Jahr-Feier des in der Schule befindlichen ostpreußischen Museums ein. Während des Deutsch-Russischen Forums im Oktober in Berlin übergab er dann dem Kreisvertreter Dieter Neukamm und dem Schatzmeister Helmut Subroweit der Kreisgemeinschaft Tilsit-Ragnit die offizielle schriftliche  Einladung zur Jubiläumsfeier am 18. November.

Jurij Leontewitsch Userzow sind in besonderer Weise Existenz, Ausbau und Pflege des Museums zu verdanken, so dass die Teilnahme an der Jubiläumsfeier selbstverständlich war. Er nennt sich selbst einen „echten Ostpreußen“, sein Wahlspruch lautet „Ostpreußen lebt“. Der Kreisgemeinschaft ist er über viele Jahre freundschaftlich verbunden.

So starteten Subroweit und Neukamm am Morgen des 15. Novembers zu einer achttägigen Reise nach Ostpreußen. Viel wurde dabei gesehen, beredet, angestoßen und erlebt, viel gibt jetzt darüber zu erzählen. In drei Teilen erzählt Helmut Subroweit an dieser Stelle von der Tour. Hier die erste Folge seines Berichtes.

Dienstag, 15, und Mittwoch, 16. November

Also fuhren um 7.30 Uhr die Vertreter der Kreisgemeinschaft Tilsit-Ragnit, Dieter Neukamm und Helmut Subroweit, bei widrigen Witterungsverhältnissen ab Soest über Frankfurt/Oder, Posen und Thorn Richtung Ostpreußen. Die Zwischenübernachtung in Polen erfolgte in Gnesen (Gniezno) im Hotel „Adalbertus“, zentral unmittelbar an einer der bedeutendsten Kirchen Polens, der Erzkathedrale von Gnesen, gelegen.

Die Grenze zum Königsberger Gebiet wurde gegen 14.30 Uhr am Mittwoch erreicht. Die Einreiseformalitäten wurden abgekürzt, nachdem Dieter Neukamm geistesgegenwärtig die in russischer Sprache verfasste Einladung zum Schulfest den durchaus freundlichen Grenzbeamten vorzeigte. Die befürchtete Kontrolle der umfangreichen Geschenkkartons und Kleidungsbeutel blieb daher aus.

Das Verkehrschaos rund um Königsberg wurde in regnerischer Dunkelheit erreicht. So war es kein Wunder, dass wegen der umfangreichen Baustellen und Straßenneubauten die Abfahrt vom Königsberger Ring Richtung Taplacken verpasst wurde. Kaliningrad ist Austragungsort der Fußballweltmeisterschaft 2018 mit Neubau eines riesigen Stadions und Errichtung zugehöriger Infrastruktur, so dass die Verkehrsverhältnisse unübersichtlich sind. Zudem werden in Königsberg zahllose Wohnkomplexe erstellt, was mit einer zusätzlicher Steigerung des Verkehrsaufkommens verbunden ist.

Nur dank der Hilfe eines freundlichen russischen Autofahrers, der vorausfahrend uns auf den richtigen Weg führte, fanden wir die Orientierung zurück und erreichten wohlbehalten um 19.15 Uhr russischer Zeit in Schillen (Schilino) das Haus Schillen (ehemalig Haus Erzberger).

Es wurde aufgrund der Initiative und des unermüdlichen Einsatzes des im Oktober 2015 verstorbenen Walter Klink wieder aufgebaut, erhalten und ausgebaut. Die Kreisgemeinschaft Tilsit-Ragnit unterstützt den Erhalt und das Fortbestehen des Hauses mit finanziellen Zuwendungen. Hierfür werden ausschließlich zweckgebundene Spenden eingesetzt. Das Haus ist in Schillen ein Schmuckstück aus deutscher Zeit. Es ist geplant, 2017 am Haus eine Gedenktafel zur Erinnerung an Walter Klink und seine Verdienste um die Bewohner des Ortes und den Erhalt des Hauses  anzubringen.

Leider ist zu beobachten, dass Häuser im Ort, die noch vor einigen Jahren bewohnt waren, nun abgebrochen beziehungsweise dem Verfall preisgegeben sind. So werden derzeitig die Steine des ehemalig neben der Kirche befindlichen Hotels zur Verwertung abtransportiert. Die daneben gelegene frühere Raiffeisen-Sparkasse befindet sich im Abbruch.

An dieser Stelle möchten wir uns für die herzliche Aufnahme durch Alla Szukowa bedanken. Alla ist die Seele des Hauses, die mit viel Einsatz einheimische Gäste und vor allem deutsche Besucher beherbergt und beköstigt. Alla ist der Mittelpunkt der Familie und  engagiert sich für die dörfliche Gemeinschaft. Die Durchführung eines jährlichen Sommerfestes für die Kinder aus dem Ort und der Umgebung ist seit langem Tradition. Nebenbei bemerkt: Dieter Neukamm beabsichtigt, im August 2017 am Sommerfest teilzunehmen und hoffentlich mit vielen Spenden im Gepäck zum Gelingen des Festes beizutragen.

Donnerstag, 17. November

Am Donnerstag stand ein Besuch in Hohensalzburg/Lengwethen (Lunino) an. Dies ist das Heimatdorf von Dieter Neukamm. Hier steht noch das (unbewohnte) 1933 erbaute Haus seiner Großeltern, mit dem wehmutsvolle Erinnerungen aus seiner Kindheit verbunden sind.

Die von dem leider in diesem September viel zu früh verstorbenen Pfarrer Martin Loseries im Namen der Kreisgemeinschaft angebrachte Gedenktafel vor dem deutschen Kriegerdenkmal der Gefallenen aus dem ersten Weltkrieg stellt ein aussagekräftiges Symbol für deutsch-russische Versöhnung dar. Die Gedenktafel erinnert an die ehemaligen Bewohner und schafft eine Verbindung zu den russischen Menschen, denen der Ort jetzt zur Heimat geworden ist.

Die daneben liegende kleine Kirche, die von Salzburger Exulanten in den Jahren 1732 bis 1735 erbaut wurde, steht nur noch in ihren Grundmauern. Sie brannte nach Nutzung als Jugendheim vor Jahren aus. In dieser Kirche wurde Dieter Neukamm getauft.

Nachmittags machten wir einen Besuch im Kindergarten Großlenkenau (Lesnoe). Dort gaben wir Geschenke und ein Päckchen ab, das die Kirchspielvertreterin Gerda Friz nebst Grußbrief mit auf den Weg gegeben hatte. Gerda Friz hat als Kind die damalige Schule und den jetzigen Kindergarten besucht und fühlt sich der Einrichtung sehr verbunden. Die Grußworte waren von Allas zehnjähriger Großnichte Alina am Vorabend ins Russische übertragen worden und wurden von ihr den Mitarbeiterinnen und Kindern vorgetragen. Als ehemaliges Kindergartenkind wurde Alina von den Erzieherinnen freudig begrüßt.

Freitag, 18. November

Vor dem Höhepunkt unserer Reise stand noch der Besuch eines russischen Bürgers, Iwan Schapkow, an. Im Auftrag von Hans-Ulrich Gottschalk, Mitglied unseres Kreistages, der den betagten Herrn aus früheren Begegnungen kennt, sollte ein Geldgeschenk überbracht werden. Die Suche nach Iwan verlief recht abenteuerlich. Nach einigem Durchfragen mit Hilfe von Neukamms russischem Wortschatz gelangten wir vor dessen Wohnungstür. Ein Poltern und „njet“ schlug uns entgegen. Erst nachdem wir die Tochter in der Nachbarschaft ausfindig machen konnten, hatten wir Zutritt zu Iwan, der sich offensichtlich trotz fortschreitender Demenz an die früheren Begegnungen erinnerte und über das Geschenk sehr freute. Anrührender Abschluss dieser sehr menschlichen Begegnung bildete das Dankeschön der Tochter, die uns mit Eingemachtem aus ihren Vorräten und frischen Äpfeln beschenkte.

Um 12 Uhr begann der Höhepunkt unserer Visitation. Das Jubiläumsfest startete in der Turnhalle der Schule. Mehr darüber in der nächsten Ausgabe des PAZ.


S. 18-19 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BUND JUNGES OSTPREUSSEN

Vorsitzender: Marius Jungk, Gst.: Buchtstr. 4, 22087 Hamburg, Tel.: (040) 4140080, E-Post: kontakt@junge-ostpreussen.de, www.junge-ostpreu­ssen.de.

Donnerstag, 29. Dezember, bis Dienstag, 3. Januar: Silvesterfahrt nach Ostpreußen: Informationen: www.junge-ostpreussen.de/47-0-Aktivitaeten.html

 

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Ludwigsburg – Donnerstag, 15. Dezember, 15 Uhr, Kronenstuben, Kronenstraße 2: Vorweihnachtsfeier.

Reutlingen – Sonnabend, 10. Dezember, 14 Uhr, Treffpunkt für Ältere, Gustav-Werner-Straße 6a: Weihnachtsfeier mit dem Posaunenchor Wannweil. Eine „überraschende“ Kaffeetafel steht am Anfang des Festes. Mit Vorträgen wie „Weihnachten daheim“ soll die Erinnerung an die von Herzen geliebte Heimat wachgehalten werden. Alle Landsleute und Freunde sind herzlich eingeladen. Landsleute, die aus gesundheitlichen Gründen nicht kommen können, sei an dieser Stelle gute Besserung und ein gesegnetes Weih-nachtsfest gewünscht. – Mittwoch, 14. Dezember, Treffpunkt Unter den Leuten, Rommelsbacherstraße 1: Weihnachtsfeier der Frauengruppe. Bitte Päckchen für den Grabbelsack mitbringen.

Stuttgart – Sonnabend, 17. Dezember, 14.30 Uhr, Großer Saal, Haus der Heimat: Gemeinsame Weihnachtsfeier der Ostpreußen und Westpreußen in Stuttgart. Gäste sind herzlich eingeladen.

Ulm/Neu Ulm – Sonntag, 11. Dezember, 14 Uhr, Ulmer Stuben: Weihnachtsfeier. Es werden  Gedichte und Texte vorgetragen. Der Chor tritt auf. Jeder Gast erhält eine kleine weihnachtliche Leckerei. Zu Weihnachten werden Königsberger Marzipan und Lebkuchen in kleineren Mengen vorbereitet. Bestellungen nimmt Frau Jahnke entgegen.

Weinheim/Bergstraße – Mittwoch, 14. Dezember, 14.30 Uhr, Sankt Barbara, Am Schlossberg: Treffen der Frauengruppe. Bei dieser Zusammenkunft wollen wir ein besinnliches und harmonisches Vorweihnachtsfest mit schönen Gedichten, Geschichten sowie Brauchtum aus Ostpreußen festlich ausklingen lassen.

Wendlingen – Sonntag, 11. Dezember, 14.30 Uhr, Gasthaus Zum Lamm: Die Landsmannschaft trifft sich zur vorweihnachtlichen Feier. In diesem Jahr zum 62. Mal. Mit einer Kaffeetafel und heimatlichem Gebäck wird begonnen. Anschießend folgen Worte zur Advents- und Weihnachtszeit. Singen und Musizieren werden Erinnerungen an längst vergangene Tage wach werden lassen. Wie immer sind Gäste herzlich willkommen.

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Altmühlfranken – Sonntag, 18. Dezember, 15.30 Uhr, Gasthof Krone, Gunzenhausen: Weihnachtsnachmittag mit Kaffee und Kuchen, Gedichten und Geschichten aus dem historischen Nordosten Deutschlands.

