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08.09.17 / Mit dem Rücken zur Wand / Euro-Stärke verschärft Italiens Probleme beträchtlich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-17 vom 08. September 2017

Mit dem Rücken zur Wand
Euro-Stärke verschärft Italiens Probleme beträchtlich
Hans Heckel

Wer allein den Wechselkurs als Maßstab für die Stabilität einer Währung nimmt, der kann im Hinblick auf den Euro derzeit gut schlafen. Nach einer Schwächephase im vergangenen Jahr hat die europäische Einheitswährung gegenüber anderen bedeutenden Zahlungsmitteln wie US-Dollar, Yen oder Pfund deutlich Boden gutgemacht.

Doch bei Mario Draghi, dem Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), will keine Freude aufkommen, ebenso wenig bei führenden Wirtschaftsexperten. Sie sehen den hohen Wechselkurs als zusätzliche Quelle von Problemen, die den Euro in seiner Substanz treffen können.

Die Augen richten sich dabei vor allem auf Draghis Heimat Italien. Das Land leidet ohnehin unter dem Euro, der für die italienische Wirtschaft zu hart ist. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist in den vergangenen acht Jahren um 600 Milliarden auf 1800 Milliarden US-Dollar abgestürzt, schätzt der Internationale Währungsfonds (IWF). 

Laut dem früheren Chef des Münchener Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, liegt die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe Italiens noch immer 19 Prozent unter dem Vorkrisenniveau von 2007. Ein wesentlicher Grund dafür: Seit 1995 ist Italien als Produktionsstandort gegenüber Deutschland um satte 42 Prozent teurer geworden. 

Hier liegt die besondere Schwierigkeit, welche die Lage der drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone sogar noch problematischer macht als jene Griechenlands. Die Griechen verfügen über keine nennenswerte, in den Weltmarkt exportierende Industrie, Italien tut dies sehr wohl. Bis zum Einfrieren der Wechselkurse 1999 konnte Italien etwaige Kostennachteile per Abwertung der Lira ausgleichen. Seitdem ist dieser Weg versperrt. Und das derzeitige Euro-Hoch verstärkt den Druck auf den Stiefel-Staat zusätzlich.

Spanien hat auf eine ähnliche Entwicklung mit härtesten Reformen geantwortet. Die aber sind im politisch chronisch instabilen Rom kaum durchsetzbar. Hier versucht man, die sozialen Folgen der abrutschenden Wettbewerbsfähigkeit und der daraus folgenden hohen Arbeitslosgkeit per Kreditaufnahme zu vertuschen. Dadurch hat die Staatsverschuldung gigantische 133 Prozent des BIP erreicht. Diejenige Deutschlands liegt etwa halb so hoch.

Trotz massiver Unterstützung durch die EZB, die italienische Staatschuldpapiere kauft und deren Zinsen damit drückt, kann diese Entwicklung nicht ewig so weitergehen. Daher hat Sinn bereits den baldigen Ausstieg Italiens aus dem Euro prophezeit (die PAZ berichtete), entweder noch diesen Herbst oder – wahrscheinlicher – im kommenden Frühjahr.

Dabei läuft ein Wettlauf gegen die Zeit: Ältere Italien-Anleihen unterliegen einer Regel, wonach das Schuldnerland entscheiden kann, in welcher Währung es fällige Anleihen auszahlt. Rom könnte sie also in (deutlich abgewerteter) neuer Lira bedienen. Jüngere Papiere unterliegen dagegen dem Grundsatz, dass die Mehrheit der Gläubiger so einem Umtausch zustimmen muss, was wenig wahrscheinlich klingt. 2016 lag das Verhältnis neuer und alter Papiere bei etwa eins zu eins. Ab 2022 sind kaum noch alte Italo-Anleihen im Umlauf.