06.05.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
01.09.17 / Ein Richter schlägt Alarm / Der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Jens Gnisa, spricht in seinem Buch Klartext

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-17 vom 01. September 2017

Ein Richter schlägt Alarm
Der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Jens Gnisa, spricht in seinem Buch Klartext
Michael Leh

Jens Gnisa ist Direktor des Amtsgerichts Bielefeld und Vorsitzender des Deutschen Richterbundes. In seinem Buch „Das Ende der Gerechtigkeit. Ein Richter schlägt Alarm“ kritisiert er unter anderem scharf die Asylpolitik Angela Merkels. Die Bevölkerung verliere immer mehr das Vertrauen in den Rechtsstaat.

Der Deutsche Richterbund (DRB) ist mit über 16000 Mitgliedern der mit Abstand größte Berufsverband der Richter und Staatsanwälte in Deutschland. Gegenüber dem Internetportal „Legal Tribune Online“ nannte Gnisa sein Buch „Das Ende der Gerechtigkeit“ seinen „persönlichen Zwischenruf“. Es sei mit keinem Gremium des DRB abgesprochen. „Aber“, fügte er hinzu, „man nimmt mich öffentlich vor allem als Vorsitzenden des Deutschen Richterbundes wahr. Das lässt sich nicht völlig trennen. Und es sind ja auch Forderungen des DRB eingeflossen.“ Auf die Frage, ob er das Buch absichtlich kurz vor der Bundestagswahl veröffentlicht habe, erklärte er: „Ja. So ein Debattenbuch muss in einer Phase auf den Markt kommen, in der verstärkt politisch diskutiert wird.“

Tatsächlich verdient das Buch eine große Leserschaft – auch über den Wahltag hinaus. Gnisa scheut sich nicht in seinem Debattenbeitrag, immer wieder auch politisch klar Stellung zu beziehen, wo er den Rechtsstaat bedroht sieht, und benennt auch die aus seiner Sicht Verantwortlichen. „Rechtsfreie Räume: Der Staat weicht zurück“, „No-Go-Areas und deutsche Ghettos“, „Risiken durch Flüchtlinge“, „Duldung aus Ratlosigkeit“, „Sozialhilfe trotz Illegalität“, „Fahrlässig unterschätzt: Clans und Reichsbürger“, „Rück­zug: Die Justiz verliert ihr Gesicht“, „Vom Sparstrumpf erdrosselt“, lauten Kapitelüberschriften. Ohne falsche Zurückhaltung geht er mit Politikern ins Gericht. Diese würden sich das Recht so zurechtbiegen, „wie sie es gerade gebrauchen“ könnten. „Ob das die Finanzierung der Staatsschulden ist oder die abrupt gestrichenen Laufzeitverlängerungen für Kernkraftwerke oder der Ankauf der Schweizer Steuer-CDs – all das waren rechtswidrige Aktionen“, erklärt Gnisa. „Nur“, fügt er hinzu, „wie lautet der alte Spruch: Wo kein Kläger, da kein Richter“. 

Die Zuwanderung sei ein wesentlicher Faktor der Zunahme von Kriminalität in Deutschland. „Doch die Politik, welche die Parole der Willkommenskultur ausgegeben hat, spricht darüber nur ungern“, konstatiert der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes. 

Scharf geht er mit der Zuwanderungspolitik der Bundeskanzlerin ins Gericht. „Angela Merkel“, schreibt Gnisa, „hat aus humanitären Motiven den Flüchtlingen Tür und Tor geöffnet, und dabei aber nicht nur auch Kriminelle und sozial Entwurzelte ins Land ge­lassen. Sie hat darüber hinaus einer noch viel größeren Bedrohung den Weg gebahnt: der phasenweisen Kapitulation des Staates.“ 

Denn nichts anderes als eine Kapitulation bedeute es, wenn der Staat es größtenteils aufgegeben habe, die Identitäten der Ankömmlinge ernsthaft zu überprüfen. Bis heute habe es der Staat zudem nicht geschafft, dem Sozialbetrug durch Asylsucher einen Riegel vorzuschieben. „Und er hat es vor allem nicht vermocht, diejenigen abzuschieben, die keinen echten Asylgrund haben oder aber sogar gefährlich für die Bürger Deutschlands sind. Der Fall des Berliner Attentäters Anis Amri hat das auf tragische Weise deutlich gemacht. Diese Liste weiteren Staatsversagens ist lang“, so Gnisa.

Unter anderem nennt er die Silvesternacht 2015/2016 in Köln, als rund 1000 Männer aus dem nordafrikanisch-arabischen Raum dort Frauen sexuell belästigten und ausraubten. Mitten in Deutschland gebe es kriminelle Clans, die in unsicheren Stadtvierteln unverblümt ihren Geschäften nachgingen. „Die Bürger fühlen sich nicht mehr sicher in ihrem eigenen Land – das fördert das Misstrauen in den Rechtsstaat, ein erster, gefährlicher Schritt in Richtung Demokratieverlust“, hält der Richter fest. 

In einem spannenden Abschnitt seines Buches beschreibt Gnisa einen letztlich erfolgreichen „Aufstand gegen Abschiebung“, den er im Juli 2015 erlebte. Es ging um eine 18-jährige Albanerin. „30 Anhänger des Arbeitskreises Asyl protestierten gegen einen Abschiebungsbefehl, den eine Richterin meines Haues erlassen hatte“, berichtet er. „Als sie mich erblickten, skandierten die Demonstranten ,Nazi! Nazi!‘ – nur, weil ich der Direktor des Amtsgerichts war.“ Gnisa schildert, wie unter anderem Arzt-Atteste die Abschiebung verzögerten, und erklärt die Ohnmacht der Polizei. Am Ende musste der Abschiebungsbefehl aufgehoben werden. „Noch heute macht mich der Vorfall wütend“, schreibt er. 

Es komme in Gerichtsverfahren „immer wieder mal vor, dass die von Abschiebung betroffenen Parteien triumphierend erklären, das Urteil interessiere sie nicht, da sie ohnehin nicht abgeschoben würden“. Die „Nichtanwendung des Rechts“ durch den Staat im Ausländerrecht habe sich „geradezu katastrophal“ ausgewirkt. Gnisa beschreibt in seinem Buch aber nicht nur die Misere des gefährdeten Rechtsstaats, er weist auch auf, was Politik und Justiz ändern müssten.


Jens Gnisa: „Das Ende der Gerechtigkeit. Ein Richter schlägt Alarm“, Herder-Verlag, Freiburg 2017, gebunden mit Schutzumschlag, 288 Seiten, 24 Euro