Ansbach – Sonnabend, 17. Dezember, 16 Uhr, Orangerie: Heimatliche Weihnachtsfeier mit Liedern, Geschichten und Gedichten aus Postpreußen, Westpreußen, Pommern und Brandenburg. Im Angebot werden auch Kalender, Bücher, Marzipan und weitere ostpreußische Spezialitäten sein.

Bamberg – Mittwoch, 21. Dezember, 15 Uhr, Hotel Wilde Rose, Keßlerstraße: Weihnachtsfeier.

Kitzingen – Freitag, 9. Dezember, 15 Uhr, Hotel „Würzburger Hof“: Vorweihnachtliche Feier mit Beiträgen von Mitgliedern und musikalischer Umrahmung durch Landsmann Günter Schmidt.

Landshut – Dienstag, 20. Dezember, 14 Uhr, Gasthaus Zur Insel: Weihnachtsfeier

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Bartenstein – Anfragen zu gemeinsamen Treffen bei Elfi Fortange, Telefon (030) 4944404.

Tilsit-Ragnit, Tilsit-Stadt – Sonnabend, 10. Dezember, 15 Uhr, Ratskeller Charlottenburg, Otto-Suhr-Allee 102, 10585 Berlin: Anfragen: Hermann Trilus, Telefon (03303) 403881.

Rastenburg – Freitag, 11. Dezember, 15 Uhr, Restaurant Stammhaus Rohrdamm 24 B, 13629 Berlin: Weihnachtsfeier. : Martina Sontag, Telefon (033232) 188826

Gumbinnen, Johannisburg, Lötzen, Sensburg – Sonntag, 13. Dezember, 13 Uhr, Albrechtstraße 52: Adventsfeier. Anfragen Johannisburg, Sensburg: A. Maziul, (030) 5429917, Lötzen: Gabriele Reiß, Telefon (030) 75635633, Gumbinnen: Joseph Lirche, (030) 4032681, .

Frauengruppe – Mittwoch, 14. Dezember, 13.30 Uhr, Pflegestützpunkt, Wilhelmstraße 116-117, 10963 Berlin: Weihnachtsfeier. Anfragen: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Königsberg – Freitag, 16. Dezember, 14 Uhr, Johann-Georg-Stuben, Johann-Georg-Straße 10, 10709 Berlin-Halensee: Weihnachtsfeier. Anfragen: Elfi Fortange, Telefon 4944404.

 

BREMEN

Vorsitzender: Helmut Gutzeit, Telefon (0421) 25 09 29, Fax (0421) 25 01 88, Hodenberger Straße 39 b, 28355 Bremen. Stellvertrende Vorsitzende: Marita Jachens-Paul, Ratiborer Straße 48, 27578 Bremerhaven, Telefon (0471) 86176. Landesgeschäftsführer: Jörg Schulz, Am Anjes Moor 4, 27628 Uthlede, Telefon (04296) 74 77 01.

Bremen – Dienstag, 13. Dezember, 18 Uhr, Vortragsraum, Staatsarchiv, Am Staatsarchiv 1, 28203 Bremen: Wir freuen uns sehr, Ihnen im diesjährigen Dezember noch eine weitere besondere Veranstaltung anbieten zu können. In Kooperation mit Konrad Elmshäuser, dem leitenden Archivdirektor des Staatsarchivs Bremen, finden ein Arbeitsgespräch und ein Informationsaustausch zur Bedeutung der Archivbestände der Vertriebenenverbände statt. In diesem Rahmen wird Peter Woerster, bis zu seiner Pensionierung zu Beginn dieses Jahres ein überaus verdienstvoller Mitarbeiter des Herder-Instituts Marburg, einen Vortrag über das Thema „Das Schicksal der Ostarchivalien nach dem Zweiten Weltkrieg im Westen und im Osten Deutschlands – unter besonderer Berücksichtigung baltischer Archivbestände“ halten. Der Eintritt ist frei.

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Haus der Heimat, Teilfeld 8, 20459 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

Landesgruppe – Sonnabend, 10. Dezember: „Es ist für uns eine Zeit gekommen, sie bringt uns eine große Freud“. Diese Freude wollen wir mit Ihnen zusammen in unserer Vorweihnachtsfeier teilen. Achtung: Wir haben einen neuen Veranstaltungsort: Business & More Hotel, Frohmestraße 110. Einlass 13 Uhr, Beginn 14 Uhr, Ende zirka 17 Uhr. Für Kaffee und Kuchen satt ist gesorgt. Es erwartet Sie der Chor „Abendklang“ unter der Leitung von Lilia Berschin mit einem vorweih-nachtlichen Programm. Mit Weihnachtsliedern und Erzählungen von kleinen Geschichten werden wir den Nachmittag gestalten. Der Veranstaltungsort ist wie folgt zu erreichen: Aus Richtung Innenstadt mit dem Bus Linie 5 in Richtung Burgwedel bis Haltestelle „Sellhopsweg-Albertinenhaus“ oder mit der U2 bis Niendorf-Markt. Von dort mit dem Bus Linie 5 bis Haltestellt „Sellhopsweg-Albertinenhaus“. Parkplätze befinden sich hinter dem Hotel. Rückfragen bei Siegfried Grawitter, Telefon (040) 205784.

– Weihnachtsfahrt –

Mittwoch, 21. Dezember, 11 Uhr, Hamburg Hbf (Kirchenallee/Bussteig):  Weihnachtsfahrt nach Lüneburg (Ankunft: 12 Uhr) mit Besuch der Bernsteinausstellung im Ostpreußischen Landesmuseum. Um 13.15 Uhr ist ein Mittagsessen vorgesehen. Nach 15 Uhr steht ein Besuch des Weih-nachtsmarktes auf dem Programm. Er gilt als einer der schönsten Weihnachtsmärkte Norddeutschlands. Gegen 17 Uhr: Rückfahrt nach Hamburg. Alles inbegriffen kostet die Fahrt 15 Euro. Änderungen vorbehalten. Anmeldung und Information unter Telefon (040) 346359, Haus der Heimat, Montags bis Freitags von 10 bis 14 Uhr, Teilfeld 8.

– KREISGRUPPEN –

Insterburg, Sensburg – Die Heimatkreisgruppe trifft sich jeden ersten Mittwoch im Monat zum Singen und einem kulturellem Programm um 12 Uhr, Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123–125. Kontakt: Manfred Samel, Fried-rich-Ebert-Straße 69b, 22459 Hamburg. Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

– ORTSGRUPPEN –

Bergedorf – Freitag, 9. Dezember,  15 Uhr, Café la note, Bergedorfer Schloß: „Wiehnachte is bald“ – Advents-und Weihnachtsfeier der Frauengruppe mit einem bunten Teller und besinnlichen  Geschichten aus der Heimat.

 

HESSEN

Vorsitzender: Ulrich Bonk, Stellvertretender Vorsitzender: Gerhard Schröder, Engelmühlenweg 3, 64367 Mühltal, Telefon (06151) 148788

Darmstadt/Dieburg – Sonnabend, 10. Dezember, 14:30 Uhr (bitte geänderte Anfangszeit beachten ), Luise-Büchner-Haus, Grundweg 10, Darmstadt-Kranichstein: Vorweihnachtliches Treffen unter Mitwirkung des Schuljahrgangs-Chores unseres Mitgliedes Christian Keller und weihnachtlicher Klaviermusik. Freuen würden wir uns auch über Gedichte und Geschichten, die aus dem Teilnehmerkreis vorgetragen werden. Gäste sind immer gerne gesehen und werden von uns herzlich willkommen geheißen.Eine gute Besserung und baldige Genesung wünschen wir allen Kranken und hoffen auf ein Wiedersehen bei unserem nächsten Treffen.

Kassel – Sonntag, 11. Dezember, 15 Uhr, AWO-Altenheim, Am Wehrturm 3: „Nimm die Freude mit und den hellen Schein“. Vorweihnachtsfeier mit dem Pfarrer im Ruhestand Alfred Scherlies sowie dem Sing- und Spielkreis Dorothea Deyß.

Wiesbaden – Dienstag, 13. Dezember, 14.30 Uhr, Wappensaal, Haus der Heimat, Friedrichstraße 35: Weihnachtsfeier. – Sonnabend, 17. Dezember, 15 Uhr, Großer Saal, Haus der Heimat, Friedrichstraße 35: Vorweih-nachtliche Feier. Sie erwarten Kaffee und Kuchen, Königsberger Marzipan, Kerzenschein, ein besinnliches Programm und nette Menschen. Mit Geschichten, Gedichten, Gesang und Musik sowie einer Ansprache von Pfarrer Holger Saal wollen wir Sie auf das Weihnachtsfest einstimmen. Von Platzreservierungen bitten wir abzusehen! Zur Kostendeckung der Feier sind wir für Geldspenden dankbar.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Osnabrück – Dienstag, 13. Dezember, 16.30 Uhr, Hotel Ibis, Blumenhaller Weg 43: Kegeln, – Freitag; 16. Dezember, 15 Uhr, Gaststätte Bürgerbräu, Blumenhaller Weg 43: Treffen der Frauengruppe.

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Bielefeld – Donnerstag, 15. Dezember, Geschäftsstelle, Wilhelmstraße 1b, 33602 Bielefeld: Adventsfeier des Heimatliteraturkreis.

Dortmund – Montag, 19. Dezember, 14.30 Uhr, Heimatstube, Landgrafenschule, (Eingang Märkische Straße): Gemeinsames Treffen.

Düsseldorf – Jeden Mittwoch, 18.30 Uhr, Eichendorffsaal, Gerhart-Hauptmann-Haus (GHH), Bismarckstraße 90: Probe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft Ostpreußen-Westpreußen-Sudetenland unter der Leitung von Radostina Hristova. – Sonnabend, 10. Dezember, 15 Uhr (Einlass ab 14 Uhr), Eichendorff-Saal: Adventsfeier der Memelländer. – Sonnabend, 10. Dezember, 18.30 Uhr, Herz-Jesu-Kirche, Roßstraße 97, Derendorf: Gottesdienst für alle Landsmannschaften. Musikalisch gestaltet von der Düsseldorfer Chorgemeinschaft Ostpreußen-Westpreußen-Sudetenland. – Sonntag, 11. Dezember, 12 Uhr, Busbahnhof Worringer Straße: Abfahrt zur Ostdeutschen Weihnachtsfeier auf Schloss Burg, Die Fahrtkosten für die Hin- und Rückfahrt betragen zehn Euro. Beginn der Veranstaltung im Rittersaal ist 14.30 Uhr. Rückfahrt nach Düsseldorf: 17 Uhr. Vor der Feier wird die ostdeutsche Gedenkstätte im Batterieturm besichtigt. – Mittwoch, 14. Dezember, 15 Uhr, Eichendorff-Saal: Weihnachtsfeier der Ostpreußen. – Freitag, 16. Dezember, 18 Uhr, GHH: „Räuber Hotzenplotz feiert Weihnachten“ – Theaterstück für Kinder. – 23. Dezember bis 6. Januar: In dieser Zeit ist das Gerhart-Hauptmann-Haus geschlossen.

Gütersloh – Der Ostpreußische Singkreis trifft sich in unregelmäßigen Abständen montags von 15 bis 17 Uhr in der Elly-Heuss-Knapp-Realschule, Moltkestraße 13. Neue „Drosseln“ sind immer willkommen. Kontakt: Renate Thamm, Telefon (05241) 40422.

Köln – Dienstag, 20 Dezember, 14 Uhr, Bürgerzentrum Köln-Deutz, Tempelstraße 41–43: Nikolaus-Weihnachtsfeier. Zum Singen von Weihnachtsliedern, zum Hören von alten oder neuen Geschichten und Gedichten treffen wir uns. Leider mussten wir Menü-Gedecke vorbestellen, könnten aber für verspätete Gäste Nachbestellungen noch bis spätestens zum 15. Dezember entgegennehmen (Telefon 0221/7123572). Allen, die aus welchen Gründen auch immer an unserer Feier nicht teilnehmen können, wünscht der Vorstand ein geruhsames und besinnliches Weihnachtsfest verbunden mit guten Wünschen für das Jahr 2017.

Lippe – Mittwoch, 14. Dezember, 15 Uhr, Kleiner Festsaal, Stadthalle, Detmold: Adventsveranstaltung mit Gedanken zum Advent vom Pfarrer im Ruhestand Gerhard Mörchel, Weihnachtlichen Geschichten und einem musikalischen Vortrag.

Neuss – Jeder zweite Mittwoch im Monat, 15 bis 18 Uhr, Ostdeutsche Heimatstube, Oberstraße 17: Treffen der Frauengruppe. – Ostdeutsche Heimatstube in Neuss, Oberstraße 17: Die Heimatstube ist in der Regel am ersten und letzten Donnerstag im Monat von 15. bis 18 Uhr geöffnet,

Wesel – Sonntag, 11, Dezember, 15 Uhr, Heimatstube, Kaiserring 4, Wesel: Weihnachtsfeier. Kaffee und Kuchen stehen für ein gemütliches Beisammensein bereit. Anmeldungen bis zum 3. Dezember bei: Paul Sobotta, Telefon (0281) 45657 oder Manfred Rohde, Telefon (02852) 4403. – Jeder letzte Donnerstag im Monat, 15 Uhr, Heimatstube: Treffen der Frauengruppe.

Witten – Montag, 19. Dezember, 14.30 Uhr, Versammlungsraum, Evangelisch-Lutherische Kreisgemeinde Witten, Lutherstraße 6–10: Weihnachtsfeier im Wandel der Zeiten.

 

SACHSEN

Vorsitzender: Alexander Schulz, Willy-Reinl-Straße 2, 09116 Chemnitz, E-Mail: alexander.schulz-agentur@gmx.de, Telefon (0371) 301616.

Limbach-Oberfrohna – Sonnabend, 10. Dezember, 14 Uhr, Eschemuseum, Sachsenstraße 3: Heimatliche Weihnacht wie in Ostpreußen,

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle,  Telefon privat (0345) 2080680.

Gardelegen – Freitag, 16. Dezember, 12 Uhr: Weihnachtsfeier mit Programm.

Magdeburg – Freitag, 9. Dezember, 15 Uhr, TuS Zielitzer Straße: Treffen des Singekreises. – Sonntag, 11. Dezember: Weihnachten in der Heimat und jetzt. – Dienstag, 13. Dezember, 13 Uhr, Immermannstraße: Treffen der Stickerchen.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner, Julius-Wichmann-Weg 19, 23769 Burg auf Fehmarn, Telefon (04371) 8888939, E-Mail: birgit@kreil.info

Bad Oldesloe – Zur November-Runde begrüßte die Vorsitzende die Gruppe mit ihrem Gedicht „Maßstab der Ewigkeit“. Danach wies sie auf die Gedenktage im Monat November hin und gab die Einladung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge zur Gedenkfeier am 13. November weiter. Boris Makarowski ging auf den Trauermonat November und die Gedenktage ein – auch auf den Martinstag. Die Teilnehmer stellten dazu fest, dass sie Beiträge zu den Gedenktagen schon lange in den Heimatzeitungen vermissen.

Dann stellte Boris Makarowski den Schriftsteller Navid Kermani vor. Er ist Schriftsteller und Orientalist, 48 Jahre alt und Sohn iranischer Einwanderer. 2015 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Er schreibt auch über eine Reise in die deutschen Ostgebiete (Kermanis Reise). Er fuhr von Schwerin nach Danzig und weiter nach Krakau.

Katharina Makarowski sprach weiter zu dem Thema und las den Text über den achten Tag seiner Reise, an dem er in Ostpreußen ankommt. Er bewundert die zauberhafte Landschaft, denkt an die Menschen, die von dort vertrieben wurden. Seine Fragen: Wie ist die Vertreibung vor sich gegangen? Was haben die Menschen erlebt? Was ist davon erhalten? Sicher wurde in Sachbüchern und Biografien darüber berichtet.

Danach diskutierten die Teilnehmer über die Vertreibung und die Auswirkungen. Familien wurden auseinandergerissen, ebenso Nachbarschaften und Dorfgemeinschaften. Das tat den Menschen weh, und dadurch ging viel verloren von Familienzusammenhang und Brauchtum. Bei der nächsten Zusammenkunft wird Katharina Makarowski über den neunten Tag der Reise von Navid Kermani berichten. Geburtstagskinder des Monats waren Elfriede Storjohann und Katharina Makarowski.                Gisela Brauer

Bad Schwartau – Donnerstag, 15. Dezember, 15 Uhr, Neue Mensa, Elisabeth-Selbert-Gemeinschaftsschule, Schulstraße 8–10, 23611 Bad Schwartau: Adventsnachmittag mit Geschichten von Siegfried Lenz und weiteren Schriftstellern der Heimat.

Burg – Dienstag, 13. Dezember, 15 Uhr, „Haus im Stadtpark“: Ostdeutschen Adventsfeier. Pastor Kark-Carlson wird an diesem Nachmittag in vorweihnachtlicher Atmosphäre besinnliche Worte zum bevorstehenden Weihnachtsfest sprechen. Für die musikalische Umrahmung sorgt Kathrin Kark aus Landkirchen mit ihrer Flötengruppe. Aber auch das Kulinarische wird an diesem Nachmittag nicht zu kurz kommen. Weihnachtliche Geschichten sowie Lieder werden außerdem die Mitglieder unterhalten.

Malente – Sonntag, 11. Dezember, 15 Uhr, Pflanzencenter Buchwald, Rövkampallee 39: Als Abschluss unserer Jahresarbeit wollen wir uns in einer besinnlichen Feierstunde bei Kaffee und Kuchen im Pflanzencenter zusammensetzen. Für die Teilnehmer gibt es bei einem Kostenbeitrag von drei Euro ein Stück Torte/Blechkuchen sowie Kaffee satt. Eigene Beiträge, um uns auf die Weihnachtszeit einzustimmen, sind willkommen. Angehörige der Landsmannschaft sind ebenfalls herzlich eingeladen. Anmeldungen im Blumenhaus Franck, Bahnhofstraße 26. Allen Mitgliedern, die aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen können, wünscht der Vorstand eine friedliche Weihnachtszeit und ein gesundes neues Jahr.


S. 20 Heimatarbeit

Phantastischer Bildeffekt
»Bernsteinfossilien in 3-D« – Vortrag im Landesmuseum

Sie sind teilweise über 100 Millionen Jahre alt und wirken, als hätten sie eben noch gelebt. Greifbar und plastisch scheinen die Lebewesen im Bernstein zu schweben. Mit Stereoaufnahmen, die in einer besonderen Technik am Mikroskop gemacht wurden, erzielt der in Königsberg geborene Professor Max Knobbert (72) diesen phantastischen Bildeffekt. In seinem Vortrag „Bernsteinfossillien in 3-D“ im Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg am Mittwoch, 14. Dezember, wird er den Zuschauern diese Aufnahmen präsentieren.

Der Vortrag beginnt um 18.30 Uhr. Der Eintrittspreis beträgt fünf Euro. Der berühmte Münsteraner Wahrnehmungspsychologe Knobbert konnte im Rahmen der Ausstellung „Bernstein – goldene Fenster zur Vorzeit“ für einen Vortrag gewonnen werden (siehe PAZ 47, Seite 20). Weitere Informationen: Telefon (04131) 759950, E-Mail: info@ol-lg.de


Zahlreiche Verbesserungen
Neuauflage der Broschüre »Lyck – Die Hauptstadt Masurens«

In einer Neuauflage ist jetzt die 30-seitige Broschüre „Lyck – Die Hauptstadt Masurens. Illustrierte Stadtgeschichte vom 13. bis 20. Jahrhundert“ erhältlich. Das Begleitheft zur gleichnamigen Dauerausstellung im Wasserturm in Lyck erschien mit zahlreichen Verbesserungen. Die Ostdeutschland-Experten des Kulturzentrums Ostpreußen in Ellingen haben es im Eigenverlag herausgegeben. Die Ausstellung, zu der das Begleitheft erscheint, wurde ebenfalls von ihnen erstellt. Seit 2008 ist sie im Wasserturm, dem Sitz der „Gesellschaft der Deutschen Minderheit Masuren“, zu sehen und behandelt die Geschichte der Stadt von ihrer ersten Erwähnung bis zum Kriegsende 1945. Die Anfänge liegen im 13. und 14. Jahrhundert, der Zeit der Eroberung und Christianisierung des Prußenlandes. Mit einer Burg entstand eine Siedlung von Handwerkern, Fischern und Dienstleuten, die nach ihrer Lage am Fluss „zu Likke" benannt wurde.

Lyck und seine Umgebung sind reich an landschaftlichen Schönheiten: bewaldete Anhöhen wie die Schedlisker und die Tataren-Berge, romantische Orte und prächtige Aussichten. Am Seeufer entlang verläuft diePromenade, an der sich das kulturelle Leben der Stadt konzentriert. Man braucht nur ein Ruderboot, um die erholsame Stille mitten auf dem See genießen zu können. Auf der Insel sind die Ruinen der Kreuzritterburg, um die herum die Stadt gegründet worden war. Kajakrouten, Fahrrad- und Wanderwege führen durch Hügelmasuren. Mit der Schmalspurbahn kann man das Umland erkunden.

Das mit historischen Abbildungen, Karten und Fotos versehene Heft kann für 4,50 Euro zuzüglich Porto und Verpackung bezogen werden bei: Kulturzentrum Ostpreußen, Schloßstraße 9, 91792 Ellingen, Telefon (09141) 86440 oder per E-Mail info@kulturzentrum-ostpreussen.de.

                Manfred E. Fritsche


Keine Einzelkämpfer in der Heimatstube
Wie lässt sich wertvolles ostdeutsches Kulturgut auch in Zukunft bewahren? Eine Tagung ging dieser Frage nach

Wer miterlebt hat, wie das etablierte Museum Stadt Königsberg nach fast 50-jährigem Bestehen in Duisburg die Pforten schloss und seine umfang-reichen Sammlungen als Dauerleihgaben an das Ostpreußische Landesmuseum übergab, stellt sich unweigerlich die Frage, ob auch andere Einrichtungen dieser Art in ihrer Existenz bedroht sind.

Fakt ist, dass die Bestände einiger der nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen kleinen musealen Einrichtungen heute in ihrer Fortführung akut bedroht sind. Die Gründe sind vielfältig. Zum einen wollen manche Kommunen und Gemeinden den zur Verfügung gestellten Raum anderweitig nutzen, zum anderen muss das fortgeschrittene Alter der ehrenamtlichen Betreuer in Betracht gezogen werden. Auch ostpreußische Sammlungen sind von dieser Entwicklung betroffen. So etwa wurde das Samland-Museum der Heimatkreisgemeinschaft Königsberg Land in Minden Ende 2015 aufgelöst. Seit 1955 befand sich die damalige „Heimatstube des Landkreises Königsberg in Preußen“ im Kreishaus und von 1960 bis 2002 im Kommunalarchiv. Anschließend kam das Samland-Museum ins Preußen-Museum Minden. Als die Organisation des Preußen-Museums auf den Landschaftsverband Lippe in Münster übertragen wurde, konnte der Paten-Kreis Minden nicht mehr über die Räume entscheiden. Nach der Auflösung gingen Teile der Sammlung nach Lüneburg in das Ostpreußische Landesmuseum, nach Ellingen zur Kulturstiftung Ostpreußen und nach Herne in die Martin-Opitz-Bibliothek.

„Die Zeit drängt, will man dem drohenden oder bereits eingetretenen immensen Verlust wertvollen Kulturgutes entgegenwirken. Vielerorts gilt es zu handeln“, erklärte denn auch Ernst Gierlich, Geschäftsführer der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, bei einer wichtigen Tagung, die sich mit der Gegenwart und Zukunft der Heimatsammlungen und -stuben aus 20 ostdeutschen Regionen beschäftigte. Das Treffen fand im Haus Schlesien im nordrhein-westfälischen Königswinter statt. Die Kulturstiftung und das Haus Schlesien, ein Zentrum für Kultur und Geschichte der heimatvertriebenen Schlesier, traten als Veranstalter auf. Gefördert wurde das Projekt von der Beauftragten des Bundes für Kultur und Medien.

Zwei Fragen standen auf der Tagesordnung: Wie können die Sammlungen innerhalb der Kommunen, in denen sie entstanden sind, erhalten werden? – Und als Alternative: Wie können die Bestände im Rahmen anderer Institutionen gesichert werden? Zur Anregung wurden zudem positive Beispiele von engagiert betriebenen und in ihrem Fortbestand gesicherten Einrichtungen vorgestellt (siehe links).

Der Ehrenvorsitzende der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, Hans-Günther Parplies, stellte fest, dass der große Zuspruch der Tagungs-Teilnehmer einmal mehr zeigt, wie viel Bedarf an Information, Beratung und Erfahrungsaustausch besteht. Vor allem sei es wichtig, so Parplies, dass die Heimatstuben-Betreuer erkennen, dass sie die Belange der Sammlungen mit ostdeutschem Kulturerbe nicht als Einzelkämpfer vorantreiben.

Die eingeladenen Referenten boten umfangreiche Informationen zur bundesweiten Lage der Heimatsammlungen, zum fachgerechten Umgang mit den Sammlungsstücken, zur Dokumentation und Digitalisierung der Bestände sowie zu rechtlichen Themen.

Die Kulturwissenschaftlerin Ulrike Taenzer aus Verden erläuterte ein großangelegtes Projektes des Oldenburger Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, das zusammen mit dem Seminar für Europäische Volkskunde der Kieler Christian-Albrechts-Universität realisiert wurde. Aus der internetzugänglichen Datenbank (www.bkge.de/heimatsammlungen) ist ersichtlich, dass in rund 60 Jahren 590 Sammlungen entstanden sind. 2012 waren davon noch 417 aktiv. Die Datenbank enthält ein nach Herkunftsgebieten und heutigen Standorten sortiertes Verzeichnis der erfassten und dokumentierten Heimatsammlungen.

Josef Bögner aus Bad Oeynhausen stellte die schlesische Heimatstube Frankenstein in Rheda-Wiedenbrück vor. Idis B. Hartmann aus Oldenburg berichtete über den Stellenwert der Heimatsammlungen im Rahmen der deutschen Erinnerungskultur und hob als Beispiel das Museum für Ostdeutsche Kulturgeschichte in Bad Zwischenahn hervor. Das Thema „Digitalisierung von Bibliotheks- und Archivbeständen ostdeutscher Heimatsammlungen“ wurde von Hans-Jakob Tebarth, Direktor der Martin-Opitz-Bibliothek in Herne, beleuchtet. Wissenswertes zum sachgerechten Umgang mit den Erinnerungsstücken, Kunstwerken, Alltagsgegenständen und Zeugnissen des Kunsthandwerkes bot Silke Findeisen vom Haus Schlesien. Das Inventarisierungsprogramm „Adib“ stellte Margarete Polok von der Düsseldorfer Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus als praxisnahe Museumssoftware vor.

„Interessante Themen“, befanden Uta und Dieter Eichler vom Heimatmuseum der Kreisgemeinschaft Lötzen in Neumünster, die zu den Teilnehmern der Tagung gehörten. Angereist waren sie, um Anregungen, Ideen und fachliches Wissen mitzunehmen sowie nützliche Kontaktadressen zu erhalten. Sie verließen die Begegnung mit gutem Eindruck und schlussfolgerten: „Wir sind ja mit all unseren Sorgen, Problemen und Fragen nicht allein. Die Bemühungen um den Erhalt ostdeutschen Kulturgutes müssen landsmannschaftlich übergreifend verstärkt werden.

Zu den weiteren Tagungsteilnehmern zählten unter anderem Else und Gerd Bandilla vom Archiv der Kreisgemeinschaft Lyck, Bärbel Beutner aus Unna, Veronika Grallert und Margret Matuschik vom Insterburger Heimatmuseum sowie Kurt-Werner Sadowski von der Kreisgemeinschaft Angerburg.

                Dieter Göllner


Von Lyck bis Lötzen

Im Fortbestand gesichert, engagiert betrieben. Hier vier positive Beispiele ostpreußischer Heimatstuben: 2011 eine neue Bleibe

Eine Einrichtung, die zwar schon seit 1963 besteht, sich aber in 2011 eine neue Bleibe geschaffen hat, ist das Archiv der Kreisgemeinschaft Lyck in Hagen/Westfalen. Aufgrund einer Erbschaft war die Kreisgemeinschaft in der Lage, neue Räume anzumieten. Die Patenstadt Hagen beteiligt sich an den Mietkosten. Neben dem Archivraum gibt es auch ein Ausstellungs- beziehungsweise Sitzungszimmer, das ähnlich einer Heimatstube eingerichtet ist. Anhand von Büchern, Dokumenten, Fotografien und Malereien wird ein Teil des ostpreußischen Kulturgutes für die Nachwelt erhalten.

Mit restaurierten Exponaten und Dokumenten

Seit 1979 befinden sich im Alten Rathaus der niederrheinischen Stadt Krefeld-Uerdingen das Heimatmuseum und die Geschäftsstelle der Kreisgemeinschaft Insterburg Stadt und Land. Bei der im Jahr 2009 neu gestalteten Präsentation im renovierten Altbau wurden Erinnerungsstücke, Dokumente sowie umfangreiches Bildmaterial zur Geschichte und Kultur Insterburgs und Ostpreußens in den Mittelpunkt gerückt. Neben historischen Ansichten und ausgewählten Fotografien werden Gemälde, einzelne Möbelstücke sowie die Sammlung des Malers Paul Schmolling gezeigt.

Durch die Zuwendungen der Stiftung Insterburg war es möglich, vorhandene Exponate und Dokumente nachhaltig zu restaurieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ziel des Museumsteams ist es, die Geschichte und den Heimatgedanken Insterburgs und Ostpreußens an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben. Die Beteiligung des Insterburger Heimatmuseums am bundesweiten Tag des offenen Denkmals am 11. September 2016 ist nur eine der vielen Aktionen, die für das Engagement spricht.

Fundgrube für Heimatforscher

Gut aufgestellt ist auch die Heimatstube der Kreisgemeinschaft Ortelsburg, die es seit der Patenschaftsübernahme durch die Stadt Wanne-Eickel, später Herne, im Jahre 1962 gibt. Sie ist im Gebäude der städtischen Musikschule untergebracht und besteht aus dem Ostpreußen- sowie dem Ortelsburger-Zimmer. Sie dient als Museum und Archiv. In Vitrinen und auf Stellwänden sind zahlreiche Exponate ausgestellt, darunter Haushalts- und Gebrauchsgegenstände, Bibeln, Gesangbücher, Schmuck und Urkunden. Das Archiv gilt übrigens als eine wahre Fundgrube für Heimat- und Familienforscher.

Mit reichem Veranstaltungsprogramm

Ein Haus mit einer umfangreichen Sammlung und mit einem reichen Veranstaltungsprogramm ist das Heimatmuseum der Kreisgemeinschaft Lötzen in der Patenstadt Neumünster. Vorhanden sind Räumlichkeiten für Sonderausstellungen und Veranstaltungen, ein Archiv sowie Arbeits- und Lagerräume. Neumünster stellt die Liegenschaft unentgeltlich zur Verfügung und trägt die Nebenkosten.

Einen Schwerpunkt der Heimatsammlung bilden historische Fotografien und Ansichtskarten (zirka 2.500) sowie Dokumente zur Geschichte der Kreisstadt Lötzen und zu den Orten des Kreises. Darunter befinden sich auch Andenken mit Bezügen zur Binnenfischerei und zur Fahrgastschifffahrt auf den Masurischen Seen sowie zu den Ruder- und Segelvereinen. Zu den weiteren Beständen der Sammlung gehören Gemälde, Zeichnungen, Kartenmaterial sowie Textilien und Modelle.

Seit 2007 wird regelmäßig von März bis Oktober (jeweils am 3. Sonnabend des Monats) „Der besondere Tag“ mit interessanten Themen angeboten. Darüber hinaus werden in jedem Jahr thematische Ausstellungen eingerichtet. Das von Ute und Dieter Eichler betreute Heimatmuseum arbeitet eng mit dem Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg und dem Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen zusammen.


S. 21 Lebensstil

Sing uns das Donkosakenlied
Kosakenchöre erfreuen sich besonders zur Weihnachtszeit großer Beliebtheit – Eine ihrer Bassstimmen hieß Ivan Rebroff

Auch in diesem Jahr werden die beliebten Kosakenchöre in der Advents- und Weihnachtszeit wieder vielerorts mit einem weih­nachtlichen Programm in Kon­zert­häusern und Kirchen auftreten. Vorgetragen werden orthodoxe Choräle, altrussische Volksweisen und bekannte Weihnachtslieder. Die Männerchöre bieten Gesangskunst der Spitzenklasse, die ihre Wurzeln in einer mehr als 500-jährigen Tradition hat.

In ihren feierlichen, frommen und leidenschaftlichen Gesängen offenbart sich die gottesfürchtige und zugleich kämpferische Haltung der zarentreuen Kosaken, die sich im 15. Jahrhundert in der südrussischen Steppe zu freien Reiterverbänden zusammengeschlossen hatten. Unter ihnen waren viele entflohene Leibeigene. Im 18. Jahrhundert wurden die Mitglieder der stolzen Kriegerkaste in die Armee des Zarenreichs eingegliedert. Als Grenzschützer des Russischen Reiches waren sie stets Gefahren ausgesetzt. Trost und Aufmunterung fanden sie beim gemeinsame Singen und Tanzen. In Gemeinschaft wird die überschäumende Le­bensfreude intensiver erlebt, Melancholie wandelt sich in die oft zitierte „joy of grief“ (Wonne der Schwermut), die als typisch für die „russische Seele“ gilt.

Die Mystik der sakralen Gesänge beruht auf dem ekstatischen Moment der russischen Religi­onserfahrung. Sie überträgt sich un­mittelbar auf die Zuhörer. Typisch für die Kosakenchöre sind die klangvollen tiefen Bässe und hohen Tenorstimmen der So­listen, die in stetem Wechsel mit dem Chor stehen. Gewöhnlich wird A cappella gesungen oder in Begleitung weniger Musikinstrumente wie Balalaika, Domra (Laute) oder Bajan (Akkordeon).

Die slawischen Kosaken sind ein musikalisches Volk. Eine Volkslegende erzählt, dass einst ein göttliches Lied vom Himmel hinab und über die Steppe schwebte, sodass wandernde Kosaken es hörten. Auch wurde überliefert, dass Gott den Kosaken ihr Küj, das nationale Lied, verliehen habe. Die frühe musikalische Kultur der Kosaken zeigte sich in den Liedern verschiedener Volkskomponisten und Domra-Virtuosen, die „Küj“ schrieben und deshalb „Küjschi“ genannt wurden. Auch bekannte Kompositionen russischer und ukrainischer Komponisten fanden Eingang in das Repertoire der Chöre.

Ein Name taucht in jedem Konzert der Kosakensänger auf: Dimitrij Bortnianskij (1751–1825). Der ukrainische Komponist hatte seine größte Nachwirkung mit einem Musikstück, das bei dem Militär-Musikritual des Großen Zapfenstreichs gespielt wurde und als inoffizielle Hymne Russlands galt. 1824 unterlegte es der in St. Petersburg wirkende deutsche Pastor Johannes Evangelista Goßner mit der Choralstrophe „Ich bete an die Macht der Liebe“ von Gerhard Tersteegen. Bis zur Oktoberrevolution erklang die Melodie täglich vom Glockenspiel im Erlöser-Turm des Moskauer Kreml.

Seit Auflösung des Ostblocks konkurrieren in Westeuropa Dutzende unter dem Namen Don-, Ural- und Wolga-Kosaken firmierende Männerchöre miteinander. Ihre Mitglieder stammen meist aus Osteuropa und Russland. Einige Chöre gingen aus Ensembles hervor, die Exilkosaken An­fang der 1920er Jahre im europäischen oder türkischen Exil gründeten. Schon damals fand die Musiktradition der Kosaken in Europa und wenig später auch in den USA, Japan und Australien großen Anklang. Ihre Popularität geht auf den berühmten Donkosaken-Chor von Serge Jaroff (1896–1985) zurück.

1921 hatte Jaroff seinen Chor nach der Vertreibung der Donkosaken durch die Rote Armee in einem Internierungslager in der Türkei ins Leben gerufen. Der junge Kosakenoffizier brachte die besten Sänger aus den Chören der ehemaligen Donkosaken-Regimenter zusammen. Im Frühjahr 1921 wurden sie auf die griechische Insel Limnos verschifft. In der kleinen Dorfkirche wirkten die Sänger damals bei den Gottesdiensten nach griechischem Ritus mit. Bei Auftritten im Freien be­geisterte der Chor die Einheimischen ebenso wie die Engländer und Franzosen, unter deren Schutz die Donkosaken standen. 1923 übersiedelten die meisten Exilkosaken in die bulgarische Hafenstadt Burgas. Hier trat Jaroff mit seinem Chor im städtischen Theater auf.

Im Sommer gaben sie in der Kathedrale von Sofia ein geistliches Konzert, das von vielen vertriebenen Russen besucht wurde. Diese Erfolge bestärkten Jaroff in der Absicht, mit seinen 32 Sängern den eigenen Lebensunterhalt durch Gastspielauftritte zu bestreiten. Vertreter des Völkerbundes halfen ihnen weiter. Sie vermittelten dem „Don Kosaken Chor Serge Jaroff“ einen Auftritt in der Wiener Hofburg für den 4. Juli 1923.

Noch immer trugen die Kosakensänger ihre abgetragenen dunkelblauen Uniformen, dazu Wickelgamaschen oder Stiefel und die typischen Mützen. Die am besten Angezogenen standen in der vordersten Reihe. Wohl wissend, dass sich hier ihr Schicksal entscheiden würde, sangen die Männer so tief empfunden wie nie zuvor. Bewegt versicherte der Konzertdirektor dem Chorleiter nach dem Konzert: „Herr Jaroff, Sie werden mit ihrem Chor noch tausend Mal singen.“ Es sollten 9000 Auftritte werden.

Nach seiner ersten Gastspielreise durch Westeuropa wählte der Chor Berlin als Sitz. 1925 wurde die erste Schallplatte be­sungen. 1929 ging es zum ersten Mal auf Konzerttournee durch die USA, wo sie 44 Konzerte vor ausverkauftem Haus gaben. 55 Jahre bereiste der Chor viele Länder der Welt und erfreute die Menschen mit seinen magischen Klängen. 1979 gab der Donkosaken-Chor Serge Jaroff anlässlich des 83. Geburtstags seines Gründers ein letztes Konzert unter dessen Leitung. 1981 löste sich der Chor auf. Anfang Oktober 1985 starb Jaroff 89-jährig in den USA. Ihre Heimat am Don haben er und die anderen Exilkosaken nicht wiedergesehen. 1991 gründete Wanja Hlibka, ein langjähriges Chormitglied, einen neuen „Don Kosaken Chor Serge Jaroff“. Unter seiner Leitung gilt der Chor auch heute noch als einer der besten seines musikalischen Fachs.

In dritter Dirigenten-Generation besteht der ebenfalls hochkarätige „Ural Kosaken Chor“, den der Dirigent Andreij Scholuch (1895–1979) 1924 in Paris gegründet hatte. 1951 bis 1955 leitete Scholuch den „Schwarzmeer Kosaken Chor“, der mit neuen Mitgliedern im wiederbelebten „Ural Kosaken Chor“ aufging. In beiden Chören wirkte Hans-Rolf Rippert (1931–2008) mit, der sich 1953 den Künstlernamen Ivan Rebroff zulegte. Ende der 1960er Jahre wurde Rebroff mit seiner Rolle als Milchmann Tevje im Musical „Anatevka“ international bekannt.       D. Jestrzemski

Termine (Auswahl): Don Kosaken Chor Serge Jaroff: Stuttgart, 15.12., Liederhalle, Schillersaal, 20 Uhr. Bremen, 22.12. Die Glocke, 20 Uhr. Hamburg, 23.12. (Weihnachtskonzert), Laeiszhalle, Großer Saal, 20 Uhr. Leipzig, 26.12., Potsdam, 27.12., Nikolaikirche, 19 Uhr. Leipzig, Gewandhaus, 20 Uhr. Berlin, 3.1., Konzerthaus, Großer Saal, 20 Uhr. Ural Kosaken Chor: Salzgitter, 17.12., Martin-Luther-Kirche,

17 Uhr. Erlangen, 6.1., Hugenottenkirche, 17 Uhr. Berlin-Altbuckow. 25.3., Dorfkirche, 17 Uhr. Bolschoi Don Kosaken Chor: Berlin, 17. und 25.12. Marienkirche am Alexanderplatz, jeweils

15 Uhr (Die schönsten Lieder des alten Russland). Konzerthaus Berlin, 18.12. um 11 Uhr (Weih­nachtsfolklore). Maritim Hotel Berlin, 24.12. um 15 Uhr (Russische Weihnacht).


Im Bett mit Luther
Eisenacher Denkmal des Reformators steht jetzt im »Schlafzimmer«

Vor 495 Jahren soll Martin Luther auf dem Reichstag zu Worms gesagt haben: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders.“ In seiner thüringischen Zuflucht Eisenach kann der Reformator schon seit 1895 nichts anderes mehr als stehen. Denn seitdem befindet sich dort auf dem Karlsplatz ein wuchtiges von dem Bildhauer Adolf von Donndorf entworfenes Denkmal.

Noch bis zum 17. De­zember ist es aber in einem neuem „Outfit“ zu sehen. Der japanische Künstler Tatzu Nishi verwandelte die obere Hälfte des überlebensgroßen Luther-Standbilds in ei­ne begehbare Installation. „In bed with Martin Luther“ heißt das Projekt, in dem Luther jetzt ein neues Zuhause hat. Ein auf fragilem Baugerüst stehendes, alt­rosa angemaltes Sperrholzhäuschen oberhalb des Denkmalsockels gibt dem bronzenen Luther ein Dach über den Kopf.

Protest gegen diese „Entweihung“ gibt es – fast – nicht, zumal der Eintritt in dieses „Luther-Haus“ nichts kostet. „Der Künstler versucht nicht, das Denkmal zu übertrumpfen, sondern den Besuchern einen Zu­gang zu Luther und seinen Ideen zu verschaffen“, so Eisenachs Lutherhaus-Chef Jo­chen Birkenmeier in einer Dis­kussionsrunde. Projekt-Initiator Pfarrer Johannes Sparsbrod er­gänzt: „Es ist auch ein Versuch, die einstigen Ge­schwister Kirche und Kultur wieder näher zusam­menzubringen.“ Immerhin wird im nächsten Jahr 500 Jahre Reformation groß ge­feiert. Der Wortkünstler Luther steht also im Raum des Bildhauers Nishi. Genauer: in dessen Bett.

Mit dem Spruch „Alsdann flugs und fröhlich geschlafen“, wirbt die Internetseite „Sein.Antlitz. Körper.de“ für die Kunstaktion. Darin heißt es, Nishi lebe als Wanderer zwischen den Welten und sei der ewige Flaneur einer transkulturellen Identität. Mit Installationen umbaue er weltweit die Schnittstellen von öffentlichen und privaten Räumen. Als Grenzgänger beobachte er eine Kultur, die ihm fremd ist, und spürt Zeichen auf, die dem ge­wöhnlichen Passanten entgehen: Denkmäler, Skulpturen, architektonische Details und Elemente der Stadtmöblierung. 2012 sorgte eine seiner Installationen in New York für Aufsehen: Nishi inszenierte die Columbus-Statue als „temporäres Wohnzimmer“.

In Eisenach will Nishi „architektonische Wirklichkeiten ironisieren und mit seinem skulpturalen Eingriff neue Blickwinkel auf das Lutherdenkmal und den Karlsplatz öffnen.“ Über 13000 Besucher haben das neue Schlafzimmer von Luther be­reits gesehen und standen vor seinem Bett fast auf Augenhöhe mit ihm. Immerhin ist das Zimmer etwas komfortabler eingerichtet als die Stube von „Junker Jörg“ auf der Wartburg.

Wie viele namhafte Vergangenheits- und Gegenwartskünstler schon zeigten, kommt es in der Kunstwelt darauf an, dass ein Künstler seinen eigenen künstlerisch-populistisch und finanziell erfolgreichen Weg findet – um zu überleben. Und zwar unabhängig vom künstlerischen Wert oder Sinn seines „Stils“. Nishi hat es lächelnd geschafft. Er kann nicht anders. Ludger Konopka


Fortuna dreht sich im Wind
Polierte Turmfigur von Schloss Charlottenburg grüßt wieder Berlin

Nach einjähriger Bauzeit beginnt die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) mit dem Rückbau der Baugerüste am Turm und an den restaurierten Fassaden am Alten Schloss, dem zentralen und ältesten Teil des Schlosses Charlottenburg. Wenn der Winter sich noch etwas zurückhält, ist damit das schöne Ambiente des Weihnachtsmarkts am Schloss Charlottenburg bis Weihnachten wiederhergestellt. Inzwischen sind schon die Kronen auf dem Turm zurück.

Der Mittelteil des Schlosses Charlottenburg, das sogenannte Alte Schloss, wurde 1701 auf Veranlassung Friedrichs I. zu einer repräsentativen Sommerresidenz erweitert und 1711 mit einem Turm versehen. 1943 stark be­schädigt und unter schwierigen Bedingungen wieder aufgebaut, gilt es, dieses bauhistorisch be­deutende Bauwerk für zukünftige Generationen weiter zu erhalten. Das Schloss ist nun schon seit über 300 Jahren das Wahrzeichen von Charlottenburg und einer der Touristenmagnete in Berlin.

Von den Arbeitsgerüsten bereits befreit, dreht sich die Fortuna, die Göttin der schicksalhaften Fü­gung, des Glücks und des Zufalls, auf dem Turm wieder im Wind. Die nach einem Entwurf von Richard Scheibe 1956 aus Kupferblech getriebene und vergoldete 4,50 Meter hohe Neuschöpfung orientiert sich nur an den Abmessungen des im Krieg zerstörten barocken Originals. Modern und elegant verkörpert sie die neue Zeit, aus der Nähe betrachtet jedoch auch das Kriegsleid in ihrem Gesichtsausdruck.

Nach der ersten umfangreichen Reparatur in den 1980er Jahren konnte die Bearbeitung an ihrem 60. Geburtstag auf die Reinigung und partielle Nachvergoldung der Oberflächen beschränkt werden. Die verwitterten Schallluken in der Laterne unter der Fortuna, die von den Tischlern zum größten Teil erneuert werden mussten, sind bereits wieder eingebaut. Die Gerüstbauer können nun das Gerüst für die Montage des restaurierten, vergoldeten Geländers an der Laterne umbauen. Ein weiterer Umbau des Gerüsts wird für die Montage der Kronen auf den Gauben erforderlich, bevor diese nach Abschluss der umfang­reichen Restaurierung inklusive Neuvergoldung der sichtbaren Oberflächen mit einem Kran jetzt wieder an ihren Einbauort zurück­kehren konnten.

Nach Abschluss der letzten Arbeiten an den Fenstern, Schallluken und Puttenköpfen der Kuppelgauben wird dann auch das Gerüst an der Kuppel vollständig entfernt. Mit dem wieder sichtbaren Turm ab der zweiten Dezemberwoche lässt sich das Gesamtergebnis der Hüllensanierung bereits erahnen.

Erst mit dem Rückbau der aufwendigen Gerüstkonstruktion für den Turm ist es jedoch möglich, alle Arbeiten an den Fassaden zum Ehrenhof ausführen zu können. Abgeschlossen sind die Sa­nierungsarbeiten am Schloss damit allerdings noch nicht. Der letzte Bauabschnitt am Westflügel des Alten Schlosses muss noch begonnen und fertiggestellt werden, damit ab Oktober 2017 die barocken Prachträume der Königin Sophie Charlotte und König Friedrichs I. wieder besichtigt werden können.         tws


S. 22 Neue Bücher

Kritische Betrachtung
Thomas Karlauf über Schmidt

Es gibt Politiker, die in Vergessenheit geraten, wenn sie aus dem Amt scheiden, während andere erst in der Zeit danach so richtig populär werden und am Ende quasi kultische Verehrung erfahren.

So auch Helmut Schmidt, Bundeskanzler von 1974 bis 1982: In den 33 Jahren nach seinem Sturz durch den Seitenwechsel des Koalitionspartners FDP verkörperte er in idealer Weise den Typ des „Elder Statesman“. Insofern liegt es nahe, eine Biografie des gebürtigen Hamburgers zu schreiben, welche die Zeit von 1982 bis 2015, also dem Todesjahr des Ex-Kanzlers, thematisiert.

Dieser Aufgabe hat sich nun der Autor und Verlagsfachmann Thomas Karlauf mit seinem Buch „Helmut Schmidt. Die späten Jahre“ gestellt. Aufgrund seiner engen persönlichen Bekanntschaft mit dem SPD-Politiker „außer Dienst“ – er betreute seit 28 Jahren dessen sämtliche Buchveröffentlichungen – und dem uneingeschränkten Zugang zu Schmidts Privatarchiv in Hamburg-Langenhorn kennt der Verfasser die Materie besser als jeder andere.

Dabei gelang es ihm aber zugleich, nicht in den Fehler anderer Biografen in ähnlicher Situation zu verfallen und nur unkritisch Lobendes abzuliefern. Wenn Karlauf schildert, wie Schmidt sich zunächst aus der Politik zurückzog beziehungsweise heraushielt (1982–1990), nachfolgend aber doch wieder einmischte (1991–2003) und schließlich zum „Gedächtnis der Nation“ aufstieg (2003–2015), dann tut er dies gründlich, aber ohne Anflüge von Heiligenverehrung. Deshalb geht es in dem Buch durchaus auch kritisch zu – ja, manchmal übertreibt Karlauf die Distanz sogar ein wenig. So zum Beispiel, wenn er schildert, wie Schmidt bis an sein Lebensende von zwölf Polizeibeamten bewacht wurde: Dabei wird der Eindruck vermittelt, der Polit-Pensionär habe derartige „Privilegien“ über Gebühr genossen.

Ansonsten lassen natürlich besonders die Aussagen Schmidts zu Asylrechts- und Ausländerfragen aufhorchen. So meinte er am 12. September 1992 im Interview mit der „Frankfurter Rundschau“: „Aus Deutschland ein Einwanderungsland zu machen, ist absurd.“ Ebenso hielt er die Idee der multikulturellen Gesellschaft für „abwegig“ und Muslime für kaum integrierbar. Das sind Positionen, die man heute in dieser Entschiedenheit nur noch bei der AfD findet, was Karlauf sichtlich zu irritieren scheint und mit einem weiteren Distanzschub quittiert.

Schließlich widersprechen Schmidts Äußerungen ja der These vom nach rechts gerückten Deutschland und demonstrieren stattdessen, wie weit die SPD seit den Zeiten der sozialliberalen Koalition nach links gedriftet ist. Und das erklärt dann wiederum, weshalb Schmidt am Ende gar keine andere Wahl hatte, als seiner Partei mit wachsender Kälte und Abneigung gegenüberzutreten und Personen wie Sigmar Gabriel schlichtweg auflaufen zu lassen.

Insofern ist Karlaufs Buch nicht nur eine lesenswerte Beschreibung der späten Jahre des fünften Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch ein deprimierendes Sittengemälde vom Wandel in unserem Land, der uns keineswegs bloß die nicht enden wollende Ära Merkel bescherte, sondern auch eine neue SPD, für die nun solche weithin unbeliebten Figuren wie Stegner, Fahimi und Maas stehen.

                Wolfgang Kaufmann

Thomas Karlauf: „Helmut Schmidt. Die späten Jahre“, Siedler Verlag, München 2016, gebunden, 557 Seiten, 26,99 Euro


Erfinder-Erinnerungen
Autobiografie zum 200. Geburtstag von Siemens neu aufgelegt

Es war eine Gefängniszelle, in der Werner Siemens sein erstes Versuchslabor errichtete, um später zu einem der größten Erfinder und bedeutendsten Industriellen des deutschen Kaiserreichs zu werden. Seine zum

200. Geburtstag am 13. Dezember 1816 herausgegebenen „Lebenserinnerungen“ von 1892 sind äußerst lesenswert und in vielerlei Hinsicht lehrreich, auch was die Motivation seines Handelns betrifft (siehe auch Seite 11).

Siemens erlebte in Lenthe bei Hannover glückliche Jugendjahre. Später besuchte er das Lübecker Gymnasium und entdeckte seine Liebe zum „Baufach“. Da die Mittel zum Studium fehlten, wurde ihm in der Schule geraten, beim „preußischen Ingenieurcorps“ einzutreten. Siemens schildert, wie er Ostern 1834 von Schwerin mit „mäßigem Taschengelde nach Berlin“, nach „dem Hungerlande Preußen“ wanderte. Es war gar nicht so einfach, „als Ausländer in die preußische Armee eintreten“ zu dürfen. Nach längerem Exerzitium erhielt er im Herbst das „ersehnte Kommando zur vereinigten Artillerie- und Ingenieurschule nach Berlin“.

Nach dreijähriger Schulzeit machte er drei Examina, zum Fähnrich, dann zum Armeeoffizier und zum Artillerieoffizier. Dann begann seine „Soldatenzeit“, mit allen Höhen und Tiefen. Als Sekundant bei einem Duell wurde er zu einer Haftstrafe verurteilt, die er in der Zitadelle von Magdeburg absitzen sollte. In seiner Zelle richtete er ein kleines Laboratorium ein. Es gelang ihm die galvanische Vergoldung und Versilberung von Bestecken. Er ließ diese Erfindung patentieren, was zu seiner Begnadigung führte.

In der Soldatenzeit betätigte er sich überwiegend als Erfinder, mit Zustimmung des Generalstabs. Besondere Beachtung richtete sich auf die Ersetzbarkeit der optischen Telegrafie durch die elektrische. Er experimentierte auch mit der „Schießbaumwolle“, was dem Kriegsminister sehr gefiel. Im Sommer 1847 verlegte er „die erste längere unterirdische Leitung von Berlin bis Großbeere“. Am 12. Ok-tober 1847 in einem Hinterhaus der Schöneberger Straße gründete er mit dem Mechaniker J. G. Halske seine Firma „Siemens & Halske“ in Berlin.

Ein sehr instruktives Kapitel ist „1848“, das Jahr der „48er Revolution“. In Schleswig-Holstein erfolgte ein Aufstand gegen die dänische Herrschaft. Siemens wurde nach Kiel beordert, um den Hafen durch unterseeische Minen mit elektrischer Zündung zu verteidigen. Wie er die Seebatterie Friedrichsort einnahm, zum Bollwerk ausbaute und verteidigte, ist mehr als lesenswert. Zum Schluss ergriff ihn immer lebhafter die Sehnsucht nach seiner wissenschaftlich-technischen Tätigkeit in Berlin.

Auf 30 Seiten schildert er die Abenteuer, die mit dem Bau der ersten Telegrafenlinien verbunden waren, und zwar in einer Anschaulichkeit, die bewundernswert ist.

Dies betrifft auch das nächste Kapitel, das sich mit den „russischen Unternehmungen“ befasst. Hier wird seine erste Reise 1852 nach St. Petersburg, die über Königsberg führte, beschrieben. Im Herbst 1853 wird die Kronstädter Kabellinie als erste submarine Telegrafenlinie der Welt fertiggestellt. Mit Beginn des Krimkrieges 1854 erfolgen Aufträge über Aufträge, auch zu einer Telegrafenlinie zur Krim bis zur Festung Sewastopol. Danach geht es um den Bau von Seekabeln über das Mittelmeer bis nach Indien und über den Nordatlantik. Aus Cartagena, wo Siemens mit Engländern und Franzosen nach einem „Kabelbruche“ weilte und der Sieg Preußens über Dänemark bekannt wurde, schreibt er: „Im Verkehr mit Engländern und Franzosen hatte ich während der Kabellegung vielfach schmerzliche Gelegenheit gehabt, mich davon zu überzeugen, in wie geringer Achtung die Deutschen als Nation bei den anderen Nationen standen.“

Waren in den Medien „mitleidige Äußerungen über die gutmütigen, träumerischen und unpraktischen Deutschen zu lesen“, so waren es jetzt „wutentbrannte Artikel über die eroberungssüchtigen, die kriegslustigen, ja die blutdürstigen Deutschen!“. Siemens: „Meine Selbstachtung als Deutscher stieg bei jedem dieser Ausdrücke bedeutend.“ Siemens wirkte aber auch in die Politik ein und betätigte sich für drei Jahre als Abgeordneter der „deutschen Fortschrittspartei“.

Ein Kapitel ganz besonderer Art ist „Indolinie und Kaukasus“. Dieses Kapitel ist von ganz besonderem Reiz und Informationsgehalt. Man muss es lesen. Das Schlusskapitel „Dynamomaschine, 1870er Jahre, Lebensabend“ rundet diese ausgezeichneten „Lebenserinnerungen“ ab, die mit den heutigen 0815-Biografien nichts gemein haben.                 Wolfgang Thüne

Werner von Siemens: „Lebenserinnerungen“, Finanzbuchverlag, München 2016, broschiert, 320 Seiten, 9,99 Euro


Krimi mit Lokalkolorit
Peter Ostendorfs Kommissar Kowalski ermittelt in Ostpreußen

Regionalkrimis erfreuen sich großer Beliebtheit. Damit sollen auch Leserkreise angesprochen werden, die sich unabhängig von der eigentlichen Handlung für die Gegend interessieren, sei es die eigene Stadt oder auch Urlaubsorte. Nachdem die gängigen deutschen Orte, aber auch andere bekannte Regionen – wie die Provence – bereits ausführlich in der Literatur abgehandelt wurden, gibt es einen neuen ungewöhnlichen Schauplatz. Peter H. Ostendorf lässt seinen Protagonisten in Masuren ermitteln, und das ist in der Tat eine Premiere unter den regionalen Geschichten.

Durch „Kowalski. Ein Masuren-Krimi“ ziehen sich zwei Handlungsstränge, der eine aus der Endphase des Zweiten Weltkrieges und der andere in Masuren Mitte der 90er Jahre. Jan Kowalski ist ein kreativer Polizist, der erfolgreich mithilfe seines alten Freundes Heniek mit einem aufgemotzten Kleinwagen teure Westlimousinen wegen Geschwindigkeitsübertretungen jagt. Dann wird er weggelobt und ist auch für Mord und Totschlag zuständig. Allerdings wird diese dunkle Seite von Masuren mit einem Augenzwinkern geschildert. So verbinden sich die beiden Handlungsstränge, die Kowalski auch zu Ermittlungen nach Hamburg führen. Ostendorf schildert die Lebensumstände in Masuren, die familiären Verflechtungen und die Rückkehr einer alten Liebe. Die Geschichte ist recht plakativ geschrieben, so strömen die Tränen reichlich und der Autor schwelgt in Beschreibungen von „sozialistischen Farben“, wie „kackbraun“ und „kotzgrün“. Dabei wird auch das eine oder andere Klischee über  Verwaltungsdienststellen bedient. Der Alkohol fließt auf den Besprechungen in Strömen und die Sekretärinnen werden anscheinend nach der BH-Körbchen-Größe eingestellt. Allerdings kann man auch als unbedarfter Leser die ausführlich beschriebene Vetternwirtschaft und den Schlendrian beim Übergang von der Volksrepublik Polen in eine demokratische Republik gut nachvollziehen.

Die eigentliche Hauptfigur ist aber die Landschaft, in der die Geschichte angesiedelt wird. Ostendorf ist es ein Bedürfnis, den Menschen die Schönheit Masurens nahezubringen, und das ist ihm gelungen. Ob Sonnenuntergänge, Gewitter, würziger Sommerduft – all das ist authentisch beschrieben, ebenso die auf ihre Art etwas kauzigen Menschen, die dennoch sehr liebenswert geschildert sind. Dass einige polnische Begriffe dann in Klammern „übersetzt“ werden, hemmt allerdings den Lesefluss, hier wäre vielleicht ein Glossar am Ende hilfreich gewesen. Das Buch ist eine leichte Lektüre, unterhaltsam geschrieben und mit viel Lokalkolorit von einem Teil Europas, der vielen Menschen unbekannt sein dürfte.          Britta Heitmann

Peter H. Ostendorf: „Kowalski. Ein Masuren-Krimi“, Ostendorf-Verlag, Hamburg 2015, broschiert, 238 Seiten, 15,90 Euro


Faszination
Legendäre Eisenbahnstrecken

Seit sich im 19. Jahrhundert die Eisenbahn als Transportmittel durchgesetzt hat, fasziniert sie immer wieder die Gemüter. Besonders, wenn die Schienenwege durch  außergewöhnliche Landschaften führen.

Solche geschichtsträchtigen Schienenstrecken gibt es weltweit. Rudi Meyer und Emil Turner beschreiben ausgewählte Routen wie den legendären Orientexpress, die Semmeringbahn, die Eisenbahn der Pharaonen, die Transsibirische Eisenbahn oder andere in ihrem Bildband „Legendäre Eisenbahnstrecken“, erschienen im Fackelträger-Verlag.  Die Autoren beschreiben zwei Arten des Reisens:  Bei der einen stimmen Bahnreisen auf das Ziel ein, bei der anderen ist der Weg das Ziel. Wer über mehrere Tage im Zug unterwegs durch Gebirge, Täler und Ebenen ist, kann noch wirkliche Abenteuer erleben, während die legendären Touristenzüge dagegen keinerlei Komfort vermissen lassen, da sie rollenden Fünf-Sterne-Hotels gleichen.

Mit detaillierten Übersichtskarten und Informationen zu Streckenverlauf, Ausstattung der Züge sowie über die Architektur der die Strecken säumenden Sehenswürdigkeiten laden die Autoren den Leser zum Träumen ein. MRK

Rudi Meyer/Emil Turner: „Legendäre Eisenbahnstrecken“, Edition Fackelträger, Köln 2015, gebunden, 320 Seiten, 39,99 Euro


Unter Dampf
Reiseziele für Lok-Begeisterte

Vor über 20 Jahren wurde in Deutschland die letzte  Dampflok im Normalbetrieb eingestellt, der Bahnverkehr hat sich seitdem grundlegend verändert. Geblieben ist jedoch die Begeisterung der Menschen für die alten Dampflokomotiven. So erklärt es sich, dass mit den Jahren insgesamt 60 Strecken mit musealem Bahnbetrieb entstanden sind, auf denen  heute wieder Dampflokomotiven verkehren. Mit ihrem Buch „Wo dampft es noch?“ wollen die Autoren Christoph Riedel und Markus Inderst darüber informieren, wo es solche Strecken gibt. Am bekanntesten ist wohl der „Rasende Roland“ auf der Insel Rügen. Doch ob im Norden, Westen, Osten oder Süden – es gibt zahlreiche Museums-Eisenbahnen. Vielerorts gibt es zusätzlich Museen, die über Modelle und ihren Einsatz erzählen. Die Züge tragen oft lustige Namen in der regionalen Sprache wie „De Lütt Kaffeebrenner“, „Der Molli“ oder „Der Schluff“.

Neben den bundesdeutschen beschreiben die Autoren auch Dampflok-Strecken in Österreich und der Schweiz. Ein ideales Geschenk für Eisenbahn-Begeisterte.     MRK

Christoph Riedel/Markus Inderst: „Wo dampft es noch? Reiseziele für Dampflok-Freunde in Deutschland, Österreich und der Schweiz“, GeraMond Verlag Gilching 2016, broschiert, 192 Seiten, 14,99 Euro 


Identitäten
Baltikum seit der »Wende«

In der aktuellen Situation wird viel von der Angst der Balten vor einer neuen russischen Expansion geschrieben. Die drei Staaten Estland, Lettland und Litauen, die seit der sogenannten Wende unabhängig sind, suchen seitdem nach ihrer eigenen Identität. Es war der größte Transformationsprozess in ihrer Geschichte. Die Balten haben darauf gesetzt, seit der Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1990/91 die russische Präsenz zu verringern, wenn es auch nicht gelungen ist, den russischen Einfluss ganz zu verdrängen. Seit dem EU-Beitritt 2004 ist viel Geld Richtung Baltikum geflossen und fließt es immer noch. Doch die Mehrheit der Balten hatte sich mehr Offenheit und Transparenz vom neuen Europa versprochen und ein größeres Mitspracherecht erhofft. Der Autor des Buchs „Estland, Lettland, Litauen“ geht in seinem Buch auf die charakteristischen Züge der einzelnen Länder ein mit dem Ziel, dass der Leser sich am Ende ein eigenes Bild machen kann. Elmar Römpczyk war als entwicklungspolitischer Berater in der Region tätig. Er geht auf jedes einzelne Land ein und beweist, dass es „das Baltikum“ als politisch-kulturelle Einheit nicht gibt.                 MRK

Elmar Römpczyk: „Estland, Lettland, Litauen. Geschichte, Gegenwart, Identität“, Dietz Verlag, Bonn 2016, broschiert, 216 Seiten, 19,90 Euro


S. 23 Anzeige Rautenberg Buchhandlung

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S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Fatale Dynamik / Was wir nach dem Mord an Maria nicht mal andenken dürfen, worum es nämlich wirklich geht, und wie man die richtigen Zahlen macht

Wenn die Tonangeber der Republik im Chor vor „Generalverdacht“ warnen, weiß man schon, was die Stunde geschlagen hat: Ein als „Flüchtling“ titulierter Neu-Nachbar hat ein abscheuliches Verbrechen begangen.

Seit ein Afghane unter dem dringenden Tatverdacht steht, die 19-jährige Maria L. im badischen Freiburg vergewaltigt und ermordet zu haben, schießt die Generalverdachts-Warnung wieder aus den Mündern unzähliger Politiker und Experten. Dabei will man natürlich nichts kleinreden oder gar unter den Teppich kehren, wie allenthalben mit der gleichen Routine verbreitet wird wie die Warnung vor Verallgemeinerungen.

Die Kanzlerin gibt den − für sie typischen − diffusen Ton vor: „Wenn es sich herausstellen sollte, dass es ein afghanischer Flüchtling war, dann ist das absolut zu verurteilen“, so Merkel in der ARD. Was ist „absolut zu verurteilen“? Dass sich etwas „herausstellen sollte“ über die Nationalität des mutmaßlichen Täters?

Der Zuhörer ist ratlos. Außerdem sei das (mit der Herkunft) aber „auch ganz deutlich zu benennen“, insistiert die CDU-Chefin, nämlich „genauso wie bei jedem anderen Mörder“. Damit ist die Linie abgesteckt, auf der sich fortan alle zu bewegen haben, die nicht in den Verdacht eines Generalverdächtigers oder, wie es Vizekanzler Gabriel mit drohendem Schall noch draufgesetzt hat, „Volksverhetzers“ geraten wollen.

Die Parole lautet: Wir nehmen zwar formal zur Kenntnis, aus welchem Kulturkreis der mutmaßliche Täter stammt, und wir wissen auch, auf welchem Wege und durch welche Politik er ins Land kam. Wir verbieten es aber uns und allen anderen bei Androhung von Ächtung oder gar Strafe, hier die allergeringsten Zusammenhänge mit der Tat auch nur anzudenken.

Die Bemühtheit, mit der jede politisch unerwünschte Sicht auf die Gräueltat ausgeräumt werden soll, gebiert ein absurdes Gewürge, das angesichts des entsetzlichen Mordes zum Wegrennen anregt. Jedoch sind wir als politisch interessierte Leute grundsätzlich nicht zum Davonlaufen aufgelegt und sehen uns die Aussagen daher näher an, zuerst die der Experten. So klärt uns Jörg Kinzig, immerhin Professor und Direktor des Tübinger Instituts für Kriminologie, auf: „Die meiste Gewaltkriminalität kommt aus den Reihen junger Männer. Junge geflüchtete Männer verhalten sich wie deutsche junge Männer auch.“

Kommt Ihnen das bekannt vor? Genauso raunte es nach den Silvester-Exzessen durchs Land. Da verwiesen sie aufs Oktoberfest, wo auch gegrapscht und vergewaltigt werde − das lief, bis jemand die Tatsachen über die Münchener Millionensause vorlegte, die bewiesen: Die Gleichsetzung der sehr, sehr vereinzelten sexuellen Übergriffe beim Oktoberfest mit den Massen-Auswüchsen von Köln oder Hamburg ist so weit hergeholt wie Schnee am Äquator.

Die Konstanzer Psychologin Maggie Schauer warnt indes vor einer „fatalen Dynamik“, wenn die „Angst der Bevölkerung“ vor vielen jungen Männern, „die ganz anders sozialisiert sind“, durch so einen „Einzelfall“ noch bestärkt würde. An der Stelle weht endlich eine Brise Wahrheit durch den politisch-korrekten Mief. Es geht gar nicht um eine realistische Einschätzung der Tat, sondern um die „Dynamik“, die aus der Einschätzung erwachsen könnte, mit anderen Worten: um mögliche politische Folgen, die unbedingt zu vermeiden sind.

Um das hinzukriegen, wird die Sache solange hingebogen, bis sie passt. Das beste Mittel, um die Wirklichkeit ein wenig schöner zu malen, als sie von den Bürgern erlebt wird, ist die Statistik. Der „Spiegel“ beruhigt uns, dass „die Annahme, junge Flüchtlinge seien gewaltbereiter, sich mit Zahlen des Bundeskriminalamtes (BKA) schlicht nicht belegen“ lässt. Na, da haben wir’s doch. Alles bloß eingebildet. Vor gut einem Jahr haben wir schon mal so eine ähnliche Nachricht beruhigt zur Kenntnis nehmen dürfen. Damals teilte der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, mit, dass seinem Dienst keine Erkenntnisse vorlägen über mutmaßliche Terroristen, die sich als Flüchtlinge einschlichen. Kurz darauf geschah das Blutbad von Paris, unter den Tätern drei „Flüchtlinge“.

Mit „Zahlen“ und „Erkenntnissen“ ist es eben so eine Sache. Man muss schon zählen und erkennen wollen, um sie zu erlangen. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, hat erst jüngst auf den Punkt gebracht, wie man sich seine Zahlen fabrizieren kann. Wenn er als Verantwortlicher wolle, dass die Zahl der Drogendelikte in seinem Zuständigkeitsbereich zurück­gehe, dann versetze er die Kollegen aus dem Drogendezernat einfach in die Verkehrskontrolle.

Denn wenn die Drogentaten keiner mehr zählt, lässt sich die Rauschgiftkriminalität „mit Zahlen schlicht nicht belegen“ und ein Bürger, der sich über das (angeblich!) sprunghaft gewachsene Rudel von Dealern in seiner Stadt beschwert, der erliegt bloß seinen „diffusen Ängsten“.

Wendt ist einer jener Provokateure, die einen Zusammenhang zwischen der Tat und der Merkelschen Asylpolitik benennen. Die „Welt“ geht noch weiter als er und versteigt sich gar zu dem Schluss: „Wären die Grenzen im September 2015 geschlossen geblieben, würde die Medizinstudentin aus Freiburg noch leben.“ Der Satz ist so kalt wie simpel, vor allem ist er − wahr. Gerade deshalb ist er auch schlicht unaussprechlich, wegen der „Dynamik“, die daraus erwachsen könnte.

Neben dem „Generalverdacht“ ist es nämlich die „politische Instrumentalisierung“ des Falls, die mit besonderer Inbrunst verdammt wird. Warum, können wir uns denken. Stellen Sie sich einen Bürgermeister vor, der sich jahrelang stur weigert, einen Zaun ziehen zu lassen zwischen dem Spielplatz und der vierspurigen Durchgangsstraße − bis ein Kind überfahren wird, das seinem Ball nachlief. Wie wird der wohl reagieren, wenn ihm jemand eine politische Mitschuld an dem Unglück gibt? Er wird die „politische Instrumentalisierung“ dieses schrecklichen Vorfalls weit von sich weisen und als „Verhöhnung des Opfers“ geißeln. Zu Wendts Äußerung zitiert die „Welt“ den SPD-Vize Ralf Stegner: „Wendt verhöhnt die Opfer“, die Auslassungen des Polizeigewerkschafters seien obendrein „politisch widerlich“.

Freiburg wird von einem grünen Bürgermeister regiert, unterstützt von der CDU. Man ist stolz auf seine „linksliberale“ Gesinnung, steht also ganz vorn bei der Willkommenskultur. Wie reagiert so eine Stadt auf einen solchen Mord? Das hat sich der „Spiegel“ vor Ort mal näher angesehen und uns das Bild einer zutiefst verwirrten Gesellschaft übermittelt.

Vergewaltigungen habe es früher auch schon gegeben, erzählten die Freiburger, und gedealt worden sei lange, bevor die Gambier aufgetaucht seien. Eine Frau berichtet, sie sei ebenfalls von einem Afrikaner bedrängt worden und noch immer empört über die Ohnmacht, die sie dabei empfunden habe. Dann habe sie laut „Spiegel“ aber gleich nachgeschoben: „Ginge es nach ihr, würde Deutschland noch weit mehr Flüchtlinge aufnehmen.“ Die Dame meinte das nicht ironisch.

Maria L. war selbst in der „Flüchtlingshilfe“ aktiv, die Eltern baten in der Traueranzeige um Spenden für die studentische Hilfsorganisation, in der Maria sich engagiert hatte. Man fragt sich: Ist das unerschütterliches Heldentum oder Schizophrenie?

Jedenfalls sind die „linksliberalen“ Freiburger, die der „Spiegel“ befragte, demonstrativ bemüht, den Einzelfallcharakter des Mordes herauszustreichen, obschon er bloß das Glied in einer Kette von Gewaltverbrechen mit fremdländischer Beteiligung darstellt. Gleichzeitig decken sie sich laut dem Magazin massenhaft mit Pfefferspray ein und meiden bestimmte Orte zu gewissen Zeiten. Wer oder was soll diese zerrissenen Herzen und Hirne nur je wieder zusammenflicken?


MELDUNGEN / ZUR PERSON

IS droht mit »Apokalypse«

London – Der Islamische Staat (IS) plane für 2017 ein „apokalyptisches Schlachtfest“ in Europa, berichtet der britische „Express“ unter Berufung auf Europol. Im Visier der Terroristen ständen Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Belgien und die Niederlande − also die Staaten mit besonders großer muslimischer Minderheit. Die radikale Moslem-Gruppe ruft ihre Anhänger demnach zu Einzelattacken wie zu Serienmorden auf.            H.H.

 

Mehr Menschen ohne Wohnung

Berlin – Die Zahl der Wohnungslosen in Deutschland ist seit 2010 von 248000 auf zuletzt 335000 gestiegen. Dies berichtet das Bundessozialministerium unter Berufung auf Zahlen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe. Als wohnungslos gelten Menschen, die auf der Straße, in Heimen oder Notunterkünften oder ohne Mietvertrag auf Staatskosten in Wohnungen leben oder bei Verwandten.                H.H.

 

Der rechte Basta-Politiker

Ohne die außergewöhnliche  Allianz der rechten und linken Parteien in Italien hätte es Matteo Renzo wohl geschafft. Weil sich aber die Lega Nord und die Fünf-Sterne-Bewegung in ihrem Hass auf Renzi einig waren, verlor dieser das Referendum über eine Verfassungsänderung und kündigte seinen Rücktritt als Ministerpräsident an.

„Renzi a casa!“ – „Renzi nach Hause“, mit diesem Aufdruck auf dem T-Shirt wetterte Matteo Salvini von der Lega Nord bei seinen Protestveranstaltungen gegen den Regierungschef. Jetzt hat er sein Ziel erreicht und darf sich mit Beppe Grillo von der linken Fünf-Sterne-Bewegung als einer der Sieger fühlen, die Renzi nach Hause geschickt haben.

Seit 2013 ist Salvini Vorsitzender der von seinem Idol Umberto Bossi gegründeten Lega Nord. War die Partei bei den damaligen Parlamentswahlen noch auf ein Rekordtief von vier Prozent gefallen, gelang Salvini eine Wie­derbelebung der Lega Nord. Er löste sich von den separatistischen Zielen, die eine Abspaltung des reichen Norditaliens vom verarmten Süden anstrebten, und punktete mit „populistischen“ Forderungen, die das ganze Volk ansprachen. Den Euro nannte er „Verbrechen gegen die Menschheit“, und in Richtung Bootsflüchtlinge rief er: „In Italien ist kein Platz mehr für Immigranten, für keinen einzigen, basta.“

Für seine Politikkarriere verzichtete der 43-jährige Mailänder auf den Abschluss seines Geschichtsstudiums. Seit 2004 ist er Europa-Abgeordneter, der bei Wahlen zum EU-Parlament schon mal mit dem Logo „Basta Euro“ geworben hat. Inzwischen hat er bereits den Schulterschluss mit Marine Le Pen und Donald Trump gesucht. Europas Anti-„Populisten“-Fraktion sollte aufpassen: Hier könnte ein Sieger heranwachsen.  H. Tews


MEINUNGEN

Björn Hengst gießt in „Spiegel online“ (5. Dezember) Wasser in den Wein der Siegesfeiern nach Österreichs Präsidentenwahl. Für den Chef der Hofer-Partei FPÖ sei das Resultat ein ermutigendes Signal gewesen:

„Schließlich stimmten mehr als 45 Prozent für Hofer. Das ist ein enorm hoher Wert, der Parteichef Heinz-Christian Strache Mut für sein eigentliches Ziel machen dürfte. Strache will nächster Kanzler Österreichs werden, in Umfragen liegt seine Partei schon seit Monaten klar vor Sozialdemokraten und Konservativen.“

 

 

Auch Fritz Goergen sieht auf „Tichys Einblick“ (5. Dezember) im Ergebnis von Wien wie erst recht im Referendum von Rom eine Fortsetzung des Aufstandes gegen die Etablierten:

„Das österreichische Ergebnis ist entgegen des absehbaren Medientenors noch nicht einmal eine Verschnaufpause im hilflosen Abwehrkampf des alten Politkartells gegen die politischen Kräfte, die es Rechtspopulisten, Rechtsradikale oder Rechtsextreme nennt. Die Hilflosigkeit des Establishments ist weiter Wasser auf die Mühlen der Gefürchteten ... Das Bild in Wien und Rom heute gleicht dem in den USA und Deutschland wie in allen anderen Ländern Europas innerhalb und außerhalb der EU: Die alten Kräfte in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft treten ab, ob sie wollen oder nicht.“

 

 

Der bekannte österreichische Journalist Christian Ortner wertet das Wiener Ergebnis auf seinem Blog (5. Dezember) ähnlich:

„Vom amtierenden sozialdemokratischen Bundeskanzler über den mitregierenden christdemokratischen Vizekanzler über die Grünen, die neuen  ,Neos‘, die Kommunisten, praktisch alle in ganz Österreich weltbekannten Künstler, einem prominenten Milliardär bis hin zu nahezu allen halbwegs relevanten Journalisten hatte das Establishment alles, und zwar wirklich alles, aufgeboten, um den FPÖ-Kandidaten Hofer zu verhindern ... Das System hat sich noch einmal aufgebäumt und mit aller Kraft gesiegt. Gut möglich, dass es ein letztes Aufbäumen war.“

 

 

Klaus-Dieter Frankenberger sieht in der „FAZ“ (5. Dezember) Gefahren für den Euro aufziehen:

„In Österreich sind die proeuropäischen Parteien noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen ... Aber dafür ziehen wieder dunkle Wolken über dem Land mit der drittgrößten Wirtschaft der Eurozone auf. Bleibt nur zu hoffen, dass sich die Gemeinschaftswährung nicht an den italienischen Kalamitäten ansteckt. Das hätte noch gefehlt, aber auszuschließen ist es nicht.“

 

 

Klaus Geiger sieht auf „Welt/N24-online“ (5. Dezember) die internationalen politischen Eliten des Westens in Italien abermals abgestraft:

„Es ist der dritte schwere Schock für Europa binnen eines halben Jahres. Nach dem Brexit, nach Trumps Triumph nun der Sturz von Matteo Renzi. Man kann die Niederlage des italienischen Premiers als den dritten großen Volksaufstand gegen das Polit-Establishment lesen.“